ARBEITSKREIS PALÄONTOLOGIE - APH

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ARBEITSKREIS PALÄONTOLOGIE HANNOVER 3. Jahrg. 1975

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ARBEITSKREIS

PALÄONTOLOGIEHANNOVER

3. Jahrg. 1975

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Arbeitskreis Paläontologie Hannover

angeschlossen der Meturkundeabteilungdes Niedersächsischen Landesmuseums

Leitung;

Werner Pockrandt,3 Hannover 21,Am Tannenkamp 5

(Tel.78 90 05)

Zusammenkünfte;

Jeden 1.Dienstag im Monat um 19.oo Uhr im"Haus der Jugend",Hannover,Maschstr«24

Inhalt Heft 4 / 1975;

FRIEDRICH WILHELM LUPPGLO

Tetragonolepis semicinctus QUENSTEDT und Harpoceraselegans SOWERBY aus dem Posidonienschiefer vonHeinde (3 Zeichnungen,! Tabelle) Seite 1 — 2

HANFRED JÄGER

Der obBre Jura in Nordwestdeutschland und seineFossilien (l Tabelle, Lageplan und Zeichnungen vonPOCKRANDT) Seite 3-16

Da lächelt der Paläontologe... Seite 17

Titelblattzeichnung: LUPPOLD, Tetragonolepis serai-cinctus QUENSTEDT von Heinde(Posidonienschiefer)

Schriftleitung; Werner Pockrandt,3 Hannover 21,AmTannenkamp 5

Druck; Kunze & Kirchner,325 Hameln,Stüvestr.41

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FRIEDRICH WILHELM LUPPCLD

Trtragonolcpis seraicinctus QUENSTEDT und Harpoceras

elegans SOWERBY aus dem Posidonienschiefer von Heinde

Paläogeographie;

Der Posidonienschiefer wurde bei uns zur Zeit desObsrlias (Toarcium) abgelagert.Seine Bezeichnung hat ernach dem Leitfossil,der Muschel Posidonia bronni \tCLZerhalten.

Das damalige Meer erstreckte sich (etwa zur falcifer-Zeit] von Schleswig-Holstein hinweg bis über ganz Nie-dersachsen.

Fazies;

Die falcifer—Facies bestehen aus feinschichtigen Ton—bis Mergelsteinen,die einen hohen Bitumengehalt aufwei-sen.

Paläontologi e;

Wenn man in den bekannten,aber z»T.verkippten,Tages-auf schlössen von Haverlahwiese oder Schandeiah Fossil -aufSammlungen vornimmt,so stellt man fest,daß das Leit-fossil Posidonia bronni MÜQLZ gegenüber Inoceramus dubiusSOWERBY stark zurücktritt.Oft findet man ganze Plattenmit Inoceramen übersät.

Der Fundpunkt in Helntie bei Hildesheim gehört in desUnter=?Tioarcium.Wir sprechen hier von der falcifer—Zone,zu welcher wiederum die elegans-Qutezone gehört.In diesenSchichten kommen überaus häufig Ammoniten der SattungHarpoceras elegans SOWERBY und,wie schon erwähnt,die Mu-schel Inoceramus dubius SOWERBY vor.Harpoceras elegansSOWERBY zeichnet sich durch auffallend dichtstehende,sichelförmig geschwungene Rippen aus,die zum Kiel hinauslaufen.Überaus selten findet man dagegen vollständige Fische,

wie z.B. Tetragonolepis semicinctus QUENSTEDT.Von diesemFisch liegen Positiv und Negativ vor.Er hat eine Längevon 7 cm und eine Höhe von 5 cm.

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Auf allen Platten lassen sich mühelos Fischreste,wieSchuppen.usw.»finden.Aber auch einzelne Aptychen,diewohl von den Harpocereten stammen,kann man vereinzeltauf den Platten finden.

Zeichnungen; (alle Zeichnungen vom Verfasser)

Titelblattzeichnung: Tetragonolepis semicinctus QUENSTEDT

Abb.1: Harpoceras elegansSOWERBY

Abb«2: Inoceramus dubi-us SOWERBY

Hildocerasbifrons

E c.1 'S r=

vL • 2 ' Harpoceras— £ ., falciferum

ä* ~~> "

j Dactyliocerastenuicostatum

\

ZugoiLictylitcsbraunianus

Peronocerasfibulatum

Dactyliocerascommune

Hildoceras ( H . )boreate

Harpocerasjalciferum

TtltoniccrascapWatum

Lobolytocerassiemensi

Tabelle: nach Hoffmann (1965)

Literatur; H.R.v.GAERTNER u.a.: Zur Kenntnis des nord-westdeutschen Posidonienschiefers(Beih.G.Jhrb.Heft 50,Hannover 1966)

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MANFRED JÄGER

Der obere Jura in Mordwestdeutschland und seine Fossi-ÜSü (Zeichnungen: POCKRANDT)

1) Liegendes;

Am Fuße des Korallenoolith—Steinbruches am Ebersbergbei Springe treten die Ornatentone zutage.Es handeltsich um graue plastische Tone,die durch das Auftretenvieler Muschelschalenbruchstückchen weiß gesprenkelterscheinen.Infolge der geringen Witterungsbeständig —keit der Tone sind die Fundstellen am Ebersberg meistvon Hangschutt zugedeckt.

Die Ornatentone sind recht fossilreich,jedoch istdas meiste Material plattgedrückt und schlecht erhal-ten. Ein Teil der Fossilien ist pyritisiert.Oberfläch-lich ist der Pyrit zu orengebraunen Fe IH-Verbindun-gen oxydiert worden. An Fossilien treten auf:

Verschiedene Muschel- und Schneckenarten,Ammoniten: Kosmoceras sp.

Quenstedtoceras lambertiQuenstedtoceras sp.Peltoceras sp.Perisphinctes sp.sowie weitere Gattungen und Arten,Aptychen-Reste.

Belemniten: Hibolites hastatus (meist ist die Alve-ole abgerollt)

Krebse: Mecochirus socialis in kleinen GeodenSeesternrandplatten und Seelilienstengelglieder

(Pentacrinus)

Öle Aramonitenfauna ist wegen ihres großen Artenreich—tums interessant.Leider sind die Stücke meist nur un-vollständig pyritisiert.Vollständige Pyritamraonitensind am Ebersberg recht selten.

2) Unterster Malm; höherer Ornatenton » Zone des Quen-stedtoceras mariae.

Die Einstufung dieser Zone war lange Zeit hindurch nichteinheitlich.Wahrscheinlich ist sie am Ebersberg vorhan-den (Fund eines noch nicht mit letzter Sicherheit be-stimmten pyritisierten Quenstedtoceraten in einem demMergelkalk der Unt.Heersumer Schichten ähnlichen Bestein)

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Tabelle: Zur Stratigraphie des nordwestdeutschen Malm

InternationaleStufen-Bezeichnungen

Untere Kreide

PortUudium

OberesKimmeridgium

MittleresKimmeridgium

Kimmeridgium

Oberes

Oxfordium

UnteresOxfordium

Ammoniten-Zonen, vor-wiegend nach den locitypici in England; in NW-Deutschland nicht auf-tretende Ammoniten sindin Klammern gesetzt

keine Ammoniten in NW-Europa, „Purbeck "-Fazies

(Titanites giganteus)(Kerberites okusensis)(Glaucolithites gorei)(Zaraiskites albani)

(Pavlovia palassioides)(Pavlovia rotunda){Pectinatites pectinatus)(Subplanites \vheatleyensis)(Subplanites sp.)

Gravesia gigasGravesia gravesiana

Aulacostephanuspseudomutabilis

(Rasenia mutabilis)(Rascnia cymodoce)(Pictonia baylei)

Ringsteadia pseudocordata(Decipia decipiens)Perisphinctes cautisnigrae

POT- i-ntetr'oAtme

Perisphinctes plicatilis

Quenstedtoceras mariae

MikropaläontologischeGliederung in NW-Deutschland (bisherübliche Einstufung)

Wealden 1, 2, 3 z. T.

; Oberer Mahn 6

Oberer Malm 2

Oberer Mahn 1

Mittlerer Mahn

Unterer Malm

Stufenbeztfichnungen inNW-Deutschland (bisherübliche Einstufung)

tieferer Wealden(„Purbeck")

Serpulit

T3

rt Münder Mergel mitg Serpelkalk- Fazies

CU _

Eim beckhäuserPlattenkalk

Gigas-Schichten

Oberer KimmeridgeMittlerer Kimmeridge

Unterer Kimmeridge

ObererMittlerer Korallen-

oolith

Obere Heersumer SchichtenUntere Heersumer

Schichten

höherer Ornaten-Ton

T3

OP-

,

Jura- /Kreide-Gran»in NW-Deutsdilaodnach neuen Arbeiten

..

Untere Kreide

Malm

Mahn, __

Dogger Dogger

Tabelle aus A.HERRMANN,Die Asphaitkalk-4uagerstätte bei Holzen/Ithauf der Südwestflanke der Wils-Mulde (Beih.Geol.Jhrb.Heft 95Hannover 197l)

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3) Heersumer Schichten

Ära Ebersberg bestehen die Heersumer Schichten in unte-ren Teil aus dunklen mürben Mergeln bezw.llergelkalken,während im oberen Teil bräunliche Kalke vorherrschen.Be-sonders fossilreich sind die schwarzen Mergel der unte-ren Heersumer Schichten.Allerdings sind fast alle Fossi-lien plattgedrückt.Pyritfossilien finden sich noch sel-tener als im Ornatenton.

Leitfossilien der Heersumer Schichten sind verschie-dene Arten der Aramonitengattung Cardioceras,vor allemCardioceras cordatum und Cardioceras tenuicostatum imunteren Teil.Es handelt sich um mehr oder weniger flachescharfgekielte Ammoniten mit geschwungenen,am Kiel starknach vorn gebogenen Rippen.Wahrscheinlich stammen dieCardioceraten von den Quenstedtoceraten ab.In den oberen Heersumer Schichten leitet Perisphinctes

(Arisphinctes) plicatilis.Im Übergangsbereich zum unterenKorallenoolith findet sich Perisphinctes antecedens.Alscharakteristische Fossilien der Heersumer Schichten sei-en angeführt:

Ammoniten: Cardioceras cordatumCardioceras sp.Perisphinctes sp.Aspidoceras sp. (seltener)

Belemniten: Hibolites hastatusSchnecken: Pleurotomaria sp.

Chemnitzia heddingtonensis (in Springevom Verf.noch nicht gefunden)

Muscheln: Gryphaea dilatataChlamys sp.Trigonia sp.und viele andere Gattungen.

Die Steinbrüche bei Heersum (Typuslokalität) wurden vomVerfasser nicht näher untersucht.Eine ausführliche Be -Schreibung derselben mit Abbildungen der wichtigsten Am-moniten gibt SIEGFRIED 1953.Bemerkenswert ist dort dasgelegentliche Auftreten von Riesenammoniten,z.B.Peri-sphinctes (Arisphinctes) maximus mit 40 cm Durchmessersowie der schönen Steinkerne von Chemnitzia heddingto-nensis.

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Des Gesamtbild der Faune,insbesondere das Auftretenvon Cephalopoden,läßt auf normal-salzhaltiges Meer —wesser zur Zeit des Ornatentons und der HeersumerSchichten schließen.

4) Korallenoolith

Der Korallenoolith ist die am besten aufgeschlosse-ne Schichtfolge des Malm.Die harten Kalkbänke tretenvielerorts als Klippen hervor und werden in vielenSteinbrüchen zur Schottergewinnung abgebaut.An manchenStellen ist der Eisengehalt des Korallenooliths sohoch,daß er wirtschaftlich genutzt werden kann.Die Aus-bildung des Korallenooliths ist regional sehr unter -schiedlich,sodaß in den verschiedenen Gebieten unter -schiedliche stratigraphische Bezeichnungen und Eintei-lungen zur Anwendung gelangten (siehe Tabelle 2 in-HÖVER 1965).Eine Untergliederung des nordwestdeutschenKorallenooliths nach den internationalen Ammonitenzo -nen ist wegen des spärlichen Auftretens von Ammonitenfür die Praxis wenig sinnvoll.Im Folgenden wird dieEinteilung,wie sie HÖVER 1965 für das Gebiet Deister-Osterwald - Süntel angibt,in etwas vereinfachter Formangewandt.Vier relativ fossilreiche Abschnitte wech -sein mit drei verhältnismäßig fossilarmen Oolithregi—onen ab.Es sind dies von oben nach unten:

Oberer Korallenoolith: Humeralis-Schichten

Mittl. Korallenoolith: Obere Oolithregionflorigemma-öank/Ob.Korallenb.Mittlere OoolithregionNerineenbank l /Mittl.Koral -

lenbankUnterer Korallenoolith: Untere Ooolithregion

Basis=Austernbänke /UntereKorallenbank

Während in den tieferen Meeresteilen die jeweils erst-genannten Bänke zur Ablagerung gelangten,werden in demSchwellengebiet um Völksen herum einige Bänke durch Ko-rallenbänke ersetzt.

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Zwischen1Heersumer Schichten und Basis-Austernbänkenist vielfach eine Omissionsflache vorhanden,welche dieGrenzziehung erleichtert.Die Basis-Austernbänke zeichnensich durch ihren Reichtum an Austern (Ostrea sp.) undPectiniden (z.8.Chlamys fibrosa) aus.Ira Süntel sollen inihnem auch Perisphincten und der Seeigel Nucleolites du—nicularis (» Echinobrissus scutatus) vorkommen.Zu erwäh-nen ist ferner die große Schnecke Ptiasianella (- Burgue-tia) striata»leicht erkennbar an den parallel zur Nahtverlaufenden Streifen.Aufgeschlossen sind die Basis —Austernbänke u.a.am Fahrenbrink und am Samkeweg beiSpringe.

Die untere Korallenbank ist an den Bielsteinklippenbei Springe ausgebildet.Die Nerineenbank 1 ist nach ih-rem Reichtum an Schnecken der Gattungen Nerinea und Chera—nitzif benannt.Nerineen sind lange spitze Turmschnecken,die auf der Schaleninnenseite wulstige Verdickungen auf-weisen, die sich am Steinkern als tiefe Rillen abzeichnen.Diese Schnecken sind - wie leider so viele Fossilien desKorallenooliths — fest mit dem sie umgebenden Gesteinverbacken und lassen sich kaum freipräparieren.Handstük-ke aus der Nerineenbank 1 lassen sich im Gebiet um denHohenstein (Süntel) und an vielen Stellen im östlichenDeister finden.

Die florigemma-Qank hat ihren Namen von dem SeeigelParacidaris florigemma,der aber bereits in den HeersumerSchichten auftritt.Die dicken keulenförmigen und mit War-zenreihen besetzten Stacheln dieses Seeigels sind hierin großen Mengen angehäuft.Isolierte Stachelwarzen desSeeigelkörpers treten seltener auf.Ganze Gehäuse sind au-ßerordentlich selten.Fundorte der Stacheln sind z,B.deralte Steinbruch bei Herriehausen^(Süntel),der Samkewegbei Springe und besonders die alten Brüche auf dem Lause-berg bei Völksen.Neben den Seeigelstacheln kommt vor al-lem Rhynchonella pinguis vor.Eine obere Korallenbank alsÄquivalent der florigemma-flank soll im östlichen Oster-wald auftreten.

Der oberste Teil des Korallenooliths wird nach derBrachiopode Zeilleria ventroplana ( = Terebratula hume-ralis) als huraeralis-Schicht bezeichnet.Dieses Fossiltritt vom mittleren Korallenoolith bis in den unteren

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Kimmeridge auf.Durch sein Massenvorkommen in den humera-lis—Schichten läßt sich dieser Bereich dennoch gut ab-gliedern. Daneben treten Rhynchonella pinguis,verschiede-ne Schneckenarten und Muscheln (u.a.die Auster Alectro-nie) und ab und zu Hemicidaris sp. auf.Leider sind dieklassischen Fundorte am Lindener Berg in Hannover undbei Ahlemtdie auch viele Wirbeltierreste und den SeeigelNucleolites clunicularis in größeren Mengen lieferten,seit Jahrzehnten unzugänglich.Etwas weniger fossilreichsind die humeralis—Schichten jedoch in vielen Korallen-oolith-Steinbrüchen aufgeschlossen.Einige Anmerkungen zur Ökologie des Korallenoolith-MeeresDie Korallen weisen auf ein gut durchlüftetes,relativ fla-ches Heer in warmen Klimazonen hin.Das Auftreten von Bra-chiopoden und regulären Seeigeln ist ein Anzeichen fürfesten (nicht schlammigen) Meeresboden,da die Brachiopo-den des Stieles einen festen Untergrund benötigten unddie regulären Seeigel beim Laufen auf dem Meeresbodenmit ihren langen Stacheln im Schlamm einsinken würden.Der Salzgehalt war wohl der eines vollmarinen Meeres.Nurbei Hoheneggelsen sind einige brackische Muscheln derGattung Myrene gefunden worden.In den höheren humeralis-Schichten werden viele Gharophyten (pflanzliche Mikrofos-silien) vom Festland her eingeschwemmt.

5) Kimmeridge

a) Unterer Kimmeridge

Über den humeralis—Schichten folgen die Mergelkalkedes unteren Kimmeridge.Sie zeichnen sich paläontologischdurch das zahlreiche Auftreten von Steinkernen großerRaubschnecken (meist "Gattung" Natica) aus.Natica globo-sa ist besonders oharakteristisch für den unteren Kimme-ridge, allerdings nicht horizontbeständig und somit keinechtes Leitfossil.Sie hat in etwa die Größe und Gestalteiner großen Weinbergschnecke.Neben weiteren Schnecken-arten urrd diversen Muschelsteinkernen treten auf: Hemi-cidaris sp,,Terebratula subsella,die ihr Optimum erst immittleren Kimmeridge erreicht,jedoch im unteren Kimmerid-ge schon allmählich die Zeilleria ventroplana verdrängt.

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Goniolina geometrica ist eine aus Sechsecken bienenwa-benförmig zusammengesetzte Struktur»die sich bevorzugtauf Austernschalen oder deren Abdrücken befindet undbei der es sich wahrscheinlich um Kalkalgen handelt.Ammonitenfdie schon im mittleren und oberen Korallen-oolith an Häufigkeit abnehmen,werden ira unteren Kimme-ridge extrem selten.Belemniten fehlen von nun an völligim gesamten höheren Malm.Dieses fast völlige Fehlen freischwimmender Meeres-

tiere trotz häufigen Vorkommens bodenlebender Meeres-tiere (Schnecken,Muscheln,Brachiopoden)versucht mandurch Schichtung von Wässern verschiedenen Salzgehaltszu erklären: Spezifisch schwereres Meerwasser normalenSalzgehalts ermöglicht den marinen Schnecken und Mu -schein das Leben am Meeresgrund,während darübergeschich-tetes Brackwasser für die Cephalopoden ein lebensfeind-licher Bereich war.Es wurden auch nichtraarine Mikrofos-silien sowie Charophyten gefunden.Sicherlich sind beider Diskussion des Salzgehalts regionale Unterschiedezu berücksichtigen: Im SO und W des nordwestdeutschenBeckens treten verstärkt brackische Elemente auf,wäh-rend Ith,Wesergebirge und östliches Wiehengebirge voll-marin bleiben.Interessant ist in diesem Zusammenhangauch das Auftreten von Saurierfährten bei Barkhausen.Die Obergrenze des unteren Kimmeridge bildet der Grenz-sandstein.

b) Mittlerer Kimmeridge

Auch im mittleren Kimmeridge sind wieder Schnecken-untl Muschelsteinkerne zu finden.Besonders bezeichnend(aber wegen mangelnder Horizontbeständigkeit kein ech-tes Leitfossil) ist die Schnecke Harpagodes aceani,diesich durch lange dünne Schalenfortsätze an der Mündungauszeichnet,welche aber an den Steinkernen meist abge-brochen sind.Daneben treten Brachiopoden (Terebratulasubsella)»Austern (Exogyra Virgula und Liostrea multi-formis) und Korallenreste (Trichites saussurei) auf.Außerdem werden ira Gegensatz zum unteren Kimmeridge,woAmmoniten fast völlig fehlen,im mittleren Kimmeridge -wenn auch als Seltenheiten - ab und zu Ammoniten derSattungen Aübcostephanus,Physodouras und Aspidoceres

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gefunden.Bekannt ist das "Hettendorfer Ammonitenlager"(Schmidt 1955) bei Hattendorf am Süntel.Der heutigeZustan'd dieses Aufschlusses ist aber sehr schlecht.

Man nimmt an,daß der Salzgehalt des Heeres im unterenTeil des mittleren Kimmeridge infolge starker Süßwas-serzuflüsse vom Festland von SO und W her ein Minimumerreichte (vgl.limnische Muscheln im Hils),und Schneckenund Charophjften, limnische und brackische Ostrakoden dar-auf hinweisen.Wahrscheinlich war zu dieser Zeit die Mee-resverbindung zwischen nord— und süddeutschem Sedimen-tation sraum, die sogen."Hessische Straße",vorübergehendunterbrochen.Im oberen Teil des mittleren Kimmeridgenahm der Salzgehalt wieder zu,sodaß die oben erwähntenAmmoniten existieren konnten.

c) Oberer Kimmeridge

Die austernreichen,geschlossenen Kalke des mittle-ren Kimmeridge werden nach oben zu von den Mergelkal-ken und Tonen des oberen Kimmeridge abgelöst.Der obereKimmeridge ist an vielen Stellen infolge Aufarbeitungnicht mehr vorhanden (so etwa im Süntel und Deister),und dort,wo er nicht abgetragen worden ist,sind infolgeseiner geringen Witterungsbeständigkeit kaum Aufschlüs-se vorhanden.Der Fossilgehalt ist gering.Im Schwellen-gebiet um Völksen sind große Teile von Kimmeridge undKorallenoolith zur Zeit der Gigas-Schichten wieder auf-gearbeitet worden und liegen als "Völksen«? Konglomerat"vor.

Aufschlüsse im Kimmeridge,besonders der höherenSchichten,finden sich seltener als im Korallenoolith.Am häufigsten ist noch der untere Kimmeridge an derOberkante großer Koralleneolith-Steinbrüche aufgeschlos-sen.Ferner findet man Kimmeridge am Langenberg bei Oker,in der Umgebung von Hildesheim und bei Holzen am Ith(Baustellen beachtenl).

Vom oberen Kimmeridge bis in den höchsten Malm(Mündener Mergel) hinein lassen sich in fast kontinu-ierlich steigendem Maße folgende Beobachtungen machen:Die ökologisch anspruchsvolleren Tierformen verschwin-den nach oben hin.Die großen Netica-Arten werden in denGigas-Schichten selten,die größeren Muscheln sind in

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den Eimbeckhäuser Plattenkalken und darüber kaum nochzu finden.Statt dessen stößt man immer häufiger aufSchichtflächen,die in großer Individuenzahl bei gerin-ger Artenzahl von kleinen Muscheln und winzigen Turm—sohnecken bedeckt sind.Anhand rezenter Vergleiche nahmman lange Zeit an,daß es sich hierbei um die Sedimenteeines Brackwassermeeres handele.Eine Zusammenstellungdieser Fauna und V/ergleiche mit rezenten Arten fossilerGattungen bringt HUCKRIEDE 1967.Nun läßt sich allerdingsdiese Theorie schlecht in Einklang bringen mit dem ver-breiteten Auftreten von Salz-,Gips- und Anhydrit-Lager-stätten im Mündener Mergel,dessen Material hauptsächlichaus ausgeflossenen Lagerstätten des Zechsteins stammt,da in den jurassischen Salzen Pollenkörner von Pflanzenaus dem Zechstein gefunden wurden.Man müßte einen radi-kalen Umschlag von brackischen Verhältnissen z.B.im Eim—beckhäuser Plattenkalk zu "übersalzenen)" Meerwasser imMündener Mergel annehmen,für den es aber sonst keine An-zeichen gibt (etwa durch einen radikalen Wechsel derFaunen). Dieses Problem (Salzgehalt des oberen Malm—Mee-res) wird von JORDAN in HERRMANN 1971 ausführlich disku-tiert.Danach läßt das Vorkommen der artenreichen indivi-duenreichen Faune nicht unbedingt auf brackische Ver -hältnisse,sondern auf ungünstige Lebensverhältnisse ganzallgemein schließen.Diese können etwa auch durch über -salzenes Wasser gegeben sein,da die Artenzahl vom Über-gang von "normalem" Meereswasser ins brackische Milieueinerseits sowie zu hypersalinaren Verhältnissen andrer-seits in etwa gleicher Weise abnimmt (Beidseitigkeit derEuryhalinitat).Verschiedene Überlegungen und 8eobachtuncw-gen wie etwa das massenhafte Vorkommen der lange Zeitals brackisch angesehenen Muschel Corbula inflexa direktzwischen zwei Gipslagern bei Holzen/Ith lassen heute hy-persalinare Verhältnisse im oberen Malm statt Brackwas-ser wahrscheinlich erscheinen.Allerdings müssen nun sämt-liche Fossilien des oberen Maira eine Umdeutung erfahren,soweit man sie nicht als eingeschwemnrt oder einer lokalbegrenzten Sonderfazies zugehörig betrachten will.Dasletzte Wort ist hier sicher noch nicht gesprochen.Es wer-den auch regionale Unterschiede zu berücksichtigen sein.

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6) Gigas-Schichten

Die Gigas-Schichten beginnen mit dem Einsetzen ge-schlossener Kalkbänke über den Mergeln des oberen Kim-meridge. Sie haben ihren Namen von einer Art der Amraoni-tengattung 6ravesia,die hier in verschiedenen Arten,z.B.Gravesia gigas,Gravesia gravesiana u.a.,aber seltenvorkommt.Die Gravesien sind großwüchsige (bis 40 cm ̂ )ringsum berippte Ammoniten,die je nach der Art den Pe-risphincten oder Stephanoceraten' ähneln.Meist werdennur verdrückte Bruchstücke gefunden.CharakteristischeFossilien sind außerdem die Muscheln Eocallista ( = Pro-noe =« Cyprina) brognlarti,Eocallista nuculaeformis,Li-ostrea multiformis,Corbula sp.,Modiola lithodomus unddie kleine Schnecke Turritella minuta.Eine umfangreicheFaunenliste mit jetzt freilich veralteter Nomenklaturgibt STRUCKMANN 1887.Nicht selten sind Wirbeltierreste,z.B.Schuppen von Schmelzschupper-f ischen.Im Raum Holzenwurden auch Saurier und Schildkröten gefunden.In einemjetzt mit Müll verfüllten Steinbruch auf dem Hässel zwi-schen Eimbeckhauseniund Nienstedt fand der Verfassereine schlecht erhaltene Gravesia sp.auf der Halde undhäufig vollständige,aber völlig plattgedrückte Lang -sffihwanzkrebse (? Mecochirus) in Mergelschichten (Pro-fil 99 Schicht 6 in HÖVER 1965).In etwas festeren Bän-ken der Schicht 6 wurden vom Verf.neben Krebsen undkleinen Muscheln kleine flach kegelförmige,schwach kon-zentrisch berippte Schalen gefunden,die den schloßlosenBrachiopoden (Discinsca) des Posidonienschiefers ähnlichsehen.Es dürfte sich aber doch wohl nur um Muscheln han-deln.

ITI den Gigas—Schichten fehlen viele marine Formenvöllig,so z.B.Schwämme,Korallen,Seelilien,Seesterne,Bry-ozoen,Belemniten und wahrscheinlich auch Brachiopoden.Für das Gigas-Meer wird eine Schichtung von Wasser mitverschiedenem Salzgehalt angenommen: oben mehr oder we-niger normal salzhaltiges Meerwasser,das den Gravesiendas Leben ermöglichte,am Boden übersalzenes Wasser,dasnur unempfindlichen Muscheln und Schnecken,nicht aberden aufgezählten fehlenden bodenbewohnenden Meerestie-ren Lebensmöglichkeiten bot.

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Die Fundmöglichkeiten in den Gigas-Schichten sind heutegering: Die Brüche am südlichen Deisterrand bei Bluraen-hagerrt Altenhagen bie Messenkamp und Eimbeckhausen sindseit langer Zeit aufgelassen und sind oder werden zumgroßen Teil mit Müll zugeschüttet.Auch der Asphaltabbaubei Holzen,der viele schöne Funde geliefert hat,ruhtheute fast völlig.

7) Eimbeckhäuser Plattenkalk

Die Eimbeckhäuser Plattenkalke beginnen mit dem Ein-setzen mächtiger Mergelbänke mit eingeschalteten Plat -tenkalkbärteshen über den mehr oder weniger geschlosse-nen Kalkbänken der Gigas-Schichten.Die splittrigen Plet-tenkalkstünke geben beim Anschlagen einen hellen Klang.Fossilführende Bänke finden sich nur spärlich. Die Faunaist noch ärmer als in den Gigas-Schichten.Es entfallendie Ammoniten und weitere Schnacken— und Muschelarten.Die einzigen häufigeren Fossilien sind nunmehr Corbulainflexa,Modiola lithodomus und Turritella minuta.BeiEimbeckhausen sind nur noch wenige verfallene Aufschlüs-se vorhanden.

8) Mündener Mergel

Wach oben zu treten die Plattenkalkeinlagerungen im-mer mehr zurück.Die Untergrenze der Mündener Mergel istdort,wo keinerlei Plattenkalkeinlagerungen mehr auftre-ten. Of t sind die Mergel rat,grün oder grau gefärbt.Häu-fig sind Vorkommen von Salz und Gips.Fossilien findensich nur an wenigen Stellen,nach HÖVER 1965 Cyrena undkohlige Pflanzenreste in der Grube der ehemaligen Zie-gelei Bad Münder (Profil 134,Schicht 10) und Cyrena pur-beckensis in .der Mergelgrube nordöstlich der Königseicheam Katzberg (Blatt Eldagsen) (Profil 136.Schioht l).Gutzu beobachten ist der (hier grünliche) Mündener Mergelin den Steinbrüchen bei Völksen.Hier sind die Schichtenvom Korallenoolith bis zum Serpulit infolge stark redu-zierter Schichtmächtigkeit in einem Profil zu sehen.Solequellen,die ihren Salzgehalt dem Mündener Mergel ver-danken, existieren bei Bad Münder.

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9) Hangendes; Serpulit fünterkreide)

Nach neuen Auffassungen gehört der Serpulit nichtmehr zum Maira.Dieses Gesteini enthält in großen Mengendie Wurmröhren von Serpula coacervata.Es können auchMuschelschalen und Pflarreenreste auf treten. Die Serpel-kalk-fazies kann bereits im Mündener Mergel vorkommen,was eine exakte Abgrenzung erschwert.Mineralogisch in-teressant ist das Vorkommen von Cölestin-Kristallen imSerpulit an der Wöltje-Buche bei Springe.

Literatur;

BRAUNS,D.: Der Obere Jura ira nordwestlichen Deutschland-Braunschweig (Vieweg) 1874. -

Credner,H.: Über die Gliederung der oberen Juraformati-on und der Wealden-Bildung im nordwestli-chen Deutschland. - Prag (Credner) 1863 -

Dames,W.: Die Echiniden der nordwestdeutschen Jurabil-dungen .Ztschr.d.deut.geol.Ges.24,B erlin 1872

Herrraann,A.u.a.: Die Asphaltkalk-Lagerstätte bei Holzen/Ith auf der Südwestflanke der Hilsmulde.(Geol.Jhrb.Beih.95,Hannover 1971).

Hoyer,P.: Facies,Paläogeographie und Tektonik des Malmira Deister»Osterwald und Süntel.-Geol.Jhrb.Beih.61 Hannover 1965 -.

Huckriede,R.: Molluskerrfaunen mit limnischen und bracki-schen Elementen aus Jura,Serpulit und Weal-den Nordwestdeutschlands und ihre paläo-geographische Bedeutung.- Geol.Jhrb.Beih.67 Hannover 1967.-

Jordan,R.: Megafauna und Salinität des Malm (siehe HERR-MANN, dort enthalten).

POCKRANDT,W.: Der Jura um Hannover. - Arbeitskreis Palä-ontologie Hannover,Heft 6/1974.

ROEMER,F.A.: Die Versteinerungen des norddeutschenOolithgebirges.- Hannover 1836,Nachtr.1839.

ScHMIDT,G.: Stratigraphie und Mikrofauna des mittlerenMalm ira nordwestdeutschen Bergland mit einerKartierung am südlichen Ith. - Abh.Senckenb.Naturforsoh.Gesellsch.491,Frankfurt 1955.

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SCHOTT,W.: Zur Paläogeographie des nordwestdeutschenMalms.: In "Erdöl und Tektonik in Nordwest-deutschland" ,Hannover/Celle 1949.

SIEGFRIED,P.: Die Heersumer Schichten im HildesheimerJura-Zug. - Geol.Jhrb.67.Hannover 1953.

STRUCKMANNI.: Die Portland-Bildurrgen der Umgebung vonHannover.- Zeitsehr.deutsch.geolog.Ges.39,Hannover 1887.

Zeilleria ventroplana(= Terebratula humeralis ROEMER) Pronoe nuculae-

forrais ROEMER

Natica globosa ROEMER

Nerinee vtlsurgis ROEMER

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'ahrenbrink

Steinbruchgebiet

Fundpunkts im Steinbruch am Ebersberg bei Springe

(Lageplan nicht maßstabgetreuf)

X - Schurfstelle im Ornatenton 1973/1974 (Zwischendem Kurvenknick der Straße und der Fundstellewenige Meter mit aufgeschüttete« Korallenoolith-Material]

A * Haldengebiet bezw.Abhangschutt mit Material derHeersumer Schichten

8 « Senkrechte Felswände aus Heersumer Schichten

K « Senkrechte Felswände aus Korallenoolith

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« Lass Dir nichts von dem gefallen -Saurier gibt's ja gar nicht mehr!»

Da lächelt dar Paläontologe,

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