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Arbeitsgruppe 3 „Pharmazeutisch produzierte Drogen – Risiken und Nebenwirkungen“ 105. Wissenschaftliche Jahrestagung des Bundesverbands für stationäre Suchkrankenhilfe 20. März 2019, Berlin Prof. Dr. Volker Auwärter Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Freiburg [email protected]

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Arbeitsgruppe 3 „Pharmazeutisch produzierte Drogen –

Risiken und Nebenwirkungen“

105. Wissenschaftliche Jahrestagung des Bundesverbands für stationäre Suchkrankenhilfe

20. März 2019, Berlin

Prof. Dr. Volker Auwärter Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Freiburg

[email protected]

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Rechtliche Einordnung

BtMG: BtM sind nur Stoffe, die in den Anlagen I-III aufgeführt sind. Nur Einzelsubstanzen! -> Designerdrogen

AMG: Arzneimittelbegriff: 1. Anwendung am/im Körper 2. Bestimmung zur Behandlung/Prophylaxe (Präsentationsarzneimittel) oder pharmakol. Wirkung / Diagnostikum (Funktionsarzneimittel) Abgrenzung zu Lebensmitteln, Kosmetika, Tabakerzeugnis- sen, Biozid-Produkten und Futtermitteln

EuGH

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Rechtliche Einordnung

NpSG (November 2016): Neue psychoaktive Stoffe werden in der Anlage zum Gesetz anhand chemisch- struktureller Merkmale definiert 1. Von 2-Phenethylamin abgeleitete Stoffe 2. Cannabimimetika/synthetische Cannabinoide Definition von Stoffgruppen -> Herstellung „Designerdrogen“ erheblich erschwert Vom BtMG abweichende Strafbestimmungen

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Notaufnahmen (Global Drug Survey)

Quelle: www.globaldrugsurvey.com

What % of people had sought emergency medical treatment following the use of drugs/alcohol in the last 12 months? (Global)

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Definitionen

Designerdroge - Wirksamkeit als Rauschmittel - synthetisch hergestellt - erhalten durch (geringfügige) chemische Modifizierung einer Leitstruktur - Leitstrukturen: bekannte Drogenwirkstoffe - bewusste Umgehung BtM-rechtlicher Vorschriften „Legal High“ - Rauschdroge - Nicht von Drogengesetzen erfasst - synthetisch oder natürlich „Research Chemical“ - Wirkstoff mit chemischer Bezeichnung - Meist als Reinsubstanz in Pulverform erhältlich - „Codebezeichnung“

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Designerdrogen 1925: Internationales Verbot

Heroin Dibenzoylmorphin

O

OO H

N

O

HO

O

OO H

N

O

HO

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Designerdrogen

Heroin

Amphetamin

Dibenzoylmorphin

1925: Internationales Verbot

NH2

Phenethylamine (z.B. DOM)

NH2

O

O

O

OO H

N

O

HO

O

OO H

N

O

HO

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Internetshops: Online Drogen kaufen

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Synthetische Cannabinoide

1980s

Forschung zu neuen Analgetika (Pfizer, Winthrop)

‘Spice’ als legale Alternative zu

Cannabis

12/2008 Synthetische Cannabinoide

als psychoaktive Inhaltsstoffe entdeckt

~2004 ‘Spice’ erscheint erstmals auf dem

Markt

2008

European Drug Report 2017 Neue Drogen: www.emcdda.europe.org

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Authentische Serumproben 2012 - 2015 Häufigkeitsverteilung positiver Ergebnisse

2012 2013 2014 2015 J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O

JWH-019 JWH-081 JWH-307 JWH-210 JWH-122 AM-2201 JWH-018 MAM-2201 UR-144 AB-001 5F-AKB-48 XLR-11 AKB-48 APICA JWH-022 STS-135 EAM-2201 5F-PB-22 AB-PINACA AB-FUBINACA THJ-2201 AB-CHMINACA MDMB-CHMICA ADB-CHMINACA Total 130 141 107 104 98 51 164 120 129 85 71 55 86 57 65 68 80 64 63 78 92 69 76 54 65 67 75 46 59 41 79 57 57 79 81 66 119 111 95 82 78 147 114 91 82 74

Positve 32 29 17 8 12 8 54 22 15 14 7 3 11 13 9 13 14 13 3 9 13 6 11 7 3 16 13 7 7 9 17 11 17 16 30 9 24 43 44 23 15 35 33 20 16 15

Negative 98 112 90 96 86 43 110 98 114 71 64 52 75 44 56 55 66 51 60 69 79 63 65 47 62 51 62 39 52 32 62 46 40 63 51 57 95 68 51 59 63 112 81 71 66 59

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Veränderungen seit Einführung des NpSG

BtM

Vom NpSG erfasst

Nicht vom NpSG erfasst

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Synthetische Cannabinoide: Strukturmodifikationen

JWH-018 Ki (CB1): 9,0 nM

N

O

AM-2201 Ki (CB1): 1,0 nM

N

O

NAM-1220

Ki (CB1): 0,27 nM

N

O

N

NN

O

Ki (CB1): ?

N

O

UR-144 Ki (CB1): 150 nM

+

2 x 3 x 7 x 14 = 588 Möglichkeiten

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„Design“ neuer Produkte

Neue Trends: - „Baukastenprizip“: Damiana + Reinsubstanz - Liquids für E-Zigaretten

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Verbreitung von Räuchermischungen

- Anteil der 15-18-Jährigen im Raum Frankfurt, die bereits SPICE-Produkte konsumiert haben bei ca. 5-7 %

- 6,25 % zufällig ausgewählter Urinproben aus der Abstinenzkontrolle waren positiv auf synthetische Cannabinoide (MPU und Bewährungsauflagen)

- Positivraten in forensisch-psychiatrischen Einrichtungen: bis zu > 80 %, in JVAs ebenfalls sehr hoch

- In Ländern mit liberaler Cannabispolitik geringe Verbreitung synthetischer Cannabinoide

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Online-Umfrage: Konsummotivation (%) erfahrener User (n = 860)

77

62

61

57

3734

33

13

115

Wirkung / high werden

Neugier

legaler Erwerb

Erholung/Entspannung

Abwechslung

Nicht-Nachweisbarkeit

Versorgungsengpass mit anderen Drogen

(günstiger) Preis

weil Freunde auch konsumieren

weil ich Probleme hatte

"wichtig/ sehr wichtig"

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Online-Umfrage

Typologie „Legal-High“-Konsumenten

• Probierkonsumenten (die größte Gruppe)

• Substituierer (substituieren illegale Drogen durch „Legal Highs“)

• „Kiffer 2.0“ (Cannabis und „Spice“ abwechselnd + relativ oft)

• „Spezialisten“ („Psychonauten“, Fokus auf „Research Chemicals“)

• „Omnivores“ (nehmen alles was gerade verfügbar ist)

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Wirkung synthetischer Cannabinoide

- Wirken am gleichen Rezeptorsystem wie THC und Endocannabinoide (->„Cannabimimetika“), direkt oder indirekt

- Binden meist mit hoher Affinität an den CB1-Rezeptor (hohe Potenz)

- Viele Wirkstoffe wirken als volle Agonisten am CB1-Rezeptor (starker Maximaleffekt bei hoher Dosierung)

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Akute Toxizität synthetischer Cannabinoide

Addiction 2013 108(3):534-544

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Akute Toxizität synthetischer Cannabinoide

Meist ähnliche Symptomatik wie nach Cannabiskonsum

- „Rote Augen“-Effekt - Sedierung/Verlangsamung - Panikattacken/psychotisches Erleben - Herzrasen - reduzierte Merkfähigkeit

Zusätzlich auftretende Symptome (hohe Dosis)

- Generalisierte Krampfanfälle - Hypokaliämie - Hypertonie - Übelkeit/heftiges Erbrechen - Extreme Unruhe, aggressives Verhalten - Koma - Relativ schnelle Toleranzentwicklung

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Exkurs: Immunoassays

Vor- und Nachteile - Relativ einfache Handhabung - Kostengünstig

- Spezifität / Sensitivität (binäre Klassifikation mit „Cut-off“ =

Kompromisslösung)

Besonders problematisch: - Amphetamine (biogene Amine) - Benzodiazepine (Potenz, Strukturvielfalt, Glucuronide) - Synthetische Cannabinoide, „Badesalze“ (Cathinonderivate,

Piperazine)

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LC-MS/MS Bestätigung

Positiv Negativ

IA Positiv 1,0 % 0,5 % Negativ 49,0 % 49,5 %

Synthetische Cannabinoide – Immunoassay IA vs. LC-MS/MS

0%

20%

40%

60%

80%

100%

0% 50% 100%

Sens

itivi

tät (

Rich

tig-p

ositi

v-Ra

te)

1 - Spezifität (Falsch-negativ-Rate)

THJ-018

NN

O

NN

ONH

NH2

O

AB-CHMINACA

NN

ONH

NH2

O

F

AB-FUBINACA

N

OO

N

F

5F-PB-22 ADB-CHMINACA

NN

NHO NH2

O

MDMB-CHMICA

N

NHO O

O

AM-2201

N

O

F

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Authentische Serumproben 2012 - 2015 Häufigkeitsverteilung positiver Ergebnisse

n

n (S

pure

n)

Med

ian

Mitt

elw

ert

(ohn

e Sp

uren

)

JWH-081 270 23 0.9 3.5

JWH-210 463 16 1.1 6.1

JWH-122 450 80 0.6 5.7

JWH-018 192 101 0.4 1.8

AM-2201 140 39 0.4 1.8

AB-CHMINACA 116 7 2.7 8.1

MDMB-CHMICA 225 53 0.5 2.9

ADB-CHMINACA 72 7 1.1 3.3

5F-ADB 20 1 0.4 1.3

Konzentrationen 2008 - 2016

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Urinanalyse auf synthetische Cannabinoide

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Synthetische Cannabinoide - Urinanalytik

N

O

Muttersubstanzen im Urin meist nicht nachweisbar!

Nachweis von Muttersubstanzen

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Synthetische Cannabinoide - Urinanalytik Metabolismus

N

O

JWH-018

N

O

OH

JWH-018 5-Hydroxy-pentyl Metabolit

O

OHO

OH

OH

OH

OH

O

N

O

OO

OH

O

OHOH

OH

CYP 450 enzyme Glucuronyltransferase

Glucuronidase

JWH-018 pentansäure Glucuronid Metabolit

Glucuronsäure

Phase I Phase II

Löslichkeit in Wasser

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in vitro

Isolierte CYP 450

Isoenzyme

Phase I Metabolite

Humane Leber Microsomen

(HLM)

Phase I (+II) Metabolite

Human Hepatozyten

Phase I+II Metabolite

in vivo

Tiermodell

Phase I+II Metabolite

Humanproben

Phase I+II Metabolite

26

Synthetische Cannabinoide - Urinanalytik Metabolitenidentifizierung

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Synthetische Cannabinoide im Justizvollzug

- Reinsubstanzen sind extrem billig und legal über Internetshops erhältlich - Leicht einzuschmuggeln (Drogenhunde reagieren nicht, extrem potente

Drogen -> kleine Mengen erforderlich)

Hohe Verfügbarkeit

1 cm cm

AB-FUBINACA Minimum 31 mg/g 0,28 mg/cm2 Maximum 53 mg/g 0,48 mg/cm2 Mittelwert 42 mg/g 0,38 mg/cm2 Median 42 mg/g 0,38 mg/cm2

SD 4,5 mg/g 0,04 mg/cm2

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Befundinterpretation Befundinterpretation

Erneuter Konsum? - Änderung des Substanzprofils - Konzentrationssprünge Passiv-Aufnahme? - Konzentrationshöhe - Vergleich mit konsumierenden „Kollegen“

Immer den Einzelfall betrachten!

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Designer-Stimulanzien

• Spielen bisher in Deutschland noch keine allzu große Rolle • Zum Teil massive Probleme in anderen Ländern

(z.B. UK – Mephedron, Norwegen – PMMA, Finnland – α-PVP) Populäre Vertreter aus der Gruppe der Cathinone: Mephedron MDPV Methylon

(4-MMC) (β-Keto-MDMA) aber z.B. auch: Bupropion, Amfepramon

NHO NO

O

O

NHO

O

O

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„Smart Drugs“ – Psychostimulanzien/Neuroenhancer

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Smart drugs – Psychostimulanzien/Neuroenhancer

• Steigerung • des Antriebs • der Aufmerksamkeit • der Denkleistung

• Reduktion von Müdigkeit und Appetit

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Drug Design: Phenidate

Methylphenidat

3,4-CTMP

Methylnaphtidat (HDMP-28)

4-Fluoro-methylphenidat 4-Methyl-methylphenidat

Ethylphenidat

NH

O O

NH

O O

NH

O O

F

NH

O O

Cl

Cl NH

O O

NH

O O

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Smart drugs

Analyse: Benzocain + 4-Methyl-methylphenidat

Werbung: “You get C1 as legal speed in a bag with 1 gram. Enough for every party in top shape!”

NH

O O

4-Methyl-methylphenidat

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Wirkung von Stimulanzien

- Führen direkt und/oder indirekt zu einer Erhöhung der Neurotransmitter Noradrenalin, Serotonin und/oder Dopamin im synaptischen Spalt

- Je nach Ausprägung Wirkungen ähnlich zu Amphetamin, Ecstasy oder starken Halluzinogenen

- Teilweise extrem hohe Potenz (MDPV, N-BOMe‘s) oder verzögerter Wirkungseintritt/Drang „nachzulegen“

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Akute Toxizität Stimulanzien

Meist ähnliche Symptomatik wie nach Amphetamin- oder MDMA-Konsum - Tachykardie, Palpitationen, Hypertonie, Hyperthermie

- Schwindel, Kopfschmerzen - Unruhe, Rededrang - stark vergrößerte Pupillen - Aggressives Verhalten, Gewalttätigkeit - Angstzustände/Psychosen - Schlaflosigkeit - Krampfanfälle

Zusätzlich auftretende Symptome

- Erhöhte Rate psychiatrischer Komplikationen (?)

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Pace drink

160 mg / Fläschchen

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Pace drink

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Pace drink

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Nachweis von Stimulanzien

- LC-MS/MS - Untersuchungsmatrix Urin gut geeignet (Serum für klinische

Fragestellungen) - Ständige Aktualisierung erforderlich (hohe Dynamik) - Immunoassays problematisch (Strukturvielfalt)

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Benzodiazepine

• Schätzungsweise 1,1 – 1,2 Millionen Menschen in Deutschland sind von Benzodiazepinen abhängig

(Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.)

• Benzodiazepine unterliegen in den meisten Ländern betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen

‘Schedule 4’ Drogen im Rahmen der 1971 United Nations Convention on Psychotropic Substances

Rezeptfälschungen Schwarzmarkt “Doctor shopping”

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Benzodiazepine

Allosterische Modulatoren am GABAA Rezeptor • Angstlösend • Muskelentspannend • Hypnotisch • Antikonvulsiv

Drei Gruppen basierend auf den Eliminationshalbwertszeiten • Kurzwirksame Substanzen • Mittellang-wirkende Substanzen • Langwirkende Substanzen

Abb.: wikipedia.de

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Designer-Benzodiazepine

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Drogendesign

Flubromazepam 4 - 8 mg

Flubromazolam 0.25 mg

• Extrem potent • Dosierung bei Pulver: geeignete Waage vorhanden? • Verwechslungsgefahr

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Designer-Benzodiazepine

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Designer-Benzodiazepine 100 g: ~2.000 €

Dosis: 0,25 mg

Dosen: 400.000 St.

Preis pro Dosis: ~ 0,50 €

Profit: bis zu 198.000 €

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Designer-Benzodiazepine

Beibringung („K.O.-Mittel“) / Straßenverkehr - Hoch potente Substanzen (z.B. Flubromazolam: 0,25 mg) - Schwierigkeiten beim Nachweis - Manche gut wasserlöslich

Selbstmedikation bei psychischen Störungen - Hohe Abhängigkeitsgefahr Selbstmedikation in der ‘Partyszene’ - „Standby-Medikation“ bei LSD-trips - „Runterkommen“ nach Konsum von Stimulanzien Upper-Downer Zyklen

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Nachweis von Designer-Benzodiazepinen

- LC-MS/MS - Untersuchungsmatrix Urin gut geeignet (Serum für klinische

Fragestellungen) - Immunoassays funktionieren relativ gut (hohe strukturelle

Ähnlichkeit der Stoffe) - Ständige Aktualisierung der LC-MS/MS-Methode zwingend

erforderlich, da sonst bei (richtig) positivem Immunoassay ein negatives Ergebnis erhalten werden kann (!)

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Sonstige Substanzen

Opioide & Fentanylderivate z.B. Furanyl-fentanyl Nasenspray (0,4 mg pro Hub)

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Sonstige Substanzen

Opioide & Fentanylderivate

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Sonstige Subtanzen

LSD Analoga z.B. 1P-LSD

N

ON

NH

H

H

N

ON

N

H

H

O

LSD 1-Propionyl-LSD

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Sonstige Subtanzen

Ketaminderivate / Dissoziativa

Ketamin Methoxetamin PCP

NHO

Cl

O

NHO

N

O

N

Methoxphenidin (MXP)

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Cocain-Analoga

RTI-111 WIN 35,428 Cocain

NO

O

Cl

Cl

NO

O

F

NO

O

O

O

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Zusammenfassung - Synthetische Cannabinoide werden häufig als „nicht

nachweisbare“ Alternative zu Cannabis genutzt (hohe Verfügbarkeit, niedriger Preis)

- Teilweise sind NPS gefährlicher (insbesondere synthetische Cannabinoide) als die „Klassiker“

- Es gibt NPS für alle bekannten Drogengruppen - Einsatz analytischer Methoden wirkt präventiv, diese müssen aber

auf dem aktuellen Stand sein - Hohe Marktdynamik, daher systematisches Marktmonitoring und

schnelle Anpassung der Methoden unumgänglich – aber sehr aufwändig

- Immunchemische Tests mit wenigen Ausnahmen ungeeignet für sicheren Nachweis/Ausschluss eines Konsums „neuer“ Drogen

- Implikationen für die Präventionsarbeit?