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Arbeit der Zukunft Fortschritt fr Arbeitskultur und Geschlechterverh ltnisse?! Neue Allianzen für Gute Arbeit bei bedingter Gesundheit Prof. i. R. Dr. Ernst von Kardorff, Dr. Wolfgang Hien, Dr. Annett Schulze, Sascha Blasczyk

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Arbeit der Zukunft – Fortschritt fur

Arbeitskultur und Geschlechterverhaltnisse?!

Neue Allianzen für Gute Arbeit bei bedingter Gesundheit

Prof. i. R. Dr. Ernst von Kardorff, Dr. Wolfgang Hien, Dr. Annett Schulze, Sascha Blasczyk

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Hintergrundso

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n

Anstieg chronischer Erkrankungen in der 2.

Lebenshälfte

Demografischer Wandel

Erhöhung des Renteneintrittsalters

Handwerk, ambulante Pflege, IT, Gastro- und Hotelgewerbe

Quellen: picture alliance/chromorange/CHROMORANGE / Ruth Roeder; ©Colourbox; www.awo-ol.de; https://www.ahgz.de

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Hintergrund: Aktuelle Herausforderungen in

der Arbeitswelt mit Gesundheitsbezug

(1) Zunahme chronischer Krankheiten, ca. 1/3 der Personen im erwerbsfähigen Alter betroffen (GEDA 2012; Teilhabebericht 2017)

(2) Zunahme von F-Diagnosen bei AU und EM verursacht u.a. durch berufsbedingte Stressoren (BAuA 2012)

(3) alternde Belegschaften statistische Zunahme chronischer Erkrankungen (IBES, Wasem, u. a. 2103)

(4) Präsentismus (BAuA 2011; Lohaus/Habemann 2018) geschlossener Bewusstheitskontext Arbeiten mit bedingter Gesundheit Chronifizierungsgefahren, vorzeitige Berentung

(5) Informatisierung u. Digitalisierung („Arbeit 4.0“) Veränderung der Arbeitsbedingungen

(6) Inklusion (Umsetzung der UN-BRK § 26, 27) durch verstärkte LTA-Leistungen und Partizipation der Betroffenen

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Bezugsprobleme

Parallelstrukturen (BGM, BEM, Reha)

mangelnde Kooperation und Koordination zwischen Gesundheits- und Rehasystem Betrieben

selbstreferentiell und weitgehend geschlossen operierend

unterschiedliche Wissensordnungen, Problemformulierungen und Handlungsmuster

divergierende Interessen

mangelnde innerbetriebliche Kooperation: Betriebsärzte – Arbeitsschutz – SchwBV – Personaler

bislang kaum Partizipation der betroffenen Beschäftigten im Sinne des modernen Partizipationsgedankens

Konsequenz: Neue Allianzen für den Zugang, die Rückkehr und den nachhaltigen Verbleib gesundheitlich beeinträchtigter Arbeitnehmer_innen (IBES, Wasem, u.a. 2103)

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- KMU = 99,3 % ( = 2,5 Mio. Betriebe) aller Betriebe mit 61,1 % (= 26,5

Mio.) aller Erwerbstätige.

Den größten Anteil machen Bau- und Gaststättengewerbe aus.

- Großunternehmen = 0,7 % aller Betriebe mit 38,9 % (= 16,9 Mio.)

aller Erwerbstätigen

KMU – Untergliederung nach Definition der EU-Kommission

Kleinstunternehmen weniger als 10 Beschäftigte 18,6 % 80,4 % aller Unternehmen

Kleinunternehmen bis 49 Beschäftigte, 23,2 % 16 % aller Unternehmen

Mittlere Unternehmen bis 249 Beschäftigte, 19,3 % 2,9 % aller Unternehmen

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Fokus

Quelle: Destatis 2016

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KMU im Mittelpunkt

BGM/BGF sowie BEM selten vorhanden

oft fehlende Information bzw. Ansprechstationen

bürokratischer Aufwand häufig kritisiert

selten: direkte Ablehnung

Gefährdungsbeurteilungen unzureichend

geringe Nutzung betriebsärztlicher Betreuung u. Gefährdungsbeurteilung:

Unsicherheit, Kostenüberlegungen, Reaktanz auf Bürokratie

meist fehlende intensive Beratung

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Fragestellungen

differenzielle Unterstützungsbedarfe in

unterschiedlichen Arbeitskulturen für

gesundheitlich beeinträchtigte Beschäftigte in KMU

Vernetzungsperspektiven aus Sicht der relevanten

Akteur_innen

Empfehlungen neuer Unterstützungsformen für

betroffene Beschäftigte und Betriebe in der „Prozesskette“

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Studiendesign

2016 2017 2018

Experteninterviews

Sample (N=151)

Expert_innen-interviews

52

Arbeitnehmer_innen-interviews

56

Arbeitgeber_innen-interviews

26

Fokusgruppen 17

Arbeitgeber_inneninterviews

Arbeitnehmer_inneninterviews

Analyse: Fallstudien & komparativ (computergestützte Datenanalyse: induktiv

[MAXQDA])

Fokusgruppen

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Methodisches Vorgehen

Expert_innen• Selbstverortung und

Genese der Kooperation• Netzwerkstrukturen und

Akteurskonstellationen • Rolle im Netzwerk und in

der eigenen Organisation• Gelingensbedingungen

und Konfliktsituationen

Arbeitnehmer_innen• Gestalt der

Arbeitssituation• Umgang mit

Gesundheit undKrankheit

• Beschäftigte in ihrer spe-zifischen Arbeitssituation

• betriebliche Bearbeitungvon Krankheit

Arbeitgeber_innen• Gestalt der

Arbeitssituation: u. a. Betriebsklima

• Umgang mit Gesundheit und Krankheit: Einstellungsebene und Arbeitsorganisation

• Kontakt zu externen und internen-externen Akteur_innen

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Netzwerkarbeit

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Untersuchung unterschiedlicher Arbeitskulturen

Pflegeberufe hohe körperliche und psychische

Anforderungen, v.a. an

Gefühlsarbeit, Konfliktlösung

Schichtarbeit

geringe Aufstiegsperspektiven

geringe soziale und materielle

Anerkennung

Autonomie

Handwerk Zeitdruck, Termintreue

starke körperliche Belastungen

wenig ergonomische

Arbeitsplatzgestaltung

hohe Selbstverantwortung

Selbstgestaltungsmöglichkeiten

positives Kompetenzerleben

IT-Branche Multitasking

Arbeit 4.0

Entgrenzte Arbeitszeiten

Zeitdruck, Ergebnisdruck

Positives Kompetenzerleben,

Selbststeuerung, Identifikation

Arbeitsplatzunsicherheit

HoGa-Gewerbe entgrenzte Arbeitszeiten

Gefühlsarbeit

befristete u. schlecht entlohnte

Beschäftigungsverhältnisse,

wenig Gestaltungsräume

starke Kontrolle

geringer sozialer Status

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Analytische Vorbemerkungen

• im Rahmen des Projekts wurde eine Bedingungsmatrix der Bearbeitung von bedingter Gesundheit in KMU entwickelt – diese fixiert grob drei Ebenen

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Ressourcen und Hindernisse

Strategien der Beschäftigungssicherung

konkrete Lösungsversuche und Folge

ermöglicht:• prozessuale Perspektive• Abstraktion des

Einzelfalls – Vergleich• Blick auf Spezifik von

Branchen bzw. Arbeitskulturen

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Ergebnisse: Handwerk

• im Handwerk sind präventives Geschehen und Beschäftigungssicherung heterogen ausgeprägt

• die meist mitarbeitenden Betriebsinhaber*innen sind kurzfristig betriebswirtschaftlich orientiert

• dennoch: körperlicher Verschleiß durch die handwerkliche Arbeit wird langfristig antizipiert• aus Sicht der Beschäftigten ist Engagement, also der Einsatz des eigenen Körpers, positiv

besetzt:• Stichworte: Selbstwirksamkeit, soziale Anerkennung, legitime Ansprüche an

Versorgungsystem• in der Praxis zeigt sich ein prekäres Gleichgewicht, das Verantwortung in der gesunden

Arbeitsgestaltung auch auf die Beschäftigten überträgt• diese erleben sich auch im Vergleich mit anderen – Vergleiche ins Ungesunde sind hinderlich• in erster Linie muss die Weiterbeschäftigung wirtschaftlichen Zwängen genügen

• welche Kosten bedingte Gesundheit im Einzelfall verursacht, ist unklar – verschiedene Faktoren

• die Wahrnehmung der Unfall- und Sozialversicherungsträger ist ambivalent

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Empfehlungen: Handwerk

• Vergleich auf gute Lösungen lenken• Erhaltung der Leistungsfähigkeit und Gesundheit betonen• langfristige Perspektive im Tagesgeschehen fördern• das soziale Kapital der Betriebe sollte systematisch in der Beschäftigungssicherung

eingesetzt werden• die Beschäftigten müssen eingebunden und als Experten ihrer Gesundheit verstanden

werden• Hilfestellungen und Reglementierung unbürokratisch und unmittelbar gestalten

• Allianzen statt Netzwerke – Bekannte Institutionen statt neuer Ungeheuer• Angebote von Integrationsämtern, Sozial- sowie Unfallversicherung vermitteln – die

Rechnung zu Gunsten der Beschäftigungssicherung gestalten• psychische Gesundheit in den Blick nehmen

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Was bedeutet Arbeit 4.0? (vgl. BMAS 2015, Boes u. a. 2014: 5-23)

• Arbeit 4.0 hat jetzt begonnen.

• Produktionsweise wandelt sich grundlegend gesellschaftlicher Wandel, insb. kultureller Wandel

• = vernetzter, digitaler, flexibler?

• Zukünftige Arbeitswelt? Ergebnisse noch nicht abzusehen

• Wir sind am Anfang, d.h. wir können gestalten.

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Dimensionen der Arbeit 4.0

Mensch-Maschine-Vernetzung bzw. Kooperation: z.B. digitales BGM

IT-Prozesse strukturieren zunehmend Arbeit und organisieren Arbeitsteilung und Kooperation.

Es entstehen neue Produkte und Dienstleistungen (Tablet-PCs, E-Learning, Pausenorganisation über den Rechner und angezeigt auf Bildschirmen).

Kultur- und Wertewandel

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Arbeits- und Gesundheitsschutz

Arbeitsprozesse und -normen im Wandel Folgen

vom Arbeitnehmer zur Unternehmensbürgerin: erwartet wird Flexibilität

Arbeitsverdichtung (Multitasking, [zu] viele Informationen)

Ergebnis zählt, nicht der Aufwand Zeitstress

erhöhte Erreichbarkeit Zeitkonflikte im Familienalltag

neue Freiräume und Entgrenzung (Zeit und Raum)

psychische Belastungen und/oder Erkrankungen

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Möglichkeiten der Digitalisierung im Handwerk

„Das Exoskelett des Fraunhofer Instituts verleiht seinem Träger mehr Kraft.“ Foto: Denny Gille

Chefpilotin Melanie Kahle und Frau des Besitzers von Stolberg Bedachungen; Foto: Denny Gille

„Aktuell verfügen 95 Prozent der Handwerksbetriebe über eine eigene Website, 58 Prozent setzen Software-Lösungen für die Steuerung ihrer betrieblichen Abläufe ein und (…) 25 Prozent nutzt moderne digitale Technologien, zum Beispiel 3D-Drucker zur Herstellung von Ersatzteilen oder Tracking-Systeme für Maschinen und Werkstoffe.“ Quelle: bitkom und Zentralverband des Dt. Handwerks (ZDH) 2017

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Interview mit einer KMU-Beratung (24.05.2017)

„(…) aus ihrer Perspektive unsinnige Abläufe, dass sie dann mit dem Fahrzeug quer durch die

Stadt müssen, erst noch zur Firma, bevor sie zum Kunden fahren, warum kann ich nicht gleich morgens zum Kunden

fahren, da spar ich mir Strecke (…)“

„(…) zum Beispiel nach dem Feierabend per Handy abmelden und solche Sachen, oder jetzt muss man den Chef nochmal anrufen, dann ist

der nicht erreichbar, denn versuch‘ ich den fünf sechs Mal und denn steh‘ ich

da und denn weiß ich nicht (…), das sind denn manchmal so Kleinigkeiten

und das summiert sich dann und dann ist der Frust eher da und denn geht‘s wirklich auch so weit, dass die sagen,

wenn ich was andres finde, bin ich weg und das ist denn auch so (…)“

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Arbeitsorganisation

Beratungsperspektive: Handwerk und Digitalisierungsprozesse

digitale Instrumente: Smartphones, Tablets,

Laptops, PCs

E-Vergabe

Einreichen von

Angeboten

Auftrags-vergabe

Kommu-nikation

Rechnungs-stellung

„papierloses Büro“

Arbeits-zeiterfassung

Arbeits-aufträge

Bauabnahme qua Tablet

eigene Website

Akquise-Tools

öffentliche Auftraggeber:EU-Vergaberichtlinie 2014/24Pflicht ab 18.10.2018 in D

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Gender und Arbeit

(vgl. Kutzner/Schnier 2017: 144)

• Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und von Sorgearbeit

• Gestaltung der Arbeitsbedingungen (insb. der Arbeitsorganisation)

• Entwicklungen am Arbeitsmarkt

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Beispiel: Vereinbarkeit von

Arbeitsorganisation und SorgearbeitInterview mit einem

Arbeitsschutzexperten (13.07.2018)

„Sichtbar wurde, dass die Arbeitgeber die Gefährdungen im Blick haben, bspw. ein Kfz-Betrieb, der zum Saisonwechsel eine starke Nachfrage hat, organisiert über die Unternehmensfrau das Abholen der Kids der Angestellten. Hier wurde konkret überlegt, wie Belastungen minimiert werden könnten.“

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Beratungsperspektive:Handwerk, Digitalisierung, Alter und Gender

• körperlicher Verschleiß wird von den Beschäftigten selbst gesehen (Zwangshaltungen, schwere körperliche Arbeiten etc.)

• psychische Belastungen über (digitale) Kommunikation und Zeitdruck erfassbar in männlich dominierten Gewerken

• inwiefern digitale Instrumente in den betrieblichen Alltag Einzug halten, nicht nur eine Frage des Alters oder des Geschlechts, sondern auch der technischen Affinität

• Verteilung von Arbeit: Frage der Vergeschlechtlichung und von Hierarchien

Ergebnisse

• Wie sind die Arbeitsprozesse ausgelegt? (z.B. Bewegungsanalysen)

• digitale Instrumente zur Arbeitsplatzanalyse einsetzen

• Welche Technik unterstützt/behindert die Arbeitsprozesse?

Unternehmenskultur und Arbeitsorganisation

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Auf dem Weg zum Arbeitsschutz 4.0

• Software, die es ermöglicht, meine Arbeitsprozesse selbst zu steuern Handlungsfähigkeit erhöhen

• z.B. Software auf dem Smartphone: beim Ausstellen des Arbeitssmartphones wird die Arbeitszeit automatisch beendet

• Berechnung der Wege, wenn Kundenaufträge koordiniert und Termine vergeben werden

Stressreduktion durch Softwareergonomie

• aufsuchende Beratung

• Kenntnisse in der Softwareergonomie

• Geschlechtersensibilität (siehe Kutzner/Schnier 2017)

Kompetenzen in der Arbeitsplatzanalyse und in der proaktiven Ansprache im Arbeits- und Gesundheitsschutz

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Ebenen der Vernetzung

Netzwerke national

betriebliche Ebene

betriebliche Akteure

(SiFa, SchwbV, Betriebsrat, BEM-

Beauftragte)

Berufsgenossen-schaft

z.B. INQA, ddnz.B. Beratungsstelle Arbeit und Gesundheit Hamburg

Innungen, Kammern

Krankenkasse, BG,

RV

KMU-Netzwer

k

Regionale Netzwerke

z.B. KMU-Netzwerke

lokale Vernetzungen

ANLASSBEZOGENE NUTZUNG + REGELMÄßIGE TREFFEN

PROBLEMLÖSUNG + MONITORING + ARBEITSGESTALTUNG

AGENDA-SETTING

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Ist-Zustand: Ist die Arbeit der Zukunft ein

Fortschritt fur Arbeitskulturen und Geschlechterverha lt-

nisse?

• Arbeitsorganisation und Arbeitsschutz 4.0

• „Wie ist die Nutzung digitaler Techniken bei der Arbeit verteilt?“ (vgl. Kutzner/Schnier 2017: 147)

• Wie wird digitale Technik (Hard- und Software) bei der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt?

• Wie verändert sich die Arbeit durch digitale Technik? (Datenbrillen, Robotik, …)

• Tragen neue Arbeitsformen (mobile Arbeit, Home Office, Cloud Working) zur Veränderung der Arbeitsteilung in Lohn- und private Sorgearbeit bei?

• Werden Handlungsspielräume eröffnet?

• Wo findet Entgrenzung statt?

• Inwiefern ergeben sich Nachteile wg. fehlender Sichtbarkeit am Arbeitsort?

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[email protected]

ab 01.12.2018

[email protected]

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Ergebnisse: IT-Branche

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• die IT-Branche ist ebenfalls höchst heterogen – Größe und Alter des Unternehmens sind förderlich für die Sicherung der Beschäftigung

• Gesundheit wird zuerst als psychische Gesundheit verstanden• die Körper der Beschäftigten scheinen zweitrangig – nur scheinbar:

Normalitätserwartungen• körperliche Gesundheit ist Verantwortung der Beschäftigten (Selbstsorger)

• Arbeitszeit ist zentral im Belastungserleben – Teilzeitverträge zur Einhaltung von Vollzeit• komplexe Projektarbeit und Alltagsgeschäft behindern sich gegenseitig

• Anspruch an stetige Weiterbildung wird in der Arbeitsorganisation kaum berücksichtigt

• Wissen um Sozialversicherungsträger und Instrumente des Rechts teilweise stark ausbaufähig

• dort, wo BGM o. Ä. etabliert, herrscht Leichtfertigkeit im Umgang• Pioniere zeichnen sich durch komplexe Berufsbiografien aus

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Empfehlungen: IT-Branche

• Qualifikation über Weiterbildung gezielt sichern• das informelle Ausbildungsarrangement stärken – Wissenstransfer Alt Jung• BGM etablieren und ausbauen

• bestehende informelle Lösungen anspruchsvoller gestalten und an Vorgaben anpassen

• Projekte gesünder gestalten – Stress über Zeitnot eindämmen• Leistungsspitzen kurz und selten halten – vermeidet auch Mehrarbeit durch

Fehlerkorrektur• Körperlichkeit der Beschäftigten berücksichtigen, auch mit Blick auf Arbeitsergonomie• In der Arbeitsorganisation auf Beanspruchungen der Beschäftigten eingehen

• Gesundheit thematisierbar machen• die Chance, IT-Arbeit als nachhaltig gesunde Arbeit nutzen

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Herausforderungen für KMU aus Sicht der Expert_innen

betriebliche Arbeits- und

Sozialordnung

Selbst-sorge

Führungs-kultur

Fachkräfte-mangel

Arbeits-organisation

Ressourcen-einsatz

Umgang mit externen

Angeboten

Erreichbarkeit, Ansprache,

Abruf

Vermittlung:„expertokratisch“

vs. kreativ

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zwischen Betrieben und zw. Betrieben und Institutionen

Beratungsinstanz: z.B. Handwerks-/Innungsmeister oder BG-Experte für AMS

Job-Familien (komplette Belegschaft)

Arbeitskräfte auf mehrere Firmen aufteilen (ältere Arbeitskräfte)

innerhalb des Betriebes: Inklusionsmöglichkeiten

Arbeitsschutz: Fokus auf der Gefährdungsbeurteilung

TandemsFunktionswechsel innerhalb

des Betriebes

Lösungsansätze aus Sicht der Expert_innen: zw. (gesetzlicher) Verpflichtung und Anreizlogik

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Ergebnisse aus Fokusgruppen und Beispielen „guter Praxis“

• Vertrauen herstellen; Voraussetzung: langjährige persönliche Netzwerkbeziehungen

• “Drehpunktpersonen” (broker)

• verlässliche und konstante Ansprechpartner_innen

• „Routineregime“ erfassen

• Charakteristika der Region vor Ort eruieren

• systematische Bedarfsanalyse

• produktives Scheitern zum Anlass für Veränderungen nehmen

• innovative Querdenker_innen fördern

Etablieren von Netzwerken/Allianzen

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Konsens bestand darin, dass es notwendig sei, die betriebliche Situation vor Ort zu kennen. Das gilt für die betriebsmedizinische Beratung, die Berufsgenossenschaften, die externen Vereine wie eingliedern statt ausgliedern e.V. oder Arbeit & Gesundheit e.V.

Wie können KMU erreicht werden?

(Auswahl)

„zentrale Anlaufstelle“

„regional verortete Kümmerer“

wichtige Partner: Unfallversicherung, Krankenkassen und Steuerberatung

„eigenes Netzwerk für Arbeitnehmer"

Dr. Annett Schulze, Humboldt-Universität zu Berlin

Ergebnisse aus den Fokusgruppen

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Netzwerke für Beschäftigte

• Gewerkschaften als Beratungsinstanz

• Arbeitnehmerkammern

Beratungsstellen vor Ort

• Betriebslotsen installieren

• Kompetenzzentrum (SiFas, Betriebsärzt_innen als Lotsen im Sozialsystem)

• ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (trägerübergreifend angelegt)

Digitale Netzwerke: Erreichbarkeit ohne Anreise

Unternehmenswerkstatt

Kooperation unterschiedlicher

Sozialversicherungsträger

Dr. Annett Schulze, Humboldt-Universität zu Berlin

Schwerpunkt der Argumentation: Regionale Erreichbarkeit

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Handlungsempfehlungen zur Unterstützung von KMU

• Konkrete fallbezogene Beratung (case-management-bezogen) –möglichst trialogisch angelegt (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, [Betriebs-)=Arzt) – durch eine feste Ansprechstelle/-person;

In Frage kämen z.B. BG, Reha-Fachberatung, IFD, private Integrationsdienste

• Betriebsberatung allgemein,

z.B. durch Innung, Handwerkskammer, Arbeitnehmerkammer, DRV-Firmenservice, Beratungsstellen aus Landes- und Kommunalmitteln

• Betriebsberatung spezifisch, z.B. projektbezogenz.B. durch lokale Vernetzung etwa mit Krankenkassen, betriebsintern

durch BEM-Zuständigen, SiFa, SchwbVertretung, Betriebsrat

• Finanzierungsmöglichkeiten durch träger- und rechtskreisübergreifende Budgets ( Reha-pro-Förderung)