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Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung Leben und Lernen in katholischen Tageseinrichtungen für Kinder Abteilung Tageseinrichtungen für Kinder Diözesan- Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V. ERZBISTUM KÖLN Gemeinden und ihre Kindergärten entwickeln sich weiter . . .

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Arbeitshilfe 2

Menschen-BildungLeben und Lernen in katholischen Tageseinrichtungen für Kinder

Abteilung Tageseinrichtungen für Kinder

Diözesan-Caritasverband

für das Erz bis tum Köln e.V.

ERZBISTUM KÖLN

Gemeinden und ihre Kindergärten entwickeln sich weiter . . .

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Inhaltsverzeichnis

Einführung .....................................................................................................................................................2

1 Das Bildungskonzept Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln ..................3

2 Das Kind als Geschöpf und Ebenbild Gottes .......................................................................................5

2.1 Das Kind in die Mitte stellen .................................................................................................................5

2.2 Die Unmittelbarkeit der Gotteserfahrung ...........................................................................................5

2.3 Das Recht des Kindes auf Erziehung ....................................................................................................6

2.4 Die Berücksichtigung der Einzigartigkeit und der Selbstbildungs-Potenziale der Kinder ...................6

3 Das Bildungsverständnis .....................................................................................................................73.1 Was ist frühkindliche Bildung – Wie funktioniert Bildung? .................................................................7

3.2 Die Bildungsarbeit der Tageseinrichtung .............................................................................................7

4 Ziele der kirchlichen Bildungsarbeit ....................................................................................................94.1 Religiöse Bildung als Grundlage ............................................................................................................9

5 Kindheitsarmut als Herausforderung ................................................................................................ 11

5.1 Die Bedeutung der Tageseinrichtung für Kinder als Ressource .........................................................12

5.2 Die Bedeutung des kirchlichen Umfelds ............................................................................................13

6 Auftrag und Rolle der Erzieherinnen und Erzieher ..........................................................................14

6.1 Aufgaben ............................................................................................................................................14

6.2 Anforderungen ...................................................................................................................................15

6.3 Beobachtende Wahrnehmung ...........................................................................................................16

6.4 Vernetzung ins Umfeld ....................................................................................................................... 17

6.5 Zuspruch ............................................................................................................................................. 17

7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung ................................................................18

7.1 Bildungsbereich „Religion“ .................................................................................................................20

7.2 Bildungsbereich „Kommunikation und Sprachentwicklung“ ............................................................24

7.3 Bildungsbereich „Bewegung“ ............................................................................................................28

7.4 Bildungsbereich „Spielen und Gestalten, Medien“ ............................................................................32

7.5 Bildungsbereich „Natur und kulturelle Umwelten“ ...........................................................................38

8 Beobachtung, Dokumentation und Refl exion von Bildungsprozessen ..........................................43

8.1 Einführung ..........................................................................................................................................43

8.2 Beobachtung ......................................................................................................................................44

8.3 Bildungsdokumentation .....................................................................................................................46

8.4 Refl exion .............................................................................................................................................47

8.5 Datenschutz ........................................................................................................................................48

9 Mit Eltern – für Kinder ........................................................................................................................49

9.1 Eltern als Partner ................................................................................................................................49

9.2 Tageseinrichtung als Lernort für Eltern ..............................................................................................50

9.3 Vermittlung von Erziehungsberatung ................................................................................................51

10 Der Übergang vom Kindergarten zur Grundschule .........................................................................52

10.1 Die Bedeutung des Übergangs für das Kind und seine Familie .........................................................52

10.2 Notwendigkeit gelingender Kooperation ..........................................................................................52

10.3 Einbeziehung der Erziehungsberechtigten in den Kooperationsprozess ..........................................53

10.4 Gestaltung des Übergangs .................................................................................................................54

10.5 Anmerkungen zum „Schulfähigkeitsprofi l“ .......................................................................................54

11 Qualifi zierung durch Selbstevaluation ..............................................................................................55

12 Literaturhinweise ...............................................................................................................................56

Impressum ...........................................................................................................................................60

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Vorwort

Mit „Menschen-Bildung – Leben und Lernen in katholischen Tagesein-rich-

tungen für Kinder“ legt das Erzbistum Köln ein trägerspezifi sches Bildungs-

konzept vor. Seit den für Deutschland mangelhaften Ergebnissen der PISA-

Studie werden die Tageseinrichtungen für Kinder stärker als Bildungsein-

richtungen wahrgenommen, die Bedeutung der Elementarerziehung im

Bildungssystem als Teil sozialer Grundversorgung wird deutlicher hervor-

gehoben.

Die katholischen Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln be-

schäftigen sich nicht erst seit der OECD-Untersuchung mit dem Thema

Bildung. Seit vielen Jahren ist der Bildungsauftrag und seine Gestaltung

Gegenstand einer ausführlichen Diskussion in zahlreichen Fortbildungen,

Tagungen und Veröffentlichungen sowie ein entscheidender Akzent der

fachlichen Beratung seitens des Diözesan-Caritasverbandes. So konnte das

vorliegende Papier „Menschen-Bildung“ auch auf viele bereits vorhandene

Erkenntnisse aufbauen.

Die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Elementarbereich

verstehen Bildungsarbeit nicht nur als Vermittlung von Wissen und neuen

Fertigkeiten, sondern als Unterstützung zur Entfaltung der Persönlichkeit

des einzelnen Kindes. Denn jeder Mensch ist ein Abbild Gottes und dazu

berufen, seinem Urbild immer ähnlicher zu werden. Damit ist mit Bildung

untrennbar auch die religiöse Entwicklung des Kindes verbunden.

Der Mensch sucht Gott und erfährt ihn in seinem alltäglichen Handeln. Er

ist nicht nur ein Gemeinschaftswesen, sondern auch – wie schon der grie-

chische Philosoph Aristoteles wusste – ein religiöses Wesen. Religion gehört

ganz wesentlich zum Menschsein dazu. Kinder und ihre Familien erleben

und erfahren in unseren Kindertageseinrichtungen den christlichen Glau-

ben. Gemeinsam mit der Vermittlung praktischer und sozialer Fertigkeiten

und Kompetenzen wird somit das Rüstzeug für eine gelingende Lebens-

gestaltung geschaffen. In einem anregenden Lernumfeld werden Kinder

kontinuierlich und ihrem Alter entsprechend bildungsfördernd begleitet.

Ich bin sicher, dass das vorliegende Konzept einen wesentlichen Beitrag

zur gelingenden Erziehungs- und Bildungsarbeit in unseren katholischen

Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln leisten wird und für alle

Beteiligten zukunftsorientierte Perspektiven eröffnet.

Dr. Dominik Schwaderlapp

Generalvikar

Trägerspezifi sches Bildungskonzept

Religion gehört zur gelingenden Lebens-gestaltung

Bildung ist nicht nur Wissen

Ganzheitliche Förderung

Zukunftsorientierte Perspektiven

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3

1 Elterninformation: Für Ihr Kind die katholische Einrichtung, hrsg.: Die Generalvikariate der (Erz-)

Bistümer und Diözesan-Caritasverbände in Nordrhein-Westfalen, 2004

2 Bildung von Anfang an. Der Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen in kirchlicher Träger-

schaft, hrsg.: Bundesverband Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder (BTA) e.V. / Verband

Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e.V., 2002

3 Bildungsvereinbarung NRW. Fundament stärken und erfolgreich starten, hrsg.: Ministeri-

um für Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW, 2003 (www.bildungsserver.de/zeigen.

html?seite=2729)

4 Gemeinsam für Kinder. Gemeinden und ihre Kindergärten entwickeln sich weiter, hrsg.: Erzbis-

tum Köln, 2002

Kap. 1 Das Bildungskonzept Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln

1

Die in der Elternbroschüre „Für Ihr Kind – die katholische Tageseinrich-

tung”1 benannten Grundsätze bilden die Grundlage für das Erziehungs-

und Bildungskonzept der katholischen Tageseinrichtungen für Kinder im

Erzbistum Köln. Das Positionspapier des Verbandes Katholischer Tages-

einrichtungen für Kinder (KTK) „Bildung von Anfang an” stellt ebenfalls

grundlegende Thesen zur Bildungsarbeit in Tageseinrichtungen für Kinder

auf.2 Die dort beschriebenen Grundsätze werden im Folgenden weiter kon-

kretisiert und dienen der genaueren Erarbeitung eines träger- oder einrich-

tungsspezifi schen Bildungskonzepts, wie es in der „Bildungsvereinbarung

NRW” erwartet wird.3

Das spezielle Profi l katholischer Tageseinrichtungen für Kinder besteht

darin, neben der Herausforderung aller „üblichen“ Bildungsbereiche ihre

besondere Herausforderung in der Förderung des kindlichen Glaubens zu

sehen. Hierfür ist die enge Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtung,

Eltern und Kirchengemeinde notwendig. Beides ist daher Teil des Selbstver-

ständnisses und der Identität katholischer Tageseinrichtungen für Kinder.

Ein umfassender Entwurf dazu liegt in dem Positionspapier „Gemeinsam

für Kinder. Gemeinden und ihre Kindergärten entwickeln sich weiter“4 vor,

auf das ebenfalls immer wieder Bezug genommen wird.

Katholische Tageseinrichtungen im Erzbistum Köln erarbeiten ein träger-

oder einrichtungsspezifi sches Bildungskonzept bzw. ergänzen ihr bishe-

riges pädagogisches Konzept entsprechend.

Bereits seit 1970 wird der Kindergarten in NRW als Elementarbereich des

Bildungswesens defi niert. Die Beschreibung von Bildungsauftrag und Bil-

dungsinhalten war eine besondere Leistung des ersten Nordrhein-West-

fälischen Kindergartengesetzes von 1971. Zu der seinerzeit sehr einseitig

betonten intellektuellen Förderung der Kinder im Rahmen der Vorschuldis-

kussion im sogenannten „Bildungsstreit” bezog das Gesetz bereits damals

eine deutliche Position, indem es den Bildungsauftrag des Kindergartens in

einer die ganze Person des Kindes erfassenden Weise beschrieb.

Der Bildungsauftrag wurde im Kindergartengesetz – und dieses hat das

derzeitige GTK aufgegriffen - nicht als isoliertes Programm gesehen, son-

dern als Auftrag zur ganzheitlichen Förderung der Persönlichkeitsentwick-

1 Das Bildungskonzept Katholischer Tagesein- richtungen für Kinder im Erzbistum Köln

Das spezielle Profi l katholischer Tages-einrichtungen macht eine enge Zusammenarbeit notwendig

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5 In den vergangenen Jahren hat der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln zwei Fach-

tagungen zum Bildungsthema durchgeführt. Die Ergebnisse und Diskussionsverläufe liegen als

Dokumentationen vor: Zwischen Klangräumen, Weidentunneln und Mausklick. Der vielfältige

Bildungsauftrag katholischer Tagungseinrichtungen für Kinder, Köln 2001; Das kompetente Kind.

Zwischen Bildungs(ver)planung und Eigendynamik. Impulse zur Umsetzung der Bildungsvereinba-

rung NRW, 2003

6 Schäfer, Gerd E. (Hrsg.): Bildung beginnt mit der Geburt, 2003, sowie Bundesministerium für

Familie, Senioren, frauen und Jugend (Hrsg.), 12. Kinder- und Jugendbericht, 2005

lung. Die inzwischen weithin anerkannte fachliche Meinung, dass Erzie-

hung, Bildung und Betreuung im Kindergarten nur in enger Verknüpfung

und in enger Beziehung zur Erziehungsaufgabe der Familie pädagogisch

zu verantworten sind, wurde bereits damals herausgestellt.

Katholische Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln sehen sich

einem umfassenden Erziehungs- und Bildungsauftrag verpfl ichtet, der

die ganze Person des Kindes berücksichtigt.

Auch die „Bildungsvereinbarung NRW” betont ausdrücklich, dass die Tages-

einrichtungen für Kinder ihre Bildungsarbeit familienergänzend im Rah-

men des eigenständigen Erziehungs- und Bildungsauftrags nach dem GTK

durchführen. Die Orientierung am Wohle des Kindes und die ganzheitliche

Förderung der gesamten Persönlichkeitsentwicklung in kindgerechter Wei-

se wird dabei vorausgesetzt. Die Förderung von Bildungsprozessen als Teil

der gesamten Förderung der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes setzt

voraus, dass bei allen am Erziehungsprozess Beteiligten ein gemeinsames

Verständnis darüber besteht, was frühkindliche Bildung ist und wie sich

Bildungsprozesse fördern und gestalten lassen.5

Katholische Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln setzen sich

mit dem Bildungsbegriff intensiv auseinander und verständigen sich auf

eine Defi nition des Begriffes „Bildung” als Grundlage für ihr einrichtungs-

spezifi sches Bildungskonzept.

Die folgenden Ausführungen orientieren sich an dem der Bildungsverein-

barung NRW zugrunde liegenden Bildungsverständnis, wie es im Wesent-

lichen von Gerd E. Schäfer in seiner Publikation „Bildung beginnt mit der

Geburt“6 dargelegt wurde, und dem 12. Kinder- und Jugendbericht des

Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das Bil-

dungsverständnis wird unter einen christlichen Horizont gestellt und für

die Praxis katholischer Tageseinrichtungen für Kinder weiter präzisiert und

entfaltet. Hierzu wird insbesondere herausgearbeitet, dass eine ganzheit-

liche Förderung der Persönlichkeit das Bedürfnis des Kindes auf Religion

und die Bedeutung der Erfahrung von christlicher Gemeinschaft wahr und

ernst nehmen muss.

Familienergänzende Bildungsarbeit

Orientierung am Wohle des Kindes

Bildung beginnt mit der Geburt

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5

Kap. 2 Das Kind als Geschöpf und Ebenbild Gottes

22.1 Das Kind in die Mitte stellen

Die biblische Überlieferung im Blick auf das „Bild des Kindes” provoziert

und fordert uns heraus: Jesus stellt das Kind in die Mitte und macht uns Er-

wachsenen damit das Kind zum Vorbild. „Menschen wie ihnen gehört das

Himmelreich” (z.B. Mk 10,13-16) – Dahinter steht das tiefe Grundvertrauen,

das den Kindern einen Bezug zum Glauben um so vieles einfacher macht,

als es uns Erwachsenen oft möglich ist. Wenn Kinder glauben, glauben sie

ganz; wenn sie hoffen, tun sie dies mit voller Kraft und wenn sie lieben, tun

sie dies mit Leib und Seele.

Die neutestamentlichen Texte erzählen zugleich davon, dass Jesus für die

Kinder Partei ergreift, weil sie schutzlos und auf erwachsene Menschen an-

gewiesen sind (z.B. Mk 9,33-37). Erwachsene haben die Aufgabe, Kindern

Mut zu machen und für sie Partei zu ergreifen. Wenn Jesus die Kinder in

ihrer Ganzheit und Differenziertheit ernst nimmt, dann motiviert er uns

Erwachsene dazu, es ihm nachzutun, sie zu unterstützen und für sie da zu

sein.

2.2 Die Unmittelbarkeit der Gotteserfahrung

In jedem persönlichen Anfang eines Kindes wiederholt sich der Anfang der

Schöpfung. Deshalb steht die Kindheit in einer Unmittelbarkeit zu Gott.

Kinder haben einen ursprünglichen Zugang zum Göttlichen und Spirituel-

len. Sie besitzen einen ausgeprägten Sinn für das Rätselhafte und Staunen

erregende. Zu einer ganzheitlichen Erziehung gehört daher immer auch

die Dimension des Geistigen und Unsichtbaren. Das Weltbild des Kindes ist

zunächst magisch und animistisch.

Das bedeutet, dass ihm alle Dinge beseelt und lebendig erscheinen. Sicht-

bares und Unsichtbares sind gleichermaßen real. Daran knüpfen Symbol-

erziehung und Phantasieschulung an. Es geht darum, Kinder im Stadium

dieser „ersten Naivität” und relativen Unverbildetheit mit ihren religiösen

Fragen und Gefühlen nicht allein zu lassen, ihren Versuch, Sinn in die eige-

ne Welt zu bringen, nicht unnötig zu blockieren.

Seine bildhafte Sicht der Dinge fi ndet das Kind in biblischen Geschichten und

religiösen Erzählungen realisiert. Sie sprechen „seine“ Sprache und in dieser

Form innere Wahrheiten aus, die jedem Kind zugänglich sind. Sie stellen die

großen Fragen der Menschheit, die in der religiösen Neugierde des Kindes so

unverblümt wieder auftauchen. Es sind demnach die Fragen der Kinder, die

das Nachdenken über religiöse Themen auslösen und die Selbstverständlich-

keiten unserer Erwachsenenwelt ins Wanken geraten lassen.

Die Unbefangenheit und Offenheit kleiner Kinder, ihre spekulative Phanta-

sie und unbegrenzte Fähigkeit zum Staunen sind der Nährboden für alle re-

ligiöse Erziehung. Deshalb stellt Jesus das Kind in die Mitte und fordert von

den Erwachsenen, mit einem ähnlich kindlichen – wenn auch refl ektierten

– Vertrauen das Leben anzunehmen. Das, was ein Kind aus sich heraus

kann, muss der Erwachsene erst wieder lernen: vertrauensvoll glauben.

2 Das Kind als Geschöpf und Ebenbild Gottes

Für die Kinder Partei ergreifen

Kinder haben einen ursprünglichen Zugang zum Göttlichen

Biblische Geschichten und religiöse Erzählungen stellen die großen Fragen der Menschheit

Die Offenheit kleiner Kinder lässt sie vertrauensvoll glauben

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6

7 Die katholischen Tageseinrichtungen für Kinder legen großen Wert auf ein Bildungsverständnis,

dass alle Kinder umfasst. Für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsverzögerungen

oder Behinderungen werden daher integrative Bildungs- und Betreuungsangebote bevorzugt

und unterstützt.

Das Kind ist Mensch von Anfang an, von Gott ins Dasein und beim Namen

gerufen. Deshalb besitzt es eine unveräußerliche Würde. Es ist zudem ein

Mensch am Anfang. Als geheimnisvoller Anfang erwartet es vertrauend

die Zukunft, das Unberechenbare, das Unerprobte.

2.3 Das Recht des Kindes auf Erziehung

Die kindlich-unmittelbare Gottesbeziehung ist jedoch herausgefordert zu

einer reifen Kindschaft des Erwachsenen zu werden, welche durch die Got-

teskindschaft gekennzeichnet ist, wie Jesus sie vorlebt. Dies ist ein weiter

Weg, für den das Kind neben dem unmittelbaren Zuspruch Gottes, welcher

das ganze Leben anhält, auch der Unterstützung und Hilfe der Erwachse-

nen bedarf. Ihre Aufgabe besteht dabei insbesondere

• in der Weitergabe der christlichen Überlieferung,

• im gelebten Glaubenszeugnis sowie

• in der persönlichen Begleitung auf dem Weg, ein mündiger Christ

bzw. eine mündige Christin zu werden.

2.4 Die Berücksichtigung der Einzigartigkeit und der Selbstbildungs-Potenziale der Kinder

Jedes Kind ist ein Geschöpf Gottes. Erziehung in einer katholischen Tage-

seinrichtungen für Kinder nimmt deshalb die Einzigartigkeit eines jeden

Menschen ernst. Der Mensch, als Abbild Gottes verstanden, ist die wichtige

Begründung dafür, dass jedes Kind, entsprechend seinem Entwicklungs-

stand, mit seinen Neigungen, Vorlieben und Interessen ernst genommen,

nachhaltig gefördert und gefordert wird.7 Kinder zu Individuen zu erzie-

hen ist gewiss etwas mühsamer, als sie einheitlichen Erziehungsidealen an-

zupassen.

Kinder sind verschieden – in einer katholischen Tageseinrichtungen für Kin-

der dürfen sie es auch sein. Was dem einen gefällt, muss der andere noch

lange nicht lieben. Eigene Persönlichkeit und die Fähigkeit zum solidari-

schen Handeln schließen sich nicht aus.

Da Bildung „Selbst-Bildung” ist, gilt es, die Selbstbildungspotenziale der Kin-

der zu stärken. Frühkindliche Bildungsprozesse stützen sich auf Selbstbil-

dungs-Potenziale der Kinder, mit deren Hilfe sie sich ihre Welt selbst erschlie-

ßen und dabei möglichst die gesamte Breite ihrer inneren Verarbeitungs-

möglichkeiten einsetzen. Dabei muss das Interesse an einer Sache ganzheit-

lich mit dem persönlichen Erleben des Kindes verbunden werden. Durch

Phantasieren, Spielen und Gestalten fi ndet eine innere Verarbeitung statt,

die Wahrnehmungserfahrungen werden differenziert und in sozialen Bezie-

hungen abgestimmt, forschendes Lernen wird gefördert (vgl. Kap. 7).

Dazu brauchen die Kinder in Tageseinrichtungen Erzieherinnen und Erzie-

her, die die entsprechenden professionellen Einstellungen und Grundori-

Das Kind ist Mensch von Anfang an

Herausgefordert, eine reife Kindschaft des Erwachsenen zu werden

Erziehung nimmt die Einzigartigkeit eines jeden Menschen ernst

Kinder sind verschieden und dürfen es sein

Es gilt, die Selbstbildungspotenziale der Kinder zu stärken

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7

Kap. 3 Das Bildungsverständnis

3

entierungen haben, um Bildungsprozesse erkennen, begleiten und heraus-

fordern zu können (vgl. Kap 6). Die Unterstützung und Herausforderung

der Selbstbildungs-Potenziale ist die wichtigste Aufgabe frühkindlicher Bil-

dung.

Katholische Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln sehen das

Kind als „Akteur seiner Entwicklung”. Das Kind kann nicht gebildet wer-

den, es bildet sich ausschließlich selbst. Die altersangemessene Form des

Lernens und Sich-Bildens ist dabei das Spiel, welches alle Bildungsbereiche

des Elementarbereichs enthält.

Neben der Wertschätzung der Individualität der Kinder werden Grundre-

geln des sozialen Verhaltens vermittelt und Gemeinschaft gelebt. Religiöse

Erziehung in der Katholischen Tageseinrichtung für Kinder macht damit

ernst, dass Gott uns im Nächsten begegnet, – auch wenn der Nächste noch

klein ist.

3.1 Was ist frühkindliche Bildung – Wie funktioniert Bildung?

Den allgemeinen Forschungserkenntnissen Rechnung tragend wird Bildung

nicht mit bestimmten Lerninhalten gleichgesetzt, sondern mit einer Art des

Lernens. Bildung wird als Begriff benutzt, der eine besondere Qualität von

Lernprozessen beschreibt. Der Bildungsbegriff weist darauf hin,

• dass man sich letztlich nur selbst bilden kann,

• dass Lernen einen persönlichen Sinn ergeben muss,

• dass in Bildungsprozessen Handeln, Empfi nden, Fühlen, Denken, Wer-

te, sozialer Austausch, subjektiver und objektiver Sinn miteinander in

Einklang gebracht werden müssen ...

Bildung oder Lernen funktioniert nicht nach dem Modell des Warentrans-

ports – von jemandem, der etwas weiß, zu jemandem, der etwas noch

nicht weiß, also ein Defi zit hat. Der Erwachsene kann sich bemühen, vom

Kind verstanden zu werden, der Prozess des „Verstehens” selbst ist aber

eine kindliche Leistung, die umso erfolgreicher wird, je mehr Anknüpfungs-

punkte sich für die kindliche Eigentätigkeit ergeben. Erfahrungen, die ei-

nem Kind mitgeteilt werden, sind eben noch lange nicht Erfahrungen des

Kindes geworden.

3.2 Die Bildungsarbeit der Tageseinrichtung

In den Tageseinrichtungen für Kinder ist von einem ganzheitlichen Bildungs-

begriff auszugehen, bei dem Erziehung und Bildung auf engste Weise zu-

sammengehören. Folgende Defi nitionen können bei der Beschreibung der

Bildungsarbeit einer Tageseinrichtung hilfreich sein:

3 Das Bildungsverständnis

Kind ist „Akteur seiner Entwicklung“

Bildung funktioniert nicht nach dem Modell des Warentransports

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8

• Lernen könnte man sehr allgemein umschreiben als den relativ dau-

erhaften Erwerb einer neuen oder die Veränderung einer schon vor-

handenen Fähigkeit, Fertigkeit oder Einstellung. Lernen kann jeder

Mensch nur selbst.

• Bildung ist mehr als Lernen. Bildung beschreibt eine bestimmte Qua-

lität von Lernprozessen – nicht nur die Aneignung von Wissen und

Fertigkeiten – ein Lernen mit allen Sinnen, bei dem die ganze Breite

der Selbstbildungs-Potenziale der Kinder zum Tragen kommt.

• Erziehung steht als Aktivität der Erwachsenen den Selbstbildungspro-

zessen der Kinder gegenüber. Es geht darum, Kinder in allen ihnen

möglichen, insbesondere in den sensorischen, motorischen, emotio-

nalen, ästhetischen, kognitiven, sprachlichen, mathematischen und

religiösen Entwicklungsbereichen zu begleiten, zu fördern und her-

auszufordern.

Ausgangspunkte der Bildungsarbeit der Tageseinrichtung sind die Selbst-

bildungspotenziale der Kinder, die in allen Bildungsbereichen zum Tragen

kommen, und die professionellen Grundorientierungen der Erzieherinnen

und Erzieher. Die Tageseinrichtung schafft die bestmöglichen Vorausset-

zungen für eine gelingende Selbstbildung der Kinder. Den Kindern werden

Bildungsangebote gemacht, die sowohl ihre Entwicklungsmöglichkeiten

ausschöpfen als auch Entwicklungsrückstände und gesellschaftliche Be-

nachteiligungen frühzeitig auszugleichen suchen.

Die Entwicklungsbegleitung sollte darauf ausgerichtet sein,

• die Selbstbildungspotenziale des Kindes möglichst vielseitig auszu-

schöpfen und eigene kreative Verarbeitungsmöglichkeiten erfahrbar

werden zu lassen;

• die Bereitschaft zur Kooperation mit anderen in vielfältigen Situatio-

nen des Alltags herauszufordern (die Ausdifferenzierung sozialer Ver-

haltensweisen);

• Lernblockaden und Erfahrungsverweigerungen aufzulösen;

• Überfrachtungen des Kindes zu vermeiden sowie

• die Refl exion des eigenen Lernprozesses beim Kind anzuregen

In diesem Sinne gilt es für Erzieherinnen und Erzieher und Eltern zu akzep-

tieren, dass jeder Mensch sein eigenes Paket an Entwicklungsmöglichkeiten

mit sich bringt.

Ausgangspunkt der Bildungsarbeit sind die Selbstbildungspotenziale der Kinder

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Kap. 4 Ziele der kirchlichen Bildungsarbeit

4

Auf der Grundlage des Bildes vom Menschen und besonders vom Kind liegt

es auf der Hand, dass die Würde eines jeden Einzelnen unantastbar ist.

Die Achtung der besonderen Eigenart jeden Kindes und die Beachtung

des jeweiligen individuellen sozialen und kulturellen Kontextes des Kindes

prägen entscheidend unsere alltägliche Bildungsarbeit.8

Es geht darum, die individuellen Aktivitäten, Strategien, Vorlieben und Ta-

lente eines Kindes zum Zuge kommen zu lassen. Nicht festgestellte Defi zite

eines Kindes bilden den Ausgangspunkt für unser pädagogisches Handeln,

sondern die vorhandenen Interessen, Fähigkeiten, Strategien und Dispositi-

onen eines Kindes sind die Grundlage für eine sinnvolle, individuelle Steue-

rung von Bildungsprozessen in katholischen Tageseinrichtungen für Kinder

des Erzbistums Köln.

Die Ziele sind demnach individuell für jedes Kind zu defi nieren. Es wird

ausdrücklich bejaht, dass Kinder sich in unterschiedliche Richtungen und

auf unterschiedlichen Wegen weiter entwickeln. Auch wenn dieser Ansatz

gegenüber defi zitorientierten Ansätzen die Anforderungen an unsere pä-

dagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich erhöht, so wird das

Konzept der individuellen Unterschiede dennoch auch als große Bereiche-

rung erlebt.

4.1 Religiöse Bildung als Grundlage

Der beschriebene Prozess der Selbstwerdung ist zutiefst durchzogen von

religiösen Fragen und Phänomenen, die ihrerseits grundlegend zum Auf-

wachsen des Kindes und zur Ausbildung einer eigenen Identität beitragen.

Es geht um die großen „klassischen” Fragen: Wer bin ich und wer darf ich

sein? Wie ist die Welt entstanden? Warum müssen Menschen sterben? Wo

fi nde ich Schutz und Geborgenheit? Warum soll ich andere gerecht behan-

deln? Warum glauben andere Kinder etwas anderes?

Religiöse Bildung und Erziehung eröffnen Zugangsmöglichkeiten für erste

Antworten auf diese Fragen und stellen damit ein unerlässliches Funda-

ment für die Selbstwerdung des Kindes dar. Dabei kommt zum einen die

Entwicklung eines jeden einzelnen in den Blick, andererseits manifestiert

sich Selbstwerdung aber immer auch als sozialer Prozess, d.h. in der Wahr-

nehmung und Achtung des Anderen. Auf diese Weise zeigt sich gerade die

Religiöse Bildung als gesellschaftliches Erfordernis.

Religiöse Bildung und Erziehung nehmen schließlich in ihrer ganzheitlichen

Perspektive ernst, dass der christliche Glaube eine Wahrheit ist, die eine

neue Identität eröffnet. Im Zusammenhang der Entwicklung jedes einzel-

nen Menschen zeigt sich, dass Gottes Heilswille geschieht und dass für die

Menschen tatsächlich ein Leben in Gottes Gegenwart und Gerechtigkeit

möglich ist.

8 Vgl. Elterninformation 9-11.

4 Ziele der kirchlichen Bildungsarbeit

Die Würde jedes Einzelnen ist unantastbar

Es geht darum, die individuellen Talente des Kindes zum Zuge kommen zu lassen

Die Ziele sind individuell für jedes Kind zu defi nieren

Der Prozess der Selbstwerdung ist zutiefst durchzogen von religiösen Fragen

Religiöse Bildung als gesellschaftliches Erfordernis

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Die Förderung und Erziehung des Kindes kann und muss dabei in einem

übergreifenden Rahmen von Familie, Tageseinrichtung für Kinder und Kir-

chengemeinde durch die Entscheidung zugunsten bestimmter Leitbilder

– ja unter der Perspektive einer Vision – freigesetzt und unterstützt wer-

den. An dieser Stelle seien einige übergreifende Kategorien genannt, mit

deren Hilfe solche Leitbilder zustande kommen können:

• Fundamental für die eigene Entwicklung sowie für eine (über-) lebens-

fähige Gestaltung der Umwelt ist das Vertrauen in Gott, in sich selbst

und in den anderen. Die Weiterbildung des kindlichen Urvertrauens

zum Erlernen der bewussten Vertrauensspende ist damit ein entschei-

dender Vorgang, den es zu fördern gilt.

• Im Lichte von Gottes Zuspruch, Geschöpf und Ebenbild Gottes zu sein

und Ihn selbst immer an seiner Seite zu wissen9, kommt es darauf an,

ein gesundes Maß an Ich-Stärke zu entwickeln. Den Anforderungen

der fortschrittshörigen Gesellschaft ist nur gewachsen, wer wirklich

mündig ist. Hierzu ist eine gewisse innere Distanz zu einigen Werten

der heutigen Gesellschaft, wie sie durch den christlichen Glauben ver-

mittelt wird, hilfreich.

• Persönliche Talente werden als Geschenk Gottes10 begreifbar und er-

fahrbar, die es zu nutzen, zu entfalten und auszubilden gilt.

• In bestimmter Hinsicht spielt auch die Kategorie Wissen in der Kon-

struktion eines Leitbildes eine Rolle: In unserem speziellen Fall geht

es darum, das bei Kindern primäre religiöse Wissen freizusetzen und

grundlegende Inhalte der Glaubensbotschaft zu vermitteln.

• Die Fähigkeit zu Solidarität gehört zu den elementarsten Vorausset-

zungen, eine Zukunft im Sinne von Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden

mit zu gestalten.

• Was in der Fachterminologie mit dem Stichwort „emotional-symbolbe-

zogene Affektbildung” bezeichnet wird, meint im Klartext die Fähig-

keit, offen mit Gefühlen umzugehen, was wiederum zur Bewältigung

von Krisen und Ängsten dient.

• Mit der Kategorie Handeln ist jenes Vermögen umschrieben, sich als

individuelle Persönlichkeit gewinnbringend an intersubjektiven Pro-

zessen zu beteiligen.

• Schließlich ist über den Begriff Begegnung all das greifbar, was mit der

offenen Wahrnehmung des Anderen, mit der vorurteilsfreien Annä-

herung an den Fremden bzw. das Fremde zu tun hat. Nicht zuerst die

Bedrohung, sondern die Chance des Kennenlernens muss wachgeru-

fen und gefördert werden.

9 „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt“ (Mt 28,20)

10 Gleichnis von den Talenten (Mt 25,14-30)

Vertrauen in Gott

Gesundes Maß an Ich-Stärke

Talente sind „Geschenk Gottes“

Religiöses Wissen freisetzen

Fähigkeit zu Solidarität

Fähigkeit, mit Gefühlen umzugehen

Beteiligung an intersubjektiven Prozessen

Alles Leben ist Begegnung

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11

Kap. 5 Kindheitsarmut als Herausforderung

5

5 Kindheitsarmut als Herausforderung

Bisherige Bildungskonzepte haben sich vielerorts als wenig sensibel ge-

genüber Veränderungen und Belastungen kontextueller Art erwiesen. Sie

refl ektieren den kulturellen und ethnischen Hintergrund der Kinder un-

zureichend, reagieren kaum auf Belastungen wie z.B. Armut, soziale Aus-

grenzung und Mobilität und sind, wie die PISA-Studie zeigt, geeignet, ein

hohes Maß an sozialer Ausgrenzung zu begünstigen. Das Bildungskonzept

der katholischen Tageseinrichtungen für Kinder setzt daher an dieser Stelle

einen besonderen Akzent und weist explizit auf das notwendige Engage-

ment für arme bzw. sozial benachteiligte Kinder hin.11

Aktuelle Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Schere zwischen Arm

und Reich sich schon bei den Dreijährigen auswirkt. Kinder aus wohlhaben-

den Elternhäusern haben einen deutlichen Entwicklungsvorsprung. Es muss

deshalb darum gehen, Kinder direkt und unabhängig von der jeweiligen

Familienform wie von der Erwerbsbiographie ihrer Eltern zu unterstützen.

Kinderarmut kann nur durch die Bereitstellung und Verbesserung der sozi-

alen Infrastruktur und entsprechender Bildungs- und Betreuungsangebote

wirksam bekämpft werden.

Um die Entwicklungsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten armer

Kinder im obigen Sinne – insbesondere im Vergleich zu ökonomisch besser

gestellten Kindern – bewerten zu können, wurden folgende Dimensionen

berücksichtigt:

11 Die soziale Lage vieler Kinder in unserem

Land hat sich in den vergangenen Jahren

drastisch verschlechtert. Immer mehr

Kinder und Jugendliche wachsen in ma-

terieller Armut auf und sind dadurch in

ihrer psychischen, physischen, kulturellen

und sozialen Entwicklung benachteiligt.

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen

unter 15 Jahren, die in Armut leben, liegt

bei etwa 2.8 Millionen, nahezu jedes

siebte Kind, jeder siebte Jugendliche im

Alter bis 15 Jahren wächst so bei uns in

Armut auf. Bezogen auf die Situation von

Kindern und Jugendlichen geht es bei der

Defi nition von Armut um Einkommensar-

mut, bestimmt durch Familienarmut und

aus der spezifi schen Sicht des Kindes oder

Jugendlichen betrachtete Bereiche von

materieller, physisch-psychischer, kulturel-

ler und sozialer Unterversorgung (Lebens-

lagenansatz). Ausführliche Informationen

zur Armutsdefi nition, gesellschaftlichen

Entwicklungen und Armutstrends bietet

die Publikation: Arme Kinder in Tages-

einrichtungen für Kinder - Projektbericht

und Arbeitshilfe. Hrsg.: Diözesan-Caritas-

verband für das Erzbistum Köln, 2005,

(Download: www.katholische-

kindergaerten.de)

Engagement für benachteiligte Kinder

Verschiedene Dimensionen der Förderung

Page 13: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

12

5.1 Die Bedeutung der Tageseinrichtung für Kinder als Ressource

Gerade der über einen längeren Zeitraum sich erstreckende und alltägliche

Kontakt mit armen Kindern und deren Familien ist eine Basis für differen-

ziertere Wahrnehmungen von Armutsfolgen durch die Erzieherinnen und

Erzieher dar, gleichzeitig bestehen günstige Voraussetzungen für den Auf-

bau eines Vertrauensverhältnisses zwischen Erzieherinnen und Erzieher auf

der einen Seite sowie Kindern und Eltern auf der anderen Seite. Die folgen-

den vier Funktionsbereiche verdeutlichen die potentiell hohe Bedeutung

der Ressource Kindertageseinrichtung im Zusammenhang mit der Armut

von Kindern und deren Familien.

Kompensationsfunktion

Vor dem Hintergrund der Zielsetzung, Kinder bei der Entwicklung zu einer

eigenständigen, selbstbewussten und verantwortlichen Persönlichkeit zu

begleiten und zu unterstützen, kommt der Beachtung der Kinder in Armuts-

lagen durch die Erzieherinnen und Erzieher eine besondere Bedeutung zu.

Förderung und Ausbau kindlicher Fähigkeiten und damit auch Stärkung

und Stabilisierung des Selbstbewusstseins stellen originäre Kompetenzen

der pädagogischen Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen dar,

die an dieser Stelle von großer Bedeutung sind.

Frühwarnfunktion

Probleme und Schwierigkeiten, die als Folge von Armutslagen entstehen,

werden im Umfeld der Familie nicht immer wahrgenommen. Erst in der

Tageseinrichtung treten Probleme und Schwierigkeiten, die durch Armuts-

lagen mit verursacht sind, deutlicher zu Tage, werden dort zum ersten mal

von professionellen Erzieherinnen und Erzieher wahrgenommen. Gleich-

zeitig gilt es, durch präventives Handeln die Kompetenzen und Ressourcen

der betroffenen Kinder zu stärken und ihre psychische Widerstandsfähig-

keit gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwick-

lungsrisiken zu erhöhen (Resilienz). Neben den notwendigen Kenntnissen

über die Zusammenhänge und entsprechenden differenzierten Wahrneh-

mungsfähigkeiten setzt dies umfassende Kenntnisse über vorhandene Hil-

fe und Unterstützungsnetze bei den Erzieherinnen und Erziehern voraus.

Darüber hinaus bedarf es in diesem Zusammenhang auch entsprechender

Tageseinrichtung hat große Bedeutung

Kindliche Fähigkeiten fördern und ausbauen

Defi zite erkennen und Hilfsnetze knüpfen

Page 14: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

13

Kap. 5 Kindheitsarmut als Herausforderung

5

Kontakte zu diesen Hilfe- und Unterstützungsnetzen von Seiten der Erzie-

herinnen und Erzieher.

Entlastungsfunktion

Verbesserungen der fi nanziellen Lage armer Familien hängen häufi g eng

mit den Möglichkeiten der Betreuung von Kindern zusammen. Betreuungs-

angebote für Kinder stellen grundsätzlich eine wichtige Voraussetzung für

die Aufnahme einer Berufstätigkeit und damit einer Verbesserung der ge-

samten Lebensbedingungen der Familie dar. Vor allem den vorhandenen

Öffnungszeiten der Einrichtungen und den vorhandenen Betreuungska-

pazitäten kommt so eine wichtige Bedeutung gerade für arme Kinder und

deren Familien zu.

Vermittlungsfunktion

Armut von Familien führt darüber hinaus durch fi nanzielle Sorgen, damit

einhergehenden engen Wohnverhältnissen, Krankheit oder Suchtverhal-

ten bei Eltern zu permanente Stress-Situationen und Überforderungen, die

sich leicht zu Problemen der Partnerschaft aber auch der Erziehung und

des Umgangs mit Kindern ausweiten können. Auch wenn in diesem Zusam-

menhang die fachliche Qualifi kation von Erzieherinnen und Erzieher deut-

lich überschritten wird, wären sie doch sicherlich in die Lage zu versetzen,

entsprechende Zugänge zu weiteren Hilfe- und Unterstützungssystemen

herzustellen und hier zu vermitteln. Dies setzt eine Ausweitung vorhande-

ner Kontakte und Kooperationen voraus.

5.2 Die Bedeutung des kirchlichen Umfelds

Armut bei Kindern und Familien stellt ein sehr komplexes Problem dar, des-

sen Folgen sich in vielfältiger Weise auf die Entwicklung der Kinder aus-

wirken können. Nur durch Nutzung einer großen Zahl von Ressourcen im

Umfeld der Betroffenen und durch die Zusammenarbeit einer Vielzahl von

Nichtprofessionellen und Professionellen ist es letztlich vorstellbar, frucht-

bare Ansätze zur Verbesserung der Lage arme Kinder und deren Familien

zu schaffen.

Die katholischen Tageseinrichtungen als Teil der katholischen Kirche sind

Teil eines umfangreichen pastoralen und sozialen Netzwerks. Die Einbin-

dung der Tageseinrichtungen in dieses kirchliche Netzwerk, etwa in die

Arbeit der Pfarrgemeinden und Fachverbänden der Caritas, stellt, wenn es

genutzt wird, ein enormes Potential dar, das in diesem Umfang anderen

Trägern nur selten zur Verfügung steht.

Dabei geht es zum einen darum, dass Pfarrer oder pastorale Mitarbeiterin-

nen und Mitarbeiter „ihren“ Kindergarten aufsuchen, als Ansprechpartner

für religiöse Themen „greifbar“ sind und auch von sich aus das Gespräch mit

Kindern, Erziehenden und Eltern suchen und fi nden, zum anderen geht es

auch darum, Verbindungen und Brücken zur Pfarrgemeinde herzustellen

oder zu stärken.12

12 Über die Aufgaben der Pfarrer und pastoralen Mitarbeitenden im Zusammenhang der Intensivie-

rung der Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtung, Familien und Pfarrgemeinde empfehlen

wir das Positionspapier „Gemeinsam für Kinder“ des Erzbistums Köln.(Download: www.katholi-

sche-kindergaerten.de)

Familien entlasten

Kontakte und Kooperationen aufbauen und zum Wohl der Kinder und Eltern nutzen

Tageseinrichtungen als Teil des pastoralen und caritativen Netzes

Pastoralkräfte einbinden

Page 15: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

14

6 Auftrag und Rolle der Erzieherinnen und Erzieher

Die Bildungsvereinbarung NRW spricht von acht Grundorientierungen

(s. Kapitel 7), die an dieser Stelle erläutert, ergänzt und vertieft werden.

So wird deutlich, dass sich die Anforderungen verändert und weiter aus-

differenziert haben. Dem wird durch intensive Fortbildungen Rechnung

getragen.

6.1 Aufgaben

Im Bildungsprozess der Kinder nehmen die pädagogischen Mitarbeiterin-

nen und Mitarbeiter in katholischen Tageseinrichtungen eine wesentliche

Rolle ein. Sie begleiten und fördern die kindlichen Bildungsprozesse. Ihre

Aufgaben sind dabei vielfältig und stellen hohe Anforderungen.

Die Einbindung der pädagogischen Arbeit in Veranstaltungen der Pfarrge-

meinde, die Einbindung der Pfarrgemeinde in Projekte und Vorhaben der

Tageseinrichtung, intensive Elternarbeit und Integration dieser Arbeit in

Strukturen und Planungen der Pfarrgemeinde sind der Schlüssel für eine

Vielzahl von gemeinsamen Aktivitäten, Hilfestellungen und Unterstüt-

zungsmaßnahmen.13

13 In einem Projekt hat der Diözesan-Caritasverband in Kooperation mit der Abteilung Gemeinde-

pastoral des Erzbischöfl ichen Generalvikariats in ausgewählten Tageseinrichtungen für Kinder

Praxisprojekte durchgeführt. Die Projekte bieten eine Vielzahl von Zugangsmöglichkeiten. Die

Ergebnisse der Projekte sind in einer Arbeitshilfe dokumentiert worden: Arme Kinder in Tages-

einrichtungen für Kinder - Projektbericht und Arbeitshilfe. Hrsg.: Diözesan-Caritasverband für das

Erzbistum Köln, 2005, (Download: www.katholische-kindergaerten.de). Weitere Hilfestellungen

bietet die folgende Publikation: Arme Kinder in Tageseinrichtungen für Kinder – Dokumentation

der Fachtagung. Hrsg.: Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln, 2005, (Download: www.

katholische-kindergaerten.de)

Begleiten und fördern kindlicher Bildungsprozesse

Page 16: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

15

Kap. 6 Auftrag und Rolle der Erzieherinnen und Erzieher

6

6.2 Anforderungen

Zur Unterstützung und Herausforderung der kindlichen Bildungsprozesse

und damit ihrer Selbstbildungspotenziale sind daher neben den Kompeten-

zen im Umgang mit den Kindern weitere Anforderungen gefragt.

Wesentliche Grundorientierungen wie z. B.:

• Anerkennung der eigenen, subjektiven Weltsicht des Kindes,

• beobachtende Wahrnehmung und Verständigung,

• Ausrichtung der pädagogischen und religionspädagogischen Arbeit

an den lebensweltlichen Bedingungen des Kindes,

• Kommunikationsfähigkeit und Kommunikationsbereitschaft,

• Orientierung am christlichen Menschenbild und Inhalten des christli-

chen Glaubens sowie

• Wertschätzung des christlichen Gemeindelebens und die daraus resul-

tierende Aufmerksamkeit für Begegnungsräume, in denen die Famili-

en der Kita und die Gemeinde einander (neu) entdecken können.

Professionelle Einstellungen wie z. B.:

• Selbstverständnis als Lernende (auch im forschenden Lernen mit den

Kindern) mit der Bereitschaft zur Fortbildung, zum Studium von Fach-

literatur und zu fortlaufender Refl exion und Weiterentwicklung des

pädagogischen und religionspädagogischen Handelns,

• Anerkennung der Eigenaktivität der Kinder,

• Förderung der Selbstbildungspotentiale der Kinder,

• aufmerksame, angemessene Begleitung, Unterstützung und Förde-

rung des einzelnen Kindes und der Kindergruppe,

• Aushalten, dass Kinder eigene Wege erproben müssen,

• Schaffung eines vielfältigen, anregungsreichen Raum- und Material-

angebotes,

• Mitgestaltung der Übergänge des Kindes aus der Familie in den Kin-

dergarten und vom Kindergarten in die Grundschule,

• Förderung und Mitgestaltung von Begegnungsräumen zwischen Kita,

Gemeinde und Familien,

• Vermittlung christlicher Werte und Grundeinstellungen sowie

• Toleranz gegenüber anderen Weltanschauungen und Kulturen.

Erziehungswissenschaftliches und praktisches Rüstzeug wie z. B.:

• umfassendes Wissen über die Entwicklungs- und Bildungsprozesse der

Kindheit und der „Welt” in der die Kinder leben,

• umfangreiche Kenntnisse über die unterschiedlichen pädagogischen

Ansätze, erziehungswissenschaftlichen Theorien und Bildungsansätze,

• Wissen und Techniken zur Analyse der Lebenssituation und des Ent-

wicklungsstandes der Kinder und deren praktische Anwendung,

• Fähigkeit, die Analyseergebnisse in die Planung, das pädagogische

Handeln und die Refl exion der Arbeit mit den Kindern einfl ießen zu

lassen,

Gefordert sind ...

... Grundorientierungen

... Einstellungen

... Rüstzeug

Page 17: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

16

• Einbezug der Kinder, deren Familien und das Umfeld in die pädagogi-

sche und religionspädagogische Arbeit mit den Kindern,

• vertiefte Kenntnisse über sachliche Themen wie Sprache, Natur, Äs-

thetik, Kultur, den katholischen Glauben sowie andere Religionen,

• Vertrautheit mit den Aktivitäten und Angeboten der Gemeinde vor

Ort, die im Miteinander von Kita, Gemeinde und Familien eine Rolle

spielen (könnten)

• Kooperation im Erzieherteam, mit den Familien der Kinder, der Pfarr-

gemeinde, Institutionen und Behörden sowie

• Wissen um die Didaktik des Raumes zur Raumgestaltung und biophy-

sischer Kenntnisse zur Planung des Tagesablaufs.

6.3 Beobachtende Wahrnehmung

Unentbehrliche Grundlagen der zielgerichteten Bildungsarbeit in den Ein-

richtungen sind die beobachtende Wahrnehmung und die darauf aufbau-

ende Begleitung, Förderung und Herausforderung von Bildungsprozes-

sen.14 Diese defi nieren in besonderem Maße die Rolle der Erzieherinnen

und Erzieher. Durch die Wahrnehmung des Kindes als „Subjekt” (handeln-

des Individuum, wertgeschätzter, eigenständig handelnder Mensch) im Er-

ziehungs- und Bildungsgeschehen ist es unbedingte Aufgabe der Erziehe-

rinnen und Erzieher,

• die Kinder kontinuierlich, regelmäßig und gezielt zu beobachten,

• Beobachtungen in den Alltag zu integrieren,

• Beobachtung nicht auf das Ausfüllen von Beobachtungsbogen zu re-

duzieren,

• individuelle Handlungen, Vorstellungen, Ideen, Werke, Tätigkeiten,

Fragen, Denk- und Problemlösungswege der Kinder anzuerkennen,

wertzuschätzen, herauszufordern, zu beobachten und zu dokumen-

tieren,

• sich mit den Kindern ernsthaft über deren Ideen und Sichtweisen aus-

zutauschen,

• Beobachtungen nicht als feststehende Ergebnisse zu defi nieren, son-

dern als Teil des Prozesses von Verständigung zwischen Kind und Er-

wachsenem,

• die individuelle, gruppenbezogene und gruppenübergreifende Bil-

dungsarbeit an den Beobachtungen auszurichten (z.B. durch Projekt-

arbeit die Selbstbildungspotentiale herausfordern unter Einbezug von

Raumgestaltung, Gestaltung des Tagesablaufes ...),

• die Beobachtungen den Kindern widerzuspiegeln und ggf. die eigene

Beobachtung von den Kindern korrigieren zu lassen,

• für jedes Kind – im Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten

– eine Bildungsdokumentation zu erstellen,

• Bildungsdokumentationen so aufzubereiten, dass auch die Kinder den

Wunsch und die Möglichkeit haben, diese (wenigstens partiell) zu ver-

stehen (z.B. mit Fotos, Bildern der Kinder) sowie

14 siehe auch Kapitel 8

Kinder als „Subjekt“ wahrnehmen

Page 18: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

17

Kap. 6 Auftrag und Rolle der Erzieherinnen und Erzieher

6

• den Kindern die Möglichkeit zu bieten, ihre Bildungsdokumentation

mit zu gestalten.

6.4 Vernetzung ins Umfeld

Um ihrer Rolle gerecht zu werden, ist eine Vernetzung in einem Unter-

stützungssystem von großer Bedeutung (z.B. Zusammenarbeit im Team,

mit den Eltern, der Pfarrgemeinde, anderen Institutionen, anderen Einrich-

tungen, dem DiCV mit Fachberatung und Fortbildung). Auf diese Weise

können die Bildungsaufgaben in der Kindertageseinrichtung gestützt und

optimiert werden.15

6.5 Zuspruch

So wie Gottes Zuspruch „Ich bin bei Euch alle Tage“ besonders dem Kind

gilt, so ist er auch für Erzieherinnen handlungsleitend. Bei ihrer Aufgabe,

Kindern zu dienen, sie zu stützen und zu fördern, sind sie nicht auf sich

allein gestellt. Die Zusage Gottes ist Entlastung („Es hängt nicht allein an

mir“) und Ansporn („Mit ihm gemeinsam werde ich schon die richtigen

Worte fi nden“) zugleich.

15 Eine Checkliste zur Konkretisierung der Rolle der Erziehenden wird parallel zur Veröffentlichung

dieses Bildungskonzeptes im passwortgeschützten Bereich des Internet-Portals www.katholische-

kindergaerten.de bereit gestellt.

Unterstützungssystem von großer Bedeutung

vgl. Kapitel 2

Page 19: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

18

Im Folgenden wird konkreter auf die einzelnen Bildungsbereiche eingegan-

gen. Dabei ist das Konzept für die katholischen Kindertageseinrichtungen

um einen Bereich, nämlich den der religiösen Bildung, erweitert. Religiö-

se Bildung stellt allerdings nicht nur einen Bildungsbereich dar, sondern

durchdringt, ähnlich wie auch der Bereich des sozialen Lernens, durchgän-

gig alle Bildungsbereiche – so wie ein Kind immer und überall Ebenbild

Gottes ist, auch wenn der Bildungsbereich „Religion“ nicht auf der Tages-

ordnung steht.

Die benannten Bildungsbereiche sind zentrale Lernfelder, die den Kindern

Orientierungspunkte anbieten. Bildung entsteht durch besonders vertiefte

Lernerfahrungen und ist von daher mehr als „Lernen“. Es ist das Wissen

und Können, welches besonders tief und grundlegend im Menschen veran-

kert ist und sein Denken, Fühlen und Handeln beeinfl usst.

7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprach- entwicklung

Religiöse Bildung und soziales Lernen durchdringen alle Bildungsbereiche

C H R I S T L I C H E S M E N S C H E N B I L D

Selbstbildungspotenziale der Kinder Grundorientierungen der Erziehenden

Differenzierung von Wahrnehmungserfahrungen• Körpersinne• Fernsinne • Gefühle

Subjektive Weltsicht des Kindes

Lebensweltorientierungund Alltag der Kinder

VorbereiteteUmgebung

BeobachtendeWahrnehmungund Verständi-gung

Patrizipationund Partner-schaftlichkeit

Selbstregulierungder Kinder

Umgang mit indivi-dueller, geschlecht-licher, sozialer und kultureller DifferenzBerücksichtigung

des regionalen Bedarfs

Religion

Kommunikationund Sprachentwicklung

Natur und kulturelle Umwelten

Bew

egun

g

Spielen und Gestalten, M

edien

Innere Verarbeitung• Eigenkonstruktionen• Fantasie• Sprachliches

Denken• Naturwissen-

schaftlich-mathematischesDenken

Soziale Beziehungen und Beziehungen zur sachlichen Umwelt

Ursprüngliche Religiosität

Umgang mit Komplexität und Lernen in Sinnzusammenhängen

Forschendes Lernen

„Ich bin bei Dir alle Tage“

Page 20: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

19

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

Die Bildungsbereiche tragen dazu bei, dass Kinder neben der Vermittlung

von Wissen und lernmethodischen Kompetenzen, Förderung des Selbst-

konzeptes, Stärkung der Sprachkompetenz und kognitiven Entwicklung

auch eine „Bewältigungskompetenz“ verinnerlichen können, die sie in die

Lage versetzt, Belastungen, Veränderungen und Krisen erfolgreich bewäl-

tigen zu können.16

Die im nebenstehenden Modell aufgeführten trägerspezifi schen fünf Bil-

dungsbereiche stellen einen offenen Bildungsplan dar, der jedoch nicht wie

ein Curriculum abzuarbeiten ist. Vielmehr sind es Denkanstöße in unter-

schiedlichen Bereichen, die dazu dienen, konkrete pädagogische Aufga-

benstellungen umzusetzen.

Auf der linken Seite des Schaubildes werden die Selbstbildungspotenziale

des Kindes aufgeführt. Zentraler Ausgangspunkt für die kindliche Erfah-

rung von der Welt ist die Wahrnehmung. Sie kann in drei Bereiche unter-

teilt werden:

• Über die Fernsinne, wie Augen, Ohren und Nase, können die Kinder

das aufnehmen, was ihnen entweder durch genetisch bedingte Fakto-

ren oder durch Lernprozesse an Wahrnehmungs- und Interpretations-

systemen zur Verfügung steht.

• Die Wahrnehmung von Temperatur und Feuchtigkeit gehören ebenso

zur Körperwahrnehmung wie die Empfi ndungen der inneren Befi nd-

lichkeit des Körpers. Hierzu gehören die Empfi ndungen der Raumlage

und des Gleichgewichts, die Befi ndlichkeit der inneren Organe sowie

die Körperspannungen und der Körperrhythmus.

• Die emotionale Wahrnehmung bezeichnet den Bereich, der als Wahr-

nehmung zwischen Personen oder einer Person und ihrer sachlichen

Umwelt entsteht. Emotionen wie Liebe, Hass, Wut, Trauer, Freude

oder Angst können empfunden und zum Ausdruck gebracht werden.

Die Bildung der emotionalen Wahrnehmung ist besonders wichtig für

soziale und zwischenmenschliche Interaktionen.

Die innere Verarbeitung der gerade beschriebenen Wahrnehmungen kann

nun über Eigenkonstruktionen, Fantasie, sprachliches Denken und natur-

wissenschaftlich mathematisches Denken erfolgen. Somit werden die ge-

machten Wahrnehmungen in den Erfahrungshorizont des Kindes aufge-

nommen. Soziale Beziehungen und Beziehungen zur sachlichen Umwelt

sind bei den Selbstbildungspotenzialen von größter Bedeutung.

Das soziale Lernen (auch Nachahmungslernen oder Lernen am Modell) bil-

det keinen eigenen Bildungsbereich, da es nicht losgelöst von konkreten

Sozial- und Sachbezügen betrachtet werden kann. Vielmehr spielen die so-

zialen Bildungsprozesse in alle fünf Bildungsbereiche hinein.

Zu den personalen oder sozialen Kompetenzen eines Kindes gehören z.B.

Wesensmerkmale wie Kontakt aufnehmen mit anderen Kindern, Bedürf-

nisse äußern aber auch aufschieben können, Leistungsanforderungen po-

sitiv annehmen, Lösungen für Probleme und Konfl ikte erkennen sowie die

Ausbildung eines positiven Selbstwertgefühls.

Zur Entwicklung der sozialen, geistigen, psychischen und körperlichen

Kompetenzen ist ein Lernverständnis von Komplexität und ein Lernen in

16 Fthenakis, W.: Bildung für alle Kinder, in: Kita spezial 3 (1992) 49-54.

Bewältigungskompetenz

Offener Bildungsplan

Erläuterungen zum Schaubild

Potenziale der Kinder

Page 21: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

20

Sinnzusammenhängen erforderlich. Der Umgang mit Komplexität bedeu-

tet, sich nicht an den Defi ziten des Kindes zu orientieren im Sinne eines

gesellschaftlichen Ausleseprozesses, sondern die individuelle, geschlechtli-

che, soziale und kulturelle Wirklichkeit der Kinder in Lernprozessen zu be-

achten.17

Kinder suchen in ihren Handlungen nach Sinn und Bedeutung und stellen

die entsprechenden Fragen. Sie probieren vom ersten Tag ihres Lebens an

aus, wollen vieles selber machen, wollen alles begreifen, erforschen und

verstehen. Das forschende Lernen basiert auf den vorhandenen Grundla-

gen Neugier, Phantasie und Lernfreude.

Es gehört zum Bereich des Erfahrungslernens, dem Lernen aus den eigenen

Erfahrungen, aus dem was man für sich selbst wahrgenommen, sortiert,

in Bilder gesetzt und schließlich in Sprache gekleidet hat - man könnte es

auch als das Lernen aus erster Hand bezeichnen. Dem gegenüber steht als

zweite wichtige Lernform das Lernen von „Überliefertem“ - ein Lernen von

dem, was einem erzählt wird - ein Lernen aus zweiter Hand.18

Die fünf Bildungsbereiche stehen im Mittelpunkt der Übersicht. In der vor-

liegenden Konzeption sind alle fünf Bereiche innerhalb eines christlichen

Weltbildes zu betrachten. Das heißt, alle Bildung ist eingebunden in die

Verheißung Jesu, bei uns zu sein.

Rechts im Schaubild befi nden sich die Grundorientierungen der Erziehe-

rinnen und Erzieher. Dieser Bereich hat einen engen Bezug zu den Rollen-

erwartungen an Erziehende, die in einer katholischen Tageseinrichtungen

tätig sind.19

7.1 Bildungsbereich „Religion“

Religion als grundlegender Bildungsbereich oder sogar als Qualitätsmerkmal

für die Arbeit in katholischen Tageseinrichtungen für Kinder wirft zunächst

einige Fragen auf: Wie lässt sich angesichts des weitreichenden soziokul-

turellen Wandels der Gesellschaft hin zur Individualisierung der persönli-

chen Lebensführung und zur Pluralisierung aller lebensrelevanten Bereiche

überhaupt noch ein Engagement zur gegenseitigen Hilfe begründen? Wie

kann man die nachwachsenden Generationen für ein zukunftsorientiertes

Denken begeistern, wenn die gegenwärtige Situation durch Faktoren wie

Sinnlosigkeit und Krisenerfahrung beherrscht wird? Und wie ist ein verant-

wortlicher Umgang mit sich selbst und mit den anderen vermittelbar, wenn

sich allenthalben eine grundlegende Orientierungsunsicherheit ausbreitet?

Für religiöse Erziehung und Bildung ergibt sich daraus die weitreichende

Frage, welche Handlungskompetenzen und praktischen Modelle gefunden

werden können, um diese Veränderungen aufzufangen und dennoch ein

gemeinschaftsförderndes Leben zu gestalten.20

17 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung ist mehr als Lernen, in: KiTa aktuell NRW 12 (2003), 247

18 Vgl. ebd. 248

19 Eine Checkliste zur Konkretisierung der Bildungsbereiche wird parallel zur Veröffentlichung dieses

Bildungskonzeptes im passwortgeschützten Bereich des Internet-Portals www.katholische-kinder-

gaerten.de bereit gestellt.

20 Es gibt bereits einige Konzeptentwürfe zum Thema religiöse Bildung. Vgl. z.B. Scheilke, Ch. Th. /

Schweitzer, Fr. (Hg.): Kinder brauchen Hoffnung. Religion im Alltag des Kindergartens, 1999. Vgl.

auch Schindler, R.: Zur Hoffnung erziehen. Gott im Kinderalltag, 1999

Bildungsbereich

Grundorientierungen der Erziehenden

Religion als Qualitätsmerkmal

Page 22: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

21

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

Die folgenden Komponenten stellen die Basis für eine konkrete Realisie-

rung von religiöser Bildung und Erziehung im Elementarbereich dar:

a) Religiöse Bildung versteht sich als partnerschaftliche Beziehung zwi-

schen Kindern und Erwachsenen. Um dabei die situativen Bedingun-

gen der Zeit ernst zu nehmen, ist es von grundsätzlicher Bedeutung,

dass religiöse Erziehung in einem Netzwerk stattfi ndet, d.h. für re-

ligiöse Erziehung sind nicht ausschließlich ausgebildete Expertinnen

zuständig, sondern nur im Zusammenspiel von Familie, Kindergarten

und Pfarrgemeinde kann die Förderung von religiösen Erfahrungen

gelingen.

b) Damit eng verbunden ist die Beobachtung, dass religiöse Erfahrungen

bei Kindern nicht erst gebildet werden müssen, sondern dass solche

Erfahrungen zur Grundausstattung eines Kindes gehören. Kinder sind

in der Lage, über ihre Fantasie und über ihre Fähigkeit zum Staunen

einen ausgeprägten Sinn für das Rätselhafte zu entwickeln. In diesem

Sinne versteht sich religiöse Bildung nicht als Ausbildung sondern viel-

mehr als Freilegung und Förderung der vorhandenen Möglichkeiten.

c) Dieses religiöse Potenzial der Kinder ist geprägt durch einige funda-

mentale Kategorien, an die es immer wieder zu erinnern gilt. Begriffe

wie Vertrauen, Mündigkeit und Solidarität lassen sich wohl klassifi zie-

ren als so genannte Grundwerte. Es sind Werte, die zu einem bezie-

hungsfähigen Leben gehören. Solche Werte kann man nicht dozieren

oder „verkaufen“, sie sind einzig und allein vermittelbar über gemein-

sames Erarbeiten und über Vorleben. Es geht darum, bei Kindern das

Vertrauen in das Leben zu stärken, eine grundsätzliche Zustimmung

zu sich und zur Welt zu fördern sowie dafür zu werben, das Leben mit

anderen zu teilen.

d) Theologisch gesprochen nimmt ein solches Bildungsverständnis das

Freiheits- und Autonomiebestreben des modernen Menschen auf

und versteht Religion als wesentlichen Bestandteil seines Identitätsbil-

dungsprozesses.

e) Religiöse Bildung und Erziehung müssen einen engen und konkreten

Bezug zum „normalen“ Leben haben. Sie dürfen keinen Sonderfall

der Pädagogik oder gar ein „notwendiges Übel“ darstellen, dem man

neben den anderen Aufgaben auch noch nachkommen muss.

7.1.1 Wahrnehmung religiöser Phänomene und Erfahrungen

Kinder begegnen unterschiedlichen religiösen Phänomenen im Alltag, zu

Hause, in der Tageseinrichtung für Kinder. Es gilt, einen offenen Umgang

mit solchen Erfahrungen vorfi ndlicher Religiosität zu ermöglichen, die Be-

deutung des Religiösen im eigenen Leben wahrnehmbar zu machen und

zu verdeutlichen, dass das Religiöse zum Wesen des Menschen gehört. Da-

bei muss deutlich werden, dass die Wahrnehmung religiöser Erfahrungen

sowohl die emotionale Befi ndlichkeit des Menschen betrifft als auch zu ei-

ner Auseinandersetzung mit den religiösen Sinnangeboten des christlichen

Glaubens führt.21 Es geht darum, die Bedeutung von Religion und Glaube

21 Vgl. dazu Franke, H. / Hanisch, H.: Religiöse Erziehung im Vorschulalter. Grundlagen und prakti-

sche Hinweise, 2000, 90-132

Partnerschaftliche Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen

Religiöse Erfahrungen gehören zur Grund-ausstattung eines Kindes

Werte müssen vorgelebt werden

Identitätsbildungsprozess

Religiöse Bildung ist kein Sonderfall

Kinder begegnen unterschiedlichen religiösen Phänomenen

Page 23: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

22

klar zu stellen, eine Verortung in der eigenen religiösen Welt anzubieten,

die einhergeht mit der Wahrnehmung der Unterschiede zu anderen Re-

ligionen. Ziel sollte sein, religiösen Phänomenen unvoreingenommen zu

begegnen sowie Grundelemente des christlichen Glaubens in Erfahrung zu

bringen.

Umsetzungskomponenten können u.a. sein:

• den Zusammenhang von Körper, Sinnen und Religion fördern,

• „heilige“ Gegenstände aus den Familien mitbringen und besprechen,

• Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, pastorale Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter erzählen von ihrer Religion,

• Beschäftigung mit wichtigen Symbolen sowie

• Suche nach religiösen Spuren im Umfeld der Einrichtung.

7.1.2 Innere Verarbeitung religiöser Erfahrungen

Der zweite Schritt besteht in der Sensibilisierung für ganzheitliche Erfah-

rungszusammenhänge in Bezug auf religiöse Phänomene. Wenn Kinder

wirklich Co-Konstrukteure ihrer eigenen Wirklichkeit sind, dann gilt es,

Fantasie sowie sprachliches und konstruktives Denken zu nutzen, um ge-

meinsam Sinn- und Bedeutungsfragen zu stellen und produktiv an ihnen

zu arbeiten. Dabei geht es darum, sich mit biblischen Geschichten vertraut

zu machen, „religiöse Räume und Zeiten“ kennen zu lernen, sich mit Sinn

stiftenden Ritualen zu beschäftigen, Erfahrungen in der Liturgie zu ermög-

lichen, Leitbildern und Vorbildern zu begegnen. Entscheidend wird hierbei

sein, dass sich religiöse Bildung nicht mit dem Lernen der Religion begnü-

gen darf, sondern dass sie auf das Wachstum der einzelnen Person abzielt.

Kinder brauchen keine fertigen Antworten, sie brauchen Begleitung, An-

regungen und Hilfestellungen, um ihre eigenen Antworten zu formulieren

und sich mit ihnen zu entwickeln.

Umsetzungskomponenten können u.a. sein:

• „religiöse Räume“ kennen lernen – Besuch von Kirche, Moschee, Syn-

agoge etc.,

• Räume für religiöse Erfahrungen (auch mit Kindern zusammen) be-

sonders gestalten,

• „religiöse Zeiten“ kennen lernen – Jahreskreis; feste Zeiten am Tag,

• religiöse Feste bewusst feiern,

• biblische Geschichten erzählen, vorlesen, gestalten, erlebbar machen,

• Gestaltung liturgischer Feiern, Teilnahme an Gottesdiensten der Ge-

meinde,

• Gebetsformen, Stille, Meditation kennen lernen sowie

• Heiligen und Menschen, die Mut machen, die Vorbilder sein können,

begegnen.

Die innere Verarbeitung religiöser Erfahrungen geht über den Bereich der

Tageseinrichtung für Kinder hinaus. An dieser Stelle gilt es, Netzwerke mit

Eltern und Gemeinde herzustellen, damit die Arbeit in der Einrichtung nicht

zu einer „Inselerfahrung“, sondern vielmehr als ein wichtiger Bestandteil ei-

nes integralen Erfahrungsprozesses erlebbar wird.

Sensibilisierung für ganzheitliche Erfahrungszusammenhänge

Page 24: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

23

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

7.1.3 Religiöse Erfahrungen und soziale Beziehungen

Religiöse Erfahrungen sind im Rahmen der Tageseinrichtung für Kinder

nicht ohne Beziehungsgefl echt möglich. In den Einrichtungen spiegelt

sich das soziale und kulturelle Umfeld vor Ort, hier kommen Kinder aus

unterschiedlichen sozialen und familiären Verhältnissen zusammen, ge-

taufte und ungetaufte Kinder, Kinder aus anderen Religionen. Und mit

ihnen begegnen sich die Eltern und Familien, die ihrerseits unterschiedliche

Bedürfnisse, Erwartungen und Einstellungen mitbringen. Die Vermittlung

von Gemeinschaft bzw. das Einbeziehen der Kinder in Gemeinschaft stellt

eines der wichtigsten Grundanliegen in der religionspädagogischen Arbeit

im Kindergarten dar, weil Kinder hier mit anderen zusammenkommen und

Beziehungserfahrungen machen, und zwar sowohl mit Gleichaltrigen als

auch mit (zunächst unbekannten) Erwachsenen. Hier werden sie konfron-

tiert mit Nähe und Distanz, hier müssen sich die zuvor in der Familie erwor-

benen Beziehungsfähigkeiten bewähren und hier werden Kinder zu Ge-

staltern ihrer Beziehungen. Gemeinschaft ist in diesem Sinne in der Lage,

lebensgestaltend zu unterstützen, sie gibt Halt und schenkt Lebensmut.

Religiöse Bildung und Erziehung können auf christliche Werte und Normen

zurückgreifen und sie als Basis menschlichen Zusammenlebens vermitteln.

In Tageseinrichtungen für Kinder spiegelt sich auch die multikulturelle und

multireligiöse Gesellschaft. Dabei ist es wichtig, dass alle Kinder die glei-

chen Bildungsangebote und damit die gleichen Startchancen erhalten. Nur

so wird soziale Gerechtigkeit überhaupt möglich. Es gilt dabei, dass die

Verschiedenheit der Kulturen und Religionen nicht nur toleriert, sondern

ebenso als bereichernd erlebt wird.22

Umsetzungskomponenten können u.a. sein:

• Grundhaltungen des Staunens, Dankens und Bittens fördern,

• religiöse Erfahrungen im gemeinsamen Spiel erlebbar machen,

• sensibel machen für unterschiedliche Sichtweisen von Welt- und Le-

bensphänomenen,

• selbstbewusstes und argumentatives Eintreten für eigene Welterklä-

rungsmodelle,

• kulturelle und religiöse Vielfalt kennen lernen,

• Konfl ikt- und Kompromissbereitschaft stärken,

• Einüben von Regeln und Toleranz,

• ethische Überzeugungen vermitteln sowie

• Beschäftigung mit besonderen Personen der Religionen.

Christliche Erziehung bedeutet dann, die Kinder teilhaben zu lassen an den

frohmachenden und lebensstiftenden Erinnerungen und Traditionen des

Glaubens und ihm dadurch Orientierungen für sein persönliches Leben und

für seine Beziehungen zu anderen Menschen anzubieten.

7.1.4 Umgang mit komplexen religiösen Sinnzusammenhängen

An dieser Stelle kommen noch einmal die „großen“ Fragen der Religion in

den Blick: Kinder fragen danach, wie die Welt entstanden ist, wo der lie-

22 Vgl. Hugoth, M.: Fremde Religionen – fremde Kinder, 2003

Religiöse Erfahrungen werden im Beziehungs-gefl echt gemacht

Recht auf Religion

Page 25: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

24

be Gott wohnt, wo der Opa hinkommt, wenn er gestorben ist. Sie wollen

wissen, was „Glauben“ heißt, was die Seele ist und ob es wirklich Wunder

gibt.23 Der Pastoraltheologe Friedrich Schweitzer hat darauf hingewiesen,

dass Kinder grundsätzlich „ein Recht auf Religion“ haben, d.h. auch ein

Recht darauf, Begleitung bei der Beantwortung solcher und ähnlicher Fra-

gen zu erhalten. Für eine solche Unterstützung durch Erwachsene sind drei

Komponenten entscheidend:

a) Für den Umgang der Kinder mit den religiösen Sinn- und Bedeutungs-

fragen ist ein „Zwischenbereich“ von großer Bedeutung, auf den es

sich unbedingt einzulassen gilt. Dieser Zwischenbereich markiert die

Grenze zwischen Fantasie und Realität, zwischen Innen und Außen,

zwischen Subjekt und Objekt. An dieser Stelle entspringen Wünsche

und Hoffnungen, Träume und Visionen.

b) Um als Begleiterin und Begleiter für die religiösen Fragen der Kinder

fungieren zu können, muss man gut gerüstet sein. Nicht nur die auf

die Anforderungen an Erzieherinnen und Erzieher in Tageseinrichtun-

gen für Kinder ausgerichtete Ausbildung im Bereich der Religionspä-

dagogik ist hier angesprochen, sondern auch die gezielte Förderung

von Fort- und Weiterbildung als kontinuierliche Qualifi zierung der

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in religiösen und pastoralen Frage-

stellungen.

c) Die persönliche Beziehung ist für die religiöse Erziehung wichtiger

als noch so viele Inhalte. Indem die Erziehenden dem Kind die Erfah-

rung vermitteln, unbedingt gewollt und geliebt zu sein, handeln sie

ursprünglich religiös und christlich. Längst bevor ausdrücklich religiöse

Vokabeln zwischen Erziehenden und Kindern eine Rolle spielen, hat

religiöse Erziehung also bereits stattgefunden. Sie hat zu tun mit der

Art der Zuwendung zum Kind, mit unausgesprochenen und ausge-

sprochenen Gefühlen, mit intensiven Erfahrungen und vor allem mit

der Atmosphäre und dem Klima einer Einrichtung.

7.2 Bildungsbereich „Kommunikation und Sprachentwicklung“

Den Begriff „Kommunikation“ kann man aus dem Lateinischen kommend

(communicare) mit „teilen“ bzw. „mitteilen“ übersetzen. Heute ist mit dem

Begriff allgemein die zwischenmenschliche Verständigung durch Sprache,

Signale und Zeichensysteme gemeint. Aus Sicht der Ethik könnte man er-

gänzen, dass Kommunikation auf Verständnis abzielt und zwischen Men-

schen stattfi ndet. Gefühlsmäßige, optische und akustische Wahrnehmun-

gen sind bereits ab der Geburt zwischen Mutter und Kind zu verzeichnen.

Von entwickelter Kommunikation kann man sprechen, wenn das Kind im

zweiten Lebensjahr in die Sprache eingeführt wird. Die Mutter bzw. die

Eltern vermitteln den allgemeinen vorstrukturierten Sinn der Sprache. Das

Kind lernt durch die Verbindung von Sprache, Gestik, Mimik und Hand-

lung eigene Intentionen und Bedürfnisse mit seinem Ausdrucksverlangen

in Zusammenhang zu bringen. Jedes menschliche Verhalten hat einen Mit-

teilungscharakter und diese Mitteilungen kann man in verbale und nonver-

23 Vgl. Oberthür, R.: Die Seele ist eine Sonne. Was Kinder über Gott und die Welt wissen, 2000

Begriffsbestimmung und anthropologische Grundlagen

Kinder wollen sich mitteilen

Zwischen Fantasie und Realität

Religiöse Bildung braucht qualifi zierte Mitarbeitende

Persönliche Beziehung ist wichtiger als Inhalte

Page 26: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

25

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

bale Nachrichten unterteilen.24 Die digitalen (verbalen) Mitteilungen sind

durch eine umfangreiche logische Lehre des Satzbaus gekennzeichnet (Syn-

tax), besitzen dafür aber keine eindeutige Lehre von der Wortbedeutung

(Semantik). So können Wörter mit Doppeldeutungen wie z.B. Birne, Bank

oder Strauß nur aus dem jeweiligen Kontext heraus verstanden werden.25

Analoge Mitteilungen haben immer eine Doppelbedeutung, wie z.B. Trä-

nen der Freude oder des Schmerzes, die geballte Faust der Drohung oder

der Selbstbeherrschung, ein Lächeln der Sympathie oder der Verachtung,

Zurückhaltung als Takt oder als Gleichgültigkeit. Während mit den nonver-

balen Mitteilungen in erster Linie die Beziehung zwischen zwei Menschen

defi niert wird (Beziehungsseite), bezieht sich der verbale Ausdruck auf den

Inhalt der Mitteilung (Sachseite). An dieser Stelle wird deutlich, dass der

komplexe Bildungsbereich Kommunikation und Sprache eine ständige För-

derung im Alltag der Kindertageseinrichtung erfahren muss. Kinder lernen

Sprache in Sinn- und Handlungszusammenhängen quer durch alle fünf Bil-

dungsbereiche. Unverzichtbar sind Bezugspersonen in der Einrichtung, die

gut zuhören können, die die verbalen und nonverbalen Äußerungen wahr-

nehmen und zuverlässig darauf reagieren können. Die Sprachentwicklung

der Kinder ist ebenso in hohem Maße von der Sprachfähigkeit und dem

Sprachschatz der Bezugspersonen abhängig als auch von dem Raum- und

Materialangebot, welches den Kindern zur Verfügung gestellt wird. Das

Kind wächst durch die Sprache in die Kultur seiner Familie und der Gesell-

schaft hinein und entwickelt eine eigene Vorstellung von der Welt.

7.2.1 Differenzierung von Wahrnehmungserfahrungen über Kör-

persinne, Fernsinne und Gefühle

Die Kinder können in vielfacher Weise ihre Umwelt, ihre Räume innen und

außen handelnd begreifen. Sie erleben ihren Körper in mehrfacher Weise

in seiner Beziehung zum Raum. Je differenzierter diese Körpererfahrun-

gen sind, um so intensiver entwickelt sich das sprachliche Begreifen. Die

Atmung, Sprechmotorik und Bewegungskombination wird durch rhyth-

mische, musikalische Bewegungsangebote gefördert. Die Erzieherinnen

und Erzieher regen durch ihr sprachliches Vorbild und ihr aktives Zuhören

die Kinder zum Sprechen und Hören an. Durch den gezielten Einsatz von

Reimen, Liedern, vorgelesenen Geschichten, Tonkassetten, Bilderbüchern

etc. können die Kinder ihre Faszination für den Klang und die Melodie von

Sprache entwickeln. Mit Bewegungsliedern, Rhythmikübungen und Wahr-

nehmungsspielen werden durch die Verbindung von Sprache mit Körper-

erfahrungen besonders viele Sinne angesprochen. Die Raumgestaltung

fördert dabei die sprachlichen und akustischen Verarbeitungsprozesse.26

Zur Förderung des Ausdruckes von Gefühlen, Wünschen und Intentionen

ist eine sensible Wahrnehmung von Mimik, Gestik und Tonfall seitens der

Erzieherinnen und Erzieher erforderlich. Sie wenden sich dazu dem Kind

körperlich zu und versuchen, die nonverbalen Äußerungen in Sprache zu

„übersetzen“.

24 Vgl. Watzlawick, P. / Bearn, J. / Jackson, D.: Menschliche Kommunikation, 1969, 61 ff.

25 Vgl. Schulz von Thun, F.: Miteinander reden. Störungen und Klärungen, 1981, 66 ff.

26 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 175.

Kommunikation und Sprache sind sehr komplex

Bezugspersonen wichtig

Körpererfahrungen

Erziehende als Vorbilder

Mimik, Gestik und Tonfall

Page 27: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

26

7.2.2 Innere Verarbeitung durch Eigenkonstruktionen, durch Fanta-

sie, durch sprachliches Denken und durch naturwissenschaft-

lich-mathematisches Denken

Über die Beziehung zu besonders vertrauten Personen wird Sprache erwor-

ben, über Sprache bildet das Kind seine Identität aus und entwickelt seine

Persönlichkeit weiter. In einer vertrauensvollen Atmosphäre zwischen Kin-

dern und erwachsenen Bezugspersonen begleiten und unterstützen diese

die Kinder bei der Erweiterung und Ausdifferenzierung ihrer Hörerfahrung

und Eigenkonstruktionen. Wichtig ist, dass die Erzieherinnen und Erzieher

die Sprachleistung des Kindes wahrnehmen, anerkennen und durch konti-

nuierliche Unterstützung das Kind ermuntern, im ständigen Dialog mit der

Umwelt seinen Wortschatz, Begriffsbildungen, Lautbildungen und Gram-

matik zu erweitern. Die Sprachentwicklung des Kindes ist im hohen Maße

vom Sprachschatz und der Sprechfreudigkeit der erwachsenen Bezugsper-

son abhängig. Diese muss erkennen können, dass Kinder in der Lage sind,

die wesentlichen Regeln des Aufbaus von Sprache zu durchschauen. Spra-

che wird durch ihren Gebrauch erworben. Kinder entwickeln bei der Bildung

von Wörtern oftmals sehr viel Fantasie. Wort und Sprachspiele sind hilfreich

für die Weiterentwicklung der Fantasie. Abzählreime, Kinderreime, Reim-

spiele und freies Reimen, Fingerspiele und Gedichte ermöglichen einen lust-

vollen Umgang mit dem Sprachrhythmus und fördern fl üssiges Sprechen.

Auch der Einsatz von Handpuppen im Spielkreis z.B. trägt zum fantasievol-

len Umgang mit Sprache bei. Mit Hilfe von pantomimischen Spielen und

Übungen können die Kinder die „Sprache ihres Körpers“ kennen lernen

(Mimik, Gestik). Kinder erfahren, dass Beziehungen zwischen Menschen,

Handlungen und Dingen sprachlich ausgedrückt werden können und ler-

nen, ihre Gefühle, Absichten und Wünsche zu formulieren. Sie lernen, dass

die Interaktionen zwischen Menschen durch Normen geregelt sind – d. h.

zum Beispiel, dass es Dinge gibt, über die man spricht und Dinge, über die

man besser schweigt.27 Eine spannende Erweiterung von Welterkenntnis

besteht für das Kind in der Entdeckung der Sprache als Symbolfunktion. Es

erkennt Worte, über die es sprechen kann, die aber nicht unmittelbar da

sind, sondern in der Vergangenheit oder der Zukunft liegen – etwas Imagi-

näres oder etwas Unwahres. Der Prozess, in dem Kinder lernen, Worte von

Gegenständen zu trennen wird von der Faszination für den Klang und die

Melodie von Sprache begleitet. Mit wachsendem Sprachbewusstsein führt

der spielerische Umgang mit Sprache zur Freude an Verdrehung von Wor-

ten und Bedeutungen in Reimen, Liedern und Zungenbrechern. Die Erzie-

herinnen und Erzieher vermeiden dabei, die Kinder ständig zu verbessern,

da sonst die Gefahr besteht, dass sie ihre sprachliche Experimentierfreude

verlieren. Es gilt, die Kinder zu ermuntern, sich mit Mengen und Zahlen

auseinander zu setzen und diese auch verbal zum Ausdruck zu bringen.

Durch den Einsatz von Spielen oder Bilderbüchern, aber auch beim Bauen,

Gestalten oder Experimentieren können die Kinder Mengen, Buchstaben,

Größenverhältnisse, Formen, Farben, Oberfl ächenbeschaffenheiten etc.

kennen lernen. Die Erzieherinnen und Erzieher unterstützen dabei die Kin-

der in ihrem Bemühen, den Bildern, Dingen, Gegenständen usw. die richti-

ge sprachliche Zuordnung zu geben.

27 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 177 f.

Sprache bildet Identität

Spielerische Förderung

Sprache als Symbolfunktion

Page 28: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

27

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

7.2.3 Soziale Beziehungen und Beziehungen zur sachlichen Umwelt

Die Kinder werden in der Gruppe animiert, ihre Gedanken, Ansichten und

Gefühle auszudrücken. Dies kann z.B. auch in regelmäßigen Gesprächsrun-

den stattfi nden. Alle Kinder erhalten die Möglichkeit, sich zu beteiligen

oder auch einmal nichts zu sagen zu müssen. Die Einübung demokratischer

Prozesse können in solchen Runden ebenso Anwendung fi nden, wie die

Themen Umgang mit Konfl ikten oder Mitspracherechte bei Entscheidungs-

prozessen. Gruppengrößen, Dauer und Zeitpunkt sowie nicht vorhandene

Deutschkenntnisse werden bei den Gesprächen berücksichtigt. Den Erzie-

herinnen und Erziehern ist bewusst, dass die Kinder ihr soziales Lernen

daran orientieren, wie diese ihre sozialen Beziehungen zu den anderen

Kindern oder zu den Erwachsenen gestalten (Vorbildfunktion).

7.2.4 Umgang mit Komplexität und Lernen in

Sinnzusammenhängen

Sprachliches Handeln ist immer eingebettet in Handlungszusammenhänge.

Sie geben dem Kind im Alltag Aufschluss über die Bedeutung der verbalen

Äußerungen. Es versteht dabei mehr, als es selber sprachlich äußern kann.

Zur Herausforderung seiner sprachlichen Bildungsprozesse braucht das

Kind Kommunikation im vielfältigen Sinn – und in Handlungszusammen-

hängen mit gleichaltrigen oder älteren Kindern und mit den Erzieherinnen

und Erzieher. Es lernt die Sprache nicht um seiner selbst Willen, sondern

als Medium für seine Ziele. Die Erzieherinnen und Erzieher beobachten die

Entwicklung der sprachlichen Fähigkeiten in Alltagssituationen regelmäßig

und achten darauf, selbst nicht das Sprachniveau der Kinder anzuwenden,

sondern im Sinne der Vorbildfunktion z.B. in vollständigen Sätzen zu spre-

chen oder z.B. eine Verniedlichungsform der Sprache zu vermeiden.

7.2.5 Forschendes Lernen

Hier ist es von großer Bedeutung, dass Kinder zum Experimentieren mit

Lauten und Worten ihr eigenes „Sprachwerkzeug“ kennen lernen. Mit Hil-

fe von mundmotorischen Übungen (z. B. Pusten durch einen Strohhalm,

Wattepusten, Seifenblasen, Wangen aufblasen, Fratzen schneiden, Zun-

genspiel) können sie erkennen, dass der Mund sehr viele verschiedene Aus-

drucksmöglichkeiten bietet. Das Erforschen der vielfältigen Anwendungs-

möglichkeiten der Stimme bereitet sehr viel Spaß: man kann laut schreien,

leise fl üstern, Geräusche erzeugen, singen, pfeifen etc. Mit zunehmendem

Alter wird für die Kinder die Erfahrung immer wichtiger, dass sich Sprache

mit Hilfe von Zeichen, nämlich Buchstaben und Worten abbilden lässt. Kin-

der interessieren sich beispielsweise für Autokennzeichen, Werbeschrift-

züge oder Produktnamen. Sie möchten lernen, ihren eigenen Namen zu

schreiben um z.B. ein Bild signieren zu können. Zur Förderung dieses ge-

samten Bereiches werden die Kinder ermutigt, mit Hilfe von Gestaltungs-

materialien (Kleister, Farben, Papier, Pinsel, Stifte etc.) ihre Schriftkenntnis-

se auszudrücken. Ebenfalls erhalten sie die Möglichkeit, sich Botschaften

zu senden. Die Erzieherinnen und Erzieher stellen hierzu Briefumschläge,

kopierte Briefmarken, kleine Briefkästchen, Stempel etc. zur Verfügung.

Falls in der Gruppe oder in der Einrichtung Kinder anderer Nationen be-

treut werden, wird das Erforschen dieser anderen Sprachen gefördert.

Sprache fördert soziales Lernen und umgekehrt

Sprache als Medium eigener Ziele

Spielerische Experimente

Buchstaben und Worte

Erforschen der Muttersprachen

Page 29: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

28

7.3 Bildungsbereich „Bewegung“

Für die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit und der Intelligenz sind Wahr-

nehmungs- und Bewegungserfahrungen von entscheidender Bedeutung.

Über die Bewegung machen Kinder Erfahrungen mit der Umwelt. Durch

den Ausbau der motorischen Fähigkeiten, dem Zugewinn an Geschicklich-

keit und Sicherheit nehmen sie sich selbst und ihre Umgebung bewusster

wahr. Grundlegende Orientierungen im Raum, im Körper und beim Han-

deln werden vermittelt. Bewegung stellt schon in den ersten Lebensjahren

ein entscheidendes Erfahrungsmedium dar. Bevor Kinder sich sprachlich

äußern können, haben sie bereits ein Wissen über räumliche Beziehungen

durch Bewegungserfahrung und Körperwahrnehmung erworben. Die Kör-

perwahrnehmungen sind schon von Geburt an sehr gut ausgebildet. Die

Haut reagiert auf Druck, Temperatur und Feuchtigkeit (taktiles System).

Das viscerale System sorgt dafür, dass das Kind mit Hilfe der inneren Orga-

ne seine Befi ndlichkeit und seine Leistungsgrenzen erkennen kann. Für den

Umgang mit Muskeln und Sehnen, welche die Bewegungsabläufe steuern,

ist das kinästhetische System zuständig. Und schließlich sorgt das vestibulä-

re System dafür, dass Kinder über das Gleichgewichtsorgan ein Empfi nden

für die Schwerkraft entwickeln können.28

Je intensiver diese Grundfähigkeiten in den frühen Lebensjahren eingeübt

werden können, um so sicherer werden die Kinder in ihren Bewegungen

und um so besser gelingt es ihnen, die an sie gestellten Anforderungen

zu bewältigen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass viele Kinder durch

die unterschiedlichsten Umstände (kleine Wohnungen, wenig Spielraum

im Wohnumfeld, Bindungsangst der Eltern, Ernährungsverhalten, Medien-

konsum etc.) nicht ihrem natürlichen Bewegungsdrang nachkommen kön-

nen und unter Bewegungsmangel leiden, wenn sie in einer Kindertagesein-

richtung aufgenommen werden. In diesem Falle wird der Einrichtung die

besondere Verantwortung übertragen, gerade diesen Kindern eine gesun-

de Entwicklung zu ermöglichen und sie in ihrer körperlichen Entwicklung

zu unterstützen und aktiv zu fördern. Zur Förderung der Körperwahrneh-

mung erhalten alle Kinder die Gelegenheit, ihren Körper in Bewegungsräu-

men, auf dem Außengelände oder in der Natur (Wiese, Wald) erproben zu

können.

7.3.1 Differenzierung von Wahrnehmungserfahrungen über die

Körpersinne, über die Fernsinne und über die Gefühle

Für die Entwicklung der Motorik und damit zusammenhängend die Ent-

wicklung der Sinne, Sprache und der Intelligenz ist eine altersangemessene

Förderung der Bewegung von großer Bedeutung. Bei den Kindern steht

das Bedürfnis im Vordergrund, sich motorisch auszuprobieren, sicherer zu

werden und die eigenen Körperkräfte zu spüren und zu messen. Sie haben

deshalb täglich die Gelegenheit, verschiedene Bewegungsarten wie Balan-

cieren, Klettern, Rennen, Hüpfen, Gehen, Springen, Schaukeln, Wippen,

Kriechen, Ziehen, Schieben, Fangen, Werfen, Prellen auszuprobieren und

zu üben. Sie trainieren die Koordination von Armen und Beinen, Händen

und Augen. Durch Atem-, Entspannungs-, Körper- und Koordinationsübun-

28 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 144 f.

Begriffsbestimmung und anthropologische Grundlagen

Kinder haben natürlichen Bewegungsdrang

Bewegungsmöglichkeiten bieten

Page 30: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

29

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

gen wird für die Kinder der eigene Spannungsbogen des Körpers von ak-

tiv und erregt bis entspannt und ruhig erfahrbar. Durch Bewegungsspiele

können die Kinder Räume in Bezug zu ihrem eigenen Körper kennen ler-

nen (Grenzen und Entfernungen). Über die Bewegungserfahrungen bildet

sich das eigene Körperschema aus. Fühlen die Kinder sich in ihrem Körper

zu Hause, so fördert dies ein gesundes Selbstbewusstsein und eine posi-

tive Identitätsentwicklung. Durch bewegungsfreudiges Spiel erhalten sie

die Sinneseindrücke, die notwendig sind, um die motorische, psychische

Reifung im Gehirn in Gang zu setzen und ständig weiter voranzutreiben.

Bewegung bedeutet somit Fortschritt für die gesamte Entwicklung des

Kindes. Von Geburt an verfügt der Mensch über primäre Emotionen, wie

z.B. Freude, Wut, Angst, Trauer. Durch Lebens- und Beziehungserfahrun-

gen können sich sekundäre Emotionen entwickeln. Sie beruhen auf einer

Veränderung der gefühlsmäßigen Reaktionsmöglichkeiten und bewerten

neue Situationen im Licht vergangener Erlebnisse. Bewegungen mit positi-

ven emotionalen Erfahrungen werden wiederholt, negative Erfahrungen

werden vermieden. Die Qualität von Beziehungen und Bewegung wird

durch Emotionen ausgedrückt. Die gesamte Spannbreite emotionaler Kon-

fl ikte wird in dem Unabhängigkeitsbestreben des Kindes gegenüber den

Erwachsenen deutlich: Loslösung oder Bindung, mutiges Ausreißen oder

verängstigtes Festhalten. Im Kleinkindalter äußert sich das Bemühen um

Selbstständigkeit am deutlichsten in Bewegungshandlungen: sich allein

anziehen, ohne fremde Hilfe laufen, auf Mauern klettern. Je nach Qua-

lität der emotionalen Beziehung zwischen Kind und Erwachsenem kann

das Kind seinen Handlungsraum erweitern, eigene Grenzen und die der

anderen Menschen oder Dinge differenzierter wahrnehmen und akzep-

tieren.29 Diese körperlichen Errungenschaften zeigen den Kindern (und

den Erwachsenen) die sich weiterentwickelnde Unabhängigkeit. Das Wort

„Selbstständigkeit“ bedeutet nicht zufällig „selber stehen können“.30

7.3.2 Innere Verarbeitung durch Eigenkonstruktionen, durch Fanta-

sie, durch sprachliches Denken und durch naturwissenschaft-

lich-mathematisches Denken

Ein bewegungsfreundliches Klima ist in der Kindertageseinrichtung unver-

zichtbar. Deshalb darf die Bewegungsförderung in der Einrichtung wegen

des hohen Stellenwertes in der Gesamtentwicklung der Kinder nicht iso-

liert betrachtet werden, sondern muss in den Kindergartenalltag integriert

sein und die Lebensumstände sowie die Erlebniswelt der Kinder mit be-

rücksichtigen. Alters- und entwicklungsspezifi sche, angeleitete und offe-

ne Bewegungsangebote müssen zur Verfügung stehen. Die Kinder haben

damit Gelegenheit, neue Bewegungsformen kennen zu lernen und ihre

körperliche Geschicklichkeit weiter auszubauen. Dazu dienen z.B. Podeste

in verschiedenen Größen, altersentsprechende Spielgeräte zum Klettern,

Balancieren, Springen, Schaukeln, Kriechen etc. oder auch Rückzugsmög-

lichkeiten wie Höhlen oder Baumhäuser im Innen- und Außenbereich. Be-

29 Vgl. Berliner Bildungsprogramm, 28

30 Vgl. Zimmer, R.: Es kommt das ganze Kind, nicht nur der Kopf, in: Kindergarten heute, 3

(2003), 30

Körpererfahrung

Sekundäre Emotionen

Bemühen um Selbstständigkeit

Bewegungsangebote

Page 31: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

30

wegungsmaterialien und -räume fördern die Fantasie und Kreativität der

Kinder. Die Erzieherinnen und Erzieher hören den Kindern genau zu, grei-

fen ihre Bewegungsformen, Fantasiegeschichten und szenischen Ideen auf

und entwickeln diese mit ihnen gemeinsam weiter. Mit viel Kreativität ent-

wickeln die Kinder z.B. bei ihrer Bewegungsbaustelle mit Leitern, Seilen,

Tüchern, Brettern und Kisten ein geheimnisvolles Schloss. Sie bauen einen

Schlossturm, bauen Betten, trennen Räume mit Tüchern ab und tauschen

sich dabei ständig über die besten Lösungen aus. Sie probieren aus, ver-

werfen, gestalten neu und lernen neue Bewegungs- und Handlungsmög-

lichkeiten kennen und übernehmen Verantwortung für ihr Handeln. Das

Material fordert das gemeinsame Spiel heraus und fördert neben den mo-

torischen Fähigkeiten auch die sozialen, kommunikativen und sprachlichen

Kompetenzen.

Zu beachten ist neben dem Material- und Raumangebot auch noch der Fak-

tor „Zeit“. Die Kinder lassen sich eher auf eine neue Spielidee, Absprachen

über das Spiel, Materialverwendung, Aufbau und Weiterentwicklung ein,

wenn sie wissen, dass sie ihr Spiel nicht gleich wieder beenden müssen.31

Bewegungsäußerungen und Spiele sind oft auch Anlässe zur sprachlichen

Kommunikation. So müssen bei der eben beschriebenen Bewegungsbau-

stelle beispielsweise Ideen, Regeln, Aufbau und Ablauf des Spiels immer

wieder gemeinsam abgesprochen werden. Durch die Auseinandersetzung

mit den unterschiedlichsten Bewegungsmaterialien werden die Kinder vor

die Bewältigung vielfältiger Aufgaben gestellt. Physikalische Grundprinzi-

pien wie Schwerkraft, Hebelgesetz, Reibung, Gewicht oder Kraft können

ebenso spielerisch erlernt werden wie mathematische Grundkenntnisse

von Mengen, Zahlen, Additionen und Subtraktionen.

7.3.3 Soziale Beziehungen und Beziehungen zur sachlichen Umwelt

Die soziale Dimension wird an der Stelle deutlich, wo durch Bewegung

Möglichkeiten zur Bewegung mit Anderen, zur materialen und sozialen

Umwelt geschaffen werden. Bewegungsspiele in der Gruppe z.B. machen

die Kinder mit Regeln vertraut. Die Erzieherinnen und Erzieher erkennen,

inwiefern die einzelnen Kinder Vorschläge und Lösungen bei Bewegungs-

spielen einbringen, eigene Interessen gegenüber den anderen vertreten

sowie kooperieren können. Besondere Beachtung müssen auch die viel-

fachen körperlichen, geistigen, verbalen und nonverbalen Ausdrucksmög-

lichkeiten der Kinder in Bewegungsspielen oder auch darstellenden Spielen

fi nden. Weitere wichtige Fragestellungen in diesem Zusammenhang könn-

ten sein:

• Welche Bewegungsspiele mit welchem Partner bevorzugt das Kind?

• Erkennt es die Gefühlslagen der anderen Kinder?

• Nimmt es körperliche Kompetenzen anderer Kinder wahr und kann es

andere Kinder helfend unterstützen?

• Kann ein Kind „Nein“ sagen und damit auch seine eigenen Grenzen

vertreten und die Grenzen anderer Kinder akzeptieren?

• Können Kinder im Konfl iktfall ihre Geschicklichkeit und Körperkraft

bewusst und dosiert einsetzen?

31 Vgl. Diebold, S.: Erfahrungen mit der Bewegungsbaustelle, in: Kiga heute, 2 (2003), 28 ff.

Materialien und Räume

Faktor „Zeit“

Bewegung schafft Begegnung

Page 32: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

31

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

Die Raum- und Materialangebote berücksichtigen sowohl die Interessen

von Jungen als auch die von Mädchen. Die Kinder haben Wahlmöglichkei-

ten, mit denen sie dem eigenen Rhythmus entsprechend zur Ruhe kom-

men können oder ihren Bewegungsdrang ausleben können. Sie können

sich alleine, paarweise oder in kleinen Gruppen betätigen. Sie bestimmen

selber Art und Weise (Schwierigkeitsgrad, Raumwahl etc.) und Dauer ihrer

Aktivitäten.32

7.3.4 Umgang mit Komplexität und Lernen in

Sinnzusammenhängen

Die Komplexität von Bewegungserfahrungen im Bereich der Feinmotorik

wird z.B. beim An- und Ausziehen deutlich. Hierbei ist entscheidend, dass

den Kindern genügend Zeit zur Verfügung steht und die Motivation der

Kinder durch zu große Hilfestellungen nicht vermindert wird. Gleichfalls

wird ihnen dort Unterstützung und Hilfe angeboten, wo sie diese benöti-

gen. Eine weitere differenzierte Wahrnehmung der Feinmotorik können

die Kinder beim Frühstücks- oder Mittagstisch entwickeln. Beim Essen oder

auch bei der Zubereitung von Mahlzeiten wird die Koordination von Hand,

Augen und Mund trainiert. Das Schneiden mit einem Messer oder der Um-

gang mit Gabel, Löffel und Messer erfordern ebenso eine sensible Feinab-

stimmung mit komplexen Bewegungsabläufen wie das Heben oder Schie-

ben von Schüsseln oder das Verteilen von Gerichten auf dem Teller. Bei der

Körperpfl ege und -reinigung können die Kinder Lernerfahrungen bezogen

auf ihr taktiles System machen. Die Intensität dieser komplexen Lernerfah-

rungen hängt davon ab, welche Bedeutung die Erwachsenen diesen Hand-

lungen täglich geben. Zur Förderung dieser Übungen in alltagsbezogenen

Sinnzusammenhängen vermitteln die Erzieherinnen und Erzieher in ihren

tagtäglichen Handlungen den Wert dieser Tätigkeiten.

7.3.5 Forschendes Lernen

Das Kind ist selbst Akteur seiner Entwicklung. Dies gilt insbesondere auch

für den Bereich der Körpererfahrung und Bewegung. Kinder haben einen

natürlichen Bewegungsdrang, möchten sich und ihren Körper ausprobieren

und Grenzen kennen lernen. In angeleiteten Übungen, Spielen, Aktionen

und Projekten oder durch Eigennutzung möchten sie ihren Bewegungsra-

dius erforschen. Sie benötigen hierzu Angebote zum Hoch- und Runter-

klettern oder Runterspringen, Balanciermöglichkeiten auf Mauern oder

sich bewegenden Geräten (z.B. Pedalos, Roller, Räder, Stelzen, Hüpfbälle,

Balancierwege), Möglichkeiten zum Schaukeln und Schwingen (z.B. Hän-

gematten, Nestschaukel, Brettschaukel) oder Materialen wie Bälle Luftbal-

lons, Seilchen oder Stoffbänder fördern ebenso das forschende Lernen wie

die Gegenstände einer Bewegungsbaustelle. Mit diesen Materialien kön-

nen sich Kinder ihre Bewegungsideen mit zahlreichen Kombinations- und

Variationsmöglichkeiten selbst erstellen. So können sie die unterschiedli-

chen Herausforderungen der Materialien entdecken. Hierbei können fol-

gende Fragestellungen aufgeworfen werden:

• Wie kann aus einer Leiter ein Schlossturm werden?

32 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 150

Erfahrungen im Alltagshandeln

Bewegungsexperimente

Page 33: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

32

• Wie kann ich bestimmte Gegenstände mit Schlaufen oder Gurten zum

schwingen bringen?

• Welche Funktionen haben die unterschiedlichen Materialien und wie

kann ich sie umfunktionieren?

Nicht nur Kreativität, Fantasie, das Problemlösungsverhalten und die Hand-

lungskompetenz der Kinder werden gefördert, sondern die Kinder können

auch etwas von dem Verständnis über die Bewegung und Mechanik der

veränderbaren bewegten Gegenstände erfahren.

7.4 Bildungsbereich „Spielen und Gestalten, Medien“

„Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ An dieser These Fried-

rich Schillers wird deutlich, dass das „Spiel“ auch historisch gesehen immer

schon eine zentrale Bedeutung im Kulturleben der Menschen hatte. Im 17.

Jahrhundert forderte der Engländer John Locke, das Kinderspiel in den

Schulunterricht aufzunehmen. Er meinte damit das zweck- und zielgerich-

tete Spiel. Der französische Philosoph J. J. Rousseau verlangte im 18. Jahr-

hundert Welt- und Lebenserfahrungen auf spielerische Weise zu erleben.

F. Fröbel dachte bei seinen Überlegungen zur Bedeutung des Spiels eher

an das zweckfreie Spiel (Spiel als Selbstzweck) und gründet 1840 die ersten

Kindergärten.

Die beiden unterschiedlichen Spieltheorien lassen sich dadurch differenzie-

ren, dass das zweck- oder zielgerichtete Spiel im Sinne eines pädagogischen

Auftrags dazu dient, Kinder in die Welt der Erwachsenen einzuführen und

die gesellschaftlichen Spielregeln zu erlernen.

Bei der Theorie des „Zweckfreien Spiels“ geht es darum, dass die Qualität

des Spiels nicht davon abhängt, ob die wertvollen Spielziele und Inhalte

auch am Ende erreicht, verstanden und verinnerlicht wurden. Vielmehr

steht die Erfahrung des Subjektes im Umgang mit materiellen, sozialen

Wirklichkeiten und mit Regelwerken im Vordergrund. Dies bedeutet, dass

der Umgang mit Freiheiten und Bindungen von innen gesteuert wird und

nicht von außen gesetzt wird - Spiel in erster Linie zur Erfüllung seines

Selbstzweckes.33 Beide Theorien sind altersangemessene Formen des Ler-

nens in der Kindertageseinrichtung.

Die Wichtigkeit des Spiels und seine zentrale Bedeutung für die kindliche

Entwicklung fi ndet auch Berücksichtigung in der Charta der Vereinten Na-

tionen: „Jedes Kind soll ausreichend Möglichkeiten zum Spielen und zur

Erholung haben. Diese Möglichkeiten sollen den gleichen Zielen wie die

Erziehung dienen.“34

Ob Funktionsspiele, Konstruktionsspiele, Rollenspiele oder Regelspiele –

alle diese Grundformen des kindlichen Lernens ermöglichen dem Kind ein

selbstbestimmtes, ganzheitliches Lernen mit allen Sinnen. Im Spiel erwirbt

und verarbeitet das Kind sein Weltwissen, gestaltet soziale Beziehungen,

entwickelt Fähigkeiten zum Lösen von Problemstellungen und erfi ndet

Fantasiewelten. Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen können im Rollen-

33 Vgl. dazu die Aussagen in der Fachzeitschrift Animation. Berufspraxis und Wissenschaft, 11/12

(1988), 145

34 Vgl. dazu die Charta der Vereinten Nationen Abs. 7

Begriffsbestimmung und anthropologische Grundlagen

Spieltheorien

Ohne Spiel kein Lernen

Page 34: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

33

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

spiel gelernt werden. Das Kind spielt eine andere Rolle (z.B. Vater, Mutter),

gewinnt Distanz zu sich selbst und kann sich von außen wahrnehmen.

Das Kind kreiert im Spiel eine imaginäre Wirklichkeit, in die es sich hinein-

begibt. Spiel vermittelt ebenfalls Zeitgefühl, es gibt einen Anfang, einen

Höhepunkt, An- und Entspannungsphasen und ein Ende. Im Spiel können

Kinder ihr Zeitgefühl und ihren eigenen Rhythmus entdecken und entfal-

ten. Und schließlich verbinden Kinder immer einen Sinn mit ihrem Spiel;

deshalb ist kindliches Spiel immer sinnvoll.

Unter den Begriffen „Spielen und Gestalten“ ist die gesamte Breite der

ästhetischen Bildung zu verstehen. Bezugspunkte sind dabei die Sinne

und deren Gestaltungs- und Spielformen. So ist das Ohr zuständig für alle

Sinneseindrücke in Form von Geräuschen, Klängen, Gesang oder Rhyth-

mus. Die Form der rhythmischen Bewegung wird von den Körpersinnen

wahrgenommen. Das Auge ist für die Form des bildnerischen Gestaltens

zuständig. In dem letztgenannten Bereich muss darauf geachtet werden,

dass möglichst wenig mit vorgefertigten Materialien gestaltet wird. Die

Verwendung von Schablonen verhindert die Entwicklung von Kreativität,

Fantasie und ästhetischem Empfi nden.

Kreativ sein heißt, eigene schöpferische Initiative zu entwickeln. Vorausset-

zung für kreatives Handeln ist das Aufgeben alter Denkgewohnheiten und

Sichtweisen. Kreativität bedeutet ein erhöhtes Wahrnehmungsvermögen,

besondere Aspekte zu erkennen, neue Zusammenhänge zu erfassen und

Beobachtungen sinnvoll zu verknüpfen.35

Über die kreative Gestaltung von Bildern und Plastiken oder beim experi-

mentellen Umgang mit Farben, Formen und Materialien (z.B. Holz, Papier,

Ton) können die Kinder ihre Gedanken, Gefühle oder Wertigkeiten ausdrü-

cken.

Musik und Rhythmik sind die wesentlichen Bestandteile der Ausbildung der

auditiven Wahrnehmung bei Kindern. Über Musik erhalten die Kinder Zu-

gang zu ihren Gefühlen. Sie ist eine Quelle für differenzierte Empfi ndungen

und ein positives Genusserlebnis. Durch Musik kann das Wohlbefi nden bei

Kindern z.B. bei Meditationen oder Stille-Angeboten gesteigert werden.

Durch die Lust am Umgang mit Tänzen, Tönen, Geräuschen, Klangexperi-

menten, vielfältigen Lautäußerungen und Instrumenten, mit dem eigenen

Körper und der Stimme, erhalten die Kinder Ausdrucksmöglichkeiten für

ihre Gefühlswelt. Durch den Gesang und das rhythmische Sprechen (z.B.

Verse, Reime) wird die Sprachentwicklung wesentlich unterstützt.

Darüber hinaus bietet gerade dieser Bereich ein breites Spektrum an Mög-

lichkeiten zur interkulturellen Erziehung. Durch Urlaubserfahrungen, die

Auf- oder Übernahme unterschiedlicher Traditionen aus verschiedenen

Ländern oder einige Kinder in der Einrichtung mit Migrationshintergrund

besteht die große Chance, z. B. über Lieder oder Tänze eine Verbindung

zwischen den unterschiedlichen Kulturen so herzustellen, dass ängstliche

Abgrenzungen überfl üssig werden und dies als Bereicherung der eigenen

Kultur erlebt werden kann.

Medien gehören zum festen Bestandteil der Lebenswelt von Kindern. Des-

halb ist es pädagogisch bedeutsam, die Fähigkeiten im Umgang mit den

35 Vgl. Thiesen, P.: Kreatives Spiel, 1995, 12

Spiel kreiert Wirklichkeit

Spielen und Gestalten

Kreativität als schöpferische Initiative

Musik und Rhythmik

Interkulturelle Erziehung

Medien

Page 35: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

34

Medien zu fördern. Medien wie Bücher, Kassetten, CDs, Abspielgeräte (z.B.

CD-Spieler, Kassettenrekorder), Film, Fernsehen, Fotoapparat, Videogerät,

Diaprojektor oder Computer sind Teil der Umwelt, von der die Kinder um-

geben sind. Über diese Medien erschließen die Kinder sich Bildungswelten

und Erfahrungsräume. Über einen bewussten, zielgerechten und kreativen

Umgang, der durchaus auch kritisch sein kann oder muss, erhalten die Kin-

der ein Ausdrucksmittel, über das sie ihre Gedanken, Sichtweisen, Eindrü-

cke, Erlebnisse oder Erkenntnisstände mitteilen können. Der Umgang mit

Medien ist dabei kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um sich die Welt,

die sie umgibt, zu erschließen und zu dokumentieren. Für den Einsatz von

Medien in der Kindertageseinrichtung ist der Entwicklungsstand und das

Alter der Kinder ausschlaggebend.

7.4.1 Differenzierung von Wahrnehmungserfahrungen über die

Körpersinne, über die Fernsinne und über die Gefühle

Die Kinder brauchen in ihrer Kindertageseinrichtung vielfältige Anregun-

gen, um ihre Körpersinne beim Spielen entwickeln zu können. Deshalb ste-

hen ausreichend Spielmaterialien wie z.B. Bausteine oder Gegenstände für

das Rollenspiel zur Verfügung.

Bei Theater, Mimik oder Tanz können sie die Darstellung mit dem eigenen

Körper kennen lernen. Sie erfahren so ihren eigenen Körper über unter-

schiedliche Ausdrucksmöglichkeiten wie Bewegung, Tonfall, Betonung, Mi-

mik und Gestik. Für rhythmische Ausdrucksmöglichkeiten oder tänzerische

Bewegungsabläufe müssen die erforderlichen Medien (z.B. CD-Spieler, Kas-

settenrekorder) oder auch Musikinstrumente (z.B. Trommeln, Rasseln, etc.)

zur Verfügung stehen.

Durch regelmäßiges Singen wird die Übung der Atmungsmuskulatur und

die Entwicklung des Brustkorbes gefördert. Ferner bildet sich ein positi-

ver Einfl uss auf die Lungen, Kreislauf und Herztätigkeit. Die Tätigkeit des

Zwerchfells wird trainiert und damit beherrschbar gemacht.

Beim bildnerischen Gestalten steht nicht die Produktion schöner Vorzeige-

objekte im Vordergrund, sondern der Umgang mit Stiften, Pinsel, Schere,

Farben wird erlernt und geübt. Die hierbei erworbenen motorischen Fähig-

keiten können den Kindern helfen, kreative Prozesse mit den angebotenen

Materialien umzusetzen.

Jedes Kind experimentiert, gestaltet, spielt und erkennt seine Fähigkeiten

mit allen Sinnen. Es ist deshalb wichtig, den Kindern ein variationsreiches

Spektrum an Gestaltungsformen anzubieten. Jedes Sinnesvermögen hat

eine eigene Gestaltungsform, z.B. im bildhaften, plastischen, szenischen

oder rhythmisch-musikalischen Ausdruck. Besonderer Wert sollte deshalb

auf die Förderung des auditiven und visuellen Sinnes gelegt werden. Kein

Kind ist unmusikalisch, Musizieren entwickelt bei Kindern nicht nur die Fein-

heiten des Gehörs und Beherrschung der Stimme, sondern hat Wirkung

auf Geist und Seele des Kindes. Kindliche Intelligenz und Ausgeglichenheit

werden gefördert. Beim Singen macht das Kind dadurch eine intensive Sin-

neserfahrung, dass es gleichzeitig Ausführender als auch Instrument ist.

Eine Verbindung zum „Inneren“ der Mitsinger wird dadurch hergestellt,

dass der Ton innen und außen spürbar bzw. hörbar ist. Eine besondere

Sensibilisierung kommt dadurch zustande, dass man gleichzeitig versucht,

die eigenen Töne zu hören.

Bildungswelten und Erfahrungsräume

Theater, Mimik, Tanz

Singen

Prozesse wichtiger als Produkte

Variationsreichtum

Page 36: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

35

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

Der Unterschied zwischen bildnerischem Gestalten und musischrhythmi-

schen Übungen besteht darin, dass ein Bild oder eine Plastik wieder verän-

derbar ist. Ein Ton oder ein gesungenes Wort ist nicht mehr veränderbar.

Es ist also ein noch spontanerer Ausdruck von Gefühlen. Eine Scheu vor

dem Umgang mit Musik wird dadurch gefördert, dass durch die Erwachse-

nen die Bewertungsskala „richtig“ oder „falsch“ eingeführt wird. Gerade

für Kinder im Vorschulalter ist es wichtig, dass sie ausreichend Möglichkei-

ten zum experimentellen Umgang mit Tönen, Klangbildern und Liedern

haben, um dadurch ihre Gefühle, z.B. auch Aggressionen, zum Ausdruck

bringen zu können.

Beim Rollenspiel oder beim szenischen Spiel können die Kinder ihre emoti-

onalen Fähigkeiten entwickeln. Sie schlüpfen in andere Rollen und können

dadurch leichter über ihre Gefühle erzählen.

7.4.2 Innere Verarbeitung durch Eigenkonstruktion, durch Fantasie,

durch sprachliches Denken und durch naturwissenschaftlich-

mathematisches Denken

Kreativität zeigt sich im schöpferischen Ausdruck der Kinder, Probleme zu

lösen, Erlebnisse zu dokumentieren, Fantasien und Ideen zu entwickeln

oder Gedanken zu äußern. Kinder stehen immer wieder vor Herausforde-

rungen, auf die sie nicht gezielt vorbereitet sind. Sie müssen Erfahrungen

und Kenntnisse aus anderen Zusammenhängen kreativ ableiten und um-

setzen. Sie konstruieren im Spiel Objekte, Geschichten oder soziale Zusam-

menhänge. Dies können Sie nur dann üben, wenn ihnen die Erzieherin-

nen und Erzieher die Probleme und Schwierigkeiten nicht aus dem Weg

räumen, sondern Freiräume und Gelegenheiten anbieten, mit denen ihre

Kreativität gefördert wird. Deshalb fi nden die konstruktiven Leistungen

der Kinder Anerkennung und werden keinesfalls von den Erzieherinnen

und Erzieher verbessert, allenfalls begleitet.

Zur Entwicklung der Fantasie im bildnerischen Bereich ist es erforderlich,

einen Aufbruch ins Unbekannte, das Experimentieren mit Unbekanntem

oder das Erleben des Neuen lebendig werden zu lassen. Ausdruck braucht

das notwendige Materialangebot (Papier, Pappe, Farben, Stifte, Klebstoff,

Korken, Muscheln, Perlen, Ton, Steine, etc.) und den Raum, der frei ist von

den „Zwängen des Lebens“.

Kreatives Gestalten ist Selbstzweck, ist ein selbstbildender Prozess, in dem

sich Kinder mit sich selbst, ihren Fantasien, Ideen, Haltungen und Vorstel-

lungen identifi zieren können. Es sind identitätsstiftende Prozesse auf der

Basis einer Balance zwischen Geborgenheit und Freiheit. Die Realität kann

auf fantastische Weise in Gestaltungsprozesse umgestaltet werden. Das

bildnerische Arbeiten bewirkt eine enge Verbindung mit der inneren psy-

chischen Ordnung und nimmt somit direkten positiven Einfl uss auf die see-

lische Gesundheit des Kindes.

Die Erwartungen der Erwachsenen in Bezug auf die Produkte sind ebenso

hemmend und schädlich wie unangebrachtes Lob oder Nichtbeachtung. Ak-

zeptanz und authentisches Interesse ist seitens der Erwachsenen gefragt.

Freiräume fördern Kreativität

Aufbruch ins Unbekannte

Begleitung wichtig

Page 37: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

36

Die folgenden „goldenen Regeln“ sind dabei zu beachten:

• Korrigiere niemals ein Bild, eine Plastik oder ein Objekt, welches Kin-

der hergestellt haben.

• Lass die Kinder spüren, dass du ihre Bilder schätzt.

• Dränge niemals Kinder dazu, ihre Bilder zu erklären, wenn sie es nicht

von sich aus tun.

• Ermuntere Kinder zum Zeichnen, Malen, Collagieren, Formen und

Bauen. Gib ihnen Anregungen. Stelle aber keine fest formulierten Auf-

gaben oder Aufträge.

• Sei neugierig auf das, was Kinder produzieren. Auf diese Weise lernt

man die individuellen Neigungen und Veranlagungen am besten ken-

nen.36

Die Grundlagen für mathematisches Denken werden in den ersten Le-

bensjahren gelegt. Es ist ein Denken, welches sich von den Gegenständen

löst.37

Das Kind macht erste Erfahrungen mit Zeit und Raum oder mit Operatio-

nen wie Messen, Schätzen, Ordnen oder Vergleichen. Im Außenspielgelän-

de kann es Erfahrungen mit vielfältigen natürlichen Formen machen: Sand,

Wasser, Erde, Metallen, Pfl anzenformen, Tiergehäusen, Skeletten, usw. Es

werden Fragen zur Entstehung und zur Unterscheidung dieser Formen

aufgeworfen. Das Verständnis für geometrische Formen (Kreis, Rechteck,

Dreieck, Würfel, etc.) kann über Bausteine, konkrete Gegenstände oder

auch über den Einsatz des Tastsinns geweckt werden (z.B. Kimspiele).

Literacy (Übersetzt: Lese- und Schreibkompetenz) ist ein Sammelbegriff für

Buch-, Erzähl- und Schriftkultur. Er bezieht sich auf Kompetenzen wie Ver-

trautheit mit Büchern, Kompetenz in Bezug zu Sinn- und Textverständnis,

Vertrautheit mit Schriftsprache, sprachliche Abstraktionsfähigkeit. Die För-

derung im Elementarbereich kann sich z.B. auf Vorlesegeschichten, Erzähl-

geschichten, Gute-Nacht-Geschichten, Bilderbücher oder Worte auf einem

Bildschirm beziehen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Erfahrun-

gen mit der Literacy-Kultur schon in der frühen Kindheit neben anderen

positiven Begleiterscheinungen wesentlich zur Sprachkompetenz der Kin-

der beiträgt.38

Die sprachliche Bildung wird ebenfalls durch den spielerischen Umgang mit

diversen Reimen oder Liedern entwickelt. Beim Singen können die Kinder

beispielsweise eine Ausdrucksdimension erfahren, in der der rein kogniti-

ve Aspekt der Sprache entfällt. Der Beziehungsaspekt zum Text und der

spielerische Umgang mit Sprache treten in den Vordergrund. Die Vielfalt

vokaler Ausdrucksmöglichkeiten wird im Kind im spielerischen Umgang mit

der Sprache bewusst und damit wird seine Kommunikationsmöglichkeit

vergrößert.

36 Vgl. Berliner Bildungsprogramm, 51

37 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 162

38 Vgl. Uhlisch, M.: Literacy – sprachliche Bildung im Elementarbereich, in: Kiga heute 3 (2003), 6 ff.

Goldene Regeln

Mathematisches Denken

Zeit und Raum

Literacy

Page 38: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

37

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

7.4.3 Soziale Beziehungen und Beziehungen zur sachlichen Umwelt

Im Spiel können die Kinder vielfache Erfahrungen mit ihren sozialen Bezie-

hungen machen. Wenn Kinder zu zweit, in einer Kleingruppe oder einer

Großgruppe spielen, gibt es immer einen sozialen Zusammenhang. Sozia-

les Lernen, Lernen am Modell oder Beobachtungs- und Nachahmungsler-

nen bezieht sich immer auf eine Person. Ein bestimmtes Verhalten wird im

Gedächtnis in Formen und Symbolen festgehalten und aus dieser Gedächt-

nisleistung heraus ist ein Kind in der Lage, bestimmte Verhaltensweisen

nachzuahmen.

Es ist deshalb entscheidend, dass die Erzieherinnen und Erzieher den Kin-

dern Wahlmöglichkeiten in Form von Spielorten, Spielpartnern und Spiel-

materialien anbieten. Kinder dieser Altersstufen orientieren sich bei ihren

Spielpartnerschaften oftmals an Gleichaltrigen. Damit sie intensive gefühls-

mäßige Beziehungen mit Gleichaltrigen erleben können, wird darauf ge-

achtet, dass ausreichend gleichaltrige Kinder in einer Gruppe vorhanden

sind. Für ihr ungestörtes und selbständiges Spiel werden differenzierte

Raummöglichkeiten zur Verfügung gestellt: Höhlen, Zelte, Spielpodeste,

Nischen oder Spielecken, erhöhte Spielebenen, etc.

Im Gegensatz zum Spiel haben die sozialen Aspekte im Bereich des kreati-

ven Gestaltens weniger Bedeutung. Der Prozess an sich fordert vom Kind

bereits eine besondere Konzentration, Ausdauer und Auseinandersetzung

mit den sachlichen Anforderungen. Die Kinder sind hier eher auf sich selbst

bezogen.39

Dennoch können sie dazu angeregt werden, die Werke anderer Kinder

und Erwachsener wertzuschätzen oder sich z.B. mit unterschiedlichen Aus-

drucksformen anderer Menschen oder Kulturen zu beschäftigen.

7.4.4 Umgang mit Komplexität und Lernen in

Sinnzusammenhängen

Wie sich komplexe Spielmöglichkeiten entwickeln können, lässt sich sehr

gut am Spielen mit Wasser verdeutlichen. Aus einer Wasserquelle mit Was-

serlauf im Außenspielbereich lassen sich zahlreiche Variationsmöglichkei-

ten ableiten. Das Wasser kann bergab laufen, man kann es aufstauen,

schöpfen, in Gefäßen transportieren, etc. Lässt man es in einen See laufen,

kann man anschließend die Erfahrung machen, welche Gegenstände vom

Wasser getragen werden können oder welche untergehen. Beim Experi-

mentieren mit Wasser, Sand, Erde oder Lehm entstehen neue Stoffe, die

sich wiederum unterschiedlich verwenden lassen. Sinnliche Erfahrungen

entstehen dort, wo das Kind die Unterschiede zwischen erwärmten, kal-

tem oder gefrorenem Wasser entdecken kann. Die Erkenntnis von Kom-

plexität kann ebenfalls bei der Bewegungsbaustelle, beim Theaterspielen

oder bei Schattenspielen gefördert werden. Beim Theater können durch

den Einsatz musikalischer oder rhythmischer Elemente zusätzliche Anreize

geschaffen werden. Ebenfalls können die Kinder kreativ an der Herstellung

der Requisiten beteiligt werden.40

39 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 164 ff.

40 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 166

Kinder benötigen Wahlmöglichkeiten

Spielen mit Wasser

Erkenntnis von Komplexität

Page 39: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

38

7.4.5 Forschendes Lernen

Ob ein Kind sich seinen Fähigkeiten entsprechend durch seinen Forschungs-

drang selbst bilden kann, hängt wesentlich von der Vielfalt der vorhandenen

Materialien ab. Zur Förderung des auditiven Systems werden eigenständi-

ge Klang- und Hörerfahrungen ermöglicht. Ein Werkraum, möglicherwei-

se mit einer Werkbank ausgestattet, sollte den Kindern unter bestimm-

ten Bedingungen und Regeln zugänglich sein. Verschiedene Materialien

stehen den Kindern zur Verfügung: Nägel, Hammer, Farben, Kleber etc.

Im experimentellen Umgang mit den Elementen können die Kinder ihren

Forscherdrang ausleben. So kann man mit einem einfachen Experiment das

Element „Luft“ den Kindern begreifl ich machen.41

7.5 Bildungsbereich „Natur und kulturelle Umwelten“

Das Kind erschließt sich erste naturwissenschaftliche Erkenntnisse mit all

seinen Sinnen in seinem alltäglichen Umfeld. Von daher können die Berei-

che Natur und kulturelle Umwelt nicht getrennt von einander betrachtet

werden. Bereits von der Geburt an versucht das Kind durch kleinere Ex-

perimente Ursache-Wirkungszusammenhänge herzustellen. Es beobachtet

sehr genau und entdeckt erste Erklärungen für bestimmte Ereignisse oder

elementare Begebenheiten. Es ist dabei weniger interessiert an exakten

wissenschaftlichen Erklärungen, als vielmehr an Kausalitätszusammen-

hängen im Sinne von „Wenn – Dann“. Es möchte die Phänomene seines

unmittelbaren Lebensumfeldes entdecken und vielfache Erfahrungen ma-

chen. Es erfi ndet so die Welt immer neu. Es kann erfahren, dass Natur und

Umwelt Bestandteile der menschlichen Existenz sind. Bei all diesen Prozes-

sen spielen die Erzieherinnen und Erzieher im Lebensumfeld Kindertage-

seinrichtung eine entscheidende Rolle: In ihrer Vorbildfunktion muss sie

die Kinder an ihren inneren Gefühlen und Gedanken teilhaben lassen. Nur

wenn diese zum Ausdruck gebracht werden können, wird auch bei den

Kindern Liebe und Respekt für die Schöpfung Gottes erweckt werden kön-

nen. Und dadurch werden die Kinder ermutigt, ihre eigenen Gefühle und

Wahrnehmungen zu erforschen und ernst zu nehmen.

Die Erzieherinnen und Erzieher beherzigen dabei zwei wichtige Grundsät-

ze: Respekt für die Kinder und Achtung vor der Schöpfung und der Natur.42

In unterschiedlichen Lernfeldern können die Vorschulkinder mit ihrer Expe-

rimentierfreude die Schönheit der Natur, den Umgang mit der Pfl anzen-

und Tierwelt sowie die Erhaltung des natürlichen Gleichgewichtes der Na-

tur konkret erleben und erfahren. Aber auch die natürlichen Lebenszyklen

von Tod und Vergehen, Keimen, Gebären und Wachsen sind Bestandteile

dieser Lernprozesse. Der sorgsame Umgang mit den endlichen Ressourcen

der Natur kann über eine ausgeglichene Ernährung aus gesunden und öko-

logisch einwandfreien Nahrungsmitteln unmittelbar erlebt werden.

Ein umweltbewusstes Einkaufsverhalten, die Wiederverwertung von Roh-

stoffen sowie eine getrennte Müllentsorgung dient der Abfallvermeidung

und fördert bei den Kindern einen verantwortungsbewussten Umgang mit

der Umwelt.43

41 Vgl. Lück, G.: Naturwissenschaftliche Bildung im Kiga, in Kiga heute 1 (2004), 6 ff.

42 Vgl. Cornell, J.B.: Mit Kindern die Natur erleben, 1979, 13 ff.

Vielfalt an Raum, Zeit und Material

Kausalität

Respekt für Kinder und Achtung vor der Schöpfung

Page 40: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

39

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

Zur Erkundung ihrer kulturellen Lebensumwelt lernen die Kinder das Umfeld

der Kindertageseinrichtung kennen. Zur Entwicklung von Orientierungsfä-

higkeiten im Stadtteil sind Ausfl üge und Erkundungsgänge erforderlich:

z.B. der Besuch von Kirchen, wichtigen Plätzen, Denkmälern, Museen, The-

ater, Brunnen, Einkaufsmöglichkeiten, Post, Feuerwehr, Krankenhaus, Po-

lizei, etc. Durch diese Aktivitäten lernen die Kinder die Infrastruktur ihrer

Stadt kennen und erlernen mehr Sicherheit im Straßenverkehr.

Ein weiterer wichtiger pädagogischer Auftrag ist die Förderung von Tole-

ranz, Neugier und Verständnis für andere Kulturen und Religionen. Das Zu-

sammenleben vieler Kinder aus unterschiedlichen Kulturen birgt zahlreiche

Lernmöglichkeiten. Der Alltag in der Kindertagesstätte eröffnet die Chan-

ce, eigenständig und selbstverantwortlich zu agieren. Die Kinder können

somit die für ein soziales Zusammenleben notwendige Handlungskompe-

tenz erwerben und erlernen so die Grundlagen demokratischen Handelns.

Im Elementarbereich haben sie in der Regel wenig Vorbehalte in Bezug auf

fremde Lebensweisen, anderes Aussehen und kulturelle Unterschiede. Bei

Migrantenkindern ist ein besonderes Augenmerk sowohl auf die Anerken-

nung der Muttersprache als auch auf die Förderung der deutschen Sprache

zu legen. Die unterschiedlichen Herkunftsländer sind auch Ausgangspunkt

für die Vermittlung von neuen Kenntnissen für alle Kinder. Zur Förderung

einer interreligiösen und interkulturellen Kompetenz sind neben Wissen

auch Haltungen, Einstellungen und Emotionen ausschlaggebend. Daher

sollten Erzieherinnen und Erzieher sich in ihrer Vorbildfunktion über ihre

eigenen Emotionen, Einstellungen, Haltungen, Überzeugungen und Vor-

urteile im Team bewusst werden.

7.5.1 Differenzierung von Wahrnehmungserfahrungen über die

Körpersinne, über die Fernsinne und über die Gefühle

Die Kindertageseinrichtung muss den Kindern unterschiedliche Gelegenhei-

ten für die Erfahrungen mit allen Sinnen in und mit der Natur ermöglichen.

Dadurch können sie Freude und Wertschätzung gegenüber der Natur ent-

wickeln. In einem naturnahen oder ökologisch angelegten Außengelände

können sie ihre Sinne entwickeln, um mit der Natur in Kontakt zu kommen:

Berühren, Tasten, Riechen, Schmecken, Sehen und Hören sind erlaubt. Die

Bepfl anzung im Außengelände sollte so angelegt sein, dass sie die Entde-

ckerfreude für die Kinder steigert. Ein „Mini-Naturschutzgebiet“ in Form

einer Blumenwiese könnte zu vielfältigen Begegnungen und Erforschun-

gen dienen. Dabei werden die Gefühle der Kinder z.B. durch die Wahr-

nehmung von Gerüchen der unterschiedlichen Pfl anzen mit verbundenen

Augen intensiviert. Das Anlegen eines Erlebnispfades dient nicht nur der

Entwicklung der Sinne, sondern lässt die Kinder in Verbindung mit natür-

lichen Materialien, Formen oder Düften, Spaß, Spiel und Überraschungen

erleben. Die Unterteilungen eines Weges in einzelne Segmente, die mit

Sand, Holz, Pfl aster, Erde, Rindenmulch, Mosaikpfl aster, Kies o. a. gefüllt

sind, ermöglichen barfuss begangen die unterschiedlichsten Reizempfi n-

dungen auf den Fußsohlen.44

43 Vgl. Bildungs- und Erziehungsempfehlungen Rheinland-Pfalz, 2003, 20 ff.

44 Vgl. Lutz, E. / Vetscher, M.: Handbuch ökologischer Kindergarten, 1996, 163 ff.

Ausfl üge

Förderung von Toleranz, Neugier und Verständnis

Erziehende sind Vorbild

Naturerfahrungen

Page 41: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

40

7.5.2 Innere Verarbeitung durch Eigenkonstruktionen, durch Fanta-

sie, durch sprachliches Denken und durch naturwissenschaft-

lich-mathematisches Denken

Kinder besitzen die Fähigkeit der sinnlichen Wahrnehmung. In speziell ein-

gerichteten Räumen oder Ecken müssen sie Gelegenheit bekommen, kör-

perliche, atmosphärische, visuelle, akustische und emotionale Informatio-

nen aufzunehmen. Im Team ist zu überlegen, wo man einzelne Funktions-

ecken auslagern und als Bildungsinseln für alle Kinder der Einrichtung zur

Verfügung stellen könnte. Z.B. ein Bereich, der zum forschenden Umgang

mit Sachen auffordert, ein Bereich, in dem man sich dem künstlerisch kre-

ativen Umgang mit Dingen widmen kann (Atelier, Musikzimmer), abge-

grenzte Bereiche im Außenbereich, in denen die Kinder ihren jeweiligen

Interessen nachkommen können, z.B. Kommunikations- oder Rückzugs-

möglichkeiten.45

Die ideale Möglichkeit, Kinder in Fantasiewelten zu entführen, bietet ein

naturnahes Spielraumkonzept. Mit Hilfe der Fantasie kann das Kind sich die

Welt nach seinen aktuellen Bedürfnissen gestalten. Viele wichtige Erfah-

rungen können in der Natur, mit der Umgebung, unterschiedlichen Materi-

alien und Menschen gemacht werden. So sind der Experimentierfreude kei-

ne Grenzen gesetzt, wenn es im Winter zugefrorene Pfützen oder Schnee

gibt. Die Kinder können Eindrücke von unterschiedlichen physikalischen

und chemischen Vorgängen gewinnen und erleben die Unterschiedlichkeit

der Jahreszeiten.46

In Gesprächen über die Erfahrungen mit Natur und Umwelt können die

Kinder ihren eigenen Erfahrungshorizont vergrößern. Sie können wahrneh-

men, dass andere Kinder unterschiedliche Beobachtungen, Erfahrungen

oder Erlebnisse hatten. Deshalb ist es wichtig, dass Erzieherinnen und Erzie-

her Gespräche über Naturerlebnisse in den Alltag mit einfl ießen lassen.47

7.5.3 Soziale Beziehungen und Beziehungen zur sachlichen Umwelt

Wie bereits erwähnt, bildet das soziale Lernen keinen eigenen Bildungs-

bereich, da es nicht von den konkreten Sozial- und Sachbezügen getrennt

werden kann. Dennoch seien an dieser Stelle einige grundsätzliche Anmer-

kungen zu diesem Punkt festgehalten. Untermauert durch Ergebnisse der

entwicklungspsychologischen Forschung wird den ersten sieben Lebens-

jahren des Kindes bezüglich des Erwerbs von sozialer Kompetenz eine

zentrale Bedeutung beigemessen. Versäumnisse oder Nichtbeachtung in

dieser Entwicklungsphase führen langfristig betrachtet zu negativen Kon-

sequenzen. Auch in der Kindertageseinrichtung fi ndet von daher Bildung

und Erziehung immer innerhalb sozialer Bezüge statt. Mit der Aufnahme

in die Kindertageseinrichtung erleben die Kinder in der Regel zum ersten

Mal eine große Kindergemeinschaft, in der alle die gleichen Rechte und

Möglichkeiten haben. Durch die Förderung folgender Inhalte des sozialen

Lernens wird bei den Kindern eine erste Grundlage zum Einüben von Team-

arbeit gelegt:

45 Vgl. Laeven, H.J. / Andres, B.: Forscher, Künstler, Konstrukteure, 2002, 116 ff.

46 Vgl. Seeger, Cr. u. E.: Naturnahe Spiel- und Begegnungsräume, Münster 2001, 29 ff.

47 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 181

Bildungsinseln schaffen

Spielraumkonzept

Enge Verbindungen

Page 42: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

41

Kap. 7 Bildungsbereiche – von Religion bis Sprachentwicklung

7

• Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit,

• kooperatives Verhalten,

• Vermittlung von Werten, Normen und Regeln in der Einrichtung,

• Entwicklung von Bindungs- und Beziehungsfähigkeit,

• Umgang mit Regeln und Grenzen,

• Ausbildung der Frustrationstoleranz,

• Vertreten eigener Meinungen und Einstellungen, sowie Akzeptanz

anderer Ansichten,

• Umgang mit Konfl ikten sowie

• Kennen lernen eigener Stärken und Schwächen, Wahrnehmung und

Akzeptanz persönlicher, sozialer und kultureller Unterschiede.

7.5.4 Umgang mit Komplexität und Lernen in

Sinnzusammenhängen

Im kooperativen Zusammenspiel kann das Lernen in Sinnzusammenhän-

gen insbesondere in Form von Projektarbeit umgesetzt werden. Projektar-

beit bezeichnet ein Vorhaben, welches über mehrere Tage oder Wochen

gestaltet und durchgeführt wird. Wichtig ist die Beteiligung der Kinder an

der Auswahl des Themas sowie an der Planung, Durchführung und Refl e-

xion des Projektes. Der Verlauf des Projektes ist für die Kinder wichtiger

als das Ergebnis. Die Kinder möchten ihre räumliche und soziale Umwelt

kennen lernen und erobern. Lebensnahe Projekte bieten vielfältige Erfah-

rungsräume und Lernsituationen. Wenn das Projektthema sich auf das Le-

bensumfeld Gemeinwesen oder Natur bezieht, wenn die Kinder mitent-

scheiden oder gemeinsam nach Wegen und Lösungen suchen, können sie

Erfahrungslernen in Sinnzusammenhängen erleben.48

Kinder verleihen, tauschen oder schenken sich gerne verschiedene Dinge

oder gesammelte Objekte oder schicken sich Briefe. Unter „Freunden/in-

nen“ werden so die sozialen Beziehungen untereinander gepfl egt. Wenn

man dieses Anliegen der Kinder aufgreift, kann man es gut mit den Wün-

schen und Erwartungen der Eltern verbinden, den Kindern wichtige Berei-

che ihrer Kultur nahe zu bringen. So wäre es z.B. gut möglich, für jedes Kind

einen kleinen persönlichen Briefkasten anzulegen, damit dort Geschenke

oder auch Briefe abgelegt werden können.

Zur Orientierung können alle Briefkästen mit den jeweiligen Bildern der

Kinder ausgestattet werden. Der Transfer in die Zeichenwelt der Erwach-

senen kann dadurch ermöglicht werden, dass unter den Bildern auch die

Namen der Kinder mit großen Druckbuchstaben angebracht werden. Die

Kinder können dies aufgreifen, weiterentwickeln und diese für sie neuen

Schriftzeichen für ihre Briefe nutzen. Als Weiterentwicklung des Projektes

könnten z.B. auch Briefe an die Eltern verfasst werden oder die Erstellung

einer kleinen Zeitung in Angriff genommen werden. Mit dem Besuch eines

Postamtes kann das gesamte Projekt einen runden Abschluss fi nden.49

48 Vgl. Militzer, R. / Demandewitz, H. / Solbach, R.: 1000 Situationen und mehr, SPI – NRW, 1999,

151 ff.

49 Vgl. Laeven, A.: Forscher, Künstler, Konstrukteure, 145 ff.

Facetten sozialen Lernens

Projektarbeit

Individualität fördern

Page 43: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

42

7.5.5 Forschendes Lernen

Naturwissenschaftliche Experimente bilden auf vielfache Weise. Neben ei-

ner sehr genauen Beobachtungsfähigkeit und Geschicklichkeit wird auch

die taktile und auditive Wahrnehmung entwickelt. Soziale Bezüge werden

dadurch hergestellt, dass alle Kinder einer Experimentiergruppe etwas er-

leben können. Die Kinder müssen alle gut zusehen können und es muss

möglichst ruhig sein. Sprachlicher Ausdruck wird dann gefördert, wenn

das Beobachtete verbal beschrieben werden soll. Bereits die für das Expe-

riment erforderlichen Gegenstände können einzelnen Kindern Schwierig-

keiten bereiten, wenn es um die genaueren Begriffe geht. Handelt es sich

um ein Glas oder einen Becher? Heißt der Gegenstand vor uns Teelicht oder

Kerze? Nach der Durchführung eines Experimentes wird bei den Kindern

das kognitive Denkvermögen angesprochen. Ein verblüffendes Ergebnis

gibt Anlass zu kritischen Fragen. Der starke Wissensdrang bei Vorschulkin-

dern führt zu zahlreichen „Warum“ oder „Wenn – dann“ Fragen. Mit der

Fragestellung, ob in der Natur etwas verschwinden kann, lässt sich die Viel-

falt naturwissenschaftlicher Experimente verdeutlichen. Eine Puppe oder

ein Auto kann zwar umgangssprachlich „spurlos verschwinden“, wird meist

aber an einem anderen Ort wiedergefunden. Hinter dem unscheinbaren

Begriff „weg“ verbirgt sich eine überlebenswichtige Frage mit Konsequen-

zen für den Umgang mit der Natur. Spielen Entsorgungsfragen keine Rolle

mehr, wenn Dinge einfach verschwinden können? Dass Stoffe oder Dinge

nicht einfach so verschwinden, kann den Kindern mit einfachen Experiment

verdeutlicht werden.50

50 Vgl. Lück, G.: Naturwissenschaftliche Bildung, 6 ff.

Beobachten und wahrnehmen

Verblüffende Ergebnisse und kritische Fragen

Page 44: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

43

Kap. 8 Beobachtung, Dokumentation und Refl exion von Bildungsprozessen

8

8.1 Einführung

Seitdem die Bildungsdebatte rund um die Tageseinrichtungen für Kinder

in den letzten Jahren aufgefl ammt ist, verkünden Praktikerinnen und Wis-

senschaftlerinnen, dass bei allen Erziehungs- und Bildungsbemühungen

jedes Kind mit seiner ganz speziellen Persönlichkeit in den Mittelpunkt ge-

stellt werden muss. So fi ndet sich z.B. in allen bekannten Konzeptionen

von Tageseinrichtungen für Kinder eine ähnliche Aussage. Dieses Postulat

der Elementarerziehung fi ndet seinen Niederschlag auch in der nordrhein-

westfälischen Bildungsvereinbarung. Dort heißt es in Abschnitt 2: „Der

Begriff Bildung umfasst nicht nur die Aneignung von Wissen und Fertig-

keiten. Vielmehr geht es in gleichem Maße darum, Kinder in allen ihnen

möglichen, insbesondere in den sensorischen, motorischen, emotionalen,

ästhetischen, kognitiven, sprachlichen und mathematischen Entwicklungs-

bereichen zu begleiten, zu fördern und herauszufordern“.

Wenn es nun darum geht, alle Kinder einer Gruppe in allen Entwicklungs-

bereichen je nach ihrem Entwicklungsstand und Alter zu begleiten, zu för-

dern und herauszufordern, so rückt schnell eine Frage in den Mittelpunkt:

„Woher weiß ich im pädagogischen Alltag eigentlich, wie weit ein Kind

gerade ist, wo seine Bedürfnisse und Entwicklungspotenziale gerade lie-

gen?“ oder anders ausgedrückt: „Wo liegt eigentlich die Erkenntnisquelle

der Erziehungswissenschaft?“

An dieser entscheidenden Stelle wurde in der pädagogischen Praxis bis-

her zu sehr auf fachliche Ausbildung und berufl iche Erfahrung gesetzt und

zu wenig auf konkretes, intensives Beobachten, Dokumentieren und Re-

fl ektieren. Die Bildungsvereinbarung umschreibt das im 5. Abschnitt so:

„Die Grundlage für eine zielgerichtete Bildungsarbeit ist die beobachten-

de Wahrnehmung des Kindes, gerichtet auf seine Möglichkeiten und auf

die individuelle Vielfalt seiner Handlungen, Vorstellungen, Ideen Werke,

Problemlösungen u.Ä..“ Wie das – unter Berücksichtigung der derzeitigen

Rahmenbedingungen – gehen kann, dazu schreibt die Bildungsvereinba-

rung nur sehr vage: „Dazu wird angestrebt, dass Beobachtung und Aus-

wertung von der pädagogischen Fachkraft notiert und als Niederschrift

des Bildungsprozesses des einzelnen Kindes dokumentiert werden, ...“

Entscheidende Fragen bleiben offen:

• Wie kann so beobachtet und beschrieben werden, dass subjektive

Wahrnehmungen und Interpretationen möglichst ausgeschlossen

sind?

• Wie kann aus einzelnen Beobachtungen ein anschauliches und nach-

vollziehbares Gesamtbild der Bildungsgeschichte eines Kindes entste-

hen?

• Wie soll die Balance zwischen individueller Vielfalt von Entwicklungs-

prozessen und der notwendigen Vergleichbarkeit von Niederschriften

gefunden werden?

• Wie differenziert können und sollen Dokumentationen sein? Welche

8 Beobachtung, Dokumentation und Refl exion von Bildungsprozessen

Bildungsdebatte

Kinder fördern und fordern

Beobachtung als Grundlage

Dokumentationspfl icht

Offene Fragen

Page 45: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

44

Formen der Beobachtung und Dokumentation sind unter den gegen-

wärtigen Rahmenbedingungen zu leisten?

• Wie kann ein offenes Klima für die fachliche Refl ektion geschaffen

werden?

Die Bildungsvereinbarung enthält keine Aussagen darüber, wie solche Be-

obachtungen konkret durchgeführt und schriftlich festgehalten werden

können. Über den gesetzlichen Bildungsauftrag hinaus arbeiten die katho-

lischen Tageseinrichtungen für Kinder auf der Grundlage des christlichen

Menschenbildes. Das heißt, die Achtung der besonderen Eigenart jedes

Kindes prägt entscheidend die pädagogische Arbeit. Es kommt somit dar-

auf an, das Kind in seiner Ganzheitlichkeit zu sehen und seine vorhandenen

Kräfte und Stärken zu wecken und zu fördern.

8.2 Beobachtung

Die „beobachtende Wahrnehmung“ der Kinder dient dem Verstehen, wie

Kinder sich ihre jeweils eigene Welt aneignen und Sinnzusammenhänge

erschließen. Dazu sind folgende Schritte erforderlich:

• Feststellung und Erfassung von Interessen, Talenten, Vorlieben der

Kinder,

• Erfassung von Veränderungen, von Handlungsweisen und Kompeten-

zen der Kinder sowie

• Gewinnung von neuen Erkenntnissen und Sichtweisen der individuel-

len Entwicklungswege und Lernstrategien der Kinder.

Somit erhält die beobachtende Person Grundlagen

• für die Planung der pädagogischen Arbeit mit den Kindern,

• für konkrete Aussagen über einzelne Kinder sowie

• für die Erstellung der Bildungsdokumentation jedes einzelnen Kin-

des.

8.2.1 Einfl ussfaktoren bei Beobachtungen

Bei allen Beobachtungen spielt die eigene Wahrnehmung eine wesentliche

Rolle. Die Wahrnehmung wird immer von individuellen und sozialen Fak-

toren bestimmt. So beeinfl ussen persönliche Faktoren wie Stimmungen,

Gefühle, Einstellungen, Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten die eigene

Wahrnehmung ebenso wie Wert- und Normvorstellungen als soziale Fakto-

ren. Diese Faktoren können die Beobachtungen von Kindern beeinfl ussen,

sie verfälschen und verzerren. Nicht nur die begrenzte Wahrnehmungsfä-

higkeit steht einer objektiven Beobachtung im Wege, sondern auch die

Einstellung und Haltung gegenüber dem Kind und der Beobachtungssitu-

ation.

Um nicht in so genannte „Beobachtungsfallen“ zu geraten, ist darauf zu

achten, dass

• die Frage- und Zielstellung geklärt ist,

• regelmäßig beobachtet wird, genug Zeit eingeplant wird,

• die Beobachtungsfähigkeit trainiert wird, Fortbildungsangebote wahr

genommen werden sowie

• genaue Aufzeichnungen gemacht werden.

Forderung nach Ganzheitlichkeit

Beobachten dient dem Verstehen

Schritte

Subjektivität

Rahmenbedingungen

Page 46: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

45

Kap. 8 Beobachtung, Dokumentation und Refl exion von Bildungsprozessen

8

8.2.2 Prinzipien der Beobachtung

Eine hilfreiche Komponente im Prozess der Beobachtung und Dokumenta-

tion ist der kollegiale Austausch. Beobachtungsmaterialien, mögliche Vor-

gehensweisen und Umgang mit den Aufzeichnungen werden miteinander

abgestimmt. Hospitationen von Kolleginnen und der Austausch mit Einzel-

nen und im Team vergrößern den eigenen Blickwinkel und lassen unter-

schiedliche Wahrnehmungs- und Deutungsmuster erkennen.

Da auch die beobachtende Person Einfl uss auf die Beobachtung und deren

Schlussfolgerungen hat, ist die Refl exion des eigenen pädagogischen Ver-

haltens für die Beobachtung unabdingbar. Die Beobachtung von Kindern

bedeutet in der Regel, eine Augenblickssituation wahrzunehmen. Um aber

festzustellen, was ein Kind beschäftigt, bedrückt, interessiert, nach wel-

chen eigenen Aktionsmustern es lernt, bedarf es des Perspektivenwech-

sels. Dazu gehört, die Sichtweise des Kindes einzunehmen und mit ihm in

Beziehung zu treten.

Der Sinn kindlichen Handelns lässt sich nur über seine individuelle Erlebens-

welt erschließen. Das Verhalten des Kindes kann beobachtet, seine inner-

psychischen Motive aber nur begrenzt gedeutet werden. Die unterschiedli-

chen Interessen und Bedürfnisse der Kinder müssen Beachtung fi nden. Die

eigene Wahrnehmung wird zum Zeitpunkt der Beobachtung von persön-

lichen Werten, Erfahrungen, der körperlichen und seelischen Verfassung

beeinfl usst. Vielfältige Beobachtungssituationen tragen dazu bei, die eige-

ne Einschätzung zu überprüfen, um den Blick auf das Kind zu erweitern.

Regelmäßiges, systematisches Beobachten hilft, ein Gespür für die individu-

ellen Entwicklungswege und Lernstrategien eines Kindes zu erhalten.

Strukturierte Beobachtungsverfahren sollten im Alltag der Erzieherinnen

und Erzieher gut einsetzbar sein, aber dennoch möglichst viele Verhaltens-

und Entwicklungsbereiche erfassen. In vielen Einrichtungen wird daher von

den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern intensiv daran gearbeitet, einen

realisierbaren und effektiven Weg für die Beobachtung der Kinder und die

Bildungsdokumentation zu entwickeln.51

Der Markt bietet mittlerweile eine bunte Sammlung von Instrumenten und

Verfahren. Einen ersten überblick bietet hierzu die Veröffentlichung von

Viernickel und Völkel52, in der acht Wege vorgestellt werden. Weitere Mo-

delle sind im Literaturverzeichnis aufgeführt.53 Auf fünf Modelle, die für die

Praxis in der Gruppe sehr hilfreich sein können, soll besonders hingewiesen

werden:

• Das Beobachtungsverfahren der Vereinigung Hamburger Kinderta-

gesstätten e.V.

• die Leuvener Engagiertheitsskala

• SISMIK (Sprache und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern im

Kindergarten)

51 Die Abteilung Tageseinrichtungen für Kinder im DiCV Köln bietet hierzu Fachberatungen und

vielfältige Fortbildungsangebote.

52 Viernickel, S. / Völkel, P.: Beobachten und Dokumentieren – Beobachtungsverfahren im Vergleich,

2005

53 Einige Arbeitshilfen und Checklisten werden parallel zur Veröffentlichung dieses Bildungskon-

zeptes im passwortgeschützten Bereich des Internet-Portals www.katholische-kindergaerten.de

bereit gestellt.

Regeln im Team festlegen

Vorsicht bei der Interpretation

Instrumente und Verfahren

Page 47: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

46

• Beobachtung und Dokumentation in der Praxis – Arbeitshilfen zur

professionellen Bildungsarbeit in Kindertageseinrichtungen nach der

Bildungsvereinbarung NRW

• BildungsQualität

Ersteres stammt ursprünglich aus einer Publikation unter Mitwirkung des

Instituts für den Situationsansatz an der Freien Universität Berlin und wird

mittlerweile bundesweit eingesetzt. Es bietet eine gute Orientierung für

die freie Beobachtung. Die „Leuvener Engagiertheitsskala“54 wird bereits

seit einigen Jahren im Erzbistum Köln von einer Reihe von Einrichtungen

erfolgreich angewandt. Sie ermöglicht Aussagen über Entwicklungsprozes-

se und Interessen der Kinder. „SISMIK“55 ist für die systematische Beob-

achtung und Dokumentation der Sprachentwicklung die erste und bislang

beste Alternative zu klassischen Sprachtests. Dieses Verfahren wird von der

Landesregierung NRW für den Einsatz in Tageseinrichtungen für Kinder

empfohlen. Die Ergebnisse des Modellprojektes „Professionalisierung früh-

kindlicher Bildung“56 bieten eine Fülle von Anregungen für die Gestaltung

der eigenen Beobachtungspraxis – incl. Übungs- und Anschauungsmaterial.

„BildungsQualität“57 bietet eine umfassende Lösung vom Bildungskonzept

über Beobachtung und Dokumentation bis zur Einbettung des Dreiklangs

Bildung, Beobachtung und Dokumentation ins Qualitätsmanagement der

Einrichtung.

8.3 Bildungsdokumentation

Alle Beobachtungen können in eine Dokumentation der Bildungsprozes-

se einfl ießen. Die Entscheidung darüber, welche Aspekte dokumentiert

werden, steht dabei immer unter dem Leitgedanken: „Was ist im Interesse

des jeweiligen Kindes?“ Dabei sind Beobachtungsbogen nur ein Medium

unter vielen in dem Prozess des Wahrnehmens der Veränderungen und

Entwicklungen beim Kind und in der Gruppe. Mitarbeiterinnen und Mit-

arbeiter in Tageseinrichtungen haben auch andere Medien und Techniken

zur Verfügung, um möglichst differenzierte Erkenntnisse über das Kind zu

erhalten:

• freie Notizen,

• Videosequenzen,

• Fotografi en,

• Bilder und andere Werke von Kindern,

• Strichlisten und Häufi gkeitsauszählungen,

• Gespräche mit den Eltern sowie

• Gespräche mit dem Kind alleine und in Kleingruppen.

Insgesamt bilden alle Materialien die Grundlage für die pädagogische Ar-

beit und verhelfen zur Erstellung einer Entwicklungs- und Bildungsdoku-

54 Laevers, F. (Hrsg.): Die Leuvener Engagiertheitsskala für Kinder LES-K, Erkelenz 1997

55 Ulich, M. / Mayr, T.: SISMIK, 2003

56 Arbeitsgruppe „Professionalisierung frühkindlicher Bildung“ (Hg.): Beobachtung und Dokumenta-

tion in der Praxis – Arbeitshilfe zur professionellen Bildungsarbeit in Kindertagesstätten nach der

Bildungsvereinbarung NRW, 2005

57 Brunsberg, Monika: BildungsQualität – Bildungskonzepte, Beobachtungsinstrumente und Bil-

dungsberichte, 2005

Im Interesse des Kindes – keine Stigmatisierung

Vielfalt ermöglichen

Page 48: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

47

Kap. 8 Beobachtung, Dokumentation und Refl exion von Bildungsprozessen

8

mentation. Alle Ergebnisse werden in einem Entwicklungsordner separat

für jedes Kind aufbewahrt.

Bei der Auswahl von Beobachtungsverfahren wird das Ziel der Beobach-

tung und der Verwendungszweck beachtet. Die Elementarpädagogik geht

von einem ganzheitlichen Ansatz aus und berücksichtigt dabei die alters-

gemäße Entwicklung und das Lernen von Kindern in diesem Altersbereich.

Dabei liegt das Augenmerk auf den Stärken und Fähigkeiten des Kindes.

Die Beobachtung bietet die Grundlage für das pädagogische Handeln.

Die Qualität von Beobachtungsverfahren wird sich daran messen lassen

müssen, ob sie geeignet ist, die Komplexität von Bildungsprozessen bzw.

wie es die Bildungsvereinbarung ausdrückt: „die individuelle Vielfalt ...[der]

Handlungen, Vorstellungen, Ideen und Problemlösungen“ von Kindern

festzuhalten.

In diesem Zusammenhang sind einige Anmerkungen zum „Ankreuzbo-

gen“ angezeigt:

Derzeit ist vielerorts die Versuchung groß, Bogen zu verwenden, die mit

„Ankreuzen“ einen schnellen Weg für die Dokumentation anbieten. Nicht

zuletzt auf Grund der Erwartungen von Kommunen, Schulen, möglicher-

weise auch Eltern entsteht ein Handlungsdruck, auf vergleichbare Beob-

achtungsbogen oder Einschätzskalen zurückzugreifen. Die Annahme, dass

Ankreuzbogen eine scheinbar größere Objektivität gewährleisten können,

muss angesichts der Subjektivität der beobachtenden Person in Zweifel

gezogen werden. Man muss sich zudem dessen bewusst sein, dass mit

standardisierten Verfahren nur Ausschnitte kindlicher Entwicklungslinien

dargestellt, die eigentliche Bildungsleistungen des Kindes jedoch nicht be-

schrieben werden können (Beschränkung auf eine ergebnisorientierte Do-

kumentation). Ankreuzbogen im o.a. Sinne dürfen deshalb allenfalls zur

Unterstützung einer auf ganzheitliche Erfassung ausgerichteten Dokumen-

tation verstanden werden. Sie können niemals eine intensive Beschreibung

von Aktivitäten der Kinder, Handlungsveränderungen und ihrer Versuche,

die Welt zu verstehen, ersetzen.

Zu beachten ist auch, dass Beobachtungen im Kindergarten sich ganz

grundsätzlich von der Diagnostik unterscheiden. Diagnostik ist nicht Auf-

trag des Kindergartens. Laut Defi nition klärt Diagnostik, ob tatsächlich ein

behandlungsbedürftiges Problem vorliegt und welcher Art dieses Problem

genau ist, d.h. auch, wodurch es verursacht ist.

Für die Tageseinrichtungen empfi ehlt es sich, das gewählte Dokumentati-

onsverfahren im Rat der Tageseinrichtung abzustimmen und in Elternver-

sammlungen vorzustellen.

8.4 Refl exion

Aus der intensiven Auseinandersetzung mit den Denkansätzen und Hand-

lungsmodellen des Qualitätsmanagements ist vielen Praktikerinnen mittler-

weile wichtig geworden, dass sie zuerst Zahlen, Daten und Fakten sam-

meln (ZDF-Prinzip), um erst dann zu Annahmen, Refl ektionen und Deu-

tungen (ARD-Prinzip) zu kommen. Dieser Prozess muss in der Einrichtung

klar und verbindlich zwischen Träger, Leitung und Mitarbeiterinnen und

Mitarbeitern abgestimmt und geregelt sein. Refl ektionsinhalte sind sowohl

die einzelnen Kinder wie auch das Gruppengeschehen und das Verhalten

Stärkenorientierter Ansatz

Ankreuzbogen

Diagnostik

Pädagogisches Handeln planen

Page 49: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

48

der Erzieherinnen und Erzieher. Auf den Refl ektionsergebnissen fußt dann

wiederum die pädagogische Planung für einzelne Kinder und die Gruppe.

8.5 Datenschutz

In vielen Bereichen des privaten und öffentlichen Lebens hat das Thema

Datenschutz an besonderer Bedeutung gewonnen. Beim Umgang mit per-

sonenbezogenen Daten muss grundsätzlich gewährleistet sein, dass der

Einzelne in seinem Persönlichkeitsrecht geschützt wird. Für die Tagesein-

richtungen für Kinder gilt, dass keine personenbezogenen Daten ohne

Einwilligung der Erziehungsberechtigten weitergegeben werden dürfen.

Die folgenden Punkte geben einige hilfreiche Hinweise zum Thema „Da-

tenschutz“:

• Auch Tageseinrichtungen in freier Trägerschaft unterliegen dem Da-

tenschutz und müssen bei der Datenverarbeitung (Erheben, Spei-

chern, Verändern, Übermitteln etc.) von personenbezogenen Daten

das allgemeine Datenschutzrecht beachten.

• Die Verordnung für NRW über die zur Verarbeitung zugelassenen Da-

ten von Schülerinnen, Schülern und Erziehungsberechtigten (VO-DV I)

gilt (erst) ab Beginn des Schulverhältnisses, dieses beginnt am 1. Schul-

tag.

• Die einzig mögliche Lösung für den Datenaustausch zwischen Kinder-

garten und Grundschule ist der Weg über die Eltern, d. h. mit Einwil-

ligung der Eltern im Kindergarten erhobenen Daten werden von der

Tageseinrichtung den Eltern ausgehändigt, die diese dann ggf. an die

Schule weitergeben.

• Jede Einwilligung muss die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Datenschutz-

gesetz (DSG) NRW erfüllen, d. h. widerrufl ich, freiwillig, eindeutig,

schriftlich (eigenhändige Unterschrift), mit Aufklärung über Bedeu-

tung, Tragweite und Verwendungszweck der Daten, mit Darlegung

der Rechtsfolgen von Weigerung und Widerruf. § 4 Abs. 3 DSG NRW

(keine Verarbeitung personenbezogener Daten über rassische Her-

kunft etc.) muss beachtet werden. Welche Daten als Folge der Ein-

willigung verarbeitet (übermittelt) werden, wird zur Reduzierung der

Missbrauchsgefahr so genau wie möglich eingegrenzt.

• Persönliche Notizen des pädagogischen Personals in den Tageseinrich-

tungen für Kinder, auch solche über individuelle Beobachtungen aus

pädagogischen Gründen, unterliegen keinen datenschutzrechtlichen

Vorgaben und dürfen innerhalb des pädagogischen Teams einer Tage-

seinrichtung ausgetauscht werden. Eine Weitergabe an Dritte jedoch

ist nicht vorgesehen.

• Für die regelmäßigen gegenseitigen Besuche und Hospitationen ist

keine Einwilligung der Eltern der in diesem Rahmen beobachteten Kin-

der notwendig, solange es nicht zu einem Austausch von Daten über

einzelne Kinder kommt. Die im Kindergarten hospitierenden Lehre-

rinnen dürfen sich persönliche Notizen auch über einzelne Kinder ma-

chen. Eine Weitergabe von Daten durch Erzieherinnen und Erzieher

darf nur mit Einwilligung der Eltern geschehen.

• Ebenso haben alle Träger von Tageseinrichtungen von Kindern und

alle Einrichtungen ein Schreiben des Erzbischöfl ichen Generalvikaria-

Schutz der Persönlichkeitsrechte

Persönliche Aufzeichnungen nicht weitergeben

Page 50: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

49

Kap. 9 Mit Eltern – für Kinder

9

9.1 Eltern als Partner

Eltern sind die ersten und in der Regel die wichtigsten Bindungspersonen

eines Kindes und dadurch die wichtigsten Partner der Tageseinrichtungen

für Kinder. Für die Kinder gilt: sie wechseln täglich zwischen Elternhaus und

Tageseinrichtung. Sie sind darauf angewiesen, dass sich beide Lebensor-

te wechselseitig ergänzen. Sie lieben ihre Eltern und entwickeln eine tiefe

Beziehung zur pädagogischen Bezugsperson. Allein dieser Tatsache ist ge-

schuldet, dass pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Eltern

eine Erziehungspartnerschaft begründen, deren vorrangiges Ziel es ist,

Bildung, Betreuung und Erziehung jedes einzelnen Kindes so positiv wie

möglich zu gestalten. Die Kinder sollen erleben können, dass ihre Bezugs-

personen in der Einrichtung mit den wichtigsten Menschen in ihrem Leben

eine wohlwollende und vertrauensvolle Beziehung eingehen.

Deshalb erfolgt in den katholischen Tageseinrichtungen für Kinder des

Erzbistums Köln die Kooperation mit den Eltern in gegenseitiger Wert-

schätzung. Toleranz und Respekt sind dabei selbstverständlich. Eine so

verstandene Erziehungspartnerschaft verbessert nachhaltig die Entwick-

lungschancen von Kindern.

Die enge Zusammenarbeit und der Kontakt zwischen Erziehungsberechtig-

ten, pädagogisch tätigen Kräften und dem Träger ist für uns die Vorausset-

zung für eine gute pädagogische Arbeit.58

Die praktische Kooperation erfolgt in unterschiedlichen Feldern. Ausge-

hend vom Kind ist zunächst eine familienspezifi sche Kooperation begrün-

det. Hinsichtlich seiner individuellen Bildungsperspektive lässt sich fest-

stellen: Die Selbstbildungsprozesse des Kindes fi nden durch eine ständige

Interaktion mit seiner sozialen Umwelt statt. Das Kind bildet sozusagen in

Co-Konstruktion mit seinen wichtigsten Bindungspersonen, also mit Eltern

und pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, seine Persönlichkeit

aus. Eine gegenseitige Wertschätzung zwischen diesen Personen ist unver-

zichtbar, um dem Kind die Entwicklung eines positiven Selbstbildes zu er-

möglichen.

Der Erfahrungshorizont eines jeden Kindes kann darüber hinaus nur geöff-

net werden, wenn an die bisherigen Vorerfahrungen angeknüpft werden

kann. Die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dem zu

9 Mit Eltern – für Kinder

tes (Dezember 2004) erhalten, das unbedingt zu beachten ist. Darü-

ber hinaus ist die im Betreuungsvertrag vereinbarte Regelung über

die Weitergabe von Daten an Dritte verbindlich. Dort heißt es: „Ohne

zwingende gesetzliche Grundlage werden kindbezogene Daten

grundsätzlich nur an die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten weiter-

gegeben.

58 Vgl. Elterninformation - Für Ihr Kind die kath. Tageseinrichtung, 9. Aufl age 2004

Betreuungsvertrag als Orientierung

Erziehungspartnerschaft

Toleranz und Respekt

Vorerfahrungen wichtig

Page 51: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

50

Folge nur dann in der Lage, Bildungsprozesse sinnvoll zu steuern oder zu

fördern, wenn sie die persönliche Geschichte des jeweiligen Kindes kennen.

Diese biographischen Daten gilt es im vertraulichen Gespräch mit Eltern zu

entdecken. Ferner ist entscheidend, dass das Kind sein familiäres Umfeld

und das Leben in der Tageseinrichtung für Kinder nicht als zwei getrennte

Welten erlebt, sondern Erfahrungen wechselseitig integriert werden.

Eltern sind am Lernen ihrer Kinder sehr interessiert und deshalb auch zur

Kooperation bereit, zumal wenn sie als Experten für ihre Kinder angespro-

chen und ernst genommen werden.

Die Bildungsdokumentation, die zukünftig in den Einrichtungen die Bil-

dungs- und Lerngeschichten eines Kindes in vielfältiger Weise dokumen-

tiert, ermöglicht es, eine weitere Brücke zu den Eltern zu schlagen. Im

Rahmen regelmäßig stattfi ndender Entwicklungsgespräche werden Eltern

über die Entwicklungswege ihrer Kinder informiert. Dabei können sie auch

Beispiele und Beobachtungen von Bildungsprozessen aus dem Familienall-

tag des Kindes einbringen.59

Für Eltern sowie Erzieherinnen und Erzieher soll deutlich werden, welcher

Entwicklungs- und Bildungsaufgabe sich das Kind gerade zuwendet und

wie die Erwachsenen das Kind fördern und herausfordern können.60 In die-

sem Sinne ist die Zusammenarbeit mit den Eltern als Teil eines konstrukti-

ven Bildungsprozesses zu verstehen.

Die Erziehungspartnerschaft im bisher ausgeführten Sinne erfährt ihre Er-

weiterung in der Kooperation auf Gruppen- oder Einrichtungsebene.

Die Eltern werden ermuntert, sich auf vielfältige Weise einzubringen. Eine

Gesprächskultur der Offenheit erlaubt den Eltern, Einblick in die Abläufe

der Tageseinrichtung zu nehmen und im Dialog an der Weiterentwicklung

mitzuwirken. Die pädagogisch Mitarbeitenden bedienen sich vorhandener

Instrumente, um Elterninteressen und -bedarfe zu ermitteln. Neben den

formalen Beteiligungsformen Elternversammlung, Elternrat und Rat der

Tageseinrichtung werden andere, die Individualität berücksichtigende Be-

trachtungen angestellt. Es ist ausdrücklich erwünscht, dass Eltern ihr Wis-

sen, ihre Ressourcen und ihr Engagement zur Bereicherung der Einrichtung

einsetzen. In welchem Maße und welcher Weise Eltern sich beteiligen wol-

len, bleibt ihnen selbst überlassen. Dabei heißt Erziehungspartnerschaft

nicht, dass die Rollen und Aufgaben der Partner, hier der Eltern und dort

der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, gleich oder aus-

tauschbar seien.61 In den Absprachen zu konkreten Kooperationen fi nden

die jeweiligen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten von Eltern sowie

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Berücksichtigung.

9.2 Tageseinrichtung als Lernort für Eltern

Eltern erhalten die Gelegenheit, die Tageseinrichtung als Forum für Ge-

sprächskreise und andere selbst organisierte Begegnungen zu nutzen. Die

59 Vgl. Leu, H. R.: Der Bildungsauftrag in der Praxis, in: kiga heute 1/2003

60 Vgl. Berliner Bildungsprogramm – Hrsg.: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, Berlin

61 Vgl. die Ausführungen in der Broschüre: Mit Eltern für Kinder. Beiträge zur konzeptionellen Wei-

terentwicklung der Elternarbeit in Tageseinrichtungen für Kinder. Hrsg.: Diözesan-Caritasverband

für das Erzbistum Köln, 1998

Gegenseitige Integration

Brücken bauen

Eltern gestalten mit

Formale Beteiligungsformen

Page 52: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

51

Kap. 9 Mit Eltern – für Kinder

9

Tageseinrichtung für Kinder kann darüber hinaus für die Eltern selbst zu

einem Bildungsort werden. In Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der

katholischen Erwachsenen- und Familienbildung werden Bildungsangebo-

te für Eltern – passend für die jeweilige Einrichtung – geplant und durchge-

führt.62 Es sind weitere Angebote denkbar, hier gilt, sie sind bedarfsgerecht

und zielen auf eine Stärkung der elterlichen Kompetenz. Den Eltern wird

damit signalisiert, dass die Kooperation mit ihnen unverzichtbarer Bestand-

teil der konzeptionellen Arbeit ist und ihnen eine wichtige Rolle zur Weiter-

entwicklung der Einrichtung hin zu einem Zentrum für Familien zukommt.

9.3 Vermittlung von Erziehungsberatung

Viele Eltern wüschen eine intensivere individuelle Beratung. In diesen Fällen

prüfen die Mitarbeitenden der Tageseinrichtungen, ob eine Vermittlung an

eine der Beratungsstellen für Eltern, Kinder, Jugendliche und junge Erwach-

sene im Erzbistum Köln sinnvoll ist. Die Beratungsstellen helfen Eltern,

• die sich zu Erziehungs- und Familienfragen informieren wollen,

• die Hilfe und Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder wün-

schen,

• die als Eltern und als Partner wieder mehr Gemeinsamkeit suchen,

• deren Kinder Probleme in Kindergarten, Hort, Schule, Vereinen usw.

haben,

• die sich mit Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung befas-

sen sowie

• die als Alleinerziehende oder in neu zusammengesetzten Familien le-

ben.

Die Beratung erfolgt per Internet, in persönlichen Gesprächen und Famili-

engesprächen, mit Gruppenangeboten und auch telefonisch.63

62 Weitere Informationen fi nden sich unter www.erzbistum-koeln.de/familienbildung/index.html.

63 Weitere Informationen fi nden sich unter www.beratung-caritasnet.de im Internet.

Elternbildung

Tageseinrichtungen als Zentren für Familien

Vermittlung individueller Beratung

Page 53: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

52

10.1 Die Bedeutung des Übergangs für das Kind und seine Familie

Der Übergang von der Tageseinrichtung für Kinder in die Grundschule ist

ein wichtiger Schritt für die Kinder und die Familien. Die mit dem Übergang

verbundenen Veränderungen erfordern ein hohes Maß an Anpassung und

Orientierung an die neue Lebenssituation. Der Tagesablauf verändert sich,

die Anforderungen an die Kinder werden verbindlicher, neue Orte und

Räume müssen erfahren werden und es heißt, sich auf neue erwachsene

Ansprechpartner einzustellen. Das „Spiel“ als Lernmethode rückt in den

Hintergrund, die kognitive Beanspruchung steigt und aus einer altersge-

mischten wird eine altershomogene Bezugsgruppe.

Mit dem Übergang ändern sich die Erwartungshaltungen gegenüber Kin-

dern. Der Wechsel in die Primarstufe bedeutet ein neuer Kontext des Ler-

nens und die Bewertung von schulischen Leistungen. Das Ende der Kinder-

gartenzeit ist aber auch ein Neuanfang als Schulkind. Mit der Einschulung

öffnet sich ein neue Welt für die Kinder. Lesen, Schreiben und Rechnen

lernen und endlich dazugehören, kennzeichnen positive Erwartungshal-

tungen von Kindern. Verlust- und Versagensängste spielen aber ebenfalls

eine nicht zu unterschätzende Rolle, die einen solchen Übergang begleiten

können.

Für einen gelungenen Übergang benötigen Kinder und Eltern möglichst

viele Informationen und Kenntnisse über die zukünftige Umgebung, über

mögliche Anforderungen und über soziale Zusammenhänge. Ein ausrei-

chendes Wissen über zukünftige schulische Anforderungen kann im Vor-

feld Ängste nehmen und Sicherheit bei Eltern und Kindern schaffen.

10.2 Notwendigkeit gelingender Kooperation

Eine gute Schulvorbereitung bedeutet, ausführlich zu informieren, die neu-

en Lernorte kennen zu lernen und Erwartungshaltungen abzuklären. Da-

mit dies frühzeitig geschehen kann, ist eine enge Kooperation zwischen

Tageseinrichtung für Kinder und Grundschule erforderlich. Dazu gehört

der Austausch über gesetzliche Grundlagen und strukturelle Rahmenbe-

dingungen64 genauso wie über pädagogische Konzepte und methodisch

didaktische Grundlagen. Je mehr Wissen auf beiden Seiten vorhanden ist,

um so mehr Kontinuität erleben die Kinder.

Katholische Tageseinrichtungen für Kinder nehmen die Kooperation mit

der Grundschule entsprechend den fachlichen und rechtlichen Anforderun-

gen und Vorgaben in ihr Konzept auf.

10 Der Übergang vom Kindergarten zur Grundschule

64 Die verbindlichen Vorgaben und fachlichen Materialien fi nden sich unter www.bildungsserver.

de/zeigen.html?seite=1863. Weitere Arbeitshilfen werden parallel zur Veröffentlichung dieses

Bildungskonzeptes im passwortgeschützten Bereich des Internet-Portals www.katholische-kinder-

gaerten.de bereit gestellt.

Wichtiger Schritt

Neuanfang

Ängste nehmen und Sicherheiten schaffen

Enge Kooperation

Page 54: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

53

Kap. 10 Der Übergang vom Kindergarten zur Grundschule

10

Konkrete Kooperationen sind z.B.:

• Zusammenarbeit in regionalen Arbeitskreisen Kindergarten - Grund-

schule

• Zusammenarbeit zwischen einzelnen Tageseinrichtungen und Grund-

schulen

• Gemeinsame Gestaltung der Informationsveranstaltungen für die El-

tern der Vierjährigen

• Vereinbarung konkreter Konzepte zur Gestaltung des Überganges

• Besuche von Kindern und Erzieherinnen und Erziehern in der Schule

als auch von Lehrkräften in der Tageseinrichtung

• Durchführung gemeinsamer Konferenzen, Informationsveranstaltun-

gen, Feste....

• Gemeinsame Fortbildungsmaßnahmen

10.3 Einbeziehung der Erziehungsberechtigten in den Kooperationsprozess

Bei einer gelungenen Kooperation können Erzieherinnen und Erzieher und

Lehrkräfte die Fragen der Eltern zum Schulübergang gemeinsam beant-

worten und Unsicherheit abbauen. Wichtig ist, dass Eltern wissen, dass

Kindergarten und Schule an einem Strang ziehen. Neben allgemeinen Ver-

anstaltungen sind auch Einzelgespräche denkbar. Die ohnehin üblichen

Entwicklungsgespräche von Eltern und Erziehenden erfahren in dieser Pha-

se zusätzliche Schwerpunkte, z.B. in Fragen einer möglichen vorzeitigen

Einschulung, Zurückstellung oder besonderer Förderbedarfe.

Auch gemeinsame Gespräche mit Lehrkräften sind sinnvoll. Hier sind In-

formationen über den individuellen Entwicklungsstand eines Kindes und

Überlegungen zu besonderen Förderangeboten (z.B. Sprachförderung)

denkbar. Da Lern- und Entwicklungsprozesse in der Regel unterschiedlich

verlaufen, kann eine enge Kooperation beim Schulübergang ein differen-

ziertes Lernangebot von Anfang an sichern. Anlässe sind hier durch die

Schulanmeldung und die schulärztliche Untersuchung gegeben.

Bei Gesprächen mit Lehrkräften gilt der Grundsatz: Nur gemeinsam mit

den Eltern! Die Weitergabe von Informationen zu bestimmten Kindern un-

mittelbar an die Schule darf nicht erfolgen (siehe auch Kapitel 8.5 Daten-

schutz).

10.4 Gestaltung des Übergangs

Um den Kindern und ihren Familien einen guten Übergang zu ermöglichen

und die Kontinuität des Erziehungs- und Bildungsprozesses zu gewährleis-

ten, ist es notwendig,

• während der gesamten Kindergartenzeit die Selbständigkeit, das

Selbstvertrauen, das Selbstbewusstsein, die Gruppenfähigkeit, die

Lernfreude und Neugierde, die Entfaltung der Selbstbildungspoten-

tiale der Kinder anzuregen, zu unterstützen, herauszubilden und den

Kindern zu helfen, mit Unsicherheiten und Ängsten zurecht zu kom-

men;

Kooperationsformen

Eltern einbeziehen

Gute Übergänge gezielt vorbereiten

Page 55: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

54

• mit der Bildungsdokumentation zum Eintritt des Kindes in den Kinder-

garten zu beginnen und diese kontinuierlich fort zu schreiben;

• sich mit den Eltern fortlaufend über den Entwicklungs-, Erziehungs-

und Bildungsprozess des Kindes zu verständigen;

• auf unterschiedlichster Weise mit der Grundschule zu kooperieren

(z. B. durch gegenseitige Hospitation, Durchführung gemeinsamer

Konferenzen, gemeinsame Fortbildungsmaßnahmen);

• bei der Veranstaltung der Schulträger für die Eltern der Vierjährigen

konstruktiv mitzuwirken sowie

• vor der Einschulung mit den Kindern die Grundschule zu besuchen, die

Lehrer (mit ihren Schülern) in den Kindergarten einzuladen und mit

den Lehrern einen gemeinsamen Elternabend anzubieten.65

10.5 Anmerkungen zum „Schulfähigkeitsprofi l“

Mit dem Schulfähigkeitsprofi l66 hat das damalige Ministerium für Schule,

Jugend und Kinder des Landes NRW Empfehlungen herausgegeben, die

nahezu zeitgleich mit der Bildungsvereinbarung NRW erschienen sind. Das

Schulfähigkeitsprofi l ist in erster Linie als Grundlage für die Förderung der

Kinder in den ersten beiden Schuljahren gedacht.

Das Schulfähigkeitsprofi l ist keinesfalls Bestandteil der Bildungskonzepti-

on der Tageseinrichtung oder als Gerüst für die Vorbereitung von Kindern

auf den Schulbesuch einzusetzen. Es wird häufi g als Raster für Fähigkeiten

eingesetzt, das Auffälligkeiten anspricht und fördert so ein defi zitäres Kin-

derbild.

Für die Tageseinrichtungen ist ausschließlich die Bildungsvereinbarung und

die dort vorgesehene Bildungsdokumentation maßgeblich und nicht die

Anwendung bzw. das Ausfüllen des Schulfähigkeitsprofi ls. Konstruktiv ein-

gesetzt kann das Schulfähigkeitsprofi l eine zusätzliche Beratungsgrundla-

ge für Eltern, Erziehende und Lehrkräfte sein.

65 Eine Checkliste zur Gestaltung des Übergangs wird parallel zur Veröffentlichung dieses Bildungs-

konzeptes im passwortgeschützten Bereich des Internet-Portals www.katholische-kindergaerten.

de bereit gestellt.

66 Die Handreichung „Erfolgreich starten! Schulfähigkeitsprofi l als Brücke zwischen Kindergarten

und Grundschule“ kann als Heft 9039 der Schriftenreihe „Schule in NRW“ über den Buchhandel

oder direkt bestellt werden beim Ritterbach-Verlag, Rudolf-Diesel-Str. 5-7, 50226 Frechen. Der Text

der Handreichung steht auf der Homepage des Verlags - nach kostenloser Registrierung - auch

online zur Verfügung.

Kein Bestandteil des Bildungskonzeptes

Page 56: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

55

Kap. 11 Qualifi zierung durch Selbstevaluation

11

Mit der Bildungsvereinbarung geht auch die Selbstverpfl ichtung katholi-

scher Träger von Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln einher,

die Bildungsarbeit ihrer Tageseinrichtung für Kinder intern zu evaluieren.

Insbesondere wird gefordert, die Begleitung und Förderung frühkindlicher

Bildungsprozesse einer kontinuierlichen Evaluation zu unterziehen.

Evaluation lässt sich defi nieren als „ein Verfahren zur systematischen und

fachlich begründeten Einschätzung der erreichten Qualität der Arbeit. Da-

bei gilt es gleichermaßen qualitätsfördernde wie -hemmende Prozessfakto-

ren zu identifi zieren.“67 Evaluationsprozesse sind also Teil einer langfristig

angelegten systematischen Qualitätsentwicklung von katholischen Tages-

einrichtungen für Kinder. Interne Evaluation meint, dass die Überprüfung

und Bewertung der Arbeit intern im Austausch mit Eltern, dem Träger und

– wo möglich und sinnvoll – mit den Kindern erfolgt. Sie wird von den

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern selbst initiiert und durchgeführt. Die

Planung eines jeden Evaluationsprozesses in den katholischen Tagesein-

richtungen umfasst dabei folgende Handlungsschritte:68

• Festlegung der Evaluationsthemen,

• Auswahl der Verfahren und einzusetzenden Instrumente,

• Bestimmung der Beteiligtengruppen sowie Art und Umfang der Betei-

ligung,

• Bestimmung der organisatorischen Abläufe sowie

• Vereinbarung über den Umgang mit Ergebnissen.

Selbstevaluationsprozesse tragen entscheidend dazu bei, dass in katholi-

schen Tageseinrichtungen für Kinder der gesellschaftliche Auftrag der Bil-

dung, Erziehung und Betreuung von Kindern gefestigt wird. Die Mitarbei-

terinnen, Mitarbeiter und Träger werden hierfür sensibilisiert, motiviert

und qualifi ziert werden.

Die Auswahl und Anwendung der Methoden richtet sich nach dem Unter-

suchungsgegenstand und der Zielformulierung. Sie müssen darüber hinaus

der jeweiligen Situation der Einrichtung vor Ort angemessen sein (Ressour-

cenorientierung) und auch die wichtigen Grundwerte und Grundhaltun-

gen berücksichtigen. Daher können an dieser Stelle keine Festlegungen

erfolgen. Beispielhaft seien genannt:

• mündliche Befragungen (z.B. Interview mit Eltern),

• schriftliche Befragungen (z.B. Elternbefragungen mit Fragebogen),

• vorstrukturierte Protokollbogen,

• Dokumentenanalysen,

• Checklisten,

• Erhebungsbogen,

• Zeitbudgetanalysen,

11 Qualifi zierung durch Selbstevaluation

67 Preissing, Chr. (Hrsg.): Qualität im Situationsansatz, 2003, 60

68 Vgl. Schäfer, G. E.: Bildung, 137

Selbstverpfl ichtung zur Evaluation

Erreichte Qualität einschätzen

Handlungsschritte

Mitarbeitende motivieren

Methoden gezielt auswählen

Page 57: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

56

Bild vom Kind, Religiöse BildungGemeinsam für Kinder. Gemeinden und ihre Kindergärten entwickeln sich weiter,

Hrsg.: Erzbistum Köln, 2002

Beer, P., Wozu brauchen Erzieherinnen Religion? Ein Arbeitsbuch für Ausbildung

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sche Perspektiven, 2005

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Franke, H. / Hanisch, H.: Religiöse Erziehung im Vorschulalter. Grundlagen und

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Hugoth, M.: Fremde Religionen – fremde Kinder?, 2003

Oberthür, R.: Die Seele ist eine Sonne. Was Kinder über Gott und die Welt wissen,

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Scheilke, Ch. Th. / Schweitzer, Fr. (Hrsg.): Kinder brauchen Hoffnung. Religion im

Alltag des Kindergartens, 1999

Schindler, R.: Zur Hoffnung erziehen. Gott im Kinderalltag, 1999

12 Literaturhinweise

• Selbsteinschätzungsbogen sowie

• Beobachtungen etc.

Seit der Einführung von Qualitätsmanagement in vielen Einrichtungen und

dem damit einhergehenden kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP)

haben auch vielfältige Instrumente der Evaluation in den Einrichtungen

Einzug gehalten. Gerade QM-Fortbildungen setzen hier wichtige Impulse.

Generell sollte die Auswahl und Anwendung davon geleitet sein, dass Rech-

te, Fürsorge und Wert einzelner Personen zu respektieren und zu schützen

sind (Standards der Evaluation Research Society 1990).69

69 Eine Checkliste zur Überprüfung der Bildungsqualität wird parallel zur Veröffentlichung dieses

Bildungskonzeptes im passwortgeschützten Bereich des Internet-Portals www.katholische-kinder-

gaerten.de bereit gestellt.

Qualitätsmanagement als stützender Rahmen

Page 58: Arbeitshilfe 2 Menschen-Bildung - katholische-kindergaerten.de

57

Kap. 12 Literaturhinweise

12

Bildungskonzepte und -bereicheArme Kinder in Tageseinrichtungen für Kinder – Projektbericht und Arbeitshilfe.

Hrsg.: Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln, 2005, (Download:

www.katholische-kindergaerten.de)

Arme Kinder in Tageseinrichtungen für Kinder – Dokumentation der Fachtagung.

Hrsg.: Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln, 2005, (Download:

www.katholische-kindergaerten.de)

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Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW, 2003, (Down-

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Kap. 12 Literaturhinweise

12

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60

Impressum

Herausgeber: Erzbistum Köln

Verantwortlich: Alfred Lohmann (Leiter der Abteilung Gemeindepastoral)

Matthias Vornweg (Leiter der Abteilung Tageseinrichtungen für Kinder, DiCV Köln)

Layout und Satz: Alexander Schmid Grafi kproduktion

1. Aufl age 2006

Schutzgebühr 5,00 Euro

Irskens, B. / Vogt, H. (Hrsg.): Qualität und Evaluation, 2000

Preising, Ch. (Hrsg.): Qualität im Situationsansatz. Qualitätskriterien und Materia-

lien für die Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen, 2003

Tietze, W. / Viernickel, S. (Hrsg.): Päd. Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder,

2003

QS-Materialien zur Qualitätssicherung in der Kinder- und Jugendhilfe, Hrsg.: Bun-

desministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin

Heft 19: Leitfaden für Selbstevaluation und Qualitätssicherung

Heft 35: Perspektiven der Evaluation in der Kinder- und Jugendhilfe.

Qualitätssicherung durch Evaluation. Konzepte, Methoden, Ergebnisse, Impulse

für die kult. Jugendbildung, Hrsg.: Bundesvereinigung kulturelle Jugendbil-

dung, 1998

Kindergarten und ElternMit Eltern für Kinder. Beiträge zur konzeptionellen Weiterentwicklung der Eltern-

arbeit in Tageseinrichtungen für Kinder.

Hrsg.: Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln, 1998

Becker-Textor, I.: Der Dialog mit den Eltern, 1992

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König, A.: Elternarbeit. In: Textor, M.R: (Hg.): Online-Handbuch Kindergartenpäd-

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Koch, G.: Elternarbeit und Familienbildung in Kindertagesstätten, in: Textor, M.R:

(Hg.): Online-Handbuch Kindergarten, 2002

Kindergarten und GrundschuleDeutscher Bildungsserver: Sammlung von Fachartikeln/Vorträgen zum Übergang

(Download: www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=2987

Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW (Hrsg.): Erfolgreich starten! Schul-

fähigkeitsprofi l als Brücke zwischen Kindergarten und Grundschule, 2003

Kindergarten heute, Basiswissen kita: Kooperation zwischen Kindergarten und

Grundschule, 2004

Denner, L. / Schumacher, E. (Hrsg.): Übergänge im Elementar- und Primarbereich

refl ektieren und gestalten, 2004

Hopf, A. / Zill-Sahm, I. / Franken, B.: Vom Kindergarten in die Grundschule – Eva-

luationsinstrumente für den erfolgreichen Übergang, 2004

Strätz, R.: Bildungsziele im 21. Jahrhundert – Didaktische Konzepte im Kindergar-

ten und in der Grundschule, 2004 (Download: www.spi.nrw.de/material/

strae_ziele.pdf)