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Durchbruch zu einer philosophischen Ethik: Sokrates und Konfuzius

Sokrates

„Phaidros: Und welchen Nahem teilst du ihm also zu? Sokrates: Ihn einen Weisen zu nennen, Phaidros, scheint mir zwar etwas zu hoch gegriffen und sich allein für einen Gott zu gebühren. Aber einen Freund der Weisheit, einen Philosophen, oder so etwas Ähnliches; das würde eher für ihn passen und ihm besser anstehen“. Platon, Phaidros 278d „Und wiederum sage ich, daß ja das größte Gut für den Menschen ist, täglich über die Tugend sich zu unterhalten und über die anderen Gegenstände, über welche ihr mich reden und mich selbst und andere prüfen hört, ein Leben ohne Selbsterforschung aber gar nicht verdient, gelebt zu werden, das werdet ihr mir noch weniger glauben, wenn ich es sage.“ Platon, Apologie 38a Niemand wählt wissentlich das Böse „also, o Menon, will auch niemand das Böse, wenn er doch nicht ein solcher sein will. Denn was hieße wohl anders elend sein, als dem Bösen nachstreben und es erlangen.? - Menon: Du schient recht zu haben, Sokrates, und niemand will das Böse.“ Platon, Menon 78a.

„Ist es nicht aus so, daß niemand aus freier Wahl dem Bösen nachgeht oder dem, was er für böse hält? Und daß das, wie es scheint, gar nicht in der Natur des Menschen liegt, dem nachgehn zu wollen, was er für böse hält, anstatt des Guten, wenn er aber gezwungen wird, von zwei Übeln eins zu wählen, niemand das größere nehmen wird, wenn er das kleinere nehmen darf?“ Platon, Protagoras, 358d Selbstzweckhaftigkeit der Moral - Überwindung der Vergeltung „Sokrates: Auf keine Weise also soll man Unrecht tun? Kriton: Nein freilich. Spkrates: Also auch nicht der, dem unrecht geschehen ist, darf wieder Unrecht tun, wie die meisten glauben, wenn man doch keine weise Unrecht tun darf? Kriton: Es scheint nicht. Sokrates: Und wie doch? Darf man mißhandeln oder nicht? Kriton: Man darf es wohl nicht, Sokrates. Sokrates: Aber wie, wieder mißhandeln, nachdem man schlecht behandelt worden ist, ist das, wie die meisten sagen), gerecht, oder nicht?“ Kriton: Auf keine Weise. Sokrates: Denn jemanden schlecht behandeln ist nicht unterschieden vom Unrechttun. Kriton: Wahr gesprochen. Sokrates: Also wieder wiederbeleidigen darf man, noch irgendeinen Menschen mißhandeln, und wenn man auch, was es immer sei, von ihm erleidet. Und siehe wohl zu, Kriton, wenn du dies eingestehst, daß du es nicht gegen deine Meinung eingestehst. Denn ich weiß wohl, daß nur wenige dieses glauben und glauben werden. Welche also dies annehmen, und welche nicht, für die gibt es keine gemeinschaftliche Beratschlagung; sondern sie müssen notwendig einander gering achten, wenn einer des anderen Entschließungen sieht. Überlege also du recht wohl, ob du Gemeinschaft mit mir machst und dies auch annimmst und wir hiervon unserer Beratung anfangen wollen, daß niemals weder Beleidigen noch wiederbeleidigen recht ist, noch auch, wenn einem Übles geschieht, sich dadurch helfen, daß man wieder Übles zufügt; oder aber du abstehst und keinen Teil haben willst an diesem Anfang. Ich meines teils habe schon immer dieses angenommen und auch jetzt noch.“ Platon, Kriton 49a-e.

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Konfuzius Liebe zum Altertum und die Pflicht zum Lernen „Als der Meister in Kuang gefährdet war, sprach er: ‚Da König Wen [der erste Herrscher der Chou] nicht mehr ist, ist doch die Kultur mir anvertraut? Wenn der Himmel diese Kultur vernichten wollte, so hätte ein spätgeborner Sterblicher sie nicht überkommen.“ Lun-yü 9.5 „Überliefern, aber nicht neu gestalten, glaubwürdig zu sein und das Altertum lieben – darin wage ich mich mit dem alten Peng zu vergleichen.“ Lun-yü 7.1. „Der Meister sprach: Ich bin nicht geboren mit der Kenntnis (der Wahrheit); ich liebe das Altertum und bin erst im Streben (nach ihr).“ Lun-yü 7,19. „Der Meister sprach: ‚Lernen und fortwährend üben: ist das denn nicht auch befriedigend?“ Lun-yü 1.1 „Wären mir doch mehr Lebensjahre vergönnt, so dass ich fünfzig davon dem Lernen widmen könnte, dann könnte ich auch von größeren Verfehlungen frei sein.“ Lun-yü 7.16 Menschlichkeit (ren) „Der Meister sagte: Wenn man als Mensch nicht menschlich (ren) ist, was soll dann die Etikette (li)?“ Lun-yü 3.3. „Nur wer imstande ist, fünf Haltungen überall in der Welt zu kultivieren, der ist wahrhaft human (ren): Tzu-chang erwiderte: Darf ich fragen, worum es sich dabei handelt? Der Meister sagte: Würde (kung), Weitherzigkeit (kuan), Vertrauenswürdigkeit (hsn) in Worten, Eifer (min) und Güte (hui). Wer Würde zeigt, dem wird man respektvoll begegnen. Wer Weitherzigkeit zeigt, der wird die Menge für sich gewinnen. Wer Vertrauenswürdigkeit zeigt, dem werden die Menschen vertrauen. Wer Eifer zeigt, der wird viel erreichen. Wer Güte zeigt, dem werden die Menschen gern zu Diensten sein.“ Lun-yü 17.6 „Der Meister sprach: ‚Reichtum und Ehre, das wünschen sich die Menschen; erlangt man sie nicht auf dem rechten Wege, so besteht man nicht darauf. Armut und Elend, das verabscheuen die Menschen; wenn sie sich nicht auf dem rechten Wege vermeiden lassen, so fliehe man nicht vor ihnen. En Edler, der von der Menschlichkeit abweicht, wie würde der noch diesen Namen verdienen?“ Lun-yü 4.5. Goldene Regel „Ist dies nicht das Wort ‚Gegenseitigkeit’ (shu)? Was du nicht selbst Dir wünscht, das füge auch anderen Menschen nicht zu.“ Lun-yü 15.24. „Tu nicht anderen an, was du selbst nicht wünscht.“ Lun-yü 12.2. „Für einen Menschlichen gilt: Wenn er selbst den Wunsch hat, auf der Welt zu bestehen, verhilft er auch anderen dazu. Und wenn er Vollendung begehrt, verhilft er auch anderen dazu. Sich darauf verstehen, das Nahe als Beispiel zu nehmen, das kann als Methode (fang) der Menschlichkeit gelten.“ Lun-yü 6.30. Selbstzweckhaftigkeit der Moral „Ein entschlossener Scholar (shi) und ein Mensch, der die Menschlichkeit besitzt, werden nie ihr Leben durch eine Unmenschlichkeit zu bewahren versuchen. Gegebenenfalls werden sie ihr Leben opfern, um die Menschlichkeit zu vollenden.“ Lun-yü 15.9. „Ein Menschlicher findet an der Menschlichkeit sein Genügen, ein Kluger hält sie für nützlich.“ Lun-yü 4.2.

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Goldene Regel

Thales von Milet: „Wie kann man am besten und gerechtesten leben? – ‚Wenn wir, was wir an andern tadeln, selber nicht tun.’“ DL I,36. Pittakos: “Was du am anderen tadelst, das tute selbst nicht” Tobit 4,15: “Was dir selbst verhaßt ist, das mute auch einem anderen nicht zu.” Mathäus 7,12: „Alles,was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.“ Lukas 6,31: „Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso auch ihnen.“ Babylonischer Talmud, Sabbath 31: „Alles, von dem du willst, dass es dir nicht geschehe, das tue auch anderen nicht; das ist die Summe des Gesetzes; der Rest ist bloß Kommentar.“ (Rabbi Hillel zugeschrieben) Mahabharata XIII,5571ff.: „Tue keiner dem anderen, was er nicht will, dass es ihm selbst widerfahre; dies ist die Summe der Gerechtigkeit, das andere bleibt der Neigung überlasen. Beim Abschlagen, beim Geben, in bezug auf Freud und Leid, Gefallen und Missfallen findet jeder die Richtschnur, wenn er sich selbst an die Stelle des anderen setzt.“ Mahabharata XII, 925ff.: „Wer selbst das leben liebt, wie mag der einen andern ermorden? Was er für sich selbst wünscht, dafür sorge er auch andern! … Wer mit eines andern Weib buhlt, wie kann der irgend jemand Vorwürfe machen?“ (Zit. nach Philippidis) Seneca: „Ich will mich nicht auf ein riesiges Thema einlassen und über den Umgang mit Sklaven sprechen, gegenüber denen wir überaus hochfahrend, grausam, verachtungsvoll uns verhalten. Folgendes dennoch ist der Kern meiner Lehre: so lebe mit einem Menschen von niedrigerem Range, wie mit dir einer von höherem Rang, nach deinem Wunsche, leben soll.“ (Epistulae morales ad Lucilium 47,11) Seneca: Wer aber wird bestreiten, es würden beeindruckt von manchen Vorschriften auch völlig ungebildete Menschen? Zum Beispiel von diesen ganz kurzen, aber gewichtigen Sprüchen: Nichts zu sehr. Einen Habsüchtigen sättigt kein Gewinn. Von dem anderen erwarte, was du dem anderen getan hast (Publius Syrus, Sententiae 2).“ (Epistulae morales ad Lucilium 94, 43). Thomas Hobbes: „… nach der Regel, daß er bei jedem Zweifel, ob er das, was er dem andern tun will, mit natürlichem Recht tue oder nicht, sich vorstelle, er sei an jenes Stelle. Dann werden dieselben Gemütsbewegungen, die sonst zur Tat treiben, indem sie gleichsam in die andere Waagschale gelegt werden, von der Tat abmahne. diese Regel ist nicht bloß leicht zu befolgen, sondern auch längst in dem bekannten Wort ausgedrückt: Was du nicht willst, das man dir tu’, das füg auch keinem andern zu.“ (De Cive III,126) „that a man imagine himself in the place of the party with whom he has to do, and reciprocally him in his“ (Elements of Law natural and politic, Teil I, c. 17, § 9)

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Platon Entgegensetzung der Weisheit und Tugend gegen den Tausch der Lüste und Unlüste „Du weißt“, sagte dieser [Sokrates], „ daß die anderen alle meine, der Tod sei eines der großen Übel?“ „Freilich“, war die Antwort. „Und so ertragen denn die Tapfern unter ihnen den Tod bloß aus Furcht vor noch größeren Übeln, wenn sie ihn ertragen?“ „So ist es.“ „Weil sie ihn fürchten, und aus Furcht sind also alle tapfer, außer den Philosophen. Und doch ist es widersinnig, aus Furcht und Feigheit tapfer zu sein.“ „Gewiß.“ „Und wie ist es denn mit den Sittsamen unter ihnen? Sind sie nicht ganz im gleichen Fall? Infolge einer Art Zügellosigkeit sind sie besonnen … Weil sie nämlich fürchten, sonst auf andere Lüste verzichten zu müssen, nach denen sie doch Verlangen ragen, enthalten sie sich der einen, indes sie von den anderen beherrscht werden … Phaidon: Mein lieber Simmias, dies ist also schwerlich der rechte Tausch, indem man Lust gegen Lust und Schmerz gegen Schmerz und Furcht gegen Furcht eintauscht, einen größere gegen eine geringer, so wie man Geld wechselt. Vernünftige Einsicht allein ist die wahre Münze, für die man alles eintauschen soll, und nur das alles, was mit ihr gekauft und verkauft wird, ist wirkliche Tapferkeit und Besonnenheit und Gerechtigkeit, mit einem Wort: wahre Tugend, verbunden mit vernünftiger Einsicht und unabhängig von den Lüsten und Sorgen und von allem Derartigem. Wird aber dies ohne die Einsicht gegeneinander eingetauscht, dann ist eine solche Tugend nur ein Trugbild und in Wirklichkeit etwas Knechtisches, das nichts Gesundes und Wahres an sich hat. Das Wahre aber ist nichts anderes als eine Reinigung von alledem, und die Besonnenheit und die Gerechtigkeit und die Tapferkeit und die Einsicht selbst sind eine Art von Reinigung. So mögen auch die bekannten Stifter der Geheimlehren keine geringen Leute gewesen sein, haben sie doch in Wirklichkeit schon lange angedeutet, dass, wer ohne die Weihen und ungeheiligt in die Unterwelt kommt, im Schlammstrom liegen muss, während der, der gereinigt und geweiht dorthin kommt, bei den Göttern wohnen wird. ‚Viele sind Thyrsosträger’ – so sagen die in die Mysterien Eingeweihten –, wenige aber sind echte Begeisterte.’ Diese sind aber nach meiner Meinung keine anderen als die echten Philosophen. Nach bestem Vermögen habe auch ich in meinem Leben nichts versäumt, einer von ihnen zu werden, sondern mich auf alle Art bemüht. Ob ich aber auf die rechte Weise und mit Erfolg danach gestrebt habe, das werde ich offenbar gleich nach meiner Ankunft dort genau erfahren, und zwar binnen kurzem, wenn es Gottes Wille ist.“ Phaidon 68b-69 Mo Ti (ca. 480-400 v. Chr.) „Nichts ist so gut, wie den Himmel zum Maßstab zu nehmen. Das Wirken des Himmels ist allumfassend und ohne Eigennutz. Er gewährt im Überfluß und bildet sich nichts auf seine Tugend (te) ein. Sein Licht dauert und nimmt nicht ab. Daher haben sich die weisen Könige den Himmel zum Maßstab genommen.“ (I,68: Übers. Opitz) „Nimmt man den Himmel zum Vorbild, dann muß man sich in allem seinem Tun am Himmel orientieren und das, was der Himmel wünscht, befolgen, und unterlassen, was er nicht wünscht. Doch was wünscht der Himmel und was mißfällt ihm? Ganz gewiß wünscht der Himmel, dass die Menschen einander lieben und sich gegenseitig unterstützen, und er wünscht nicht, daß die Menschen einander hassen und sich gegenseitig schädigen. Doch woher nehmen wir die Überzeugung, der Himmel wünsche, daß die Menschen einander lieben und sich gegenseitig unterstützen, und er wünsche nicht, daß sie sich hassen und gegenseitig schädigen? Daher, dass der Himmels selbst alle liebt und allen nutzt. Und woher wissen wir das? Daher, dass alle Mensch in seiner Macht hat und sie alle ernährt.“ (I, 68f.) „Auch ich habe für mein Wissen von der großzügigen Liebe des Himmels zu den Menschen noch weitere Gründe: Er ordnet Sonne, Mond und Gestirne, um ihnen zu leuchten und sie zu führen, er regelt die vier Jahreszeiten, … mit dem Donner sendet er Schnee, Reif, Regen und Tau herab, um die fünf Feldfrüchte und Hanf und Seide wachsen und gedeihen zu lassen, damit die Menschen davon Nutzen haben. Berge und Flüsse, Schluchten und Täler ordnet er …“ (II,78) (Zitate aus Mo Ti, übers. von H. Schmidt-Glintzer, 2 Bde., Düsseldorf/Köln 1975)

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Ethischer Universalismus „Behandelt Eure Alten (wo lao), wie man Alte behandelt, und dehnt das auf die Alten der anderen [Familien] aus; behandelt Eure Kinder (wo yu) als Kinder und dehnt das auf die Kinder der anderen [Familien] aus; und Ihr könnt die Welt auf Eurer Handfläche drehen lassen … Das besagt, daß man mit diesem Herz hier beginnen und es auf all das Andere ausweiten muß. Daher reicht Güte, die fortwirkt, aus, um die Vier Meere zu behüten; wirkt sie nicht fort, so reicht sie nicht einmal aus, um Frau und Kinder zu behüten. Worin die Menschen des Altertums die Menschen [von heute] bei weitem übertrafen, war nichts anderes als das: Sie verstanden sich gut darauf, ihr Handeln weiterwirken zu lassen (auszudehnen). Jetzt reicht Eure Güte hin, um sich auf die Vögel und wilden Tiere zu erstrecken. Aber ihre Wirkung erreicht nicht die Hundert Familien. Warum ist das nur so?“ Mengzi 1A7 Menschenwürde „Es gibt die Ränge (Adel) des Himmels (tianjue) und die Ränge (Adel) des Menschen (renjue). Mitmenschlichkeit, Rechtschaffenheit, [kritische] Loyalität, Glaubwürdigkeit und ungetrübte Freude am Guten manchen die Ränge (den Adel) des Himmels aus. Fürst, Minister oder hoher Beamter sind Ränge des Menschen. Die Alten pflegten die Ränge des Himmels, und die Ränge des Menschen ergaben sich daraus von selbst“ Mengzi 6A16 „Das Verlangen nach Ehre/Achtung (gui) ist gemeinsamer Sinn der Menschen. Alle Menschen haben Ehre ins sich Sie denken nur nicht daran. Die Ehre, die Menschen verleihen, ist nicht die gute Ehre (lianggui) … Wem Zhal Meng Ehre verleiht, den kann Zhao Meng auch erniedrigen.“ Mengzi 6A17 „Es gibt [für Menschen] etwas, das sie mehr lieben als das Leben, und etwas, das sie mehr verabscheuen als den Tod. Nicht nur Weise haben diesen Sinn, alle Menschen haben ihn…“ Mengzi 6A10 Menschenwürde bei Cicero „Schicklich (Decorum) sei das, was in Übereinstimmung zur erhabenen Stellung des Menschen (excellentiae) stehe, und zwar darin, wodurch seine Natur sich von den übrigen Lebewesen unterscheidet … uns aber hat die Natur selbst die Rolle auferlegt mit großer Auszeichnung und Erhabenheit (execellentia praestantiaque) vor allen anderen Lebewesen.“ (De officiis I, 96-97) „… wenn wir bedenken wollen, eine wie überlegene Stellung und Würde (excellentia et dignitas) in (unserem) Wesen liegt, dann werden wir einsehen, wie schädlich es ist, in Genußsucht sich treiben zu lassen und verzärtelt und weichlich, und wie ehrenhaft andererseits, sparsam, enthaltsam, streng und nüchtern zu sein. (De officiis I, 106) „Wie nämlich die Schönheit des Körpers durch die passende Zueinanderordnung der Glieder das Auge anspricht und schon dadurch erfreut, dass alle Teile in einer gewissen Anmut zusammenstimmen, so ruft dieses Schickliche (decorum), das im Benehmen zutage tritt, die Zustimmung derjenigen hervor, mit denen man lebt, durch die Ordnung, Beständigkeit und Einhaltung des Maßes (ordine et constantia et moderatione) in allen Äußerungen und Taten.“ (De officiis I, 98) „… wenn einer etwas mehr neigt zum Vergnügen, wenn er nur nicht nach der Art der Tiere ist – denn es sind manche nicht in Wahrheit Menschen, sondern nur dem Namen nach (sunt quidam hominis non

re sed nomine) - … daraus ersieht man, dass körperlich Vergnügen der erhabenen Stellung des Menschen nicht genug würdig (dignam hominis praestantia) ist und verschmäht und zurückgewiesen werden muß“ (De officiis I,105-106) Universal Declaration of Human Rights durch die UN-Vollversammlung am 10. 12. 1948 Artikel 1: „All human beings are free born and equal in dignity and rights. They are endowed with reason and conscience and should act towards each other in a spirit of brotherhood.”

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Sklaven und Barbaren Alkidamas: „Gott hat alle als frei Menschen in die Welt gesetzt; die Natur hat niemanden zum Sklaven geschaffen“ (Anonymi in Rhetor. I,13; zitiert bei Aristoteles, Rhetorik 1373b 18ff.) Aristoteles „Von Natur ist also jener Sklave, der einem andern zu gehören vermag und ihm auch gehört, und der so weit an der Vernunft teilhat, dass er sie annimmt, aber nicht selbständig besitzt. die andern Lebewesen dienen so, dass sie nicht die Vernunft annehmen, sondern nur Empfindungen gehorchen. Doch ihre Verwendung ist nur wenig verschieden: denn beide helfen dazu, mit ihrer körperlichen Arbeit das Notwendige zu schaffen, die Sklaven wie die zahmen Tiere.“ Politik 254b20 „Denn der Sklave ist ein lebendiges Werkzeug und das Werkzeug ein lebloser Sklave. Zum Sklaven als Sklaven gibt es also keine Freundschaft, wohl aber sofern er Mensch ist. Denn bekanntlich gibt es für jeden Menschen eine Art Rechtsbeziehung zum jedem Wesen, das an Satzung und vertraglichen Übereinkommen Anteil haben kann, und deshalb also ist auch Freundschaft denkbar – sofern dieses Wesen ein Mensch ist.“ (NE VIII 13,1161a30-b6) „Darum ist auch die Kriegskunst von Natur eine Art der Erwerbskunst (die Jagdkunst ist ein Teil von ihr), die man anwenden muß gegen die Tiere und gegen jene Menschen, die von Natur zum Dienen bestimmt sind und dies doch nicht wollen. Denn ein solcher Krieg ist von Natur gerecht.“ (Politik I 8,1256b23-26) „Die Völker der kalten Regionen nämlich und jene in Europa sind von tapferem Charakter, stehen aber an Intelligenz und Kunstfertigkeit zurück; also sind sie vorzugsweise frei, aber ohne staatliche Organisation, und ohne über die Nachbarn zu herrschen. Die Völker Asiens dagegen sind intelligent und künstlerisch begabt, aber kraftlos und leben darum als Untertanen und Knechte. Das griechische Volk wohnt gewissermaßen in der Mitte zwischen beiden und hat darum an beiden Charakteren Anteil. Denn es ist energisch und intelligent. So ist es frei, hat die beste Staatsverfassung und die Fähigkeit, über alle zu herrschen, wenn es einen einzigen Staat bilden würde.“ (Politik VII 7,1327 b23-33) Stoa Chrysipp – DL 7121f.: der Weise „allein sei wahrhaft frei, alle Schlechten aber seien Sklaven. Cicero: „Erinnern wir uns aber daran, dass auch gegen Niedriggestellte Gerechtigkeit zu wahren ist. Die niedrigste Stellung und Bestimmung aber ist die der Sklaven. Nicht schlecht ist die Vorschrift derjenigen, die befehlen, sich ihrer so zu bedienen wie der Tagelöhner: ihre Leistung sie zu fordern, der gerechte Lohn zu gewähren.“ (De officiis, I, 41) Seneca: Es gibt etwas, das der Herr dem Sklaven gewähren muß, wie Lebensmittel, wie Kleidung. Niemand hat das eine Wohlstat genannt; doch er war nachsichtig, er erzog großzügiger, er vermittelte Fertigkeiten, in denen frei Geborenen ausgebildet werden: ein Wohltat ist es. ..“ (De beneficiis III,20,1-2) „“Ein Sklave, so scheint es Chrysippos richtig, ist ein Lohndiener auf Dauer.“ eine Wohltat empfängt ein Herr von einem Sklaven? Nein, ein Mensch von einem Menschen.“ (De beneficiis III,22,1.3)

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„Andere Grausamkeiten übergehe ich, daß wir sie nicht einmal wie Menschen [behandeln], sondern als Lasttiere missbrauchen. „Wollest du bedenken, der, den du deinen Sklaven nennst, ist aus demselben Samen entstanden, erfreut sich desselben Himmels, atmet gleich, lebt gleich, stirbt gleich! So kannst du ihn als frei geboren ansehen wie er dich als Sklaven.“ (Epistulae morales ad Lucilium 47,5.10) Neues Testament „Da gibt es nicht mehr Juden und Griechen, Sklaven und Freie, Mann und Weib, Denn ihr alle sei einer in Christus Jesus.“ (Brief an die Galater, 3,28) „Ihn [den Sklaven Onesimus] schicke ich dir zurück, ihn das heißt, mein eigenes herz. … nicht mehr als bloßen Sklaven, nämlichen als lieben Bruder, was er mir im höchsten Maße ist, um wie viel mehr noch dir, sowohl in der Ordnung der Welt wie auch im Herrn. Betrachtest du mich als deinen Genossen, so nimm ihn auf wie mich selbst.“ (Brief an Philemon, 12.15-17) Philon von Alexandrien „(Gott antwortet Rebecca): Zwei Stämme sind in deinem Leibe, und zwei Völker werden aus deinem Schoße hervorgehen; ein Volk wird das andere beherrschen, und das größere wird dem kleineren dienen (Genesis 25,23). Denn es ist Gottes Ratschluss, dass das, was niedrig und töricht ist, von Natur her Sklave ist, und das, was einen guten Charakter hat und Verstand und Vernunft besitzt, herrschend ist und frei“ (Kommentar zu Genesis 25)

Gregor von Nyssa „Ich habe Sklaven und Aufwärterinnen gekauft; und zu Hause habe ich Bedienstete“ … Ein solches Wort rebelliert offen gegen Gott. Denn wir haben von den Propheten gehört, dass alle Dinge Sklaven derjenigen Macht sind, die über allem steht. Wenn ein Mensch das ‚Eigentum’ Gottes zu seinem eigenen Eigentum macht und sich die Herrschaft über seine eigene Gattung anmaßt, so dass er sich für den Herrn von Männern oder Frauen hält, was macht er dann anderes als hochmütig die Natur (Physis) überschreiten, indem er sich für etwas anderes als die Beherrschten hält? … „Ich habe Sklaven und Aufwärterinnen gekauft“. Was sagst Du da? Du verurteilst einen Menschen zur Sklaverei, dessen Natur frei ist und autonom (autexousios). Und Du machst Gesetze gegen Gott, indem Du das Gesetz umstürzt, welches er für die Natur gemacht hat. Denjenigen, der geboren wurde, um Herr der Erde zu sein, denjenigen, der in die Herrschaft eingesetzt wurde vom Schöpfer, denjenigen unterwirfst Du unter das Joch der Sklaverei; und damit übertrittst Du und bekämpfst Du sozusagen das Gebot Gottes … Gott könnte die Natur nicht versklaven, er, der uns aus seinem Willen heraus zur Freiheit gerufen hat, uns, die wir durch die Sünde versklavt waren.“ ( In Ecclesiasten. homiliae 4 = Patrologia Graeca (Migne) 44, 664 ff.)

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Stoische Lehre vom Naturrecht (koinos nomos; lex et ius naturalis)

Heraklit: „Es tut not, daß die, die mit Einsicht reden, sich mit dem Gemeinsamen aller stärken, gleichwie die Polis mit dem Nomos, und noch viel stärker; denn alle menschlichen Nomoi nähren sich von dem einen göttlichen (Nomos); der herrscht nämlich, soweit nur immer es ihm paßt, und er reicht aus für alle und darüberhinaus.“ DK 22 B 114 „Vernünftig denken ist die größte Tugend, und Weisheit ist es, Wahres zu sagen und zu tun, der Natur gemäß, auf sie hinhörend.“ DK 22 B 112 Chrysipp: „Dasselbe ist das ‚leben gemäß der Tugend’ wie das ‚leben gemäß der Erfahrung der Dinge, wie sie sich von Natur ereignen’, wie Chrysipp im ersten Buch seiner Schrift über die Ziele sagt ….“ DL VII, 87. Cicero „... dass das Gesetz … höchste Vernunft ist, die in der menschlichen Natur liegt und alles befiehlt, was getan werden muß, und das Gegenteil verbietet. Dieselbe Vernunft ist das Gesetz, wenn sie im Geist des Menschen ihren festen Platz hat (lex est ratio summa insita in natura, quae iubet ea, quae facienda sunt, prohibitque contraria. Eadem ratio cum es in hominis confirmata et confecta, lex est …” (De legibus I,6 18f.) “Es ist aber das wahre Gesetz die richtige Vernunft, die mit der Natur in Einklang steht, sich in alle ergießt, in sich konsequent, ewig ist (lex recta ratio naturae congruens, diffusa in omnes, constans, sempiterna), die durch Befehle zur Pflicht ruft, durch Verbieten von Täuschung abschreckt, die indessen den Rechtschaffenen nicht vergebens befiehlt oder verbietet. Diesem Gesetz etwas von seiner Gültigkeit nehmen ist Frevel, ihm irgendetwas abzudingen, unmöglich, und es kann ebensowenig als Ganzes außer Kraft gesetzt werden. Wir können aber auch nicht durch den Senat oder das Volk von diesem Gesetz gelöst werden, es braucht als Erklärer und Deuter nicht Sextus Aelius geholt werden, noch wird in Rom einer anderes Gesetz sein, ein anderes in Athen und zu aller Zeit wird ein einziges, ewiges und unveränderliches Gesetz beherrschen, und einer wird der gemeinsame Meister gleichsam und Herrscher aller sein: Gott! Er ist der Erfinder dieses Gesetzes, sein Schiedsrichter, sein Antragssteller, wer ihm nicht gehorcht, wird sich selbst fliehen, und das Wesen des Menschen verleugnend, wird er gerade dadurch die schwersten Strafen büßen, auch wenn er den übrigen Strafen, die man dafür hält, entgeht.“ De re publica III,22.23 „Denn wem die Natur Vernunft gab, dem gab sie ebenso die richtige Vernunft; also gab sie ihm auch das Gesetz, das die richtige Vernunft (ratio recta) auf dem Gebiet des Befehlens und Verbietens ist; wenn das Gesetz, dann auch das Recht.“ (De legibus I, 33) „Ärger, Friede, Bedürfnisse und Ängste bestimmen die Empfindungen aller Menschen gleichermaßen, und wenn auch die Überzeugungen im einzelnen verschieden sind“ (Cicero, De legibus I, 32)

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Ethischer Universalismus/Kosmopolitismus

in der griechisch-römischen Antike

Diogenes von Sinope (4.Jh. v. Chr.) „Gefragt nach seinem Heimatort, antwortete er: ‚Ich bin ein Weltbürger (kosmopolites).“ DL VI,63 Ältere Stoa: „Denn es sagen die Stoiker, dass der Himmel im eigentlichen Sinn Polis ist, während jene hier auf der Erde es keineswegs sind; man nennt sie zwar so, aber sie sind es nicht. Denn eine Stadt oder ein Volk ist etwas sittlich Gutes, etwas Edles, das als Verbindung oder Menge von Menschen vom Gesetz geleitet wird.“ (SVF III,327= Clemens von Alexandrien, Stromata IV, 26) Eratosthenes (3. Jh. v. Chr.) kritisiert „diejenigen, die die gesamte Menschheit in zwei Hälften, Griechen und Barbaren, einteilen, und diejenigen [d.i. Aristoteles], die Alexander geraten haben, die Griechen als Freunde und die Barbaren als Feinde zu behandeln, und sagt, es sei besser diese Einteilung aufgrund von Güte und Schlechtigkeit der Menschen zu machen: seien doch einerseits viele Griechen schlecht, andererseits viele Barbaren zivilisiert, wie die Inder und die Arianer und ferner die Römer und die Karthager, die eine ebenso bewundernswerte Staatsordnung haben ...“ (nach Strabon: Geographika 1,4,9) Panaitios und Cicero „Es ist also unseren Mitmenschen gegenüber eine gewisse Rücksicht zu zeigen – besonders gegen die Besten (optimi), aber auch gegen die übrigen.“ Cicero, De officiis I,99 „… so treibt uns deshalb die Natur selbst offenkundig, die zu lieben, die wir gezeugt haben. Daher rührt auch ein natürliches Gefühl der Zusammengehörigkeit, das die Menschen miteinander verbindet, so dass ein Mensch dem anderen schon deshalb, weil er ein Mensch ist, nicht fremd erscheinen darf … Deswegen sind wir von Natur aus für Formen der Vereinigung, Versammlung und staatlichen Gemeinschaft bestimmt.“ (Cicero, De finibus

bonorum et malorum III,62-63) Gemeinschaft der Götter und Menschen „Jetzt habe ich bloß noch zu beweisen – und damit will ich endlich zum Schluß kommen –, dass alles, was es auf dieser Welt gibt und dessen sich die Menschen bedienen, um der Menschen willen geschaffen und bereitgestellt ist. [Zunächst einmal wurde das Weltall selbst um der Götter und Menschen willen geschaffen, und alles, was sich in ihm befindet, wurde zum Nutzen der Menschen eingerichtet und erdacht] Das Weltall (mundus) ist nämlich sozusagen das gemeinsame Haus (domus) der Götter und der Menschen oder die Stadt (urbs) beider; denn nur sie besitzen Vernunft leben nach Recht und Gesetz.“ (Cicero, De natura deorum II,154; Poseidonios) „Zwei Staatswesen (Duas res publicas) wollen wir uns im Geiste vorstellen; das eine große und wirklich allgemeine, das Götter und Menschen umfasst, darin wir nicht auf diesen Winkel achten oder jenen, sondern die Grenzen unseres Staates mit der Sonne ausmessen; das andere, dem uns als Bürger zugeordnet hat die Bedingung der Geburt, es kann das von Athen sein oder von Karthago oder irgendeiner anderen Stadt, das nicht allen Menschen zugehört, sondern bestimmten.“ (Seneca, De otio III, 4,1)

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Universelle und partikulare Pflichten „Wer aber sagt, man müsse Rücksicht nehmen auf seine Mitbürger, nicht aber auf Ausländer, der hebt die alle umfassende Gemeinschaft der Menschen auf.“ Mehr noch: „Ist diese beseitigt, dann werden Wohltätigkeit, Freigebigkeit, Redlichkeit und Gerechtigkeit von Grund her aufgehoben.“ (Cicero, De officiis III, 28) „Wer aber sagt, man müsse Rücksicht nehmen auf seine Mitbürger, nicht aber auf Ausländer, der hebt die alle umfassende Gemeinschaft der Menschen auf … Ist diese beseitigt, dann werden Wohltätigkeit, Freigebigkeit, Redlichkeit und Gerechtigkeit von Grund her aufgehoben.“ (Cicero, De officiis III, 28) „… daß alles, was ohne Schaden gewährt werden kann, sogar einem Unbekannten geleistet werden soll … Daher stammen jene allgemeingültigen Grundsätze: niemandem fließendes Wasser vorzuenthalten, Feuer vom Feuer holen zu lassen, wenn einer will, den Unschlüssigen selbstlosen Rat zu erteilen – Gefälligkeiten, die für diejenigen nützlich sind, die sie empfangen, für den Geber nicht beschwerlich Deshalb muss man diese Grundsätze zur Geltung bringen und immer etwas zum gemeinschaftlichen Nutzen beitragen. Aber da die Hilfsquellen einzelner gering sind, die Menge derer aber, die ihrer bedürfen, unbegrenzt ist“, muss nach Cicero die moralische Pflicht zur Hilfestellung dahingehend begrenzt werden, Fremden jeweils so viel geben, dass „noch ein Vermögen da sei, [um] gegenüber unseren Angehörigen freigebig zu sein.“ (De officiis I, 51-52) Karneades – Kritik am Naturrecht „Die Hautsache seiner Darlegung war diese: Recht hätten sich die Menschen nach dem Nutzen gesetzt, natürlich verschieden entsprechend den Sitten, und bei denselben Leuten sei es zeitentsprechend häufig geändert worden, ein Naturrecht aber gäbe es nicht … daher gäbe es keine Gerechtigkeit … alle Völker, die eine blühende Herrschaft besäßen, und auch die Römer selber, die sich des ganzen Erdkreises bemächtigten, müssten, wenn sie gerecht sein wollten, das heißt, wenn sie fremden Besitz zurückerstatteten, in die Hütten zurückkehren und in Armut und Elend am Boden liegen.“ Cicero, De re publica III,21 (21) „Das Recht nämlich … ist etwas von Staats wegen, nicht von Natur. Denn wäre es so, so wäre wie das Warme und das Kalte, das Bittere und das Süße gerecht und ungerecht für alle dasselbe.“ (Cicero, De re publica III 8 (12). „(Wenn aber die Natur selber) uns das Recht festgesetzt hätte, würden alle dasselbe und dieselben Leute nicht zu anderen Zeiten anderes in Gebrauch haben … und die Gesetze werden durch Strafe, nicht durch unsere Gerechtigkeit gutgeheißen; nichts hat also das Recht von Natur; woraus jenes folgt, dass es auch nicht Gerechte von Natur gibt (ne iustos quidem

esse natura).“ (Cicero, De re publica III,11 (18)

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Immanuel Kant

Kosmopolitische Vernunftidee „Dies obliegt schon in demursprungälichen Rechte der menschlcihen Vernunft, welchen keinen anderen Richter erkennt, als selbst weiderum die allgmeine Menschenvernunft, worin ein jeder seine Stimme hat; und, da von dieser alle Besserung, deren unser zustand fähig ist, herkommen muß, so ist ein solches Recht heilig, und darf nicht geschmälert werden.“ KrV B 780 „Eine Verfassung von der größten menschlichen Freiheit nach Gesetzen, welche machen, dass jedes Freiheit mit der andern ihrer zusammenbestehen kann (nicht von der größten Glückseligkeit, denn diese wird schon von selbst folgen), ist doch wenigsten eine notwendige Idee…“ KrV A 316 Guter Wille - Pflicht „Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als ein guter Wille.“ (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten [GMS], BA 1) „Fragt ihn aber, ob, wenn sein Fürst ihm unter Androhung derselben unverzögerten Todesstrafe, zumutete, ein falsches Zeugnis wider einen ehrlichen Mann, den er gerne unter scheinbaren Vorwänden verderben möchte, abzulegen, ob er da, so groß auch seine Liebe zum Leben sein mag, sie wohl zu überwinden für möglich halte. Ob er es tun würde, oder nicht, wird er vielleicht sich nicht getrauen zu versichern; dass es ihm aber möglich sei, muß er ohne Bedenken einräumen. Er urteilet also, daß er etwas kann, darum, weil er sich bewußt ist, daß er es solle, und erkennt in sich die Freiheit, die ihm sonst ohne das moralische Gesetz unbekannt geblieben wäre.“ (KpV, AA V,30) „Ein jedes Ding der Natur wirkt nach Gesetzen. Nur ein vernünftiges Wesen hat das Vermögen, nach

der Vorstellung der Gesetze, d.i. nach Prinzipien, zu handeln, oder einen Willen. Da zur Ableitung der Handlungen von Gesetzen Vernunft erfordert wird, so ist der Wille nichts anderes, als praktische Vernunft.“ (GMS, BA36)

Formulierungen des Kategorischen Imperativs:

1. „Grundformel“ oder „Gesetzesformel“: „Der kategorische Imperativ ist also nur ein einziger und zwar dieser: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein

allgemeines Gesetz werde.“ (GMS, AA IV, 421) nur Maxime, die „mit der allgemeinen Gesetzgebung des Willens … zusammen bestehen“ kann – 4,432 2. „Naturgesetzformel“: „handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum

allgemeinen Naturgesetz werden sollte.“ (GMS, AA IV, 421) 3. „Selbstzweckformel“ „Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern,

jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ (GMS, AA IV, 429) 4. „Autonomieformel“ „keine Handlung nach einer andern Maxime zu tun, als so, daß es auch mit ihr bestehen könne, daß sie ein allgemeines Gesetz sei, und also nur so, daß der Wille durch seine Maxime sich selbst zugleich als allgemein gesetzgebend betrachten könne.“ (GMS, AA IV, 434) 5. „Reich-der-Zwecke-Formel“ „daß alle Maximen aus eigener Gesetzgebung zu einem möglichen Reich der Zwecke, als einem Reiche der Natur, zusammenstimmen sollen.“ (GMS, AA IV, 436) Das Wernher-Prinzip (empirische Verallgemeinerung) „Was so beschaffen ist, daß, wenn es von allen Menschen unterlassen würde, dem menschlichen Geschlecht den Untergang brächte, das ist durch das Gesetz der Natur von Gott geboten, und was so beschaffen ist, daß es von allen Menschen getan würde, dem menschlichen Geschlecht den Untergang brächte, das ist von Natur aus von Gott verboten.“ Johann Balthasar Wernher, Elementa Iuris Naturae

et Gentium, 1704 Achenwall: Prolegomena Iuris Naturalis, 1758, § 85: „Tue alles, was der Wohlfahrt der menschlichen Gattung dient, und tue nichts, was ihr widerstreitet!“

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Der „Grund“ des KI: „… wenn aber aller Wert bedingt, mithin zufällig wäre, so könnte für die Vernunft überall kein oberstes praktisches Prinzip angetroffen werden. Wenn es denn also ein oberstes Prinzip, und, in Ansehung des menschlichen Willens, einen kategorischen Imperativ geben soll, so muß es ein solches sein, das aus der Vorstellung dessen, was notwendig für jedermann Zweck ist, weil es Zweck an sich

selbst ist, ein objektives Prinzip des Willens ausmacht, mithin zum allgemeinen praktischen Gesetz dienen kann. Der Grund dieses Prinzips: die vernünftige natur existiert als Zweck an sich selbst. So stellt sich notwendig der Mensch sein Dasein vor; so fern ist es also ein subjektives Prinzip menschlicher Handlungen. So stellt sich aber auch jedes andere vernünftige Wesen sein Dasein, zufolge eben desselben Vernunftgrundes, der auch für mich gilt, vor; also ist es zugleich ein objektives Prinzip, als einem obersten praktischen Grunde, alle Gesetzes des Willens müssen abgeleitet werden können.“ (GMS 4,428f. BA 65-66) “Gesetzt aber, es gäbe etwas, dessen Dasein an sich selbst einen absoluten Wert hat, was, als Zweck an sich selbst, ein Grund bestimmter Gesetze sein könnte, so würde in ihm, und nur in ihm allein, der Grund eines möglichen kategorischen Imperativs, d.i. praktischen Gesetzes, liegen.“ (GMS AA 4,440) Faktum der Vernunft „Freiheit ist … die einzige unter allen Ideen der spekulativen Vernunft, wovon wir die Möglichkeit a priori wissen, ohne sie doch einzusehen, weil sie die Bedingung … des moralischen Gesetzes ist, welche wir wissen.“ (KpV, AA V, 4). „Man kann das Bewußtsein dieses Grundgesetzes ein Faktum der Vernunft nennen, weil man es nicht aus vorhergehenden Datis der Vernunft, z.B. dem Bewusstsein der Freiheit (denn dieses ist uns nicht vorher gegeben) herausvernünfteln kann, sondern weil es sich für sich selbst uns aufdrängt…“ (KpV, AA V,31) Tugend- und Rechtslehre „Das oberste Prinzip der Tugendlehre ist: handle nach einer Maxime der Zwecke, die zu haben für jedermann ein allgemeines Gesetz sein kann. – nach diesem Prinzip ist der Mensch sowohl sich selbst als Andern Zweck, und es ist nicht genug, dass er weder sich selbst noch andere bloss als Mittel zu brauchen befugt ist (dabei er doch gegen sie auch indifferent sein kann), sondern den Menschen überhaupt sich zum Zwecke zu mache ist an sich selbst des Menschen Pflicht.“ (Metaphysik der Sitten AA 6,395) „Tugend ist also die moralische Stärke des Willens eines Menschen in Befolgung seiner Pflicht“ (MS 6,405) „Die größte moralische Vollkommenheit des Menschen ist: seine Pflicht zu tun und zwar aus Pflicht (daß das Gesetz nicht bloß die Regel, sondern auch die Triebfeder der Handlungen sei).“ (Metaphysik der Sitten, AA, 6,393) „Also ist das allgemeine Rechtsgesetz: handle äußerlich so, daß der freie Gebrauch deiner Willkür mit der Freiheit von jedermann nach einem allgemeinen Gesetz bestehen könne“ (Metaphysik der Sitten, AA 6,231) „Das Recht ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann.“ (Metaphysik der Sitten, AA 6.230)

Diskursethik

Normative Präsuppositionen der Argumentationssituation: universelle Gleichberechtigung Gewaltlosigkeit: Zwang des besseren Arguments Offenheit: jeder darf jede Behauptung problematisieren bzw. in den Diskurs einführen Wahrhaftigkeit Problemlösungs-/Mitverantwortung Der diskursethische Grundsatz (D) von Habermas: D besagt, „daß nur die Normen Geltung beanspruchen dürfen, die dieZustimmung aller Betroffenen als Teilnehmer eines praktischen Diskurses finden (oder finden könnten.“

( J. Habermas, Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt/M. 1984, 76f..) Universalisierungsgrundsatz: „(U) Jede gültige Norm muß der Bedingung genügen, daß die Folgen und Nebenwirkungen, die sich aus ihrer allgemeinen Befolgung für die Befriedigung der Interessen jedes einzelnen voraussichtlich ergeben, von allen Betroffenen zwanglos akzeptiert werden können.“ (K.-O. Apel, Diskurs und Verantwortung, 122; vgl. J. Habermas, Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt/M. 1984, 75f.103). Neuformulierung von (U) durch Habermas: U besagt „daß eine Norm genau dann gültig ist, wenn die voraussichtlichen Folgen und Nebenwirkungen, die sich aus ihrer allgemeinen Befolgung für die Interessenlagen und Wertorientierungen eines jeden voraussichtlich ergeben, von allen Betroffenen gemeinsam zwanglos akzeptiert werden können.“ (J. Habermas: Die Einbeziehung des Anderen, Fkf. 1996, S. 60) Ergänzungsprinzip (Teil B der Diskursethik) „Erstens muß es in allem Tun und Lassen darum gehen, das Überleben der menschlichen Gattung als der realen Kommunikationsgemeinschaft sicherzustellen, zweitens darum, in der realen die ideale Kommunikationsgemeinschaft zu verwirklichen. Das erste Ziel ist die notwendige Bedingung des zweiten Ziels; und das zweite gibt dem ersten seinen Sinn, - den Sinn, der mit jedem Argument schon antizipiert ist.“ (K.-O.Apel, Transformation der Philosophie, II, 431; ders., Diskurs und Verantwortung, 141.)

John Rawls – Gerechtigkeit als Fairness

Schleier der Unwissenheit (veil of ignorance) „Vor allem kennt niemand seinen Platz in der Gesellschaft, seine Klasse oder seinen Status; ebenso wenig seine natürlichen Gaben, seine Intelligenz, Körperkraft usw. Ferner kennt niemand seine Vorstellung vom Guten, die Einzelheiten seines rationalen Lebensplans, ja nicht einmal die Besonderheiten seiner Psyche wie seine Einstellung zum Risiko oder seine Neigung zu Optimismus oder Pessimismus. Darüber hinaus setze ich voraus, dass die Parteien die besonderen Verhältnisse in ihrer eigenen Gesellschaft nicht kennen, d.h. ihre wirtschaftliche und politische Lage, den Entwicklungsstand ihrer Zivilisation und Kultur. Die Menschen im Urzustand wissen auch nicht, zu welcher Generation sie gehören.“ (Theorie der Gerechtigkeit, S. 160) „Dünne Theorie der Grundgüter (basis goods) Grundgüter sind „Dinge, von denen man annimmt, dass sei ein rationaler Menschen haben möchte, was auch immer er sonst haben möchte.“ (Theorie der Gerechtigkeit. S. 112) „Die Stammliste der Grundgüter (die wir nach Bedarf ergänzen können) hat fünf Rubriken:

- Grundrechte und Grundfreiheiten …; - Freizügigkeit und freie Berufswahl vor Hintergrund vielfältiger Möglichkeiten; - Befugnisse und Zugangsrechte zu Ämtern und Positionen innerhalb der politischen und

ökonomischen Institutionen der Grundstruktur; - Einkommen und Besitz; und schließlich - die soziale Grundlagen der Selbstachtung.“

(Politischer Liberalismus, S. 275) Zwei Grundsätze der Gerechtigkeit (principles of justice) „1. Jede Person hat das gleiche Recht auf ein völlig adäquates System gleicher Grundfreiheiten, das mit einem ähnlichen System von Freiheiten für alle vereinbar ist. 2. Soziale und ökonomische Ungleichheiten müssen zwei Bedingungen genügen: erstens müssen sie mit Ämtern und Positionen verbunden sein, die allen unter Bedingungen fairer Chancengleichheit offen stehen [Prinzip der Chancengleichheit], und zweitens müssen sie den größten Vorteil für die am wenigsten begünstigten Mitglieder der Gesellschaft bringen.“ [Differenzprinzip] (Politischer Liberalismus, S. 406; vgl. auch Theorie der Gerechtigkeit, S. 336)