Arbeitsrecht und Kirche - BAUMANN-CZICHON · 2010 Kirche Arbeitsrecht und Zeitschrift für...

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Kirche Arbeitsrecht und Zeitschrift für Mitarbeitervertretungen 2010 1 ISSN 1614 -1903 aus dem Inhalt Kirche Arbeitsrecht und Schlapphüte in der Kirche – Wie Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer von Detekteien beschatten lassen Die Mitbestimmung verkommt zur reinen Rechtskontrolle 2 2 17 14 11 6 Die Rolle der Mitarbeitervertretung Seelische Erhebung: Gegen die Fron der Arbeit Leseranfragen K A u Foto: Hajo Rebers, www.pixelio.de

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2010

KircheArbeitsrecht und

Z e i t s c h r i f t f ü r

M i t a r b e i t e r v e r t r e t u n g e n

2 0 1 01

ISSN 1614-1903

aus dem Inhalt

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Schlapphüte in der Kirche – Wie Arbeitgeber

ihre Arbeitnehmer von Detekteien beschatten lassen

Die Mitbestimmung verkommt

zur reinen Rechtskontrolle

22

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6

Die Rolle der Mitarbeitervertretung

Seelische Erhebung: Gegen die Fron der Arbeit

Leseranfragen

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KircheArbeitsrecht und2009 1

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kirchen, vor allem die katholische, haben in diesem Jahr

Schlagzeilen gemacht wie lange nicht mehr. Nur wenige davon haben

ein so gutes Gefühl hinterlassen wie der entschlossene Rücktritt

von Margot Käßmann. Endlich mal jemand, der ohne Wenn und

Aber Verantwortung für sein Handeln übernimmt. Endlich jemand,

der nicht die Schuld bei anderen sucht, nicht einmal bei den stets

gescholtenen Medien. Frau Käßman hat selbst dort Verantwortung

übernommen, wo nicht einmal ihre Amtsführung betroffen war.

I m p r e s s u m

Inhalt

Editorial

Schlapphüte in der Kirche – Wie Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer von Detekteien beschatten lassen

Arbeitnehmerdatenschutz

Betriebsräte in kirchlichen Konzernen –Grundlagen der Arbeit nach BetrVG

Die Mitbestimmung verkommt zur reinen Rechtskontrolle – Anmerkungen zum Beschlus des Kirchengerichtshofs vom 20.04.2009

Die Rolle der Mitarbeitervertretung

Seelische Erhebung: Gegen die Fron der Arbeit

Leseranfragen

Rezension zu Hermann Lührs: Die Zukunft der Arbeitsrechtlichen Kommissionen

Kommentar

Rechtsprechung

Termine & Seminare April–Juni 2010

KAu

Editorial

Arbeitsrecht und KircheZeitschrift für Mitarbeitervertretungen

Redaktion: Bernhard Baumann-Czichon (verantwortlich)Kerstin Graumann(Redaktionsassistenz)Otto ClausMichael DembskiDr. Herbert DeppischMira GathmannProf. Dr. Ulrich HammerMichael HeinrichKlaus Kellner – KK Annette KlausingBarbara KoppRenate RichterJudith Ruthke-Mose

Redaktionsanschrift:Am Hulsberg 8 28205 BremenTelefon: 0421-43933-53Telefax: 0421-439 3333eMail: [email protected]

Verlagsanschrift undAnzeigenverwaltung:SachBuchVerlag Kellner,St.-Pauli-Deich 3 28199 BremenTelefon: 0421-778 66Telefax: 0421-704058eMail: [email protected]

Grafische Gestaltung:Designbüro Möhlenkamp, BremenMarlis Schuldt,Jörg Möhlenkamp

Bezugspreis:Einzelheft EUR 12,90Abonnement: pro Jahr EUR 50,– (4 Ausgaben)Kündigungsmöglichkeit:4 Wochen vor Jahresende.

Nachdruck nur mit Erlaub-nis des Verlags. Die Ver-wendung für Zwecke ein-zelner Mitarbeitervertretun-gen oder deren Zusam-menschlüsse (z. B. fürSchulungen) ist bei Quellenangabe gestattet.Bitte Belegexemplare an den Verlag senden.

Für unverlangt ein-gesandte Manuskripte kann keine Gewähr übernommen werden.

Wie schön wäre es, wenn Vorstände und

Geschäftsführungen genauso selbstverständlich den

Hut nehmen würden, wenn sie versagt haben.

Eine Krankenschwester, die ein Stück übriggeblie-

benen Kuchen isst, wird fristlos entlassen. Und

fehlt mal die Unterschrift in der Pflegedokumen-

tation, gibt es mindestens eine Abmahnung. Arbeit-

nehmer müssen unfehlbar sein. Aber das ist – wie

wir inzwischen ahnen – nicht einmal der Pabst.

Wer schickt eigentlich die Geschäftsführer in

die Wüste, die nicht oder zu spät mit den Kranken-

kassen über die Pflegesätze verhandeln? Wer

den Heimleiter, der die Überlastungsanzeigen der

Pflegekräfte nicht beachtet? Und wer schimpft

wenigstens mit denjenigen, die von Diakonie,

Dienstgemeinschaft und Drittem Weg reden, aber

Tarifflucht und Leiharbeit betreiben? Dieses

Versagen wird mit dem Mantel der Nächstenliebe

verdeckt.

Es wird Zeit, dass wir es aufdecken. Denn sie

reden von Verantwortung, aber die Arbeitnehmer

tragen die Folgen.

Mit den besten Wünschen für eine

erfolgreiche Arbeit!

Bernhard Baumann-Czichon

C h e f r e d a k t e u r

Bernhard

Baumann-Czichon

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Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtssind Observationen von Mitarbeitern immer dannberechtigt, wenn ein begründeter Verdacht einerPflichtverletzung vorliegt. Darüber hinaus hat derArbeitnehmer dem Arbeitgeber die durch das Tätig-werden eines Detektivs entstandenen notwendigenKosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber anlässlicheines solchen konkreten Tatverdachts gegen denArbeitnehmer einer Detektei die Überwachung über-trägt und der Arbeitnehmer dann tatsächlich einervorsätzlichen Vertragsverletzung überführt wird (vgl.Bundesarbeitsgericht Urteil vom 28.05.2009, AZR226/08). Verlangt der Arbeitgeber Ersatz von Detek-tivkosten, so muss er nach dem Bundesarbeitsgerichtdarlegen, dass er vor Beauftragung der Detektei einenkonkreten Verdacht hatte und haben durfte, der beivernünftiger, wirtschaftlicher Betrachtung die Ein-schaltung eines Detektivs erforderlich erscheinen ließ.Eine bloße Mutmaßung genügt dabei nicht. Ebensowenig können Kosten eines routinemäßigen Detekti-veinsatzes, bei dem ein Kündigungsgrund festgestelltwird, ersetzt verlangt werden.

Zunehmend legen die Einsätze von Detekteien zurBespitzelung von Arbeitnehmern jedoch den Ein-druck nahe, dass die Aktionen lediglich auf bloßenVermutungen basieren und nur einem Zweck dienen:einen Kündigungsgrund zu finden. Dabei offenbarendie Überwachungsprotokolle, wie dicht die Detektivesich den Arbeitnehmern nähern und wie detailliertüber das Privatleben des Arbeitnehmers berichtetwird. Selbst vor umfangreichem Video- und Fotoma-terial schrecken die Ermittler in ihren Berichten nichtzurück. Da jede detektivische Tätigkeit in RichtungPrivatsphäre des Arbeitnehmers ein tatbestandsmäßi-ger Eingriff in dessen durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschütztes Persönlichkeitsrecht ist,erscheint gerade diese Form der Überwachung abso-lut unverhältnismäßig und damit unzulässig.

Wie nah dabei die zur Bespitzelung eingesetztenDetektive dem einzelnen Arbeitnehmer kommen, sollhier anhand zweier Beispiele aus der Praxis aufgezeigtwerden:

Im ersten Beispiel hatte die Dienststelle, eine dia-konische Einrichtung der Obdachlosenhilfe, dieZustimmung der Mitarbeitervertretung zu der beab-sichtigten außerordentlichen Kündigung einer Mitar-

beiterin beantragt. Als wichtigen Grund gemäß § 626 BGB hatte die Dienststelle die Vortäuschungvon Arbeitsunfähigkeit angegeben.

Die Mitarbeiterin, die in der Einrichtung alsBuchhalterin tätig und selbst Mitglied der Mitarbei-tervertretung ist, war aufgrund eines chronischenLeidens, welches sie in ihrer Beweglichkeit ein-schränkte, in den vergangenen anderthalb Jahreninsgesamt 140 Tage krankheitsbedingt arbeitsun-fähig gemeldet gewesen. Der Arbeitgeber führte sei-nen Verdacht der Vortäuschung von Arbeitsunfähig-keit im Wesentlichen darauf zurück, dass die Mitar-beiterin während ihrer Arbeitsunfähigkeit andereAktivitäten ausgeübt hatte. Unter anderem hatte eineInternetrecherche ergeben, dass die Mitarbeiterin anTagen, an denen sie krankheitsbedingt arbeitsun-fähig gemeldet war, an Tierausstellungen teilgenom-men hatte. Daraufhin hatte der Arbeitgeber einDetektivbüro mit der Überwachung der Mitarbeite-rin beauftragt. Die im Verfahren vorgelegten Über-wachungsprotokolle zeigen, mit welcher Intensitätund Nähe die Mitarbeiterin überwacht wurde. Ins-gesamt erfolgte die Bespitzelung volle vier Tage,jeweils von morgens zwischen 6.00 und 7.30 Uhr bisabends um ca. 21.00 Uhr. In diesem Zeitraum ›ver-folgten‹ die Ermittler die Mitarbeiterin auf Schrittund Tritt, sobald sie ihren Wohnraum verließ. Dabeiberichteten die Privatermittler anscheinend lückenlosund detailliert darüber, wie die Mitarbeiterin geklei-det war, beschrieben Personen, die die Mitarbeiterintraf oder mit denen sie sprach, hatten ein Augenmerkauf getätigte Einkäufe und ähnliches. Einige Aus-schnitte aus dem Originalüberwachungsprotokollmögen einen Eindruck von dieser Überwachungsin-tensität wiedergeben:

10:43 Uhr: Zielperson erreicht ... einen Tante-Emma-Laden in ..., bekleidet mit schwarzerSporthose und grüner, heller Bluse, betritt dasLadenlokal.10:47 Uhr: Zielperson kommt wieder heraus,scheinbar hat sie diverse Kleinigkeiten, unteranderem eine Zeitung, gekauft.13:05 Uhr: Zielperson kommt mit einer älterenunbekannten Dame aus dem Haus. Beide Frauentragen je einen Tiertransportkäfig. Zielperson öff-net die Seitenschiebetür und stellt beide Käfige inden Opel. Danach verabschieden sich die beidenPersonen. Zielperson steigt schwungvoll in dasZielfahrzeug und fährt ab ...16:06 Uhr: Zielperson fährt zum Aldi- und Rewe-Parkplatz ... parkt, holt einen Einkaufswagen undbetritt den Aldi-Markt.16:28 Uhr: Zielperson kommt mit einem gefülltenEinkaufswagen aus dem Aldi-Markt, geht zumZielfahrzeug und öffnet die Beifahrertür sowie dieSeitenschiebetür. Anschließend holt sie zweiKlappkisten vom Beifahrersitz und stellt diesedurch die Seitentür in den hinteren Teil des Ziel-fahrzeuges. Die 2. Kiste wird mit Leerflaschengefüllt und in den Einkaufswagen gestellt.

D i e A u t o r i n

Schlapphüte in der Kirche –

Wie Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer

von Detekteien beschatten lassenV o n J u d i t h R u t h k e - M o s e

Immer häufiger lassen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer

z. B. in Krankheitsfällen von Detektiven überwachen.

Neu ist, dass jetzt auch kirchliche Arbeitgeber ihre

Arbeitnehmer bespitzeln lassen.

Judith Ruthke-Mose

Ass. Jur., wissen-

schaftliche Mit-

arbeiterin, Bremen

Detektive im Betrieb

2 AuK 2010

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Detektive im Betrieb

§ 626 Abs. 1 BGB die Vortäuschung einer krank-heitsbedingten Arbeitsunfähigkeit an. Um ihrenAnfangsverdacht, der Kläger gehe trotz vorgelegterArbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einer grundsätz-lich genehmigten Nebentätigkeit als Fußpfleger nach,zu überprüfen, beauftragte die Dienststelle ebenfallseine Detektei mit der Überwachung ihres Mitarbei-ters. Dies führte zu einer Observation von insgesamtfünf (!) Tagen durch die Detektei. Aus dem Überwa-chungsprotokoll ist zu entnehmen, dass dabei nichtnur Beobachtungen bzgl. des Mitarbeiters gemachtund protokolliert worden sind, sondern, dass die Pri-vatermittler auch nicht davor zurückschreckten,Familienmitglieder mit zu observieren. So wird dasVerlassen und Ankommen der Ehefrau am Wohnortgenauso dokumentiert und interpretiert wie das desMitarbeiters. Darüber hinaus wird sogar das Gesche-hen in der Wohnung des Mitarbeiters beobachtet. Soheißt es exemplarisch u. a. im Überwachungsproto-koll:

08:42 Uhr: An einem Fenster (vermutlich Küche)ist eine Frau zu erkennen.10:21 Uhr: Die Frau (vermutliche Ehefrau) verläs-st die Wohnung, mit dem Kfz (...) fährt sie davon.10:49 Uhr: Die Frau kehrt in die Wohnungzurück.10:33 Uhr: Die Frau verlässt Wohnung, fährt mitKfz (...) davon.10:52 Uhr: Die Frau kehrt mit Einkäufen zurück.

Auch im vorliegenden Fall fotografierten die Priva-termittler den Mitarbeiter auf seinen Wegen außer-halb seines Wohnbereichs.

Die intensive und sogar auf Familienmitgliederausgedehnte Überwachung durch eine Detektei istunverhältnismäßig. Insbesondere auch deshalb, dadem Arbeitgeber mildere Mittel zur Verfügung stan-den, um die Arbeitsfähigkeit seines Mitarbeiters fest-stellen zu lassen. Sowohl die Arbeitsvertragsrichtlini-en des Deutschen Caritasverbandes (AVR-C) als auchdie Arbeitsvertragrichtlinien des Diakonischen Wer-kes der Evangelischen Kirche Deutschlands (AVR-DW-EKD, AVR-K) sehen nämlich vor, dass derArbeitgeber vom Arbeitnehmer die Vorstellung beieinem Vertrauensarzt (des Arbeitgebers) verlangenkann, um die Arbeitsfähigkeit des Mitarbeiters fest-stellen zu lassen. Erst wenn der Mitarbeiter diesemVerlangen des Arbeitgebers nicht nachkommt, magunter Umständen die Überwachung durch eineDetektei verhältnismäßig sein. Dabei ist die Überwa-chung von Familienangehörigen oder anderen Perso-nen aber auf jeden Fall unrechtmäßig. Auch Video-aufzeichnungen und Fotoaufnahmen sind dabei alshöchst problematisch anzusehen, da diese einen sehrintensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht desArbeitnehmers darstellen und hier somit die Erfor-derlichkeit und Gebotenheit einer solchen Maßnah-me wohl in jedem Fall zu verneinen ist.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich kirchlicheArbeitgeber gegenüber ihren Arbeitnehmern nichtanders als andere Arbeitgeber verhalten.

Küchenrollen und Waschpulverkarton werdenohne Korb ins Fahrzeug gelegt ...17:12 Uhr: ... Die im Einkaufswagen befindlicheKlappkiste ist nun mit Lebensmitteln gefüllt. Ziel-person öffnet die Beifahrertür und stellt die Klapp-kiste mit Lebensmitteln auf den Beifahrersitz.Augenscheinlich ist die Kiste schwer, ... Behinde-rungen im allgemeinen Bewegungsablauf der Ziel-person konnten bei der Einkaufsaktion nichterkannt werden.

Auch scheuten sich die Privatermittler nicht, Video-aufnahmen von der Mitarbeiterin zu machen. So istBestandteil des Überwachungsprotokolls eine Video-aufnahme über ca. eine halbe Stunde, auf der die Mit-arbeiterin bei einem Spaziergang mit ihren Hundenaufgenommen wurde.

Gerade im vorliegenden Fall wird deutlich, wieunverhältnismäßig der Eingriff in das Persönlich-keitsrecht der Mitarbeiterin in Bezug auf das Bedürf-nis des Arbeitgebers ist, eine mögliche Pflichtverlet-zung nachweisen zu können. Berücksichtigt mannämlich, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitneh-merin im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsun-fähigkeit keineswegs verpflichtet ist, das Bett zuhüten, sondern dass er oder sie lediglich nur das ver-meiden muss, was den Genesungsprozess behindernbzw. verzögern würde, dann wird im vorliegendenFall sehr wohl deutlich, dass es hier schon an der Vor-aussetzung für eine rechtmäßige Überwachung, näm-lich dem Vorliegen eines hinreichenden Verdachtseiner Pflichtverletzung, mangelt. Gerade bei chroni-schen Leiden im Bewegungsapparat wird man mitnormalen Bewegungen im Alltag sicherlich eher denGenesungsprozess unterstützen als ihn verzögernoder sogar behindern.

Auch im zweiten Beispiel hatte der Arbeitgeber,ein Krankenhaus in Trägerschaft des Caritasverban-des, dem als Krankenpfleger beschäftigten Mitarbei-ter außerordentlich gekündigt. Unter anderem führtedie Dienststelle auch hier als wichtigen Grund gemäß

KircheArbeitsrecht und

32010

Beachten Sie zu

diesem Thema die

Rechtsprechung

auf Seite 35 in

diesem Heft.

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4 AuK 2010

Darf der Arbeitgeber Daten über seineBeschäftigten beschaffen?

Grundsätzlich darf der Arbeitgeber sich Datenüber seine Beschäftigten beschaffen. Doch auch hierist zu berücksichtigen, dass es sich um einen Eingriffin das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt unddass darüber hinaus der Arbeitnehmer zur Existenz-sicherung auf das Arbeitsverhältnis angewiesen ist.Die Datenbeschaffung muss daher erforderlich undangemessen sein.

Darf der Arbeitgeber zur Datenbeschaf-fung (Informationen über Beschäftigte)auf das Internet zurückgreifen?

Die Datenbeschaffung des Arbeitgebers richtetsich nach § 32 BDSG. Hiernach dürfen Beschäftig-tendaten erhoben werden, wenn ›dies für die Ent-scheidung über die Begründung eines Beschäftigungs-verhältnisses oder nach Begründung des Beschäfti-gungsverhältnisses für dessen Durchführung oderBeendigung erforderlich ist‹. Darüber hinaus hat derArbeitgeber die allgemeinen Regelungen zur Datener-hebung nach § 4 Abs. 2 BDSG zu beachten, wonachdie Erhebung beim Betroffenen zu erfolgen hat. DerArbeitgeber darf hiervon nur abweichen, wenn dieberufliche Aufgabe eine Erhebung bei anderen Per-sonen oder Stellen erforderlich macht oder die Erhe-bung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigenAufwand verursachen würde. Der Betroffene ist danndarauf hinzuweisen, dass Daten bei konkret zubenennenden Dritten erhoben werden, § 4 Abs. 2 S. 2 BDSG.

Werden z. B. im Rahmen des Bewerbungsverfah-rens Daten bei Dritten erhoben, die für den Betroffe-nen von Nachteil sein können, und sollen diese zurEntscheidung herangezogen werden, so müssen siedem Betroffenen offen gelegt werden. Er muss dieMöglichkeit haben, die erhobenen Daten zu kom-mentieren bzw. zu korrigieren.

Bei der Datenerhebung durch das Internet kommtes darauf an, von welcher Seite Daten heruntergela-den werden. Hat der/die Betroffene eine eigeneHomepage, so sind diese Daten ausdrücklich für dieÖffentlichkeit bestimmt und damit für den Arbeitge-ber frei zugänglich, da von einer Einwilligung desBetroffenen auszugehen ist. Bei Daten, die Dritte insNetz gestellt haben, ist dies regelmäßig nicht der Fall.Hier hat der Arbeitgeber die Regelungen der §§ 4Abs. 2 S. 2, 32 Abs. 1 S. 1 BDSG zu beachten. DieDatenerhebung muss erforderlich sein und derArbeitgeber muss gewährleisten, dass überwiegendeschutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht ver-letzt werden.

Kann der Arbeitgeber auch eine Auskunftei einschalten?

Grundsätzlich ist das möglich. Hierbei ist zuberücksichtigen, dass die Datenbeschaffung bei einerAuskunftei klassischerweise im Rahmen von Kredit-anträgen geschieht. Die rechtlichen Voraussetzungenfinden sich in § 29 Abs. 2 S. 1 BDSG, wonach dieDatenübermittlung durch eine Auskunftei zulässigist, wenn derjenige, an den die Daten übermitteltwerden, ein berechtigtes Interesse an den Daten dar-legt und wenn kein Grund zu der Annahme besteht,dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse andem Ausschluss der Übermittlung hat.

Bei der Verwendung von Daten stellt sich immerdie Frage nach dem Verwendungszweck. Die Daten-bestände von Auskunfteien sind überwiegend nichtaus Arbeitsverhältnissen gespeist. Dieser Umstandspricht für ein Interesse des Arbeitnehmers an derZurückhaltung der Daten. Ferner ist aber auch zuberücksichtigen, dass der/die Betroffene auf einArbeitsverhältnis angewiesen ist. Negativdaten, diedazu führen, dass erst gar kein Arbeitsvertrag abge-schlossen wird, beeinträchtigen den/die Betroffene(n)in einem existentiellen Bedürfnis. Darüber hinaus istein Arbeitnehmer im Grunde nur durch ein Arbeits-verhältnis in der Lage, eine negative Bonitätsbewer-tung aus der Welt zu schaffen. Vor diesem Hinter-grund müssen Bonitätsauskünfte in Arbeitsverhält-nissen ausgeschlossen bleiben.

Darf der Arbeitgeber einen Detektivbeauftragen, um sich Daten über seineBeschäftigten zu beschaffen?

Um Daten bei einer Detektei zu beschaffen,benötigt zunächst die Detektei ein eigenes berechtig-tes Interesse an der Datenbeschaffung. Dieses kannsich aus dem jeweiligen Rechercheauftrag ableiten,welcher wiederum auf einem berechtigten Interessedes Auftraggebers beruhen muss. Hier ist wieder § 32 BDSG zu beachten, d. h. dem Rechercheauftragdürfen keine schutzwürdigen Interessen des Betroffe-nen entgegenstehen. Ein berechtigtes Arbeitgeberin-teresse kann bestehen bei gegen ihn gerichtetenStraftaten wie z. B. Arbeitszeitbetrug, Diebstähle etc.§ 32 BDSG schreibt vor, dass Anhaltspunkte füreinen begründeten Verdacht dokumentiert werdenmüssen. Ferner muss der Auftrag an den Detektiv zurAufdeckung der Tat erforderlich und verhältnismäßigsein. Ist es dem Arbeitgeber zumutbar, den Verdachtselbst zu verfolgen, ist die Einschaltung eines Drittenzur Datenbeschaffung unverhältnismäßig.

Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer,wenn der Arbeitgeber in rechtswidriger Artund Weise Daten über ihn beschafft hat?

Zu nennen ist hier zunächst ein Zurückbehal-tungsrecht des Arbeitnehmers, d. h. der Arbeitneh-mer hält seine Arbeitsleistung zurück. Dieses kannder Arbeitnehmer geltend machen bei einer unzuläs-sigen Datenverarbeitung durch den Arbeitgeber. Ein

D i e A u t o r i n

Arbeitnehmerdatenschutz

V o n M i r a G a t h m a n n

Mira Gathmann

Fachanwältin

für Arbeitsrecht,

Bremen

Schutz von Arbeitnehmerdaten

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KircheArbeitsrecht und

52010

Betriebsräte in kirchlichen Konzernen

Kirchen gehen einen arbeitsrechtlichen Sonderweg: Anstelle vonBetriebsräten arbeiten dort Mitarbeitervertretungen und dieArbeitsbedingungen richten sich nicht nach Tarifverträgen, son-dern nach kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien. Das ist – sosagen die Kirchen – nach ihrem Selbstverständnis unverzichtbar.Dennoch gibt es immer mehr kirchliche Betriebe, für die dieseskirchliche Selbstverständnis nicht gilt: Dienstleistungsgesellschaf-ten, Servicegesellschaften und Leiharbeitsfirmen in kirchlicherTrägerschaft. Meistens werden diese ›weltlichen‹ Betriebegeführt, um die Arbeitnehmer frei von kirchlichen Bedingungenund damit billiger beschäftigen zu können – manchmal auch, umLeistungen mit weltlichen Partnern ohne Gemeinnützigkeit aufdem Markt anbieten zu können.

Hinzu kommen Betriebe, die man als Grenzgänger bezeichnenkann: Dazu gehören Betriebe, die ehemals in weltlicher Träger-schaft waren und nach dem Wechsel in kirchliche Trägerschaftihren Betriebsrat behalten haben, ebenso wie ehemals kirchlicheBetriebe, die die kirchlichen Träger säkularisiert haben.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen Betriebenwerden oft als Randbelegschaften bezeichnet. Sind sie Arbeitneh-mer zweiter Klasse? Das hängt auch davon ab, ob sie und ihrebetrieblichen Interessenvertretungen sich für die eigenen Interes-sen und Belange engagieren. Doch dabei stoßen sie auf Hinder-nisse, denn sie sitzen zwischen den Stühlen: Von den Mitarbei-tervertretungen des Konzerns können sie jedenfalls in rechtlichenFragen keine Unterstützung erfahren und Betriebsräte andererUnternehmen verstehen die besonderen Probleme in kirchlichenKonzernen nicht.

Wir wollen mit den Betriebsräten aus kirchlichen Konzernenwichtige Grundlagen für die Praxis erarbeiten:

Grundlagen der Betriebsratsarbeit:n Bildung von Betriebsrätenn Geschäftsführung des Betriebsratsn Mitbestimmung in organisatorischen

und sozialen Angelegenheitenn Einigungsstellen Mitbestimmung in personellen Fragenn Wenn der Arbeitgeber die Rechte des Betriebsrats missachtet:

Der Weg zum Arbeitsgerichtn Grundlagen der Arbeit des Wirtschaftsausschusses

Besonderheiten für Betriebsräte in kirchlichen Konzernenn Besondere Loyalitätspflichten in kirchlichen Unternehmen?n Tarifverträge oder Arbeitsvertragsrichtlinien?n Zusammenarbeit mit Mitarbeitervertretungen

der verbundenen Betriebe

Das Seminar findet in der Zeit vom 14. bis zum 18. Juni 2010 inDassel statt. Während des Seminars besteht Gelegenheit zur Teil-nahme an einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in Erfurt.

Veranstalter: Diakonische Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer Initiative e.V. (DIA). Anmeldung und Information:www.dia-ev.org

solches Zurückbehaltungsrecht wird dem Arbeitneh-mer aber nur helfen bei einer Datenerhebung, welcheam Arbeitsplatz stattfindet. Überwacht der Arbeitge-ber aber z. B. mittels eines Detektivs den privatenBereich des Arbeitnehmers, nützt dem Arbeitnehmerdie Verweigerung der Arbeitsleistung nichts. DemZurückbehaltungsrecht haftet ein weiteres Risiko an:Behält der Arbeitgeber aufgrund der nicht erbrachtenArbeitsleistung das Gehalt ein und beruft sich dar-auf, dass die Datenverarbeitung zulässig war, trägtder Arbeitnehmer die Beweislast dafür, dass er dieArbeitsleistung zurückbehalten durfte. Hier wird esdarauf ankommen, wie erheblich der Eingriff desArbeitgebers in die Rechte des Arbeitnehmers warund welche Rechte des Arbeitgebers dadurchgeschützt werden sollten.

Kann der Arbeitnehmer Schadensersatzgeltend machen, wenn der Arbeitgeberrechtswidrig Daten von ihm verarbeitethat?

Das Bundesdatenschutzgesetz sieht eine Schadens-ersatzpflicht der verantwortlichen Stelle, also derStelle, die die Daten erhebt oder erheben lässt, in § 7S. 1 vor. § 7 BDSG erfordert eine Pflichtverletzung inForm einer rechtswidrigen Datenerhebung, -verar-beitung oder -nutzung, einen Schaden sowie Kausa-lität der Pflichtverletzung für den Schaden. Darüberhinaus muss ein Verschulden der verantwortlichenStelle vorliegen. Ebenso kann der Arbeitnehmereinen Anspruch nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m.§ 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung einer Nebenpf-licht durch den Arbeitgeber haben.

Kann der Arbeitnehmer darüber hinausnoch Ansprüche gegen den Arbeitgeberhaben, wenn er rechtswidrig Daten verarbeitet hat?

Neben dem Schadensersatzanspruch wird derArbeitnehmer auch ein Interesse daran haben, dassder Arbeitgeber die rechtswidrig erhobenen Datennicht weiter verwendet. Er kann die Beseitigung desEingriffs sowie die Unterlassung entsprechenderBeeinträchtigungen für die Zukunft verlangen. DieseAnsprüche leiten sich bei einer Verletzung des allge-meinen Persönlichkeitsrechts aus § 823 Abs. BGB i. v. M. § 1004 BGB analog ab. Des Weiteren bestehtein Löschungsanspruch aus §§ 20 Abs. 2, 35 Abs. 2BDSG. Ferner kann der Arbeitnehmer verlangen,dass der Arbeitgeber eine Gegendarstellung schreibt.

Kann der Arbeitgeber die rechtswidrigerlangten Daten trotzdem nutzen?

Nein, das kann er nicht. Sofern das AllgemeinePersönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers durch einerechtswidrige Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung verletzt wurde, resultiert hieraus einBeweisverwertungsverbot. Dies ist insbesonderewichtig für Kündigungen bzw. darauf folgende Kün-digungsschutzprozesse.

Betriebsräte in kirchlichen Konzernen

– Grundlagen der Arbeit nach BetrVGE i n n e u e s S e m i n a r a n g e b o t

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Mündliche Erörterung

6

Reaktionsmöglichkeiten der Mitarbeitervertretung

Sobald ein wirksamer Antrag mit entsprechenderUnterrichtung bei der Mitarbeitervertretung vorliegt,wird die Stellungnahmefrist der Mitarbeitervertre-tung ausgelöst. Denn die Zustimmung der Mitarbei-tervertretung gilt als erteilt, wenn diese nicht inner-halb der Frist entweder die Zustimmung schriftlichunter Angabe von Gründen verweigert oder mündli-che Erörterung beantragt. Durch diese Regelung wirdder Grundsatz durchbrochen, dass Schweigen nicht ineine Erklärung umgedeutet werden kann.

Zustimmung der MitarbeitervertretungWill die Mitarbeitervertretung eine Maßnahme

akzeptieren, so stehen ihr zwei Möglichkeiten zurVerfügung: Sie kann einerseits der Maßnahme aus-drücklich zustimmen. Sie kann aber auch die Stellun-gnahmefrist verstreichen lassen, so dass dann diegesetzliche Fiktion greift und die Zustimmung alserteilt gilt. Dieser Weg kann z. B. dann angezeigt sein,wenn eine Maßnahme zwar unvermeidlich erscheint,es aber aus betriebspolitischen Gründen nicht oppor-tun ist, dass die Mitarbeitervertretung sich ausdrück-lich durch Zustimmung hinter eine solche Maßnahmestellt.

ZustimmungsverweigerungWill die Mitarbeitervertretung eine Maßnahme,

die der Arbeitgeber beabsichtigt, verhindern, so ste-hen ihr wiederum zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

Sie kann einerseits innerhalb der Stellungnahme-frist die Zustimmung schriftlich unter Angabe vonGründen verweigern. Sie kann sich aber auchzunächst darauf beschränken, lediglich mündlicheErörterung zu beantragen.

Mit der schriftlichen Begründung der Zustim-mungsverweigerung tun sich Mitarbeitervertretungenaus naheliegenden Gründen häufig sehr schwer. Dennschon die Arbeitsbedingungen einer Mitarbeiterver-tretung führen zu Problemen. Nicht häufig obliegt esdem/der Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung, imAnschluss an die Sitzung der Mitarbeitervertretungunter hohem Zeitdruck eine solche Zustimmungsver-weigerung zu schreiben. Gerade in kleineren Betrie-ben tagen Mitarbeitervertretungen häufig nur 14-täg-lich. Aber auch bei einer wöchentlich stattfindendenSitzung kann die Beschlussfassung häufig erst unmit-telbar vor Ablauf der Stellungnahmefrist gemäß § 38Abs. 3 stattfinden. Eine weitere Schwierigkeit liegtdarin, dass die Mitarbeitervertretung in dieser schrift-lichen Zustimmungsverweigerung alle Aspekte, diegegen die Maßnahme sprechen, anführen muss. Denndas, was sie in der schriftlichen Zustimmungsverwei-gerung nicht anführt, kann sie in dem vermutlichnachfolgenden Verfahren vor dem Kirchengerichtwegen Ersetzung der Zustimmung nicht mehr nach-schieben. Die Mitarbeitervertretung ist mit weiteremVortrag ausgeschlossen. Die Juristen sprechen hiervon Präklusion. An die Begründung der Zustim-

Einleitung des MitbestimmungsverfahrensGemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 darf eine mitbestim-

mungspflichtige Maßnahme erst durchgeführt wer-den, wenn die Mitarbeitervertretung der Maßnahmezugestimmt hat. Dies gilt für mitbestimmungspflichti-ge organisatorische und soziale Angelegenheiten inden Fällen des § 40 MVG (nicht eingeschränkte Mit-bestimmung). Dies gilt gleichermaßen für Mitbestim-mungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmengemäß §§ 42, 43 MVG, in denen die Mitarbeiterver-tretung lediglich ein eingeschränktes Mitbestim-mungsrecht hat. Denn sie kann die Zustimmung nuraus den in § 41 (vgl. § 45 MVG-K) genannten Grün-den verweigern.

Um die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zuerlangen, muss die Dienststellenleitung gemäß § 38Abs. 2 die Mitarbeitervertretung über die beabsich-tigte Maßnahme unterrichten. Dabei muss die Mitar-beitervertretung so umfassend über die Maßnahmeunterrichtet werden, dass sie ihre Entscheidung ohneweitere Nachforschungen treffen kann. Fehlt es aneiner solchen Unterrichtung, ist das Mitbestimmungs-verfahren (noch) nicht wirksam eingeleitet. Will dieDienststellenleitung die Mitarbeitervertretung nichtnur vorbereitend unterrichten, sondern zugleich dasMitbestimmungsverfahren einleiten, so muss sie dieMitarbeitervertretung um Zustimmung bitten. DieserAntrag ist nicht an eine bestimmte Form gebunden.Er kann mündlich oder schriftlich erfolgen. DerAntrag ist auch nicht an eine bestimmte Formulie-rung gebunden. Letztlich ist darauf abzustellen, obdie Mitarbeitervertretung die Erklärung oder das Ver-halten der Dienststellenleitung als Bitte um Zustim-mung verstehen kann oder gar muss. Unklarheitengehen zu Lasten der Dienststellenleitung mit der Fol-ge, dass gegebenenfalls davon auszugehen ist, dassein Antrag gar nicht gestellt wurde.

AuK 2010

D e r A u t o r

Die Mitbestimmung verkommt zur

reinen Rechtskontrolle – Anmerkungen

zum Beschluss des Kirchengerichtshofs

vom 20.04.2009

V o n B e r n h a r d B a u m a n n - C z i c h o n

In einer am 20.04.2009 verkündeten, aber schon jetzt

schriftlich begründeten Entscheidung hat der Kirchen-

gerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland

(KGH-EKD) die Anforderungen deutlich heraufgesetzt, die

die Mitarbeitervertretung erfüllen muss, wenn sie die

Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen

Maßnahme wirksam verweigern will.

Bernhard

Baumann-Czichon

Fachanwalt

für Arbeitsrecht,

Bremen

(Az.: II - 0124/P 27 - 08)

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KircheArbeitsrecht und

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spräch aufrechterhalten und dies auf eben die demErörterungsgespräch genannten Umstände und Tatsa-chen stützen will. Hiervon ausgehend ist es dannauch nur folgerichtig, dass Tatsachen und Umstände,die die Mitarbeitervertretung während des Erörte-rungsgesprächs nicht genannt hat, nicht nachgescho-ben werden dürfen. Anderenfalls wäre weder die Wil-lensbildung in der Mitarbeitervertretung über denGrund ihrer Zustimmungsverweigerung abgeschlos-sen, noch wäre die Dienststellenleitung in der Lage,die Erfolgsaussichten einer Anrufung des Kirchenge-richtes abzuschätzen.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Mitarbeiter-vertretung auch dann, wenn sie mündliche Erörte-rung beantragt, alle Argumente und Aspekte, die ausihrer Sicht der Zustimmung entgegenstehen, derDienststellenleitung mitteilen muss. Argumente undEinwände, die der Mitarbeitervertretung zu einemspäteren Zeitpunkt, z. B. im Verfahren vor dem Kir-chengericht wegen Ersetzung der Zustimmung einfal-len, können nach der Entscheidung des KGH-EKDvom Kirchengericht nicht berücksichtigt werden.

Während in der betrieblichen Phase des Mitbe-stimmungsverfahrens die Mitarbeitervertretungen aufden Antrag auf Zustimmung selten anwaltliche odersonstige sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen,werden viele Mitarbeitervertretungen in dem Verfah-ren vor dem Kirchengericht durch einen Anwalt ver-treten. Erkennt der Anwalt aufgrund seiner besonde-ren Sachkunde weitere Gründe, die gegen die Zustim-mung zu dem Antrag der Dienststellenleitung spre-chen, so kann er diese weiteren Gründe nicht mehr imVerfahren vor dem Kirchengericht nachschieben.Dies soll an einem Beispiel erläutert werden:

Der Arbeitgeber beantragt die Zustimmung zurordentlichen Kündigung einer Mitarbeiterin, weil die-se wiederholt nach einschlägiger Abmahnung zu spätgekommen ist. Die Mitarbeitervertretung stimmt derKündigung nicht zu und begründet dies damit, dassjedenfalls die letzte Verspätung, die der Arbeitgeberzum Anlass für die Kündigung genommen hat, vonder Mitarbeiterin nicht zu vertreten sei. Sie habe aufder Fahrt zur Arbeit bei einem Unfall Erste Hilfe lei-sten müssen.

In dem Verfahren vor dem Kirchengericht stelltder Anwalt der Mitarbeitervertretung fest, dass dieMitarbeiterin wegen ihrer Schwangerschaft unkünd-bar ist, die sie vor der Entscheidung des Arbeitgebers,ihr zu kündigen, diesem angezeigt hatte. Diese Tatsa-che kann in das Verfahren vor dem Kirchengerichtnicht mehr eingeführt werden. Das Kirchengerichtwird möglicherweise eine sachlich falsche Entschei-dung treffen müssen, wenn es auf diesen Aspektankommt, er aber nicht berücksichtigt werden darf.

Folgen für die Praxis der Mitarbeitervertretung

Den Mitarbeitervertretungen ist durch diese Ent-scheidung des Kirchengerichtshofs die Flucht in diemündliche Erörterung genommen. Das hat für das

mungsverweigerung dürfen keine allzu hohen Anfor-derungen gestellt werden. Denn die Funktion derBegründung liegt darin, dass der Arbeitgeber erken-nen kann, auf welche Einwände sich die Mitarbeiter-vertretung stützt. Damit ist der Maßstab zur Bewer-tung der Zustimmungsverweigerung bestimmt: DieBegründung ist ausreichend, wenn der Arbeitgeber –ggfs. unter Berücksichtigung der sonstigen Diskussio-nen im Betrieb – erkennen kann, worum es der Mit-arbeitervertretung geht.

Selten ist die Diskussion über eine mitbestim-mungspflichtige Maßnahme in der Stellungnahme-frist des § 38 Abs. 3 soweit gediehen, dass alle Aspek-te beleuchtet und alle Argumente hervorgeholt wur-den. Deshalb wurde bislang die ›Flucht in die münd-liche Erörterung‹ als Ausweg aus diesem Dilemmaempfohlen und praktiziert. Denn bislang konntedavon ausgegangen werden, dass die Argumente, diedie Mitarbeitervertretung im Rahmen der mündli-chen Erörterung vorgebracht hat, nicht abschließendwaren. Der Kirchengerichtshof hat dazu festgestellt,dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, von der Mit-arbeitervertretung nach ihrem Antrag auf mündlicheErörterung bzw. nach der mündlichen Erörterungdurch einen erneuten Antrag auf Zustimmung eineschriftliche Zustimmungsverweigerung zu verlangen.Soweit aber von der Mitarbeitervertretung eineschriftliche Begründung dafür nicht vorliegt, dass sieder Maßnahme nicht zustimmt, kann nicht festge-stellt werden, mit welchen Argumenten die Mitarbei-tervertretung der Maßnahme entgegentritt. Darausfolgte bislang die Überzeugung, dass die Mitarbeiter-vertretung jedenfalls dann, wenn sie auf den Zustim-mungsantrag mit der Bitte um mündliche Erörterungreagiert hat, mit weiterem Vortrag vor dem Kirchen-gericht nicht ausgeschlossen war.

Der Kirchengerichtshof hat nun in seiner Entschei-dung vom 20.04.2009 Folgendes festgestellt:

Wenn und weil das Erörterungsgespräch nach gel-tendem Recht seinerseits auch die Aufgabe hat, dieDienststellenleitung über die Umstände und Tatsa-chen zu informieren, die die Mitarbeitervertretungzur Zustimmungsverweigerung bewegen, setzt diesaber auch voraus, dass die Mitarbeitervertretung derDienststellenleitung eben diese Umstände und Tatsa-chen in dem Gespräch, spätestens aber bis zur forma-len Beendigung der Erörterung (§§ 38 Abs. 4 MVG-EKD) mitteilt. Denn ohne eine solche Eröffnung desVerweigerungsgrundes kann die Dienststellenleitungauch nicht abschätzen, ob sie der Haltung der Mitar-beitervertretung folgt und von ihrem Vorhaben abläs-st oder ob sie das Kirchengericht gemäß § 38 Abs. 4MVG-EKD anruft. Insoweit tritt die Eröffnung desZustimmungsverweigerungsgrundes im Erörterungs-gespräch funktional an die Stelle der schriftlichenMitteilung der Zustimmungsverweigerungsgründegemäß § 38 Abs. 3 Satz 5 MVG-EKD, auch wennmangels abschließender Beschlussfassung der Mitar-beitervertretung noch nicht feststeht, ob sie ihreZustimmungsverweigerung nach dem Erörterungsge-

2010

Mündliche Erörterung

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auch mündlich, so gut sie eben konnte, für eine höhe-re Eingruppierung argumentiert. Dabei war es ihrnach Auffassung des Kirchengerichts nicht gelungen,sich im Dschungel von Obersatz, Untersatz, beschrei-benden Anmerkungen und Richtbeispielen (Eingrup-pierung nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des DWder EKD) zurechtzufinden. Die im kirchengerichtli-chen Beschlussverfahren vom Anwalt nachgetragenenArgumente wollte der Kirchengerichtshof nicht mehrhören.

An dieser Stelle zeigt sich in besonderer Deutlich-keit die strukturelle Insuffizienz der kirchlichen Mit-bestimmung. Das Mitbestimmungsrecht bei Eingrup-pierungen ist – wie im Bereich des Betriebsverfas-sungsgesetzes – kein Recht zur Mitgestaltung, son-dern lediglich die Prüfung, ob der Arbeitgeber dieEingruppierungsvorschriften richtig angewendet hat– eine überaus schwierige rechtliche Aufgabe.

NachweisproblemeDa es in dem Verfahren vor dem Kirchengericht

wegen Ersetzung der von der Mitarbeitervertretungverweigerten Zustimmung auf die Gründe ankommt,die die Mitarbeitervertretung entweder in ihrerschriftlichen Zustimmungsverweigerung oder in dermündlichen Erörterung angeführt hat, ist der Streitum die Frage vorprogrammiert, ob die Mitarbeiter-vertretung Argumente, die sie vor dem Kirchengerichtvorträgt, bereits in der mündlichen Erörterung ange-führt hat. Das Gesetz schreibt nicht vor, ein Protokollzu führen. Es wird also auf die Erinnerung der an derErörterung Beteiligten ankommen. Zwischen dermündlichen Erörterung und der mündlichen Ver-handlung vor dem Kirchengericht liegen Wochen,wenn nicht sogar Monate. Außerdem ist nicht auszu-schließen, dass die Erinnerung der Beteiligten einemtaktischen Kalkül folgt: Arbeitgeber mögen ›verges-sen‹ haben, was die Mitarbeitervertretung vorgetra-gen hat, um diese mit einem wesentlichen Argumentauszuschließen; Mitarbeitervertreter mögen sich ausentsprechendem Grunde an bestimmte Erklärungen›erinnern‹. Für das Verfahren vor dem Kirchengerichtgilt der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz, nachdem das Gericht den entscheidungsrelevanten Sach-verhalt von Amts wegen aufzuklären hat. Deshalbsind weder Dienststellenleitung noch Mitarbeiterver-tretung beweisbelastet in dem Sinne, dass die Ent-scheidung zu ihren Lasten geht, wenn sie eine für siegünstige Tatsache nicht beweisen können. Kann aberdas Kirchengericht den Sachverhalt nicht aufklären,also feststellen, ob die Mitarbeitervertretung bereitsim Rahmen der mündlichen Erörterung auf einenbestimmten Verweigerungsgrund hingewiesen hat, sowird es gleichwohl eine Feststellung treffen müssen.Und diese Feststellung wird zu Lasten der Mitarbei-tervertretung oder zu Lasten der Dienststellenleitunggehen. Denn obwohl es im Verfahren um die Erset-zung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung derSache nach um eine Regelung geht, ist das Kirchen-gericht darauf beschränkt, eine Prozessentscheidung

Mitbestimmungsverfahren, zumindest für derenbetriebliche Phase, erhebliche Auswirkungen.

Da die Mitarbeitervertretung auch im Rahmen dermündlichen Erörterung gezwungen ist, alle Argumen-te abschließend vorzutragen, ist der Antrag aufmündliche Erörterung nicht mehr der Ausweg auseiner schwierigen Entscheidungssituation. Sie bietetaber gleichwohl mehr Möglichkeiten für die Mitar-beitervertretung. Einerseits führt sie zu einem Zeitge-winn. Denn wenn die Mitarbeitervertretung diemündliche Erörterung erst gegen Ende der Stellun-gnahmefrist beantragt, gewinnt sie bis zum Abschlussder mündlichen Erörterung noch mindestens einigeTage. Diese kann sie nutzen, um sich weitere Argu-mente zu überlegen. Sie kann diese Zeit auch nutzen,um sich zusätzlichen Rat einzuholen, z. B. bei ande-ren Mitarbeitervertretungen, bei der Arbeitgemein-schaft oder dem Gesamtausschuss, bei ihrer Gewerk-schaft und natürlich bei ihrem Anwalt.

Die mündliche Erörterung hat für die Mitarbeiter-vertretung aber noch einen weiteren Vorteil. Durchdas Gespräch mit dem Arbeitgeber wird die Mitar-beitervertretung möglicherweise auf weitere Aspekteaufmerksam, auf die sie ihre Verweigerung stützenkann. Dies ist deshalb wichtig, weil die Mitarbeiter-vertretung ihre Argumentation gegen eine Maßnah-me möglichst breit anlegen muss. Sie muss wie miteiner Schrotflinte argumentieren, in der Hoffnung,dass irgendein Argument trifft.

Um möglichst umfassend gegen eine Maßnahmeargumentieren zu können, wird eine Mitarbeiterver-tretung nicht selten auch auf anwaltliche Hilfe ange-wiesen sein. Durch die Hinzuziehung eines Anwaltesentstehen Kosten, die von der Dienststelle zu tragensind, wenn diese Kosten erforderlich sind. Darüber istgem. § 30 MVG-EKD zwischen Mitarbeitervertre-tung und Dienststellenleitung eine Vereinbarung zutreffen. Nun ist nicht zu erwarten, dass Arbeitgebergroßzügig die Hinzuziehung eines Anwalts bei derZustimmungsverweigerung unterstützen werden. Dadie Mitarbeitervertretung ihre Stellungnahme aberfristgebunden abgeben muss, hat sie auch keine Gele-genheit, zuvor die Übernahme der Anwaltskosten vordem Kirchengericht zu erstreiten. Anwälte, die Mit-arbeitervertretungen vertreten, werden nicht umhin-kommen, in Vorleistung zu treten. Sie werden dieMitarbeitervertretungen schon im Mitbestimmungs-verfahren beraten müssen, um dann im Nachhineindie Kostentragung zu klären. Mitarbeitervertretun-gen tun gut daran, schon vorsorglich mit ihremAnwalt darüber zu sprechen, ob er dazu bereit ist.

Ungeachtet dieses taktischen Auswegs sollte dieMitarbeitervertretung schon in der betrieblichen Pha-se der Mitbestimmung die Übernahme der Anwalts-kosten beantragen und notfalls auch durch Anrufungdes Kirchengerichts versuchen durchzusetzen – jeden-falls in schwierigeren Fällen. Dazu zählen auf jedenFall Eingruppierungen. Das belegt die hier diskutier-te Entscheidung des Kirchengerichtshofs. Die beteilig-te Mitarbeitervertretung hatte sowohl schriftlich als

AuK 2010

Mündliche Erörterung

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KircheArbeitsrecht und

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Beendigung der mündlichen ErörterungDie mündliche Erörterung muss sich nicht auf

ein Gespräch beschränken, sondern kann sich je nachGegenstand über Wochen und Monate hinziehen.Deshalb ist es erforderlich, dass die mündliche Erör-terung förmlich beendet wird. Dies geschieht durchErklärung einer Seite. Das MVG-EKD sieht seit dem1.1.2010 vor, dass die mündliche Erörterung durchschriftliche Erklärung von Dienststellenleitung oderMitarbeitervertretung beendet wird. Im Anwendungs-bereich des MVG-K kann die mündliche Erörterungweiterhin mündlich für beendet erklärt werden.

In der Regel hat die Mitarbeitervertretung keineVeranlassung, die mündliche Erörterung für beendetzu erklären. Denn wenn sie möchte, dass die vomArbeitgeber beabsichtigte Maßnahme durchgeführtwird, kann sie der Maßnahme jederzeit, also auch imRahmen der mündlichen Erörterung, zustimmen.Solange die Mitarbeitervertretung Bedenken gegeneine Maßnahme hat, liegt die Fortsetzung der münd-lichen Erörterung durchaus im Interesse der Mitar-beitervertretung. Erklärt die Mitarbeitervertretungdie mündliche Erörterung für beendet, so erklärt siedamit zugleich, dass sie keinen weiteren Erörterungs-oder Aufklärungsbedarf mehr hat. Da die Mitarbei-tervertretung im nachfolgenden Verfahren vor demKirchengericht keine Argumente nachschieben kann,die sie nicht schon im Rahmen der mündlichen Erör-terung vorgetragen hat, sollte die Mitarbeitervertre-tung die mündliche Erörterung in der Regel nicht fürbeendet erklären.

Nicht selten erklären Arbeitgeber die mündlicheErörterung sehr schnell für beendet. Möglicherweisesind zu diesem Zeitpunkt nicht alle Bedenken undEinwände der Mitarbeitervertretung angesprochenworden. In einem solchen Fall wird man der Mitar-beitervertretung doch das Recht einräumen müssen,Argumente nachzuschieben.

Zustimmungsverweigerung nach der mündlichen Erörterung

In § 38 Abs. 3 MVG-EKD ist seit dem 1.1.2010vorgesehen, dass die Mitarbeitervertretung binneneiner Woche nach Erklärung der Beendigung dermündlichen Erörterung schriftlich mitzuteilen hat, obsie der Maßnahme zustimmt. Gibt die Mitarbeiter-vertretung keine Erklärung ab, so gilt die Maßnahmeals gebilligt. Hier wird eine zweite Erklärungspflichtbegründet. Unklar war zunächst, ob die Mitarbeiter-vertretung im Rahmen dieser zweiten Erklärungetwaige Zustimmungsverweigerung schriftlichbegründen muss. Nach der hier diskutierten Ent-scheidung des KGH-EKD gibt es dafür keine Veran-lassung, denn der KGH hat klargestellt, dass dieOffenbarung der Zustimmungsverweigerungsgründein der mündlichen Erörterung funktional an die Stel-le der schriftlichen Zustimmungsverweigerung tritt.In der mündlichen Erörterung hat die Mitarbeiterver-tretung ihre Begründungspflicht bereits erfüllt. Füreine zweite Begründungspflicht gibt es keinen Anlass.

zu treffen: Es kann dem Antrag auf Ersetzung derZustimmung stattgeben oder diesen zurückweisen.Bleibt es ungewiss, ob die Mitarbeitervertretung imRahmen der mündlichen Erörterung ein bestimmtesArgument vorgetragen hat, hängt das Ergebnis desVerfahrens davon ab, welche Seite die Feststellungs-last trägt. Die Frage, ob eine mitbestimmungspflichti-ge Maßnahme durchgeführt werden kann, wird dannim Zweifel nicht davon abhängen, ob die Maßnahmedem Betrieb, den Patienten und den Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmern dient, sondern von prozess-rechtlichen Fragen und Zufälligkeiten. Ein für beideSeiten unerträgliches Ergebnis.

Gemeinsames ProtokollRechtssicherheit könnte von Mitarbeitervertre-

tung und Arbeitgeber hergestellt werden, indem siegemeinsam ein Protokoll über die mündliche Erörte-rung errichten. Ob diese Rechtssicherheit – aus Sichtder Mitarbeitervertretung – wünschenswert ist, isteine andere Frage. Die Bedenken dagegen sind:

Auch ein gemeinsam errichtetes Protokoll ist nichtwirklich Garant dafür, dass alle in der mündlichenErörterung angesprochenen Aspekte im Protokollfixiert werden. Allerdings wird man gleichwohlzunächst davon ausgehen, dass ein solches Protokollrichtig und vor allem vollständig ist. Es dürfte in derPraxis nur selten gelingen nachzuweisen, dass dasProtokoll unvollständig ist.

Die mögliche Ungewissheit darüber, was in dermündlichen Erörterung besprochen wurde, kann imVerfahren wegen Ersetzung der Zustimmung der Mit-arbeitervertretung durchaus taktische Vorteile ver-schaffen.

Der Sache, nämlich der für den Betrieb zu treffen-den Regelung, dient es sicher nicht, wenn die Ent-scheidung über die Zustimmungsersetzung unterAusnutzung taktischer Vorteile zustande kommt.Aber es ist die – falsche – Entscheidung des kirchli-chen Gesetzgebers, Regelungsfragen (Ersetzung derZustimmung in mitbestimmungspflichtigen Fragen)einer Prozessentscheidung dem Kirchengericht undnicht einer Einigungsstelle zu überantworten. Nie-mand darf sich darüber beschweren, dass ein aneinem Prozess Beteiligter die Prozessregeln über Fri-sten, Darlegungs- und Feststellungslasten usw. fürsich taktisch ausnutzt – dafür sind diese Regelngeschaffen. Wer etwas anderes will, muss andereSpielregeln schaffen. Der staatliche Gesetzgeber hatim Betriebsverfassungsgesetz mit der Einigungsstelleein hervorragendes Vorbild gegeben.

Einseitiges ProtokollHilfreich kann es hingegen sein, wenn die Mitar-

beitervertretung für sich ein Protokoll anfertigt, mitdessen Hilfe im Streitfall die Erinnerung an die münd-lichen Erörterung aufgefrischt werden kann.

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Mündliche Erörterung

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Mitarbeitervertretung handelt aufgrund ihrer Beschlussfassung

Die Mitarbeitervertretung wird durch den/die Vor-sitzende/n im Rahmen der von ihr gefassten Beschlüs-se vertreten. Und jede Erklärung gegenüber derDienststellenleitung ist ein solches ›Vertreten‹. Des-halb kann der/die Vorsitzende den Antrag auf münd-

AuK 2010

Arbeitgeber

Plant Maßnahme und unterrichtet Mitarbeitervertretung frühzeitig undumfassend, ggf. auch in Ausschüssenund Arbeitsgruppen

Unterrichtet die MAV über die beabsich-tigte Maßnahme und beantragt dieZustimmung der Mitarbeitervertretung

Falls a) oder b): führt die Maßnahme durch, falls c): unterlässt die Maßnahme oderruft binnen 14 Tagen das Kirchengerichtan mit dem Ziel, die Zustimmungersetzen zu lassen.Falls d): stimmt mit dem/der Vorsitzenden Termin für die mündl.Erörterung ab.

Entscheidet, ob er die mündliche Erörterung für beendet erklärt.

Ruft das Kirchengericht an

Mitbestimmung – AblaufschemaMitarbeitervertretung

Nimmt im vorbereitenden Verfahren Stellung; für dieStellungnahme ist jeweils ein Beschluss erforderlich

Berät und beschließt über den Antrag:a) stimmt zub) gibt keine Stellungnahme ab (gilt nach Fristablauf als Zustimmung)c) verweigert schriftlich unter Angabe der Gründedie Zustimmung (Beschlussfassung muss sichauch auf die Gründe der Verweigerung beziehen)d) beantragt mündliche Erörterung, beschließtüber die Bedenken, die in der mündl. Erörterungvorgetragen werden.

Prüft, ob für die Beratung und die gegenüber demArbeitgeber abzugebende Stellungnahme die Hinzu-ziehung eines Anwalts erforderlich ist.

Berät und beschließt über das Ergebnis der mündliche Erörterung, entscheidet, ob sie die mündliche Erörterung für beendet erklärt.

Berät und beschließt, ob sie die Zustimmung weiterhin nicht erteilt.

Regelung MVG-EKD

§ 34 Abs. 1

§ 38 Abs. 2

§ 38 Abs. 3

§ 38 Abs. 4

§ 38 Abs. 3

§ 38 Abs. 3

§ 38 Abs. 3

§ 38 Abs. 3

§ 38 Abs. 4

Arbeitgeber und Mitarbeitervertretung erörtern (ggf. in mehreren Gesprächen) die vom Arbeitgeber beabsichtigte Maßnahme.

Arbeitgeber und/oder Mitarbeitervertretung erklären die mündliche Erörterung schriftlich für beendet.

Mündliche Erörterung

liche Erörterung oder die schriftliche Zustimmungs-verweigerung nur auf der Grundlage eines Beschlus-ses der Mitarbeitervertretung erklären. Und auch dieEntscheidung darüber, ob und aufgrund welcherErwägungen die Mitarbeitervertretung nach dermündlichen Erörterung weiterhin die Zustimmungnicht erteilt, bedarf eines ausdrücklichen Beschlussesder Mitarbeitervertretung.

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KircheArbeitsrecht und

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Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht Das Arbeitsrecht ist geprägt durch den unsere

Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz der Ver-tragsfreiheit: Im Rahmen der Gesetze können die(Arbeits-)Vertragsparteien das Verhältnis von Lei-stung und Gegenleistung (Lohn und Arbeit) freibestimmen. Nun besteht zwischen Arbeitgebern undArbeitnehmern bekanntermaßen ein strukturellesUngleichgewicht. Um die Folgen dieses Ungleichge-wichts zu mildern, hat der Gesetzgeber die Arbeit-nehmer schützende Gesetze erlassen, so dass sich imErgebnis das Arbeitsrecht als Arbeitnehmerschutz-recht erweist. Es steht dabei auf einem anderen Blatt,dass dieser Schutz in Teilen unzureichend ist, was sichz. B. an der dramatischen Zunahme von prekärenBeschäftigungsverhältnissen erweist. Und vor allemsieht das Grundgesetz vor, dass sich Arbeitnehmer inarbeitsrechtlichen Koalitionen, den Gewerkschaften,zusammenschließen können. Ziel dieser Koalitions-bildung ist die Vereinbarung verbindlicher Arbeitsbe-dingungen in Form von Tarifverträgen. Tarifverträgehaben normative, also gesetzesgleiche Wirkung. DieVertragsfreiheit wird dahingehend eingeschränkt,dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber jedenfalls keinefür den Arbeitnehmer ungünstigeren Vereinbarungentreffen können.

Die faktische Wirkung von Tarifverträgenbeschränkt sich nicht auf die der gesetzlichen Tarif-bindung unterliegenden Arbeitsverhältnisse.1 Tarif-verträge bilden regelmäßig den Bezugspunkt für dieVergütung auch nicht tarifgebundener Arbeitsverhält-nisse. Aber: Tarifverträge sind nicht in jedem Fall eineWohltat für Arbeitnehmer. Dies belegen vergütungs-absenkende Tarifverträge in Krisensituationen. Diesbelegen auch die ohne Not von den christlichenGewerkschaften für die Leiharbeit abgeschlossenenNiedriglohntarifverträge.

Wer durch den Abschluss von Tarifverträgen dar-über befindet, wie viel Lohn für wie viel Arbeitgezahlt wird, braucht eine besondere Legitimation.Tritt ein Arbeitnehmer einer Gewerkschaft bei, soermächtigt er diese zugleich zum Abschluss von Tarif-verträgen. Diese individuelle Legitimation ist jedochnicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr, dass dieverhandelnde Gewerkschaft über hinreichende Ver-handlungsmacht verfügt. Sie muss über eine ausrei-chend große Anzahl von Mitgliedern verfügen und siemuss in der Lage sein, ihren Tarifforderungen notfallsmit Arbeitskampfmaßnahmen bis hin zum StreikNachdruck zu verleihen. Wer für andere Löhne aus-handelt, darf nicht wie ein zahnloser Tiger dastehen.

Überbetriebliche Lohnfindung durch Tarifverträge

Die Schaffung eines außerbetrieblichen Tarifver-tragssystems erfordert und rechtfertigt zugleich dieBeschränkung der Betriebsverfassung auf den Betrieb.Das BetrVG stellt dazu einerseits die notwendigeAbgrenzung dar, in dem das Handeln des Betriebsratsauf die betriebliche Ebene beschränkt wird. So ist es

Dass diese Frage auch anders beurteilt werden kann,zeigt sich schon daran, dass die erste Instanz, nämlichdie Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen inNiedersachsen, anders entschieden hat.

MVG als kirchliche Betriebsverfassung?Problematisch ist schon der Ausgangspunkt des

KGH-EKD, den durch das Mitarbeitervertretungsge-setz geschaffenen Rahmen als kirchliche Betriebsver-fassung zu verstehen. Prima facie scheint dies so zusein, nimmt doch die Mitarbeitervertretung imWesentlichen die Aufgaben wahr, die nach Betriebs-verfassungsgesetz dem Betriebsrat zukommen: Siebestimmt mit bei Einstellungen, Umsetzungen, bei derFestlegung der Arbeitszeit usw. Und sie ist dieBeschwerdestelle für Anliegen der Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer.

Auf den zweiten Blick ergeben sich jedoch Zweifel.Diese ergeben sich nicht vorrangig daraus, dass dasMVG nicht Bezug nimmt auf den Betrieb, also dieräumlich-funktionale Verknüpfung von sachlichenund personellen Betriebsmitteln, sondern auf dieDienststelle, die gem. § 3 Abs. 1 identisch ist mit demRechtsträger des Betriebes. Die Bezugnahme auf dieDienststelle macht die Abgrenzung zwischen Betriebund Unternehmen jedenfalls in diakonischen Unter-nehmen schwierig.

Gewichtiger ist hingegen, dass die Beschränkungdes Betriebsrates auf die betriebliche Ebene unddamit das Verständnis des BetrVG als Betriebsverfas-sung möglich ist, weil der außer- bzw. überbetriebli-che Bereich, soweit er für Arbeitnehmer von Belangist, nicht nur geregelt ist (durch z. B. das Tarifver-tragsgesetz, die Unternehmensmitbestimmung regeln-de Gesetze), sondern sowohl dem betriebsinternenBereich als auch dem externen klar unterscheidbareFunktionen zugewiesen sind – insbesondere imBereich der Lohnfindung.

2010

D e r A u t o r

Die Rolle der MitarbeitervertretungV o n B e r n h a r d B a u m a n n - C z i c h o n

In seinem Beschluss vom 11.1.2010 hat der Kirchengerichts-

hof der EKD (KGH-EKD) (siehe Seite 27) festgestellt, dass

es nicht zu den Aufgaben der Mitarbeitervertretung gehört,

die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über den Stand

der Beratungen in der Arbeitsrechtlichen Kommission zu

unterrichten. Die Mitarbeitervertretung sei Teil der kirchli-

chen Betriebsverfassung und in ihrem Handeln daher auf die

betriebliche Ebene beschränkt. Die Aufgabe der Mitarbeiter-

vertretung, die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen

Belange der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu

fördern, sei auf diese Ebene bezogen.

Bernhard

Baumann-Czichon

Fachanwalt

für Arbeitsrecht,

Bremen

MAV und ARK

1 Die gesetzliche Tarif-

bindung liegt dann

vor, wenn der Arbeit-

geber dem Arbeitge-

berverband und der

Arbeitnehmer der

vertragsschließenden

Gewerkschaft

angehört.

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So unklar Inhalt und Bedeutung des BegriffsDienstgemeinschaft auch sind3, so ist doch normativgeklärt, dass zur Dienstgemeinschaft der Dienststelledie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Dien-stellenleitung zählen.4 Dieser normativen Setzungsteht ein eher kirchenpolitisch zu verstehendes Ver-ständnis gegenüber, nach der unter Dienstgemein-schaft die Gesamtheit aller in Diakonie und Kircheberuflich Tätigen verstanden wird. Aber die Frage, obdie Grenzen dieser so verstandenen Dienstgemein-schaft identisch sind mit den Grenzen der Landeskir-che bzw. des gliedkirchlichen Diakonischen Werkes,mit den Grenzen der EKD oder ob gar die universaleDienstgemeinschaft gemeint ist, ist nicht ernsthaftgestellt und schon gar nicht beantwortet worden.Dies wäre aber erforderlich, weil mit dem SchlagwortDienstgemeinschaft eine verbandsähnliche Zuord-nung zu einem System der Lohnfindung bewirktwird, nämlich dem sog. Dritten Weg.

Die Unterwerfung unter das Regime des DrittenWegs erfolgt scheinbar freiwillig, nämlich durch dieeinzelvertragliche Bezugnahme auf Arbeitsvertrags-richtlinien o.ä. Faktisch ist sie zwangsläufige Folgeder Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einemkirchlichen Arbeitgeber – und das ist oft schlichteFolge einer Berufswahl, weil in vielen regionalenMärkten z. B. für Fachkräfte in der Altenhilfe andereArbeitgeber nicht zur Verfügung stehen. Genausoschillernd wie die Dienstgemeinschaft kommt der›Dritte Weg‹ daher – jedenfalls im Bereich der Diako-nie: Es gibt eine kaum überschaubare Anzahl vonRegelungen, deren Anwendungsbereich aber wederregional, funktional noch durch Zugehörigkeit zueiner Gliedkirche oder einem Diakonischen Werkbestimmbar ist. So verlangen die Satzungen der Dia-konischen Werke allenfalls die Anwendung einerkirchlichen Arbeitsrechtsregelung, niemals aber einesbestimmten Regelungswerkes. Und nicht einmal dieparallele Anwendung unterschiedlicher Regelungenin einem Betrieb stößt auf kirchenrechtliche Beden-ken5 Aber es kommt noch schlimmer: Das Arbeits-rechtsregelungsgesetz Berlin-Brandenburg sieht aus-drücklich vor, dass für einzelne Einrichtungen eigene(betriebliche) Arbeitsrechtliche Kommissionen gebil-det werden können. Die Johanniter haben davonschon Gebrauch gemacht und das Christliche Jugend-dorfwerk (cjd) möchte davon Gebrauch machen.Hier sind die Mitarbeitervertretungen zwangsweisePartner.

Und so vehement, wie die Kirchen ihren DrittenWeg als unverzichtbar verteidigen, so liberal sind sie,wenn es darum geht, die diakonischen Betriebe dazuanzuhalten, wenigstens die kirchlichen Arbeitsrechts-regelungen anzuwenden. Bislang ist kein Fallbekannt, in dem ein Diakonisches Werk ein Mitgliedmit vereinsrechtlichen Mitteln gezwungen hat, kirch-liches Arbeitsrecht anzuwenden. Und so wird dieListe derjenigen immer länger, die ihre eigenen Ver-gütungsregelungen aufstellen – und damit gegenkirchliches Selbstverständnis verstoßen. So unver-

dem Betriebsrat nach § 77 Abs. 3 BetrVG untersagt,Betriebsvereinbarungen über Gegenstände abzusch-ließen, die (üblicherweise) in Tarifverträgen geregeltsind. Soweit der Betriebsrat nach § 87 BetrVG überbetriebliche Entlohnungsgrundsätze mitzubestimmenhat, erstreckt sich dieses Mitbestimmungsrecht nurauf die innerbetrieblichen Verteilungsgrundsätze,nicht auf die Lohnhöhe insgesamt. Der sog. Dotie-rungsrahmen ist nicht Gegenstand der Mitbestim-mung. Andererseits wird die Ebene der betrieblichenInteressenvertretung (Betriebsrat) mit der überbe-trieblichen Ebene (Gewerkschaften) verknüpft: Dieim Betrieb vertretene Gewerkschaft nimmt (auchohne Einladung durch den Betriebsrat) an derBetriebsversammlung und an den Sitzungen desBetriebsrats teil. Arbeitgeber und Betriebsrat sindgemeinsam verpflichtet, die Koalitionsfreiheit imBetrieb zu schützen. Dank der betriebsverfassungs-rechtlich gesicherten Präsenz der Gewerkschaftenbedarf es keinerlei Mitwirkung des Betriebsrates ander Lohnfindung. Auch ohne Beteiligung desBetriebsrates kann im Rahmen von Tarifverhandlun-gen den Interessen der Arbeitnehmer hinreichendNachdruck verliehen werden. Denn schließlich stehtden Gewerkschaften mit dem Streikrecht ein effekti-ves Mittel zur Herstellung von Verhandlungsparitätzur Verfügung.

Eine Mitwirkung des Betriebsrates wäre zudem einVerstoß gegen die durch Art. 9 Abs. 3 GG garantier-te Koalitionsfreiheit. Denn diese beinhaltet nicht nurdas Recht, sich einer Gewerkschaft anzuschließen,sondern auch das Recht, einer Gewerkschaft fernzu-bleiben (negative Koalitionsfreiheit). Einer Vertretungdurch den Betriebsrat kann sich kein betriebsan-gehöriger Arbeitnehmer entziehen, so dass es durchtarifpolitische Aktivitäten des Betriebsrates zu einerunzulässigen Vermengung von Zwangsmitgliedschaftund Koalitionsfreiheit käme.

Eingleisige Interessenvertretung in kirchlichen Betrieben

Ganz anders ist die Situation in kirchlichen Betrie-ben, im kirchlichen Sprachgebrauch Einrichtungengenannt. Gewerkschaftsvertreter haben kein Teilnah-merecht an Mitarbeiterversammlungen und MAV-Sit-zungen. Sie können von der Mitarbeitervertretunglediglich zu einzelnen Tagesordnungspunkten hinzu-gezogen werden, wenn dies aufgrund der jeweiligenSachkunde geboten ist. Kirchen und ihre rechtlichselbständigen Einrichtungen lehnen den Abschlussvon Tarifverträgen ab2. Und die Kirchen bestreitenden Gewerkschaften das Recht, zur Durchsetzung derLohnforderungen ihrer Mitglieder zu Arbeitskampf-maßnahmen (Streik) aufzurufen. Zur Durchsetzungdieses Streikverbots klagen verschiedene Landeskir-chen und diakonische Einrichtungen gegen dieGewerkschaft ver.di. Die Kirchen begründen ihrenAnspruch auf Streikfreiheit mit ihrem ›Dritten Weg‹,den sie als Umsetzung des Leitbildes der Dienstge-meinschaft verstehen.

AuK 2010

MAV und ARK

2 Wenn man von den

Quasi-Tarifverträgen

in Nordelbien und

Berlin-Brandenburg

absieht.

3 Vgl. hierzu Lührs, Die

Zukunft der Arbeits-

rechtlichen Kommis-

sionen, Baden-Baden

2009.

4 S. Präambel zum

Mitarbeiter-

vertretungsgesetz.

5 Nach KGH-EKD,

Beschluss vom

23.09.2009 (Az. I-

0124/R 12-08), ist

die parallele Anwen-

dung von AVR-DW-

EKD und BAT-KF

mit Kirchenrecht

vereinbar.

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KircheArbeitsrecht und

13

Arbeitnehmer in den Arbeitsrechtlichen Kommissio-nen ernsthaft um jeden Cent Lohnerhöhung kämp-fen. Doch mit welchen Mitteln? Die Schaffung vonÖffentlichkeit ist ihr einziges Instrument, um diebetroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zumobilisieren. Die Arbeitnehmer in den Arbeitsrechtli-chen Kommissionen haben keinen Apparat wie eineGewerkschaft. Sie sind strukturell Einzelkämpfer. Sieerreichen Ihre Auftraggeber, die Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer, für die sie verhandeln, nur überdie Mitarbeitervertretungen. Und die – so sagt derKirchengerichtshof jetzt – sind nicht dafür zuständig,die Arbeitnehmer über die Verhandlungen in derArbeitsrechtlichen Kommission zu unterrichten. DerBeschluss des KGH berührt die Belange der Mitarbei-tervertretungen nur am Rande. Im Kern trifft er dieVerhandlungsmacht der Arbeitnehmer in denArbeitsrechtlichen Kommissionen und damit dieBelange eines jeden Arbeitnehmers. Den einen oderanderen Arbeitgeber mag dies freuen, denn er wirdhoffen, dass sein Betrieb zukünftig von Aktionen ver-schont bleibt, mit denen Arbeitnehmer für höhereLöhne eintreten. Doch wer über den Tag hinausdenkt, wird erkennen, dass damit der sog. Dritte Wegerneut in Frage gestellt ist. Für Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer ist die Entscheidung des Kirchen-gerichtshofs als Aufforderung zu verstehen, derGewerkschaft beizutreten und sich für die eigenenInteressen einzusetzen.

zichtbar scheint der ›Dritte Weg‹ für die Kirche denndoch nicht zu sein. Mit dieser Nachgiebigkeit verän-dert die Kirche zugleich die Verhandlungssituationzwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern: WelchenEinfluss können Arbeitnehmer auf die Lohnfindungnoch haben, wenn sie damit rechnen müssen, dasssich die Arbeitgeber der jeweiligen Arbeitsrechtsrege-lung entziehen, wenn ihnen das Verhandlungsergeb-nis nicht passt?

Geheimdiplomatie oder Öffentlichkeit?Es gab Zeiten, da haben Arbeitsrechtliche Kom-

missionen an geheimgehaltenen Orten getagt, damitArbeitnehmer keine Gelegenheit bekommen, für ihreForderungen zu demonstrieren. Dahinter steht dienaive Vorstellung, dass in den ArbeitsrechtlichenKommissionen mit sachlichen Argumenten um dieHöhe der Vergütung gestritten wird, so als ob mannur lange genug nachdenken und diskutieren müsse,damit sich für beide Seiten die richtige Erkenntnis wievon selbst einstellt. Die Realität ist eine andere. Beider Frage nach der Höhe der Vergütung stoßenArbeitnehmerinteressen und Arbeitgeberinteressenunmittelbar aufeinander. Dieser Widerspruch derInteressen ist durch das diffuse Leitbild der Dienstge-meinschaft nicht auflösbar. Er ist in früheren Jahrenüberlagert worden durch die Orientierung am Bun-desangestelltentarifvertrag (BAT). Mit Wegfall derSelbstkostenerstattung hat dieser jedoch seine Leit-funktion weitestgehend eingebüßt. Seither müssen

2010

MAV und ARK

Fort-bildungen2010

KostenWochenseminar: 720,– Euro inkl. Unterkunftund VerpflegungTagesseminar: 95,– Euro

Anmeldungen und weitere Informationen:Diakonische ArbeitnehmerInnen Initiative e.V. (dia e.V.)Vogelsang 630 459 HannoverTel. 0511.41 08 97 50Fax. 0511.2 34 40 [email protected]

Diakonische

ArbeitnehmerInnen

Initiative e.V.

Fortbildungen für Mitarbeitervertreterinnen und Mitarbeitervertreter 2010

26.–30. April 2010 in Frenswegen, Einführung in die Mitarbeitervertretungsrechte

26.–30. April 2010 in Frenswegen, Strategie und Taktik der MAV

03.–07. Mai 2010 in Springe, MVG für Fortgeschrittene

03.–07. Mai 2010 in Springe, Krank – kaputt – raus?

03.–07. Mai 2010 AVR-K Einführung

31. Mai–04. Juni 2010 in Magdeburg, Einführung in die

Mitarbeitervertretungsrechte

31. Mai–04. Juni 2010 Einführung in die AVR-EKD

07.–10. Juni 2010 in Bonn, CJD Einführung in die

Arbeitszeitordnung

07.–11. Juni 2010 in Bonn, Einführung in die Mitarbeitervertretungsrechte

Tagesveranstaltungen: 12. April 2010 in Hannover, Aktuelle Rechtsprechung zur Arbeitszeit29. April 2010 in Hannover, Die Überlastungsanzeige11. Mai 2010 in Hannover, Burn-out12. Mai 2010 in Hannover, Mitarbeitergespräche 27. Mai 2010 in Hannover, Kündigung – was kann die MAV tun?

Seminar zum Thema:›Die Beteiligung der MAVbei der Lohnfindung‹30.8.–3.9.2001 in DasselTeamerin: Mira Gathmann

Anmeldung beiDiakonische Arbeitnehme-rInnen Initiative e.V. (dia e.V.)Vogelsang 6, 30459 HannoverTel. 0511-41089750Fax. [email protected]

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Von der Verfassung geschütztWir brauchen solch gute Argumente, um uns heu-

te gegen Angriffe auf die Sonntage oder auf diebesonderen Ersatzruhetage zu verteidigen. Und wirlanden dabei offenbar nicht versehentlich im Eckchenreligiöser Eiferer. Denn auch die Verfassung verengtden Schutz unserer Sonntage nicht auf die Religion.

Ende 1948 formierten die elf Ministerpräsidentender deutschen Länder in den Westzonen eine Ver-sammlung, um sich diese Verfassung zu schreiben.Die ›Väter des Grundgesetzes‹, 61 Männer und vierFrauen, mochten sich jedoch bei einigen delikatenFragen nicht einigen. Sie halfen sich, indem sie sich inArtikel 140 auf einen schlichten Rückverweis zurWeimarer Verfassung aus dem Revolutionsjahr 1919beschränkten, den Artikel 139:

›Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feier-tage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seeli-schen Erhebung gesetzlich geschützt.‹

Zu dieser Zeit waren auf Länderebene die verfas-sungsgebenden Versammlungen schon weiter vor-gerückt. Ganz ähnlich wie sein Nachbar Rheinland-Pfalz (dort in Artikel 47) stellte das vom rheinischenKatholizismus geprägte Nordrhein-Westfalen dieReligion gleichberechtigt neben (!) die ›seelische Erhe-bung‹, die körperliche Erholung und die Ruhe:

›Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feier-tage werden als Tage der Gottesverehrung, der seeli-schen Erhebung, der körperlichen Erholung und derArbeitsruhe anerkannt und gesetzlich geschützt‹(Artikel 25 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen).

Eine seelische Erkrankung wird nicht der Deu-tungshoheit von Kirchen zugeordnet, genauso wenigdie seelische Grausamkeit. Erst die seelische ›Erhe-bung‹ lockt viele auf eine falsche Fährte. Auch hier istwieder die menschliche Psyche gemeint. Doch Erhe-bung? Mit dem Erheben ›zu Haufe‹ tun wir Deut-schen uns besonders schwer. ›Wer auf sein Elend tritt,steht höher. Und das ist herrlich, dass wir erst im Lei-den recht der Seele Freiheit fühlen‹, grübelte vor gutzwei Jahrhunderten Friedrich Hölderlin.

In dieser Gemengelage wurde das Verfassungsge-richt aufgerufen, die Adventssonntage in Berlin zuverteidigen. Dort hatte Bürgermeister Wowereit am24.11.2009 den Weihnachtsmarkt besinnlich eröff-net: ›Die Weihnachtsbeleuchtung gibt uns ein Gefühlder Wärme, das wir in der dunklen Jahreszeit so sehrbrauchen.‹ Doch sein rot-roter Senat hatte kaltblütigfür ein ›Christmas-Shopping‹ in der Hauptstadt gleichalle Adventssonntage vom Sonntagsschutz befreit.

Eine Woche später, am 1.12.2009, holte das Bun-desverfassungsgericht in Karlsruhe den Senat und dieKollegInnen im Einzelhandel zurück unter denSchutz. Eine ›Ausnahme davon bedarf eines demSonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes.Bloße wirtschaftliche Interessen von Verkaufsstellen-inhabern und alltägliche Erwerbsinteressen der Käu-fer für die Ladenöffnung genügen dafür grundsätzlichnicht.‹

Das Verfassungsgericht hat den Schutz unserer Sonntage neu untersucht und gefestigt. Arbeitgebermüssten nun ihre zahlreichen Übergriffe auf dieRuhetage in Kliniken und Heimen neu und frischüberprüfen. Wir warten nicht so lange und machendas besser selbst.

Weder Christentum noch Islam kennen einen reli-giös begründeten Zwang zur ritualisierten Arbeitsru-he an einem bestimmten Wochentag. Im Katechismusder Katholischen Kirche von 1997 finden wir eineganz andere Bedeutung:

›Der Sabbat unterbricht den Arbeitsalltag undgewährt eine Ruhepause. Er ist ein Tag des Protestesgegen die Fron der Arbeit und die Vergötzung desGeldes.‹

Starke Worte. Doch verbale Kraftmeierei löst sichaus dem betrieblichen Alltag und schwebt nutzlos imleeren Raum. Die Fron in einem Altenheim der Cari-tas oder der Tanz um die Privatpatienten in einemkatholischen Krankenhaus sind wohl nicht gemeint.

Martin Luther führt in seinem Großen Katechis-mus aus, ...

›... dass wir Feiertage halten nicht um der verstän-digen und gelehrten Christen willen, denn diesebedürfen nirgends zu‹.

Stattdessen erkennt er jedoch zwei andere äußerli-che Gründe, die sonntägliche Arbeitsruhe zu schüt-zen:›erstlich um leiblicher Ursache und Notdurft wil-len, welche die Natur lehrt und fordert für denGemeinden Haufen, Knechte und Mägde, so dieganze Woche ihrer Arbeit und Gewerbe gewartet,dass sie sich auch einen Tag einziehen, zu ruhen underquicken.‹

Die Knechtschaft selbst ist nicht natürlich, son-dern gesellschaftlich verschuldet. Luther stößt sichnicht an dieser Ungleichheit. Er erkennt aber, dass diebegrenzte menschliche ›Natur‹ es erfordert, Knechtemit einem Ruhetag vor der Arbeit zu schützen. Den zweiten Grund findet Luther bereits im sozialenMiteinander:›Darnach allermeist darum, dass man ansolchem Ruhetage (weil man sonst nicht dazu kom-men kann) Raum und Zeit nehme, Gottesdienstes zuwarten; also dass man zu Haufe komme, Gottes Wortzu hören und handeln, darnach Gott loben, singen und beten.‹

Es brauchte hier nicht die Hektik der Neuzeit.Schon im Mittelalter schien es Luther nur noch miteiner bewussten Anstrengung möglich, einen Terminzu finden und so gemeinschaftliche Zeit zu organisie-ren.

D e r A u t o r

Seelische Erhebung:

Gegen die Fron der ArbeitV o n T o b i a s M i c h e l

Sonntagsruhe und Ersatzruhetage

sind mehr als nur Erholungszeit.

Tobias Michel

Betriebsrat im

Essener

Alfried-Krupp-

Krankenhaus

www.

schichtplanfibel.de

14 AuK 2010

Arbeitszeit

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unter anderem den Kirchen für ihre Sonderregelun-gen überlassen. Die Kirchen dürfen sich auf ihremDritten Weg um den Schutz des Sonntags kümmern.Sie nutzen diese Öffnungen für das genaue Gegenteil.

Keine Sonntagsarbeit bei Service-Töchtern?Das Arbeitszeitgesetz verbietet die Beschäftigung

an Sonn- und Feiertagen. Die Ausnahmen sind viel-fältig – ›in Krankenhäusern und anderen Einrichtun-gen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Per-sonen, [...] in Gaststätten und anderen Einrichtungenzur Bewirtung und Beherbergung, [...] im Bewa-chungsgewerbe und bei der Bewachung von Betriebs-anlagen, [...] bei der Reinigung und Instandhaltungvon Betriebseinrichtungen, soweit hierdurch derregelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremdenBetriebs bedingt ist‹ (§ 10 ArbZG).

Manche diakonischen Einrichtungen verschiebenPersonal in Tochterunternehmen und schleusen esuntertariflich zurück. Fraglich bleibt, ob solche Toch-tergesellschaften dennoch die Ausnahmebestimmun-gen des Gesetzes nutzen können. Eine Entscheidungdes BAG ermutigt unsere Zweifel:

›Es spricht viel dafür, kann aber für die vorliegen-de Entscheidung noch offen bleiben, dass die Aus-nahme vom Sonntagsarbeitsverbot des § 8 Abs. 1MuSchG für schwangere Arbeitnehmerinnen inKrankenanstalten (§ 8 Abs. 4 MuSchG) nur dann inBetracht kommt, wenn die Arbeitnehmerin bei derKrankenanstalt selbst angestellt und nicht von einemDrittunternehmen entsandt ist‹ (BAG Urteil vom12.12.90, 5 AZR 16/90).

Eine Mitarbeitervertretung kann daher mit einigerBerechtigung Schichtpläne an den Arbeitgeberzurückschicken mit dem freundlichen Hinweis: ›Wirstimmen nicht zu. Denn es spricht viel dafür, dass dieverplanten LeiharbeiterInnen weder an unserer Sonn-tags- noch an der Feiertagsarbeit teilnehmen dürfen.‹

Frei als ErsatzDas Arbeitszeitgesetz betont den Grundauftrag

bereits im ersten Paragrafen:›Zweck des Gesetzes ist es, [...] den Sonntag und

die staatlich anerkannten Feiertage als Tage derArbeitsruhe und der seelischen Erhebung der Arbeit-nehmer zu schützen.‹

Erst über Änderungsanträge ergänzte dabei dieMehrheit im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnungaus CDU/CSU und FDP für die letzte Lesung die Pas-sage: ›und der seelischen Erhebung‹ (Bundestags-drucksache 12/6990 vom 08.03.1994).

Die europäische Richtlinie 2003/88/EU kennt kei-ne Sonntagsruhe, lediglich ›pro Siebentageszeitraumeine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stundenzuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden‹(Artikel 5). Den Bezugszeitraum dürfen die Mitglied-staaten auf bis zu 14 Tage ausweiten (Artikel 16).

Das deutsche Arbeitszeitgesetz geht da bis zumÄußersten. Wer Arbeitnehmer an einem Sonntag

Der ›zeitliche Gleichklang‹In ihrer Urteilsbegründung verweisen sie – neben

dem Grundrecht auf Ausübung der Religionsfreiheit– gleich auf eine ganze Reihe weiterer Rechte aus demGrundgesetz: die physische und psychische Regenera-tion (körperliche Unversehrtheit Artikel 2), derSchutz von Ehe und Familie (Artikel 6) und die Ver-einigungsfreiheit (Artikel 9).

Der Sonn- und Feiertagsgarantie kann schließlichein besonderer Bezug zur Menschenwürde beigemes-sen werden, weil sie dem ökonomischen Nutzenden-ken eine Grenze setzt und dem Menschen um seinerselbst willen dient.

Die soziale Bedeutung des Sonn- und Feiertags-schutzes und mithin der generellen Arbeitsruhe imweltlichen Bereich resultiert wesentlich aus der –namentlich durch den Wochenrhythmus bedingten –synchronen Taktung des sozialen Lebens. Währenddie Arbeitszeit- und Arbeitsschutzregelungen jeweilsfür den Einzelnen Schutzwirkung entfalten, ist derzeitliche Gleichklang einer für alle Bereiche regel-mäßigen Arbeitsruhe ein grundlegendes Element fürdie Wahrnehmung der verschiedenen Formen sozia-len Lebens. Das betrifft vor allem die Familien, ins-besondere jene, in denen es mehrere Berufstätige gibt,aber auch gesellschaftliche Verbände, namentlich dieVereine in den unterschiedlichen Sparten. Daneben istim Auge zu behalten, dass die Arbeitsruhe an Sonn-und Feiertagen auch für die Rahmenbedingungen desWirkens der politischen Parteien, der Gewerkschaf-ten und sonstiger Vereinigungen bedeutsam ist undsich weiter, freilich im Verbund mit einem gesamten›freien Wochenende‹, auch auf die Möglichkeiten zurAbhaltung von Versammlungen auswirkt. Ihr kommtmithin auch erhebliche Bedeutung für die Gestaltungder Teilhabe im Alltag einer gelebten Demokratie zu.

Wenn der gemeinsam erlebte Sonntag so wichtigist, wo bleibt er dann bei uns? Wie steht es damit inall den Heimen und Krankenhäusern, wo Wochenen-de für Wochenende die KollegInnen BewohnerInnenund Patienten versorgen?

BeschäftigungsfreiDas Verbot der Sonntagsarbeit wurde, nachdem

Reichskanzler Bismarck endlich abgetreten war, 1891in die Gewerbeordnung eingefügt und danach konse-quent durchlöchert. Das größte Loch – die ›Verord-nung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten(KrAZVO)‹ vom 13. Februar 1924 – galt für Heimeund Kliniken bis 1996 fort.

Erst seit 13 Jahren sind die Sozialbereiche vom all-gemeinen Arbeitszeitgesetz (ArbZG) miterfasst. DieGesetzgeber haben jedoch für die Beschäftigten in›Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuungvon Personen‹ den Schutz gleich wieder herunterge-schraubt. Dazu gehören nicht nur die Grenzen fürHöchstbelastungen.

Auch die Beschränkungen, Arbeitnehmer an Sonn-tagen zu beschäftigen (§ 9 ArbZG), wurden in § 12

Seminare zum Thema:Beschäftigungsfrei an

Sonn- und Feiertagen

Die ›seelische Erhebung‹ –

Rechtsanspruch auf mehr

als nur Erholung!

28.04.2010 und

22.10.2010

Ort: Düsseldorf,

Friedrich-Ebert-Str. 34–38,

Referent: Tobias Michel

Anmeldung bei

www.seminare.

schichtplanfibel.de

Dieser Kompaktseminar-

tag vermittelt rechtliche

und praktische Kenntnisse

für betriebliche Interessen-

vertretungen in Kranken-

häusern, Reha-Kliniken,

Pflegeeinrichtungen sowie

in Ambulanten und Sozia-

len Diensten der Wohl-

fahrtsverbände. Betriebs-,

Personalräte und Mitarbei-

tervertretungen bestim-

men nicht nur bei den

Arbeitszeiten mit, sondern

auch bei den Ruhezeiten

und Freischichten.

Anhand von Fallbeispielen

und Übungen rund um

kurzfristige Ausfälle und

Änderungen werden die

Möglichkeiten der Mitbe-

stimmung deutlich.

Schutz von Gesundheit und

Freizeit oder Flexibilisierung

n Konkurrenz und Konflikte

in § 1 ArbZG

n gesicherte arbeitswissen-

schaftliche Erkenntnissen

über die menschengerech-

te Gestaltung der Arbeit

(§ 6 ArbZG Abs. 1)

Mindestvorgaben

n Sonntags- und

Feiertagsruhe in den

§§ 9 bis 11 ArbZG

n die staatliche Garantie

des Artikel 25 Landes-

verfassung NRW:

Gottesverehrung, seelische

Erhebung, körperliche

Erholung und Arbeitsruhe

n maximale Zahl der

Schichten in Folge

n der 24-stündige Ruhetag

plus Ruhezeit

n objektive, technische

oder arbeitsorgani-

satorische Umstände

Zwingende Folgerungen

n für die Schichtwechsel

n für die Wechsel der

Schichtart

n für die Fünf-Tage-Woche

KircheArbeitsrecht und

152010

Arbeitszeit

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Kürzer wäre schlechtEs gibt eine gewichtige Minderheitsmeinung.

Harald Schliemann, Vorsitzender des 1. Senats desKirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche inDeutschland, argumentiert in seinem Kommentarzum ArbZG (1. Auflage 2009) für eine deutlich ent-schärfte Auslegung. Danach genügt ein Zeitraum von35 Stunden, welcher den Sonntag ›umfasst‹. Doch tdie an den Sonntag anschließende Ruhezeit brauchtnach dieser Lesart nicht mehr ununterbrochen zusein. So beschreibt er eine Schichtfolge mit samstägli-cher Spätschicht bis 18 Uhr über einen freien Sonntagzur Frühschicht ab 8 Uhr, mit der nach seiner Ansichtder Arbeitgeber dem Gesetz ›genügt‹.

Vielleicht überprüft Herr Schliemann nach Lektü-re der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtsseine Auffassung noch einmal. Schließlich hat dieEvangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesischeOberlausitz die Beschwerde geführt – und Rechtbekommen.

Den Beschäftigten wird ein kurzer Rumpf-Sonntagjedenfalls kaum genügen. Und ihre Interessenvertre-tungen brauchen solchen Schichtfolgen auch nichtzuzustimmen. Was für den Sonntag recht ist, kannbeim Ersatzruhetag nur erst recht billig sein. DieSchichtarbeiterInnen können diese besondere Schutz-zone nur genießen, wenn sie diese erkennen können.Dann wissen sie: ›Hier habe ich meinen Sonntag, dahabe ich meinen Ersatzruhetag – ich kann mich lang-fristig drauf einstellen und verlassen; ich kann michalso mit meinen Lieben fest verabreden und braucheinsbesondere da keine kurzfristigen Übergriffe aufmein besonderes Frei zu fürchten!‹

Es liegt an der betrieblichen Interessenvertretung,die Voraussetzungen für eine seelische Erhebung fest-zuklopfen, zu sichern und zu kontrollieren. Dazukann und sollte sie durchsetzen, dass Ersatzruhe imSchichtplan als solche gekennzeichnet wird (LAGKöln, Beschluss vom 24.09.1998 – 10 TaBV 57/97).

Ein freier Sonn- oder Ersatzruhetag verträgt sichkeinesfalls mit einer Rufbereitschaft. Denn derArbeitgeber hat jede Form der Beschäftigung zuunterlassen (LAG Düsseldorf vom 13.10.2004,Az. 4 (5) Sa 1121/04). Wer also am freien Tag im Planmit Rufbereitschaft oder ›Stand-by‹ steht, kann einenrichtigen Ersatz nachfordern.

Mehr unter: www.sonntag.schichtplanfibel.de

beschäftigt, hat einen Ersatzruhetag zu gewähren, dererst innerhalb eines den Beschäftigungstag einsch-ließenden Zeitraums von zwei Wochen liegen muss(§ 11(3) ArbZG). Der freie Tag darf also auch amMontag 13 Tage vor der Sonntagsbeschäftigung ein-geteilt werden. Die AVR DW EKD hat da eine feineBesonderheit. Nach § 9(4) warten wir auf den freienTag nur in den ›folgenden zwei Wochen‹. Diesschränkt die maximale Zahl an Arbeitstagen in Folgeganz entscheidend ein.

Der deutsche lange SonntagBeim besonderen Wochentag, dem geschützten

Sonntag, handelt es sich um eine typisch deutschesoziale und kulturelle Besonderheit. Und nur hierwerden die 24 Stunden festgezurrt auf die Zeit zwi-schen 0 bis 24 Uhr (§ 9 Abs. 1 ArbZG). Dies betontnoch einmal den besonderen sozialen Zweck dieserNorm, den zeitlichen Gleichklang der freien Zeit mitanderen zu erreichen.

Viele Schichtplanverantwortliche übersehen leidereine weitere Bestimmung:

›Die Sonn- oder Feiertagsruhe des § 9 oder derErsatzruhetag [...] ist den Arbeitnehmern unmittelbarin Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 zu ge-währen, soweit dem technische oder arbeitsorganisa-torische Gründe nicht entgegenstehen.‹ (§ 11 Abs. 4ArbZG)

Entweder wir bekommen vor dem Sonntagsbeginnum 0 Uhr zumindest die Mindestruhezeit, im Sozial-bereich auf zehn Stunden verkürzt. Ab 14 Uhr sams-tags können wir dann nach Hause gehen, einkaufen,den Haushalt fertig machen und ausruhen, um fit zusein für unseren Sonntag. Oder aber die zehn Stundenschließen sich am Sonntagabend ab Mitternacht an.Wir können uns dann also von den Abenteuern aneinem prall gefüllten Sonntag noch ausruhen, ehe esfrühestens um zehn Uhr am Montag wieder losgeht.

So stellen die Schichtarbeiter zumindest für denfreien Sonntag wieder einen zeitlichen Gleichklangmit ihren Freunden und Familien her. Samstags bis14.45 Uhr; sonntags frei und am Montagmorgen zurFrühschicht – eine solche Schichtfolge fänden die mei-sten Beschäftigten sehr unbefriedigend. Offenbar mitgutem Recht!

Und genauso deuten es Staatssekretär R. Anzingerund Ministerialdirektor Koberski in ihrem ›Kommen-tar zum Arbeitszeitgesetz‹. Ebenso Baeck/Deutsch.Dietrich, Hanau, Schaub betonen im ›Erfurter Kom-mentar zum Arbeitsrecht‹ zudem, dass diese ansch-ließende und ununterbrochene Ruhezeit nicht einmalmit einer Rufbereitschaft vereinbar sei. Denn da müs-se der Arbeitnehmer ›stets mit einem Abruf zur Arbeitrechnen‹. Buschmann/Ulber gehen in ihrem im Bund-Verlag erschienenen Taschenkommentar sogar nochweiter und fordern kategorisch den freien Samstag-nachmittag. (Ebenso Roggendorf.)

Seminare zum Thema:

Einführung in die Arbeitszeitordnung07.–10.06.2010Ort: Bonn, Veranstalter:dia e.V. Hannover

Anmeldung beiDiakonische Arbeit-nehmerInnen Initiative e.V.Vogelgesang 6,30459 Hannover,Tel. 0511 41089750E-Mail: [email protected]

Aktuelle Rechtsprechungzur Arbeitszeit12.04.2010Ort: Hannover, Veranstal-ter: dia e.V. Hannover

Anmeldung beiDiakonische Arbeit-nehmerInnen Initiative e.V.Vogelgesang 6,30459 Hannover,Tel. 0511 41089750E-Mail: [email protected]

16 AuK 2010

Arbeitszeit

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Leseranfragen

Arbeit an einem Feiertag, der auf einen Werktag fällt (KTD)

?!

es wirtschaftlich keinen Unterschied, ob die Zeit desErsatzruhetages gesondert vergütet oder die Sollar-beitszeit um die entsprechende Anzahl von Arbeits-stunden gemindert wird.

Für die Arbeitnehmer im Geltungsbereich desKTD, die an einem Wochenfeiertag arbeiten, sinddeshalb sowohl die geleistete Arbeitszeit an dem Fei-ertag als auch die Zeit der Freistellung an dem Ersatz-ruhetag anzurechnen.

Auf eines soll noch hingewiesen werden: DerErsatzruhetag umfasst die Zeitspanne von 0.00 bis24.00 Uhr. Und gem. § 11 Abs. 4 ArbZG muss sichin der Regel vorher oder hinterher die elfstündigeRuhezeit anschließen. Das bedeutet, dass der Arbeit-nehmer entweder vor dem Ersatzruhetag seine Arbeitum 13.00 Uhr des Vortages einstellen muss oder erstam Tag nach dem Ersatzruhetag um 11.00 Uhr wie-der aufnehmen darf.

Frage: Der kirchliche Tarifvertrag Diakonie (KTD),der in Nordelbien gilt, sieht ab 1.1.2010 vor, dasssich für Arbeitnehmer, die an gesetzlichen Feierta-gen dienstplanmäßig frei haben, die Jahressollar-beitszeit um die durchschnittliche täglicheArbeitszeit vermindert, sofern der Feiertag aufeinen Werktag (Montag bis Samstag) fällt. Wiewerden aber diejenigen behandelt, die an einemsolchen Feiertag arbeiten müssen?

Antwort:An Feiertagen darf nicht gearbeitet werden, es sei

denn, dies ist z. B. wegen der Betreuung von pflege-bedürftigen Menschen notwendig. Wer an einem Fei-ertag nicht arbeitet, soll deswegen nicht wenigerLohn bekommen. Aber es gibt nicht in jedem FallLohn für einen Feiertag. Fällt der Feiertag auf einenTag, an dem ein Arbeitnehmer sowieso frei hat (Teil-zeitkraft arbeitet immer von Montag bis Mittwochund der Feiertag fällt auf den Donnerstag), so hat derArbeitnehmer keinen Lohnausfall. Er oder sie kanndie Feiertagsruhe ohne wirtschaftliche Folgengenießen.

Schwieriger ist es bei Arbeitnehmern, die nacheinem wechselnden Dienstplan arbeiten. Dann lässtsich oft nicht klären, ob ein Arbeitnehmer aufgrundder Zufälligkeiten des Dienstplans nicht arbeitet oderwegen des Feiertages. Deshalb sehen viele Arbeits-rechtsregelungen und Tarifverträge vor, dass diewöchentliche, monatliche oder jährliche Sollarbeits-zeit für jeden Wochenfeiertag verringert wird. Das isteine Vereinfachungsregelung, die aber auch dazuführt, dass einzelne Arbeitnehmer von dem Feiertagprofitieren, die an diesem Tag ohnehin nicht gearbei-tet hätten.

Diese Besserstellung folgt auch aus der Neurege-lung des KTD zum 1.1.2010. Die Tarifparteien habeneine Regelung für diejenigen, die an einem Feiertagarbeiten müssen, nicht ausdrücklich vorgesehen. Fürden Leser wäre es einfacher gewesen, eine solcheRegelung aufzunehmen. Notwendig war dies nicht,weil das Gesetz insoweit klar und eindeutig ist: In § 11 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitszeitgesetzes ist vorgese-hen, dass Arbeitnehmer, die an einem Feiertag arbei-ten müssen, Anspruch auf einen Ersatzruhetag haben.Schon aus der Formulierung ›Ersatzruhetag‹ wirddeutlich, dass dieser Tag an die Stelle des Feiertagestritt und ebenso zu behandeln ist: Arbeitet ein Arbeit-nehmer an einem Feiertag wegen des Feiertages nicht,so ist der Lohn gleichwohl zu zahlen. Daraus folgt,dass auch an einem Ersatzruhetag die ansonsten ent-stehende Vergütung zu zahlen ist. Denn den Ersatzru-hetag gibt es nur wegen des Feiertages. Dabei macht

Ausgleichszeitraum fürvereinbarte ArbeitszeitFrage: Ich arbeite in einem Krankenhaus der Cari-tas und bin dort in der Küche beschäftigt. Nunsoll ich in den Wintermonaten weniger Stundenarbeiten, da mit einem größeren Arbeitsanfall imSommer gerechnet wird. Darf mein Arbeitgeberdies so anordnen?

Antwort:Die Ihrem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden

AVR-Caritas sehen gemäß der Anlage 5 vor, dass dievereinbarte Arbeitszeit (bei Vollzeitkräften 38,5 Stun-den) jeweils im Durchschnitt von 13 Wochen zuerbringen ist. Der Arbeitnehmer schuldet damit injeweils 13 Wochen das 13-fache der wöchentlichenArbeitszeit. Dieses Zeitvolumen kann der Arbeitgeberunter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes (Höchstar-beitszeit und Ruhezeiten) innerhalb von 13 Wochenverteilen. Arbeit, die der Arbeitgeber in diesem Zeit-raum nicht abruft, verfällt.

Beispiel:Ein Arbeitnehmer hat eine wöchentliche Arbeits-

zeit von 20 Stunden. Damit schuldet er innerhalb von13 Wochen 260 Stunden. Diese 260 Stunden kannder Arbeitgeber z. B. so verteilen, dass der Arbeitneh-mer in 6,5 Wochen jeweils 40 Stunden arbeitet, in denübrigen 6,5 Wochen gar nicht. Wird der Arbeitneh-mer mit mehr als 260 Stunden eingesetzt, so sind die-se Stunden als zusätzliche Mehrarbeit zu vergüten.

KircheArbeitsrecht und

172010

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18 AuK 2010

Nr. 334 n

Hans Georg Ruhe/Wolfgang Bartels:

Praxishandbuch für Mitarbeiter -

vertretungen. Katholische Kirche.

Es folgt dem Text der MAVO und orien-

tiert sich an der Arbeits- und Alltags -

praxis von Mitarbeitervertretungen.

492 Seiten, gebunden, Auflage 2001.

Luchterhand-Verlag. EUR 49

Thema

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

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RatgeberFachbuch

f ü r M i t a r b e i t e r v e r t r e t u n g e n

Nr. 032 n Baumann-Czichon/Dembski/Kopp

Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen

Kirche in Deutschland (MVG-EKD).

Der umfassende Kommentar für die Praxis der

MAVen und Dienststellenleitungen bei der EKD,

deren Einrichtungen und vielen Landeskirchen.

Mit Kommentar zur Wahlordnung, den glied -

kirchlichen Übernahmegesetzen, VerwGG,

DatenschutzG der EKD sowie dem KSchG.

Unentbehrlich für jedes MAV-Mitglied und

alle Personalverant wortlichen.

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Nr. 014 n MVG-EKD Textausgabe.

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Kündigungsschutzgesetz, Arbeitsgerichts-

gesetz (Auszug), Kirchengerichtsgesetz (Auszug),

64 Seiten, A5-Broschüre

SachBuchVerlag Kellner. EUR 5,00

Nr. 396 n Claessen:

Datenschutz in der

evangelischen Kirche.

Kommentar zum Kirchengesetz

über den Datenschutz in der EKD.

3. Auflage 2004, 328 Seiten.

Luchterhand-Verlag. EUR 24,00

Nr. 731 n Hammer U.A.:

Tarifvertrag für den öffentlichen

Dienst. Basiskommentar zum TVöD

Der TVöD entwickelt sich seit Inkraft-

treten ständig weiter. Seit dem

1.10.2007 sind wesentliche Änderun-

gen zu beachten. Der Basiskommentar

erläutert die Neuerungen fundiert und

mit Blick für die Praxis.

3. Auflage 2009, 416 Seiten.

Bund-Verlag. EUR 29,90

Nr. 200 n Kienitz:

Die Beteiligung der Mitarbeiterver-

tretung bei Kündigung nach dem

Mitarbeiter-

vertretungsgesetz der EKD.

Der kollektivrechtliche Kündigungs-

schutz im kirchlichen Bereich und

der kirchliche Rechtsschutz.

156 Seiten. Luchterhand-Verlag.

EUR 12,40

Nr. 313 n

Esser/Wolmerath:

Mobbing.

Der Ratgeber für

Betroffene und

die Interessenvertetung. Zeigt Hand-

lungsmöglichkeiten zur Bewältigung

der Situation und hilft bei Konflikten

am Arbeitsplatz.

7., aktualisierte Auflage 2008.

304 Seiten, kartoniert. Bund-Verlag.

EUR 16,90

Nr. 048 n Bueren

Weiteres Fehlen wird

für Sie Folgen haben.

Die Arbeitgeber nennen es Fehl-

zeitenmanagement und meinen

damit die Senkung der Krank-

Nr. Z17 CD n AuK-Redaktion:

Arbeitsrecht und Kirche – Gesamtausgabe

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meldungen. Wie das geschieht und wie sich Beschäf-

tigte sowie Interessenvertretungen gegen Kranken-

Mobbing wehren können, wird in diesem gut lesba-

ren Buch dargestellt.

2. Auflage 2002, 160 Seiten,

SachBuchVerlag Kellner. EUR 16,90

Nr. 064 n Baumann-Czichon/

Dembski/Germer/Kopp:

AVR-K Modern.

Arbeitsvertragsrichtlinien der

Konförderation evangelischer

Kirchen in Niedersachsen.

Der Praxis-Kommentar mit den reformierten AVR

und den Übergangsvorschriften.

A5-Ordner. SachBuchVerlag Kellner. EUR 24,80

Nr. 913 n

Hermann Lührs:

Die Zukunft der Arbeits-

rechtlichen Kommissionen

Arbeitsbeziehungen in den

Kirchen und ihren Wohl-

fahrtsverbänden Diakonieund Caritas zwischen Kontinuität, Wandel und

Umbruch. Erstmals wird in dieser Studie das

System der Arbeitsrechtlichen Kommissionen in

den Kirchen, Diakonie und Caritas sozialwissen-

schaftlich untersucht. (Siehe Seite 24)

279 Seiten, gebunden, Auflage 2009.

Nomos-Verlag. EUR 49,–

3. aktualisierteAuflage

Auch als Mehrplatzversion

erhältlich.

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Z17 CD/2 AuK-CD-ROM

(für 5 Arbeitsplätze) 49,80

Z17 CD/3 AuK-CD-ROM (für

10 und mehr Arbeitsplätze) 79,80

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Kellner

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2010

Thema

Nr. 099 n Der MAV-Fachkalender

Das Handbuch für jedes MAV-

Mitglied. Eine Woche Kalendarium

pro Doppelseite, dazu ausführliche

Arbeitsrechtstipps und Checklisten,

nützliche Rubriken und Fachinfos.

Nr. 549 n

Backmeister/Trittin u.a.:

Kündigungsschutzgesetz

mit Nebengesetzen

Auf der Basis der BAG-

Rechtsprechung sind hier

alle wichtigen Gesetze zur

Beendigung von Arbeitsver-

Nr. 189 n Ewald Helml:

Arbeitsrecht für

Pflegekräfte.

Arbeitsrechtliche Fragen

gehören zum Alltag der

Pflegeberufe. Dieser Leitfa-

den thematisiert anhand

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Nr. 100 n Kittner:

Arbeits- und Sozialordnung.

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MAV-Mitglied hat Anspruch auf 1 Ex.

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Jahr neu erscheint. 34., überarbeitete

Auflage 2009, 1.487 Seiten,

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Nr. 114 n Wolfgang Fricke:

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Die Interessen anderer oder auch die

eigenen durchzusetzen – das heißt:

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gute und sorgfältige Vorbereitung,

um herauszuholen, was herauszuholen ist. Dazu

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4. Auflage, 142 S., kartoniert, Bund-Verlag, EUR 9,90

Nr. 018 n Baumann-

Czichon (Hrsg.):

Die EkA. Entschei-

dungsSammlung

zum kirchlichen

Arbeitsrecht.

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Personalabteilungen der verfassten Kirchen, bei

Caritas und Diakonie. Über 250 Entscheidungen,

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28199 Bremen

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Datum/MAV-Unterschrift:Bitte auch in Druckbuchstaben

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Zur Kenntnis genommen:Arbeitgeber:

Bestell-Nr. Titel Preis018 EkA. Loseblattwerk mit Ergänzungen 109,90032 MVG-EKD. – Praxiskommentar 39,80048 Weiteres Fehlen wird für Sie Folgen haben. 16,90044 MVG-K (Vorbestellung für 2010 möglich) 39,80 051 Leben in kultureller Vielfalt 14,90064 AVR-K Modern. 24,80014 MVG-EKD. – Textausgabe 2004 5,00099 Der MAV-Fachkalender 2010 5,00100 Arbeits- und Sozialordnung. 24,90100-CD Arbeits- und Sozialordnung auf CD-ROM. 34,90/59,90114 Erfolgreich verhandeln. 9,90189 Arbeitsrecht für Pflegekräfte 24,90200 Die Beteiligung der MAV bei Kündigungen… 12,40225 Die Beteiligungsrechte der MAV im Arbeitsschutz 69,00313 Mobbing. Erkennen und wehren. 16,90334 Praxishandbuch für MAV’en der kath. Kirche 49,00367 Handbuch kirchliches Anstellungsrecht. 48,60396 Datenschutz in der ev. Kirche. 24,00443 Tipps für neu- und wiedergewählte MAV-Mitglieder 14,90500 Kirchliches Arbeitsrecht. 56,00549 Kündigungsschutz mit Nebengesetzen 72,00583 Arbeitsrecht. Handbuch für die Praxis 189,00612 Arbeitsrecht der Caritas. 94,00614 Die Dienstgemeinschaft im Arbeitsrecht… 49,00618 Richtlinien für AVR. – Caritas, CD-ROM 28,20669 Frei reden. 9,90731 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst 39,90913 Die Zukunft der Arbeitsrechtlichen Komissionen 49,00Z17 CD/1 AuK-CD-ROM (für 1 Arbeitsplatz) 16,90Z17 CD/2 AuK-CD-ROM (bis 5 Arbeitsplätze) 49,80Z17 CD/3 AuK-CD-ROM (bis 10 Arbeitsplätze) 79,80

Z-17 Arbeitsrecht & Kirche. Jahresabo: 4 Ausgaben 48,00

Nr. 225 n Georgi: Die Beteiligungsrechte

der Mitarbeitervertretungen im Arbeitsschutz

Die Autorin erörtert die Rechte und Aufgaben der

Mitarbeitervertretungen der evangelischen und

katholischen Kirchen im Arbeits- und Gesundheitsschutz

und stellt sich dem Spannungsfeld zwischen europa-

rechtlichen Vorgaben, deutschem Arbeitsschutzrecht

und Kirchenrecht. (Siehe Seite 25)

Auflage 2008, 315 Seiten,

Softcover. Nomos-Verlag. EUR 69

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Leseranfragen

?!

Wird der Arbeitnehmer mit weniger als 260 Stundeneingesetzt, so gerät der Arbeitgeber in sog. Annahme-verzug. Der Arbeitnehmer braucht diese Zeit nichtnachzuarbeiten.

Entstehen also dadurch, dass der Arbeitnehmer inder ersten Hälfte des 13-Wochen-Zeitraums sehrwenig eingesetzt wird, rechnerische Minusstunden, sosind diese innerhalb desselben 13-Wochen-Zeitraumsauszugleichen, anderenfalls verfallen sie. Es geht alsonicht, dass in den Wintermonaten rechnerisch ent-standene Minusstunden erst durch Mehrarbeit imSommer ausgeglichen werden.

Nur dann, wenn zwischen Mitarbeitervertretungund Arbeitgeber eine Vereinbarung über die Einrich-tung eines Arbeitszeitkontos getroffen wurde, kannder Zeitraum von 13 Wochen verlängert werden.

Frage: Beginnt die Amtszeit der neugewähltenFrage: Mitarbeitervertretung mit der konstitu-ierenden Sitzung der MAV oder mit Ablauf derAmtszeit der alten Mitarbeitervertretung?

Antwort:Die Amtszeit der Mitarbeitervertretung beträgt

vier Jahre. So steht es in § 15 MVG-EKD. § 15MVG-K regelt, dass die Wahlperiode der MAV vierJahre beträgt und die Amtszeit mit Ablauf der Wahl-periode endet.

Nach § 15 Abs. 2 MVG-EKD endet die Amts-zeit der bisherigen MAV am 30. April. Nach § 15Abs. 2 MVG-K endet die Wahlperiode ebenfalls am30. April des Wahljahres. Zu Beginn der Amtszeitenthält weder der § 15 MVG-K noch der § 15 MVG-EKD eine Regelung.

Hier ist § 21 des Betriebsverfassungsgesetzeswesentlich deutlicher:

›Die regelmäßige Amtszeit des Betriebsratesbeträgt vier Jahre. Die Amtszeit beginnt mit derBekanntgabe des Wahlergebnisses oder, wenn zu die-sem Zeitpunkt noch ein Betriebsrat besteht, mitAblauf von dessen Amtszeit. Die Amtszeit endet spä-testens am 31. Mai des Jahres, in dem nach § 13 Abs. 1 die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfin-den. In dem Fall des § 13 Abs. 3 Satz 2 endet dieAmtszeit spätestens am 31. Mai des Jahres, in demder Betriebsrat neu zu wählen ist. In den Fällen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 und 2 endet die Amtszeit mit derBekanntgabe des Wahlergebnisses des neu gewähltenBetriebsrates.‹

Amtszeit der Mitarbeitervertretung

Für den Beginn der Amtszeit nach BetrVG sinddemnach zwei Fälle zu unterscheiden:

1. Im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wahlergeb-nisses besteht kein Betriebsrat (mehr) oder

2. Im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wahlergeb-nisses ist die Amtszeit des bisherigen Betriebsratesnoch nicht abgelaufen.

Besteht zum Zeitpunkt der Bekanntgabe desWahlergebnisses kein Betriebsrat, so beginnt dieAmtszeit des neu gewählten Betriebsrates mit derBekanntmachung. Bekannt gemacht ist das Wahler-gebnis in dem Zeitpunkt, in dem es vom Wahlvor-stand im Betrieb ausgehängt wird, bei mehrerenBetriebsteilen dann, wenn der letzte Bekanntma-chungszettel hängt. Beginn der Amtszeit und dietatsächliche Aufnahme der Amtsführung könnendaher auseinanderfallen, wenn sich der Betriebsraterst später konstituiert.

Ist im Zeitpunkt der Bekanntmachung des Wahl-ergebnisses der alte Betriebsrat noch im Amt, sobeginnt die Amtszeit des neu gewählten Betriebsratesam Tage nach dem Ablauf der Amtszeit des bisheri-gen Betriebsrates. Endet dessen Amtszeit z. B. am15.03.2010, so beginnt die Amtszeit des neuen am16.03.2010.

Für den neu gewählten Betriebsrat ergibt sich indiesem Fall bis zum Amtsantritt ein Zwischenstadi-um, in dem er zwar schon gewählt, aber noch nichtim Amt ist. In diesem Zeitraum stehen die demBetriebsrat zugewiesenen Rechte und Pflichten nochdem bisherigen Betriebsrat zu. Etwaige Beschlüssedes neuen Betriebsrates in beteiligungspflichtigenAngelegenheiten innerhalb dieses Zeitraums sindnichtig.

Da § 15 MVG-K eine Regelung betreffend denBeginn der Amtszeit nicht enthält, sondern lediglichfestlegt, dass die Wahlperiode am 30. April des Wahl-jahres endet und die Amtszeit der MAV wiederummit der Wahlperiode endet, lässt dies den Schluss zu,dass im Bereich des MVG-K die Amtszeit der neugewählten Mitarbeitervertretung immer am 01. Maides Wahljahres beginnt. Auch nach § 15 MVG-EKDendet die Amtszeit der bisherigen Mitarbeitervertre-tung am 30. April des Wahljahres. Anders als imBetriebsverfassungsgesetz benutzt weder das MVG-Knoch das MVG-EKD das Wort ›spätestens‹. Dieskann nur so verstanden werden, dass eine frühereBeendigung der Amtszeit – außer in den Ausnahme-fällen der §§ 16 MVG-K und MVG-EKD – nicht inBetracht kommt und daher die Amtszeit der neugewählten MAV – unabhängig vom Wahlzeitpunkt –immer erst am 01. Mai des Wahljahres beginnt.

20 AuK 2010

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Unterschreiten der notwendigen Anzahl vonMAV-Mitgliedern bereits bei der Wahl

?!Frage: Inwieweit ist bei einer Wahl eine Mitarbei-

tervertretung ordnungsgemäß zustande gekom-men, wenn sie von Beginn an um mehr als einViertel unter der nach § 8 MVG vorgeschriebenenZahl der Mitglieder liegt? Im vorliegenden Fallwurden anstatt der notwendigen drei Mitgliedermangels Kandidaten lediglich zwei Mitglieder indie MAV gewählt.Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, gegendiese MAV vorzugehen?

Antwort:Die Zahl der in die Mitarbeitervertretung gemäß

§ 8 Abs. 1 MVG zu wählenden Mitglieder ergibt sichzwingend aus der Anzahl der bei der Dienststellewahlberechtigten Personen. Die Zahl ist weder durchDienstvereinbarung noch durch ›flexible Handlun-gen‹ zu verändern. Stellen sich jedoch weniger als dievorgeschriebene Zahl zur Wahl auf oder nehmen dieWahl an, so kann eine sogenannte ›Rumpf‹-Mitarbei-tervertretung ihr Amt aufnehmen, sofern die Zahl deramtierenden Mitglieder der Mitarbeitervertretungum nicht mehr als ein Viertel unter der gefordertenZahl liegt.

Ist die notwendige Anzahl an MAV-Mitgliedern,wie im vorliegenden Fall, um mehr als ein Viertelunterschritten, liegt keine ordnungsgemäße Wahl vor.Dies ist auch deshalb schon anzunehmen, da dasUnterschreiten der Sollzahl um mehr als ein Viertelgemäß § 16 Abs. 1 eine unverzügliche Neuwahl derMitarbeitervertretung nach sich zieht. Eine Wahl, diezur sofortigen Neuwahl zwingt, kann keine ord-

Anders ist es nur dann, wenn Neuwahlen vorAblauf der Amtszeit notwendig werden, weil die alteMitarbeitervertretung z. B. zurückgetreten oder dieAnzahl der Mitglieder um mehr als ein Viertel unterdie gesetzlich vorgeschriebene Mitgliederzahl gesun-ken ist. In diesen Fällen ist unverzüglich das Verfah-ren für die Neu- oder Nachwahl einzuleiten. Bis zumAbschluss der Wahl nehmen die verbliebenen MAV-Mitglieder die Aufgaben der MAV wahr, sofern ihreZahl mindestens drei Mitglieder umfasst. In den übri-gen Fällen nimmt der Wahlvorstand die Aufgaben derMAV bis zum Abschluss der Neuwahl wahr. In allendiesen Fällen beginnt die Amtszeit der neu gewähltenMAV mit Übernahme der Amtsgeschäfte, sprich mitder konstituierenden Sitzung.

nungsgemäße Wahl sein. Die fehlenden gesetzlichenVoraussetzungen führen in diesem Fall somit zurNichtigkeit der Wahl.

Liegt eine nichtige Wahl vor, bedarf es keinerAnfechtung und die in § 14 für die Wahlanfechtungaufgestellten Erfordernisse müssen daher nicht einge-halten werden. Auf die Nichtigkeit kann sich jeder-mann, der ein berechtigtes Interesse hat, zu jeder Zeitberufen. Die Nichtigkeit der Wahl kann auch nochnach Ablauf der zweiwöchigen Anfechtungsfrist gel-tend gemacht werden.

Stellt man in diesem Fall nicht auf die Nichtigkeitder Wahl ab, so berechtigt die Unterschreitung dergeforderten Anzahl von MAV-Mitgliedern um mehrals ein Viertel aber auf jeden Fall zu unverzüglichenNeuwahlen gemäß § 16 Abs. 1a) MVG.

Bis zum Abschluss von Neuwahlen sieht das Gesetzeine kommissarische Geschäftsführung vor. Wird dieNeuwahl durch das Unterschreiten der Anzahl derMitglieder erforderlich, so nimmt die so genannte›Rumpf‹-Mitarbeitervertretung die Geschäfte wahr,sofern noch mindestens drei Mitglieder vorhandensind. Anderenfalls – wie im vorliegenden Fall – über-nimmt, wenn nicht die Voraussetzungen für das ver-einfachte Wahlverfahren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3MVG vorliegen, der Wahlvorstand die Aufgaben derMitarbeitervertretung bis zur Amtsübernahme durcheine neue Mitarbeitervertretung, längstens über eineZeitspanne von sechs Monaten.

Stundenweise Wiedereingliederungund MAV-TätigkeitFrage: Ein MAV-Kollege befindet sich zurzeit in derstundenweisen Wiedereingliederung. Kann er indieser Phase an den MAV-Sitzungen teilnehmen,mit abstimmen und wie wird diese Zeit gewertet?

Antwort:Während der Eingliederung ist der Arbeitnehmer

noch arbeitsunfähig, bekommt also Krankengeld undggf. Krankengeldzuschuss. Die Arbeitsunfähigkeitzwingt den Arbeitnehmer jedoch nicht im Bett zubleiben, er ist lediglich verpflichtet, alles zu tun, umseine Arbeitskraft wiederherzustellen. Somit darf derArbeitnehmer auch während der Arbeitsunfähigkeitan Sitzungen der MAV teilnehmen und MAV-Tätig-keit ausüben, soweit er damit seiner Verpflichtungentspricht, alles zur Wiederherstellung seiner Arbeits-kraft zu tun.

KircheArbeitsrecht und

212010

Leseranfragen

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?!

Da der Arbeitnehmer während der Eingliederungnoch arbeitsunfähig ist und Krankengeld bekommt,ist die MAV-Tätigkeit in der krankheitsbedingten›Freistellung‹ zu leisten – ohne gesonderte Vergütung.

Lediglich bei einem Wege-Unfall, so z. B., wennder Arbeitnehmer für die MAV-Tätigkeit in denBetrieb fährt und einen Unfall hat, könnten sichberufsgenossenschaftliche Probleme ergeben. Wennder Arbeitnehmer jedoch seine MAV-Tätigkeit unmit-telbar im Anschluss macht, ist das noch dienstlichveranlasst und unterliegt dem berufsgenossenschaftli-chen Schutz.

Frage: Dürfen geringfügig Beschäftigte von derAnwendung der AVR ausgenommen werden unddürfen die mit ihnen abweichend getroffenen Ver-einbarungen in Hinblick auf § 4 Abs. 1 Teilzeit-und Befristungsgesetz eine Schlechterstellung zurFolge haben?

Antwort:Nach ständiger Rechtsprechung des Bundarbeits-

gerichts gelten kirchliche Arbeitsrechtsregelungenwie die AVR innerhalb eines Arbeitsverhältnisses aus-schließlich aufgrund einer einzelvertraglichen Bezug-nahme.

Waren früher geringfügig Beschäftigte ausdrück-lich von der Anwendung der AVR-DW-EKD ausge-nommen, so finden durch Streichung dieser Regelunginzwischen die AVR-DW-EKD, genauso wie dieAVR-K, auch auf geringfügig Beschäftigte Anwen-dung. Voraussetzung dafür ist allerdings – wie obendargestellt – die einzelvertragliche Vereinbarung derGeltung der AVR. Die fehlende Vereinbarung derAVR führt dazu, dass der Arbeitnehmer keinerleiRechte aus den AVR herleiten kann.

Werden mit den geringfügig Beschäftigten abwei-chende Vereinbarungen getroffen, so sind diese hin-zunehmen, soweit sich daraus keine Schlechterstel-lung ergibt.

Gemäß § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetzdarf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen derTeilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden alsein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer,es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedli-che Behandlung rechtfertigen.

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisseund Geltung der AVR

Dieses Diskriminierungsverbot verlangt nicht eineGleichbehandlung; es verbietet lediglich eineSchlechterstellung. Die Herausnahme von geringfü-gig und kurzzeitig beschäftigten Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern aus dem Anwendungsbereich derAVR ist jedenfalls dann aus der Perspektive des Teil-zeit- und Befristungsgesetzes nicht zu beanstanden,wenn mit diesem Personenkreis Vereinbarungengetroffen werden, die im Ergebnis gleichwertig sind.So kann z. B. anstelle der Zahlung einer Jahresson-derzahlung eine entsprechend erhöhte stündliche,tägliche, wöchentliche oder monatliche Vergütungvereinbart werden. Auch kann beispielsweise derUrlaubsanspruch auf den gesetzlichen Anspruchgemäß Bundesurlaubsgesetz reduziert werden, wenndie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine anteiligerhöhte Vergütung erhalten.

Eine Schlechterstellung, die möglicherweise gegen§ 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz verstößt,liegt (erst) dann vor, wenn unter Berücksichtigungdes auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch reduziertenUrlaubs und des Fehlens einer Regelung über eineJahressonderzahlung eine Vergütung vereinbart wird,die zu einem schlechteren Verhältnis von Arbeit undEntgelt führt, als es bei Teilzeitbeschäftigten mitmehr als geringfügiger Beschäftigung oder mit Voll-zeitbeschäftigten vereinbart wird. Im Ergebnis istzwischen den Arbeitnehmern, die auf der Grundlageder AVR beschäftigt werden, und den geringfügigbeschäftigten Arbeitnehmern ein Vergleich anzustel-len dergestalt, dass die Summe der Leistungen desArbeitgebers (Urlaub, Jahressonderzahlung, Zeitzu-schläge, Entgelt) geteilt durch die Zahl der hierfür zuleistenden Stunden dem entsprechenden Stundenlohnder geringfügig Beschäftigten gegenübergestellt wird.Würde für einen geringfügig oder kurzzeitig beschäf-tigten Arbeitnehmer ein im Verhältnis geringererLohn vereinbart, liegt eine diskriminierende unddamit unzulässige Schlechterstellung gemäß § 4 Abs.1 Teilzeit- und Befristungsgesetz vor.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Vergleichauf der Grundlage des Bruttolohns, nicht aber desNettolohns vorzunehmen ist (vgl. Sievers, TBG § 4,Rz. 40. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dassdann ein geringfügig beschäftigter Mitarbeiter wegender unterschiedlichen sozialversicherungsrechtlichenBehandlung einen höheren Zahlbetrag erhält. Dennder nicht geringfügig beschäftigte Arbeitnehmererhält die Sozialversicherungsbeiträge in Form vonKrankenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslo-senversicherung und Rentenversicherung. Der ver-diente Lohn ist stets der Bruttolohn, auch wenn der

22 AuK 2010

Leseranfragen

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?!

Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher Vorschriften(Sozialversicherung) über einen Teil des verdientenLohns nicht verfügen kann.

Wird mit einem Arbeitnehmer eine im Verhältnisgeringere Vergütung als mit einem vollzeitbeschäftig-ten Arbeitnehmer vereinbart und liegt hierfür keinesachliche Rechtfertigung vor, so ist diese Vergütungs-abrede nichtig. Anstelle der nichtigen Vergütungsab-rede gilt dann die ortsübliche Vergütung als verein-bart. Als ortsübliche Vergütung wird man im Zweifeldiejenige nach AVR annehmen. Dies bedeutet, dassjede Arbeitnehmerin bzw. jeder Arbeitnehmer unab-hängig von der Widerrufsklausel sich auf die Nichtig-keit der Vergütungsabrede berufen kann, sofern ereine geringere Vergütung erhält als die übrigen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter. Er kann die Vergü-tungsdifferenz dann nicht nur für die Zukunft, son-dern auch für die Vergangenheit geltend machen undim Rahmen der gesetzlichen Verjährungsfrist von dreiJahren nachfordern. Da mit der Mitarbeiterin bzw.dem Mitarbeiter die Arbeitsvertragsrichtlinien geradenicht vereinbart wurden, gilt auch die in den AVRvorgesehene Ausschlussfrist nicht.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eineUngleichbehandlung auch in Hinblick auf die betrieb-liche Altersversorgung nicht gerechtfertigt ist. Dennseit dem 1. April 1999 erwerben auch geringfügigbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und ArbeitnehmerRentenansprüche (wenn auch extrem geringe), sodass die Teilhabe an einer diese aufstockendenbetrieblichen Altersversorgung sachlich gerechtfertigtist.

Kind krank – Anspruch auf(Pflege-)Krankengeld?

Frage: Welche Ansprüche auf Freistellung undLohnfortzahlung bzw. Krankengeld entstehen,wenn ein Kind erkrankt und von einem Elternteilgepflegt werden muss?Wie wird verfahren, wenn an dem Tag, an dem dasKind krank ist, der Elternteil Urlaub hat bzw. derElternteil im Schichtdienst eingeplant worden ist?

Antwort:Unterschieden wird im Falle der Betreuung und

Pflege eines erkrankten Kindes zwischen demAnspruch auf bezahlte Freistellung gemäß § 616 BGBund dem Anspruch auf unbezahlte Freistellung gemäߧ 45 SGB V.

Bei der bezahlten Freistellung gemäß § 616 BGBkann der berufstätige Elternteil zu Hause bleibenunter Fortzahlung seiner Vergütung, wenn keineandere Person im Haushalt lebt, die das erkrankteKind betreuen und pflegen kann. Die Freistellungerfolgt laut Gesetz für eine ›verhältnismäßig nichterhebliche Zeit‹, die durch die Rechtsprechung desBundesarbeitsgerichts auf fünf Tage im Jahr konkre-tisiert worden ist. Eine Altersbegrenzung für das zubetreuende Kind liegt gemäß § 616 BGB nicht vor.Bei der Fortzahlung der Vergütung handelt es sichum einen Anspruch nach dem BGB und nicht umeine Zahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz(EFZG) und kann daher vom Arbeitgeber nicht nachdem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) ausgegli-chen werden.

Ist der Anspruch auf bezahlte Freistellung auf-grund einzelvertraglicher oder tarifvertraglicherRegelung ausgeschlossen, was in einer Vielzahl vonArbeitverhältnissen der Fall ist (siehe z. B. auch § 21AVR-K, und § 11 AVR-DW-EKD), so haben gesetz-lich Versicherte mit Anspruch auf Krankengeldgegenüber ihrem Arbeitgeber gemäß § 45 SGB Veinen Anspruch auf unbezahlte Freistellung. DieserAnspruch ist unabdingbar und kann nicht durchVertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherunghaben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nachärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie zurBeaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihreserkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fern-bleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Per-son das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen undpflegen kann und das Kind das 12. Lebensjahr nochnicht vollendet hat. Anspruch auf Krankengeldbesteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind läng-stens für zehn Arbeitstage, für Alleinerziehende für20 Arbeitstage.

Der Krankengeldanspruch gemäß § 45 SGB Vbesteht nur für Arbeitstage, d. h. dass an arbeitsfrei-en Tagen (z. B. Feiertagen/Wochenenden, aber auchUrlaubstagen), die zwischen bzw. unmittelbar voroder nach den Arbeitstagen liegen, ein Anspruch aufKrankengeld wegen Pflege nicht entstehen kann.Hierdurch unterscheidet sich das Pflegekrankengelderheblich vom regulären Krankengeld, das für sämt-liche Kalendertage gewährt wird.

Im vorliegenden Fall hat somit der ein krankesKind pflegende Elternteil lediglich Anspruch aufPflegekrankengeld gemäß § 45 SGB V für denArbeitstag, an dem er im Schichtdienst eingeplantist, nicht aber an dem Urlaubstag.

KircheArbeitsrecht und

232010

Leseranfragen

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Endlich wieder eine sozialwissenschaftliche Untersu-chung zu den spezifischen Arbeitsbedingungen beiden über 1,3 Millionen Beschäftigten des kirchlichenBereichs! Soziologisch-politische Abhandlungen zurArbeitsrechtssetzung bei Kirchen, Caritas und Diako-nie sind eher selten:n 1981 die leider nie veröffentlichte Dissertation vonThomas Weinmann, ›Tarifverträge für kirchliche Mit-arbeiter?‹ zur Genese des Durchsetzungsprozesses desKommissionsmodells in den evangelischen Landesbe-zirken beziehungsweise der Tarifverträge in Nordel-bien und Berlin-Brandenburg,n 1991 dann ›Erwerbsarbeit und Dienstgemeinschaft‹von Beyer-Nutzinger, eine empirische Untersuchungzur Haltung von Kirchenbeschäftigten zu den Formender Arbeitsrechtssetzungen in Kirchen und Diakonie,n 2007 schließlich speziell für den kirchlichen Kran-kenhaussektor eine Arbeit von Tobias Jakobi ›Zurkonfessionellen Mitbestimmungspolitik‹.

Das war’s.Die vielen juristischen Abhandlungen zum kirchli-

chen Arbeitsrecht in ständig neuen Auflagen – ob nunvon Richardi, Hanau, Thüsing oder anderen – zeich-nen sich in den Teilen, in denen es empirisch odersoziologisch wird, vor allem durch Unkenntnis,Ungenauigkeiten und Unkorrektheiten aus.

Nicht so bei Hermann Lührs: Hier finden wir einmaterialreiches, bis ins Detail exaktes und umfassen-des Werk vor. Das methodische Instrumentariumwird stringent entwickelt und im Verlauf der Darstel-lung auch durchgehalten. Aktuelle Entwicklungender Finanzierung des Sozialstaats werden aufgenom-men und auf die Regulierung der Arbeitsbedingungenzurückbezogen. Die Entwicklung der Tarifsystemedes Öffentlichen Dienstes vom BAT zum TVöD wirdkenntnisreich und aktuell einbezogen.

Das Buch hat das Zeug zum Standardwerk überdie Konstruktion, die Entstehung und den Wandelvon kirchlichen Kommissionsmodellen.

Die Fallanalysen am Schluss zu den Arbeitsrechtli-chen Kommissionen Rheinland-Westfalen-Lippe,Württemberg, Caritas, Niedersachsen und Diakoni-sches Werk EKD zeigen zwar, dass mit den KriterienKontinuität, Konversion, institutionelle Anlagerungund Bruch auch die brandaktuellen Entwicklungenbeschrieben werden können, die Analyse ist aber

Rezension zu Hermann Lührs:

Die Zukunft der Arbeitsrechtlichen

Kommissionen

G ü n t e r B u s c h

Rezension zu Hermann Lührs: Die Zukunft der Arbeitsrecht-

lichen Kommissionen. Arbeitsbeziehungen in den

Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden Diakonie und

Caritas zwischen Kontinuität, Wandel und Umbruch

Nomos-Verlag, Baden-Baden 2009

recht schnell veraltet. So sind die Entwicklungen imBereich der Arbeitsrechtlichen Kommission Diakoni-sches Werk EKD in Niedersachsen, der Beteiligungvon ver.di an Kommissionssystemen, bei der Streik-frage inzwischen weiter fortgeschritten und werdenvon den Fallbeschreibungen nicht mehr erfasst.

Breiten Raum nimmt bei Lührs die Darstellung derBeschäftigungsentwicklung ein, um einerseits denStellenwert des kirchlichen Sektors des Kommissions-modells im Verhältnis zur Regulierung der Arbeitsbe-dingungen in anderen Bereichen zu beleuchten undandererseits den Umschlagpunkt zu bestimmen, abwann kirchlich Beschäftigte überwiegend aufgrundvon Arbeitsverträgen in verfassten Kirchen und derenWohlfahrtsverbänden arbeiten, wodurch erstmals dieFrage der Tarifierung der Arbeits- und Entlohnungs-bedingungen virulent wird. Lührs zieht dabei dieBeschäftigtenzahlen heran, die die Kirchen selbst ver-öffentlichen. Hier wäre ein Rückgriff auf die Unter-suchung von Carsten Frerk aus dem Jahr 2005 ›Cari-tas und Diakonie in Deutschland‹ (Alibi-Verlag,Aschaffenburg 2002) sinnvoll gewesen. Frerk kommtzu wesentlich höheren Mitarbeiterzahlen, indem ersich nicht auf die Eigenerhebungen von Kirchen undWohlfahrtsverbänden verlässt, sondern Zahlen derSozialversicherungsträger heranzieht, die von denKirchen und Wohlfahrtsverbänden gemeldet werdenmüssen. Am Gang der Argumentation ändert dasallerdings nichts.

Am besten gefallen haben mir die Teile über diehistorische Genese des Kommissionsmodells und dieAusführungen zur Dienstgemeinschaft.

Grund für die Herausbildung des Kommissions-modells – zunächst als Beratungsmodell – ist fürLührs die Integration des kirchlichen Sektors in denKonflikt der modernen, tertiarisierten Industriegesell-schaft um die Bedingungen des Gebrauchs derArbeitskraft. Dies tritt dann ein, wenn die Kirchenund ihre Wohlfahrtsverbände zur Erfüllung ihrer

24 AuK 2010

Rezension

ist Landesfachbereichs-

leiter des Fachbereichs

Gesundheit, soziale

Dienste, Wohlfahrt

und Kirchen im Lan-

desbezirk Baden-Würt-

temberg der Gewerk-

schaft ver.di. Er hat

nach einem Studium

der Volkswirtschaft

und Soziologie im ka-

techetischen Dienst

der Evangelischen Kir-

che gearbeitet, bevor

er zur damaligen

Gewerkschaft ÖTV

wechselte. Günter

Busch ist Tarifexperte

und verhandelt u. a.

Tarifverträge der Uni-

versitätskliniken, der

SRH-Gruppe, mit kom-

munalen Kliniken, im

Altenheim und Reha-

bereich. Er begleitet

und berät Vertrauens-

leute, Betriebs- und

Personalräte sowie

Mitarbeitervertretun-

gen bei der Einführung

und Umsetzung des

TVöD und des TV-L.

D e r A u t o r

Günter Busch

ISBN 978-3-8329-51

83-2

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Aufgaben auf vertraglichen Grundlagen Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer einstellen. Dies ist dannkeine vorrangige Frage des kirchlichen Selbstver-ständnisses – es ist einfach eine empirische Feststel-lung.

Die grundlegenden Weichenstellungen für dasKommissionsmodell wurden nach Lührs bereits von1945 bis Anfang der 60er Jahre gestellt und reflektie-ren den Versuch der Kirchen, sich aus der noch in derWeimarer Republik völlig selbstverständlichen Gel-tung des allgemeinen Arbeitsrechts zu lösen.

Der Staat hat diesen Versuch 1952 durch die Her-ausnahme der Kirchen aus dem Geltungsbereich desBetriebsverfassungsgesetzes nachvollzogen. Die Bun-desregierung (damals unter CDU-Führung und mitBundeskanzler Konrad Adenauer) wollte ursprüng-lich etwas anderes, nämlich die Betrachtung der Kir-chen und ihrer Wohlfahrtsverbände als Tendenzbe-triebe. Erst die mehrfachen Interventionen vonBischof Dibelius und Kardinal Frings bewirkten einenSinneswandel. Dabei spielten schon damals zentraleArgumentationsmuster eine Rolle, die auch heutenoch gelten:

1. Die Verfassung gesteht den Kirchen eine weitgehende und grundsätzliche Autonomie zu.

2. Die kirchlichen Beschäftigungsverhältnisse sind Verhältnisse ganz eigener Art.

3. Die Kirchen werden vor Einwirkung kirchenfremder Gesichtspunkte (nämlich der Gewerkschaften, H. L.) geschützt.

Die Gefährdung der Sonderrolle der Kirchen in derDDR als eigenständiger und damals wichtiger Grundist inzwischen entfallen.

In der historischen Betrachtung räumt Lührs mitmehreren Mythen gründlich auf:

Die Herausbildung der Kommissionen in den 70erJahren war kein Bruch, kein Umstieg vom Ersten aufden Dritten Weg, sondern bloße Weiterentwicklungder bestehenden Kommissionen von Vorbereitungs-und Beratungsgremien hin zu Beschlussgremien, ohnedass sich an deren Arbeit Wesentliches geändert hät-te. Und zweitens hatte die Herausbildung der Kom-missionen als Beschlussgremien nichts, aber auch garnichts mit Demokratisierung oder Partizipation zutun, sondern war allein der Angst vor der Billigkeits-kontrolle staatlicher Arbeitsgerichte bei tariflichenÄnderungen beziehungsweise tariflichen Absenkun-gen geschuldet.

Den Begriff der Dienstgemeinschaft verortet Lührserstmals bei der Übernahme der Tarifordnungen desÖffentlichen Dienstes in den kirchlichen Bereich ab1936. Ob in der Nachkriegszeit die Dienstgemein-schaft begrifflich tradiert wurde oder ein Neuanfangstattgefunden hat, ist für die Argumentation nichtentscheidend. Wichtig ist vielmehr, wer den Begriff-sinhalt nach 1945 prägte beziehungsweise heuteprägt. Es waren ab 1952 die Kirchenjuristen, nichtdie Theologen, schon gar nicht die Gemeinschaft derGläubigen oder gar partizipativ die kirchlichen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter selbst, die ›Dienstge-

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Aktuelle Neuerscheinungen

Die Zukunft der Arbeitsrechtlichen KommissionenArbeitsbeziehungen in den Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden Diakonie und Caritas zwischen Kontinuität, Wandel und UmbruchVon Dr. Hermann Lührs2010, 279 S., brosch., 49,– €, ISBN 978-3-8329-5183-2(Wirtschafts- und Sozialpolitik, Bd. 2)

Erstmals wird in dieser Studie das System der Ar-beitsrechtlichen Kommissionen in den Kirchen, Diakonie und Caritas sozialwissenschaftlich unter-sucht. Der Autor bietet einen umfassenden und detaillierten Überblick über Entstehung, Gegenwart und Zukunftsperspektiven der Arbeitgeber/Arbeit-nehmerbeziehungen in diesem Feld.

Die Beteiligungsrechte der Mitarbeiter-vertretungen im ArbeitsschutzVon Dr. Anja Georgi2008, 315 S., brosch., 69,– €, ISBN 978-3-8329-3797-3(Arbeits- und Sozialrecht, Bd. 108)

Welche Rechte und Pfl ichten im Arbeits- und Ge-sundheitsschutz bestehen für die Mitarbeiterver-tretungen der evangelischen und katholischen Kirchen und ihrer Einrichtungen? Dies erörtert die Autorin und stellt sich dem insoweit bestehenden Spannungsfeld zwischen europarechtlichen Vorgaben, deutschem Arbeitsschutzrecht und Kirchenrecht.

KircheArbeitsrecht und

252010

Rezension

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KommentarKonstrukt Dienstgemeinschaft – inhaltsleer, aber nützlich?!

In der Auseinandersetzung um faire Löhne in Kirche und Diakonie

ist häufig die Rede von der Dienstgemeinschaft, welche dieses oder jenes

verbietet (z. B. Arbeitskampf und Aussperrung). Die Dienstgemeinschaft

wird gleichzeitig als existenziell für die Arbeitsbeziehungen in diakoni-

schen Einrichtungen beschworen. Dabei verwundert, mit welcher Selbst-

verständlichkeit der Begriff von Leitungskräften gebraucht wird, die

eben noch ein kommunales Krankenhaus leiteten. Dort funktionierten

Arbeitsbeziehungen offensichtlich auch ohne eine ›Dienstgemeinschaft‹.

Sogar Pflege, Betreuung und Zuwendung zum Patienten sollen dort

stattgefunden haben.

Doch wenden wir uns wieder der Diakonie und der angeblich exi-

stenziellen Dienstgemeinschaft zu. Hermann Lührs hat in seinen Publi-

kationen (siehe auch diese Ausgabe Seite 24) darauf hingewiesen, dass

dieser Begriff nicht von Theologen, sondern von Juristen entwickelt

wurde. Bis heute gibt es weder eine theologische Definition noch einen

theologischen Inhalt. Das stimmt nachdenklich. Wenn Arbeitgeber den

Begriff für die Arbeitsbeziehungen in Kirche und Diakonie für so wich-

tig erklären – warum wird dann das Ausfüllen dieses Begriffs den Juri-

sten überlassen?

Versuchen wir einen Blick in die Einrichtungen, um dem Wesen der

›Dienstgemeinschaft‹ auf die Spur zu kommen. Was sehen wir da? Pfle-

gekräfte, die über massive Arbeitsverdichtung und über Nichtbesetzung

von Stellen in ihrem Krankenhaus klagen. Aus stolzer diakonischer

Geschäftsführersicht klingt das dann so: ›2008 ist unser Ergebnis erst-

mals positiv ausgefallen. Eine wesentliche Ursache für den Erfolg war

erhöhte Leistung bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl.‹ (Utz Wewel,

Geschäftsführer Diakonische Dienste Hannover)

Da wir hier nicht über die Automobilindustrie sprechen, sondern

über Menschen, die am und mit Menschen arbeiten, kann das nicht über

effizientere Speicherchips passiert sein, sondern über einen Anstieg der

Arbeitsbelastung. Fragt man eine Pflegekraft der diakonischen Einrich-

tung nach der Dienstgemeinschaft, erntet man nur verständnisloses

Kopfschütteln. Das gemeinschaftliche Dienen lässt sich nicht erkennen:

Die Leitung bestimmt darüber, welche Arbeit mit welcher Qualität

gemacht wird, sie allein legt fest, auf welcher Grundlage Löhne gezahlt

werden und wann, ob am 15. oder erst am Ende des Monats, ob Stellen

besetzt oder abgebaut werden oder ob ein Kirchenaustritt zur Entlas-

sung führt. Das ›Gemeinsame‹ an diesem Dienen kann unter diesen

ungleichen Machtverhältnissen nur schwer ausgemacht werden. Leitung

und Pflegekraft arbeiten zwar im weitesten Sinne zum Wohl der Patien-

ten, aber das würde die Leitungskraft eines kommunalen Krankenhau-

ses ebenfalls für sich in Anspruch nehmen.

Wenn die Theologen den Begriff Dienstgemeinschaft nicht füllen,

eine Arbeitnehmerin ihn in ihrer Arbeit nicht spürt, warum halten dann

die Leitungen an ihm fest wie an einem Rettungsanker? Vielleicht weil

er dazu dient, eine Besonderheit zu markieren, die gar nicht wirklich exi-

stiert, aber die Begründung dafür liefert, den Beschäftigten Tarifverträ-

ge zu verwehren und ihnen das Streiken verbieten zu wollen? Denn auf

dem Weg zum Wettbewerb, zum Marktausbau, auf dem Weg einer Öko-

nomisierung des Sozialen, den Kirche und Diakonie mitgegangen sind,

werden die Tarifauseinandersetzungen mit den eigenen Beschäftigten

härter und schärfer und sehr zum Unwillen der Arbeitgeber in die

Öffentlichkeit getragen. Dient das Konstrukt der Dienstgemeinschaft

nur als nützlicher Knüppel gegen Arbeitnehmerrechte?

Das sind Fragen, die sich nicht nur eine Gewerkschafterin mit

Außenperspektive stellt, sondern zunehmend auch Menschen in der Kir-

che und Diakonie, die spüren, dass es mit den Arbeitsbeziehungen so

nicht weitergehen kann.

Annette Klausing, ver.di Niedersachsen, Bremen

meinschaft‹ eingeführt und im kirchlichen Arbeits-recht verankert haben.

Einen theologischen Konsens über die Dienstge-meinschaft sieht Lührs nicht. Wird er für die konkre-te Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen mit seinenTheologisierungen und ganz verschiedenen Deutun-gen ohne Rückgriff auf theologische Grundlagen ein-gesetzt, wird er leicht zum beliebig einsetzbaren Herr-schaftsbegriff. Was hat denn Dienstgemeinschaft mitdem Ausschluss von Tarifverträgen zu tun? Eine bib-lische Grundlage gibt es dazu jedenfalls nicht.

Zentrales Thema bei Lührs ist der Wandel desKommissionsmodells vom Grundmodell (zahlen-mäßige Parität, Unabhängigkeit und Weisungsfreiheitder Mitglieder, geschlossenes Entscheidungssystem,ersetzende Entscheidung durch eine andere Instanz)hin zu einem machtbasierten Verfahren, das diewesentlichen Aushandlungs- und Rückkopplungs-prozesse außerhalb der Kommission organisiert.Grund dafür ist die Umwandlung des korporatistischorganisierten Sozialsystems der Nachkriegszeit hin zueinem Wettbewerbssystem. Beim machtbasiertenKommissionsmodell gerät die Mitarbeiterseite immerstärker unter die Räder, weil sie mit geringeren bezie-hungsweise keinen Machtressourcen ausgestattet ist.Deshalb sieht Lührs die Zukunft des Dritten Weges ineinem Dilemma: Die Abkehr der Arbeitsrechtsset-zung von den Referenztarifen des Öffentlichen Dien-stes und deren Ersetzung durch eigenständige Tarif-ordnungen braucht Aushandlungsprozesse mitgleichwertigen Machtoptionen sowohl auf Arbeitge-ber- als auch auf Arbeitnehmerseite. Dazu fehlen imKommissionsmodell der Mitarbeiterseite aber dieMittel, nämlich vor allem die Arbeitskampfoption.

Eine Lösung aus diesem Dilemma gibt es nur inzwei Richtungen: entweder zurück zu einem tarifver-traglichen Referenzsystem, das auf gleichgewichtigenAushandlungsprozessen beruht, oder den zweitenWeg, nämlich mit Gewerkschaften Tarifverträge zuverhandeln. Das muss die Möglichkeit des Einsatzesvon Arbeitskampfmitteln einschließen.

Quo vadis Dritter Weg? Diese Frage kann und willLührs nicht beantworten. Aber er beschreibt genaudie Handlungszwänge, in denen sich das Kommissi-onsmodell bewegt. Hoffen wir, dass die nötigen Lern-prozesse bei Kirchenleitungen, bei kirchlichen Arbeit-gebern, aber auch bei kirchlichen Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern nicht zu schmerzhaft sind und nichtzu lange dauern.

Auch dieses Buch liefert schnell und direkt der SachBuchService Kellner. Siehe Seite 18/19

26 AuK 2010

Rezension

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KircheArbeitsrecht und

272010

Rechtsprechung

Unterrichtung über

Entgeltverhandlungen;

Aufgaben der Mitar-

beitervertretung bei

der Entgeltfindung

1. Die Unterrichtung der Mitarbeiterund Mitarbeiterinnen über Verhand-lungen der Arbeitsrechtlichen Kom-mission zu Entgeltfragen zählt ebensowenig zu den Aufgaben der Mitarbei-tervertretung nach § 36 Abs. 1 Satz 1MVG-K (entspricht § 35 Abs. 1 Satz 1MVG-EKD) wie die Vergütungsfin-dung oder die Herbeiführung vonRegelungen zur Vergütung.

2. Aus dem Umstand, dass die Mitar-beitervertretung – über die Gesamt-mitarbeitervertretung – an der Ent-sendung von Vertretern der Mitarbei-ter und Mitarbeiterinnen in dieArbeitsrechtliche Kommission mit-wirkt, ist nicht zu folgern, dass dieArbeit in der und für die Arbeitsrecht-liche Kommission und die Unterrich-tung der Mitarbeiter der Einrichtungüber den Stand von Verhandlungen inder Arbeitsrechtlichen Kommissionzum Aufgabenbereich der Mitarbeiter-vertretung zählt.

3. Ob und inwieweit es einem Mit-glied der Arbeitsrechtlichen Kommis-sion i. S. des Kirchengesetzes der Kon-föderation evangelischer Kirchen inNiedersachsen zur Regelung desArbeitsrechts für Einrichtungen derDiakonie vom 11. Oktober 1997,zuletzt geändert durch das Kirchenge-setz der Konföderation evangelischerKirchen in Niedersachsen zur Ände-rung des Arbeitsrechtsregelungsgeset-zes Diakonie vom 27. September2008 (KABl.Hannover 2008, S. 196(ARRGD-K), nach den Regelungendieses Gesetzes oder nach diesesGesetz ausfüllenden gesetzlichen odersonstigen normativen Bestimmungengestattet ist oder gar obliegt, Mitar-beiter der Einrichtung, der diesesangehört, über den (Zwischen-)Standder Verhandlungen in der Arbeits-rechtlichen Kommission zu unterrich-ten, bleibt vorliegend dahingestellt.

Kirchengerichtshof der EKD, Beschluss vom

11.01.2010 - I-0124/R 41-09

(Vorinstanz: Schiedsstelle der Konföderation

evangelischer Kirchen in Niedersachsen und

der Diakonischen Werke Braunschweig, Hanno-

ver, Oldenburg und Schaumburg Lippe, Kammer

Diakonisches Werk Hannovers -, Beschluss vom

21. April 2009, 1 VR MVG 71/08)

Sachverhalt:Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich

bei der Unterrichtung von Mitarbeitern undMitarbeiterinnen über den Stand von Ver-handlungen der Arbeitsrechtlichen Kommissi-on über Arbeitsentgelte um notwendige Mit-arbeitervertretungsarbeit handelt und ob dieDienststelle die erstinstanzlichen Verfahrens-kosten einschließlich der Kosten des Verfah-rensbevollmächtigten der Antragstellerinnenzu tragen hat.

Aus den Gründen:Die Beschwerde ist begründet.1. Der Antrag zu 1 ist unbegründet. Die

Schlichtungsstelle hat die Unterrichtung derMitarbeiter über den Stand der Verhandlun-gen der Arbeitsrechtlichen Kommission überArbeitsentgelt zu Unrecht den allgemeinenAufgaben der Mitarbeitvertretung i. S. des § 36 Abs. 1 MVG-K (entspricht § 35 Abs. 1MVG-EKD) zugeordnet. Die Unterrichtung derMitarbeiter und Mitarbeiterinnen über Ver-handlungen der Arbeitsrechtlichen Kommissi-on zu Entgeltfragen zählt ebenso wenig zuden Aufgaben nach § 36 Abs. 1 Satz 1 MVG-K (entspricht § 35 Abs. 1 Satz 1 MVG-EKD)wie die Vergütungsfindung oder die Her-beiführung von Regelungen zur Vergütung,wie sie in den Arbeitsrechtsregelungen getrof-fen werden (vgl. KGH-EKD, Beschluss vom 23.August 2001 - II-0124/F28-01 - NZA-RR2002, (7), 392 - Ls).

(a) Für die unzutreffende Ansicht derVorinstanz sind die von ihr bemühten Bestim-mungen der §§ 38ff MVG-K unbehelflich. InFrage kommt höchstens die Regelung in § 36 Abs. 1 Satz 1 (entspricht § 35 Abs. 1Satz 1 MVG-EKD). Sie lautet: ›Die Mitarbeiter-vertretung hat die beruflichen, wirtschaftli-chen und sozialen Belange der Mitarbeiterund Mitarbeiterinnen zu fördern.‹ Der damitumrissene Rahmen der Aufgaben der Mitar-beitervertretung ist einerseits weit gefasstund geht in Teilen über die Einzelregelungenvor allem in § 36 Abs. 2ff, §§ 40 bis 43 und47 bis 48 MVG-K (vergleichbar: §§ 35 Abs.2ff; §§ 39 bis 43 und 46 bis 47 MVG-EKD)hinaus. Indessen werden der Grundregel des§ 36 Abs. 1 Satz 1 MVG-K auch deutlicheGrenzen gesetzt, sei es ausdrücklich wie z. B.

in § 37, § 44 und § 46 MVG-K (entspricht § 36, § 44 und § 45 MVG-EKD), nichtzuletzt aber auch durch den Zweck desgesamten Mitbestimmungsrechts, nämlichdurch die geordnete Beteiligung der Mitar-beiter und Mitarbeiterinnen an sie betreffen-de Entscheidungen der Dienststellenleitung i. S. einer kircheneigenen ›Betriebsverfassung‹(vgl. zur Wortwahl: Berliner Kommentar zumMVG.EKD, 2007, Richter, Einl. Rn. 79). Diegemeinsame Klammer für alle Aufgaben derMitarbeitervertretung besteht darin, dass essich stets um Angelegenheiten handelnmuss, die der Entscheidung oder Regelungdurch die Dienststellenleitung unterliegen.Das bedeutet jedoch nicht, dass alles, wasder Entscheidung der Dienststellenleitungunterliegt, ihrerseits auch der Mitbestim-mung unterläge, wie insbesondere dieBestimmungen des MVG-K wie auch desMVG-EKD zeigen, die die Mitbestimmungausdrücklich ausschließen oder einschränken.Bereits daran fehlt es hier. Entgeltregelungender Arbeitsrechtlichen Kommission unterlie-gen als solche nicht der Entscheidung durchdie Dienststelle.

(b) Dass die Vergütungsfindung oder dieAufstellung von Regeln zur Vergütungsfin-dung durch die Arbeitsrechtliche Kommissionnicht Aufgabe der Mitarbeitervertretung ist,zeigt – unabhängig von dem allgemeinenPrinzip – auch § 37 Abs. 1 Satz 3 MVG-K(entspricht § 36 Abs. 1 Satz 3 MVG-EKD),indem dort bestimmt ist: ›Arbeitsentgelteoder sonstige Arbeitsbedingungen, die durcheine Arbeits- und Dienstrechtliche Kommissi-on geregelt sind oder üblicherweise geregeltwerden, können nicht Gegenstand einerDienstvereinbarung sein, es sei denn, dieRegelung durch die Arbeits- und Dienstrecht-liche Kommission lässt eine Dienstvereinba-rung ausdrücklich zu.‹ Um eine im letztenHalbsatz erwähnte Öffnungsklausel geht esvorliegend nicht, sondern um die Entgeltfin-dung durch die Arbeitsrechtliche Kommissionselbst. Die Bedeutung des § 37 Abs. 1 Satz3 MVG-K besteht darin, dass eine Auseinan-dersetzung über Entgelte oder sonstige allge-meine Arbeitsbedingungen nicht innerhalbder Dienststellen stattfinden soll, sondernauf dienststellenübergeordneter Ebene. DieVorinstanz hat § 37 Abs. 1 Satz 3 MVG-K(entspricht § 36 Abs. 1 Satz 3 MVG-EKD)und dessen Bedeutung für die grundsätzlicheGenese von Regelungen über Entgelte undallgemeine Arbeitsbedingungen nicht inBetracht gezogen.

(c) Aus dem Umstand, dass die Mitarbei-tervertretung über die Gesamtmitarbeiterver-tretung (§ 7 KirchenG der Konföderation

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28 AuK 2010

Rechtsprechung

evangelischer Kirchen in Niedersachsen zurRegelung des Arbeitsrechts für Einrichtungender Diakonie vom 11. Oktober 1997, zuletztgeändert durch das KirchenG der Konfödera-tion evangelischer Kirchen in Niedersachsenzur Änderung des Arbeitsrechtsregelungsge-setzes Diakonie vom 27. September 2008 -KABl.Hannover 2008, S. 196 - ARRGD.K) ander Entsendung von Vertretern der Mitarbei-ter und Mitarbeiterinnen in die Arbeitsrecht-liche Kommission mitwirkt, ist entgegen derAnsicht der Antragsteller nicht zu folgern,dass die Arbeit in der und für die Arbeits-rechtliche Kommission und die Unterrichtungder Mitarbeiter der Einrichtung über denStand von Verhandlungen in der Arbeits-rechtlichen Kommission zum Aufgabenbe-reich der Mitarbeitervertretung zählt. Die(mittelbare) Mitwirkung an der Entsendungbesagt nichts darüber, dass die Mitarbeiter-vertretung oder deren Mitglieder in dieserAmtsstellung an der Arbeit der Arbeitsrechtli-chen Kommission oder deren Mitgliedermateriell beteiligt wären. Die in die Arbeits-rechtliche Kommission entsandten Vertreterder Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen könnenzugleich Mitglieder der Mitarbeitervertretungsein; gleichwohl unterliegen auch die Mit-glieder der Mitarbeitervertretung keinem derRechtfertigung bedürfenden imperativenMandat, sondern sie sind ›unabhängig undan Weisungen nicht gebunden‹ (§ 6 Abs. 3ARRGD-K).

(d) Ob und inwieweit es einem Mitgliedder Arbeitsrechtlichen Kommission i. S. desARRGD-K nach diesem Gesetz oder nach die-ses Gesetz ausfüllenden gesetzlichen odersonstigen normativen Bestimmungen gestat-tet ist oder gar obliegt, Mitarbeiter der Ein-richtung, der dieses angehört, und/oder Mit-arbeiter anderer Einrichtungen über den(Zwischen-)Stand der Verhandlungen in derArbeitsrechtlichen Kommission zu unterrich-ten oder sich seinerseits dort selbst überderen Meinungen Kenntnis zu verschaffen,ob deshalb der nach näherer Maßgabe von § 6 Abs. 2 ARRGD-K für Sitzungen derArbeitsrechtlichen Kommission und zur Wahr-nehmung der mit einer Mitgliedschaft ver-bundenen Aufgaben bestehende Freistel-lungsanspruch einschlägig ist und ob nachnäherer Maßgabe von § 6 Abs. 6 ARRGD-Kein Anspruch auf Reisekostenvergütungbesteht, kann dahingestellt bleiben. Denndarum geht es vorliegend nicht. Strittig ist imvorliegenden Beschwerdeverfahren allein, obes sich bei der in Rede stehenden Unterrich-tung um Mitarbeitervertretungstätigkeitgehandelt hat oder nicht. Dies ist zu vernei-nen. Die Aufgaben des Mitgliedes der

Arbeitsrechtlichen Kommission zählen nichtzu den gesetzlichen Aufgaben als Mitgliedder Mitarbeitervertretung. Die Personeniden-tität ändert daran nichts.

III. Eine Kostenentscheidung ist entbehr-lich (§ 63 Abs. 7 MVG-EKD, § 22 Abs. 1KiGG-EKD).

Anmerkung zum Beschluss des Kirchengerichtshofs der evangelischen Kirche in Deutschlandvom 11.01.2010

Der Kirchengerichtshof hatte sich in derhier veröffentlichten Entscheidung mit derFrage zu beschäftigen, ob die Mitarbeiterver-tretungen im Bereich des Mitarbeitervertre-tungsgesetzes der Konföderation evangeli-scher Kirchen in Niedersachsen (MVG-K) ihreMitarbeiter über den Stand der Entgeltver-handlungen in der Arbeitsrechtlichen Kom-mission unterrichten dürfen.

Der Kirchengerichtshof hat in Aufhebungder erstinstanzlichen Entscheidung derSchiedsstelle der Konföderation evangelischerKirchen in Niedersachsen entschieden, dassdie Information der Mitarbeiter durch dieMitarbeitervertretungen über den Stand undInhalt der Verhandlungen in der Arbeitsrecht-lichen Kommission nicht zum Tätigkeitsfeldder Mitarbeitervertretung gehört.

Diese Entscheidung überrascht.Immerhin entsenden die Mitarbeiter über

ihre Mitarbeitervertretungen im Ergebnisselbst die arbeitnehmerseitigen Mitglieder inder Arbeitsrechtlichen Kommission.

Sie wählen zunächst die jeweiligen Mitar-beitervertretungen. Die Mitarbeitervertretun-gen entsenden dann über die Arbeitsgemein-schaft der Mitarbeitervertretungen Mitgliederin die Arbeitsrechtliche Kommission.

Mit anderen Worten: Es besteht eineDurchlässigkeit von der einzelnen Mitarbei-tervertretung bis in die ArbeitsrechtlicheKommission.

Der Kirchengerichtshof sieht diese Durch-lässigkeit nicht.

Er geht ferner davon aus, dass die Informa-tion der Mitarbeiter durch die Mitarbeiterver-tretungen über den Stand von Entgeltver-handlungen überhaupt nicht in den Zustän-digkeitsbereich der Mitarbeitervertretungfällt.

Der Kirchengerichtshof schränkt in diesemZusammenhang die als Generalklausel zuverstehende Norm des § 36 Abs. 1 MVG-K(entsprechend § 35 Abs. 1 MVG-EKD) sehrweit ein.

Die Norm besagt, dass die Mitarbeitvertre-tung die beruflichen, wirtschaftlichen undsozialen Belange der Mitarbeiter zu fördern

hat. Zu diesen Aufgaben gehört aber nachAuffassung des Kirchengerichtshofs nicht dieUnterrichtung der Mitarbeiter durch die Mit-arbeitervertretungen über die Entgeltfin-dung.

Die Vorinstanz hat dies noch völlig andersbeurteilt. Die Schiedsstelle hatte entschie-den, dass die Information der Mitarbeiterüber den Stand der Entgeltverhandlungen injedem Falle zu den Aufgaben der Mitarbei-tervertretung gehört.

Es stellt sich tatsächlich die Frage, wanndenn dann die wirtschaftlichen und sozialenBelange der Mitarbeiter betroffen sein sollen,wenn nicht im Rahmen der Entgeltregelung.

Ein Mitglied der arbeitsrechtlichen Kom-mission, das sich nicht der Meinung der ent-sendenden Mitarbeiter und deren Vertreternrückversichern kann, kann die Interessen derMitarbeiter nicht angemessen vertreten.

Wenn es den Mitarbeitervertretungen imErgebnis untersagt ist, über die Arbeit in derarbeitsrechtlichen Kommission zu informie-ren, so stellt sich die Frage, welchen Sinndann die Entsendung von Mitgliedern derMitarbeitervertretung in die entsprechendenKommissionen überhaupt noch haben soll.

Dies wird in den Kreisen der Arbeitsge-meinschaften, Gesamtausschüsse und inner-halb der Mitglieder der jeweiligen arbeits-rechtlichen Kommissionen sicherlich disku-tiert werden.Sven Feuerhahn, Fachanwalt für Arbeitsrecht,Bad Gandersheim

Eingruppierung,

Zustimmungsverwei-

gerung, Begründung,

Kein Nachschieben

von Gründen

1. Die Mitarbeitervertretung hat inder Begründung ihrer Zustimmungs-verweigerung erkennen zu lassen, aufwelche konkreten Umstände oder Tatsachen sie ihre Ablehnung stützenwill.2. Gründe, die in der schriftlichenZustimmungsverweigerung nichtgenannt sind, können in einer sichanschließenden gerichtlichen Ausein-andersetzung nicht mehr nachgescho-ben werden.3. Die Eröffnung des Zustimmungs-verweigerungsgrundes im Erörte-rungsgespräch tritt funktional an die

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Termin Thema

Aktuelle Rechtsprechung zur

Arbeitszeit

Einführung in die Arbeit der

Schwerbehindertenvertretung

Grundlagenwissen Arbeitsrecht

MAV-Arbeit in der ambulanten Pflege

Gesprächs- und

Verhandlungsführung für betriebliche

InteressenvertreterInnen

Einführung in die

Dienstvertragsordnung der

Evang.-Luth. Kirche in Bayern

Konflikte im Betrieb –

Einführungsseminar

Mobbing am Arbeitsplatz und

die Rolle der MAV

AVR Bayern –

Vertiefung Eingruppierungsrecht

Einführung in die MAVO

MAV-Praxisberatung für Vorstände

Einführung in die

Mitarbeitervertretungsrechte

Strategie und Taktik der MAV

Beteiligung der MAV bei organisato-

rischen und sozialen Angelegenheiten

Öffentlichkeitsarbeit der MAV

Neue Herausforderungen bei der

Vertragsgestaltung

Die Überlastungsanzeige

MVG für Fortgeschrittene

Krank – kaputt – raus?

AVR-K Einführung

Einführung in die MAVO

Die Arbeitsvertragsrichtlinien –

Aufbau und Handhabung der AVR

Mediation in der MAV-Arbeit –

Konflikte konstruktiv lösen lernen

Neu gewählt? Was nun?

Ein 3-Tages-Crashkurs

Burn-out

Mitarbeitergespräche

Seminar für MAVen aus dem Bereich

der Kinder- und Jugendhilfe

12.04.

12.04–14.04.

12.04–16.04.

12.04–16.04.

12.04.–16.04.

13.04.–15.04.

20.04.–22.04.

21.04.–23.04.

26.04.

26.04.–28.04.

26.04.–28.04.

26.04.–30.04.

26.04.–30.04.

27.04.

28.04.–30.04.

28.04.–30.04.

29.04.

03.05.–07.05.

03.05.–07.05.

03.05.–07.05.

10.05.–12.05.

10.05.–12.05.

10.05.–12.05.

10.05.–12.05.

11.05.

12.05.

17.05.–19.05.

Veranstaltungsort

Veranstalter

Hannover

dia e. V. Hannover

Springe

dia e. V. Hannover

Springe

dia e. V. Hannover

Springe

dia e. V. Hannover

Bielefeld

Das Bunte Haus/ver.di

Schweinfurt

ver.di Bayern

Brannenburg

ver.di Bayern

Nell-Breuning-Haus

Herzogenrath

Nürnberg

ver.di Bayern

Bad Honnef

Katholisch-Soziales Institut

Bad Honnef

Katholisch-Soziales Institut

Frenswegen

dia e.V. Hannover

Frenswegen

dia e.V. Hannover

München

ver.di Bayern

Bad Honnef

Katholisch-Soziales Institut

Bad Honnef

Katholisch-Soziales Institut

Hannover

dia e. V. Hannover

Springe

dia e.V. Hannover

Springe

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Termine & Seminare April–Juni 2010

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KircheArbeitsrecht und

292010

Rechtsprechung

Stelle der schriftlichen Mitteilung derZustimmungsverweigerungsgründegemäß § 38 Abs. 3 MVG-EKD.

Kirchengerichtshof der EKD, Beschluss vom

20.04.2009 - II-0124/P26-08

Sachverhalt:Die Beteiligten streiten um die korrekte

Umgruppierung der Mitarbeiterin B, einerAltenpflegehelferin, von der Vergütungsgrup-pe Kr 3 in die entsprechende Entgeltgruppeder AVR-DW-EKD. Die Dienststellenleitung,die Antragstellerin, bat die Mitarbeitervertre-tung, die Beschwerdeführerin, um Zustim-mung zu der Umgruppierung der Mitarbeite-rin B von der Vergütungsgruppe Kr 3 (alt) indie EGr 4 Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 AVR-DW-EKD (neu). Nach durchgeführter Erörterungverweigerte die Mitarbeitervertretung ihreZustimmung mit der Begründung, laut ausge-führter Arbeiten gehöre die Pflegehelferin indie EGr 5. In dem von der Dienststelle einge-leiteten Kirchengerichtsverfahren begründetedie Mitarbeitervertretung ihre Zustimmungs-verweigerung damit, dass die Altenpflegehel-ferin B spezielle Aufgaben verrichte, die vonder Tätigkeit einer gewöhnlichen Altenpflege-helferin in den Wohnbereichen abweiche. MitBeschluss stellte das Kirchengericht fest, dassfür die Mitarbeitervertretung kein Grund zurVerweigerung der Zustimmung zur Eingrup-pierung der Pflegehelferin B in die Entgelt-gruppe EGr 4 besteht. Gegen diesenBeschluss wendet sich nunmehr die Mitarbei-tervertretung mit ihrer Beschwerde.

Die Beteiligten streiten um die korrekte

Aus den Gründen:II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das Kirchengericht hat dem Antrag derDienststellenleitung zu Recht stattgegeben.Der Mitarbeitervertretung hat kein rechtlichrelevanter Grund zur Seite gestanden, ihreZustimmung zur Eingruppierung der Alten-pflegehelferin B in EGr 4 der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 AVR-DW-EKD zu verweigern.

(...)(2) Die Mitarbeitervertretung hat vorlie-

gend keinen Grund, ihre Zustimmung zu dervon der Dienststellenleitung für zutreffendgehaltenen Eingruppierung der Altenpflege-helferin in EGr 4 der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1AVR-DW-EKD zu verweigern.

Für die Zustimmungsverweigerung derMitarbeitervertretung stellt § 38 Abs. 3 MVG-EKD Voraussetzungen auf. Sie muss gem. § 26 von der Mitarbeitervertretung beschlos-sen und innerhalb der Erklärungsfrist (Rüge-frist) schriftlich erklärt sowie schriftlichbegründet worden und der Dienststellenlei-

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30 AuK 2010

tung zugegangen sein. Vorliegend fehlt es an einer hinreichenden Begründung in derschriftlichen Zustimmungsverweigerung.

(a) An die Begründung sind zwar keineallzu hohen Anforderungen zu stellen (Berli-ner Kommentar zum MVG.EKD, Andalews-ki/Küfner-Schmitt/Schmitt, 2007, § 38 Rn.51); sie muss jedoch erkennen lassen, was dieMitarbeitervertretung bewegt hat, die Zustim-mung zu verweigern (Fey/Rehren, Praxiskom-mentar zum MVG-EKD, August 2009, § 38Rn. 53; Baumann-Czichon, 2009, Kommentarzum MVG-EKD, § 38 Rn. 19; VKM-Kommen-tar zum Mitarbeitervertretungsgesetz, StandMai 2006, § 38 Rn. 3.7.). Ein bloßes Stich-wort oder eine nur formelhafte Wiedergabeder im Gesetz genannten Verweigerungsgrün-de oder ein bloßer Verweis darauf, dass eineErörterung stattgefunden habe, nicht aber,was die Mitarbeitervertretung darin zurBegründung ihrer Haltung mitgeteilt hat,genügen nicht. Vielmehr muss die Begrün-dung erkennen lassen, auf welche konkretenUmstände und Tatsachen die Mitarbeiterver-tretung einen bestimmten Ablehnungsgrundstützen will (KGH-EKD vom 7. April 2008 -11-0124/N80-07 - ZMV 2008, S. 259). Grün-de, die in der schriftlichen Zustimmungsver-weigerung nicht genannt sind, können ineiner sich eventuell anschließenden gerichtli-chen Auseinandersetzung darüber, ob dieZustimmung zu ersetzen ist oder ob der Mit-arbeitervertretung ein Zustimmungsverweige-rungsgrund zur Seite gestanden hat, nichtmehr nachgeschoben werden (KGH-EKD vom7. April 2008, a.a.O.; vgl. zu § 69 Abs. 2 Satz3 BPersVG: BVerwG vom 31. Juli 1992, 6 P20/90, ZTR 1993, S. 84 = PersR 1992, S. 408 und zum insoweit vergleichbaren § 99Abs. 3 und 4 BetrVG: BAG vom 11. Juni 20021 ABR 43/01, BAGE 101, 298, 306 = AP Nr.118 zu § 99 BetrVG 1972). Dies gilt sowohlfür die Fälle der uneingeschränkten Mitbe-stimmung (§§ 38 bis 40 MVG-EKD) als auchfür die Fälle der eingeschränkten Mitbestim-mung (§§ 41 bis 43 MVG-EKD), denn für dasVerfahren gilt § 38 entsprechend (§ 41 Abs.3 MVG-EKD).

Diese Anforderungen an die Begründungder Zustimmungsverweigerung stellt dasGesetz nicht zuletzt deswegen, weil die Mitar-beitervertretung sich eine abschließende Mei-nung bilden soll, weshalb sie – hierüber musssie zuvor gem. § 26 MVG-EKD beschlossenhaben – die Zustimmung verweigert und weildie Dienststellenleitung in die Lage versetztwerden soll, anhand der schriftlichen Begrün-dung der Zustimmungsverweigerung zu prü-fen, ob sie von ihrem Vorhaben ablässt oderob sie, um die Durchführbarkeit der Maßnah-

Rechtsprechung

muss erkennen lassen, weshalb die von derDienststellenleitung als zutreffend bezeichne-te Eingruppierung unrichtig ist. Begründetdie Mitarbeitervertretung ihre Zustimmungs-verweigerung damit, dass sie meint, einehöhere Entgeltgruppe treffe zu, muss dieZustimmungsverweigerung erkennen lassen,weshalb dies der Fall sein soll.

(3) Zu den Richtbeispielen der EGr 5 derAnlage 1 zu § 12 Abs. 1 AVR-DW-EKD zähltauch die ›Altenpflegehelferin mit speziellenAufgaben‹. Die Darstellung der Mitarbeiter-vertretung lässt nicht erkennen, worin diespeziellen Aufgaben liegen sollen, die derAltenpflegehelferin B gem. § 12 Abs. 1 Satz2 AVR-DW-EKD übertragen worden sind. Diezahlreichen Kommentierungen von Einzel-tätigkeit mit den Worten ›ohne Anleitung‹lassen nicht erkennen, inwieweit es sich dabeium ›spezielle‹ Aufgaben handeln soll.

(4) Die Begründung der Zustimmungsver-weigerung lässt aber auch nicht erkennen,inwieweit die Tatbestandsmerkmale der Ober-sätze der EGr 5 der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1AVR-DW-EKD vorliegen sollen. Die dort unterdem Schlagwort ›komplexe Aufgaben‹ aufge-zählten Tätigkeiten rechnen zu den üblichenTätigkeiten einer in EGr 4 der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 AVR-DW-EKD eingruppiertenAltenpflegehelferin. Zwar gehört zu den all-gemeinen Voraussetzungen der EGr 5 derAnlage 1 zu § 12 Abs. 1 AVR-DW-EKD auchdie Anmerkung 15 ›Komplexe Aufgaben‹.Indessen lassen die Ausführungen im Zustim-mungsschreiben vom 12. Juli 2007 nichterkennen, inwieweit die in dieser Anmerkunggenannten Tatbestandsvoraussetzungen vor-liegen sollen.

(c) Die Beteiligten haben nach der schrift-lichen Zustimmungsverweigerung nochmals,nämlich am 15. August 2007, ein Erörte-rungsgespräch geführt. Im Fall der Erörterungbedarf es nach dem noch bis zum 31. Dezem-ber 2009 (vgl. Beschluss der 11. Synode derEKD vom 29. Oktober 2009 zum Fünften Kir-chengesetz zur Änderung des MVG-EKD) gel-tenden Mitarbeitervertretungsgesetz der ÖKD– mag die Sinnfälligkeit der Gesetzeslageauch zu hinterfragen sein – keiner schriftli-chen Erklärung oder schriftlichen Begründungder Zustimmungsverweigerung (KGH-EKD,Beschluss vom 8. August 2005 - I-0124/L22-05 -ZMV 2006, S. 199). Würde das Gesetzsolches jedoch fordern, so stellt dies aber kei-neswegs eine ›leere Förmelei‹ dar. Denn dieabschließende Willensbildung der Mitarbei-tervertretung kann mit Rücksicht darauf, dassdie Mitarbeitervertretung ihre Entscheidung,wie es weitergehen soll, erst noch gem. § 26MVG-EKD zu beschließen hat, erst nach der

me zu erreichen, das Kirchengericht gemäß § 38 Abs. 4 MVG-EKD anruft. Aus denselbenÜberlegungen darf auch in personalvertre-tungsrechtlichen und betriebsverfassungs-rechtlichen Mitbestimmungsverfahren keinZustimmungsverweigerungsgrund nachge-schoben werden (vgl. BVerwG und BAG,jeweils a.a.O.).

(b) Hieran gemessen hat die Mitarbeiter-vertretung ihre Zustimmung nicht mit hinrei-chendem Grund verweigert.

(aa) Der Senat geht zu Gunsten der Mitar-beitervertretung davon aus, dass die Zustim-mung nicht bereits deshalb nach § 38 Abs. 3MVG-EKD als gebilligt zu gelten hat, weilzwischen der (ersten) Anhörung (Schreibender Dienststelle vom 29. Mai 2007) und derschriftlichen Antwort der Mitarbeitervertre-tung vom 15. Juni 2007 ein Zeitraum vonmehr als zwei Wochen liegt.

(bb) Stellt man auf die (erneute) schriftli-che Anhörung vom 4. Juli 2007 ab, so ist dieschriftliche Zustimmungsverweigerung vom12. Juli 2007 zwar innerhalb der Frist des § 38 Abs. 3 MVG-EKD zugegangen; indessenerweist sich die schriftliche Begründung derZustimmungsverweigerung als rechtlich unzu-reichend. Die Mitarbeitervertretung meint,zutreffend sei die Eingruppierung der B inEGr 5 der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 AVR-DW-EKD. Die Begründung lässt indessen nichthinreichend erkennen, dass die Voraussetzun-gen der von der Mitarbeitervertretung fürrichtig gehaltenen Entgeltgruppe gegebensind.

(1) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AVR-DW-EKDist die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiternach den Merkmalen der ›übertragenenTätigkeiten‹ in die Entgeltgruppen gemäß derAnlage 1 eingruppiert. Nach § 12 Abs. 2AVR-DW-EKD erfolgt die Eingruppierung indie Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmaledie Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter erfülltund die der Tätigkeit das Gepräge geben(KGH.EKÖ, Beschluss vom 22. Juni 2009 - I-0124/P89-08 -ZMV 2009, S.260).

(2) Enthält – wie hier – eine Eingruppie-rungsbestimmung neben einem Obersatz unddiesen erläuternde Bestimmungen auchRichtbeispiele, so ist zunächst zu prüfen, obein Richtbeispiel einschlägig ist und ob des-sen Merkmale erfüllt sind. Nur wenn dieTätigkeit vom Richtbeispiel nicht oder nichtvollständig erfasst ist, ist auf die allgemeinenMerkmale zurückzugreifen. Dies folgt aus dergebotenen Auslegung der Eingruppierungsre-gelungen der AVR-DW-EKD (KGH-EKD,Beschluss vom 22. Juni 2009 - I-0124/P89-08 - a.a.O.). Die Begründung der Zustim-mungsverweigerung zu einer Eingruppierung

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Termin Thema

(Rede-) Fit für die MAV-Arbeit

Gesundheit fordern, Gesundheit

fördern – Entwicklung betrieblicher

Gesundheitsförderung

Kündigung – was kann die MAV tun?

Einführung in die MAVO

Arbeitsrechtsgrundkurs –

Einführung in die AVR/KAVO

Wirtschaftliche Mitbestimmung –

Insbesondere für Krankenhäuser

und Altenheime

Protokollführung für die gesetzliche

Interessenvertretung

Einführung in die

Mitarbeitervertretungsrechte

Einführung in die AVR-EKD

CJD Einführung in die

Arbeitszeitordnung

Einführung in die

Mitarbeitervertretungsrechte

In der Krise überleben – Handlungs-

strategien in krisenhaften Zeiten für

die gesetzliche Interessenvertretung

AVR Bayern –

Vertiefung Arbeitszeitregelungen

Neu gewählt? Was nun?

Ein 3-Tages-Crashkurs

Was tun, wenn Arbeit zur Qual wird?

– Umgang mit belastenden

Faktoren im Arbeitsalltag

AVR Bayern – Einführungsseminar

Kirchengerichtsverfahren

Überlastungs-/Entlastungsanzeigen

Grundlagen der MAV-Arbeit –

Meine Aufgaben und Rechte als

Mitarbeitervertreter/in

Seminar für MAVen in

Krankenhäusern

Beteiligung der MAV bei organisatori-

schen und sozialen Angelegenheiten

Das ABC der sozial- und

arbeitsrechtlichen Fragen

Beendigung, Kündigungsschutz

und Arbeitsgerichtsbarkeit

Neu gewählt? Was nun?

Ein 3-Tages-Crashkurs

25.05.–28.05.

26.05.–28.05.

27.05.

31.05.–02.06.

31.05.–02.06.

31.05.–02.06.

31.05.–02.06.

31.05.–04.06.

31.05.–04.06.

07.06.–10.06.

07.06.–11.06.

07.06.–11.06.

08.06.

14.06.–16.06.

14.06.–18.06.

14.06.–18.06.

15.06.

15.06.–16.06.

21.06.–23.06.

21.06.–23.06.

22.06.

23.06.–25.06.

23.06.–25.06.

23.06.–25.06.

Veranstaltungsort

Veranstalter

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Nell-Breuning-Haus

Herzogenrath

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Das Bunte Haus/ver.di

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KircheArbeitsrecht und

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Rechtsprechung

Beendigung des Erörterungsgesprächs getrof-fen werden; anderenfalls wäre das Gespräch,dass der Klärung offener Fragen dienen soll,seinerseits eine ›leere Förmelei‹. Wenn undweil aber das Erörterungsgespräch nach gel-tendem Recht seinerseits auch die Aufgabehat, die Dienststellenleitung über dieUmstände und Tatsachen zu Informieren, diedie Mitarbeitervertretung zur Zustimmungs-verweigerung bewegen, setzt dies auch vor-aus, dass die Mitarbeitervertretung derDienststellenleitung eben diese Umständeund Tatsachen in dem Gespräch, spätestensaber bis zur formalen Beendigung der Erörte-rung (vgl. § 38 Abs. 4 MVG-EKD) mitteilt.Denn ohne eine solche Eröffnung des Verwei-gerungsgrundes kann die Dienststellenleitungauch nicht abschätzen, ob sie der Haltungder Mitarbeitervertretung folgt und von ihremVorhaben ablässt oder ob sie das Kirchenge-richt gem. § 38 Abs. 4 MVG-EKD anruft.Insoweit tritt die Eröffnung des Zustimmungs-verweigerungsgrundes im Erörterungsge-spräch funktional an die Stelle der schriftli-chen Mitteilung der Zustimmungsverweige-rungsgründe gem. § 38 Abs. 3 Satz 5 MVG-EKD, auch wenn mangels abschließenderBeschlussfassung der Mitarbeitervertretungnoch nicht feststeht, ob sie ihre Zustim-mungsverweigerung nach dem Erörterungs-gespräch aufrecht erhalten und dies auf ebendie im Erörterungsgespräch genanntenUmstände und Tatsachen stützen will. Hier-von auszugehen ist es dann auch nur folge-richtig, dass Tatsachen und Umstände, diedie Mitarbeitervertretung während des Erörte-rungsgesprächs nicht genannt hat, nichtnachgeschoben werden dürfen. Andernfallswäre weder die Willensbildung in der Mitar-beitervertretung über den Grund ihrer Zustim-mungsverweigerung abgeschlossen, nochwäre die Dienststellenleitung in der Lage, dieErfolgsaussichten einer Anrufung des Kir-chengerichts abzuschätzen. Vorliegend hatdie Mitarbeitervertretung mit ihrem Schreibenvom 25. August 2007 ihre Zustimmungsver-weigerung aus den bis dahin mitgeteiltenGründen nochmals bekräftigt.

(d) Auf die weiteren Ausführungen derMitarbeitervertretung zur Rechtfertigung ihrerZustimmungsverweigerung, die erst im Laufedes Rechtsstreits mitgeteilt worden sind,kommt es von Rechts wegen nicht an. Grün-de, die in der schriftlichen Zustimmungsver-weigerung genannt sind, dürfen zwar vertieftwerden, darin nicht genannte Gründe dürfenjedoch nicht nachgeschoben werden (BerlinerKommentar zum MVG.EKD, Andelewski/Küf-ner-Schmitt/Schmitt, 2007, § 38 Rn. 63; a.A.Baumann-Czichon, 2009, Kommentar zum

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MVG-EKD, § 38 Rn. 12). Entsprechendes giltfür Zustimmungsverweigerungsgründe, diedie Mitarbeitervertretung (erstmals) im Erör-terungsgespräch genannt hat. Ohne absch-ließende Mitteilung des Verweigerungsgrun-des kann die Dienststellenleitung nichtabschätzen, ob sie der Haltung der Mitarbei-tervertretung folgt und von ihrem Vorhabenablässt oder ob sie das Kirchengericht gem. § 38 Abs. 4 MVG-EKD anruft. Auch aus demGrundsatz und Gebot der vertrauensvollenZusammenarbeit, wie es in § 33 Abs. 1 MVG-EKD näher ausgeformt ist, i. V. m. dem Gebotder Einigung durch Aussprache (§ 33 Abs. 3MVG-EKD) folgt, dass die Mitarbeitervertre-tung ihre Zustimmungsverweigerungsgründeder Dienststellenleitung vor Beendigung desErörterungsverfahrens mitzuteilen hat undweitere Gründe nicht nachschieben darf. Zuden Kernelementen der vertrauensvollenZusammenarbeit zählt, dass sich Mitarbeiter-vertretung und Dienststellenleitung gegensei-tig rechtzeitig und vollständig unterrichten(vgl. nur Baumann-Czichon, 2009, Kommen-tar zum MVG-EKD, § 33 Rn. 3; Fey/Rehren,Praxiskommentar zum MVG-EKD, August2009, § 33 Rn. 2; Berliner Kommentar zumMVG.EKD, Andelewski/Küfner-Schmitt/Schmitt, 2007, § 33 Rn. 23). DasGebot der Einigung durch Aussprache besagt,dass fremde Stellen erst angerufen werdensollen, wenn die internen Bemühungen umeine Einigung gescheitert sind. Diesem Gebotkann die Dienststellenleitung im Fall derZustimmungsverweigerung aber nur genügen,wenn sie weiß, auf welche Tatsachen undUmstände die Mitarbeitervertretung ihreZustimmungsverweigerung stützt. Denn nurin Kenntnis dieser Umstände und Tatsachenkann sie entscheiden, ob sie sich an eine dritte Stelle, hier das Kirchengericht (§ 38Abs. 4 MVG-EKD), wenden will oder ob sie es doch bei der Nichtdurchführung der Maß-nahme bzw. bei der von der Mitarbeitervertre-tung für zutreffend gehaltenen Eingruppie-rung belässt.

(...)

Mitbestimmungsrecht,

Stufenzuordnung

Das Mitbestimmungsrecht der Mitar-beitervertretung gemäß § 42 Nr. 3MVG umfasst bei der Einstellung vonMitarbeitern auch die Entgeltstufen-zuordnung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 4TV-L.

(nichtamtlicher Leitsatz)

32 AuK 2010

Rechtsprechung

Schiedsstelle der Konföderation evangeli-scher Kirchen in Niedersachsen und der Dia-konischen Werke Braunschweig, Hannover,Oldenburg und Schaumburg-Lippe, Beschlussvom 14. Dezember 2009, Az.: 4 K11/09

Sachverhalt:Die Beteiligten streiten über die Frage, ob

bei der Eingruppierung, die anlässlich derEinstellung einer neuen Mitarbeiterin bzw.eines neuen Mitarbeiters vorzunehmen ist,ein Mitbestimmungsrecht der Mitarbeiterver-tretung auch bezüglich der Entgeltstufenzu-ordnung gemäß § 16 Abs. 2 TV-L besteht.

Aus den Gründen:(...)Bezüglich der Entgeltstufenzuordnung

gemäß § 16 Abs. 2 TV-L ist der Antrag alsnegativer Feststellungsantrag zulässig. Er istaber nur bezüglich der Berücksichtigungarbeitsmarktbezogener Elemente gemäß Satz4 begründet. Bezüglich der Anrechnung vonBerufserfahrung nach den Sätzen 1 bis 3 ister unbegründet. Die Kammer folgt insoweitnicht der Entscheidung des Kirchengerichts-hofs vom 14.01.2008, sondern der entgegen-stehenden neueren Rechtsprechung des Bun-desverwaltungsgerichts. Deren Umsetzungwar allerdings in der ursprünglichen Fassungdes Entscheidungstenors sprachlich misslun-gen. Klarstellend ist ferner darauf hinzuwei-sen, dass der Antrag nur die Fälle der Erstein-gruppierung bei Einstellung betrifft.

Der Kirchengerichtshof und das Bundes-verwaltungsgericht gehen zunächst metho-disch übereinstimmend von zwei zutreffendenGrundannahmen aus. Zum einen lassen sichInhalt und Grenzen des Mitbestimmungs-rechts bei der Eingruppierung nicht abstraktbestimmen. Vielmehr ist vom konkreten Wort-laut der jeweils anwendbaren gesetzlichenBestimmung über das Mitbestimmungsrechtauszugehen. Dies lautet in § 42 Buchstabe c)MVG-EKD:

Eingruppierung einschließlich Festlegungder Fallgruppe, Wechsel der Fallgruppe,Umgruppierung.

In § 42 Ziffer 3 MVG-K:Eingruppierung einschließlich Festlegung

der Fallgruppe, Wechsel der Fallgruppe,Höher- und Rückgruppierung, Gewährungtariflicher Zulagen.

In § 65 Absatz 2 Ziffer 2 NiedersPersVGEingruppierung, Höher- oder Herabgrup-

pierung, Bestimmung der Fallgruppe, Zahlungtariflicher oder außertariflicher Zulagen.

Der Entscheidung des Kirchengerichtshofslag das MVG-EKD zugrunde, den Entschei-dungen des Bundesverwaltungsgerichts das

Nieders. PersVG und das BadWürttPersVG.Ferner sind Kirchengerichtshof und Bun-

desverwaltungsgericht übereinstimmenddavon ausgegangen, dass die rein tatsächlichüber Jahrzehnte gewachsene Wechselbezie-hung zwischen den tariflichen Eingruppie-rungsregelungen des BAT und den gesetzli-chen Mitbestimmungstatbeständen durchden Übergang zum TVöD beziehungsweiseTV-L verloren gegangen ist. Bei keiner dergesetzlichen Vorschriften war bisher eineÄnderung der Formulierungen über den Mit-bestimmungstatbestand der Eingruppierungerfolgt (§ 42 MVG-EKD zum 01.01.2010).Nach der allgemeinsten Definition, die glei-chermaßen das Bundesarbeitsgericht als auchdas Bundesverwaltungsgericht ihrer langjähri-gen Rechtsprechung zugrunde gelegt haben,ist unter Eingruppierung die Einreihung dervom Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeitin ein kollektives Entgeltschema zu verstehen.Weitere zwingende Schlussfolgerungen aufdie Struktur und Kriterien dieses Entgeltsche-mas ergeben sich aus dem Begriff der Ein-gruppierung nicht. Wenn der Kirchengerichts-hof darauf hinweist, dass der TV-L selbst zwi-schen der Eingruppierung und der Stufenzu-ordnung unterscheide, wird damit eine tarifli-che Begriffsbildung zugrunde gelegt, derenmitbestimmungsrechtliche Folgen geradestrittig sind. Die Frage, ob die Stufenzuord-nung unter die allgemeine Definition eineskollektiven Entgeltschemas zu subsumierenist, wird vom Kirchengerichtshof nicht grund-legend erörtert. Die Entgeltstufen gehen aberin ihrer Struktur über den bisherigen Automa-tismus der Lebensaltersstufen deutlich hin-aus. Umgekehrt verweist das Bundesverwal-tungsgericht zutreffend darauf, dass erst mitdem Zusammenwirken beider Faktoren die›Einreihung‹ komplett ist. Auch Sinn undZweck des Mitbestimmungsrechtes sprächendafür, das Mitbestimmungsrecht auf allebedeutsamen Parameter zu erstrecken, die fürden Kernbestandteil des tariflichen Entgeltsmaßgeblich sind. Soweit die Antragstellerinbeanstandet, das Bundesverwaltungsgerichtvermische in der Argumentation unzulässigElemente der Mitbestimmung bei Eingruppie-rung und bei der betrieblichen Lohngestal-tung (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, § 75 Abs. 3Nr. 4 BPersVG), ist daran richtig, dass derMitbestimmungstatbestand der betrieblicheLohngestaltung weiter gefasst ist und nichtalle dort enthaltenen Vergütungsbestandteileauch das Merkmal der Eingruppierung erfül-len. Das schließt aber umgekehrt nicht aus,dass ein neues Tarifwerk neue Komponentenenthält, die den Kreis der bisherigen mitbe-stimmungspflichtigen Elemente bei der ›Ein-

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KircheArbeitsrecht und

332010

Rechtsprechung

gruppierung‹ erweitert. Jedenfalls der Wort-laut des MVG-K, der insofern weitgehend mitdem des NiedersPersVG übereinstimmt,macht deutlich, dass die Mitbestimmung beider Eingruppierung alle wesentlichen Kompo-nenten der Entgeltfindung umfassen soll. ImWortlaut ist ausdrücklich – anders als in §42 Buchstabe c) MVG-EKD – auch dieGewährung tariflicher Zulagen genannt.Auch die ganz erhebliche wirtschaftlicheBedeutung der Stufenzuordnung spricht füreine derartige Auslegung des Mitbestim-mungstatbestandes. Von der Stufenzuord-nung können Gehaltsunterschiede in derGrößenordnung von einigen Hundert Euroabhängen. Die wirtschaftliche Auswirkungkann sich daher genauso gewichtig erweisenwie die Entgeltgruppenzuordnung selbst.

Allerdings steht der zuständige Tarifsenatdes Bundesarbeitsgerichts seit Jahrzehntenauf dem Standpunkt, dass es sich bei denEingruppierungsmerkmalen des BAT durch-weg um Rechtsbegriffe handele, die zwarunbestimmt, aber durch die Gerichtebestimmbar seien. In der Folge ergibt sichdaraus, dass bei der Feststellung der richti-gen Eingruppierung ein Beurteilungsspiel-raum nicht besteht, sondern es sich um einenAkt strikter Rechtsanwendung handelt. Dieshat Auswirkungen auf die Interpretation desgesetzlichen Mitbestimmungstatbestandes.Danach ist die Mitbestimmung des Personal-rats beziehungsweise der Mitarbeitervertre-tung kein Mitgestaltungs-, sondern nur einMitbeurteilungsrecht, das sicherstellen soll,dass die Rechtsanwendung möglichst zutref-fend erfolgt. Auch insoweit stimmen Bundes-arbeitsgericht und Bundesverwaltungsgerichtüberein. Andererseits ist aber festzustellen,dass bei der Ausgestaltung der Mitbestim-mungsrechte in organisatorischen, sozialenund personellen Angelegenheiten sowohl imBetriebsverfassungsgesetz, im Personalvertre-tungsrecht und Mitarbeitervertretungsrechtnebeneinander Tatbestände vorkommen, dieein echtes Ermessen und damit eine freieEntscheidung der Personalvertretung überdie Zustimmung vorsehen, sowie andere Tat-bestände, die lediglich eine rechtlich gebun-dene Zustimmungsverweigerung vorsehen.Das ist in etwa dann der Fall, wenn dieAblehnung durch die Personal- oder Mitar-beitervertretung den Verstoß gegen eineRechtsvorschrift voraussetzt.

Der Kirchengerichtshof stützt sich In sei-ner Entscheidung vom 14.01.2008 maßgeb-lich auf den Unterschied, wonach es sich beider Beurteilung der tariflichen Eingruppie-rungsmerkmale um einen Akt gebundenerRechtsanwendung handele, während die

Beurteilung der Berufserfahrung im Rahmender Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz4 TV-L über eine solche bloße Rechtsanwen-dung gerade hinausgehe. Die in dieserBegründung bereits angelegte Unterschei-dung zwischen den Sätzen 1 bis 3 und Satz 4in § 16 Abs. 2 TV-L hat das Bundesverwal-tungsgericht in mehreren Entscheidungen(vom 27.08.08 - 6 P 11/07; vom13.10.2009, 6 P 15/08) weiter herausgear-beitet, dann allerdings abweichende Schlus-sfolgerungen daraus gezogen. Die Kammerschließt sich der umfassenden Begründungan (s. auch Kirchl. Arbeitsgericht für die Bay-rischen Diözesen vom 01.07.09 - 07 MV 09;LAG Schleswig-Holstein vom 10.01.08 - 4TABV 27/07).

Es könnte möglicherweise schon nichtmehr von einer Einreihung in ein kollektivesSchema gesprochen werden, wenn die Stu-fenzuordnung nicht ausreichend an objektiveKriterien gebunden, sondern weitgehend frei-em Ermessen überlassen ist. Die Bestimmun-gen in § 16 Abs. 2 Satz 1 bis 3 TV-L über dieZuordnung zu den Stufen 1, 2 und 3 sindaber zwingend ausgestaltet. Ferner sind diemaßgeblichen Beurteilungskriterien, nämlichArbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, zueinem anderen Arbeitgeber, Dauer der Beruf-serfahrung und Einschlägigkeit der Berufser-fahrung, ebenfalls zwingend und absch-ließend vorgegeben. Es handelt sich umunbestimmte Rechtsbegriffe, wie sie bisheraus dem BAT ebenfalls bekannt waren.Davon unterscheidet sich die Stufenzuord-nung nach Satz 4 in der Struktur vollkom-men. Sie ist ausdrücklich als ›Kann‹-Vorschriftausgestaltet. Eine Begrenzung auf einebestimmte Entgeltstufe ist nicht vorgesehen.Auch der zeitliche Rahmen der Anrechnungist nicht strikt, vielmehr kann eine ›ganz oderteilweise‹ Berücksichtigung stattfinden. DerSchluss, dass damit die Stufenzuordnungnach Absatz 2 in Gänze nicht der Mitbestim-mung unterliegt, wäre aber zu weitreichend.Aus der Differenzierung der verschiedenenTatbestände folgt vielmehr, dass die Zuord-nung nach den Sätzen 1 bis 3 der Mitbestim-mung unterliegt, die nach Satz 4 hingegennicht. Der Antrag ist daher – im Rahmen derZulässigkeit – teilweise begründet, teilweiseunbegründet.

Anwendung der

Loyalitätsverordnung,

Stiftung des bürgerli-

chen Rechts, diakoni-

scher Auftrag

1. Bekennt sich eine so genannte›Stiftung des bürgerlichen Rechts‹ inihrer Satzung ausdrücklich zum kirch-lich-diakonischen Auftrag, so findetdie Loyalitätsverordnung auf dieDienstverhältnisse grundsätzlichAnwendung.2. Eine Zustimmungsfiktion gemäß §38 MVG-EKD tritt nicht ein, wenn dieMitarbeitervertretung in ihrerBegründung der Zustimmungsverwei-gerung der Dienststelle notwendigeInformationen für deren Entschei-dung zukommen lässt.

(nichtamtliche Leitsätze)

Kirchengericht - MVG - f. d. DW EKM e. V. ,

Beschluss vom 22.10.2009, Geschäftszeichen:

1/17 - 2009

Sachverhalt:Die Beteiligten streiten um die Frage, ob

bei der Einstellung einer Mitarbeiterin dieLoyalitätsrichtlinie missachtet worden ist.

Nach erfolgter Erörterung verweigerte dieMitarbeitervertretung (Beteiligte zu 2.) ihreZustimmung zur beabsichtigten Einstellungmit der Begründung, die beabsichtigte Ein-stellung sei mit der Loyalitätsverordnungnicht vereinbar, da die Einzustellende wederder evangelischen Kirche noch einer mögli-chen ACK-Kirche angehöre. Von der in derLoyalitätsverordnung enthaltenen Möglich-keit zur evtl. Rechtfertigung zur Einstellungauch ohne Kirchenzugehörigkeit habe dieDienststelle keinen Gebrauch gemacht.

Daraufhin hat die Dienststelle (Beteiligtezu 1.) die Ersetzung der Zustimmung beimKirchengericht beantragt. Zur Begründunghat sie angeführt, sie habe mündlich erör-tert, dass sie bei der beabsichtigten Einstel-lung von der Öffnungsklausel in § 3 II derLoyalitätsverordnung Gebrauch gemachthabe. Darüber hinaus hat sie vorgetragen,die Loyalitätsverordnung fände auf ihre Ein-richtung, eine Stiftung des bürgerlichenRechts, trotz diakonischer Aufgaben keineAnwendung. Des Weiteren gelte die Zustim-mung der Mitarbeitervertretung als erteilt,da wegen fehlender Rechtfertigung der Ver-weigerung der Zustimmung die Zustim-mungsfiktion greife.

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34 AuK 2010

Rechtsprechung

Aus den Gründen:Die Anträge der Beteiligten zu 1) sind

unbegründet und daher zurückzuweisen.1.Die Beteiligte zu 1.) ist eine Stiftung bür-

gerlichen Rechts.In ihrer gerichtsbekannten Satzung vom 2.

April 1998,(...) heißt es in der Präambel unterBezugnahme auf die ursprüngliche Stiftung:›Das Knaben-Rettungs- und Brüderhaus (...)sollte nach dem Willen der Stifter durch dieseGründung nicht bloß die Zahl der in Deutsch-land vorhandenen Knaben-Rettungshäuserum eins vermehrt werden, vielmehr sollte inerster Linie dabei eine Ausbildungsstätte fürjunge Leute gewonnen werden, welche zuallerlei Dienst in der Inneren Mission und anchristlichen Liebeswerken vorbereitet würden.(...)

Nach 32 Jahren der Gemeinsamkeit imRahmen einer Verwaltungsgemeinschaft wur-den die Stiftungen im Jahre 1989 zu einereinheitlichen Stiftung zusammengelegt unterausdrücklichem Bekenntnis zum Zweck derbisherigen Stiftungen und dem kirchlich-dia-konischen Auftrag.‹

2.Die Föderation Evangelischer Kirchen in

Mitteldeutschland hat mit Schreiben vom 5.Juni 2008 und die Landeskirche Anhalts mitSchreiben vom 18. Januar 2008 die Loya-litätsverordnung (Verordnung über die Anfor-derungen der privatrechtlichen beruflichenMitarbeit zu der Föderation Evangelischer Kir-chen Mitteldeutschland) vom 02.02.2007genehmigt, dies allerdings mit dem Zusatz:

›1. der Zusatz zum § 3 Abs. 2 der Loya-litätsverordnung EKM findet keine Anwen-dung bei der beruflichen Mitarbeit in Aufga-ben, die der Verkündigung, Seelsorge undUnterweisung zuzuordnen sind. Hier wird fürdie berufliche Mitarbeit die Zugehörigkeit zueiner Gliedkirche der EKD oder einer Kirche,mit der die EKD in Kirchengemeinschaft ver-bunden ist, vorausgesetzt.

Im Übrigen wird bei beruflicher Mitarbeitin Aufgaben, die der Leitung zuzuordnensind, auf die Pflicht der Mitglieder des Diako-nischen Werkes aufgrund von § 8 Abs. 1b derSatzung des Diakonischen Werkes EKM hin-gewiesen.

2. Spätestens im Jahre 2012 ist zu über-prüfen, ob die Mitarbeiterstruktur die Geltungder Ausnahmeregelung für die Einstellungvon nicht christlichen Mitarbeitern auf Grunddes Zusatzes von § 3 Abs. 2 Loyalitätsverord-nung EKM weiterhin sinnvoll erscheinen läs-st.‹

3.Vor diesem Hintergrund steht zur Überzeu-

gung des Gerichts zweifelsfrei fest, dass dieBeteiligte zu 1.) nicht wie durch die Formulie-rung einer ›Stiftung des bürgerlichen Rechts‹ein – von ihr selbst wohl in der Darstellungbeabsichtigt – x-beliebiges Mitglied ist. Viel-mehr hat sie in ihrer Satzung ausdrücklichden diakonischen Auftrag genannt.

4.Die Loyalitätsverordnung findet auf die

einzugehenden Dienstverhältnisse der Betei-ligten zu 1.) grundsätzlich Anwendung. Denndas DW EKM, dem die Beteiligte zu 1.)angehört, hat die LoyalitätsVO ausdrücklichdurch die Genehmigung der Föderation inKraft gesetzt. Es ist unerheblich, ob nach Auf-fassung der Beteiligten zu 1.) lediglich dieoben II Tatbestand genannten Gesetze fürStatistik, das kirchliche Datenschutzrecht, dieAVR-EKD und das MVG-EKD in Bezug genom-men worden sind. Ersichtlich handelt es sichdabei um keine abschließende Aufzählung.Ansonsten müsste bei jeder gesetzlichenNeuerung, ggfs. auch bei der Umsetzung vonEntscheidungen des EuGH zu Richtlinien derEG, eine Ergänzung vorgenommen werden.Davon kann jedoch in Ermangelung vonAnhaltspunkten nicht ausgegangen werden.Es handelt sich nach Auffassung des Gerichtsum eine beispielhafte, keine abschließendeAufzählung. Die Beteiligte zu 1.) wird wohlauch nicht ernsthaft vortragen wollen, nur diegenannten materiellen Gesetze würden beiihr angewendet. Sicher ist die Beteiligte zu 1.)auch dazu verpflichtet, beispielsweise dasArbeitszeitgesetz, sonstige arbeitsrechtlicheRegelungen, die nicht speziell in den AVR,sondern im BGB geregelt sind, zu beachten.

5.Die Beteiligte zu 1.) hat weiter einge-

wandt, die Beteiligte zu 2.) habe nicht in qua-lifizierter Weise der Einstellung widerspro-chen, sondern lediglich allgemein einenRechtsverstoß gegen die LoyalitätsVO erho-ben. Der Wortlaut allerdings spricht hierge-gen. Die Beteiligte zu 2.) hat nicht nur for-melhaft die Bestimmung, die sie verletztglaubt, genannt, sondern darüber hinaus dieoben geschilderten Ausführungen gehalten.Die Beteiligte zu 1.) war damit ohne weiteresin die Lage versetzt, die Bedenken näher zuwürdigen, insbesondere wenn man berück-sichtigt, dass die mündlichen Verhandlungenschon etliche Zeit zuvor geführt wordenwaren, nach Ausführung der Beteiligten zu 2.)im Kammertermin schon ca. ein halbes Jahr.

6.Demzufolge ist der Einstellung mit der

Begründung aus § 41 lit. a) MVG-EKD zutref-fend die Zustimmung versagt worden.

Soweit die Beteiligte zu 1.) der Auffassung

ist, es handele sich um keine wirksameZustimmungsverweigerung, kann das Gerichtdem nicht folgen.

Sehr wohl hat die Beteiligte zu 2.) artiku-liert, dass nach ihrer Auffassung ›von derRechtfertigungsmöglichkeit der LoyalitätsVO(die Beteiligte zu 1.) keinen Gebrauchgemacht (habe)‹, so der Vortrag auf Blatt 56d. A.

Die Beteiligte zu 1.) hat – genau wie imweltlichen Bereich – der Mitarbeitervertre-tung die aus ihrer Sicht erheblichen Umstän-de mitzuteilen, die zu einer Einstellung einesbestimmten Mitarbeiters gehören. Dannjedoch hat sie auch die Pflicht, da dieses Pro-blem bereits erörtert worden war, Gründe fürdie Abweichung von der LoyalitätsVO konkretzu benennen. In diesem Zusammenhang darfdarauf hingewiesen werden, dass das erken-nende Gericht der Beteiligten zu 1.) weiterenVortrag anheim gestellt hatte, aus dem sichein Ausnahmefall im Sinne einer Abweichungvon der Loyalitätsrichtlinie ergebe. Dem istsie jedoch bis zum Schluss der mündlichenVerhandlung nicht nachgekommen.

7.Dementsprechend ist auch die Auffassung

der Beteiligten zu 1.) nicht haltbar, dieZustimmungsverweigerung sei unwirksamgewesen, so dass die Zustimmungsfiktiongemäß § 38 MVG-EKD eingetreten sei.

Es ist bereits nicht erkennbar, dass die vonder Beteiligten zu 1.) zitierte Entscheidungdes BAG vom 28.1.1986 überhaupt ansatz-weise vergleichbar ist. Dort fehlten notwendi-ge Informationen für den Betriebsrat, umeine Entscheidung für oder gegen eine Ein-stellung zu treffen. Der Beteiligten zu 1.)wäre es jedenfalls verwehrt, sich auf fehlendeInformationen zu berufen, die den als Haupt-antrag gestellten Antrag nach sich zögenund rechtfertigten. Denn die Beteiligte zu 1.)hat es zunächst in der Hand, die erforderli-chen Informationen zur Verfügung zu stellen.Tut sie das nicht, so muss sie damit rechnen,dass die Mitarbeitervertretung die Zustim-mung zu einer personellen Maßnahme ver-weigert. Dem kann aus Dienstgeberseitedann jedoch nicht entgegengehalten werden,dass die darauf erfolgte Zustimmungsverwei-gerung rechtswidrig sei, so dass die Zustim-mungsfiktion des § 38 MVG-EKD greife.Denn ansonsten hätte es jeder Dienstgeberin der Hand, mit unvollständigen Informatio-nen eine verweigerte Zustimmung der MAVdamit auszuhebeln, dass die Verweigerungselbst bei Hinweis auf die gesetzlich normier-ten Verweigerungsgründe unwirksam sei, sodass nach der in diesem Verfahren vertrete-nen Auffassung der Beteiligten zu 1.) die

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KircheArbeitsrecht und

352010

Rechtsprechung

Zustimmungsfiktion greifen müsse.Insoweit war über den Hilfsantrag zu ent-

scheiden.Dieser war jedoch ebenfalls aus den

soeben genannten Gründen zurückzuweisen.

Kündigung,

Bespitzelung, Anhörung

1. Nach ständiger Rechtsprechung desBAG kann nicht nur eine erwieseneVertragsverletzung, sondern schon derschwerwiegende Verdacht einer straf-baren oder sonstigen Verfehlungeinen wichtigen Grund zur außeror-dentlichen Kündigung gegenüber demverdächtigen Beschäftigten darstel-len.2. § 626 Abs. 1 BGB lässt eine Ver-dachtskündigung dann zu, wenn star-ke Verdachtsmomente auf objektivenTatsachen gründen, wenn die Ver-dachtsmomente geeignet sind, das fürdie Fortsetzung des Arbeitsverhältnis-ses erforderliche Vertrauen zu zer-stören und wenn der Arbeitgeber allezumutbaren Anstrengungen zur Auf-klärung des Sachverhalts unternom-men hat, insbesondere dem Arbeit-nehmer Gelegenheit zur Stellungnah-me gegeben hat.3. Die Rechtmäßigkeit einer außeror-dentlichen Verdachtskündigung setztzwingend eine Anhörung des beschul-digten Arbeitnehmers voraus. DerArbeitgeber hat vor Anhörung denArbeitnehmer über die konkretenUmstände, aus denen sich sein Ver-dacht herleitet, zu informieren.

(nichtamtliche Leitsätze)

Schiedsstelle der Konföderation evangelischer

Kirchen in Niedersachsen und der Diakoni-

schen Werke Braunschweig, Hannover, Olden-

burg und Schaumburg-Lippe Kammer Diakoni-

sches Werk Hannovers, Beschluss vom

21.09.2009, Az.: 1 VR MVG 61/09

Sachverhalt:Die Beteiligten streiten über die Recht-

mäßigkeit der Zustimmungsverweigerung derAntragsgegnerin zu einer beabsichtigtenaußerordentlichen Kündigung eines Mitgliedsder Mitarbeitervertretung.

Als wichtigen Grund für die beabsichtigteaußerordentliche Kündigung führt der Antrag-steller, eine diakonische Einrichtung derObdachlosenhilfe, die Vortäuschung von

Arbeitsunfähigkeit an. Der Antragstellerbegründet seine Verdachtskündigung imWesentlichen damit, dass die Mitarbeiterin,während sie krankheitsbedingt arbeitsun-fähig gemeldet gewesen war, anderen Tätig-keiten nachgegangen sei. Dies belegten insbesondere Internetrecherchen sowie Über-wachungsprotokolle eines beauftragtenDetektivs.

Der Antragsteller gibt an, er habe derMitarbeiterin vor Ausspruch der KündigungGelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Erhabe die Mitarbeiterin zu einem klärendenGespräch eingeladen. Als Grund für das zuführende Gespräch habe er Zweifel an dertatsächlichen Arbeitsunfähigkeit aufgrundvon Krankheit angeführt.

Aus den Gründen:Der gem. § 22 Abs. 1 S. 3 i. V. m. Abs. 2

und 3 S. 2 MVG-K zulässige Antrag ist nichtbegründet.

In Fällen der beabsichtigten Kündigungeines Mitglieds der Mitarbeitervertretung,wie es bei der beabsichtigten Kündigung (...)der Fall ist, richtet sich das mitarbeitervertre-tungsrechtliche Beteiligungsverfahren nach § 22 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 MVG-K. Danachbedarf die Kündigung eines Mitglieds derMitarbeitervertretung der Zustimmung derMitarbeitervertretung. Verweigert die Mitar-beitervertretung ihre Zustimmung, wie dieshier der Fall ist, kann die Schiedsstelle ange-rufen werden, die dann entscheidet (§ 22Abs. 1 S. 3 MVG-K). Dieses Verfahren ist hiereingehalten worden. Nachdem die Beteilig-ten die Erörterung am 18.08.2009 für been-det erklärt haben, hat der Antragsteller am19.08.2009, mithin innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 39 Abs. 4 S. 1 MVG-K,die Schiedsstelle angerufen.

Die Antragsgegnerin hat ihre Zustim-mung zu der beabsichtigten außerordentli-chen Kündigung zu Recht verweigert. Nach § 22 Abs. 2 MVG-K darf das Arbeitsverhält-nis eines Mitglieds der Mitarbeitervertretungnur gekündigt werden, wenn – was hierallein in Betracht kommt – ein Grund zuraußerordentlichen Kündigung vorliegt. DieKündigung des Arbeitsverhältnisses einesMitglieds der Mitarbeitervertretung unter-liegt demnach wie die Kündigung eines Mit-glieds eines Betriebsrats nach § 15 Abs. 1KSchG und des Mitglieds einer Personalver-tretung nach § 15 Abs. 2 KSchG einembesonderen Kündigungsschutz. Das bedeu-tet, dass die Schiedsstelle im Rahmen derÜberprüfung der Rechtmäßigkeit der Zustim-mungsverweigerung zu überprüfen und zuentscheiden hat, ob die beabsichtigte außer-

ordentliche Kündigung rechtmäßig ist. Dabeihat die Schiedsstelle die beabsichtigte außer-ordentliche Kündigung unter allen rechtli-chen Gesichtspunkten zu überprüfen; eineBeschränkung der Überprüfung, wie diesnach § 45 Abs. 2 und 3 MVG-K in den dortgenannten Fällen {§§ 42 und 43 MVG-K)vorgesehen ist, findet im Fall einer beabsich-tigten außerordentlichen Kündigung nach § 22 Abs. 2 MVG-K nicht statt.

Bei der außerordentlichen Kündigunggegenüber einem Mitglied der Mitarbeiterver-tretung müssen kündigungserhebliche Tatsa-chen vorliegen, die ›an sich‹ zur außerordentli-chen Kündigung berechtigen. Außerdemmuss aufgrund der an sich kündigungsrele-vanten Tatsachen der Dienststelle unterBerücksichtigung der Umstände des Einzelfal-les und unter Abwägung der Interessen bei-der Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeits-verhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungs-frist nicht zumutbar sein (§ 626 BGB). Beieinem Mitglied der Mitarbeitervertretung, dasden besonderen Kündigungsschutz nach § 22 Abs. 2 MVG-K genießt, kommt es dar-auf an, ob der Dienststellenleitung die Wei-terbeschäftigung ebenso unzumutbar wärewie bei einem ›normalen‹ Mitarbeiter, alsoeinem solchen, der nicht Mitglied der Mitar-beitervertretung ist, bei einem identischenKündigungsgrund (KGH-EKD, Beschluss vom29.05.2006 - II-0124/M22-06; vgl. für denstaatlichen Bereich BAG, Urteil vom27.09.2001 - 2 AZR 487/00 - EzA § 15 n.F.KSchG Nr. 54; BAG, Urteil vom 04.06.2007 -2 AZR 722/06 - NZA 2008, 219 ff.).

Nach der ständigen Rechtsprechung desBAG, die für den Bereich des Mitarbeiterver-tretungsrechts insoweit entsprechend anzu-wenden ist, kann nicht nur eine erwieseneVertragsverletzung, sondern schon derschwerwiegende Verdacht einer strafbarenoder sonstigen Verfehlung einen wichtigenGrund zur außerordentlichen Kündigunggegenüber dem verdächtigten Beschäftigtendarstellen. § 626 Abs. 1 BGB lässt eine Ver-dachtskündigung dann zu, wenn starke Ver-dachtsmomente auf objektive Tatsachengründen, wenn die Verdachtsmomente geeig-net sind, das für die Fortsetzung des Arbeits-verhältnisses erforderliche Vertrauen zu zer-stören, und wenn der Arbeitgeber alle zumut-baren Anstrengungen zur Aufklärung desSachverhalts unternommen, insbesonderedem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellun-gnahme gegeben hat (BAG, Urteil vom06.09.2007, a.a.O., Rn. 41b m.w.N.). Entschei-dend ist dabei, dass es gerade der Verdachtist, der das zur Fortsetzung des Arbeitsver-hältnisses notwendige Vertrauen des Arbeit-

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gebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmerszerstört oder zu einer unerträglichen Bela-stung des Arbeitsverhältnisses geführt hat.Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachenbegründet sein, die so beschaffen sind, dasssie einen verständigen und gerecht abwä-genden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kün-digung veranlassen können.

Der Verdacht muss darüber hinaus drin-gend sein, d. h. es muss eine große Wahr-scheinlichkeit dafür bestehen, dass dergekündigte Arbeitnehmer die Straftat oderdie Pflichtverletzung begannen hat. Hierfürsind eine wertende Beurteilung und keinbestimmter Grad an Wahrscheinlichkeit not-wendig. Der Verdacht einer Verfehlunggenügt für den Ausspruch einer Kündigungbereits dann, wenn der Arbeitgeber den Ver-dacht weder ausräumen noch die erhobenenVorwürfe auf eine sichere Grundlage stellenkonnte. Der Arbeitgeber muss jedenfalls allezumutbaren Anstrengungen zur Aufklärungdes Sachverhalts unternommen haben. Er istinsbesondere verpflichtet, den verdächtigenArbeitnehmer anzuhören, um ihm Gelegen-heit zur Stellungnahme zu geben. DerArbeitnehmer muss die Möglichkeit erhalten,die Verdachtsgründe zu entkräften und Ent-lastungstatsachen anzuführen. Der Arbeitge-ber darf den Arbeitnehmer nicht lediglichmit einer unsubstantiierten Wertung kon-frontieren und ihm nicht wesentlicheErkenntnisse vorenthalten. Er muss alleerheblichen Umstände angeben, aus denener den Verdacht ableitet. Nur dann hat derArbeitnehmer die Möglichkeit, sich zum Ver-dachtsvorwurf und den ihn tragenden Ver-dachtsmomenten in einer die Aufklärung för-dernden Weise zu äußern. Die Anhörung desArbeitnehmers ist Wirksamkeitsvorausset-zung der Verdachtskündigung (Müller-Glögein Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 9.Auflage 2009, § 626 Rn. 177 f.).

Dies zugrunde gelegt, genügen die dar-gelegten Umstände nicht den genanntenAnforderungen an die Rechtmäßigkeit eineraußerordentlichen Verdachtskündigung. Diebeabsichtigte außerordentliche Verdachts-kündigung des Arbeitsverhältnisses mit derMitarbeiterin (...) ist bereits deshalb rechts-widrig, weil es an einer rechtswirksamenAnhörung fehlt. Die Einladungen desAntragstellers vom 07. und 10.08.2009 zuden vorgesehenen Gesprächen am 10. bzw.12.08.2009 nennen als Grund für die beab-sichtigte Verdachtskündigung lediglich denUmstand, dass der Antragsteller Zweifel ander Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiterinwährend der im einzelnen genannten Arbeit-sunfähigkeitszeiträumen im Jahr 2009 hat.

36 AuK 2010

Rechtsprechung

Es bestehe der Verdacht, dass die Krankmel-dungen nur vorgeschoben seien. Nach Vor-stellung des Antragstellers sollten die Hinter-gründe danach in dem geplanten Gesprächaufgeklärt werden. Diese Information desAntragstellers über eine möglicherweisebeabsichtigte außerordentliche Verdachtskün-digung enthält jedoch keine konkretenUmstände, aus denen er seinen Verdacht her-leitet. Vielmehr hat der Antragsteller in die-sem Schreiben lediglich die Vermutunggeäußert, dass die im Einzelnen genanntenZeiten der Arbeitsunfähigkeit vorgetäuschtseien. Das bedeutet, dass die Mitarbeiterin zuwesentlichen tatsächlichen Umständen, dieden Antragsteller zu seiner Vermutung veran-lassten, nicht Stellung nehmen konnte. Diessollte nach Vorstellung des Antragstellers erstin dem anschließenden Gespräch geschehen.

Der Antragsteller war jedoch gehalten, dieMitarbeiterin bereits anlässlich seiner Einla-dung zum Gespräch umfassend zu informie-ren und alle erheblichen Umstände zu nen-nen, die nach Auffassung des Antragstellersauf eine Vortäuschung der Krankmeldungenschließen lassen konnten. Eine Konfrontationder Mitarbeiterin mit den tatsächlichenUmständen erst im Verlauf des Gesprächshätte daher einen ›Überrumpelungseffekt‹gehabt. Dies wäre indes mit einem ordnungs-gemäßen Anhörungsverfahren nicht zu ver-einbaren gewesen. Spätestens nach der Stel-lungnahme des Prozessbevollmächtigten derMitarbeiterin vom 11.08.2009, mit dem die-ser die nicht ausreichenden tatsächlichenDarlegungen des Antragstellers gerügt hatte,wäre der Antragsteller gehalten gewesen, die-ses nachzuholen, um eine wirksameAnhörung in o. g. von der Rechtsprechungverlangtem Sinn durchzuführen. Weil diesjedoch nicht geschehen ist, ist die Anhörungder Mitarbeiterin unwirksam und die geplan-te außerordentliche Verdachtskündigungbereits aus diesem Grund rechtswidrig.

Die Rechtswidrigkeit der geplanten außer-ordentlichen Verdachtskündigung folgtjedoch noch aus einem weiteren Gesichts-punkt. Wie oben ausgeführt, muss der Arbeit-geber alle zumutbaren Anstrengungen zurAufklärung des Sachverhalts unternommenhaben. Dies ist hier nicht geschehen. Zwarhat der Antragsteller die Mitarbeiterin aneinigen Tagen der Krankmeldung im Juli undAugust 2009 durch eine Privatdetektivinobservieren lassen und das Ergebnis dieserBeobachtung dokumentiert. Außerdem hatder Antragsteller die im Internet dokumen-tierten Aktivitäten der Mitarbeiterin ausge-wertet. Diese Ergebnisse sind jedoch nichtausreichend und im Übrigen auch ungeeig-

net, um den Verdacht des Antragstellers, dieMitarbeiterin habe Zeiten der Arbeitsunfähig-keit vorgetäuscht, zu belegen. Um feststellenzu können, ob die Mitarbeiterin während dergenannten Zeiträume tatsächlich arbeitsun-fähig war, wäre es vielmehr erforderlichgewesen, die Mitarbeiterin zu veranlassen,ihre behandelnden Ärzte von der Schweige-pflicht zu entbinden und sich wegen weitererAuskünfte an diese zu wenden. Auf dieseMöglichkeit hat der Prozessbevollmächtigte(...) den Antragsteller in seinem Schreibenvom 11.08.2009 hingewiesen, wenn er hierinausführt, dass dieser sich mit den behandeln-den Ärzten über die Frage der Arbeitsun-fähigkeit auseinandersetzen möge. Zwar lässtdiese Äußerung noch nicht notwendig daraufschließen, dass die Mitarbeiterin auch bereitgewesen wäre, ihre behandelnden Ärzte vonder Schweigepflicht zu entbinden. Entgegenseiner Auffassung war der Antragstellergehalten, dieses Mittel der Sachverhaltsauf-klärung zu wählen, um insoweit seine Oblie-genheiten vor Ausspruch einer Verdachtskün-digung zu erfüllen.

Schließlich könnte der Antragsteller dieArbeitsfähigkeit der Mitarbeiterin gem. § 5Abs. 1 AVR-K durch den Vertrauensarzt oderdas Gesundheitsamt feststellen lassen.

Weil der Antragsteller es demnach unter-lassen hat, die Frage der Arbeitsfähigkeitbzw. Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiterin aufdiese Weise aufzuklären, hat er nicht allezumutbaren Anstrengungen i. S. der genann-ten Rechtsprechung unternommen mit derFolge, dass die Voraussetzungen für einewirksame Verdachtskündigung nicht vorlie-gen.

(...)

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Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. V.i.S.d.P.: Ellen Paschke, Mitglied des Bundesvorstandes, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Bearbeitung: Niko Stumpfögger, Gestaltung: werkzwei – Druck: Druckerei Tiemann

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