ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer...

89
27 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN 3 3.1 Automotive PS statt Penunzen? Eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte unter knapp 110.000 Wirtschaftsstudierenden zeigt, dass viele Wirtschaftswissenschaftler mehr Freude am Fah- ren als am Geld haben – zumindest wenn es darum geht, was im Job bewegt wird. Denn so ist der Ruf des Investmentbankers besonders in Deutschland ramponiert. Glänzend steht dagegen die Automobilindustrie dar, wie diverse Studien (u. a. Universum „Beste Arbeitgeber“) zeigen. Deutschlands Jungakademiker präferieren Arbeitgeber wie Audi, BMW, Porsche. Erst dann folgen die IT-Branche oder deutsche Traditionsunternehmen wie Siemens, so das Berliner Forschungsinstitut Trendence in der Studie „Young Professional Barometer“. Renommierte Automarken strahlen nicht nur auf den Käufer ab. Ein Fahrzeug der Marken Audi, Porsche, BMW oder Mercedes ist nicht nur ein Statussymbol im Alltag, sondern auch im Arbeits- leben. Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von Arbeit stehen: ein gutes Arbeit- geberimage, attraktive Arbeitsaufgaben, angesehene Produkte und Innovationskraft. An- ziehend sind aber auch unterschiedliche, individuell auszusteuernde Modelle zur Arbeits- zeit oder zur – besonders von weiblichen Mitarbeitern geschätzten – Work-Life-Balance. 3.1.1 Die Branche in Zahlen Der Pkw-Weltmarkt hat 2012 um 4 % auf gut 68 Mio. gebaute Autos zugelegt. Getragen wurde diese Dynamik vornehmlich vom chinesischen Markt und von dem wieder erstark- ten US-Markt. Von dieser Entwicklung profitierten die deutschen Hersteller, die ihren Marktanteil in China auf 22 % steigerten und in den USA im siebten Jahr in Folge Marktan- teile gewinnen konnten. Das Ziel der deutschen Autobauer ist, den Weltmarktanteil von rund einem Fünftel zu halten und weiter auszubauen. Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VdA): „Die Wachstumsperspektive der deutschen Au- tomobilindustrie liegt auf den internationalen Märkten. In Westeuropa müssen wir uns hingegen auf eine längere Durststrecke einstellen.“ H. Riedel, E. Pohl, Berufseinstieg für Wirtschaftswissenschaftler, DOI 10.1007/978-3-658-05078-8_3, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

Transcript of ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer...

Page 1: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

27

ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3

3.1 Automotive

PS statt Penunzen? Eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte unter knapp 110.000 Wirtschaftsstudierenden zeigt, dass viele Wirtschaftswissenschaftler mehr Freude am Fah-ren als am Geld haben – zumindest wenn es darum geht, was im Job bewegt wird. Denn so ist der Ruf des Investmentbankers besonders in Deutschland ramponiert. Glänzend steht dagegen die Automobilindustrie dar, wie diverse Studien (u. a. Universum „Beste Arbeitgeber“) zeigen.

Deutschlands Jungakademiker präferieren Arbeitgeber wie Audi, BMW, Porsche. Erst dann folgen die IT-Branche oder deutsche Traditionsunternehmen wie Siemens, so das Berliner Forschungsinstitut Trendence in der Studie „Young Professional Barometer“. Renommierte Automarken strahlen nicht nur auf den Käufer ab. Ein Fahrzeug der Marken Audi, Porsche, BMW oder Mercedes ist nicht nur ein Statussymbol im Alltag, sondern auch im Arbeits-leben. Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von Arbeit stehen: ein gutes Arbeit-geberimage, attraktive Arbeitsaufgaben, angesehene Produkte und Innovationskraft. An-ziehend sind aber auch unterschiedliche, individuell auszusteuernde Modelle zur Arbeits-zeit oder zur – besonders von weiblichen Mitarbeitern geschätzten – Work-Life-Balance.

3.1.1 Die Branche in Zahlen

Der Pkw-Weltmarkt hat 2012 um 4 % auf gut 68 Mio. gebaute Autos zugelegt. Getragen wurde diese Dynamik vornehmlich vom chinesischen Markt und von dem wieder erstark-ten US-Markt. Von dieser Entwicklung profitierten die deutschen Hersteller, die ihren Marktanteil in China auf 22 % steigerten und in den USA im siebten Jahr in Folge Marktan-teile gewinnen konnten. Das Ziel der deutschen Autobauer ist, den Weltmarktanteil von rund einem Fünftel zu halten und weiter auszubauen. Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VdA): „Die Wachstumsperspektive der deutschen Au-tomobilindustrie liegt auf den internationalen Märkten. In Westeuropa müssen wir uns hingegen auf eine längere Durststrecke einstellen.“

H. Riedel, E. Pohl, Berufseinstieg für Wirtschaftswissenschaftler,DOI 10.1007/978-3-658-05078-8_3, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

Page 2: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

28 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

Die Globalisierung der Produktion hat auch inländische Folgen, befürchten Kritiker: Bisher minderte die Auslagerung der Produktion ins Ausland die Beschäftigung in Deutschland nicht. Kritiker fürchten jedoch negative Folgen, wenn ausländische Standorte die komplet-ten Wertschöpfungsketten abdecken. Auch der Wettbewerbsvorteil „Know-how“ fließt hier ein, wenn die zunächst noch in den Wertschöpfungsprozess eingehenden inländi-schen Hightech-Teile sukzessiv auch am ausländischen Standort entwickelt und erzeugt werden.

Der westeuropäische Pkw-Markt ging 2012 um 8 % auf 11,8 Mio. Neuwagen zurück. Auch die ersten Monate 2013 zeigten schwache Nachfrage. Trotz der aktuellen Schwäche bleibt Westeuropa einer der weltweit wichtigsten Automärkte: Jedes zweite Auto, das hier neu verkauft wird, trägt ein deutsches Konzernmarkenzeichen. Die Hersteller fuhren 2012 ei-nen Umsatz von 357 Mrd. Euro ein. Im weltweiten Vergleich zeigt sich die volkswirtschaft-liche Bedeutung der Autoindustrie: Ihr Anteil an der gesamten Wertschöpfung in Deutsch-land ist weit höher als in Frankreich, Südkorea, Japan oder den USA.

Doch die Wertschöpfungskette reduziert sich nicht nur auf die Hersteller der starken Au-tomarken und die hier zu findenden Arbeitsbereiche. Am gesamten Produktionsprozess sind viele Akteure unterschiedlicher Beschäftigungsdichte beteiligt: Automobilhersteller, System- und Komponentenzulieferer, die Rohmaterialhersteller. In der Peripherie der in-dustriellen Produktion finden sich weitere Berufe und Dienstleistungsunternehmen: Lo-gistik, Vertrieb, Kauffinanzierung, Autoleasing bis zum stationären und (zunehmenden) Online-Handel. Während die Autohersteller dem Konsumenten als Marke gegenübertreten und bekannt sind, bleiben die Zuliefererbetriebe trotz ihrer Größe eher „Hidden Cham-pions“: Bosch, Continental/Schaeffler, ThyssenKrupp, ZF und BASF.

Bis Ende April 2014 stieg die Beschäftigung bereits um 3,1 % auf knapp 750.000 Mitarbei-ter – trotz der noch nicht bewältigten Euro-Krise: 430.000 Arbeitnehmer in der Pkw-In-dustrie, 291.800 bei direkten Zulieferern und 31.000 bei den Herstellern von Anhängern und Aufbauten. Dank des Wachstums in den Auslandsmärkten entstanden 22.000 neue Jobs. Über diesen Kern-Arbeitsmarkt hinaus erschließen sich weitere berufliche Perspek-tiven, denn über 1,8 Mio. Arbeitnehmer sind direkt oder indirekt mit der Autoindustrie verflochten, so etwa Gießereien. Bei einer Berechnung des VDA, die auch Straßenbau, Transport oder Werkstätten mit allein 450.000 Mitarbeitern berücksichtigt, ergibt sich: Jeder siebte Arbeitsplatz ist mit dem Thema „Mobilität“ verknüpft.

Ausblick: Die deutschen Hersteller wollen insbesondere den Punkt „Fortschritt durch Technik“ für ihre Positionierung nutzen. Aus diesem Grunde investierte die Branche jähr-lich mehr als 20 Mrd. Euro in die Bereiche Forschung und Entwicklung (F&E). Jeder dritte deutsche Euro, der für Forschung und Entwicklung ausgegeben wird, stammt aus der deutschen Automobilindustrie. Mit fast 90.000 Mitarbeitern steht fast ein Viertel der ge-samten F&E-Mitarbeiter der deutschen Industrie in den Diensten der Autohersteller.

Auf der Agenda stehen dabei seit Jahren auch neue Themen gemäß des Langzeit-Credos „Weg vom Öl“: Senkung der CO2-Emissionen der Fahrzeuge, urbane Mobilität, Elektromo-

Page 3: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

293.1 AUTOMOTIVE

bilität. Bis Ende 2014 bringen die Hersteller rund 15 Elektro-Serienmodelle auf den Markt, als Plug-in-Hybrid, Range Extender oder rein batteriebetriebenes Fahrzeug. Zusätzlich zu alternativen Antriebstechnologien rücken auch andere technische Disziplinen in den Vor-dergrund. So etwa die Informationstechnologie im Bereich „Vernetztes Fahren“. Das Sha-ring-Prinzip „Connected Car“ erfasst zudem auch die Autobranche. Sie basiert auf intelli-genten IT- Lösungen zum Informationsaustausch aller Verkehrsteilnehmer untereinander und der Vernetzung mit dem Internet. In diesem Feld finden sich auch Entwicklungen, Autos mit Kommunikationssystemen zu vernetzen, um Unfälle zu vermeiden oder Ver-kehrsströme zu lenken. Das Schlagwort lautet: „always connected“.

Beschäftigte in der deutschen Automobilindustrie (Veränderung in %)

Hersteller Aufbauten Teile Automobilindustrie

6

4

2

0

–2

–4

–6

–8

–102009 2010 2011 2012

3,12,72,33,5

2,63,5

5,0

1,8

–3,0–3,7

–9,2

–2,0

–3,5–4,6

–8,8

–2,2

Quelle: Statistisches Bundesamt

Page 4: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

30 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3.2 Bauwirtschaft

„Die Bauwirtschaft ist der größte Arbeitgeber in Deutschland.“

Im Gespräch mit Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, Berlin

Wie bewerten Sie die konjunkturelle Lage und den Arbeitsmarkt im Baugewerbe?

Wir sind optimistisch, was die konjunkturelle Entwicklung angeht: Wir gehen von einem Umsatzwachstum von 3,5 % in 2014 aus, nach 3,1 % in 2013. Der Wohnungsbau ist erneut Impulsgeber der Baukonjunktur. Hier rechnen wir mit dem stärksten Umsatzzuwachs, aber auch der Wirtschaftsbau und der öffentliche Bau werden in 2014 wachsen. Die insgesamt positive Entwicklung bedeutet auch, dass wir mehr Menschen Beschäftigung geben kön-nen, sodass deren Zahl im Jahresdurchschnitt auf 760.000 ansteigen wird.

Wie fällt Ihre Sicht auf den Arbeitsmarkt für Akademiker von morgen aus?

Die deutsche Bauwirtschaft braucht weiter und dauerhaft gut ausgebildete und hoch qua-lifizierte Fachkräfte. Das gilt für gewerbliches Personal gleichermaßen wie für Akademi-ker, hier besonders Bauingenieure. Bereits heute ist der Markt wie leer gefegt. Die Jahre der Krise haben dazu geführt, dass junge Menschen in der Bauwirtschaft keine Zukunfts-branche mehr sahen. Damit liegen sie aber falsch. Denn die Bauwirtschaft ist der größte Arbeitgeber in Deutschland und trägt mehr zum Bruttoinlandsprodukt bei als die im Fokus des öffentlichen Interesses stehenden Branchen, wie Elektro, Kfz oder Chemie. Insofern haben junge Bauingenieure sehr gute Beschäftigungschancen.

Welche Schwerpunkte oder Innovationen werden Treiber des Arbeitsmarktes der Bauwirt-schaft sein?

Die Schwerpunkte werden von der Energiewende, dem demografischen Umbau sowie dem Ausbau und Erhalt unserer Infrastruktur bestimmt sein. Energieeffizienz ist das Ge-bot der Stunde, die wir nur erreichen, wenn wir in unseren Gebäudebestand investieren. Darüber hinaus wird Bauen und Sanieren mit Passivhaus-Standard oder mit Plus-Energie-Standard Deutschland auch technologisch voranbringen, sodass Forschung und Entwick-lung, aber auch die Herstellerindustrie profitieren. Die Energiewende, richtig gemacht, könnte zum Exportschlager Made in Germany werden. Der demografisch bedingte Umbau von Wohnungen, Wohngebäuden wie von Städten und Gemeinden ist ebenso dringlich. Denn mittelfristig brauchen wir bis zu 3 Mio. barrierefreie Wohnungen. Dazu gehört auch der Umbau der kommunalen Infrastruktur, die sich einer älter werdenden Gesellschaft anpassen muss. Zu guter Letzt wird unser Land zukünftig mehr in seine Verkehrsinfra-struktur investieren müssen, will es seine führende Rolle als bedeutender Wirtschafts-standort in Europa und der Welt behalten und ausbauen.

Page 5: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

313.2 BAUWIRTSCHAFT

3.2.1 Die Branche in Zahlen

Augenscheinlich geht es der Baubranche gut: Baustellen und Kräne dominieren so man-ches Stadtbild. Zinsgünstige Finanzierungsmöglichkeiten motivieren private Bauherren. Die weiterhin anhaltende Skepsis besonders der Privatanleger begünstigt die Wahl des „Betongoldes“ als Anlagealternative und als Sicherung der Altersvorsorge. Städte und Ge-meinden, aber auch private Bauherren sorgen für einen guten Auftragsbestand in der Bauwirtschaft. So meldet auch das Bauhauptgewerbe im Januar 2014 einen guten Start ins Jahr 2014: Dazu trug vor allem der extrem milde Winter bei. Dennoch ist die Branche insgesamt optimistisch. Dafür verantwortlich sind alle drei Bausparten, aber insbesonde-re der Wohnungsbau:

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) erwartet für 2014 ein Umsatzwachstum von 3,5 % auf 98,6 Mrd. Euro. Der Umsatz im Wohnungsbau legt um 5,1 %, der öffentliche um 3,5 % zu. Etwas weniger wächst der Wirtschaftsbau (+2,5 %). Dabei wird der Woh-nungsbau besonders angetrieben vom Mehrfamilienhausbau: Nach 177.000 Wohnungen in 2012 wurden 2013 etwa 200.000 fertiggestellt. 2014 sollen es, so der ZDB, knapp 225.000 sein. Insgesamt (einschließlich Wohnungen in Nichtwohngebäuden und geneh-migungspflichtigen Umbaumaßnahmen) wurden 2012 gut 200.000 und 2013 bereits 225.000 Wohneinheiten fertiggestellt. 2014 kommen 250.000 neue Wohnungen auf den Markt.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wurde in Deutschland 2013 der Bau von rund 270.400 Wohnungen genehmigt. Das waren knapp 30.900 Wohnungen mehr als im Jahr 2012. Damit setzte sich die 2010 begonnene positive Entwicklung fort (2010: +5,5 %, 2011: +21,7 %; 2012: +4,8 % und 2013: +12,9 %). Noch im Jahr 2009 waren mit knapp 178.000 Wohneinheiten fast 100.000 weniger genehmigt worden. Der Boom hat mehrere Ursachen: Hierzu gehören die stabile Beschäftigung mit Einkommenszuwächsen, günstige Finanzierungsbedingungen, deutliche Zuwanderungsgewinne – und steigende Studentenzahlen.

Der öffentliche Bau profitiert, so der ZDB, von Übernahme der Kosten für die Grundsiche-rung im Alter und Erwerbsminderung durch den Bund. Auf Bundesebene plant die Koaliti-on, die Investitionsmittel in die Infrastruktur um jährlich gut 1 Mrd. Euro aufzustocken. Die Mittel aus der Fluthilfe werden die Nachfrage des Bundes in 2014 stützen. So sind für die Instandsetzung der Verkehrswege des Bundes 1,5 Mrd. Euro eingeplant.

Für 2014 erwartet der ZDB 760.000 Beschäftigte (+1 %). Das Beschäftigtenniveau wuchs 2013 um etwa 10.000 auf 755.000 Beschäftigte (+1,5 %). Dabei weist der Verband darauf hin, dass es immer schwieriger werde, Fachkräfte hinzuzugewinnen. Offenbar kehrt sich ein bisheriger Trend um: Von 1995 bis 2005 hat sich die Zahl der Beschäftigten im Zuge der Baukrise halbiert. Der Beschäftigtenabbau ist aber gestoppt. Die bessere baukonjunk-turelle Entwicklung sowie Befürchtungen eines Arbeitskräftemangels lassen die Unter-nehmen ihre Belegschaft halten. Dies wird schwieriger, da die Zahl der Nachwuchskräfte

Page 6: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

32 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

(Auszubildende und Studierende) den Abgang in die Rente nicht ausgleicht. Die zuneh-mende Lücke spiegelt sich auch im Rückgang der Zahl der Arbeitslosen wider.

Jahresdurchschnittliche Anzahl der Beschäftigten im Baugewerbe, Deutschland

1.200.000

1.000.000

800.000

600.000

400.000

200.000

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

1.04

9.63

3

954.

398

880.

069

814.

129

767.1

72

717.

082

710.

483

713.

729

705.

289

704.

757

715.

837

734.

128

744.

926

756.

432

760.

000

Quelle: Statistisches Bundesamt; 2014 Prognose ZDB und HDB

Ausblick: Es zeigen sich zwei Trends: Auf der einen Seite steigt der prozentuale Anteil der Mitarbeiter bei kleineren, teilweise spezialisierten Unternehmen. Auf der anderen Seite beklagen Unternehmen einen Fachkräftemangel. 83.000 Beschäftigte scheiden in den kommenden acht Jahren aus. 10.000 Berufsanfänger braucht die Branche jährlich als Er-satz. Der Einstellungsbedarf allein bei Ingenieuren liegt bei 4.500 Neueinstellungen pro Jahr, aber nur rund 3.000 Absolventen schließen das Studium jährlich ab.

Die Spezialisierung in der Branche nimmt zu, da u. a. auch die (energie-)wirtschaftlichen Anforderungen an effektives Bauen zunehmen. Das setzt sich auch in der Ausbildung um. Parallel zum klassischen Bauingenieurstudium bieten viele Bildungsinstitutionen eigen-ständige Studiengänge für Spezialeinsatzgebiete an, z. B. Bauprozessmanagement, Ener-gieeffizientes Bauen oder Europäisches Baumanagement.

Page 7: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

333.3 CHEMISCHE INDUSTRIE

3.3 Chemische Industrie

„Der Bedarf an gut qualifizierten Nachwuchskräften wird hoch bleiben.“

Interview mit Dirk Meyer, Geschäftsführer Bildung, Wirtschaft, Arbeitsmarkt im Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC), Wiesbaden

Wie bewerten Sie den aktuellen Arbeitsmarkt für Akademiker in der Chemiebranche?

Der wirtschaftliche Ausblick ist insgesamt positiv. Wir gehen von einem moderaten Wachstumskurs für die chemisch-pharmazeutische Industrie aus. 2013 konnte die Bran-che erneut einen leichten Beschäftigungszuwachs verzeichnen. Auch Akademiker haben von dieser Entwicklung profitiert.

Wie fällt Ihre Sicht auf den Arbeitsmarkt von morgen aus?

Die Aussichten für Absolventinnen und Absolventen sind gut. Dies gründet vor allem dar-in, dass die Chemie- und Pharma-Unternehmen für die Megatrends wie Energie, Mobilität, Gesundheit und Ernährung eine Schlüsselrolle wahrnehmen. Die forschungsintensive und international agierende Branche lebt von Innovationen und arbeitet schon heute an Lö-sungen von morgen. Deshalb sind die Unternehmen mehr denn je auf motivierte und qua-lifizierte Fachkräfte und Wissenschaftler angewiesen. Vorwiegend Ingenieure der Verfah-renstechnik, des Chemieingenieurwesens und der Biotechnologie werden aktuell gesucht, ebenfalls Chemiker mit Spezialgebieten wie Elektrochemie oder makromolekulare Che-mie. Auch Volks- und Betriebswirte können in der Chemiebranche Fuß fassen, ebenso Juristen mit dem Schwerpunkt Arbeits- oder Patentrecht, denn in kaum einer anderen Branche haben Innovationen einen so hohen Stellenwert wie hier.

Wie bewerten Sie das Thema Fachkräftemangel?

Unser Akademikeranteil liegt bei gut 16 % – Tendenz steigend. Mit Blick auf die wirtschaft-liche Entwicklung und den demografischen Wandel erwarten wir, dass der Bedarf an gut qualifizierten Nachwuchskräften hoch bleiben wird. Für die naturwissenschaftlich gepräg-te Chemie sind qualifizierte MINT-Akademiker (Mathematik, Informatik, Naturwissen-schaften und Technik) naturgemäß von besonderer Bedeutung. Etwa zwei Drittel der Hoch-schulabsolventen bringen einen naturwissenschaftlichen oder technischen Abschluss mit. Chemiker bilden die Mehrheit, gefolgt von Ingenieuren. Allerdings bieten die Unterneh-men auch anderen Absolventen gute Einstiegsmöglichkeiten – etwa Wirtschaftswissen-schaftlern, Juristen oder IT-Spezialisten.

Page 8: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

34 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3.3.1 Die Branche in Zahlen

Das konjunkturell wechselhafte Jahr 2013 hat für die chemisch-pharmazeutische Industrie mit einem guten Schlussquartal geendet. Auf Jahressicht konnte die Chemieproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 % gesteigert werden, der Branchenumsatz legte um 1,0 % auf 188,7 Mrd. Euro zu. Die Zahl der Beschäftigten erhöhte sich leicht um 0,5 % auf 436.500. Der Aufwärtstrend vom Jahresende 2013 hat sich am Jahresanfang fortgesetzt. Für das Gesamtjahr 2014 rechnet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) mit einem Anstieg der Produktion um 2,0 %. Der Branchenumsatz wird bei leicht sinkenden Preisen (– 0,5 %) voraussichtlich um 1,5 % ansteigen.

Indikatoren zur chemischen Industrie in Deutschland – Gesamtjahr 2013

Veränderung in % zum Vorjahr

absolut

Produktion +1,5ohne Pharma + 0,6

Erzeugerpreise –1,1Umsatz +1,0 188,7 Mrd. Euro

Umsatz Inland +1,4 75,0 Mrd. EuroUmsatz Ausland + 0,8 113,7 Mrd. Euro

Beschäftigte + 0,5 436.500Kapazitätsauslastung (in %) 2012 2013

Chemie (inkl. Pharma) 83,2 83,9

Quelle: www.vci.de

Ausblick: Das optimale Einstiegsprofil je nach Berufsperspektive sieht für Dirk Meyer vom Bundesarbeitgeberverband Chemie wie folgt aus: „Nach wie vor gilt: Für Chemiker, die ihre Zukunft in der Forschung und Entwicklung sehen, ist meist Promotion und For-schungserfahrung erwünscht. Bei anderen Fachrichtungen – Naturwissenschaften, Inge-nieurwesen, Betriebswirtschaft – bestehen je nach Einstiegsposition gute Perspektiven für Master- und auch Bachelorabsolventen“.

Zitiert:

Dr. Gerd Romanowski, Geschäftsführer Wissenschaft, Technik und Umwelt beim VCI (Verband der Chemischen Industrie e.V.):

„Forschung wird in unserer Branche interdisziplinärer: Chemiker, Phy-siker, Materialwissenschaftler und Ingenieure arbeiten verstärkt zu-sammen, um Lösungen für die Megatrends des 21. Jahrhunderts zu entwickeln. Organische Leuchtdioden etwa senken den Energiever-brauch und schützen so das Klima. Wir forschen auch an besseren

Katalysatorsystemen, um in der chemischen Produktion wertvolle Rohstoffe zu sparen

Page 9: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

353.4 ELEKTROINDUSTRIE

und unerwünschte Nebenprodukte zu vermeiden. Große Bedeutung haben neue Arznei-mittel und Therapiemethoden, denn die Menschen werden älter und möchten dabei ge-sund bleiben. Jeder Studierende ist gut beraten, noch stärker als bisher über den Teller-rand seines Studienfaches zu schauen.“

3.4 Elektroindustrie

„Auf dem Weg zur vierten industriellen Revolution“

Interview mit Dr. Sonja Dulitz, Abteilung Forschung, Berufsbildung, Fertigungstechnik des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), Frankfurt a. M.

Wie beurteilen Sie den Arbeitsmarkt für Elektroingenieure in 2014?

Der Elektroindustrie geht es nach wie vor gut. Sie hatte 2013 einen Beschäftigungsstand in Deutschland von 839.000 Mitarbeitern. 2010 waren es 816.000. Über 20 % sind Ingeni-eure. 70 % der Unternehmen planen, mehr Elektroingenieure einzustellen. Absolventen von Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften liegen dabei fast gleich auf. Allen voran wird der Elektroingenieur gesucht, von dem es immer noch zu we-nige gibt. Forschung und Entwicklung bleiben die wichtigsten Felder. Eine zunehmende Rolle spielt auch der Vertrieb von anspruchsvollen elektrotechnischen Produkten.

Wie sind die Perspektiven für Studienanfänger des Faches Elektrotechnik?

Die Arbeitslosenquote von Elektroingenieuren liegt bei unter 1,6 %. Wer heute vor einem Studium steht und sich für Elektrotechnik entscheidet, schaut in eine glänzende Zukunft. Aufgrund der demografischen Entwicklung – der Ingenieur in Deutschland hat ein Durch-schnittsalter von 46 Jahren – wird die Nachfrage noch zunehmen. Der Fachkräftemangel existiert tatsächlich. Unsere Industrie hatte zuletzt einen Wertschöpfungsverlust von 1 Mrd. Euro durch nicht besetzte Stellen und würde nicht händeringend nach Elektroinge-nieuren suchen, wenn der Markt gefüllt wäre.

Welche Innovationen werden Treiber des Arbeitsmarktes sein?

Ein Drittel aller Innovationen in der gesamten Industrie geht auf Impulse der Elektrotech-nik- und Elektronikbranche zurück. Sie treibt die industrielle Wertschöpfung insgesamt. Das Schlüsselwort heißt Industrie 4.0. Die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie arbei-tet schon heute an der Zukunft, um Antworten auf gesellschaftlich wie industriepolitisch bedeutsame Fragen zu geben. Auf der Agenda stehen Energieeffizienz, Medizintechnik, Smart Mobility und Smart Home. Die Branche ist auf dem Weg zur – von eingebetteten Systemen und Internettechnologien getriebenen – vierten industriellen Revolution.

Page 10: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

36 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3.4.1 Die Branche in Zahlen

Nach wie vor belastet die Eurokrise auch die Elektroindustrie. Im Gesamtjahr 2013 sank der Branchenumsatz um 2,1 % gegenüber dem Vorjahr auf 166,6 Mrd. Euro. Während der Umsatz mit Kunden aus dem Inland um 4,2 % auf 85,1 Mrd. Euro zurückging, nahm er mit ausländischen Abnehmern um 0,2 % auf 81,5 Mrd. Euro zu. Dabei stand einem Rückgang in der Eurozone von 4,8 % auf 29,6 Mrd. Euro ein Zuwachs mit Drittländern um 3,3 % auf 51,9 Mrd. Euro gegenüber. Auch die preisbereinigte Produktion ging im vergangenen Jahr um 2,6 % zurück. Für das laufende Jahr 2014 erwartet der ZVEI insgesamt wieder ein rea-les Produktionswachstum für die Branche von 2 % und einen Anstieg des Umsatzes auf 170 Mrd. Euro.

Ausblick: Für die Zukunft sieht sich die Branche gewappnet. Sie verfügt über Zukunfts-technologien, die Lösungen für zahlreiche nationale wie internationale gesellschaftliche Herausforderungen versprechen: Klimaschutz, Energie- und Ressourceneffizienz, (Elek tro-) Mobilitätskonzepte, Sicherheit oder der Auf- und Ausbau von Infrastrukturen bei Energie, Gesundheit und Verkehr. Hierfür wird jede Menge Manpower benötigt.

3.5 Energiewirtschaft

„Neue Berufsbilder sind künftig noch stärker gefragt.“

Interview mit Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäfts führung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Berlin

Welche Entwicklungen und neue Perspektiven beobachten Sie derzeit auf dem Arbeits-markt für Energiewirtschaft?

Seit der Energiewende und dem beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie wächst der Veränderungsdruck auf die Energiemärkte in Deutschland. Vor allem im Bereich der Ener-giedienstleistung sind in den letzten Jahren viele Unternehmen neu auf den Markt gekom-men. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anbieter für Netze/Energieübertragung, Energie-Contracting und Umwelttechnik/-management sowie auf die Energiewirtschaft speziali-sierte IT- und Softwareanbieter, Unternehmensberater, Gutachter und Zertifizierer. Im Bereich der Energietechnik überwiegen die Kraftwerks- und Anlagenbauer sowie Herstel-ler für Netztechnik, Zählerwesen, Messtechnik oder Geoinformationssysteme.

Die Zahl der Anbieter im Bereich der Erneuerbaren Energien wächst stetig. Insbesondere rund um den Zukunftsmarkt Energie haben sich etliche Unternehmen aufgestellt – ob mit technischen Produkten, Services oder Finanz- und Beratungsleistungen. Dazu zählen auch die klassischen Energieversorger mit ihren neuen Geschäftszweigen oder Tochter-unternehmen für regenerative Produkte.

Page 11: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

373.5 ENERGIEWIRTSCHAFT

Wo werden derzeit Fachkräfte gebraucht?

Die Energiewende verändert unsere Wirtschaft nachhaltig. Damit dies systematisch und planvoll erfolgen kann, benötigt die Energiewirtschaft kompetente und motivierte Fach-kräfte. Dies gilt insbesondere für Energie-, Klima- oder Umweltingenieure. Beim Ausbau Erneuerbarer Energien – etwa bei der Installation und Wartung von Windanlagen vor den Küsten – gibt es bereits jetzt einen Mangel an Fachkräften. Auch für Ingenieure, die die künftige Energieversorgung durch intelligente Netze steuern werden, ist die Nachfrage schon heute größer als das Angebot.

Neue Berufsbilder, die es vor Jahren noch nicht gab, werden künftig noch stärker gefragt sein: Regulierungsmanager, Power Trader, Portfoliomanager oder Netzingenieure. Die Ener-gieunternehmen werden zusätzliche IT-Fachkräfte benötigen, damit die Kommunikation zwischen der Netzleitstelle und dem Haushalt noch intelligenter wird.

Welche Schwerpunkte werden Treiber des Arbeitsmarktes sein?

Die wichtigsten Themen für die Agenda in der Energiewirtschaft sind der Neubau und die Modernisierung von Kraftwerken und Anlagen zur Energieerzeugung und die weiterzuent-wickelnde Energieeffizienz auf der Erzeugungsseite, im privaten und industriellen Anwen-dungsbereich. Auch in der Erforschung von Speichermöglichkeiten wird sich einiges tun. Nicht zu vergessen ist die Entwicklung von alternativen Mobilitätskonzepten, wie zum Bei-spiel die Elektro- und Erdgasmobilität. In der Wasserwirtschaft steht u. a. die Energieeffi-zienz in der Abwasserentsorgung und Trinkwasserversorgung auf der Agenda. Demografi-scher Wandel und Klimaschutz, verbunden mit einem stetig sinkenden Wassergebrauch, stellen für die deutsche Wasserwirtschaft große Herausforderungen dar. In all diesen Be-reichen sind Innovationen das Schlüsselthema für die Zukunft.

3.5.1 Die Branche in Zahlen

Auf der energiepolitischen Agenda der Öffentlichkeit stehen Energieeffizienz, Energieein-sparung und Erneuerbare Energien. Sie gelten als Eckpunkte eines zukünftigen Energie-systems, auf das Deutschland nach der Energiewende zusteuert. Einher mit den technolo-gischen Anstrengungen für mehr Energieeffizienz oder mehr Erneuerbare Energien gehen die Perspektiven auf positive gesamtwirtschaftliche Effekte. Sie betreffen auch den Ar-beitsmarkt: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Stand März 2012) waren in Deutschland Ende Dezember 2012 im Wirtschaftsbereich Energie- und Wasserversorgung rund 233.000 Personen tätig. Das sind 1,9 % weniger als im Dezember 2011. Besonders stark verringerte sich die Beschäftigtenzahl gegenüber Dezember 2011 bei Betrieben mit den Tätigkeitsschwerpunkten Gasversorgung (– 6,5 %) sowie Wärme- und Kälteversorgung (– 3,2 %). Im Bereich Elektrizitätsversorgung gab es einen Rückgang um 0,9 %, bei den Wasserversorgern um 1,4 %.

Page 12: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

38 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

Beschäftigte in der Energiewirtschaft in Deutschland, Veränderungen zum Vorjahr

Fern-/Nahwärme Gas Strom gesamt

300.000

250.000

200.000

150.000

100.000

50.000

0

*vorläufig

–2,9%–1,6%

–3,8%

–4,1%

–5,0%

–3,6%

–5,5%

–5,7%

–6,5%

–0,8%

1,1%

–4,4%

0,4%

–2,7%

1,0%

–0,4%

0,7%

–0,3%

0,8%19

91

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

*

Quelle: Statistisches Bundesamt; BDEW (Stand: März 2012)

Ausblick: Dank der Effizienzmaßnahmen und des Ausbaus erneuerbarer Energiesysteme entstehen zusätzliche Arbeitsplätze, besonders auf regionaler Ebene und hier im Baube-reich. Diese positiven Wirkungen spiegelt eine Information des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU) wider: „Erneuerbar beschäftigt!“ Der Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE) in Deutschland habe weiterhin „erhebliche Wachstums- und Arbeitsplatzeffekte“, so die vom BMU genutzte Studie der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS). Danach ergab sich für 2012 eine Bruttobe-schäftigung durch Erneuerbare Energien von 377.800 Personen. Dies entspricht im Ver-gleich zum Vorjahr einem leichten Rückgang von 1 %, besonders in der Photovoltaikbran-che. Dieser konnte von der Windbranche aufgefangen werden.

Regionen mit starker Solarindustrie wie Berlin, Brandenburg, Sachsen und Thüringen ver-zeichnen geringere Beschäftigungseffekte als 2011. Dagegen bewertet die Studie im Au-gust 2013 Länder mit starker Windenergienutzung wie Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein positiv. Und auch insgesamt sieht die Studie Grund zum Optimis-mus: „Insbesondere strukturschwächere Regionen kam der Ausbau Erneuerbarer Energi-en zugute, hier konnte eine große Anzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen werden. Der Ausbau Erneuerbarer Energien wirkt dabei auch in Regionen als Jobmotor, die nicht viele Erneuerbare-Energien-Anlagen aufstellen können oder wollen. Durch den erheblichen Zu-lieferbedarf werden durch die Energiewende auch in klassischen Branchen viele Arbeits-plätze geschaffen. Allerdings sind durch die Krise, insbesondere der Solarindustrie, in den letzten zwei Jahren auch einige Arbeitsplätze in der Produktion wieder verloren gegangen.

Page 13: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

393.5 ENERGIEWIRTSCHAFT

Nichtsdestotrotz haben die Erneuerbaren Energien insgesamt erhebliche positive Be-schäftigungseffekte, auch weil Installation, Betrieb und Wartung vor Ort nötig sind und damit regional Beschäftigung sichern.

Der allgemeine Optimismus wird allerdings auch leicht gebremst. So melden Vertreter der Windbranche Anfang 2014 26.400 Arbeitsplätze allein für Niedersachen. Der regionale Arbeitsmarkt stehe jedoch durch eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor „erheblichen Auswirkungen auf die niedersächsische Wirtschaft – gerade im ländli-chen Raum“. In anderen Regionen sieht die Lage naturgemäß anders aus. So sind allein in Nordrhein-Westfalen rund 240.000 Arbeitsplätze von der Energiewirtschaft abhängig. Stark ist hier die konventionelle Energiewirtschaft mit Steinkohle- und Braunkohlekraft-werken.

Der Bundesverband Wasser und Energiewirtschaft sieht laut Jahreswirtschaftsbericht 2014 „schwierige ökonomische Rahmenbedingungen“ und eine „schwierige Marktsituati-on für viele Betreiber von konventionellen Kraftwerken“. Der Verband repräsentiert etwa 1.800 Unternehmen und damit rund 90 % des Stromabsatzes, gut 60 % des Nah- und Fernwärmeabsatzes, 90 % des Erdgasabsatzes, 80 % der Trinkwasserförderung sowie rund ein Drittel der Abwasserentsorgung in Deutschland.

Der Verband gibt zu bedenken: „Während zahlreiche Branchen optimistisch ins neue Jahr gestartet sind, ist die Stimmungslage in der Energiewirtschaft insgesamt schlechter als zum Jahreswechsel 2012/2013. Vor allem schwierige Betriebs- und Investitionsbedingun-gen im Zuge des Umbaus der Energieversorgung beeinflussen die derzeitige Stimmungs-lage. (…) Viele Energieversorger werden aufgrund notwendiger Umstrukturierungen sowie wegen der erschwerten wirtschaftlichen Lage weiterhin einen größeren Abbau von Stellen vornehmen.“ Für den Verband sind dennoch „die Ziele der Energiewende erreichbar“. Die Umsetzung werde jedoch immer komplexer. Ob die Energiewende zum Vorbild für andere Länder wird, hänge davon ab, ob dieses „gigantische Infrastrukturprojekt mit Wirtschafts-wachstum zu verbinden ist und dabei gleichzeitig die vorbildliche Systemsicherheit auf-rechterhalten werden kann“.

Page 14: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

40 SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

3.6 Special Finanzdienstleistungssektor: Breites Tätigkeitsfeld mit guten Aufstiegschancen

Berufseinsteiger mit Hochschulabschluss, die Interesse an Kapitalmarktthemen und der Finanzwirtschaft haben, sind in der Finanzdienstleistungsbranche gut aufgehoben. Denn das Jobangebot ist nicht nur sehr vielfältig und damit äußerst interessant, sondern auch die Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten sind bestens.

3.6.1 Banken als Arbeitgeber

Banken und Sparkassen sind als Arbeitgeber bei Hochschulabsolventen sehr beliebt. Da-ran hat auch die Finanzmarktkrise nur wenig geändert, auch wenn das Ansehen des „Ban-kers“ in nahezu allen Ländern stark gelitten hat. Dass Banken dennoch als attraktive Ar-beitgeber bei Hochschulabsolventen gelten, hat mehrere Gründe: Zum einen bietet die Bankenbranche attraktive Produkte und Dienstleistungen an. Zum anderen werden die Arbeitsbedingungen in den Instituten immer flexibler, sodass beispielsweise Familie und Beruf mittlerweile gut miteinander vereinbart werden können. Daneben wird die Tätigkeit bei einer Bank oftmals als Karrieresprungbrett angesehen.

Der Bankensektor im ÜberblickDie Bankenwelt befindet sich im stetigen Wandel. Das führt zwangläufig dazu, dass auch die Aufgabenvielfalt im Bankensektor immer weiter zunimmt. So muss der Kundenberater zu immer komplexer werdenden Produkten beraten und dabei gleichzeitig die immer strin-genter werdenden rechtlichen Vorschriften beachten. Viele Aufgabengebiete in einer Bank kommen jedoch auch ohne jeglichen Kundenkontakt aus, so etwa das Rechnungs-wesen, das Controlling oder auch die Revision. Weitere Einsatzmöglichkeiten bestehen in der Personalabteilung, im Marketing, im Vertriebsmanagement, im Investmentbanking oder auch im Immobilienbereich.

Ein potenzieller Arbeitgeber ist zum Beispiel die Deutsche Bundesbank. Sie übernimmt statistische Aufgaben und ist maßgeblich für die Umsetzung der Geldpolitik des Eurosys-tems in Deutschland, für die Refinanzierung des deutschen Bankensystems sowie für die Bargeldversorgung und Pflege des Bargeldumlaufs verantwortlich. Daneben gibt es die Geschäftsbanken, die miteinander im Wettbewerb stehen und sich im Gegensatz zu den Zentralbanken nicht an gesamtwirtschaftlichen Zielen, sondern an einzelwirtschaftlichen Zielen orientieren. Zu den Geschäftsbanken zählen zunächst die Universalbanken, die bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit keinerlei Beschränkungen unterliegen und damit das Einlagen- und Kreditgeschäft auf der einen Seite und das Wertpapiergeschäft auf der anderen Seite betreiben. Darüber hinaus bieten Universalbanken ihren Kunden auch Ver-sicherungsleistungen, individuelle Dienstleistungen in den Bereichen Anlageberatung und Vermögensverwaltung sowie alternative Finanzierungsformen wie beispielsweise Leasing und Factoring an.

Page 15: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

41SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

Dem Universalbanksektor sind in Deutschland drei große Bankengruppen zuzuordnen. Dies sind

■ die privaten Geschäftsbanken wie die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Hypo-vereinsbank und die Postbank,

■ die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute wie die Sparkassen und Landesbanken und■ die Genossenschaftsbanken wie etwa die DZ Bank und WGZ Bank.

Auch im Bereich Crowdfunding als alternative Finanzierungsform mischen die Banken mittlerweile mit: So hat die Crowdfunding-Plattform Bergfürst die Berliner Volksbank als Anteilseigner gewinnen können. Die Berliner Volksbank verspricht sich durch die Beteili-gung, neue wachstumsstarke Firmenkunden akquirieren zu können, mit denen sie ihr wei-teres Wachstum realisieren kann. Einen anderen Weg ging die Volksbank Bühl, die mit „viele-schaffen-mehr.de“ eine eigene Crowdfunding-Plattform gelauncht hat, auf der sie ihren Kunden eine Möglichkeit der Schwarmfinanzierung anbietet.

Neben den universell tätigen Kreditinstituten existieren in Deutschland auch einige Spezial-banken, die nur in bestimmten Geschäftsbereichen tätig sind. Dazu zählen unter anderem

■ die Hypothekenbanken und sonstigen Realkreditinstitute, ■ die Institute mit Sonderaufgaben,■ die Bausparkassen und ■ einige Direktbanken.

Hypothekenbanken sind privatrechtliche Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Grundstücke zu beleihen und aufgrund der erworbenen Hypothe-ken Schuldverschreibungen (Hypothekenpfandbriefe) zu emittieren. Ferner werden von den Hypothekenbanken auch Pfandbriefe zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben ausge-geben (öffentliche Pfandbriefe). Hypothekenbanken gehören damit zu den bedeutendsten Kapitalgebern für den Wohnungs- und Gewerbebau sowie für den Staat und seine Institu-tionen.

Ein Beispiel für ein Institut mit Sonderaufgaben ist die KfW-Bankengruppe, die unter ande-rem mit ihren langjährigen und zinsgünstigen Krediten den Mittelstand und Existenzgrün-der fördert. Auch treibt sie den Umweltschutz voran und unterstützt den Ausbau der kom-munalen Infrastruktur.

Zu den Spezialbanken zählen auch die Bausparkassen, die darauf spezialisiert sind, auf der Grundlage abgeschlossener Bausparverträge Gelder von Bauwilligen einzusammeln und aus dem angesammelten Fonds nach einem bestimmten Zuteilungsplan Darlehen an die Bausparer für Wohnungsbauzwecke zu vergeben.

Die Direktbanken als weitere Spezialbanken verfügen über keine Filialen und bieten keine beziehungsweise nur eine sehr eingeschränkte Beratungsleistung an. Sie agieren vor-nehmlich online über das Internet mit ihren Kunden. Dadurch können sie im Gegensatz zu herkömmlichen Banken erheblich Kosten sparen, die an die Kunden beispielsweise in Form höherer Zinsen für Spareinlagen weitergegeben werden.

Page 16: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

42 SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

Anzahl der Kreditinstitute und der Filialen in Deutschland

3.000

2.500

2.000

1.500

1.000

500

0

60.000

50.000

40.000

30.000

20.000

10.000

0

Institute

Institute

Filialen

Filialen

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Quelle: Bundesverband deutscher Banken

Einstieg als Trainee

Der Einstieg eines Hochschulabsolventen bei einer Bank erfolgt üblicherweise über ein Trainee-Programm. Trainee-Programme haben den Zweck, dem Hochschulabsolventen ei-nen Überblick über die einzelnen Bereiche einer Bank zu verschaffen und ihn mithilfe von Seminaren und Förderprogrammen auf seine Aufgaben gezielt vorzubereiten. In der Regel dauern Trainee-Programme zwischen 12 und 24 Monate. Praktisch alle Großbanken bieten Trainee-Programme an. Haben Hochschulabsolventen bereits Berufserfahrung in einer Bank sammeln können, etwa durch eine vorherige Ausbildung oder durch längere Prakti-ka, ist auch ein Direkteinstieg zur Besetzung einer bestimmten Stelle möglich.

Beschäftigte im Kreditgewerbe

Trotz dieser zukunftsweisenden Veränderungsprozesse im deutschen Bankgewerbe sind in den vergangenen Jahren einige Stellen abgebaut worden. Hintergrund hierfür ist, dass seit Beginn der europäischen Schuldenkrise die Ertragslage der Banken stark gesunken ist. Zudem haben hohe Wertberichtigungen und steigende Refinanzierungskosten für zu-sätzlichen Druck gesorgt. Nach Angaben des Arbeitgeberverbands des privaten Bankge-werbes (AGV Banken) ist die Zahl der Beschäftigten im deutschen Kreditgewerbe im Jahr 2012 allerdings nur moderat zurückgegangen. Insgesamt zählte die Branche 648.950 Be-schäftigte. Im Jahr 2011 betrug der Personalbestand noch 653.550 Beschäftigte, sodass es zu einem Rückgang von lediglich 0,7 % kam.

Page 17: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

43SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

Beschäftigte im Kreditgewerbe

900.000

800.000

700.000

600.000

500.000

400.000

300.000

200.000

100.000

0

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Quelle: AGV Banken

Die meisten Beschäftigten konnten die Sparkassen auf sich vereinen. Dort waren zum Jahresende 2012 insgesamt 244.900 Personen oder 37,7 % beschäftigt. Danach folgten die privaten Banken mit ihren Bausparkassen mit insgesamt 183.100 Beschäftigten oder 28,2 %. Die Deutsche Bundesbank kam auf 10.800 Beschäftigte oder 1,7 %.

Zukunftstrend flexible Arbeitszeitregelung

Immer mehr Beschäftigte fordern die flexiblere Gestaltung von Arbeitszeiten. Sei es, um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu betreuen, oder aber der Freizeitgestaltung einen anpassungsfähigen Rahmen zu geben. Das Kreditgewerbe hat diesen Zukunftstrend erkannt und damit begonnen, das Thema „Beruf, Familie und Freizeit“ in ihre Unterneh-mensphilosophie zu integrieren. Dies führte dazu, dass es im Bankgewerbe mittlerweile sehr flexible Arbeitszeitregelungen gibt. Allerdings sind im privaten Bankgewerbe die Teil-zeitquoten in 2012 erstmals seit Mitte der 1990er Jahre leicht gesunken, befinden sich aber nach Angaben des AGV weiterhin mit 21,8 % (2011: 22,1 %) auf hohem Niveau. Der Anteil der Frauen in Führungspositionen im privaten Bankgewerbe hat sich hingegen wei-ter nach oben bewegt: Im Jahr 2012 waren erstmals bereits mehr als 30 % aller außerta-riflich Angestellten weiblich; im Jahr 2011 betrug dieser Wert noch 29,1 %.

Page 18: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

44 SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

Beispiel: Die Bankenaufsicht als Arbeitgeber

Neben der Deutschen Bundesbank und den Geschäftsbanken zählt auch die Bankenauf-sicht zum Bankensystem. Das zentrale Organ in Deutschland ist die im Jahr 2002 gegrün-dete Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit Sitz in Frankfurt und Bonn. Sie ist aus dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BaKred) und den Bundes-aufsichtsämtern für den Wertpapierhandel (BAWe) und das Versicherungswesen (BAV) hervorgegangen. Ihre Aufgabe besteht darin, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen, Finanzdienstleister und Kapitalanlagegesellschaften zu überwachen. Zudem vertritt sie als Allfinanzaufsicht deutsche Interessen in europäischen und internationalen Gremien. Bei der BaFin sind derzeit rund 2.398 Mitarbeiter beschäftigt. Davon sind 69 % Beamte und 31 % Tarifbeschäftigte. Rund drei Viertel der BaFin-Mitarbeiter arbeiten am Dienstsitz Bonn, ein Viertel ist in Frankfurt am Main tätig. 33 Beschäftigte sind zu anderen nationa-len oder internationalen Behörden und Institutionen abgeordnet. Zudem sind 53 Auszubil-dende und Anwärter bei der BaFin tätig.

Hochschulabsolventen werden verstärkt für die Fachaufsicht und die Querschnittsabtei-lungen gesucht, die sich beispielsweise mit internationalen Fragen, Verbraucherthemen und juristischen Aufgaben befassen. Die Qualifikationen hängen von der angestrebten Laufbahn ab, in die der öffentliche Dienst unterteilt ist. Je nach Studienabschluss kommt eine Tätigkeit im gehobenen oder höheren Dienst infrage. Für den höheren Dienst ist ein Universitätsabschluss oder ein akkreditierter Masterabschluss erforderlich; hier sucht die BaFin vor allem Wirtschaftswissenschaftler, Volljuristen, (Wirtschafts-)Mathematiker und (Wirtschafts-)Informatiker. Voraussetzung für den gehobenen Dienst ist ein Fachhoch-schuldiplom oder ein akkreditierter Bachelorabschluss. Die BaFin ist vor allem an Bewer-bern aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaften, (Wirtschafts-)Recht, Verwaltungswis-senschaften oder (Wirtschafts-)Informatik interessiert.

Das Auswahlverfahren für Stellen des höheren Dienstes ist zweistufig gestaltet. Im ersten Schritt findet ein rund einstündiges Fachinterview statt. Sofern das fachliche Gespräch erfolgreich absolviert wurde, folgt ein halbtägiges Assessment Center, das auch einen mündlichen Englischtest umfasst. Das Auswahlverfahren für Stellen des gehobenen Dienstes besteht aus einem rund 90-minütigen Interview sowie einem mündlichen Eng-lischtest. Werden alle Teile erfolgreich absolviert, gilt das Auswahlverfahren als bestan-den.

Auch die BaFin bietet individuelle Teilzeitregelungen, gleitende Arbeitszeiten sowie ein Kontingent von Telearbeitsplätzen an, um die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienle-ben zu vereinfachen. Darüber hinaus gibt es an beiden Standorten – Bonn und Frankfurt am Main – behördeneigene Kindertagesstätten und Eltern-Kind-Büros.

Page 19: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

[Perspektive][Perspek

Das Trainee-Programm der BayernLB

Sie haben einen überdurchschnittlichen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften oder Jura und

bringen erste Praxiserfahrung im Finanzwesen mit? Sie sind engagiert und haben Spaß an der Dienst-

leistung? Dann haben Sie beste Voraussetzungen für die Aufnahme in unser Trainee-Programm.

15 Monate lang arbeiten Sie in einer dynamischen deutschen Geschäftsbank. In einem maßge-

schneiderten Programm werden Sie dabei intensiv und individuell von uns gefördert – nach Ihren

Fähigkeiten und nach Ihren Neigungen. Ihr Gewinn: Professionalität und eine faszinierende

Berufsperspektive in der Welt der Wirtschaft.

Die BayernLB ist eine dynamische deutsche Geschäftsbank – verwurzelt in Bayern, erfolgreich

in Deutschland und geschätzt für maßgeschneiderte Finanzlösungen. Mit neuer Struktur und

einem überzeugenden Geschäftsmodell sind wir bestens aufgestellt für die Herausforderungen

der Zukunft.

u Interessiert? Dann richten Sie Ihre Bewerbung bevorzugt online an: [email protected]

BayernLB . Corporate Center Bereich Personal . Nachwuchsentwicklung . 80277 München

Telefon +49 89 2171-24915 . www.bayernlb.de

Starten Sie jetzt durch

Page 20: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

46 SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

3.6.2 Versicherungen als Arbeitgeber

Anzahl der Mitarbeiter und Art der Beschäftigung

Neben dem Bankensektor hat auch die Versicherungsbranche eine hohe volkswirtschaft-liche Bedeutung, da sie die Deckung nicht abschätzbarer Risiken übernimmt. Doch auch in diesem Sektor ist die Beschäftigungszahl in den letzten fünf Jahren kontinuierlich zu-rückgegangen, schließlich unterliegt die Versicherungswirtschaft ebenfalls einem anhal-tenden Strukturwandel. Insbesondere der zunehmende Wettbewerb um Kunden und In-vestoren sowie erhöhte gesetzliche Anforderungen, die zu immer höheren Kosten führen, werden maßgeblich für den Rückgang der Beschäftigtenzahl verantwortlich gemacht. Kon-kret zählten die Unternehmen der Individualversicherung im Jahr 2012 insgesamt 214.100 Mitarbeiter (2011: 215.500). Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem leichten Rück-gang von 0,65 %.

Entwicklung der Zahl der Arbeitnehmer in den Unternehmen der Individualversicherung

(Angestellte des Innen- und Außendienstes, Auszubildende)

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

260.000

250.000

240.000

230.000

220.000

210.000

200.000

190.0002000 2001 2002

Quelle: Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland

Von den 215.500 aktiven Beschäftigten in der deutschen Versicherungswirtschaft waren 160.600 im Innendienst tätig, 40.400 waren Angestellte im Außendienst und 13.100 Aus-zubildende. Zudem gibt es eine Vielzahl selbstständiger Versicherungsvertreter im Außen-dienst.

Page 21: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

47SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

Insgesamt betrachtet sind die Chancen von Absolventen und Young Professionals in der Versicherungswirtschaft aber weiterhin gut. Seit Jahren steigt der Anteil der Akademiker in der Assekuranz kontinuierlich an und dieser Trend wird sich auch weiterhin fortsetzen. Insbesondere die Bereiche Risikomanagement, Controlling, Rechnungslegung, Compliance, IT sowie Produktentwicklung haben einen überdurchschnittlich hohen Bedarf an guten Nachwuchskräften und Young Professionals. Gleiches gilt für die MINT-Fächer Mathema-tik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Ferner haben potenzielle Mitarbeiter mit Interesse am Vertrieb beziehungsweise hoher Kundenorientierung sehr gute Einstiegs-chancen. Aber auch alle anderen Akademiker sollten die Versicherungswirtschaft im Blick haben, da ein breit gefächerter Bedarf bei den Unternehmen besteht. Neben den fachli-chen und inhaltlichen Fähigkeiten sollten die Bewerber einen ausgewogenen Mix aus Kre-ativität, Teamfähigkeit, Eigeninitiative, Dynamik und sozialer Kompetenz mitbringen. Zu den gewünschten fachlichen Fähigkeiten zählen unter anderem Kundenorientierung sowie die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge schnell zu erfassen und zu abstrahieren.

Berufsaussichten bei Rückversicherungsunternehmen

Auch Rückversicherungsunternehmen stellen für Hochschulabsolventen eine sehr inter-essante Adresse dar, denn das weltweite Geschäft der Rückversicherer wird immer kom-plexer und damit anspruchsvoller. Die Berufsaussichten gerade für Mathematiker, Juristen und Wirtschaftswissenschaftler sind derzeit besonders gut. Ein wichtiges Tätigkeitsfeld im Bereich der Rückversicherung ist das Underwriting, also die Sammlung aller notwendi-gen Informationen und die Ausarbeitung einer konkreten und auf den jeweiligen Fall abge-stimmten Versicherungslösung. Dazu gehört auch die Analyse, Kalkulation und Abschät-zung versicherungstechnischer Risiken sowie die Strategieentwicklung zur Entwicklung verbesserter Versicherungsprodukte.

Dem Claims Manager obliegt hingegen die zügige Einschätzung des Umfangs, der Ursa-chen, der Komplexität und der Schadenhöhe sowie die Prüfung der Ersatzpflicht, sobald ein Schaden entstanden ist. Der Claims Manager führt zu diesem Zweck Begutachtungen vor Ort durch und verhandelt sämtliche Deckungs- und Haftungsfragen sowie Schaden-minderungen mit den Erstversicherungskunden.

Risikomanager identifizieren beispielsweise neu entstehende Risiken und überwachen so-genannte Kumulrisiken, also solche Risiken, die für mehrere Schäden in verschiedenen Geschäftsfeldern verantwortlich sind. Zudem legt der Risikomanager Risikotoleranzen, Rahmenbedingungen und Budgets für die einzelnen Geschäftsfelder fest.

Der Aktuar bzw. der Versicherungsmathematiker entwickelt mit den gängigen Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Finanzmathematik Lösungen in den Bereichen Versicherungs- und Bausparwesen, Kapitalanlage und Altersversorgung – unter Berück-sichtigung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Zudem modelliert er Risiken und entwickelt für das jeweilige Projekt passende Versicherungsprodukte und ist auch für die Preisgestaltung verantwortlich. Ferner ermittelt er die Überschussbeteili-gung der Versicherungsnehmer in der Lebensversicherung.

Page 22: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

48 SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

Die größten Rückversicherungsunternehmen in Deutschland sind Munich RE, Hannover Rück und Allianz S.E.

3.6.3 Weitere Finanzdienstleistungen

Zu den weiteren Finanzdienstleistungen zählen Unternehmen, die im Rahmen des Kapital-anlagegesetzbuchs (KAGB) mit dem Management, der Verwaltung oder der Beratung von Sachwertinvestmentvermögen engagiert sind. Dazu zählen Kapitalverwaltungsgesell-schaften (KVG), Verwahrstellen, Auslagerungsunternehmen sowie rechtliche, steuerliche und betriebswirtschaftliche Berater. Nach Angaben des BSI Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen e.V., der aus dem Verband Geschlossene Fonds (VGF) hervorge-gangen ist, haben Sachwertmanager für ihre Anleger in 2013 insgesamt mehr als 9,1 Mrd. Euro unter anderem in Immobilien, Flugzeuge, Erneuerbare Energien und Infrastruktur in-vestiert. Insgesamt verwaltet die Sachwertbranche 205,4 Mrd. Euro in geschlossenen Strukturen.

Vielfältige Karrieremöglichkeiten bieten sich auch im Bereich der Finanzportfolioverwal-tung (Vermögensverwaltung, Asset Management). Vermögensverwalter haben unter an-derem die Aufgabe, die Portfolien wohlhabender privater Kunden unter Berücksichtigung der spezifischen Risikoneigung und Bedürfnisse zu optimieren. Dem im Jahr 1997 gegrün-deten Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland (VuV) gehören derzeit 230 Mitglieder an. Diese haben einen sehr hohen Ausbildungsgrad: Die Mehrheit von 40 % besitzt einen Universitätsabschluss. 27 % verfügen über eine Ausbildung an einer Berufs- oder Fachakademie, 21 % haben eine Banklehre absolviert und 11 % können einen Fachhochschulabschluss vorweisen. Insgesamt 85 % der unabhängigen Vermögensver-walter waren vorher in der Vermögensverwaltung einer Bank oder Sparkasse tätig. Exper-ten erwarten, dass trotz hoher administrativer Anforderungen und Kosten die Zahl der unabhängigen Vermögensverwalter in den kommenden Jahren ansteigen wird. Als maß-geblicher Grund hierfür werden die während der Finanzmarktkrise unzureichenden Bera-tungsleistungen vermögender Privatkunden durch einige Banken genannt. Zudem sind im jetzigen Umfeld niedriger Zinsen renditestarke Anlagestrategien gefragt. Die Unhabhän-gigkeit der Beratung wird in einer solchen Situation auch von den Kunden geschätzt.

Sehr bedeutsam in Deutschland ist auch die Leasingbranche. Sie gilt als größter Investor und hat nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) in 2013 ein jährliches Investitionsvolumen von 48,5 Mrd. Euro generiert. Insgesamt wurden 1,6 Mio. Leasingverträge neu abgeschlossen, wobei nach wie vor insbesondere mittel-ständische Unternehmen zu den Leasingkunden zählen, die sich hauptsächlich für das Leasing von Straßenfahrzeugen, Produktionsmaschinen sowie Büromaschinen und IT inte-ressieren. Ein Tätigkeitsfeld im Leasingbereich ist das des Account Managers. Hierbei handelt es sich um einen Kundenbetreuer, der neue Kunden akquiriert, aber auch die Be-ziehung zu Bestandskunden pflegt. In großen Leasingunternehmen muss der Account Ma-nager auch international agierende Großkunden rundum betreuen – von der Angebotskal-kulation bis zum Vertragsabschluss. Der Kreditspezialist, der in Leasingunternehmen

Page 23: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

springer-gabler.de

Praxistaugliche Anleitung für gehirngerechtes Arbeiten

Wir leben in einer schnelllebigen und hektischen Zeit. Wir haben von allem zu viel, nur Zeit haben wir zu wenig. Erschreckend aber wahr: Die Funktionsweise unseres Gehirns entspricht längst nicht mehr den Anforderungen des Alltags. Wie gehen wir damit um? Arbeiten wir noch effektiv und effizient? Wie nutzen wir das Potenzial unseres Denkorgans?Praxisnah und leicht verständlich beschreibt Jürg Dietrich ausgewählte Erkenntnisse aus der modernen Hirnforschung und aus psychologischen Studien und setzt sie in Bezug zu unserem Arbeitsalltag. In fünf Leitsätzen finden Sie sofort umsetzbare Anregungen für gehirngerechtes und effektives Arbeiten. Sie erfahren, wie Sie die Herausforderungen des Alltags gelassener und erfolgreicher meistern und Ihr Arbeitsverhalten optimieren. Ein Buch, das Ihr Arbeitsverhalten nachhaltig verändern wird.

.

Jürg DietrichGehirngerechtes Arbeiten und beruflicher ErfolgEine Anleitung für mehr Effektivität und Effizienz2014. XV, 107 S. 9 Abb. Brosch. € (D) 29,99 | € (A) 30,83 | *sFr 37,50 ISBN 978-3-658-04861-7

€ (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7% MwSt. € (A) sind gebundene Ladenpreise in Österreich und enthalten 10% MwSt. Die mit * gekennzeichneten Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen und enthalten die landesübliche MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.

Jetzt bestellen: springer-gabler.de

Page 24: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

50 SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt, analysiert und beurteilt hingegen komplexe Engagements, Projekte und Finanzierungsstrukturen, bearbeitet komplexe Kredit-/Lea-sing- und Mietkaufverträge und prüft die entscheidungsrelevanten Unterlagen und ist für die Umsetzung individueller Finanzierungs- und Vertragsstrukturen in enger Zusammenar-beit mit den involvierten Schnittstellen verantwortlich.

3.6.4 Neue Tätigkeitsfelder in der FDL-Branche

Ombudsmann

Versicherungsunternehmen und Banken treffen täglich viele Entscheidungen, die manch-mal zulasten des Kunden gehen. Fühlt sich ein Kunde falsch beraten oder hat Ärger mit seiner Bank oder seinem Versicherungsunternehmen, kann er sich an den Ombudsmann wenden.

Der Ombudsmann der privaten Banken ist eine außergerichtliche, neutrale und unabhän-gige Schlichtungsstelle, die Kunden bei Meinungsverschiedenheiten mit ihrer Bank aufsu-chen können. Ziel und Zweck des seit 1992 eingeführten Verfahrens ist es, Differenzen schnell und unbürokratisch zu bereinigen, da ein Rechtsstreit in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden ist. Das Verfahren steht in erster Linie Verbrauchern bzw. Privatkunden offen. Wenn es um Streitigkeiten geht, die den Überweisungsverkehr oder den Missbrauch einer Zahlungskarte betreffen, können sich aber auch Firmen und Selbstständige an den Ombudsmann wenden.

Ein Blick auf die Beschwerdestatistik des Bundesverbandes deutscher Banken zeigt, dass der Kunde insbesondere während der Finanzmarktkrise häufig nicht im Mittelpunkt eines Beratungsgesprächs stand und die Kundenbeschwerden beim Ombudsmann zwischen 2008 und 2011 deshalb stark angestiegen sind. Seit 2012 sind sie allerdings wieder rück-läufig, befinden sich mit 6.551 eingereichten Beschwerden aber noch immer auf einem hohen Niveau. Von den im Jahr 2013 eingereichten Beschwerden waren 4.400 Beschwer-den zulässig und 1.363 unzulässig, weil z. B. die Verbrauchereigenschaft fehlte. Auffällig ist, dass von den 4.400 zulässigen Beschwerden bereits 1.402 Beschwerden zugunsten des Kunden ausgegangen sind. Das entspricht einer Quote von rund 31 %. In 334 Fällen hat der Ombudsmann einen Vergleich zur Beilage des Streits vorgeschlagen und in 639 Fällen hat die Bank einen Erfolg erzielt. Da sich noch 2.025 Beschwerden in Bearbei-tung befinden, kann es jedoch noch zu Verschiebungen kommen. Auch in 2014 haben sich bereits 740 Kunden beim Ombudsmann beschwert. Das ist recht viel, wenn man bedenkt, dass sich die Beschwerden auf gerade mal zwei Monate beziehen.

Die bei der Kundenbeschwerdestelle eingegangenen Beschwerden werden in folgende Sachgebiete unterteilt:

■ Wertpapiergeschäft■ Kreditgeschäft■ Zahlungsverkehr■ Girokonto für jedermann

Page 25: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

51SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

■ Spargeschäft■ Bürgschaften/Drittsicherheiten■ Sonstige Gebiete

Ersichtlich ist, dass auch in 2013 die meisten Beschwerden das Wertpapiergeschäft betra-fen. Insgesamt gingen zu diesem Sachgebiet 2.385 Beschwerden beim Ombudsmann ein. Das entspricht einem Anteil von 36,4 %. Den Banken wird dabei oftmals vorgeworfen, dass sie über die Risiken eines verkauften Wertpapiers nicht hinreichend informiert ha-ben. Darüber hinaus – so die Wertpapierbesitzer – wurde bei Zertifikaten nicht ausrei-chend auf das Emittentenrisiko hingewiesen. An zweiter Stelle stand das Kreditgeschäft mit 2.341 Beschwerden oder einem Anteil von 35,7 %. Hier bestanden Diskrepanzen be-züglich der Fragen, wer die Kosten für ein Wertgutachten zu tragen hat und ob die Kosten für eine vorzeitige Ablösung eines Darlehens (Vorfälligkeitsentschädigung) gerechtfertigt sind. Beim Zahlungsverkehr betrafen die Beschwerden vornehmlich die Kontoführung ein-schließlich der Kontoeröffnung und -schließung sowie das Kartengeschäft und den Über-weisungsverkehr. Hier wurden 1.240 Beschwerden gezählt.

Auch der Versicherungsombudsmann fungiert als neutrale, unabhängige und für den Ver-braucher kostenfreie Schlichtungsstelle. Für das Jahr 2012 weist die Beschwerdestatis-tik insgesamt 17.263 Beschwerden aus (2011: 17.733). Dabei sank die Zahl der Beschwer-den gegen Versicherungsunternehmen um 2,5 % auf 16.468 (2011: 16.884). Die Be-schwerden gegen Versicherungsvermittler verringerten sich ebenfalls um 11,8 % auf 396 (2011: 449). Bei Betrachtung der einzelnen Sparten fällt auf, dass bei den Lebensversiche-rungen die Beschwerden gestiegen sind und zwar von 5.367 in 2011 auf 5.506 in 2012. Allerdings war der größte Teil der Beschwerden unzulässig, sodass die Zahl der zulässigen Beschwerden um 4,7 % sank. Bei der Kfz-Haftpflichtversicherung zeigte sich jedoch ein anderes Bild: Hier gingen mehr zulässige Beschwerden als im Jahr 2011 ein; der Zuwachs betrug 2,9 %.

Kreditmediator

Bei der Kreditvergabe an Unternehmen kann es ebenfalls zu Konflikten kommen. Im Früh-jahr 2010 hat deshalb die staatliche Institution „Kreditmediator Deutschland“ seine Arbeit aufgenommen. Ende 2011 hat diese Institution seine Arbeit allerdings wieder eingestellt. Nach aktueller Einschätzung von Finanzierungsexperten und Wirtschaftsverbänden gibt es im Miteinander zwischen Banken und Unternehmen allerdings nach wie vor erhebliches Verbesserungspotenzial, sodass viele Unternehmer in den kommenden Jahren die Hilfe eines Kreditmediators benötigen. Aus diesem Grund bieten mittlerweile viele private Kre-ditmediatoren ihre Unterstützung an. Ziel des Kreditmediationsprozesses ist es, in aus-weglos erscheinenden Situationen vermittelnd tätig zu werden, indem Brücken des Ver-stehens zwischen Unternehmern und Banken gebaut und Missverständnisse in der Kom-munikation überwunden werden. Zudem sollen Lösungsansätze für ein zielführendes Miteinander generiert werden, um die Erfolgschancen für eine rückwirkende Kreditvergabe zu erhöhen. Damit ist der Kreditmediator nicht wie der Ombudsmann der privaten Banken

Page 26: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

52 SPECIAL FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR

als herkömmliche Beschwerdestelle zu verstehen, sondern als zentrale Stelle, die sich ausschließlich mit der Konfliktbereinigung und -beilegung zwischen Unternehmern und Kreditgebern befasst.

Für das noch junge Tätigkeitsfeld der Kreditmediation reicht allerdings reines Verfahrens-Know-how nicht aus. Vielmehr ist grundlegendes und praxisbezogenes Wissen aus der Unternehmensführung und der Finanzwirtschaft gefragt. Dies haben auch einige Universi-täten erkannt. Die EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel startete deshalb bereits im Januar 2013 das neue Intensivstudium Wirtschaftsmediation. Das Cur-riculum beinhaltet neben Grundlagen der Kommunikationswissenschaft, Konfliktlehre, Verhandlungsforschung und Psychologie auch praxisbezogene rechtliche und wirtschaft-liche Aspekte. Führende Wissenschaftler mit umfassender Expertise vermitteln theoreti-sche und praktische Grundlagen der erfolgreichen Mediation im Rahmen von vier Modu-len, die mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Erfolgreiche Teilnehmer erhalten ein Universitätszertifikat mit dem Titel „Wirtschaftsmediator/-in (EBS)“. Der Ausbildungsgang richtet sich an Personen, die Mediation als alternative Streitschlichtung im Berufsalltag einsetzen möchten, vor allem an Führungskräfte der ersten und zweiten Management-ebene, Rechtsanwälte, Finanz- und Versicherungsberater und HR-Beauftragte in Unter-nehmen und stellt damit natürlich auch eine Weiterbildungsmaßnahme für Akademiker dar.

Page 27: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

springer-gabler.de

Wahrgenommen werden Sie immer – bestimmen Sie selbst, wie!

Eine selbstbestimmte und zielgerichtete berufliche Karriere kommt nicht von ungefähr. Die persönliche Laufbahn ist vielmehr das Ergebnis eines dynamischen Prozesses, in dem sich jeder immer wieder bewusst mit der eigenen Entwicklung, Performance und Ambition beschäftigen muss. Die daraus resultierende Eigenpositi-onierung bildet die Grundlage einer authentischen, konsistenten und erfolgreichen Selbstvermarktung.Dieses Buch unterstützt Sie wirksam bei der aktiven Gestaltung Ihrer Karriere. Der Autor Wolfram Schön zeigt Ihnen, wie Sie strukturiert Ihre eigenen Stärken sowie beruflichen Ziele ermitteln und sich durch persönliche Performance positiv bemerkbar machen. Der erfahrene Coach und Marketingexperte nutzt dabei die Grundsätze des Produktmarketings, die Ihnen effizient dabei helfen, zum Manager in eigener Sache zu werden.

Wolfram SchönErfolgsfaktor EigenpositionierungKarriere neu gedacht2. Aufl. 2014. X, 132 S. 43 Abb. Brosch. € (D) 24,99 | € (A) 25,69 | *sFr 31,50 ISBN 978-3-658-02857-2

€ (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7% MwSt. € (A) sind gebundene Ladenpreise in Österreich und enthalten 10% MwSt. Die mit * gekennzeichneten Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen und enthalten die landesübliche MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.

Jetzt bestellen: springer-gabler.de

Page 28: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

54 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3.7 Informationstechnologie und Telekommunikation (ITK)

„Im ITK-Markt bewerben sich Unternehmen bei Fachkräf-ten – nicht umgekehrt.“

Interview mit Dr. Stephan Pfisterer, Bereichsleiter Bildungspolitik und Arbeitsmarkt, Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. BITKOM, Berlin

Wie bewerten Sie im Rückblick 2013 den Arbeitsmarkt Informationswirtschaft und Tele-kommunikation (ITK) für Akademiker?

2013 war ein sehr gutes Jahr für Ein- und Aufsteiger im ITK-Bereich. Im Vorjahr nahm die Beschäftigung in der Branche um 15.000 Stellen zu. Das war ein Plus von rund 2 % auf 917.000. Für 2014 rechnen wir mit einem weiteren Zuwachs um rund 10.000 Stellen. In-nerhalb von fünf Jahren wird das Beschäftigungsplus die Marke von 100.000 neu geschaf-fenen Stellen nur knapp verfehlen. Keine andere Branche hat eine vergleichbare Bilanz vorzuweisen.

Wie sieht die Relation offener Stellen zu Absolventen aus?

Auf unverändert hohem Niveau ist die Zahl der offenen IT-Stellen in der gesamten deut-schen Volkswirtschaft. Diese liegt aktuell bei 39.000 schwer oder gar nicht zu besetzen-den Positionen. Und dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die Zahl der Absolventen aus dem Studienbereich Informatik mit mehr als 17.000 einen neuen Höhepunkt erreicht hat und die 13.500 Absolventen der dualen IT-Berufe ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Nachwuchssicherung beigesteuert haben. Berufseinsteiger treffen damit auf einen Ar-beitsmarkt, bei dem sich Unternehmen bei den Fachkräften bewerben – und nicht umge-kehrt – und die meisten zwischen mehreren Jobangeboten auswählen können.

Wie fällt Ihre Sicht auf den Arbeitsmarkt von morgen aus?

Ungeachtet der wirtschafts- und außenpolitischen Belastungen ist die deutsche Wirt-schaft in einer stabilen Verfassung. Die ITK-Branche macht viele Branchen fit für den in-ternationalen Wettbewerb – Mobile Business, Cloud Computing und Industrie 4.0 sind wichtige Stichworte. Die meisten Unternehmen fürchten sich nicht vor zu wenigen Aufträ-gen, sondern bangen um ausreichend qualifizierte Fachkräfte. Die Zahl der Hochschulab-solventen steigt zwar an, der höhere Bedarf an akademisch qualifizierten Fachkräften und der steigende Ersatzbedarf garantieren jedoch einen aufnahmefähigen Arbeitsmarkt. Deutschland benötigt sogar zusätzliche Fachkräfte aus dem Ausland, auch wenn diese die inländischen Nachwuchskräfte nur ergänzen können. Selbst in Jahren mit den bisher höchsten Zuwanderungszahlen lag deren Anteil an Neueintritten in den ITK-Arbeitsmarkt nie über 10 %. Fazit: Wer heute ein IT-Studium aufnimmt, kann sicher sein, bei erfolgrei-chem Abschluss auf rege Nachfrage und attraktive Arbeitsbedingungen zu treffen.

Page 29: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

553.7 INFORMATIONSTECHNOLOGIE UND TELEKOMMUNIKATION (ITK)

Welche Schwerpunkte und Entwicklungen sind Treiber des akademischen Arbeitsmarktes?

Unternehmen, die offene Stellen derzeit nicht besetzen können, suchen in erster Linie Software-Entwickler und -Architekten, daneben stehen IT-Berater und Spezialisten für technisch fundiertes Marketing und den Vertrieb hoch im Kurs. Die BITKOM-Arbeitsmarkt-studie 2013 hat Schwerpunkte auf dem Arbeitsmarkt identifiziert. Demnach stellen be-triebswirtschaftliche Anwendungen das größte Beschäftigungssegment dar, auch wenn die öffentliche Diskussion eher von den Themen auf den nächsten Plätzen beherrscht wird: Cloud Computing, Social Media und Mobile Applications. IT-Sicherheit rangiert so-gar an zweiter Stelle: Hier handelt es sich um ein Querschnittsthema, das sowohl für die Datenwolke als auch für mobile Dienste eine entscheidende Rolle spielt. BITKOM geht davon aus, dass auch in den nächsten Jahren diese Bereiche die wichtigsten Treiber für den ITK-Arbeitsmarkt sein werden.

3.7.1 Die Branche in Zahlen

Der Umsatz mit Informationstechnologie, Telekommunikation und Unterhaltungselektro-nik soll nach Prognosen des Verbandes BITKOM 2014 um 1,7 % auf 153,4 Mrd. Euro stei-gen. Das Geschäft mit Software und Dienstleistungen, wie auch die Umsätze mit Smart-phones und Tablets wachsen überdurchschnittlich, Sprachdienste haben es schwerer.

Im laufenden Jahr will die Branche erneut mindestens 10.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Damit steigt deren Zahl auf 927.000. In fünf Jahren kamen fast 100.000 zusätz-liche Arbeitsplätze hinzu. Dabei suchen Unternehmen der Informationstechnologie und Telekommunikation weiter Fachkräfte – und besonders Frauen: Auf sechs männliche IT-Spezialisten kommt derzeit nur eine Frau. Der Frauenanteil beträgt in der Branche nur rund 14 %. Aber: Der Frauenanteil an den Erstsemestern Informatik stieg auf den Rekord-wert von fast einem Viertel (23 %). Bei den Auszubildenden in IT-Berufen liegt der Anteil allerdings mit rund 8 % deutlich darunter.

Die Informationstechnologie wächst gemäß BITKOM um 2,9 % auf 76,3 Mrd. Euro Umsatz. Am schwächsten entwickelt sich dabei der Hardware-Markt. Er stagniert mit plus 0,2 % bei rund 21 Mrd. Euro, da Desktop-PCs und Notebooks gegenüber Tablet Computern we-niger nachgefragt werden. Der Umsatz mit IT-Dienstleistungen wie Beratung und Outsour-cing wächst um 3,2 % auf 36,5 Mrd. Euro. Am größten ist das Wachstum im Softwarebe-reich, der um 5,3 % auf 19 Mrd. Euro zulegen kann. Die Telekommunikation wird mit 0,4 % auf 66 Mrd. Euro deutlich langsamer wachsen. Mit einem stabilen Wachstum von 3 % wie im Vorjahr legen dabei die Umsätze mit Infrastruktursystemen auf rund 6 Mrd. Euro zu. Stark gegenläufig ist das Geschäft mit Endgeräten und Telekommunikationsdiensten: Smartphones boomen (+ 8 % auf rund 10 Mrd. Euro). Daten- und Sprachdienste verlieren im stark kompetitiven, staatlich deregulierten Markt 1,3 % und landen bei rund 50 Mrd. Euro Umsatz.

Page 30: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

56 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

Jobs in der IT-Branche: Softwareentwickler gesucht

SoftwareentwicklerAnwendungsbetreuer/

Administratoren

Qualitäts-Manager/Tester

IT-Berater

Marketing und Vertrieb

Grafik-/Webdesigner

Projektmanager

IT-Service-Manager

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

72 %

31 %

25 %

16 %

16 %

6 %

4 %

4 %

Quelle: BITKOM, Stand Oktober 2013

Ausblick:

Zitiert: „Zukunft der Arbeit“ für die ITK-Branche? von Dr. Stephan Pfisterer

Wir sehen fünf zentrale Dimensionen der Zukunft der Arbeit:

Virtuelle Präsenz

Inte

llige

nt-a

dapt

ive

Syst

eme

FluideUnternehm

en

SouveräneVertrauenalsBas

isde

r

– flexibleM

itarbeiter

Worl-Life-IntegrationUnternehmenss

trukt

ur

Quelle: BITKOM, Stand Februar 2014

Page 31: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

573.7 INFORMATIONSTECHNOLOGIE UND TELEKOMMUNIKATION (ITK)

Die Zukunft der Arbeit ist bereits Teil unserer Gegenwart. ITK steht in zweifacher Weise für die Zukunft der Arbeit: Die Branche stellt wie keine andere die Technologien zur Verfü-gung, die die nachfolgend beschriebene Entwicklung der künftigen Arbeitswelt ermögli-chen und bedingen. Und die ITK-Branche arbeitet wie keine zweite bereits mit diesen Technologien und verfügt damit über einen besonderen Erfahrungsschatz. Im Fokus ste-hen dabei mobile Anwendung, Kollaborationstechnologien und dezentrale Organisations-modelle.

Die globale Wirtschaft wird zunehmend durch Kooperation über große Distanzen geprägt. Damit verändert sich auch der persönliche Kontakt von Führungskräften und Teams, von Unternehmen und Kunden. Persönliche und virtuelle Präsenz nähern sich zunehmend an; virtuelle Kooperation und Kollaboration werden mit der Verfügbarkeit entsprechender Technologien zunehmen.

Die Erwartungen insbesondere von gut ausgebildeten, jungen Mit arbeitern sind auf ein hohes Maß an zeitlicher, räumlicher und inhaltlicher Flexibilität ausgerichtet. Auf Unter-nehmensseite treten fluide Organisationsmodelle an die Stelle fest etablierter Strukturen. Sie gehen einher mit einem veränderten Anforderungsprofil der Mitarbeiter. In wissensba-sierten, global vernetzten Ökonomien orientiert sich der Kern der Wissensarbeiter an wechselnden Kooperationsformen, veränderlichen Arbeitsinhalten und selbstständig defi-nierten Entwicklungsperspektiven.

Die derzeit viel diskutierte Abgrenzung von Privatsphäre und beruflichem Engagement verliert an Bedeutung. Die technologische Entwicklung bei mobilen Endgeräten ermög-licht angesichts ihres Funktionsumfangs jederzeit auch die Verwendung zu beruflichen Zwecken, erzwingt diese aber auch nicht. Die „Always-On“-Mentalität der Gründerjahre des Internetzeitalters weicht einer neuen Kultur der souverän bestimmten digitalen Prä-senz. Schon heute ist sichtbar, dass eine neue Generation von Knowledge Workern in den Unternehmen ankommt. Sie ist gekennzeichnet durch Erfahrungen im Umgang mit dezen-tralen und virtuellen Teams, und durch das Bewusstsein, Technik zur Arbeitsprozessge-staltung nutzen zu können, anstatt von Technik selber gesteuert zu werden.

Neue Arbeitsformen lassen sich nur dann erfolgreich implementieren, wenn sie mit der Kultur der jeweiligen Organisation vereinbar sind. Sie sollten zudem kompatibel sein mit dem Selbstverständnis der Spezialisten und Fachkräfte, für die sie maßgeblich gelten. Damit der Informationsfluss und die Zusammenarbeit gesichert bleiben, bedarf es eines hohen Maßes an Vertrauen gegenüber den Mitgliedern der Teams und neue Formen der Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern.

„Intelligente“ Systeme, Tools und Netze werden eine Vertiefung der Mensch-Maschine-Interaktion mit sich bringen und eröffnen die Chance, Standardprozesse zu automatisie-ren. Wissensarbeiter werden auf diese Weise entlastet von Routinetätigkeiten, gleichzeitig steigt der Anteil von Tätigkeiten, die ein hohes Maß an Kreativität und Eigeninitiative er-fordern und einen hohen Wertschöpfungsbeitrag darstellen.

Page 32: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

58 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

Jobs in der IT-Branche: Softwareentwickler im Fokus Welche IT-Spezialisten werden aktuell gesucht?

SoftwareentwicklerAnwendungsbetreuer/

Administratoren

Qualitäts-Manager/Tester

IT-Berater

Marketing und Vertrieb

Grafik-/Webdesigner

Projektmanager

IT-Service-Manager

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

72 %

31 %

25 %

16 %

16 %

6 %

4 %

4 %

Quelle: BITKOM, Stand Oktober 2013

Für welche Bereiche suchen Unternehmen mit offenen Stellen derzeit Softwareentwickler?

Cloud Computing

Social Media

Webpräsenzen

Betriebswirtschaftliche Anwendungen

Apps und mobile Webseiten

IT-Sicherheit

Qualitätssicherung

IT-Projektmanagement

Embedded Systems

Spiele

0 % 10 % 20 % 30 % 40 %

40 %

38 %

29 %

27 %

22 %

21 %18 %

10 %

5 %

4 %

Quelle: BITKOM, Stand Oktober 2013

Page 33: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

593.8 LOGISTIK

3.8 Logistik

„Ein Prozent Wachstum der Weltwirtschaft bedeutet drei Prozent Wachstum in der Logistik.“

Interview mit Ulrike Grünrock-Kern, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V., Bremen

Was ist eigentlich der „Wirtschaftsbereich Logistik“?

Der Wirtschaftsbereich Logistik umfasst die Planung, Steuerung, Koordination, Durchfüh-rung und Kontrolle aller unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Infor-mations- und Güterflüsse. Er erstreckt sich damit über Industrie, Handel und die Logistik-dienstleister. Dabei geht es also nicht nur um logistische Leistungen, wenn der Paketbote zum Beispiel ein online bestelltes Buch bringt. Auch zuvor waren Logistiker beteiligt: Beim Verlag, in der Druckerei, im Auslieferungslager. Ins Auge fallen, weil auf Lkw-Planen prä-sent, die großen Dienstleister wie DHL, Schenker, Lufthansa, Kühne & Nagel. Doch Logis-tik findet auch in der Produktion statt, im Handel oder in den Häfen und Flughäfen, die Tore zu Ex- und Import. Faustregel: Ein Prozent Wachstum der Weltwirtschaft bringt drei Prozent Wachstum in der Logistikbranche.

Welche Tätigkeiten stehen im Mittelpunkt?

Rund 2,8 Mio. Menschen sind derzeit in Deutschland in der Logistik tätig, Tendenz stei-gend. Arbeitsfelder gibt es in der Industrie, im Handel und bei Logistikdienstleistern. Bei-spiele für ihren Einsatz: Einkauf und Beschaffung, Disposition, Fertigungssteuerung, Mon-tagesteuerung, Materialflussplanung, Lager-, Versand- oder Logistikleitung, IT-Planung und Betrieb, Kundenbetreuung, Kundenauftragssteuerung und das Controlling.

Wie sind die Perspektiven?

Die Rahmenbedingungen, die die Logistik beeinflussen, sind in einem rasanten Wandel begriffen. Vor einigen Jahren war es die Globalisierung, die den Wirtschaftsbereich forder-te. Heute sind es die immer individuelleren Kundenanforderungen, der Wunsch nach kür-zeren Lieferfristen, die Umstellung auf immer leistungsfähigere IT-Systeme, kurz: Komple-xität. Steigende Logistikkosten, darunter die Energiekosten, lassen sich im Moment nur begrenzt am Markt durchsetzen. Komplexität und Kosten sind derzeit also ganz wesentli-che Herausforderungen, die die Nachfrage nach gut qualifizierten Mitarbeitern, Praktikern wie Akademikern, steigen lassen.

Page 34: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

60 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3.8.1 Die Branche in Zahlen

Die Logistikbranche erzielte 2011 in Deutschland ein Marktvolumen von 223 Mrd. Euro und ein Transportvolumen von 3,8 Mrd. Tonnen. Sie hatte 2,82 Mio. Beschäftigte. 2012 wa-ren es 2,85 Mio. Beschäftigte, die einen Umsatz von rund 225 Mrd. Euro erzielten. „Es ist weitgehend unbekannt, dass die Logistik – gemessen am Umsatz – der drittgrößte Wirt-schaftsbereich in Deutschland ist. Etwa die Hälfte der Leistung wird in den Logistikberei-chen von Industrie und Handel erzeugt, die andere Hälfte bei den Logistikdienstleistern“, so der BVL-Vorstandsvorsitzende Professor Raimund Klinkner.

Ausblick: Die Logistikbranche profitiert auch vom Internet, da bereits ein Fünftel aller Einkäufe im E-Commerce abgewickelt werden, so die Studie „Logistics of Online Shop-ping – Where the Real Opportunities lie“ des britischen Marktforschungsunternehmens Transport Intelligence Ltd. Online-Shopping wächst in Europa jährlich um circa 16 %.

Bei der Bewertung des Arbeitsmarkts gerät der demografische Wandel in den Blick. Der Wettbewerb um Arbeitskräfte ist eröffnet, so eine Befragung im Rahmen der PwC-Studi-enreihe „Transportation & Logistics 2030“ in der fünften Ausgabe „Winning the talent race“. Dabei stehe die deutsche Branche vor dem Dilemma, dass die ersten „Babyboomer“ das Rentenalter erreichen. Qualifiziertes Personal bleibe aus. Schon heute ist der Altersdurch-schnitt in der Transport- und Logistikbranche verglichen mit anderen Branchen über-durchschnittlich hoch. In Deutschland liegt der Anteil der 50- bis 64-jährigen Kraftfahrer bei 37 %.

Logistikdienstleister: Erwartungen

Abbau

Abbau

schlechter

schlechter

Aufbau

Aufbau

besser

besser

0 % 50 % 100 %ñ50 %ñ100 %

Sachkapazit‰ten

Personaleinsatz

Auftragslage

Gesch‰ftsentwicklung

2014-Q1 2013-Q4 2013-Q3 2013-Q2

Quelle: Logistik-Indikator 2014-Q1 vom BVL

Page 35: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

613.9 MASCHINENBAU

In diesem Zusammenhang werde es, so PwC, immer wichtiger, die Bedürfnisse der älter werdenden Belegschaft zu berücksichtigen und deren Arbeitskraft so lange wie möglich zu erhalten. Aber auch in anderen Bereichen seien Potenziale zu finden. So könnten in der männerdominierten Arbeitswelt Arbeitsräume für Frauen gestaltet werden. Frauenpark-plätze für Lkw, flexible Arbeitszeiten oder individuelle Förderungsprogramme könnten die Frauenquote erhöhen.

PwC fragt provokativ: „Ist Logistik sexy?“ Die Antwort: Die Branche gilt in den Augen vieler Bewerber „als wenig innovativ. Lagerhaltung, Straßentransport, Schifffahrt und Bahn haf-tet noch der Staub vergangener Jahre an. Das Image wurde stark von den ehemaligen Staatsunternehmen geprägt.“ Doch die Unternehmen steuern bereits mit Aktionen wie dem „Tag der Logistik“ dagegen, um Vorurteile gegenüber der Branche auszuräumen.

3.9 Maschinenbau

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau verfehlte im Jahr 2013 das Umsatzniveau von 2012 nur knapp. „Ein Ergebnis von rund 205 Mrd. Euro ist im aktuell schwierigen weltwirt-schaftlichen Umfeld dennoch ein respektables Ergebnis“, sagt Reinhold Festge, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Mit einem geschätzten Produktionswert in Höhe von 194 Mrd. Euro liegt die Maschinenproduktion nur noch knapp unter dem Rekordniveau von 196 Mrd. Euro in 2008. Die Vielfalt und Innovations-stärke des Maschinenbaus zeigte sich auch 2013 wieder in der großen Bandbreite der konjunkturellen Entwicklungen in den Fachzweigen.

Für die deutschen Maschinenexporteure stand 2013 im Zeichen einer Renaissance der Industriestaaten. Die Märkte der EU-28 nahmen um 2,1 %, die der EURO-18-Zone gar um 2,4 % zu. In den US-Markt exportierte die Branche nominal 0,9 % mehr Maschinen. Die stärksten Wachstumsbeiträge entstanden jeweils im vierten Quartal (USA: + 9,4 %, EU-28: + 6,6 %). Zweistelligen Zuwachs gab es 2013 allerdings nur in zwei mittelgroßen Märkten, nämlich der Türkei (+10,2 %) und der Republik Korea (+10,6 %). Die Absatzzahlen in die „BRIC“-Staaten – Brasilien, Russland, Indien und China – hingegen entwickelten sich alle-samt negativ.

Die Branche in Zahlen

Im Oktober 2013 wurde trotz des durchwachsenen wirtschaftlichen Umfeldes ein erneu-ter Beschäftigtenrekord in der Maschinenbauindustrie mit knapp 994.000 festen Mitar-beitern aufgestellt. „Zum Jahresende waren es 993.000 Beschäftigte, das heißt, die Be-schäftigung bewegt sich weiter auf hohem Niveau. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich ein Zuwachs von rund 15.000 Stellen in der Stammbelegschaft. Der Maschinen- und An-lagenbau ist damit 2013 wieder die mit Abstand beschäftigungsstärkste Industrie in Deutschland“, so der VDMA-Präsident. Im April 2013 arbeiteten über 183.000 Ingenieure, Wirtschaftsingenieure und Informatiker im deutschen Maschinen- und Anlagenbau. Der starke Beschäftigungszuwachs zwischen 2010 und 2013 schlägt sich in einem Plus von

Page 36: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

62 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

knapp 16.000 Ingenieuren nieder. Der Anteil dieser Gruppe an den Beschäftigten insge-samt beträgt mittlerweile rund 17 %.

Besonders hoch ist der Ingenieuranteil in Unternehmen, die überwiegend oder ausschließ-lich Dienstleistungen anbieten. Auch im Osten der Bundesrepublik fällt er mit 30 % der Beschäftigten überdurchschnittlich aus.

Der VDMA vertritt über 3.100 meist mittelständische Unternehmen der Investitionsgüter-industrie. Gemessen an Umsatz und Zahl der Beschäftigten im Inland ist die Branche größter industrieller Arbeitgeber und einer der führenden deutschen Industriezweige. Da-bei dominieren mittelständische Betriebs- und Entscheidungsstrukturen. 87 % der Unter-nehmen beschäftigen weniger als 250, nur circa 2 % mehr als 1000 Mitarbeiter. Zwei Drittel haben sogar weniger als 100 Beschäftigte. Viele der kleinen und mittleren Unter-nehmen sind auf ihren Spezialgebieten weltweit führend. Zudem ist die Branche stark export- und innovationsorientiert. Gut drei Viertel der Maschinenproduktion geht ins Aus-land. Welthandelsanteil: 15,9 %. Damit ist die deutsche Maschinenbaubranche führender Anbieter von Maschinen weltweit, vor den USA und China.

2012 erwirtschaftete die Branche 23 % ihrer Umsätze mit neuen oder verbesserten Pro-dukten. Sieben von zehn der Unternehmen führten von 2010 bis 2012 mindestens eine Produkt- und/oder Prozessinnovation ein. Das hat Folgen für den Arbeitsmarkt: Über 183.000 Ingenieure und Informatiker machen den deutschen Maschinen- und Anlagenbau zu einem der wichtigsten Arbeitgeber für Ingenieure.

Ausblick: Für die kommenden Jahre muss sich die Branche auf einen weiterhin hohen In-genieurbedarf einstellen. Nicht nur rechnet erneut mehr als die Hälfte der 465 befragten Unternehmen mit einer steigenden Zahl von benötigten Ingenieuren. Die Altersstruktur der aktuell Beschäftigten legt nahe, dass bereits in wenigen Jahren der Ersatzbedarf deut-lich zunehmen wird. Aufgrund der demografischen Entwicklung befürchten die Unterneh-mer jedoch Engpässe, die es zu bekämpfen gilt. „Aus diesem Grund setzt der VDMA seine eigene Initiative ,Maschinenhaus‘ dagegen. Das Leitmotiv: Mehr Quantität bei mindestens gleichbleibender Qualität. Dafür soll nicht nur Forschung, sondern auch Lehre exzellent werden. Um dies zu erreichen, sollen sich die Lehrkonzepte der Hochschulen stärker an den Studierenden orientieren“, so Reinhold Festge.

Page 37: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

633.10 MEDIEN

3.10 Medien

„Gegenbewegung zum Trend des Spezialistentums“

Interview mit Professor Dr. Dr. Castulus Kolo, Vizepräsident Lehre und Forschung und Professor für Medienwirt-schaft der MHMK, Macromedia Hochschule für Medien und Kom-munikation, mit Sitz in München, Stuttgart, Köln, Hamburg und Berlin

Wie ist der Ausblick der Medienbranche auf 2014/2015?

Der Ausblick auf die Branche ist sehr unterschiedlich, je nachdem, wie die Definition von Medienwirtschaft ausfällt. Denkt man im engeren Sinne an die traditionellen Medienun-ternehmen, die sich überwiegend als Produzenten von Inhalten verstehen, fällt die Prog-nose eher verhalten aus. Die Mediennutzungsmuster haben sich durch das Internet und mobile Technologien in kürzester Zeit elementar verändert – und die angestammten Play-er haben es bislang nicht geschafft, die Nutzung ihrer Inhalte über Online-Angebote in gleicher Weise zu monetarisieren wie analoge Produkte: bedrucktes Papier, Ton- oder Filmträger.

Und wie steht es um die gedruckten Medien?

Insbesondere der Markt für Printmedien ist in einer tiefen Krise begriffen. Mit der Entbün-delung beziehungsweise dem Wegfall der publizistischen Klammer, die bei Zeitungen un-terschiedliche Nutzenaspekte wie redaktionellen Content, Marktplatzfunktion, Service und Werbung gebündelt hat, funktioniert das traditionelle Erlösmodell aus Anzeigenge-schäft und Verkauf nicht mehr. Zeitungen treten in den Wettbewerb mit rein digitalen Ak-teuren wie Suchportalen für Immobilien, Autos, Reisen, Jobs oder Partnerschaften. Diese können in ihren Services spezialisierter sein. Einen Großteil des themengebundenen An-zeigengeschäfts haben sie bereits übernommen.

Wie steht es mit dem Arbeitsbereich Fernsehen?

Auch das traditionelle Fernsehgerät bindet immer weniger Aufmerksamkeit, obwohl es weiterhin das reichweitenstärkste Medium unserer Zeit bleibt. Neue Bewegtbildkanäle treten zunehmend in den Wettbewerb. Die großen privaten Anbieter haben hier noch den Vorteil, dass die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Bewegtbildinhalten sehr kost-spielig und deshalb nicht so leicht zu kopieren ist. Trotzdem bedeutet dieser Reichweiten-verlust zunächst auch den Verlust von Werbebudget. Alle Fernsehsender reagieren darauf mit der Verlängerung ihrer Formate ins Internet, mit der Ausgründung von Spartenpro-grammen, der Entwicklung von nichtlinearen und On-Demand-Angeboten, über die erfolg-reiche Sender zum Teil auch wieder zurückgewinnen.

Dieses Resümee klingt zunächst betrüblich. Doch darf nicht vergessen werden, dass es sich bei der Medienindustrie um eine reife Branche handelt. Auch im Print sind bis vor

Page 38: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

64 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

Kurzem noch erhebliche Margen erwirtschaftet worden. Ein gewisser Umsatzrückgang war insofern zu verkraften.

Wo liegen die Managementversäumnisse?

Es liegt nicht an dem Unvermögen der Verleger, dass die goldenen Zeiten im Zeitschriften- und insbesondere Zeitungsgeschäft vorbei sind. Das traditionelle Geschäftsmodell funkti-oniert einfach nicht mehr. Nun sind neue, nicht nur publizistische, sondern auch unterneh-merische Ansätze gefragt. Denn in der Medialisierung der Gesellschaft und der Fragmen-tierung von Lebensstilen liegen auch immense Chancen für Service- und Geschäftsideen. Individualisierte, automatisierte Services, basierend auf persönlichen Nutzerprofilen, ge-hören dazu; Big Data ist das Schlagwort, mit dem die Bewältigung des immer schneller wachsenden Datenberges zum Nutzen des Users bezeichnet wird.

Welche Rolle spielt Social Media?

Die Allgegenwart von sozialen Medien begründet einen Paradigmenwechsel im Kommuni-kationsverhalten nicht nur von Privatpersonen, sondern auch von Marken und Märkten, Unternehmen und Netzwerken. Hier öffnen sich ganz neue, kommunikative Beratungs- und Gestaltungsräume. Die Bedeutung von Markenkommunikation wird weiter zunehmen: Schließlich transportiert die Marke ein Leistungsversprechen und Identifikationsmöglich-keiten, das dem User Orientierung in der Angebotsvielfalt bietet und das er im besten Falle mit seiner Treue belohnt.

Schlussendlich gilt für die Zukunft der traditionellen Content-Produzenten wie Zeitungen oder Fernsehsender: Dort werden Synergien zum Gelernten und Gekonnten der Schlüssel zum Erfolg sein. Medien- und insbesondere Zeitungsmarken genießen ein hohes Vertrau-en, das überall dort zum Tragen kommt, wo es um Auswahlkompetenz und Empfehlung geht. Kombination kann retten: einerseits das effiziente Ausspielen aller bestehenden Assets bei der Verlängerung der traditionellen Marken in die digitale Welt und anderer-seits das Erschließen von Neugeschäft jenseits redaktioneller Kernprodukte.

Welche Bereiche werden mit welchen Folgen für die Arbeitnehmer boomen, welche verlieren?

Ganz eindeutig lässt sich sagen, dass die traditionellen Printmedien sich am stärksten verändern müssen, um in der digitalen Gesellschaft wettbewerbsfähig zu bleiben. Grund-sätzlich aber ist es falsch, noch Aussagen für einzelne Mediengattungen zu treffen. Aus-schlaggebend sind eigentlich nur mehr inhaltliche Rubriken – also Kategorien wie Nach-richten, Service, Entertainment, Sport etc. Diese Inhalte werden über alle digitalen Kanä-le crossmedial umgesetzt, mit den entsprechenden, nutzungs- und kontextgebundenen Adaptionen. Entsprechend ist in der Medienbranche seit einiger Zeit eine Gegenbewe-gung zum Trend des Spezialistentums zu beobachten. Ausgerechnet die Weiterentwick-lung der digitalen Medien, deren Fragmentierung zu Beginn des Jahrtausends spezialisier-te Berufsbilder wie den Online-Redakteur, den Web-Designer oder Online-Konzeptioner hervorgebracht hat, sorgt jetzt für die gegenläufige Entwicklung. In Zeiten zunehmender Medienkonvergenz braucht es auch wieder mehr Generalisten, um cross-, trans- oder mul-timedial zu kommunizieren.

Page 39: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

653.10 MEDIEN

Welche neuen Anforderungen bringt die Transformation der Medienwirtschaft für Mitar-beiter in Verlagen oder TV-Sendern mit sich?

Im Content-Bereich beobachten wir eine Bündelung von Aufgaben auf eine Person. Auf-grund der Verknüpfung ehemals getrennter Mediengattungen wie Fernsehen, Hörfunk, Online oder Out-of-Home braucht es gerade bei den Programmmachern eine hervorragen-de Ankopplungskompetenz, um cross-, trans- oder multimedial zu kommunizieren. In der segmentierten Medienlandschaft werden Redakteure zu Content Managern, die Inhalte für diverse Medienkanäle liefern und Nachrichten nicht nur sprachlich, sondern über Be-wegtbild sammeln und produzieren. Oder sie werden zu Datenexperten, die aus den viel-fältigen Spuren im Netz Schlüsse ziehen und auch einen Sinn für verschiedene Nutzer-interessen und Erlösmodelle entwickeln.

Was müssen Medienmanager mitbringen?

Im Managementbereich sind Innovatoren gefragt, die jenseits des individuellen Nutzerer-lebens ein tiefes Verständnis für die Funktionsweisen unserer vernetzten Online-Gesell-schaft mitbringen. Die Branche braucht Manager, die Geschäftsmodelle betriebswirt-schaftlich entwickeln können und gleichzeitig nah an den Zielgruppen, ihren Mediennut-zungsmustern und Markenwahrnehmungen sind. Klassische Medienhäuser müssen sich wandeln; sie sind elementar auf das Know-how und die Vorstellungskraft fachspezifisch ausgebildeter Experten mit einem interdisziplinären Blick für das Ganze angewiesen.

Wie bewerten Sie das Arbeitsfeld Werbung?

Im Bereich der Markenkommunikation braucht es Kommunikationsexperten und Werber, die starke Markenerlebnisse über verschiedenste Touchpoints hinweg schaffen – ob im Supermarkt, im öffentlichen Raum oder beim Live-Event, ob beim Produktdesign, User-Experience-Design der Website oder der Social-Media-Kommunikation. Erfolgreiche Mar-ken leben von ihrer Differenzierung und von den Werten, die sie transportieren – dazu bedarf es der überzeugenden Markenarchitektur und -führung durch einen Experten.

3.10.1 Die Branche in Zahlen

Die Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland verzeichnete 2012 im Forschungsbe-richt des Bundeswirtschaftsministeriums „Monitoring zu ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur- und Kreativwirtschaft“ 247.000 Unternehmen mit über 1 Mio. Mitar-beiter, davon 772.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Der Umsatz lag bei 142,8 Mrd. Euro, was einem Anteil von 2,5 % an der Gesamtwirtschaft entspricht.

Diese Kennziffern spiegeln den Arbeitsmarkt Medien jedoch nur unzureichend wieder. Er ist geprägt durch vielfältige Berufsfelder, die vom Zeitungszusteller bis zum Betriebswirt im Konzernmanagement reichen. Zudem zeigt diese Branche eine Besonderheit. Viele Mit-arbeiter sind frei beschäftigt als Selbstständige. Der differenzierte Blick auf einzelne Branchen ergibt:

Page 40: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

66 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

Ende Juni 2012 waren laut Bundesagentur für Arbeit 120.218 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Verlagen tätig. Dazu gehören Buch-, Zeitungs-, Zeitschriften- und sonstige Verlage. Mehr als die Hälfte davon sind weibliche Angestellte (69.338).

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) meldet 2012 bei einem Gesamtum-satz von 8,8 Mrd. Euro (Inland: 6 Mrd./Ausland: 2,8 Mrd.) insgesamt 39.294 Mitarbeiter (Inland: 24.920/Ausland: 14.374).

Für den Senderverbund der ARD arbeiten Menschen in unterschiedlichen Bereichen wie Programm, Produktion, Verwaltung,�Technik. 2012 gab es in den neun Landesrundfunk-anstalten zusammen rund 19.800 Planstellen, mit Teilzeitbeschäftigten knapp 22.200 fest angestellte Mitarbeiter. Die Anzahl der Mitarbeiter sinkt und „wird sich auch in Zukunft den sich stetig verändernden Rahmenbedingungen anpassen müssen“ (ARD). Rund 3.600 feste Mitarbeiter beschäftigt das ZDF im Sendezentrum Mainz, im Hauptstadtstu-dio Berlin sowie in 16 Inland- und 18 Auslandstudios. Hinzu kommen rund 1.900 Vollzeit-Äquivalente, die sich auf circa 4.500 „Freie“ aufteilen.

Die Zahl der Beschäftigten im deutschen Privatfernsehen blieb 2012 und 2013 konstant. Etwa 18.000 Menschen arbeiten für private deutsche Fernsehsender. Davon waren fast 15.000 fest angestellt. Im privaten Hörfunk waren 2012 über 6600 Menschen beschäf-tigt, rund 2.500 fest. Mitte 2013 lag die Beschäftigungszahl mit rund 6.400 leicht unter dem Niveau zum Vorjahresende.

3.11 Metallgewerbe

„Langfristiger Trend zur Höherqualifizierung“

Interview mit Dr. Michael Stahl, Geschäftsführer Bildung und Volkswirtschaft, Arbeitgeberverband Gesamtmetall, Berlin

Wie bewerten Sie im Rückblick 2013 den Arbeitsmarkt für Akademiker im Bereich Metall?

Der langfristige Trend zur Höherqualifizierung ist ungebrochen, gleichzeitig ist die Metall- und Elektroindustrie 2013 noch einmal um rund 42.000 neue Arbeitsplätze gewachsen.

Vor allem Akademiker der technischen Fachrichtungen profitieren doppelt. Ein Ergebnis davon sind steigende Einkommen. Ingenieure haben beim Einstiegslohn die Wirtschafts-wissenschaftler hinter sich gelassen.

Wie fällt Ihre Sicht auf den Arbeitsmarkt von morgen aus?

Page 41: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

673.11 METALLGEWERBE

Die Aussichten bleiben gut, besonders für Fachkräfte im naturwissenschaftlich-techni-schen Bereich, denn dort fehlen schon heute in Deutschland rund 45.000 Akademiker. Und die M+E-Industrie beschäftigt rund ein Viertel aller MINT-Fachkräfte. Das wird sich mittelfristig nicht ändern. In den kommenden Jahren wird der jährliche Ersatzbedarf an MINT-Akademikern weiter steigen. Dann brauchen wir – den zusätzlichen Expansionsbe-darf eingerechnet – ab 2016 rund 112.000 und ab 2021 etwa 120.000 MINT-Akademiker im Jahr als Neueinsteiger.

Wie bewerten Sie das Thema Fachkräftemangel?

Der Fachkräftemangel vor allem im MINT-Bereich bleibt beherrschendes Thema und er wird von den Unternehmen als Gefahr für die Entwicklung gesehen. Durch die wachsen-den Studentenzahlen verschiebt sich allerdings der Schwerpunkt hin zu den MINT-Kräften mit Berufsausbildung. Dort erwarten wir eine Lücke von bis zu 1,4 Mio. Arbeitskräften bis 2020. Zur Lösung müssen alle Potenziale ausgeschöpft werden. Das heißt zum Beispiel mehr Frauen für die technischen Berufe gewinnen und ihnen mit entsprechenden Arbeits-bedingungen die Berufstätigkeit erleichtern. Ältere Mitarbeiter müssen länger gehalten werden. Darin stecken Herausforderungen für die Qualifizierung und für die Gesundheits-vorsorge. Wir müssen die Anwerbung ausländischer Fachkräfte in Mangelberufen weiter erleichtern. Hier ist ein zentraler Faktor die Verbesserung der Willkommenskultur in unse-rem Land. Natürlich werden auch die Unternehmen künftig noch stärker ihre eigenen in-ternen Mitarbeiterpotenziale überprüfen und fördern.

3.11.1 Die Branche in Zahlen

Auf dem Arbeitsmarkt für die Metall- und Elektroberufe zählte die Bundesagentur für Ar-beit im Februar 2014 rund 166.000 Arbeitslose und 94.800 ungeförderte offene Stellen. Wenn man berücksichtigt, dass höchstens die Hälfte der offenen Stellen überhaupt den Arbeitsämtern gemeldet wird, dann wird die Anspannung auf dem Arbeitsmarkt sehr deut-lich. Andererseits haben die Unternehmen in den beiden Jahren 2012 und 2013 trotz sta-gnierender Produktion fast 100.000 Arbeitsplätze geschaffen und damit einen gewissen Beschäftigungspuffer aufgebaut. Das wird vermutlich dazu führen, dass im Jahr 2014 die erwarteten deutlichen Produktionssteigerungen mit weniger starkem Beschäftigungszu-wachs bewältigt werden können.

Ausblick:�Mit inzwischen wieder mehr als 3,7 Mio. Mitarbeitern ist die Metall- und Elekt-roindustrie ein Schwergewicht – das allerdings den Fachkräftemangel fürchtet. Hochqua-lifizierte wie Uni-Absolventen nehmen hierbei eine Schlüsselposition ein.

Page 42: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

68 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3.12 Nahrungs- und Genussmittel

„Branche mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten“

Interview mit Danielle Borowski, LL.M., Rechtsanwältin, Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V. (ANG), München

Wie sieht der Arbeitsmarkt in der Lebensmittelbranche derzeit aus?

Die Arbeitsmarktsituation in der Ernährungsindustrie ist insgesamt sehr gut. Da es pau-schal DIE Ernährungsindustrie nicht gibt, sondern die Branche unglaublich vielfältig ist, ist der Bedarf an Hochschulabsolventen aus allen erdenklichen Bereichen sehr groß. Wir ha-ben einen riesigen Fachkräftebedarf und dies wird auch in den kommenden Jahren so bleiben. Denn gegessen und getrunken wird immer, damit bleibt die Nachfrage erhalten. Der Verbraucher von heute verlangt maximale Qualität und achtet gleichzeitig streng auf den Preis. Daher geht der Trend einerseits in Innovation bezüglich Produktentwicklung und Produktoptimierung. Anderseits bestehen enorme Herausforderungen für das Ma-nagement mit Prozessoptimierung, Organisationsmanagement und Qualitätskontrolle. Hieraus ergibt sich auch ein andauernder Bedarf an hellen und kreativen Köpfen, die diese Prozesse der Anpassung und Fortentwicklung mitgestalten. Dies betrifft ganz besonders Hochschulabsolventen. Berufseinsteiger finden bei uns optimale Bedingungen für ihren Karrierestart.

Was sollen interessierte Bewerber mitbringen?

So vielfältig die Branche ist, so vielfältig sind auch ihre Einsatzmöglichkeiten. Studierende sollten ihre Leidenschaft für Lebensmittel hinterfragen und sich dann verschiedene Unter-nehmen ansehen. Ob ein einzelnes Unternehmen auch alle Einsatzmöglichkeiten tatsäch-lich anbietet, hängt wieder stark von der Größe und Struktur ab. Bei dieser Auswahl kom-men sowohl Generalisten als auch Spezialisten zum Zug. Und auch die Vergütung in der Ernährungsindustrie ist im Vergleich zu anderen Branchen grundsätzlich sehr solide. Zum Beispiel im Bereich Marketing und Marktforschung gibt es teuer gehandelte und heiß be-gehrte Spezialisten.

Wie klappt der Einstieg?

Einsteigern ist zu raten, sich ganz genau über diese Vielfalt zu informieren und idealerwei-se bereits während des Studiums über Praktika in Unternehmen hinein zu schnuppern. Je nach Typ fühlt sich der eine in einem internationalen Großkonzern wohler und der andere schätzt eher die Struktur eines regional verwurzelten Mittelständlers. Hier gibt es kein richtig oder falsch, sondern es muss einfach passen.

Page 43: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

693.12 NAHRUNGS- UND GENUSSMITTEL

3.12.1 Die Branche in Zahlen

Bekannt sind in der Regel große Konzerne wie Kraft Foods (Jacobs, Milka, Tassimo, Phila-delphia) oder Mars (Snickers, Bounty, Whiskas), Nestlé (Alete, Herta, Maggi, Nescafé, Thomy) oder Unilever (Bertolli, Knorr, Langnese, Laetta, Pfanni). Doch neben ihnen agiert eine Vielzahl mittelständischer Unternehmen. Die Ernährungsindustrie ist laut Bundes-vereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) mit 557.000 Beschäftigten der viertgrößte Industriezweig in Deutschland. In der zu 95 % durch kleine und mittel ständische Unternehmen geprägten Branche stieg die Zahl der Beschäftigten 2012 um 5.000 Stellen.

2013 erreichte die Branche einen Umsatz von 174,9 Mrd. Euro. Das entspricht einem Zu-wachs von 2,6 % gegenüber 2012. Bei einer Exportquote von 30 % bleibt das Auslandsge-schäft der maßgebliche Wachstumstreiber. Die Branche ist geprägt durch steigende Pro-duktionskosten, hohen Wettbewerbsdruck und eine starke Konzentration des Lebensmit-teleinzelhandels.

Anteile der Branchen am Gesamtumsatz der Ernährungsindustrie 2012

Fleisch und Fleischprodukte

Milch und Milchprodukte

Backwaren

Süßwaren und Dauerbackwaren

Alkoholische Getränke

Obst und Gemüse (verarbeitet)

Fertiggerichte und sonstige Nahrungsmittel

Mineralwasser und Erfrischungsgetränke

Öle und Fette

Mühlen und Stärke

Kaffee und Tee

Würzen und Soßen

Zucker

Fisch und Fischprodukte

Teigwaren

23,9 %

15,0 %

9,0 %

7,6 %

7,6 %

5,8 %

5,1 %

4,4 %

3,8 %

3,6 %

2,5 %

2,5 %

2,2 %

1,3 %

0,2 %

Quelle: Statistisches Bundesamt, BVE

Ausblick: Die Ernährungsindustrie ist Teil einer Wertschöpfungskette, die unterschiedli-che Berufe kennt. Die Kette beginnt bei Erzeugern, beim deutschen Schweinezüchter ebenso wie beim kubanischen Zuckerpflanzer, und endet beim Handel oder in der Gastro-nomie. Entsprechend unterschiedlich sind die Disziplinen am Ende der Kette: Wirtschafts-wissenschaftler, Wirtschaftsingenieure, Lebensmitteltechnologen, Ökotrophologen, Ma-schinenbauingenieure, Lebensmittelchemiker, IT- und Logistikexperten können in der Branche Jobs finden.

Page 44: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

70 SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

3.13 Special Konsumgüterindustrie

Was haben Schokoladentafel, Hautcreme und Jeanshosen gemeinsam? Es sind Konsum-güter und sie entstammen somit einer der größten und vielfältigsten Branchen überhaupt: der Konsumgüterindustrie. Die Unternehmen der Branche lassen sich einteilen in Herstel-ler von Slow Moving Consumer Goods (SMCG) wie Bekleidung, Schuhe und Möbel und in Firmen aus dem FMCG-Bereich (Fast Moving Consumer Goods). Unter FMCG-Produkten versteht man schnelldrehende Produkte, auch „Renner“ genannt, also Waren, die schnell das Verkaufsregal verlassen. Darunter fallen Konsumgüter des täglichen Bedarfs, wie Nahrungsmittel, Körperpflegeprodukte, Reinigungsmittel etc., die Konsumenten häufig und in der Regel ohne lange zu überlegen einkaufen.

Zur Konsumgüterindustrie zählen alle Produktionsbetriebe, die primär Güter für den pri-vaten Gebrauch herstellen. Dazu gehören so unterschiedliche Unternehmen wie Herstel-ler von Automobilen oder Einrichtungsgegenständen oder Tabak- und Lebensmittelkon-zerne. Der deutsche Markenverband bezieht Firmen aus den Bereichen Nahrungs- und Genussmittel, Pharma und Telekommunikation mit ein. Dem 1903 gegründeten Marken-verband gehören rund 400 Unternehmen an. Die Markenartikelindustrie beschäftigt in Deutschland mehr als 1,4 Mio. Menschen. Eines der wichtigsten Teilgebiete der Konsum-güterbranche ist die Lebensmittelindustrie. Sie beschäftigt in Deutschland etwa 556.000 Mitarbeiter und konnte 2012 laut Bundesvereinigung der deutschen Ernährungs-industrie (BVE) ihren Branchenumsatz auf 171 Mrd. Euro steigern.

3.13.1 Die Situation der Branche

Keiner macht mehr Umsatz als Nestlé, europäische Unternehmen verlieren aber generell an Bedeutung: Das ist das Ergebnis der jährlichen Studie „Trends und Strategien im Kon-sumgütermarkt“ der internationalen Unternehmensberatung OC & C Strategy Consultants über die 50 erfolgreichsten Konsumgüterhersteller der Welt. Für die Analyse haben die Branchenexperten bereits zum zwölften Mal die Kapitalmarktinformationen der weltweit führenden Konsumgüterhersteller unter die Lupe genommen: Das Umsatzwachstum fiel 2012 mit 5,6 % geringer aus als im Vorjahr (7,3 %), ist vor dem Hintergrund des schwieri-gen wirtschaftlichen Umfelds dennoch positiv zu bewerten. Die Rangliste der 50 umsatz-stärksten FMCG-Unternehmen führt wie im vergangenen Jahr Nestlé mit einem Umsatz von 98,4 Mrd. US-Dollar unangefochten an. Erster Verfolger bleibt Procter & Gamble (83,7 Mrd.) auf Rang 2. Unilever (66 Mrd.) klettert im Vergleich zum Vorjahr um einen Platz auf Rang 3. PepsiCo (65,5 Mrd.) rutscht dagegen auf Rang 4 ab und liegt nur noch einen Platz vor dem Erzrivalen Coca Cola (47,9 Mrd.) – dies allerdings mit einem beruhi-genden Umsatzvorsprung von über 17 Mrd. US-Dollar. Wie im Vorjahr ist Henkel (10,4 Mrd.) das einzige deutsche Unternehmen unter den Top 50, verliert aber aufgrund des starken US-Dollars trotz Rekordergebnis in 2012 fünf Plätze und landet auf Platz 47.

Page 45: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

71SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

Die zehn umsatzstärksten FMCG-Unternehmen

Rang Unternehmen Land Umsatz (in Mrd. US-Dollar)

1. Nestlé AG Schweiz 98,4

2. Procter & Gamble USA 83,7

3. Unilever UK/Niederl. 66,0

4. PepsiCo USA 65,5

5. Coca-Cola Company USA 47,9

6. AB InBev Belgien 39,8

7. JBS Brasilien 37,3

8. Mondelez USA 35,0

9. Archer Daniels Midland USA 34,7

10. Tyson Foods USA 33,3

47. Henkel Deutschland 10,4

Quelle: OC&C, 2012

Europa entwickelt sich laut OC&C für die Konsumgüterindustrie zur Wachstumsbremse. Nur 11 % des weltweiten Wachstums der Top-50-Unternehmen werden auf dem europäi-schen Markt erzielt. Der amerikanische Kontinent, Asien und Afrika sind zusammen für 70 % der Zuwächse verantwortlich. „Das Europa-Geschäft der FMCG-Hersteller stagnierte 2012 mit lediglich 1,3 % Wachstum. Im Vergleich zu anderen Regionen verliert der europä-ische Markt allmählich an Bedeutung. Eine erste Verschiebung zugunsten der wachstums-starken asiatischen und afrikanischen Märkte ist bereits vollzogen“, kommentiert Chehab Wahby, International Managing Partner bei OC & C Strategy Consultants und Koautor der Studie, die Ergebnisse. Ludwig Voll, Partner bei OC & C und ebenfalls Koautor der Studie, fügt hinzu: „Das schrumpfende Bruttoinlandsprodukt in West europa und die Flaute beim privaten Konsum machen Europa für die FMCG-Riesen zum Problemfall. Als Wachstums-strategien bleiben vor allem Produkteinführungen, Akquisitionen oder die Erschließung effizienterer Distributionswege. So wird trotz Kostendruck weiter in Wachstum investiert: die Ausgaben der 50 stärksten FMCG-Unternehmen für Forschung und Entwicklung und für Marketing blieben mit durchschnittlich 1,3 bzw. 5,4 % vom Umsatz auf Vorjahresni-veau.“

Mit Kraft Foods ist eine feste Größe der vergangenen Jahre aus den Top 5 des Rankings verschwunden. Der Grund ist die Aufspaltung des Geschäfts in zwei Unternehmen: Hin-ter dem Namen Kraft Foods verbirgt sich zukünftig das amerikanische Lebensmittelge-schäft, während das Auslands- sowie das globale Snack- und Süßwarengeschäft unter dem Namen Mondelez International weitergeführt werden. Trotz der Trennung der Ge-schäftsbereiche verbleiben beide Unternehmen unter den Top 20: Kraft Foods auf Rang 19,

Page 46: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

72

Mondelez als Neueinsteiger sogar auf Rang 8. Die durchschnittliche Umsatzrendite der Top 50 steigt gegenüber dem Vorjahr leicht auf 16,2 %. Die höchsten durchschnittlichen Renditen fuhren die Tabakkonzerne ein (knapp 35 %), gefolgt von Unternehmen im Bier- und Spirituosengeschäft mit rund 23 % und Unternehmen mit einem Schwerpunkt auf Pharmaprodukten (rund 21 %).

Viele Konsumgüterhersteller reagieren auf die Schwäche des europäischen Markts und gehen in andere Richtungen. Auch Henkel geht diesen Weg. Die Düsseldorfer erwirtschaf-ten aktuell 43 % des Gesamtumsatzes in den Wachstumsmärkten Osteuropa, Afrika, Nah-ost, Lateinamerika und Asien (ohne Japan). Diesen Trend möchte Henkel in Zukunft fort-führen – bis 2016 sollen 12 der 20 umsatzstärksten Märkte in den Wachstumsregionen liegen. Ungebrochen sind die Aktivitäten der 50 erfolgreichsten FMCG-Unternehmen in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China). Doch trotz des ausgeprägten Enga-gements kommen die globalen FMCG-Player dort gegen heimische Anbieter nicht an. „Ins-besondere in China bleibt die Marktdurchdringung der internationalen Unternehmen ge-ring und betrug im Jahr 2012 nur 17 %. Die führenden chinesischen Anbieter kommen auf immerhin 38 %. Einige der großen Player könnten hier bald den Anschluss verlieren“, so Ludwig Voll. Ein etwas anderes Bild ergibt sich in Bezug auf Brasilien: Dort stehen die Top 50 (ohne die im Ranking vertretenen brasilianischen Konzerne) mit 36 % Marktanteil besser da. Die führenden lokalen Unternehmen halten einen Anteil von 22 %.

Als Zukunftsmarkt gewinnt vor allem Afrika deutlich an Kontur. Die Bevölkerung und das Bruttoinlandsprodukt wachsen genauso wie die Anzahl der Haushalte, für die Markenpro-dukte infrage kommen – dies sind nur ein paar der Argumente, die für den Kontinent spre-chen. Bislang haben 29 der Top 50 Unternehmen eine Präsenz außerhalb Südafrikas auf-gebaut. Europäische Konsumgüterhersteller sind dabei ihren amerikanischen Konkurren-ten weit voraus. Sie profitieren von frühen Investitionen und erzielen hohe Margen. Pioniere im Markt wie Unilever und Nestlé (Markteintritt vor über 90 Jahren) erzielen et-wa in Nigeria Wachstumsraten von 15 bzw. 20 %. Auch Danone ist in den aufstrebenden Märkten sehr erfolgreich: Seit 1997 wurde der in Westeuropa erzielte Umsatzanteil von 80 auf 40 % reduziert – in Wachstumsregionen im Gegenzug von 20 auf 50 % gesteigert.

Der Markt ist in Bewegung. Zu den größten Übernahmen der vergangenen Jahre zählen die Akquisition von Pfizer Nutrition durch Nestlé, von Asia Pacific Breweries durch Heine-ken sowie von Ralcorp Holdings durch Conagra Foods. Nestlé ließ sich die Übernahme von Pfizer Nutrition 11,6 Mrd. US-Dollar kosten und will damit das Babynahrungs geschäft in den Schwellenländern stärken. Die organische Wachstumsrate belief sich in 2012 auf 4,9 %. Neben Pernod Ricard und Heinz hat auch Unilever ein größeres organisches Wachs-tum erzielt als im Vorjahr. Damit übertrumpfen die Niederländer mit Blick auf das organi-sche Wachstum den Rivalen Procter & Gamble im fünften Jahr hintereinander. Doch im Ranking hat P&G noch einen komfortablen Umsatzvorsprung von gut 17 Mrd. US-Dollar.

SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

Page 47: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

EINSTIEG BEI LIDL

Willkommen in einem starken Team!

Lidl hat mit über 70.000 Mitarbeitern in Deutschland die unterschiedlichsten Jobs für Hochschulabsolventen anzubieten. Starten Sie Ihre Karriere bei uns zum Beispiel im Vertrieb, in der Logistik, in der IT, im Controlling oder im Einkauf. Mit umfangreichen Personalentwicklungsmaßnahmen werden alle Mitarbeiter auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. Und die Bezahlung ist, unab-hängig vom Bereich, übertariflich geregelt – weit über das übliche Branchen-niveau hinaus.

Neben einer ausgezeichneten „Grundausstattung“ erhalten Sie selbstver-ständlich auch Zugang zu einem umfangreichen Weiterbildungsangebot und Förderprogrammen. Und da uns die Gesundheit unserer Mitarbeiter ebenso am Herzen liegt wie ihre geistige Fitness, ermöglichen wir auch die Teilnahme an verschiedenen Sportereignissen. Zum Trollinger Marathon lädt Lidl jedes Jahr alle 70.000 Mitarbeiter nach Baden-Württemberg ein und bezahlt den Lauf-freudigen Anfahrt, Unterkunft, Startgebühr und Laufbekleidung.

Die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter ist die Grundlage für den Unternehmens-erfolg, weshalb wir sie in den Mittelpunkt unseres Handels stellen. Bei Lidl arbeiten Menschen aus über 100 Nationen. Wir respektieren die Vielfalt der Kulturen und erkennen die Verschiedenheit ihrer Werte und Traditionen an. Und wir sind stolz darauf, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im wahrsten Sinne des Wortes aus aller Welt kommen.

Das Handelsunternehmen Lidl gehört zu den führenden Unternehmen im Lebensmittel-Einzelhandel in Deutschland. Wir sind uns unserer Verantwor-tung für Mensch und Natur bewusst und setzen uns kontinuierlich dafür ein, die Bereiche Umwelt und Klimaschutz, Gesellschaftliches Engagement und Sortiment zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise unter dem Motto „Auf dem Weg nach Morgen“ die Lidl-Eigenmarke „Ein gutes Stück Heimat“, Fairglobe- und Biotrend-Artikel, Produkte aus Nachhaltiger Fischerei (MSC) und Produkte mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“.

Mehr Information dazu unter www.lidl.de

Page 48: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

74 SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

3.13.2 Aktuelle Herausforderungen

Zur Konsumgüterindustrie gehören alle Branchen, die Consumer Goods herstellen oder damit handeln. Dazu zählen vor allem die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, die Kos-metik- und die chemische Industrie, die Textil- und Sportartikelindustrie sowie Consumer Electronics. Der Strukturwandel in der Konsumgüterindustrie hält an, Globalisierung und sich verändernde Kaufgewohnheiten stellen die Konsumgüterindustrie vor erhebliche Auf-gaben, allen voran die ständig steigenden Energie- und Rohstoffpreise. Aber auch die nicht abreißen wollende Serie von Lebensmittelskandalen verursachen der Branche Prob-leme. Deren Zukunft liegt vor allem im Ausland: Knapp ein Drittel des Umsatzes wird au-ßerhalb Deutschlands gemacht. Während der deutsche Markt weitgehend gesättigt ist und schrumpft, werden anderswo zweistellige Zuwachsraten verzeichnet. Deutschland ist nach den USA und den Niederlanden der drittgrößte Lebensmittelexporteur der Welt – vor traditionell starken Playern wie Frankreich und Italien. 2012 wurde bei den Auslands-umsätzen erstmals die 50-Mrd.-Euro-Marke geknackt – eine Steigerung um rund 11 %, während der Gesamtmarkt nur um 3,6 % auf 171 Mrd. Euro gewachsen ist. Dennoch gibt es auch für den nationalen Markt aktuell keinen Grund zur Besorgnis, da aufgrund gerin-ger Arbeitslosigkeit und guter Konjunktur die Kaufstimmung gut ist. Mit 82 Mio. Men-schen ist Deutschland nach wie vor der größte Verbrauchermarkt Europas. Die deutsche Bevölkerung ist überdurchschnittlich kaufkräftig, ihr Verbrauchervertrauen liegt deutlich über dem Europadurchschnitt. Die Verbraucher, vom Traditionsbewussten bis zum Trend-setter, verfolgen laut Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH zunehmend individuelle „Value for money“-Konzepte, sie sind in allen Produktsegmenten gleichermaßen offen für No-Name-Produkte wie namhafte Mar-kenartikel. Besonders die Generation 50plus entwickelt sich zu einer attraktiven Zielgrup-pe in Deutschland. Sie stellt die größte Konsumentengruppe dar, ist besonders kaufkräf-tig, anspruchsvoll und qualitätsbewusst.

Wie die Beratungsfirma The Boston Consulting Group feststellt, müssen Konsumgüterher-steller vor allem folgende Fragen für sich beantworten:

■ Wie geht das Unternehmen mit steigendem Kostendruck und Rohstoffrisiken um?■ Wie reagiert das Unternehmen auf einen sich stetig ändernden Konsumentengeschmack

und immer kürzere Produktlebenszyklen?■ Wie lassen sich die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Wünsche der Konsumenten be-

friedigen? Wie reagiert das Unternehmen auf einen sich immer stärker konsolidierenden Einzelhandel?

Und der Personalberater rarecompany AG ergänzt: „Strukturelle Trends wie der demogra-fische Wandel, einsetzende Marktsättigungen und ein immer wieder volatil schwankendes Konsumklima zwingen die Unternehmen zu einem Transformationsprozess entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Es gilt, Verbraucher noch besser als bisher zu verstehen, Produktinnovationen schneller zu platzieren und die operative Exzellenz neben dem Ver-trieb und der Distribution weiter zu optimieren. Welche Strategien versprechen sowohl in aufstrebenden als auch in entwickelten Märkten Wachstum?

Page 49: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

75SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

Schließlich liegt eine große Chance für Konsumgüterhersteller in technischen Neuerungen wie dem Cloud Computing. Wie die Wirtschaftsprüfergesellschaft Deloitte in ihrem 2012er Report „Rethinking the Role of IT for CPG Companies – using Cloud Computing“ feststellte, hinkt das Cloud Computing in der Konsumgüterindustrie gegenüber anderen Branchen noch hinterher – holt jedoch auf und geht dabei weit über rein technische As-pekte hinaus. Die Vorteile gezielter Cloud-Dienste reichen von besseren, intensiveren Kundenbeziehungen über einen attraktiveren Return on Investment (ROI) und geringere IT-Kosten bis hin zu beschleunigten Innovationszyklen. Vor allem ermöglichen sie nun auch kleineren Firmen Skalenvorteile beispielsweise im Supply Chain Management. Cloud Computing kann der Konsumgüterindustrie deutlich mehr bieten als eine Optimierung von Teilbereichen – nämlich Treiber und Herzstück einer kompletten Business Transformation sein. „Die Herausforderungen der Konsumgüterindustrie sind groß und vielfältig: sinkende Markenbindung, Konsumzurückhaltung und der Siegeszug des Mobile Commerce sind nur einige. Der intelligente Einsatz von Cloud Computing ermöglicht den Anbietern die Ent-wicklung eines erneuerten Geschäftsmodells“, kommentiert Andreas Süß, Partner im Be-reich Consumer Business bei Deloitte. Die Cloud ermögliche der Konsumgüterindustrie, ihre Potenziale sukzessive für sich zu entdecken und immer weiter dazuzulernen. Die Fä-higkeit, schnell und effizient Produkte zu entwickeln, die sich am Kundenbedarf orientie-ren, mache die Cloud zum optimalen Instrument für eine Branche, die nur allzu oft von „Me-too“-Produkten geprägt ist. Mit Cloud-basierten Services könne sich die gesamte Konsumgüterindustrie erfolgreich den aktuellen Herausforderungen stellen.

Die stagnierenden westlichen Märkte sind aufgrund der Kaufzurückhaltung und des de-mografischen Wandels heiß umkämpft: Ein Trend, um die Konsumenten für die eigene Marke zu begeistern, ist die sogenannte Mass Customization. Kunden können Produkte nach ihren persönlichen Vorlieben aus einem Alternativenkatalog zusammenstellen – ein Ersatz für kaum bezahlbare, individuelle Produktlösungen. Differenzierungsstrategien der Markenartikler werden durch diese Entwicklung beeinflusst. Unternehmen setzen vor al-lem auf Marketing, um ihr Brandportfolio als strategisches Asset zu pflegen und zu entwi-ckeln – „Branding“ gilt als Religion des Konsumgütermarketings.

3.13.3 Arbeitsmarkt und Einsatzfelder

Vor allem im Marketing, Brand Management und Sales, aber natürlich auch im Einkauf, Supply Chain Management, Finanz- und Controllingbereich, Human Resources und in der Logistik sowie im Vertrieb suchen Konsumgüterunternehmen Nachwuchskräfte. Die Gren-zen der Konsumgüterindustrie sind fließend. Es gibt Berührungspunkte zu vielen angren-zenden Bereichen. In jedem Fall steht im Zentrum der Consumer Goods-Branche das Ma-nagement der Marken. Das meistverbreitete Berufsprofil der Industrie ist daher das des Marketing- oder Brandmanagers. Wichtige Trends der Konsumgüterindustrie sind häufig getrieben von technischen Neuerungen. So ermöglicht, wie oben erwähnt, etwa der Ein-satz von Cloud-Diensten intensivere Kundenbeziehungen, geringere IT-Kosten und be-schleunigte Innovationszyklen. Und ohne den Einsatz von RFID-Chips (Radio-frequency Identification) wären die Lieferketten in Zeiten des globalen Online-Versandhandels schlicht

Page 50: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

76 SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

undenkbar. Damit Konsumgüterhersteller Erfolg haben, müssen sie Werbeaktionen effizi-ent durchführen – ohne die eigenen Produkte im Einzelhandel zu kannibalisieren. Hier kommt das Category Management (Warengruppenmanagement) ins Spiel. Dabei geht es darum, Produktgruppen nach Kundenbedürfnissen zusammenzustellen und im Handel op-timal zu präsentieren. Das Category Management findet deshalb an der Schnittstelle zwi-schen Konsumgüterindustrie und Handel statt.

Welche Fähigkeiten braucht ein Bewerber in der Konsumgüterindustrie? Zu einer Karriere in der Konsumgüterbranche gehört vor allem ein Gespür für Marken und Produkte. Be-sonders für Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieure bieten sich zahlreiche Tätigkeits-felder in der Konsumgüterbranche. Voraussetzung für einen erfolgreichen Berufseinstieg in die Konsumgüterindustrie sind BWL- und Marketingkenntnisse, Spaß an kreativen Pro-blemlösungen und analytische und quantitative Fähigkeiten. Hervorragende Kommunika-tionsfähigkeiten, Flexibilität und Präsentationstalent machen außerdem einen erfolgrei-chen Manager aus. Im Marketing Management-Alltag wird häufig ohne feste Anweisungen von Vorgesetzten oder genaue Verhaltensregeln gearbeitet. Der Erfolg von Projekten wird vor allem durch Meetings und kreative Brainstormings mit Kollegen gewährleistet. Präsen-tationen, Meetings und Marktforschung bestimmen den Tagesablauf eines Produkt- oder Marketingmanagers. Großer Freiraum für eigenständiges Handeln und weitreichende per-sönliche Verantwortung sind also charakteristisch für viele Marketingjobs in der Konsum-güterindustrie. Bewerber sollten sich dieser Arbeitsbedingungen vor dem Einstieg be-wusst sein.

TIPP Praktika sind in der Konsumgüterindustrie für den Berufseinstieg besonders wich-tig. Extrasemester sollten durch Praxis- und Auslandserfahrung oder außeruniversitäres Engagement erklärt werden können. Personaler achten bei Bewerbern vor allem auf eine Affinität zu ihrem Produkt, Branchenkenntnisse und Sinn für Marken.

3.13.4 Einstiegsmöglichkeiten

Die Karrieremöglichkeiten sind ähnlich breit gefächert wie die Industrie der Consumer Goods selbst. Für die Besetzung von Managerpositionen in Sales, Marketing, Human Re-sources, Supply Chain und Finance suchen Unternehmen ständig Top-Absolventen mit internationaler Ausrichtung und Berufserfahrung. Üblich sind der Direkteinstieg oder die Teilnahme an einem Trainee-Programm – viele Unternehmen haben sich für eine der bei-den Möglichkeiten entschieden.

Beispiel Nestlé: Der Branchenprimus bietet für Absolventen sowohl den Direkteinstieg als auch Trainiee-Programme. Die Programme dauern zwei Jahre und können in den Berei-chen

■ Finance & Controlling,■ Marketing & Sales,■ Supply Chain Management,■ Technisches Management,■ Human Resources.

Page 51: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

springer-gabler.de

Prüfungsvorbereitung, die wirklich funktioniert!

Das Motto erfolgreicher Spitzensportler lautet: „Gewonnen wird im Kopf!“. Der Sportler muss zuerst im Kopf gewinnen, wenn er auf das Siegertreppchen will. Für Prüfungskandidaten gilt dasselbe: Bestanden wird im Kopf! Am Beispiel von Muhammad Ali, Britta Heidemann, Vitali & Wladimir Klitschko, Jürgen Klopp, Michael Phelps, Dirk Nowitzki, Kelly Slater, Sebastian Vettel, Serena & Venus Williams und Katarina Witt lernt der Leser, wie mit den Strategien von Spitzensportlern jede Prüfung erfolgreich bestanden wird. Bestanden wird im Kopf! verspricht den Prüfungserfolg. Es basiert auf den Seminaren der Autoren u.a. an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Gaby Mortan, Florian MortanBestanden wird im Kopf!Von Spitzensportlern lernen und jede Prüfung erfolgreich bestehen2. Aufl. 2013. XVII, 226 S. 23 Abb. Brosch. € (D) 19,99 | € (A) 20,55 | *sFr 25,00 ISBN 978-3-658-02857-2

€ (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7% MwSt. € (A) sind gebundene Ladenpreise in Österreich und enthalten 10% MwSt. Die mit * gekennzeichneten Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen und enthalten die landesübliche MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.

Jetzt bestellen: springer-gabler.de

Page 52: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

78

absolviert werden. Einsteiger bekommen von Anfang an einen unbefristeten Arbeitsver-trag sowie einen erfahrenen Coach an die Seite. Wie genau die Traineezeit abläuft, wird individuell entschieden. Üblich sind etwa beim Finance & Controlling-Programm sechs Monate in einem Werk, während der man das Prozesscontrolling an verschiedenen Stati-onen, wie Produktion, Verpackung, Planung, Wareneingang und Lager, kennenlernt. Der Schwerpunkt als Controller liegt auf dem Jahres- bzw. Monatsabschluss, der Erstellung und Analyse von Abweichungsberichten sowie Prognosen. Danach können 15 Monate in der Zentrale folgen, in denen Corporate Controlling, Vertriebscontrolling und technisches Controlling im Vordergrund stehen. Themen wie Investitionscontrolling, Transferpreisbe-rechnung, Deckungsbeitragsrechnungen oder Verkaufspreiskalkulationen werden behan-delt. Man beschäftigt sich mit Marketingbudgets, Konditionscontrolling, Quartalsab-schlüssen, Prognosen und Umsatzreportings, sodass der Trainee einen ziemlich guten Einblick in diese Bereiche bekommt. Danach folgen drei Monate Auslandseinsatz an ei-nem der europäischen Unternehmen. Als Controller erfolgt im Anschluss an das Trainee-Programm ein Einsatz entweder in einem der Werke oder in der Zentrale. Im Bereich Mar-keting & Sales ist zunächst ein einjähriger Sales-Einsatz üblich. Als Begleiter eines Be-zirksleiters lernt der Trainee in den ersten vier Wochen eingehend die Verkaufspraxis im Außendienst kennen. In den anschließenden fünf Monaten steht die eigenständige Betreu-ung eines Verkaufsbezirks als Bezirksleiter auf dem Plan. In dieser Zeit werden Verkaufs- und Platzierungsgespräche mit Kunden, Bestellungen und die Erfüllung von Verkaufsvor-gaben trainiert. In der Zentrale steht ein Einsatz im Key Account Management an, wo Er-fahrungen in Bezug auf strategische Kundenprojekte gesammelt und Einblicke in neue Abteilungen wie das Category Channel Sales Development (CCSD) erworben werden. Im anschließenden neunmonatigen Marketingeinsatz begleitet man einen erfahrenen Brand-manager und lernt, wie man die Marketinginstrumente einsetzt, wie Produktkonzepte er-arbeitet, Verpackungs-Relaunches und Promotion-Aktionen durchgeführt und Wettbewer-ber beobachtet werden und wie mit Agenturen zusammengearbeitet wird. Nach dem obli-gatorischen dreimonatigen Auslandseinsatz äußert der Trainee seinen Einsatzwunsch. Das Management nimmt diesen Wunsch auf und stimmt ihn mit den vakanten Stellen ab. Die zukünftige Position ist dann entweder im Bereich Sales oder Marketing, zum Beispiel als Sales Analyst, Junior Brandmanager oder Junior Category Channel Sales Development Manager.

Web-Link www.nestle.de/Karriere/Absolventen/Pages/default.aspx

Beispiel Unilever: Mit 400 Marken in über 14 Kategorien mit Haushaltsreinigern, Körper-pflegeprodukten und Lebensmitteln berührt kein anderes Unternehmen den Alltag so vie-ler Menschen auf so unterschiedliche Weise wie Unilever. Weltweit arbeiten 170.000 Men-schen für den Konzern. Das Managementnachwuchsprogramm entwickelt und begleitet Absolventen bis zu ihrer ersten Managementposition. Trainees übernehmen als Junior Ma-nager vom ersten Tag an in einem konkreten Job Verantwortung. Sie durchlaufen verschie-dene Fachbereiche und übernehmen dabei vielfältige Aufgaben und Projekte. Fachsemi-nare und Soft Skill Trainings helfen dabei, vielseitig einsetzbare Management-Allrounder

SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

Page 53: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

79SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

zu entwickeln, denen alle Türen bei Unilever offen stehen. Die Programme dauern zwei Jahre.

Möglich sind Programme in den Bereichen

■ Marketing,■ Supply Chain Management Research & Development,■ Customer Development,■ Finanzmanagement/Controlling,■ Human Resources,■ Technisches Management.

Im Programm Supply Chain Management lernt der Starter, wie sämtliche Glieder der Ver-sorgungskette – von der Beschaffung von Rohmaterialien bis zur Auslieferung der fertigen Produkte zusammenhängen, egal ob es sich dabei um Gesichts- oder um Eiscreme han-delt. Der größte Unternehmensbereich von Unilever sorgt dafür, dass die Produkte stets in den Regalen verfügbar sind, und das zum bestmöglichen Preis. Stationen sind zum Beispiel Bedarfs- und Absatzplanung, Einkauf, Produktion und Logistik. Welche Voraussetzungen brauchen Absolventen dafür? Auf den Karriereseiten von Unilever heißt es hierzu: „Du soll-test organisiert sein, gerne mit anpacken und mit Menschen ebenso gut umgehen können wie mit Projekten, Informationen und Veränderungen. Die ideale Basis: ein Wirtschafts- oder Ingenieurstudium mit Schwerpunkt Logistik, Betriebssteuerung oder Finanzen.“

Web-Link www.unilever.de/careers/graduates/

Beispiel Henkel: Henkel ist weltweit bekannt und in den drei Geschäftsfeldern Wasch-/Reinigungsmittel, Schönheitspflege und Klebstofftechnologien tätig. Das 1876 gegründe-te Unternehmen hält mit bekannten Marken wie Persil, Schwarzkopf oder Loctite global führende Marktpositionen im Konsumenten- und im Industriegeschäft. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Düsseldorf. Von rund 47.000 Mitarbeitern sind über 80 % außerhalb Deutschlands tätig. Damit ist Henkel eines der am stärksten international ausgerichteten Unternehmen in Deutschland. Henkel verfügt über eine ganz eigene Karrierephilosophie: das Triple Two. In mindestens zwei Funktionen, in zwei Ländern und in zwei Unterneh-mensbereichen vertiefen Einsteiger ihre berufliche und persönliche Erfahrung und bauen ihr internationales Netzwerk aus. Dazu analysieren und bewerten die Führungskräfte im ersten Schritt, dem Development Round Table, die Leistung sowie das Entwicklungspoten-zial ihrer Mitarbeiter. Im zweiten Schritt, dem Performance and Development Dialogue, werden in einem vertraulichen Gespräch zwischen dem Mitarbeiter und dem Vorgesetzten die erbrachten Leistungen besprochen und mit den Zielvereinbarungen abgeglichen. Das führt zu Klarheit und dem wichtigen gemeinsamen Verständnis über die eigene Leistung und das Potenzial. Dies bildet das Fundament für die individuelle Entwicklungsplanung aller Mitarbeiter. Und die reicht von Fachtrainings über Coachings bis hin zur Planung der nächs-ten Position – nicht selten im Ausland oder auch in einem anderen Geschäftsbereich.

Web-Link www.henkel.de/karriere.htm

Page 54: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

80

3.13.5 Verdienstmöglichkeiten

Die Konsumgüterindustrie zahlt gut. Doch die Spanne zwischen hohen und niedrigen Ein-kommen ist groß. Einsteiger sollten die wesentlichen Gehaltsfaktoren kennen.

Handel und Konsumgüterindustrie bieten Absolventen auf den ersten Blick vergleichbare Einstiegspositionen. Jobs gibt es etwa im Produktmanagement, im Controlling, in der Lo-gistik oder im Vertrieb. Doch die Aufgaben unterscheiden sich häufig, und das gilt auch für die Gehälter in beiden Branchen. Meist gilt: Wer seine Laufbahn in der Konsumgüterindus-trie beginnt, kann mit einem höheren Einkommen rechnen als im Handel.

Auch innerhalb der beiden Branchen variieren die Einkommen teils erheblich, wie eine aktuelle Studie der Vergütungsberatung Personalmarkt zeigt. Neben dem Abschluss und der Fachrichtung wirken sich der Einsatzbereich, die Firmengröße und der Unternehmens-standort auf die Höhe des Gehalts aus. Für Einsteiger in die Konsumgüterindustrie liegt der Median beim Gehalt bei knapp 40.400 Euro im Jahr. Im Vergleich zum Handel schnei-den sie damit um beinahe 5.000 Euro besser ab.

Allerdings ist auch die Spanne zwischen hohen und niedrigen Verdienstmöglichkeiten nach wie vor größer als im Handel. Die Hälfte der Einsteiger bewegt sich laut Personal-markt-Auswertung zwischen 33.600 und 47.600 Euro, die anderen 50 % zu gleichen Teilen darunter oder darüber.

Das Gehalt hängt stark davon ab, in welcher Abteilung der Einstieg erfolgt. Klarer Spitzen-reiter ist der Produktmanager mit 48.700 Euro. Experten für Finance und Controlling finden sich mit gut 44.600 Euro auf dem 2. Platz wieder. Es folgen der Einkauf (44.500 Euro) und die Logistik (42.700 Euro). Der Vertrieb (42.000 Euro) steht deutlich besser da als im Handel (dort: 32.300 Euro) und verweist das Marketing auf den letzten Platz (40.000 Eu-ro). Anders als im Handel setzen sich Absolventen mit Masterabschluss bei Markenher-stellern stärker vom Bachelor ab. Im Mittel zahlt sich der höhere Abschluss mit einem Plus von etwa 9.000 Euro aus.

Ein klares Ranking ergibt sich auch beim Blick auf die Fachrichtungen. Informatiker ver-dienen sowohl im Handel als auch in der Konsumgüterindustrie am meisten. Bei den Mar-kenherstellern liegt der Mittelwert bei 50.000 Euro. Platz 2 belegen die Ingenieure mit 45.400 Euro. Es folgen die Naturwissenschaftler (44.700 Euro) und die Juristen (41.900 Eu-ro), anschließend die Wirtschaftswissenschaftler (40.000 Euro). Die Gesellschafts-, Sprach- und Kulturwissenschaften belegen die hinteren Plätze mit einem Median von 30.700 Euro.

Auch die Größe der Firma spielt eine wichtige Rolle für das Einkommen. Als Faustregel gilt: Je größer der Betrieb, desto höher ist das Einstiegsgehalt. Die Differenzen können im fünfstelligen Bereich liegen. Regionale Unterschiede fallen ebenfalls ins Gewicht. Je wei-ter der Blick nach Süden und nach Westen geht, umso besser sind die Gehaltsaussichten.

SPECIAL KONSUMGÜTERINDUSTRIE

Page 55: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

813.14 ÖFFENTLICHER DIENST

3.14 Öffentlicher Dienst

„Gute Beschäftigungsbedingungen, konkrete Entwicklungs-perspektiven, flexible Arbeitszeitmodelle“

Interview mit Cornelia Rogall-Grothe, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern und Beauftragte der Bundes regierung für Informationstechnik, Berlin

Wie bewerten Sie die Lage der öffentlichen Haushalte und den Arbeitsmarkt „Öffentlicher Dienst“ mit Blick auf 2014/2015?

Die Bundesregierung führt ihren erfolgreichen Kurs einer wachstumsfreundlichen Haus-haltskonsolidierung fort. Auf dieser Basis können wir zuversichtlich in die Zukunft schau-en. So konnten wir aufgrund der Anstrengungen in den letzten Jahren unser Ziel einer dauerhaften Einsparung von über 10.000 Stellen in der Bundesverwaltung vorzeitig errei-chen. Dadurch können wir seit 2013 darauf verzichten, pauschal Stellen einzusparen. Ich freue mich, dass sich der Handlungsspielraum für die Einstellung von Personal dadurch wieder vergrößert hat.

Welche Schwerpunkte, Innovationen, werden Treiber des Arbeitsmarktes sein?

Die Entwicklung des öffentlichen Dienstes werden in den nächsten Jahren vor allem zwei Dinge prägen: der demografische Wandel und die Modernisierung der Bundesverwaltung. Gute Beschäftigungsbedingungen mit konkreten Entwicklungsperspektiven und flexible Arbeitszeitmodelle, die sich am Bedarf des einzelnen Mitarbeiters orientieren, werden für den öffentlichen Dienst im Wettbewerb mit privaten Arbeitgebern um qualifizierte Arbeits-kräfte der Schlüssel zum Erfolg sein.

Welche Disziplinen finden sich?

Die Arbeit im öffentlichen Dienst ist äußerst vielseitig und spannend. In den Ministerien als oberste Verwaltungsebene des Bundes arbeiten Juristen, Wirtschafts-, Natur- und So-zialwissenschaftler, Informatiker und viele andere Spezialisten in Teams daran, die Grund-lagen für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft ständig fortzuentwickeln. Die meisten Beschäftigten der Bundesbehörden verwalten nicht – sie gestalten. Sie nutzen moderne Informationstechnologien, wir bieten ihnen breit gefächerte Fortbildungsmög-lichkeiten und Karrierechancen.

Welche Perspektiven haben Frauen?

Im internationalen Vergleich sehen wir in Deutschland Potenziale, Frauen noch stärker in die Berufstätigkeit einzubeziehen. Allein im Bundesinnenministerium haben wir schon heute weit über 100 verschiedene Arbeitszeitmodelle, die wir unseren Beschäftigten vor-rangig wegen der Wahrnehmung familiärer Verpflichtungen von der Kinderbetreuung bis zur Pflege von Angehörigen anbieten können. Und die technische Entwicklung wird uns helfen, weitere Modelle wie etwa das mobile Arbeiten weiterzuentwickeln und noch mehr

Page 56: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

82 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

Flexibilität zu erproben. Darüber hinaus werden auch in der öffentlichen Verwaltung inter-kulturelle Kompetenzen weiter an Bedeutung gewinnen, weshalb wir auch den Anteil des Personals mit Migrationshintergrund erhöhen wollen.

Welche Folgen hat der demografische Wandel für die Gewinnung von Führungskräften für den öffentlichen Dienst?

Nicht zuletzt muss auch unsere Führungskultur noch stärker als bisher darauf ausgerich-tet sein, dass sich die Beschäftigten für ihre Arbeit verantwortlich und motiviert fühlen und für ihre guten Leistungen auch Wertschätzung und Respekt erfahren. Dafür brauchen wir die richtigen Führungskräfte. Das bedeutet, der öffentliche Dienst ist einerseits aufge-rufen, das Leistungsspektrum an die demografischen Veränderungen anzupassen, und andererseits frühzeitig die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um weiterhin kluge Köpfe für die staatlichen Aufgaben zu gewinnen.

3.14.1 Die Branche in Zahlen

Unter dem Begriff „öffentlicher Dienst“ sammelt sich eine Vielfalt von Dienstleistungen – und beruflichen Positionen mit unterschiedlichem Status: Der öffentliche Dienst wird nur auf den ersten Blick durch Arbeitnehmer mit Beamtenstatus bestimmt. Zu den öffentlich Bediensteten gehören auch angestellte Arbeitnehmer in Verwaltungen von Bund, Land und Kommunen wie beispielsweise Richter und Soldaten. Öffentliche Jobs finden sich nicht nur im Rathaus, sondern gleichfalls in Straßenbaubetrieben, Stadtwerken oder Kran-kenhäusern.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Beschäftigten im öffentli-chen Dienst seit der Wiedervereinigung um etwa ein Drittel gesunken. Zwischen 1991 und 2008 sank die Zahl der Beschäftigten von 6,74 auf 4,51 Mio., bis 2011 erhöhte sie sich leicht auf 4,60 Mio. (Westdeutschland: 3,89 Mio./Ostdeutschland: 0,71 Mio.).

Von den 4,60 Mio. Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Jahr 2011 waren 59,1 % Arbeit-nehmer, 36,9 % Beamte und Richter sowie 4,0 % Berufs- und Zeitsoldaten. 1991 lag der Anteil der Arbeitnehmer an allen Beschäftigten im öffentlichen Dienst noch bei 68,8 %. Die Reduzierung des Personalbestandes ging demnach vor allem zulasten der beschäftig-ten Arbeitnehmer (etwa im Vergleich zu Beamten) – ihre Zahl reduzierte sich zwischen 1991 und 2011 von 4,64 auf 2,72 Mio. (– 41,4 %). Die Zahl der Beamten und Richter verrin-gerte sich laut Bundeszentrale für politische Bildung im selben Zeitraum um lediglich 7,9 %.

Insgesamt sank die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Mitte 1995 bis Mit-te 2012 um mehr als eine Dreiviertelmillion. Dies geht aus der Antwort der Bundesregie-rung (18/780) auf eine kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/656) Anfang 2014 her-vor. Danach verringerte sich die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst von gut 5,37 Mio. Ende Juni 1995 kontinuierlich auf knapp 4,51 Mio. Ende Juni 2008. Sie stieg anschließend wieder auf fast 4,62 Mio. Ende Juni 2012 an. Die personalintensivsten Berei-

Page 57: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

833.14 ÖFFENTLICHER DIENST

che sind das Bildungswesen, die soziale Sicherung sowie die innere und äußere Sicher-heit.

Ausblick: Neben der sinkenden Zahl von Beschäftigten ist der öffentliche Dienst auch durch qualitative Veränderungen geprägt, die Folgen für künftige Bewerber haben kön-nen: So stieg zwischen 1991 und 2011 der Anteil der Teilzeitbeschäftigten von 15,8 auf 32,2 %. Im Jahr 2000 nutzten lediglich 58.247 Beschäftigte die Altersteilzeitregelung, 2011 waren es bereits 255.982. Fast jeder vierte öffentlich Beschäftigte ab dem 55. Le-bensjahr war 2011 in Altersteilzeit. Neben dieser Flexibilisierung von Arbeit weisen öffent-liche Arbeitgeber auf die hohe Frauenquote hin. Sie stieg zwischen 1991 und 2011 von 47 auf 54,2 %. Zu bedenken ist dabei: Frauen nutzen eher als Männer Teilzeitmodelle – und Frauen sind in bestimmten Arbeitsbereichen stark überrepräsentiert wie beispielsweise in Tageseinrichtungen für Kinder. In Schulen sind von 957.943 Beschäftigten fast 70 % weiblich. Dagegen dominieren Männer in den Bereichen Verteidigung, Verkehrs- und Nachrichtenwesen, Wirtschaftsunternehmen sowie Bundespolizei und Polizei. Hier haben Frauen nur einen Anteil von etwa einem Viertel.

Im Jahr 2011 waren 6,2 % der Beschäftigten im öffentlichen Dienst jünger als 25 Jahre, 17,9 % waren zwischen 25 und unter 35 Jahren und gut die Hälfte gehörte zur Gruppe der 35- bis unter 55-Jährigen (52,9 %). 14,3 % waren zwischen 55 und unter 60 Jahren, die 60-Jährigen und Älteren hatten 2011 einen Anteil von 8,7 % an allen Beschäftigten im öf-fentlichen Dienst.

Die durchschnittlichen Bruttomonatsbezüge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes lagen im Juni 2011 bei 2.840 Euro. Dabei lagen die Bezüge bei Beamten, Richtern, Berufs- und Zeitsoldaten bei durchschnittlich 3.280 Euro und bei Arbeitnehmern bei durchschnitt-lich 2.540 Euro. Allerdings hängt die Höhe der Bezüge entscheidend von der jeweiligen Besoldungs- bzw. Entgeltgruppe ab. So lagen Mitte 2011 die durchschnittlichen Bruttomo-natsbezüge bei Beamten, Richtern, Berufs- und Zeitsoldaten zwischen 1.130 Euro (Auszu-bildende) und 7.290 Euro (Besoldung nach Besoldungsordnung B). Bei den Arbeitnehmern war die Spanne mit durchschnittlich 860 Euro für Auszubildende und 7.420 Euro für au-ßertariflich bezahlte Arbeitnehmer noch größer.

Wer sich für den Bereich des öffentlichen Dienstes interessiert, muss sich zwischen dem einfachen, dem mittleren, dem gehobenen und dem höheren Dienst entscheiden, wobei für den Letztgenannten ein geeignetes abgeschlossenes Studium Voraussetzung ist. Dies kann beispielsweise ein Jurastudium oder ein Studium der Wirtschafts- oder Sozialwissen-schaften sein. Im öffentlichen Dienst haben Wirtschaftswissenschaftler vornehmlich die Aufgabe, die wirtschaftlichen Auswirkungen politischer Maßnahmen einzuschätzen. Auch ein Masterabschluss einer Fachhochschule kann den Weg zum höheren Dienst öffnen. Allein mit einer Hochschulzugangsberechtigung ist nur der Zugang zum gehobenen nicht-technischen Dienst möglich.

Auch wenn es viele wirtschaftswissenschaftliche Absolventen wegen besserer Verdienste in die freie Wirtschaft zieht: Der Staatsdienst bleibt dank seiner Absicherung interessant. Eine Studie des Beamtenbundes aus 2011 befragte junge Leute: 61 % konnten sich eine Laufbahn beim Staat vorstellen. Als wichtigsten Grund nannten 84 %: „Sicherheit des Ar-beitsplatzes“.

Page 58: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

84 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3.15 Pharmaindustrie

„Vielseitig, international und leistungsgerechte Bezahlung“

Interview mit Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer, Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V., Berlin

Wie bewerten Sie den Arbeitsmarkt für Akademiker im Bereich Pharma?

Recht gut. Grundsätzlich ist der Arbeitsmarkt in der forschungsintensiven Pharmabranche immer in Bewegung und das bringt Chancen mit sich. Die Arbeitsmarktzahlen 2012 zeigen eine leichte Zunahme gegenüber 2011. Demnach waren rund 110.000 Personen in Betrie-ben beschäftigt, die pharmazeutische Erzeugnisse herstellen. Im Jahr 2011 waren es noch rund 105.000 Beschäftigte.

Wie fällt Ihre Sicht auf den Arbeitsmarkt von morgen aus?

Der Arbeitsmarkt Pharmaindustrie ist im Unterschied zu vielen anderen Branchen eher krisenfest. Das liegt daran, dass bei uns langfristig investiert und dynamisch gearbeitet wird. Ständig ist man auf der Suche nach neuen Wirkstoffen und Therapieoptionen. Da Forschung vom Know-how lebt, werden auch in Zukunft kluge Köpfe gesucht, insbesonde-re Naturwissenschaftler, ebenso Ingenieure, BWLer und Juristen. Aber auch Geisteswis-senschaftler sind gefragt, etwa im Marketing und in der Öffentlichkeitsarbeit. Innovatio-nen und Fortschritt sind Trümpfe der Pharmaindustrie.

Wie bestimmend sind die Arbeitsfelder Forschung und Entwicklung für die Pharmaindustrie?

Die Pharmaindustrie investiert aktuell rund 14 % ihres Umsatzes aus eigenen Erzeugnis-sen in Forschung und Entwicklung. Damit liegt sie als forschungsintensivste Branche noch vor der Luft- und Raumfahrtindustrie, die rund 12 % des Umsatzes für Forschung und Entwicklung ausgibt. Überhaupt hat die Gesundheitswirtschaft Zukunft, sie wächst nicht zuletzt aufgrund des demografischen Wandels und längerer Lebenserwartung überdurch-schnittlich. Trotz des Trends zur Abwanderung von Produktion aus Deutschland gibt es auch in fünf bis zehn Jahren noch gute Jobaussichten. Gerade in diesem Wirtschaftszweig zeigt der demografische Wandel sein doppeltes Gesicht: Einerseits entsteht mit steigen-dem Lebensalter mehr Bedarf an Gesundheitsleistungen, andererseits gibt es weniger Nachwuchs, was auch für die pharmazeutischen Unternehmen eine Herausforderung dar-stellt. Dafür sehen wir sie aber gut gewappnet, denn die pharmazeutische Industrie ist ein beliebter Arbeitgeber, nicht zuletzt aufgrund der vielseitigen Aufgaben, der Internationali-tät und der leistungsgerechten Gehälter.

Welche Schwerpunkte werden Treiber des Arbeitsmarktes sein?

Vor allem die Biotechnologie ist ein Zugpferd. Unsere BPI-Pharmadaten zeigen, dass sich Biotech dynamisch entwickelt, hier stieg der Umsatz im Zeitraum von 2010 bis 2012 von

Page 59: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

853.15 PHARMAINDUSTRIE

rund 2,3 Mrd. Euro auf fast 3 Mrd. Euro. In solchen Märkten entstehen zusätzliche Ar-beitsplätze. Generell müssen Bewerber in der exportorientierten Pharmabranche oft da-mit rechnen, außerhalb Deutschlands eingesetzt zu werden. Am Standort Deutschland selbst führt eine für uns eher negative Entwicklung dazu, dass immer mehr Fachspezialis-ten benötigt werden: die zunehmende staatliche Regulierung. Wer heute ein Medikament zur Zulassung und auf den Markt bringen will, muss aufgrund von staatlichen Regularien immer mehr Geld und Zeit investieren. Wir brauchen automatisch mehr Personal, auch juristisch geschulte Mitarbeiter, die durch den Dschungel staatlicher Auflagen blicken und den besten Weg für das Unternehmen finden.

3.15.1 Die Branche in Zahlen

In Deutschland agieren laut Daten des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) 2013 über 850 pharmazeutische Unternehmen. Dazu gehören forschende Unterneh-men, Unternehmen aus den Segmenten Generika, Biotechnologie, pflanzliche Arzneimit-tel, Homöopathie/Anthroposophie sowie Pharmadienstleister: Davon haben mehr als drei Viertel weniger als hundert Mitarbeiter. Nur 6,5 % haben über 500 und 18,7 % 100 bis 499 Beschäftigte. Die Branche ist heterogen. Sie ist einerseits geprägt durch mittelstän-dische Firmen, andererseits durch Global Player. Fast zwei Drittel der rund 240 Mitglieds-unternehmen im Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie waren 2012 inhaberge-führt, hier sind etwa 70.000 Menschen beschäftigt. Rund 90 % der BPI-Firmen sind so-wohl im In- als auch im Ausland engagiert.

Die größten Umsätze im Inland erzielen laut IMS Health jedoch die schweizerischen Un-ternehmen Novartis und Roche. Bayer liegt als größter deutscher Pharmahersteller auf Rang 7. Trotz internationaler Konkurrenz und nationaler Regulierung kann die Pharma-branche ihre Gesamtproduktion dank Export gegenüber 2011 um fast 0,3 % auf 27,7 Mrd. Euro steigern. Rund 303.000 Personen waren 2011 in Deutschland im Pharmahandel tä-tig. Davon bekleideten drei Viertel ihren Arbeitsplatz in Apotheken, wovon wiederum 60 % in Teilzeit arbeiteten. Ein Viertel ist im Großhandel mit pharmazeutischen Erzeugnissen tätig, so das Statistische Bundesamt (Destatis) 2012.

Ausblick: Für 2014 rechnen Branchenkenner wieder mit höheren Umsatzerlösen der Pharmaindus trie. Dabei gelten Biopharmazeutika, so die Marktforscher von IMS Health, als bedeutende Wachstumsfaktoren im Arzneimittelmarkt. Rund 23 % der Ausgaben der Gesetz lichen Krankenversicherung (GKV) entfielen derzeit auf diesen Bereich, so IMS Health. Zusätzliches Wachstum erwartet IMS in „Pharmerging Markets“. Dazu zählen Chi-na, Brasilien, Indien, die Türkei und andere Schwellenländer. Der Ausbau der (Kranken-)Versicherungssysteme führt zu erhöhter Nachfrage nach Arzneimitteln und einem Wachs-tum der – international – orientierten Pharmaindustrie. Eine starke Auslandsnachfrage meldet auch der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa). Hier blieb der Per-sonalstand bei 77.600 Stellen.

Page 60: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

86 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

3.16 Textilwirtschaft

Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie ist die zweitgrößte Konsumgüterbranche Deutschlands. Sie beschäftigt gemäß Konjunkturbericht 1/2014 des Gesamtverbands textil + mode knapp 120.000 Mitarbeiter im Inland. Dabei sinkt die Beschäftigung im Be-reich Bekleidung um minus 2,5 % und im Segment Textil um 1,5 %. Der Umsatz erreicht 2013 insgesamt rund 24,5 Mrd. Euro. Hinzu kommen etwa 280.000 Beschäftigte im Aus-land. In dieser Zahl sind nicht die Arbeitskräfte von Betrieben enthalten, die im Auftrag deutscher Unternehmen produzieren.

Heute stammen weniger als 5 % der im Inland verkauften Bekleidung aus heimischer Her-stellung. „Made in Germany“ sank 2013 weiter, allerdings nur leicht um 1,9 % bei Beklei-dung. Motor dieser Entwicklung sind auch die Discounter, die dem Bekleidungseinzelhan-del Marktanteile abgenommen haben. Die konventionellen Modehändler profitierten 2013 nicht vom guten Konsumklima. Der Textileinzelhandel verlor 2 % Umsatz.

Hier offenbart sich eine Folge des Strukturwandels: Auf der Seite des Konsums ist er ge-prägt durch Online-Handel und Modeketten. Auf der Seite der Produktion sind es Produk-tionsrückgänge im Inland und Produktionsverlagerungen in das lohnkostengünstigere Ausland. So sank die Produktion in Deutschland zwischen 1991 und 2010 um 70 %. Zwi-schen 1995 und 2005 sank die Zahl der Betriebe und Beschäftigten jeweils um knapp 50 %. Von 2005 bis 2010 nahm sie um knapp ein Viertel weiter ab.

Dabei setzt sich ein Trend fort: Im Inland werden anspruchsvolle Textilien erzeugt. Sie er-fordern zwar höhere Personalkosten, doch die zahlen sich aus. Stärkste Wachstums-treiber sind Textilien, die in Hightech-Produkten weiterverarbeitet werden und die Hälfte des Branchenumsatzes ausmachen. Ein weiteres Wachstumsfeld sind technische Textili-en: Transportbänder oder nanobeschichtete, schmutzabweisende Stoffe für Markisen. Matratzen und Teppiche verfügen über textile Techniken, die Schadstoffe in der Umge-bungsluft (zum Beispiel Nikotin) absorbieren. Die Autowirtschaft benötigt Sicherheitsgur-te oder Cabriodächer. Die Bauwirtschaft setzt textilbewehrten Beton ein und textile Dämmstoffe, die den Energieverbrauch reduzieren. Die Medizin nutzt antimikrobakterielle OP-Textilien für Wundverbände, die nicht mehr gewechselt werden müssen.

Ausblick: Der konventionelle Markt der Bekleidungsindustrie erscheint auf den ersten Blick wenig innovativ. Aber: Die Quote mit über 25 % Innovationen ist indes sogar über-durchschnittlich groß. Die Jobs für Akademiker sind entsprechend modern: Marketing, Design, Vertrieb, Controlling, Betriebssteuerung. Nachwuchskräfte der Modebranche ha-ben Adidas im zweiten Jahr in Folge zum Top-Arbeitgeber der Modebranche gewählt. So das Ergebnis der Studie „Working in Fashion 2013“ der Fachzeitschrift TextilWirtschaft (Deutscher Fachverlag). Es folgen Hugo Boss und Marc O'Polo. Auffällig ist: Der Otto-Versand, bisher Nummer 2, fällt auf Platz 9 im Jahr 2013. Auch C&A und Esprit verloren jeweils vier Plätze. Zalando, Neueinsteiger, rangiert im Gesamtranking auf Platz 22.

Page 61: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

873.17 TOURISTIK

3.17 Touristik

„Kaufmännische und analytische Fähigkeiten werden im Touris-mus immer mehr gebraucht.“

Interview mit Prof. Armin Brysch, Vorsitzender des Ausschusses Bildung im Deutschen ReiseVerband e.V. (DRV), Berlin

Wie fällt Ihre Sicht auf den Arbeitsmarkt Tourismus von morgen aus?

Aufgrund der rückläufigen Schülerabgangszahlen nimmt die Anzahl der Bewerber auf dem Arbeitsmarkt insgesamt spürbar ab. Motivierte und engagierte Schüler haben daher gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz in der Tourismusbranche oder einen Studienplatz im Tourismus. Klar ist: Die Deutschen sind seit Jahren Reiseweltmeister und werden auch in Zukunft gerne reisen. Der Bedarf an Nachwuchskräften für die Tourismusbranche wird daher weiter wachsen. Eine zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausbildung im Tourismus ist, dass sich Nachwuchskräfte den sich ständig verändernden Herausforde-rungen stellen. So werden beispielsweise kaufmännische und analytische Fähigkeiten in allen Bereichen noch stärker nachgefragt werden.

Wie beurteilen Sie den Stellenwert akademischer Bildung für die Karriereperspektiven von Nachwuchskräften im Tourismus?

Die Arbeitsmöglichkeiten in der Reisebranche sind sehr abwechslungsreich. In Deutsch-land gibt es knapp 10.000 Reisebüros, rund 2.500 Reiseveranstalter und viele sogenann-te Leistungsträger, dazu zählen unter anderem Reservierungssysteme, Mietwagenanbie-ter, Fluggesellschaften, Hotels und IT-Dienstleister, Tourismusämter oder Versicherungen. Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind daher völlig unterschiedlich. Insbesondere für die Arbeit im Reisebüro ist eine akademische Ausbildung weit weniger wichtig als eine duale, die theoretische und praktische Kenntnisse vermittelt. Vielmehr ist der praktisch ausgerichtete Ausbildungsberuf der Tourismuskaufleute von enormer Bedeutung. In grö-ßeren Unternehmen, in denen die Mitarbeiter auch strategische und Führungsaufgaben übernehmen, ist eine akademische Ausbildung in den meisten Fällen allerdings unerläss-lich.

3.17.1 Die Branche in Zahlen

Bei über 10.200 Reisebüros und über 2.500 Reiseveranstaltern in Deutschland sind rund 64.000 Mitarbeiter beschäftigt. Der Arbeitsmarkt geht über den Kernbereich hinaus. Nach dem Handwerk ist die Reisebranche der größte Arbeitgeber in Deutschland. Touris-mus schafft 2,9 Mio. Arbeitsplätze, das sind 7 % der Erwerbstätigen, so die Studie „Wirt-

Page 62: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

88 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

schaftsfaktor Tourismus“ vom Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Jeder 14. Arbeitnehmer ist im Tourismus beschäftigt. Zudem stellt die Branche mehr als 114.000 Ausbildungsplätze.

Mit Ausnahme des Wirtschaftskrisenjahres 2009 stiegen die Umsätze der Reisebüros in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich auf 22,4 Mrd. Euro, die der deutschen Reise-veranstalter auf 23,3 Mrd. Euro.

Die direkten Einkommenseffekte des Tourismus, so der Deutsche Reiseverband, betragen 97 Mrd. Euro. Dies entspricht 4,4 % der gesamten Bruttowertschöpfung – dem Gesamt-wert aller produzierten Waren und Dienstleistungen – in Deutschland. Wenig bekannt: Der Wirtschaftsbereich rangiert damit vor Bau, Maschinenbau und Kfz-Produktion. Vor allem strukturschwächere Räume profitieren vom Tourismus.

Ausblick: Immer wichtiger werden zwei Dinge, die sich auch auf den Arbeitsmarkt auswir-ken. Erstens: Geschäftsreisen. In Deutschland machen sie ein Drittel aller Reisen aus. Zweitens: der demografische Wandel. Immer mehr Best Ager haben Zeit und Geld für Reisen. Der Boom des Kreuzfahrttourismus ist ein Indiz. Derzeit buchen 50- bis 75-Jährige knapp die Hälfte aller Veranstalterreisen, obwohl sie nur ein Drittel der Bevölkerung aus-machen.

3.18 Personal- und Unternehmensberatung

„Akademisch geprägte Branche mit Nachwuchsbedarf“

Interview mit Wolfram Tröger, stellvertretender Vorsitzender Fachverband Personalberatung im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU), Bonn

Wie bewerten Sie 2014 den Arbeitsmarkt für Akademiker im Bereich Consulting?

Wir hatten 2013 und auch bereits im 1. Quartal 2014 eine gute Nachfrage der Klienten nach Beratungsleistungen. Hierdurch besitzen Bewerber im Jahr 2014 sehr gute Jobper-spektiven. In unserer großen Marktbefragung zu Beginn des Jahres haben drei Viertel der Consultingfirmen angegeben, dass sie zusätzliche Berater einstellen wollen.

Wie fällt Ihre Sicht auf den Arbeitsmarkt von morgen aus?

Die Nachfrage der Beratungsgesellschaften nach qualifizierten Hochschulabsolventen – aber auch Professionals – bleibt hoch. Ein erfolgreiches Recruiting wird Wachstumstrei-ber Nummer 1 sein. Dabei gilt: Die Klienten sind in der Zusammenarbeit aufgeklärter als früher. Das liegt auch daran, dass viele selbst aus der Consultingbranche kommen und wissen, wie sie Berater einsetzen können. Auch die Ansprüche sind gestiegen: Klienten

Page 63: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

893.18 PERSONAL- UND UNTERNEHMENSBERATUNG

erwarten Berater, mit denen sie in Sachen Branchen- und Berufserfahrung auf Augenhöhe agieren können. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass Berater mit wenig Erfah-rung keine Chancen haben. Im Gegenteil: Klienten benötigen die Lösungskompetenz er-fahrener Consultants. Aber sie brauchen auch die frische wissenschaftliche Sichtweise und das Engagement junger Berater. Das unkonventionelle Denken und die Fähigkeit, Din-ge aus einer anderen Perspektive zu beleuchten, sind ein großes Plus, das Einsteiger mitbringen.

Welche Schwerpunkte werden Treiber des akademischen Arbeitsmarktes sein?

Im Zuge der Globalisierung der Anforderungsprofile und steigender Auslandsaktivitäten werden mehrheitlich Akademikerprofile ausgeschrieben. Die zunehmende Komplexität der Aufgaben und internationale, teils virtuelle Teamstrukturen verstärken diese Tendenz. Funktionen – in Controlling, Qualität, Lean Management oder Unternehmensentwicklung, die unter dem Sammelbegriff Stabsaufgaben und Unternehmenssteuerung gefasst wer-den – sind sehr akademisch geprägt. Ein weiterer Treiber ist die theoretische Anforderung an Aufgabenstellungen in Entwicklung, Engineering und Produktion/Steuerung.

3.18.1 Die Branche in Zahlen

Anhaltende Globalisierung sowie die schnellen technologischen Fortschritte sorgen bei den Unternehmen aus Wirtschaft, Industrie und Verwaltung für weiter wachsende Nach-frage nach Unterstützung durch Consultants, so die Marktstudie „Facts & Figures zum Beratermarkt 2013/2014“ vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater. Der BDU bilanziert: 2013 stieg der Umsatz auf 23,7 Mrd. Euro (+ 6,3 % im Vergleich zum Vor-jahr). Politische, technische, aber auch finanzpolitische Entwicklungen wie die Energie-wende oder die gesamte Digitalisierung der Wirtschaft und der Gesellschaft erzeugen Beratungsbedarf. 2013 arbeiteten in Deutschland mehr als 98.000 Unternehmensberater (+ 3,3 %) in rund 15.300 Beratungsfirmen. Insgesamt waren 2013 rund 122.000 Mitarbei-ter in der Consultingbranche beschäftigt.

Auch der Umsatz ist 2013 gestiegen. Insgesamt fragten Auftraggeber aus Industrie, Wirt-schaft und Verwaltung Beratungsleistungen im Wert von 23,7 Mrd. Euro nach (+ 6,3 % gegenüber 2012). Für 2014 wird ein Umsatzplus von 5,5 % erwartet. Knapp zwei Drittel der Studienteilnehmer gaben eine positive Wachstumsprognose ab. Besonders optimis-tisch zeigen sich die Consultingfirmen in den Größenklassen „15 bis 45 Mio. Euro Umsatz“ sowie „1 bis 2,5 Mio. Euro Umsatz“ mit einer Wachstumserwartung von je 7 %. Wichtiger Impulsgeber werde, so die Studie, das verarbeitende Gewerbe sein. Für den Projektum-satz aus der Maschinenbaubranche – die selbst zuversichtlich in das Jahr 2014 gestartet ist – wird ein Plus von 7,6 % prognostiziert.

Ausblick: Neben klassischen Beratungsprojekten rücken Themen wie „Reduzierung von Komplexität“, „Mobile Geschäftsanwendungen“ sowie „Digitalisierung und Vernetzung bei

Page 64: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

90 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

Industrie 4.0“ in den Vordergrund. Das Ziel ist dabei, so der BDU, „das Internet in die be-stehenden Geschäftsmodelle und -prozesse zu integrieren.“

Vor allem die großen Beratungsgesellschaften mit mehr als 10 Mio. Euro Umsatz planen, 2014 Personal einzustellen. Rund drei Viertel sehen einen Personalaufbau bei den Bera-tern und knapp zwei Drittel bei den Juniorberatern vor. Aber auch die mittelgroßen Unter-nehmensberatungen wollen ihre Beraterteams aufstocken. Allerdings: Frauen sind unter-repräsentiert. Zwar zieht es Frauen durchaus in kleinere Beratungsfirmen. Hier lag der Anteil weiblicher Junior Consultants 2013 bei 43 % (2012: 41 %) und mehr als jeder Vierten gelingt der Aufstieg. Doch bei großen Unternehmensberatungen schaffen es lediglich 4 % bis in die Unternehmensleitung.

Wolfram Tröger nennt ein wichtiges Auswahlkriterium für Arbeitgeber: Bewerber sollten thematisch breit aufgestellt und einsetzbar sein – und daher „Flexibilität und Potenzial für Weiterbildung und Umschulung für andere Aufgabenstellungen und Querschnittstechnolo-gien“ zeigen.

Page 65: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

springer-gabler.de

Ein Wegweiser für Leader

Wenn Rolle, Umfeld und Aufgabe stimmen, können Menschen sich entfalten und mit Leidenschaft und Leichtigkeit maximale Leistung erbringen. Doch gerade Top-Kräfte geraten heute immer häufiger in Sinnkrisen. Gängige Reaktionsmuster: noch härteres Arbeiten für das Glück an der Spitze, Totalausstieg in alternative Lebensmodelle oder die innere Suche nach spiritueller Erkenntnis. Diese Ansätze scheitern allerdings meist an der Realität ...Die Autorin verzichtet auf verfehlte Patentrezepte und vermittelt anschaulich Schritt für Schritt, wie jeder Mensch seine wahre Motivation individuell entdecken und den für ihn „richtigen Platz“ erreichen kann. Das Ergebnis: Erfolg und Erfüllung.

.

Gudrun HappichWas wirklich zählt!Leistung, Leidenschaft und Leichtigkeit für Top-Führungskräfte2014. XV, 220 S. 17 Abb. Geb. € (D) 34,99 | € (A) 35,97 | *sFr 44,00 ISBN 978-3-658-03558-7

€ (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7% MwSt. € (A) sind gebundene Ladenpreise in Österreich und enthalten 10% MwSt. Die mit * gekennzeichneten Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen und enthalten die landesübliche MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.

Jetzt bestellen: springer-gabler.de

Page 66: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

92

3.19 Special Consulting

Wirtschaft, Politik und Gesellschaft werden heute von wachsender Komplexität, voran-schreitender Globalisierung sowie schnellen Veränderungsrhythmen geprägt. Für die da-für notwendigen Anpassungen greifen Unternehmen und Organisationen zunehmend auf die Unterstützung von externen Beratern zurück. Daher steigt die Nachfrage nach Consul-tingleistungen durch Industrie, Wirtschaft und Verwaltung seit Jahren kontinuierlich an. Pro Jahr steigt der Umsatz der Branche im Schnitt um 8 %. Die Unternehmensberatung wird in vier Beratungsfelder unterteilt: Strategieberatung, Organisations-/Prozessbera-tung, IT-Beratung sowie Human Resources-Beratung.

3.19.1 Das Berufsbild des Unternehmensberaters

Ein gesetzlich fixiertes Berufsbild mit vorgeschriebenen Bildungswegen und förmlicher Berufszulassung existiert für die Unternehmensberatung nicht. Die Berufsgrundsätze des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) für Unternehmensberater und Personalberater leisten aber eine berufsspezifische Orientierung. Hier heißt es unter an-derem:

■ Der Berater übt seinen Beruf eigenverantwortlich und gewissenhaft aus. Er übernimmt nur Aufträge, wenn er über die dafür erforderliche Kompetenz und die zur Bearbeitung erforderliche Zeit verfügen kann.

■ Aufträge, die rechtswidrige oder unlautere Handlungen erfordern, werden abgelehnt oder nicht ausgeführt.

■ Der Berater führt die Beratung unvoreingenommen und objektiv durch; dies schließt insbesondere Gefälligkeitsgutachten aus. Er nimmt von Dritten für sich oder andere keine finanziellen oder materiellen Zuwendungen – etwa Provisionen – an, die seine Unabhän-gigkeit gefährden und dem Auftraggeber nicht bekannt sind.

■ Anvertraute fremde Vermögenswerte werden mit besonderer Sorgfalt behandelt.

■ Unternehmensberater berechnen Honorare, die im angemessenen Verhältnis zur Leis-tung oder zum Ergebnis stehen und die vor Beginn der Beratungstätigkeit mit dem Kli-enten abgestimmt worden sind.

■ Der Berater bildet sich in dem Maße fachlich fort, um die zu seiner Berufsausübung erforderlichen Kompetenzen zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Zur klassischen Unternehmensberatung zählen unter anderem die Bereiche Unterneh-mensführung, Leistungserstellung, Finanzierung, Vertrieb oder Personalwesen. Nicht da-zu gehören laut BDU beispielsweise die Finanzberatung, Zeitarbeit, Versicherungsbera-tung, reine Maklerdienstleistungen oder Managementtätigkeiten. Von den in Deutschland rund 98.000 tätigen Management-, HR- und IT-Beratern ist gut ein Fünftel bei den 20 um-satzstärksten Unternehmen tätig. Zudem ist davon auszugehen, dass maximal 100 Unter-nehmensberatungen mehr als 100 Mitarbeiter haben. Hiervon sind im Durchschnitt etwa zwei Drittel als Berater tätig.

SPECIAL CONSULTING

Page 67: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

93SPECIAL CONSULTING

Personalberater erfüllen regelmäßig folgenden Aufgaben: Analyse der zu besetzenden Stelle und des betrieblichen Umfelds (einschließlich der Führungsorganisation), Erarbei-tung des fachlichen und persönlichen Anforderungsprofils der Position, Beschreibung und Festlegung der notwendigen und erwünschten Voraussetzungen oder ausschließenden Kriterien für qualifizierte Bewerber und die Mitwirkung und Beratung bei der Festlegung von Einstellungs-, Arbeits- und Vergütungsbedingungen. Nicht zur Personalberatung ge-hören etwa die Arbeitnehmerüberlassung oder die Personalvermittlung. Für klassische Quereinsteiger mit Führungs- und Industrieerfahrung bieten Personalberatungen aller Größenordnungen gute Karrierechancen, schätzt der BDU ein. Die Anforderungen an er-folgreiche Personalberater sind hoch und entsprechen dem Qualifikationsniveau für obere Führungskräfte. Neben fachlicher Kompetenz und Branchenkenntnis wird von qualifizier-ten Personalberatern eine hohe soziale Kompetenz erwartet. Personalberatungsunterneh-men beschäftigen im Inland nach Schätzungen des BDU insgesamt rund 11.000 Mitarbei-ter, davon rund 2.400 im Bereich Research und 2.750 im Bereich Backoffice.

3.19.2 Einstieg, Anforderungen und Verdienst

Die Unternehmens- und Personalberatungen in Deutschland suchen ständig Mitarbeiter, vor allem solche, die bereits Berufserfahrung als Unternehmensberater mitbringen und direkt in Projekten eingesetzt werden können. Aber auch Quereinsteiger oder Berufsan-fänger sind gefragt. Eine direkte Ausbildung zum Unternehmensberater gibt es nicht, auch wenn mehrere Hochschulen MBA-Ausbildungen im Bereich Management Consulting an-bieten. Genauso gut ist ein Studium in Richtung BWL oder VWL, aber auch mit naturwis-senschaftlichen oder technischen Abschlüssen ist der Einstieg in ein Beratungsunterneh-men möglich. Der Beruf als Unternehmensberater unterscheidet sich damit von anderen Berufen wie dem Rechtsanwalt, dem Steuerberater oder dem Wirtschaftsprüfer.

Typischerweise startet der Berufseinsteiger im Bereich Research oder in einer Assistenz-funktion. Der weitere Weg innerhalb des Unternehmens ist sowohl bei der Unternehmens-beratung als auch in der Personalberatung identisch. In der Regel sind die einzelnen Kar-rierestufen mit einer durchschnittlichen Zugehörigkeitsdauer versehen:

■ Assistant/Professional/Junior Consultant etwa ein Jahr■ Manager/Project Manager/Expert/Consultant zwei bis drei Jahre ■ Senior Project Manager/Director/Senior Expert nochmals zwei bis drei Jahre

Zwei bis drei Jahre müssen sich die Berater bewähren, um befördert zu werden.

Beispiel McKinsey: Der weltweit führende Topmanagementberater zählt die Mehrzahl der 100 führenden Unternehmen zu seinen Kunden, berät aber auch den wachstumsstarken Mittelstand, viele führende Banken und Versicherungsgesellschaften, Regierungsstellen sowie private und öffentliche Institutionen. Strategie- und Organisationsstudien sowie die Themen „Wachstum“ und „Aufbau neuer Geschäfte“ machen rund die Hälfte der Arbeit aus. Weitere zentrale Arbeitsgebiete sind funktionsbezogene Projekte in Marketing und Vertrieb, Produktion und Logistik, Corporate Finance und Informationstechnologie. Für

Page 68: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

94 SPECIAL CONSULTING

Bachelorabsolventen bietet sich der Einstieg als Junior Fellow, der an konkreten Bera-tungsprojekten mitwirkt. Die weiteren Möglichkeiten sind lukrativ: Ein Junior Fellow arbei-tet zunächst ein Jahr lang als Berater, das heißt als vollwertiges Teammitglied in einem Projekt bei Klienten im In- und Ausland. Danach hat man die Wahl: Entweder man kehrt an die Hochschule zurück und absolviert einen von McKinsey bezahlten Masterstudiengang, um danach als Fellow wieder einzusteigen. Oder man wechselt ins Fellowship-Programm und kann nach zwei weiteren Jahren als Berater einen MBA oder Doktorgrad erwer-ben – bei Fortzahlung des Gehalts für ein Jahr. Im Associate-Programm werden Hoch-schulabsolventen mit Promotion, MBA oder relevanter Berufserfahrung gezielt auf höhere Aufgaben vorbereitet. Schon nach kurzer Zeit besteht die Möglichkeit, Führungsverant-wortung zu übernehmen.

Die Anforderungen an künftige Mitarbeiter sind hoch. Während eines Auswahltags werden die Kandidaten in Einzelinterviews gründlich gestestet. Gute Karten hat, wer schon wäh-rend des Studiums ein Praktikum absolviert hat. Praktikanten arbeiten acht bis zwölf Wo-chen in einem Beraterteam und sind dort für einen kleinen, klar abgegrenzten Teilaspekt eines Projekts verantwortlich. Jede Woche werden vier Tage vor Ort bei einem Klienten verbracht und ein Tag in dem McKinsey-Büro, für das man sich entschieden hat. Was die Studienrichtungen betrifft, ist McKinsey relativ offen. Etwa die Hälfte der Berater hat ei-nen wirtschaftswissenschaftlichen Background, alle anderen kommen aus anderen Diszi-plinen. Wer keine wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung hat – etwa Ingenieure oder Mediziner – erhält vorab ein sogenanntes Mini-MBA-Training. Der mehrwöchige Kurs ver-mittelt Grundlagen der Betriebswirtschaft und orientiert sich stark an den Lehrplänen der führenden Business Schools für MBAs. Daneben erhalten die Berater ohne wirtschaftswis-senschaftlichem Background zusätzliche Trainings, die diese Kenntnisse weiter vertiefen.

Web-Link Weitere Infos erhalten Sie unter www.mckinsey.de/karriere

Beispiel Zeb/Rolfes.Schierenbeck.Associates: Die mittelständische Beratungsfirma hat sich auf die Beratung von Financial Services spezialisiert. Zu den Kompetenzfeldern gehö-ren die Konzeption und Umsetzung aussagefähiger Ergebnisrechnungen, die notwendigen Instrumente zur Risikoquantifizierung und -beurteilung, die Verbesserung der Ablauf-prozesse oder die Entwicklung einer schlagkräftigen Retailorganisation. Zeb unterstützt Banken, Sparkassen, Versicherungsunternehmen und andere Finanzdienstleister seit Jah-ren erfolgreich bei der Bewältigung dieser Aufgaben. Gesucht werden ständig Absolven-ten der Studienrichtungen

■ Wirtschaftswissenschaften,■ Betriebswirtschaftslehre,■ Volkswirtschaftslehre,■ (Wirtschafts-)Informatik,■ (Wirtschafts-)Mathematik,■ Physik.

Page 69: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

95SPECIAL CONSULTING

Neben guten Abschlüssen wird vor allem Wert auf erste Erfahrungen bei Banken oder Beratungsunternehmen durch Ausbildung oder Praktika, Auslandserfahrung sowie gute Englischkenntnisse gelegt. Neu seit 2012 ist das zeb/bachelor.welcome-Programm für erstklassige Bachelorabsolventen der Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften oder (Wirtschafts-)Informatik. Nach dem Bachelorabschluss sammeln Einsteiger für ein Jahr als Analyst Berufserfahrung in einer Competence Unit, um anschließend ein ein- bis zweijäh-riges Masterstudium in Vollzeit zu absolvieren. Nach dem erfolgreichen Masterabschluss steigt der Absolvent wieder ein und wird zum Management Consultant befördert. Wäh-rend des Studiums gibt es ein begleitendes Seminarangebot, persönliches Mentoring durch erfahrene Berater und finanzielle Unterstützung.

Web-Link Weitere Infos erhalten Sie unter www.zeb.de/de/karriere/index.htm

Beispiel Roland Berger Strategy Consultants: Die Stärken des Strategieberaters aus München sind Geschäftsanalysen in der individuellen Wettbewerbssituation des Kunden. Er nennt das Beratungsgespräch nicht Handwerk, sondern Kunst. Daraus leiten sich die hohen Ansprüche ab, die an die Berater gestellt werden. Sachlich korrekt, in höchstem Maße präzise und konsequent umgesetzt stellen die Beratungsdialoge höchste Anforde-rungen an die Mitarbeiter. Bei Roland Berger Strategy Consultants sind Hochschulabsol-venten aller Fachrichtungen willkommen – Biologie, Informatik, Maschinenbau oder Wirt-schaftswissenschaften. So verschieden der Studienabschluss sein kann, so kongruent ist, was das Unternehmen verlangt – Leidenschaft und betriebswirtschaftliche Neugier. Zu-gleich stellt es Fingerspitzengefühl für Alternativlösungen, viel Unternehmertum, reale betriebswirtschaftliche Sicht und gründliche Kreativität in den Vordergrund. Der Start in eine Beraterkarriere bei Roland Berger erfolgt nach sehr gut abgeschlossenem Bachelor, Master, Diplom, Staatsexamen oder Magister als Consulting Analyst bzw. als Junior Con-sultant. Wer promoviert hat, steigt in der Regel direkt als Consultant ein. Für MBA-Absol-venten besteht nach dem ersten Jahr die Möglichkeit, das zwei- bis dreimonatige Summer-Associate-Programm in einem der Büros weltweit zu belegen. Die Besten erhalten vor Ort ein Angebot als Senior Consultant. Nach Auffassung von Roland Berger ist die Lernkurve der Berater genauso steil und schnell wie die Karriere verläuft. Nach einem Jahr als Junior Consultant folgt in der Regel im zweiten Jahr der Consultant, im dritten und vierten Jahr der Senior Consultant mit dem Ziel, in weiteren Jahren als Project Manager und Principal nach acht, spätestens zehn Jahren eine Partnerschaft mit Roland Berger zu schließen. Die Beratertätigkeit wird von erstklassigen Weiterbildungsseminaren begleitet, die dem jewei-ligen Ausbildungsstand angepasst sind. Daneben stehen spezielle Entwicklungs- und För-derprogramme für Master, Promotion oder das „Roland Berger Fellowship Program“ für herausragende Senior Consultants an einer der weltweit führenden Universitäten auf dem Programm.

Web-Link Weitere Infos erhalten Sie unter www.rolandberger.de/karriere_de

Page 70: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

96 SPECIAL CONSULTING

Die Anforderungen an Unternehmensberater sind überdurchschnittlich hoch. Neben den formalen Qualifikationen ist die Persönlichkeit wichtig für eine beratende Tätigkeit. Lern-bereitschaft, Problemlösungsfähigkeit unter Zeitdruck, Teamgeist, extreme Einsatzbereit-schaft, logisch-analytisches Denkvermögen, hohe Kommunikationsfähigkeit nicht nur in der Muttersprache, Verhandlungsgeschick und Kreativität sind nur die wichtigsten Skills. Daneben empfiehlt es sich, eine hohe fachliche Kompetenz auf einem bestimmten Gebiet und eventuell in einer speziellen Branche zu erwerben, sodass man von den Klienten als Experte akzeptiert wird.

Dem hohen Einsatz stehen jedoch überdurchschnittliche Verdienstmöglichkeiten gegen-über. Berufs- und Projekterfahrung, MBA, Promotion oder Auslandserfahrung wirken in der Regel gehaltsfördernd. Häufig beginnt man als Beratungsassistent, wird nach wenigen Monaten Juniorberater und anschließend nach etwa einem Jahr bereits Berater bzw. Con-sultant. Für Beratungsassistenten werden Gehälter zwischen 20.000 und 35.000 Euro ge-zahlt. Die Gehaltsspanne bei Juniorberatern nach Abschluss eines Hochschulstudiums bewegt sich zwischen 38.000 und 55.000 Euro. Unternehmensberater mit zwei Jahren Berufserfahrung können mit bis zu rund 78.000 Euro rechnen. Die Gehälterbandbreite ist groß und hängt, wie der BDU erklärt, unter anderem stark von der Größe des Unterneh-mens sowie den jeweiligen persönlichen und fachlichen Qualifikation ab.

Vergütung in der Unternehmensberatung (Angaben in Euro)

Partner Senior Manager

Manager Senior Consultant

Consultant Junior Consultant/ Analyst

Durchschnitts-wert

240.000 115.000 90.000 76.000 55.000 41.000

Minimum 120.000 95.000 80.000 70.000 50.000 35.000

Maximum 370.000 150.000 110.000 85.000 65.000 45.000

Vergütung in der Personalberatung (Angaben in Euro)

Partner Berater über 400 TSD Euro Honorar - umsatz

Berater unter 400 TSD Euro Honorar - umsatz

Junior Berater

Assistent Senior Re-searcher

Junior Re-searcher

Durch-schnitts-wert

210.000 150.000 90.000 58.000 45.000 58.000 40.000

Minimum 175.000 145.000 80.000 55.000 40.000 50.000 37.000

Maximum 340.000 165.000 100.000 60.000 55.000 60.000 41.000

Quelle: BDU

Page 71: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

springer-gabler.de

Das Geheimnis des Lernerfolgs: wirksame Motivationshilfen, Lerntechniken und mentale Tricks

Ihr Selbstverständnis als Studierender, aus der Schulzeit übernommene Lerngewohnheiten und ihre (unbewusste) Einstellung zum Lernen entscheiden weit mehr über den Erfolg oder Misserfolg im Studium als alle mühsame Paukerei. Die engagierte Hochschulprofessorin und zertifi zierte NLP-Trainerin Kira Klenke entlarvt hinderliche Denkmuster und gängige Irrtümer - zum Beispiel, dass erfolgreiche Studierende noch intelligenter sind oder noch fl eißiger lernen als ihre Kommili-tonen. Die Hochschul-Insiderin gibt Denkanstöße und verrät funktio-nierende Motivationsmethoden, Lerntechniken und mentale Tricks, die derzeit (noch) nicht an der Hochschule gelehrt werden und die selbst viele Dozenten nicht kennen. Mit diesem speziell auf Studierende zugeschnittenen Selbst-Coaching kommen Sie sich selbst auf die Spur. Entdecken und nutzen Sie den kraftvollen, für Sie selber stimmigen Lernzustand, aus dem heraus Sie leichter, zufriedener, motivierter und vor allem viel erfolgreicher studieren und lernen.

Kira KlenkeStudieren kann man lernenMit weniger Mühe zu mehr Erfolg2013. X, 150 S. 15 Abb Br.€ (D) 19,95 | € (A) 20,51 | *sFr 25,00ISBN 978-3-8349-3312-6

€ (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7% MwSt. € (A) sind gebundene Ladenpreise in Österreich und enthalten 10% MwSt. Die mit * gekennzeichneten Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen und enthalten die landesübliche MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.

Jetzt bestellen: springer-gabler.de

Page 72: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

98 SPECIAL CONSULTING

3.19.3 Selbstständigkeit

Um sich Unternehmensberater zu nennen, ist es eigentlich ausreichend, sich neben den üblichen Kommunikationsmitteln eine entsprechende Visitenkarte zu besorgen. Dadurch, dass die Berufsbezeichnung in Deutschland nicht geschützt ist, gibt es keine Zugangsbe-schränkung.

Wer sich jedoch erfolgreich als Unternehmensberater selbstständig machen möchte, muss sich intensiv und gründlich vorbereiten. Folgende Schritte sind vorab zu absolvieren:

■ Realistische Einschätzung der eigenen Persönlichkeit■ Analyse der Marktsituation■ Analyse der Zielgruppe■ Analyse der Konkurrenzsituation■ Auswahl des Standortes mit Standortanalyse■ Entwicklung eines Unternehmensplanes/-konzeptes■ Auswahl der geeigneten Rechtsform

Eine realistische, objektive Einschätzung der eigenen Person und Fähigkeiten ist die Grundlage der Entscheidung, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Neben den hohen Anforderungen, die von den Klienten an einen Unternehmensberater gestellt wer-den, wird man zusätzlich noch Unternehmer und muss sich und sein Unternehmen selbst-diszipliniert verwalten.

Wer nicht bereits potenzielle Klienten kennt, verbringt eine lange Anlaufphase damit, Kun-den zu akquirieren. Während dieser Zeit muss der Lebensunterhalt entweder durch eine parallel ausgeübte Tätigkeit oder durch andere Einkünfte bestritten werden.

TIPP Die zum BDU gehörende Beraterakademie bietet regelmäßig Seminare zum The-ma „Gründung einer Unternehmensberatung“ an, in denen an zwei Tagen alle wichtigen Aspekte angesprochen werden. Es gibt aber auch zahlreiche weitere Seminare im Pro-gramm des BDU, die auch für jüngere Unternehmensberater interessant sind.

3.19.4 Struktur und Situation der Branche

2013 arbeiteten laut BDU in Deutschland mehr als 98.000 Unternehmensberater (+ 3,3 % im Vergleich zu 2012) in rund 15.300 Beratungsfirmen. Insgesamt waren rund 122.000 Mitarbeiter in der Consultingbranche in Deutschland beschäftigt. Was die Anzahl der Mit-arbeiter betrifft, ist die Branche klein- und mittelständisch geprägt.

Bei mehr als der Hälfte der Marktteilnehmer liegt der Jahresumsatz bei weniger als 250.000 Euro. Dabei handelt es sich überwiegend um Einzelberater oder kleinere Bera-tungsgesellschaften. Die Mitarbeiterzahl lag 2013 insgesamt bei gut 122.500. Die Zahl der Berater stieg um 3,3 % auf 98.250 (2012: 95.150). Davon waren knapp 21.000 als Ju-niorberater in den Beratungsgesellschaften angestellt. Bei den Unternehmensberatungen mit mehr als 45 Mio. Euro Umsatz gehört rund jeder dritte Berater zu den jungen Einstei-gern ins Consultinggeschäft. Traditionell weist eine Reihe von Bundesländern eine beson-

Page 73: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

99SPECIAL CONSULTING

ders hohe Konzentration an Consultingfirmen auf. Mit 27 % entfällt der mit Abstand höchste Anteil auf Nordrhein-Westfalen. Mit Abstand folgt Bayern mit 17,1 %, dicht beiein-ander folgen dann die Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen mit 14,1 % (2006: 13,0 %) bzw. 12,1 % (2006: 11,4 %). Im Gegensatz dazu verharren die Zahlen für die meis-ten anderen Bundesländer auf deutlich niedrigerem Niveau. Sehr gering fällt der prozen-tuale Anteil mit weniger als 2 % beispielsweise in den östlichen Bundesländern aus. In Sachsen hat sich sogar die Zahl der ansässigen Unternehmensberatungen halbiert. Nur Berlin macht eine Ausnahme und steigerte seinen Anteil auf nun 5,5 % (2006: 5,0 %). Der Personalaufbau in der Unternehmensberatungsbranche ist auch 2013 weitergegangen. Deutlich mehr Marktteilnehmer haben angegeben, dass sie mehr Mitarbeiter netto einge-stellt als abgebaut haben. Bei den großen Unternehmensberatungen mit mehr als 10 Mio. Euro Umsatz meldeten 71 %, dass sie zusätzliche Juniorberater rekrutiert haben, auf der Beraterebene waren es 58 %.

TOP 10 der Management-Beratungsunternehmen in Deutschland 2013

Unternehmen Umsatz in Deutschland in Mio. Euro

Umsatz in Deutschland in Mio. Euro

Mitarbeiter-zahl in

Deutschland

Mitarbeiter-zahl in

Deutschland

2012 2011 2012 2011

1 McKinsey & Company Inc. Deutschland*

>600,0 >600,0 2.300 2.300

2 The Boston Consulting Group GmbH, Düsseldorf/München*

490,0 490,0 1.880 1.730

3 Roland Berger Strategy Con-sultants GmbH München*

445,0 420,0 1.250 1.210

4 KPMG AG WPG, Berlin 403,0 320,0 2.150 1.850

5 PricewaterhouseCoopers AG WPG, Frankfurt/M.

315,2 284,0 1.468 1.414

6 Accenture GmbH, Kronberg* 296,0 259,0 825 760

7 Oliver Wyman Group, München*

280,0 265,0 730 700

8 Deloitte Consulting GmbH, Hannover

275,0 258,0 1.406 1.260

9 Booz & Company GmbH, Düsseldorf*

262,0 256,0 600 575

10 Bain & Company Germany Inc., Düsseldorf

256,0 242,0 600 550

Quelle: Lünendonk GmbH, Stand 16.05.2013

* Umsatz- und/oder Mitarbeiterzahlen teilweise geschätzt

Page 74: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

100 SPECIAL CONSULTING

Führende deutsche mittelständische Management-Beratungsunternehmen 2013

Unternehmen Umsatz in Deutsch-

land in Mio. Euro

Umsatz in Deutsch-

land in Mio. Euro

Mitarbeiter-zahl in

Deutsch-land

Mitarbeiter- zahl in

Deutsch-land

2012 2011 2012 2011

1 zeb/rolfes.schierenbeck.associates gmbh, Münster

99,9 654 618

2 Simon-Kucher & Partners GmbH, Bonn*

80,0 76,7 360 333

3 Management Engineers GmbH & Co. KG Düsseldorf*

74,2 74,2 133 133

4 Horváth & Partners-Gruppe, Stuttgart

73,8 61,5 275 262

5 d-fine GmbH, Frankfurt a. M. 68,1 56,6 375 322

6 Q_Perior AG, München 63,0 49,0 334 309

7 Kienbaum Consultants Inter-national GmbH, Gummersbach*

61,0 57,5 235 235

8 KPS AG, München 60,3 50,0 147 111

9 Camelot Management Con-sultants Group, Mannheim

51,6 41,6 220 180

10 J&M Management Consulting AG, Mannheim

36,8 37,8 240 248

Quelle: Lünendonk GmbH, Stand 16.05.2013

* Umsatz- und/oder Mitarbeiterzahlen teilweise geschätzt

Viele Konzerne, aber auch Unternehmen aus dem Mittelstand, haben den guten Konjunk-turverlauf in Deutschland mit vielfach vollen Auftragsbüchern strategisch genutzt, um mit gezielten Produkt- und Prozessinnovationen die Zukunftsfähigkeit zu sichern und Wettbe-werbsvorteile auszubauen.

Der Umsatz in der deutschen Unternehmensberaterbranche ist im Jahr 2013 erneut ge-stiegen. Insgesamt fragten die Auftraggeber aus Industrie, Wirtschaft und Verwaltung Be-ratungsleistungen im Wert von 23,7 Mrd. Euro nach. Dies entspricht einem Plus von 6,3 % gegenüber dem Vorjahr (2012: 22,3 Mrd. Euro).

Page 75: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

101SPECIAL CONSULTING

Branchenumsatz im deutschen Consultingmarkt in Mrd. Euro

24

22

20

18

16

14

12

10

8

Mrd.

04 05 06 07 08 09 10 11 12 13

12,313,2

14,7

16,4

18,2 17,618,9

20,6

22,3

23,7

Quelle: BDU

Für das laufende Jahr 2014 wird erneut ein Umsatzplus von 5,5 % erwartet. Dies sind Er-gebnisse der Marktstudie „Facts & Figures zum Beratermarkt 2013/2014“, die der BDU erstellt hat. Im zurückliegenden Jahr 2013 war der Consultingmarkt von einer bislang nicht gekannten Konsolidierungswelle gekennzeichnet. Große Wirtschaftsprüfungsgesellschaf-ten bauen ihre Geschäftsaktivitäten im Consulting weiter aus und scheuen dabei auch nicht den Zusammenschluss mit Schwergewichten aus der Unternehmensberatungsbran-che. So gehen beispielsweise PricewaterhouseCoopers (PwC) und Booz & Company jetzt gemeinsame Wege. Parallel sind viele große Consultingfirmen auf Einkaufstour bei spezi-alisierten Unternehmensberatungen. BDU-Präsident Antonio Schnieder meint dazu: „Je-der spricht im Moment mit jedem. Die Konsolidierung in der Branche geht weiter.“

Für 2014 rechnen die Marktteilnehmer mit einer guten Nachfrage ihrer Klienten nach Beratungsleistungen. Knapp zwei Drittel der Studienteilnehmer gaben eine positive Wachs-tumsprognose ab. Besonders optimistisch zeigen sich die Consultingfirmen in den Grö-ßenklassen von 15 bis 45 Mio. Euro Umsatz sowie von 1 bis 2,5 Mio. Euro Umsatz mit ei-ner Wachstumserwartung von jeweils 7 %. Nur jedes zehnte Beratungsunternehmen er-wartet hingegen im Jahr 2014 ein negatives Geschäftsergebnis. Wichtiger Impulsgeber für das Consultinggeschäft wird aus Sicht der Studienteilnehmer das verarbeitende Gewerbe sein. Für den Projektumsatz aus der Maschinenbaubranche – die selbst sehr zuversicht-lich in das Jahr 2014 gestartet ist – wird beispielsweise ein Plus von 7,6 % prognostiziert.

Page 76: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

102 SPECIAL CONSULTING

Nachfrage nach Consultingleistungen 2013

Anteil am Gesamtumsatz 2013Umsatzwachstum 2013Umsatzwachstum 2012

0 % 10 % 20 % 30 %

+10,0 %

+3,4 %

+11,2 %

+4,0 %

+10,9 %

+4,8 %

+12,5 %

+7,2 %

+7,9 %

+7,6 %

+6,1 %

+4,4 %

+5,5 %

+5,4 %

+6,9 %+10,5 %

+5,8 %+13,2 %

Fahrzeugbau

Maschinenbau

Chemie/Pharma

Konsumgüterindustrie

Kreditinstitute

Öffentliche Verwaltung

Energie- und Wasserversorgung

Groß- und Einzelhandel

Gesundheits- und Sozialwesen 3,5 %

4,3 %

7,8 %

9,0 %

12,5 %

5,2 %

5,7 %

6,5 %

13,0 %

Quelle: BDU

Auch 2013 waren viele Beratungsprojekte davon geprägt, eine gute Balance zwischen Kostenoptimierung, verbesserten Prozessen und auf die Zukunft gerichteten Aktivitäten zu finden. Stark in den Vordergrund sind in den Beratungsprojekten die Themen „Reduzie-rung von Komplexität“, „Mobile Geschäftsanwendungen“ sowie „Digitalisierung und Ver-netzung bei Industrie 4.0“ gerückt. Ziel ist es hierbei meist, das Internet in die bestehen-den Geschäftsmodelle und -prozesse zu integrieren. Aber auch völlig neue Betätigungsfel-der wollen die Klienten hier mit Unterstützung von Unternehmensberatern durch gezielten Know-how-Transfer aufbauen.

Vor allem die großen Beratungsgesellschaften mit mehr als 10 Mio. Euro Umsatz planen für das Jahr 2014 zusätzliche Personaleinstellungen. Rund drei Viertel sehen einen Per-sonalaufbau bei den Beratern und knapp zwei Drittel bei den Juniorberatern vor. Aber auch die mittelgroßen Unternehmensberatungen wollen ihre Beraterteams aufstocken. 56 % planen mit zusätzlichen Kapazitäten bei berufserfahrenen Beratern und 53 % bei jun-gen Nachwuchsberatern.

Page 77: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

103SPECIAL CONSULTING

Berufserfahrene Berater besonders gesucht

Große Beratungsgesellschaften (über 10 Mio. EUR Umsatz)Mittelgroße BeratungsgesellschaftenKleine Beratungsgesellschaften (unter 1 Mio. EUR Umsatz)

75 %

50 %

25 %

0Unternehmensleitung Senior Berater Junior Berater

20

84

77

56

14

63

53

18

Quelle: BDU

Bei ihren Bemühungen, mehr Frauen für den Einstieg ins Consulting zu motivieren, tritt die Branche hingegen auf der Stelle. Die gemeldeten Zahlen zeigen kaum eine Verände-rung gegenüber dem Vorjahr. Allerdings gelingt es kleineren Beratungsfirmen offensicht-lich nach wie vor am besten, Frauen für den Consultingberuf zu begeistern. Der Anteil bei den Berufseinsteigerinnen als Junior Consultant lag 2013 hier bei 43 % (2012: 41) und somit deutlich über den anderen Größenklassen. Die kleineren und mittleren Marktteil-nehmer schaffen es im weiteren Karriereverlauf im Vergleich mit den großen Unterneh-mensberatungen auch deutlich besser, den Anteil weiblicher Consultants hochzuhalten. Während es bei letzteren lediglich 4 % bis in die Unternehmensleitung schaffen, ist es bei den kleineren Beratungsfirmen mehr als jede vierte Frau.

3.19.5 Outplacementberatung

2013 arbeiteten in Deutschland rund 500 (fest angestellte und freiberuflich tätige) spezi-alisierte Outplacementberater – die Spezialisten für faires Trennungsmanagement in Un-ternehmen – in rund 50 Beratungsunternehmen.

Nach zwei eher schwierigen Jahren 2010 und 2011 in Folge der Finanz- und Wirtschaftskri-se mit einem Umsatzminus von 12,5 % hat die Branche der Outplacementberater wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden. Der Umsatz ist im Jahr 2012 um 17 % und 2013 um 8,5 % gestiegen. Mit 74 Mio. Euro wurde ein neues Allzeithoch erzielt. Dies sind Ergebnis-

Page 78: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

104 SPECIAL CONSULTING

se der Marktstudie „Outplacementberatung in Deutschland 2012/2013“ des BDU. Das Geschäftsjahr 2013 war nach Einschätzung von Stefan Detzel, Vorsitzender des BDU-Fachverbandes Outplacementberatung, maßgeblich durch Sondereffekte gekennzeich-net: „Sowohl die Energiebranche als auch die Kreditinstitute haben aufgrund ihres jewei-ligen massiven Veränderungsdruckes umfangreichere Personalanpassungen vornehmen müssen.“ Hinzu kommt laut BDU-Vizepräsident Herbert Mühlenhoff, dass die Betriebsräte Vereinbarungen der Unternehmensleitung für Outplacementberatungsprogramme viel of-fensiver unterstützen und befürworten als in zurückliegenden Zeiten. Auch für das ange-laufene Jahr 2014 bleibt die Branche optimistisch: Aus den Einschätzungen der befragten Outplacementberater ergibt sich rein rechnerisch ein Umsatzplus von 12 %.

Der Markt der Outplacementberater, die – in der Regel beauftragt von Unternehmen und Organisationen – das Ziel verfolgen, mit den von Trennungssituationen betroffenen Mitar-beitern eine neue berufliche Perspektive zu erarbeiten, verändert sich zur Zeit stark. Im Vergleich zur letzten BDU-Marktstudie ist zum Beispiel der Anteil der unbefristeten Einzel-outplacementprojekte von 42 % im Jahr 2007 auf 16 % im Jahr 2012 zurückgegangen. Die Klienten fragen mehr befristete Module nach. Der Trend hin zu kürzeren, dafür aber auch intensiveren Beratungszeiten ist deutlich erkennbar. 90 % der befristeten Einzeloutplace-mentprojekte verteilten sich 2012 auf Laufzeiten bis sechs Monate und 10 % auf Zwölf-Monats-Programme. Im Jahr 2012 wurden 68 % des Gesamtmarktumsatzes mit befriste-ten Outplacementprogrammen erzielt (46 Mio. Euro). 24 % entfielen auf unbefristete Mo-dule (16,5 Mio. Euro) sowie 8 % auf Gruppenoutplacement (5,5 Mio. Euro). Bei einer Berechnung der Honorare nach Festpreisen reicht die Spanne im Einzeloutplacement von 11.000 Euro (Laufzeit sechs Monate) bis zu 22.000 Euro (unbefristete Laufzeit).

In Zahlen ausgedrückt, meldet der BDU weiter, war der typische Klient im Jahr 2012 durch-schnittlich 44 Jahre alt und verfügte über ein Bruttojahreseinkommen von rund 100.000 Euro. Der Großteil der Kandidaten in den Einzel- und Gruppenoutplacementprojekten ge-hörte zur Alterskategorie der 40- bis 49-Jährigen (46 %), der männliche Anteil lag bei 65 %. 20 % der betreuten Kandidaten kamen 2012 aus dem Funktionsbereich General Manage-ment, 18 % waren mit Vertriebs- oder Marketingaufgaben betraut sowie 12 % in IT-Abtei-lungen tätig. Besonderes Gewicht für den späteren Erfolg besitzen im Beratungs- und Projektverlauf bei Einzel- und Gruppenoutplacementprogrammen die folgenden Vorge-hensweisen: Bewerbung auf klassische Stellenanzeigen (24 %), Aktivieren der persönli-chen Netzwerke der Kandidaten (22 %), Platzierung über Personalberater (17 %) sowie In-itiativbewerbungen (9 %).

3.19.6 Inhouse Consulting

Besonders rasant wächst der Markt für Inhouse Consulting. Diese Alternative zur exter-nen Unternehmensberatung entstand Mitte der 1990er Jahre und besteht aus internen Einheiten, die Beratungsdienstleistungen für das eigene Unternehmen erbringen. Inhouse Consulting deckt in der Regel alle klassischen Beratungsfelder ab, vor allem Optimierung von Unternehmensstrategien, Geschäftsprozessen sowie der Aufbau- und Ablauforganisa-

Page 79: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

105SPECIAL CONSULTING

tion. Veränderungsmanagement und Organisationsentwicklung spielen aufgrund des ho-hen Restrukturierungsbedarfs eine besondere Rolle.

In zahlreichen großen deutschen Unternehmen sind Inhouse Consulting-Abteilungen als selbstständige Tochtergesellschaften oder in Form von Konzern-Serviceabteilungen orga-nisiert. Sowohl bei strategischen als auch bei operativen Projekten steigt der Bedarf an internen Beratern. Dabei ersetzen oder ergänzen sie zunehmend externe Beratungsunter-nehmen. Auch bei der Auswahl externer Berater wird das Inhouse Consulting einbezogen. Es bietet vor allem den Vorteil, dass die Berater mit dem Konzern und seinen Abläufen vertraut und intern gut vernetzt sind. Dies gewährleistet schnelle, am Unternehmen orien-tierte Lösungen. Daher wird es vor allem für längerfristige Vorhaben wie die Integration von Zukäufen genutzt. Anders als Externe können interne Berater zudem die Umsetzung ihrer Vorschläge beobachten. Für Bewerber aller Karrierestufen bietet Inhouse Consulting eine anspruchsvolle Beratertätigkeit, verbunden mit Aufstiegschancen im Unternehmen. Viele Unternehmen nutzen es direkt als Talenteschmiede für Managementnachwuchs. Der Grund: Wer als interner Berater mit unterschiedlichen Unternehmensbereichen und -pro-jekten vertraut geworden ist, verfügt über die notwendige Qualifikation, um auch in ande-ren Abteilungen erfolgreich und lösungsorientiert arbeiten zu können und dabei den Blick auf das Gesamtunternehmen zu behalten. Daher bauen deutsche Unternehmen gegen-wärtig ihr Inhouse Consulting aus. Vom High Potential bis zum gestandenen Senior-Bera-ter suchen sie Berater auf allen Hierarchieebenen. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie, die Bayer Business Services – eine der führenden deutschen Beratereinhei-ten – gemeinsam mit der European Business School (EBS) durchgeführt hat. Demnach unterhalten von den DAX-30-Unternehmen mittlerweile 21 ein eigenständiges Inhouse Consulting. Insgesamt rechnen die Befragten mit einer wachsenden Nachfrage nach inter-nen Beratern.

Im Jahr 2012 stieg der Umsatz interner Beratungen um durchschnittlich 17,9 %, berichtet das Inhouse Consulting Network, das den Austausch zwischen den Beratungseinheiten fördert. Der Gesamtmarkt für Unternehmensberatungen wuchs hingegen nur um 8,0 %. Ebenso wie der Umsatz wächst auch die Mitarbeiterzahl: In den vergangenen fünf Jahren ist die Anzahl der Berater des Netzwerkes um durchschnittlich 28 % auf derzeit rund 1.700 gestiegen. Auch 2012 gab es rund 400 Neueinstellungen. Gefragt sind sowohl herausra-gende Hochschulabsolventen und Young Professionals als auch Berater mit Berufserfah-rung.

Web-Link Weitere Informationen sind im Internet auf www.inhouse-consulting.de zu finden.

Beispiel Bayer Business Consulting: An den Standorten Leverkusen, Shanghai, Peking, Pittsburgh und New Jersey unterstützen mehr als 120 Berater sowohl globale Projekte der Teilkonzerne von Bayer als auch regionale Projekte von Konzern-Gesellschaften in Europa, Asien und Nordamerika. Der Transfer von Erfahrungen aus diesen Projekten über Bereiche und Regionen des Bayer-Konzerns hinweg bietet den Kunden einen deutlichen Mehrwert.

Page 80: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

106 SPECIAL CONSULTING

Gemeinsam mit dem Management werden Einsätze der Berater geplant. Sie erfolgen in gemischten Teams von zwei bis sechs Personen mit unterschiedlichen Erfahrungen. Ein Abteilungsleiter begleitet jedes Team und vereinbart mit dem Auftraggeber Themenstel-lung und Unterstützung durch Bayer Business Consulting. Beim Kunden wird das Berater-team von einem Projektmanager geleitet. Die Beratungsprojekte dauern zwischen drei und sechs Monaten und sind häufig mit Auslandsaufenthalten verbunden. So lernen die Berater die internationalen Bereiche des Bayer-Konzerns kennen und können interessante Kontakte mit Managern von Bayer knüpfen. Das bietet ihnen die Möglichkeit, schon nach wenigen Jahren Leitungsaufgaben zu übernehmen. Bayer Business Consulting erfüllt da-mit auch die Funktion der Identifizierung und Entwicklung von High Potentials für den Bayer-Konzern.

Beispiel Allianz Inhouse Consulting: Die von Allianz Inhouse Consulting begleiteten Pro-jekte dienen nicht nur dem kurzfristigen Unternehmenserfolg, sondern zielen insbesonde-re auch auf die Sicherung des langfristigen Erfolgs der Allianz Deutschland AG. Dazu sind neben einer hohen Methodenkompetenz und einer präzisen Kenntnis des Versicherungs-marktes auch ein tiefes Wissen über die Strukturen und Arbeitsweisen des Konzerns er-forderlich. Ob Unterstützung bei der Neuausrichtung des Vertriebs oder die Umgestaltung wesentlicher interner Prozessabläufe – Allianz Inhouse Consulting ist maßgeblich an der kulturellen und strukturellen Weiterentwicklung der Allianz beteiligt. Dabei sorgt die Grö-ße der Allianz Deutschland AG für eine Vielfalt an Projekten, die die Consultants von Be-ginn bis hin zum erfolgreichen Abschluss begleiten. Zwischen sechs und zwölf Monate sind sie dabei entweder direkt am Hauptsitz in München oder an anderen Standorten in Deutschland tätig.

So variabel wie die Dauer der Projekte, so vielfältig sind die Themen und Herangehens-weisen. Fixe Lösungsschablonen gibt es nicht. Ein Berater sollte daher ein breit gefächer-tes Portfolio an Projektmethoden in seinem Repertoire haben.

3.19.7 Steuerberater

Der Wettbewerb auf dem Markt für Steuerberatungsdienstleistungen nimmt zu. Trotzdem werden der Berufsgruppe durchweg gute Arbeitsmarktaussichten attestiert. Die Zahl der angestellten Steuerberater ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen und sogar im Krisenjahr 2009 wurden Fachkräfte eingestellt. Viele Starter üben den Beruf zunächst als Angestellte aus, um für eine spätere Selbstständigkeit Erfahrungen zu sammeln. Beson-ders beliebte Arbeitgeber sind die sogenannten „Big Four“ – die vier größten Wirtschafts-prüfergesellschaften weltweit: Die Unternehmen Deloitte, PricewaterhouseCoopers (PwC), Ernst & Young (E&Y) und KPMG. Sie dominieren den Markt der Beratungsdienstleistungen. Die überwiegende Mehrheit der börsennotierten Kapitalgesellschaften weltweit werden von den Big Four geprüft und beraten. Dementsprechend hoch ist die Zahl der Bewerber und es ist schwierig, sich hier zu behaupten bzw. durchzusetzen.

Page 81: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

107SPECIAL CONSULTING

Die beliebtesten Arbeitgeber weltweit (2013)

Quelle: Universium Communications

Daher lohnt auch ein Blick in die zweite Reihe der Prüfungsgesellschaften. Diese soge-nannten „Second Tier Gesellschaften“ ähneln den Big Four: Auch sie bieten Dienstleis-tungen aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- sowie Unternehmensberatung. Mehrheitlich konzentrieren sich die Second Tier Gesellschaften aber nicht auf die DAX-Unternehmen, sondern beraten den Mittelstand. Durch enge, persönliche Kontakte zu den Mandanten sowie räumliche Nähe und Preisvorteile können sie sich meist von den Big Four abheben. Für Hochschulabsolventen eröffnen sich hier manchmal interessantere Perspektiven als bei den großen Unternehmen.

Darüber hinaus gibt es viele mittelständische und kleine Steuerberatungsgesellschaften, die lokal und regional agieren. Meist sind sie unabhängig und inhabergeführt. Um trotz-dem eine große Bandbreite an Branchen- und Spezialwissen anbieten zu können, haben sie sich zu Netzwerken zusammengeschlossen. Die in Deutschland tätigen Netzwerke sind keineswegs klein. Zu den zehn größten zählen unter anderem Nexia International in Bonn, die Grant Thornton GmbH und RSM in Berlin sowie Moore Stephens und PKF in Hamburg. Auch hier werden Millionen umgesetzt. Hochschulabsolventen, die nicht bei einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anheuern möchten, haben daher bei regio-nalen und weitreichend vernetzten Gesellschaften gute Chancen.

Nur knapp 30 % arbeiten als angestellte Steuerberater. Die überwiegende Mehrheit ist selbstständig. Die rund 52.000 Steuerberaterpraxen in Deutschland werden zu 70 % als Einzelpraxen geführt. Zudem kann man sich mit anderen Steuerberatern zu einer Kapital-gesellschaft zusammenschließen oder eine Sozietät gründen. Steuerberater können in die-sem Rahmen auch mit Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten zusammenarbeiten.

Neben dem klassischen Betätigungsfeld gibt es für Steuerberater auch in der gewerbli-chen Wirtschaft Arbeit, etwa in Banken, Versicherungen oder Fachabteilungen für Rech-nungs- und Finanzwesen von Industriebetrieben, aber auch in Fachbuchverlagen.

Page 82: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

108 SPECIAL CONSULTING

Die größten StB- & WP-Gesellschaften Deutschlands

Platz Unternehmen Umsatz 2012*

1 PwC 1,5 Mrd.

2 KPMG 1,3 Mrd.

3 Ernst & Young 1,2 Mrd.

4 Deloitte 657 Mio.

5 BDO 191 Mio.

6 Rödl & Partner 153 Mio.

7 Ebner Stolz Mönning Bachem 137 Mio.

8 Rölfs RP 93 Mio.

9 Warth & Klein Grant Thornton 87 Mio.

10 Roever Broenner Susat 67 Mio.

Quelle: Lünendonk 2013 * Umsatz teilweise geschätzt

Der Zugang zum Beruf ist streng geregelt, die Steuerberaterprüfung ist aufgrund ihrer hohen Durchfallquoten gefürchtet. Doch sie ist nötig: Steuerberater sind Personen mit besonderer Vertrauensstellung und mit einem Beruf, der höchstes Wissen verlangt. Der Weg zum Beruf Steuerberater ist lang und aufwendig, wie das unten stehende Schaubild zeigt:

Studium

Ausbildung

Regelstudienzeitmind. 4 Jahre

Regelstudienzeitmind. 3 Jahre

2 JahreBerufserfahrung

3 JahreBerufserfahrung Zulassung

zurSteuerberater-

prüfung10 JahreBerufserfahrung

7 JahreBerufserfahrung

WeiterbildungSteuerfachwirt

ErnennungSteuer-berater

Quelle: beruf-steuerberater.de

Drei Wege können eingeschlagen werden:

■ Ausbildung zum Steuerfachangestellten■ Vollzeitstudium Bachelor (z. B. BWL, VWL oder Jura)■ Duales Studium (z. B. BWL/Steuerwesen)

Page 83: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

109SPECIAL CONSULTING

Steuerfachangestellte müssen zehn Jahre Berufserfahrung sammeln, bevor sie zur Steuer-beraterprüfung zugelassen werden. Die Weiterbildung zum Steuerfachwirt verkürzt diese Zeit, ebenso wie ein berufsbegleitendes Studium bzw. Fernstudium. Studenten können mit dem Bachelor ins Berufsleben einsteigen und müssen dann drei Jahre Berufstätigkeit vorweisen. Oder sie machen noch einen Master, dann können sie bereits nach zwei Jahren die Prüfung angehen. Auf die Prüflinge kommen viele Monate mit sehr intensiver Lernar-beit zu. Bevor man sich nach bestandener Steuerberaterprüfung offiziell „Steuerberater“ nennen darf, muss erst ein sogenanntes Bestellungsverfahren durchgeführt werden. Da-für wird bei der zuständigen Steuerberaterkammer ein entsprechender Antrag gestellt und, falls alles ordnungs- und fristgerecht eingegangen ist, wird man zu einem von der Steuerberaterkammer festgelegten Termin zum Steuerberater bestellt.

3.19.8 Wirtschaftsprüfer

Der Arbeitsmarkt im Bereich der Wirtschaftsprüfung ist relativ übersichtlich und wenig zersplittert. Die Wirtschaftsprüfung ist ein Milliardenmarkt, der sich allerdings auf weni-ge große Unternehmen verteilt. Die vier oben bereits genannten Gesellschaften (Big Four) machen den Großteil der Einnahmen unter sich aus. Nachdem in den Krisenzeiten der vergangenen Jahre viele Gesellschaften vorsichtiger bei der Rekrutierung neuer Mitarbei-ter waren, läuft die Jobmaschine Wirtschaftsprüfung nun wieder auf Hochtouren. Ein Großteil der Unternehmen bestätigte, in diesem und den nächsten Jahren neue Arbeits-plätze schaffen zu wollen. Vor allem gesucht werden Universitätsabsolventen aus den Wirtschaftswissenschaften, wie den Studiengängen BWL, Wirtschaftsrecht oder aus spe-zialisierten Studiengängen wie „Auditing & Taxation“. Generell ist der Bedarf an neuen Mitarbeitern in der Wirtschaftsprüfung recht hoch, verglichen mit anderen Branchen, da die Fluktuation zwischen 10–20 % liegt. Dies hat mehrere Gründe, wie:

■ Berufseinsteiger entscheiden sich nach einer gewissen Zeit auszusteigen und z. B. eine eigene Idee zu verfolgen oder in einer anderen Branche neu zu beginnen

■ Erfahrene Kollegen werden von Banken, Industrie und vielen anderen Unternehmen um- und abgeworben

■ Um auf der Karriereleiter schneller empor zu steigen, wechseln junge und erfahrene Mitarbeiter zwischen den verschiedenen Gesellschaften

Da sich Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auf die Fahnen geschrieben haben, nur die Besten einzustellen, sind ihre Bemühungen darum, sich als Top-Arbeitgeber zu positionie-ren, groß. Das gelingt den Unternehmen sehr gut, wie man beim Blick auf Arbeitgeber-Rankings sieht. Nicht nur weltweit, auch in Deutschland finden sich die großen WP-Gesell-schaften in den Rankings der beliebtesten Arbeitgeber im oberen Drittel wieder.

Die Dominanz der vier bereits genannten Wirtschaftsprüfergesellschaften ist enorm, wenn man sich beispielsweise den deutschen Markt anschaut. Laut Handelsblatt sind gut 80 % der 160 größten deutschen Aktiengesellschaften Kunden von PwC, KPMG, D&T und E&Y. Das bedeutet einen Umsatz von rund 4,4 Mrd. Euro. In den vergangenen Jahren hat

Page 84: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

110 SPECIAL CONSULTING

der Anteil der Big Four am Gesamtmarkt stets zugenommen. Die Gründe dafür liegen zum einen darin, dass die global agierenden Kunden ebenfalls international erfahrene Gesell-schaften mit der Prüfung beauftragen. Zudem erhoffen sich die Auftraggeber auch, dass der Prüfung durch eine renommierte Gesellschaft mehr vertraut wird als der einer kleinen, weniger bekannten. Wie auch bei den Steuerberatungsunternehmen schließen sich kleine Prüfungsfirmen häufig in Netzwerken zusammen. Der Vorteil ist vor allem, dass man da-durch dennoch eine sehr große Bandbreite an Experten anbieten kann. Benötigt der Kun-de für eine bestimmte Prüfung den Rat eines Spezialisten, kann dieser Spezialist über das Netzwerk aus ganz Deutschland oder teilweise sogar weltweit hinzugezogen werden. Auf diese Weise kommt es zu einem breiten Branchen- und Spezialwissen. Die in Deutschland tätigen Netzwerke sind keinesfalls klein. Anhand der folgenden Grafik kann man erken-nen, dass auch hier Millionen umgesetzt werden. Für Hochschulabsolventen, die nicht bei einer der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften anheuern möchten, sind daher auch regionale WP-Gesellschaften mit nationalem Netzwerk eine weitere Option.

Umsatz der Top 10 in Deutschland tätigen Netzwerke (in Mio. Euro)

Nexia International

Grant Thornton GmbH

Moore Stephens Deutschland

RSM Deutschland

PKF Deutschland

Baker Tilly Deutschland

HLB Deutschland

Praxity

Polaris International

DFK Germany

167

134

123

112100

98

84

82

7965

Quelle: Lünendonk

Page 85: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

1113.20 WERBEWIRTSCHAFT

3.20 Werbewirtschaft

„Beschäftigtensituation ist von Stabilität geprägt.“

Interview mit Manfred Parteina, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft ZAW, Berlin

Wie fällt der Ausblick der Branche auf 2014 aus?

Der ZAW geht von einem leichten Plus der Werbeinvestitionen für 2014 aus – so die Politik die kommerzielle Kommunikation nicht durch weitere Beschränkungen ausbremst (vor al-lem in Brüssel) oder unvorhersehbare konjunkturelle Einbrüche aufgrund der angespann-ten weltpolitischen Situation stattfinden. Aktuell haben wir in Deutschland rund 30 Mrd. Euro an Investitionen in Werbung.

Inwieweit verändern sich aufgrund des Strukturwandels der Medien auch in der Werbe-wirtschaft die Anforderungen an das Personal?

Vor allem im Digitalbereich ist der Bedarf an Nachwuchskräften – gerade auch bei den Agenturen – groß. Diesen Bedarf zu decken wird die nächsten Jahre bestimmend sein. Dennoch ist insgesamt gesehen die Beschäftigtensituation in der kommerziellen Kommu-nikation von Stabilität gekennzeichnet. Wenn Veränderungen aufgrund neuer Medienge-gebenheiten stattfinden (Stichwort z. B. Mobile, Apps etc), dann nach und nach: So wird zum Beispiel im Printsektor weiterhin ein bedeutend hoher Umsatz generiert, mit dem entsprechenden Personalbedarf.

Welche Bereiche werden mit welchen Folgen für Personal boomen?

Ob man noch in Klassik/Nicht-Klassik unterscheiden kann, ist fraglich, da längst cross-medial, konvergent oder wie man es auch immer nennen mag, geworben wird. Fakt ist: TV ist werbestärkstes Medium, gefolgt von den Tageszeitungen, Anzeigenblättern usw. Online liegt noch ein gutes Stück dahinter – so die ZAW Netto-Werbedaten. Das bedeutet: Je umfassender der Nachwuchs ausgebildet ist – sprich generalistischer er ist – desto bes-ser. Sehr gute Fähigkeiten im Digitalbereich kombiniert mit Fachwissen in einem weiteren Sektor sind ideal.

Wie stark beeinflusst der Boom von Social Media die Werbung und die Mitarbeiterzahlen? Ist zum Beispiel SEO wirklich eine so große Boombranche mit vielen Mitarbeitern?

Social Media ist wichtig, aber nicht unbedingt für alle Unternehmen, ebenso Search Engine Optimization (SEO). Wenn ich ein mittelständisches Unternehmen, einen sogenannten Hidden Champion habe, liegen Werbung und damit Bedürfnisse ganz anders als beispiels-weise bei einem Pkw-Hersteller, der sein neues Modell massen- und crossmedial bewer-ben will. Die Fachzeitschrift ist für das Familienunternehmen da eventuell die passendere Kommunikationsplattform und dies gilt entsprechend auch für das Personal.

Page 86: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

1 DER ARBEITSMARKT FÜR INGENIEURE112 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN112

Welche neuen Anforderungen bringt die „Transformation“ der Medienwirtschaft für Mitar-beiter in Kreativagenturen, Planungsagenturen etc. mit?

Sich weiterbilden, sich fortbilden, das war noch nie so wichtig wie derzeit. Ein Beispiel: Die aktuellen Entwicklungen im Mobile-Sektor sind keine zehn Jahre alt, z. B. bei Smart-phones, Tablets oder Apps. Akzeptanz und Offenheit für weitere, neue Werbeformen und -kanäle müssen vorhanden sein und Wissen muss auch aktiv angeeignet werden.

3.20.1 Die Branche in Zahlen

Bisher hatte die Werbewirtschaft wenig Nachwuchssorgen. Nun steht sie vor einem Wan-del, wie ihn andere Branchen nur bei ihrer Suche nach Ingenieuren oder Informatikern kennen. Es fehlt an Experten, die den online-technisch bedingten Wandel der Medien für die Werbung umsetzen. Insgesamt aber ging die Nachfrage 2013 nach Werbeexperten „deutlich zurück“, die Quote der arbeitslosen Werbefachleute stieg. So lautet das Fazit der Arbeitsmarktanalyse des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft ZAW. Für 2014 erwartet der Dachverband eine Trendwende, da der Arbeitsmarkt Werbung konjunk-turabhängig ist. Die ZAW-Stellenangebotsanalyse ergibt für das 1. Halbjahr 2013 ein sehr deutliches Minus von 48 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Gesamtbilanz für 2013 zeigt ein Minus von 29 %.

Stellenangebote für Werbeberufe 2013

Berufsbereich 2012 2013 Verän-derung

in %

Werbende Firmen Werbe-agentu-

ren

Medien

Waren-hersteller

Dienst-leister

Marketing + Werbung 757 499 –34 19 30 396 54

Art-Director 426 286 –33 0 2 282 2

Mediaexperten 468 259 –45 10 19 142 88

Texter 362 242 –33 0 4 237 1

Kontakter 241 186 –23 3 7 173 3

Grafiker/Medien-designer

267 160 –40 3 12 136 9

Werbeproduktion 141 123 –13 2 0 119 2

Auszubildende/ Trainees

144 121 –16 3 1 107 10

Werbefachleute 156 100 –36 3 14 52 31

Anzeigenfachleute 115 98 –15 0 4 10 84

Werbeleiter 32 30 –6 3 6 6 15

Sekretärin/Assistentin 15 12 –20 0 0 12 0

Quelle: Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW

Page 87: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

1133.21 WIRTSCHAFTSPRÜFUNG UND STEUERBERATUNG

Web-Link http://www.zaw.de/doc/3_2013-Stellenangebote_Werbeberufe.pdf

Für 2013 bleibt gemäß ZAW die Beschäftigtensituation nahezu konstant: Im Kernbereich ging die Zahl auf 187.235 zurück (2012: 188.020), im Zuliefererbereich stieg die Zahl in der Digitalwirtschaft leicht und sank in der Papierwirtschaft und Druckindustrie, insge-samt beträgt die Beschäftigtenzahl 936.617, das ist ein Plus von 0,1 % im Vergleich zum Vorjahr. Wie für die Medienbranche gilt auch hier, dass eine große Zahl der Mitarbeiter „frei“ arbeitet als Selbstständige.

Ausblick: Der intermediäre Wettbewerb um Werbeetats nimmt zu, also die Konkurrenz der Mediengattungen Print, TV, Radio und Online um Werbegelder aus den Bereichen Markenartikel, Handel oder Dienstleistungen. Je stärker Werbeberatung, Etatbetreuung oder Mediaplanung ihre Effizienz nachweisen müssen, desto mehr ist wirtschaftswissen-schaftliches Know-how gefragt.

Der Nachweis von Werbewirkung und der Effizienz ist besonders für TV und Print eine zentrale Aufgabe. Hier haben sie gegenüber Online-Medien Nachholbedarf. Diese haben es leichter, die quantitative Nutzung durch Klickzahlen und Performance- Modelle nachzu-weisen. Gefragt sind Markt- und Meinungsforscher sowie Kreative mit wirtschaftswissen-schaftlicher Expertise, die die Erfolgschancen neuer, traditioneller und vernetzter Werbe-formen ermitteln. Werbungtreibende wie Medienunternehmen suchen Werbeexperten, die Effizienz und Effektivität herleiten und die Wirkung der Werbung kalkulieren können – bei fortschreitendem Zusammenwachsen (Konvergenz) und Individualisierung der Medi-en. Denn die Werbung nutzt nicht mehr nur einen Kanal, um Konsumenten zu erreichen. Sie spielt das Motiv des TV-Spots oder der Anzeige auf verschiedenen Plattformen: mobil, auf dem Tablet, in der Smart-TV-App, auf dem Smartphone. Auf die wirtschaftliche Wir-kung kommt es an.

3.21 Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung

„Gute Startpunkte“

Interview mit StB RA Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Präsident des Bundesverbandes der Steuerberater, Rechtsanwalt (Lawyer), Steuerberater (Certified Tax Adviser), Fachanwalt für Steuerrecht (Tax Lawyer), Partner Freshfields Bruckhaus Deringer LLP

Wie bewerten Sie die Perspektiven für Wirtschaftswissenschaftler in Ihrer Branche?

Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung sind weiterhin aus mehreren Gründen gute Start-punkte für Wirtschaftswissenschaftler. Vertiefte Kenntnisse der Rechnungslegung, des Controllings, der steuerrechtlichen Normen und Gestaltungsansätze sind nicht nur fachlich

Page 88: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

114 3 ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN

nützlich, sondern eröffnen nicht selten Karrieren als führende Berater oder bis in Unterneh-mensvorstände, wenn sich mit solide erarbeiteter steuerlicher und buchhalterischer Grundlage betriebswirtschaftlicher Gestaltungswille und Führungsqualifikation verbinden.

Wo liegen die Arbeitsfelder?

Die zunehmende Verrechtlichung der Jahresabschlüsse und steuerlichen Erklärungspflich-ten, die Anforderungen an (auch steuerliche) Compliance und die Integration von IT-Sys-temen macht die Tätigkeit spannend und herausfordernd. Es gibt kaum ein Rechtsgebiet, das so schnell wie das Steuerrecht Änderungen unterworfen ist und in dem ein ganzes oberstes Bundesgericht – im Wettstreit mit der Finanzverwaltung – für eine dauernde Überprüfungsnotwendigkeit von unternehmerischen Gestaltungsentscheidungen sorgt. Hierbei nehmen der Anteil der Beratung und damit die Notwendigkeit für eine akademi-sche Ausbildung immer weiter zu, weil nur mit einem weiten Überblick über die unter-schiedlichen Folgen (verschiedene Steuerarten, Bilanzierung, Jahreserfolg) eine zutreffen-de Rechtsfolgeneinschätzung unternehmerischer Entscheidungen möglich ist. Demgemäß sind über Jahre arbeitslose Steuerberater und Wirtschaftsprüfer seltene Ausnahmen.

Eine wesentliche Herausforderung für Praxen ist es, sich so zu positionieren, dass sie für ihre Mandanten ein unverwechselbares Profil anbieten. Dazu gehört nicht nur ein geeigne-ter Außenauftritt, sondern auch ein fortlaufendes Bemühen, durch gute Ausbildung so-wohl für Schulabgänger als auch junge Wirtschaftswissenschaftler als attraktiver Arbeit-geber zu erscheinen. Hierbei gibt es kein Richtig-Falsch-Muster, sondern jede Praxis muss für sich entscheiden, wie sie sich in Zukunft aufstellen will, welche Mandanten sie als ihre Zielgruppe sieht, wie sie diese Zielgruppe anspricht und welches Personal sie für diese Ansprache braucht. Junge Kollegen sollten sich von der Schlüssigkeit der Konzepte vor Arbeitsaufnahme ein eigenes Bild machen.

Was ist Berufsanfängern zu raten?

Für junge Kollegen kommt es im Anfang der Laufbahn ferner darauf an, sich solche Praxen auszusuchen, in denen sie eine gute Vorbereitung für ihre Berufsexamina (als Steuerbera-ter typischerweise nach etwa dreijähriger Praxis und als Wirtschaftsprüfer etwa zwei Jahre später) erwarten dürfen und welche Aussichten in der jeweiligen Praxis mit ihren Ambiti-onen vereinbar sind. Nicht jeder will eine kleinere Kanzlei übernehmen oder Sozius in ei-ner kleineren Sozietät werden, wie auch nicht jeder eine Karriere in einer „Big Four“-Kanzlei oder anderen international aufgestellten Einheit anstrebt. Anspruchsvolle Tätig-keiten setzen gleichwohl sicher Reisebereitschaft und ein Arbeitszeitpensum jenseits von „Eight-to-Five“ voraus, allein, um sich in neue Fragestellungen einzudenken und das eige-ne Wissen systematisch auszudehnen. Als Gegenleistung besteht die Möglichkeit, schon in einer frühen Berufsphase Beratungsverantwortung zu übernehmen und wirtschaftlich wichtige Entscheidungen vorzustrukturieren.

Page 89: ARBEITSMARKT NACH BRANCHEN - Springer · Bei den deutschen Autoherstellern zeigt sich, wie Employer Branding erfolgreich sein kann, indem die Marken für eine attraktive Form von

1153.21 WIRTSCHAFTSPRÜFUNG UND STEUERBERATUNG

3.21.1 Die Branche in Zahlen

Trotz Eurokrise gilt die geschäftliche Lage der Wirtschaftsprüfer als gut. Sie erreichten zwar in der Summe nicht mehr Umsatz als das 2011er-Niveau. Die großen Gesellschaften erzielten jedoch ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum von 6,3 %. Drei der „Big Four“ übersprangen, so die Lünendonk®-Studie 2013, die Milliarden-Euro-Umsatz-Grenze: Price waterhouseCoopers (PwC, 1,5 Mrd. Euro), KPMG (1,3 Mrd. Euro) und Ernst & Young (1,16 Mrd. Euro). Deloitte erwirtschaftete 657,8 Mio. Euro. Nach Informationen des Insti-tuts für Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) hat diese Branche derzeit 14.594 Mit-arbeiter, davon gut 2.000 Frauen. Neun von zehn Prüfern sind auch Steuerberater. Aufga-benfelder: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Corporate Finance, Rechtsberatung.

Ausblick: Ein wirtschaftswissenschaftliches Studium ist meist der erste Schritt für den Job des Wirtschaftsprüfers. 85 % der in Deutschland tätigen Wirtschaftsprüfer besitzen einen wirtschaftswissenschaftlichen Abschluss (BWL/VWL). Gefragt sind oftmals Spezia-listen, besonders in Bereichen wie Risikocontrolling, Financial Risk Managements oder Mergers & Acquisitions.

Für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer heißt es: Nach dem Examen ist vor dem Wirt-schaftsprüferexamen. Bereits dies erfordert einen hohen Wissensstand in den Wirt-schaftswissenschaften. Eine Spezialisierung etwa auf Schwerpunkte Treuhand- und Revi-sionswesen, Betriebliche Steuerlehre oder Steuerrecht erleichtert den Weg in die Praxis.

Die berufliche Weiterbildung schließt mit bundeseinheitlicher Prüfung ab und verlangt ein vollendetes Hochschulstudium, im Idealfall der Wirtschaftswissenschaften. In der Regel erfolgt die Weiterbildung „On the Job“ und in Teilzeit und dauert bis zu zwei Jahre. Zusätz-lich ist Berufserfahrung im betriebswirtschaftlichen Bereich von etwa drei Jahren erforder-lich.

Auch wenn die Beliebtheit der Großen ungebrochen ist: Die zweite Reihe der Prüfungsge-sellschaften, die sogenannten Second Tier Gesellschaften, bieten ebenfalls Perspektiven. Sie fokussieren den Mittelstand. Hier punkten sie durch persönliche Kontakte zu Mandan-ten sowie Nähe und Preisvorteile.

Das Gleiche gilt für die steigende Zahl von selbstständigen Steuerberatern oder Wirt-schaftsprüfern. Nur etwa jeder dritte Steuerberater ist angestellt. 52.000 deutsche Steu-erberaterpraxen sind zu 70 % Einzelpraxen. Die Mehrheit berät selbstständig in mittel-ständischen und kleinen Gesellschaften, die lokal oder regional ihre Mandanten pflegen. Viele von ihnen sind inhabergeführt. Außerdem bietet das achte Steuerberatungsände-rungsgesetz 2008 neue Chancen für den Berufsstand: Seitdem können Steuerberater auch bei nichtberufsständischen Arbeitgebern angestellt sein (zum Beispiel in der Steuer-abteilung eines Unternehmens oder Verbandes) und als Syndikus wirken und themenbe-zogene Angelegenheiten des Unternehmens verantworten.

Fazit: Der Beruf des Wirtschaftsprüfers oder des Steuerberaters ist attraktiv, sei es in Sozietäten oder als Selbstständiger. Der Weg dorthin über die berufsbegleitende Ausbil-dung ist nicht leicht und Durchfallquoten von über 50 % sind nicht ungewöhnlich.