Artenvielfalt braucht Biotopverbund

16
Artenvielfalt braucht Biotopverbund Biodiversität ist Lebensqualität Konzeption der Ausstellung: Land Salzburg Abteilung 13 - Naturschutz Postfach 527, 5010 Salzburg Telefon 0662/8042-5509 naturschutz@salzbur g.gv .at www .salzbur g.gv .at/naturschutz Herstellung: Grafik Land Salzburg NATURSCHUTZ In Zusammenarbeit mit © C. Medicus

Transcript of Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Page 1: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Artenvielfalt

braucht

Biotopverbund

Biodiversität ist

Lebensqualität

Konzeption der Ausstellung:Land Salzburg

Abteilung 13 - Naturschutz

Postfach 527, 5010 Salzburg

Telefon 0662/8042-5509

[email protected]

www.salzburg.gv.at/naturschutz

Herstellung:Grafik Land Salzburg

N A T U R S C H U T Z

In Zusammenarbeit mit

© C

. M

edic

us

Page 2: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Lebensräume fürMensch, Tier und Pflanze

Jede Tier- und Pflanzenart stelltspezielle Anforderungen an ihrenLebensraum, z. B. hinsichtlich

Deckung, Nahrung, Fortpflanzung.Oft ändern sich die Ansprüche zwi-schen den Jahreszeiten oder imLebenszyklus.

Viele Arten brauchen natürliche bzw.naturnahe, zusammenhängendeLebensräume. Die Lebensräume sinddurch menschliche Nutzungen bereitssehr stark eingeschränkt. Schutz-gebiete und geschützte Lebensräumesind meistens zu klein und zu isoliert,

um alle Ansprüche von Arten abzu-decken. Wir können Arten nur dannlangfristig und nachhaltig erhalten,wenn außerhalb der Schutzgebiete auchstörungsfreie, zugängliche Lebens-räume und verbindende Korridorevorhanden sind.

JE VIELFÄLTIGER DIE LEBENSRÄUME, DESTO HÖHER IST DIE ARTENVIELFALT!

Im Bundesland Salzburg gibt es viele verschiedene Lebensräume – von den Au- und Moorgebieten des Flachgaus,über Seen, Wälder, vom Menschen geprägte Kulturlandschaften bis hin zum alpinen Ödland im Hochgebirge.

LEBENSRÄUME IN GEFAHR!

Eine Kartierung in zwei Salzburger Gemeinden zeigte den Verlust an Feuchtlebensräumen und eine zunehmendeFragmentierung der Landschaft. In Koppl gingen zwischen 1953 und 2002 67% aller Feuchtflächen verloren, inEugendorf sogar 81%. Wichtig sind neben dem Erhalt der noch vorhandenen Feuchtgebiete daher auch Korridoreund Trittsteinbiotope außerhalb von Schutzgebieten und geschützten Lebensräumen. (Arming C., Nowotny G.,Eichberger C., Althaler I. (2008): Verlust an Feuchtwiesen und Lebensraumfragmentierung am Beispiel zweierGemeinden im Bundesland Salzburg. Sauteria 16: 17-49.)

Beispiel Eugendorf Beispiel Koppl

Datenquelle:© SAGIS,unter Verwendungvon Daten von:TAGIS, ÖBf AG,Salzburg AG,DI Wenger-Öhn,Ed Hölzel, WIGeoGIS,Geospace, BEV undweiteren öffentlichenInstitutionen

© A. Wessely © Naturschutz © A. Maletzky © W. Forstmeier © NP Hohe Tauern

Page 3: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Warum biologische Vielfalterhalten?

Unter Biodiversität oder biolo-gischer Vielfalt versteht manden Reichtum an Pflanzen-

und Tierarten, Lebensräumen, Land-schaften und genetischer Information.Je höher die Artenvielfalt und geneti-sche Vielfalt, umso anpassungsfähi-ger und widerstandsfähiger sindunsere Ökosysteme gegen Verände-

rungen, wie z. B. den Klimawandel.Die biologische Vielfalt ist das Rück-grat allen Lebens: Sie ist z. B. sehrwichtig für das Klima, den Wasser-haushalt, garantiert hochwertige Nah-rungsmittel und Arzneimittel, ist Vor-bild für technische Entwicklungen.Auch der Mensch ist ein Teil der Natur– wir leben mit und von der Natur.

Arten- und Lebensraumschutz kommtdaher auch dem Menschen zu Gute,weil er unsere natürlichen Lebens-grundlagen sichert. Deshalb müssenwir sorgsam mit den natürlichen Res-sourcen umgehen.Doch trotz aller Bemühungen ist derbiologische Reichtum in großerGefahr.

Die Wiedervernässung von Mooren und die Erhaltungvon naturnahen Wäldern dienen dem Klimaschutz, daMoore und Wälder natürliche Kohlenstoffsenken sind.Naturnah bewirtschaftete Wälder bieten auch einen effek-tiven Lawinenschutz, und sorgen als grüne Lungen füreine gute Luft- und Wasserqualität.

Die Renaturierung von Flüssen und Bächen sowie dieErhaltung bzw. Wiederherstellung von Auen leisteneinen wichtigen Beitrag zum vorbeugenden Hochwas-serschutz.

Ungedüngte Uferstreifen mit natürlichem Bewuchs ver-mindern den Eintrag von Boden, Dünge- und Spritz-mitteln in Flüsse und Bäche, Hecken vermindern die Ero-sion landwirtschaftlicher Böden.

Unsere traditionelle Kulturlandschaft – auf Almen, aberauch in Tälern – ist eine strukturreiche, artenreiche Land-schaft. Sie prägt den Charakter unserer Region, ist Teilder lokalen Identität und besitzt - neben vielen Funktio-nen im Ökosystem - auch Bedeutung für den Touris-mus.

DER SCHUTZNATÜRLICHER RESSOURCEN ...

... KOMMT AUCHDEM MENSCHEN ZU GUTE

© Naturschutz

© H. Hinterstoisser

© A. Hasenbichler

© Naturschutz

© U. Seidel

© A. Wessely

© Naturschutz

© H. Hinterstoisser

Page 4: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Fragmentierung vonLebensräumen

Kleine Populationen sind genetischverarmt und deshalb wenig anpas-sungsfähig.

Genetische Inzucht führt zu erhöh-ter Sterblichkeit und geringererFortpflanzungsfähigkeit.

Natürliche Populationsschwankun-gen und andere Einflüsse setzen klei-nen isolierten „Insel“-Populationenstärker zu als großen, im Extremfallführt es zum Aussterben einer gan-

KLEINE, ISOLIERTE POPULATIONEN VON TIEREN ODER PFLANZENSIND GEFÄHRDET!

zen Art, z. B. durch Krankheiten oderNaturkatastrophen wie Dürren oderÜberschwemmungen.

Die Wiederbesiedelung isolierterBereiche ist schwierig bis unmöglich.

Durch zunehmende Verinselungund den Verlust von Restflächenwerden selbst die Lebensraum-ansprüche von kleinen Tierartenunterschritten, dadurch sinken dielangfristigen Überlebenschancen.

Fragmentierungen haben einennegativen Effekt, selbst wenn dieLebensräume nicht direkt betroffensind.

Unter Fragmentierung verstehtman die Zerstückelung von Lebens-räumen in kleine, voneinander iso-lierte Teilflächen.

? Was ist Fragmentierung?

Die traditionelle Landschaft in den Alpen ist ein Mosaik aus verschiedenen Lebensräumen. Miteinander verbundenenatürliche und naturnahe Habitate bieten vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensräume, aber auch Wandermöglich-keiten zwischen verschiedenen Lebensraumteilen.

Intensive Landnutzung, zunehmende Zersiedelung der Täler, Infrastrukturen, Lärm, Beleuchtung, Emissionen, aberauch menschliche Freizeitaktivitäten führen zur Zerstörung von Lebensräumen und zu einer massiven Zerstückelungder Landschaft.

© The Ecological Continuum Initiative

© The Ecological Continuum Initiative

Page 5: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Lebensraumbilanzen:Positive Beispiele aus Salzburg

Der Mensch hat seit ca. 1000 n. Chr. Wald gerodetund Kultur- und Siedlungsraum geschaffen. Es ent-stand eine reich strukturierte, kleinräumige und

vielfältige Kulturlandschaft mit einem Wechsel zwischenOffenland und Waldflächen, die vielen Tier- und Pflan-zenarten Lebensraum bot.

LEBENSRÄUME VERBESSERNUND NEU SCHAFFEN

Im Rahmen mehrerer großer Naturschutzprojekte, wiez. B. den LIFE-Projekten, konnten Lebensräume verbes-sert und neu geschaffen werden. Aber auch viele kleinereNaturschutzprojekte, wie z. B. Landschaftspflege- undManagementpläne oder spezielle Artenschutzmaß-nahmen, verbessern die Lebensbedingungen für Tiere,Pflanzen und den Menschen.

SALZBURGER BIOTOPKARTIERUNG

Ergebnisse der Salzburger Biotopkartierung, in der von1993 bis 2008 landesweit selektiv Lebensräume kartiertwurden. Insgesamt wurden 84.000 Biotope erfasst, die36,3% der Landesfläche einnehmen.

Die kartierten Biotope verteilen sich ungleichmäßig aufdie einzelnen Bezirke. Schwerpunktmäßig liegen sie inden gebirgigen Landesteilen, während die Täler vom Men-schen stark verändert wurden.

Im Zuge des LIFE-Projektes Wenger Moor wurden 35 haHochmoor wiedervernässt, 5,5 ha Streuwiesen wieder-hergestellt, 1,2 ha Bachlauf renaturiert und 1,2 ha Puffer-streifen entwickelt.

Gewässer mit ihren Schilf- und Röhrichtbereichen und Ver-landungszonen sind bedeutende Rastplätze für Zugvögel.Viele andere Vogelarten brüten hier. Ein gelungenes Bei-spiel ist das wiedervernässte Weidmoos.

Durch Pflegemaßnahmen werden wichtige Vorkommen vonEU-geschützten Arten im Untersberg-Vorland erhalten. Hierwurde der Waldrand mit frisch gepflanzten Jungeschen fürden Eschenscheckenfalter verbessert.

© B. Riehl

© K. Leininger

© T. Herrmann

Biotoptypen nach Anzahl

Biotoptypen nach Fläche

Page 6: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Lebensraumbilanzen:Negative Beispiele aus Salzburg

In den letzten 100 Jahren ging durch Bevölkerungswachstum, Industrialisierung von Land- und Forstwirtschaft,massiven Ausbau von Infrastruktur sowie eine nur eingeschränkt funktionierende Raumordung viel Struktur-und Artenvielfalt verloren. So wurden z. B. von 1907 bis 1994 in Salzburg über 120 km2 Feuchtflächen ent-

wässert, seit 1980 ist ein Drittel der verbliebenen Feuchtflächen der Entwässerung zum Opfer gefallen.

LEBENSRAUMVERLUST UND FRAGMENTIERUNG

Neben Flächenverlusten durch Bebauung, Versiegelung oder Bestandsumwandlung kommt es zu einer massivenZerschneidung der Landschaft z. B. durch Streusiedlungen, Gewerbeflächen, Einkaufszentren, Verkehrswege, technischeund touristische Infrastruktur (z.B. Kraftwerke, Schilifte). Täglich gehen in Österreich 18-25 ha Grünland verloren!Es ist 5 vor 12 für eine überregional abgestimmte Raumordnung!

Nur ca. 20% der Landesfläche in Salz-burg eignen sich als Dauersiedlungsraum.In den Tälern kommt es daher zu vielenNutzungskonflikten. Größere unzersiedel-te und unzerschnittene Räume sind hierbereits Mangelware. Bei ihren Wande-rungen zwischen Lebensräumen müssenTiere oft viele Hindernisse, wie Verkehrs-wege, Siedlungen, ausgeräumte landwirt-schaftliche Nutzflächen etc. überwinden.Die Fragmentierung und Lebensraum-zerstörung macht aber auch vor demGebirge nicht halt: die Erschließung durchFreizeitinfrastruktur (z. B. Lifte) und Forst-wege reicht zum Teil bis in die Gipfel-regionen der Berge und bedroht hoch-sensible Lebensräume und Arten.

Barrieren und versiegelte Flächen in der Landschaft im Bundesland Salzburg

Datenquelle: © SAGIS, unter Verwendung von Daten von:TAGIS, ÖBf AG, Salzburg AG, DI Wenger-Öhn, Ed Hölzel,WIGeoGIS, Geospace, BEV und weiteren öffentlichenInstitutionen

© alle Bilder: H. Hinterstoisser

Page 7: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Biotopverbund –„Lebensversicherung“ für Arten

Lineare Strukturen – Linienbio-tope: z. B. Hecken, Gewässer-ufer mit Uferbegleitgehölz, ex-tensiv bewirtschaftete Acker-und Wiesenrandstreifen

Trittsteinbiotope – inselartig inder Landschaft gelegene Lebens-räume: z. B. Schutzgebiete,Tümpel in Agrarflur, Altholzinselnim Wirtschaftswald, Moore

! Typen vonVernetzungsstrukturenDer Biotopverbund schafft ein

Netz von Lebensräumen, diein räumlichem Kontakt stehen

und somit erreichbar sind. Er ist wesent-liche Voraussetzung für ein langfristi-ges Überleben von Arten.

Der Biotopverbund ist dann gegeben,wenn ein räumlicher Kontakt zwi-schen Biotopen (Lebensräumen) be-steht, der einen beidseitigen Aus-tausch von Organismen ermöglicht.Die Form, Größe, Ausgestaltung und„Qualität“ der notwendigen Verbin-

dungen ist artspezifisch unterschied-lich.

Vernetzungsstrukturen haben vieleökologische Funktionen: Sie sind Le-bensraum, Rastplatz, Leitlinie, Ortvon Wanderbewegungen und förderndie Ausbreitung von Tier- und Pflan-zenarten.

Vernetzungsstrukturen haben nichtnur ökologische Funktionen, sondernbeleben das Landschaftsbild und för-dern die Lebensqualität.

STRUKTURREICH = ARTENREICHSTRUKTURARM = ARTENARM

VERNETZUNGSSTRUKTUREN MÜSSEN VIELFACH VERBESSERT WERDEN!

Die Vernetzung – und damitdie Erreichbarkeit – der ver-schiedenen Gebiete hat ei-nen entscheidenden Einflussauf das Überleben von Arten.

Je besser verbunden Lebens-räume sind, desto besser sinddie Überlebenschancen, daNeubesiedlungen möglichsind und die Gefahr der ge-netischen Verarmung durchZuwanderung gesenkt wer-den kann!

© ALPARC © ALPARC

© ALPARC

Page 8: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Lineare Verbindungsstrukturen

Zu den Linienbiotopen zählen z. B.Hecken, Alleen, Fließgewässermit Uferbegleitgehölz, extensiv

bewirtschaftete Acker- und Wiesenrandstreifen,Raine und Böschungen, Legesteinwälle,Weg- und Straßenränder.

Wasserläufe mit Gehölzen und Pufferstreifen sind als lineare Strukturenwichtige ökologische Korridore. Sie bieten vielen Tieren Deckung und Nahrungund dienen als Leitlinien für Wanderungen. Entscheidend sind eine guteWasserqualität und eine natürliche Flussdynamik.

Reich strukturierte Heckenlandschaften bieten Lebensraum und Leitlinie fürviele Arten. Die Kleine Hufeisennase braucht Verbindungen zwischen ihremQuartier und dem Jagdgebiet in Form von Hecken, naturnahen Waldrändern,Uferbegleitgehölz. Der Neuntöter lebt bevorzugt in heckenreichen Gebieten.

Durch gezielte Bewirtschaftungsmaßnahmen wie extensiv bewirtschafteteAcker- und Wiesenrandstreifen, das Stehenlassen von Altgrasstreifen und dasBelassen / Schaffen von Ansitzwarten können Wiesenbrüter langfristig unter-stützt werden, wie z. B. die charakteristischen Braunkehlchenbestände imLungauer Talboden oder die letzten Feldlerchen-Bestände im Flachgau.

Legesteinmauern wurden im Gebirge oft zur besseren Bewirtschaftung undzur Begrenzung von Wiesen angelegt. Viele Tiere leben in und im Umfelddieser Legesteinmauern, wie z. B. Zaun- und Bergeidechse, Spitzmäuse undMäuse, Mauswiesel, aber auch viele Insekten.

Blütenreiche Wegränder oder ungemähte Wiesen- und Ackerrandstreifen sindheute schon Mangelware, bieten aber für viele Tierarten, wie z. B. vieleSchmetterlingsarten, Lebensraum.

© H. Duty

© H

. H

inte

rsto

isse

M.

Jera

bek

© A

rge

NA

TUR

SCH

UTZ

© P

. G

ros

© H

. D

uty

© M. Jerabek

© Spreitzer

© N. Ramsauer

© W. Kommik

© P. Gros

© P. Gros

© F. Kirnstätter

© W. Forstmeier

© H. Duty

Page 9: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Trittsteinbiotope

Altholzinseln und Totholz zu erhalten, ist besonders in Wirtschaftswälder sehrwichtig, da viele Vögel, Insekten und Säugetiere auf Alt- bzw. Totholz ange-wiesen sind.

Feldgehölze oder auch große Einzelbäume in ausgeräumten Agrarland-schaften sind oft der einzige Trittstein für flugfähige Tiere, wie z. B. Vögel,Schmetterlinge.

Nicht nur bodenbewohnende Tiere haben Probleme, Barrieren zu überwinden.Auch Schmetterlinge sind davon betroffen, da viele Arten Spezialisten sind,die z.B. spezielle Pflanzen brauchen, um Überleben zu können. Sind die geeigne-ten Lebensräume, in denen diese Pflanzen wachsen können, zu weit vonein-ander entfernt, werden sie nicht mehr von den Schmetterlingen besiedelt.

Trittsteinbiotope sind inselartig in derLandschaft gelegene Lebensräume,sie verkürzen die Wege zwischen

Lebensräumen. Sie haben vieleverschiedene Funktionen. So sind siez. B. wichtig als Rastplätze oder bildenAusbreitungszentren. Trittsteinbiotopekönnen z. B. kleine Schutzgebiete sein,aber auch Gewässer, Feldgehölze inausgeräumten Agrarlandschaften,Altholzinseln im Wirtschaftswald.

Die Kammmolche sind in Salzburg vom Aussterben bedroht. Sie brauchengeeignete Gewässer und damit verbundene Landlebensräume. Fast überallsind die Distanzen zwischen den einzelnen Vorkommen zu groß, da die Tierenur maximal 1500 m pro Jahr wandern können. Um sie langfristig schützenzu können, sind Trittsteinbiotope zwischen den isolierten Vorkommen not-wendig, wie sie nur mehr an wenigen Orten existieren.

© A

. M

alet

zky

© N

atur

schu

tz

© P

. G

ros

© N. Pühringer

© A

. M

alet

zky

© N. Pühringer © G. Nowotny

© P. Gros© Naturschutz

© A. Maletzky und M. Kyek

Isolierte Vorkommenvon Kammmolchen

© A. Maletzky und M. Kyek

Noch verbundene Vorkommenvon Kammmolchen

© R. Mysliwietz

Page 10: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Amphibien brauchenzusammenhängende Lebensräume

Unsere heimischen Amphibienbrauchen im Verlauf einesJahres verschiedene Teillebens-

räume, um überleben zu können.Neben strukturreichen Landlebensräu-

men, in denen sie Sommer und Winterverbringen, brauchen sie auch geeig-nete Laichgewässer für die Fortpflan-zung. Sommer- und Winterlebensräu-me sind häufig nicht identisch und kön-

nen - je nach Art - unterschiedlich weitvom Laichgewässer entfernt liegen. DieGefahr, bei ihren Wanderungen an Bar-rieren zu stoßen, ist sehr groß und fürdie Tiere meist lebensgefährlich.

Auf ihren Wanderungen müssen Amphibien oft Straßenüberqueren, die ihnen schon bei geringer Verkehrsdichteleicht zum tödlichen Verhängnis werden. Schon 10 Autospro Stunde können 30% der Erdkröten, die eine Straßeüberqueren, töten! Zu den Opfern zählen nicht nur Erd-kröten, sondern auch Frösche, Salamander und Molche.

„Froschzäune“ verhindern ein Massensterben auf Stra-ßen, allerdings kann meistens nur die Frühjahrsanwan-derung der erwachsenen Tiere betreut werden. Ganz ent-scheidend bei der „Zaun-Kübel-Methode“ ist die guteZusammenarbeit zwischen ehrenamtlichen „Froschklau-bern“, Straßenbau und Naturschutz.

Tunnelleitanlagen verhindern, dass bodenbewohnende Klein-tiere, wie z. B. Amphibien, Reptilien, Mäuse, aber auch Insek-ten, bei ihren Wanderungen auf die Straße gelangen. DieTiere können zu jeder Jahreszeit und Tages- und Nachtzeitwandern. Diese Anlagen tragen ganz entscheidend zurWiedervernetzung unserer zerschnittenen Landschaft bei.

Um ein Überqueren von Straßen unnötig zu machen, wärees wichtig, auf der Anwanderseite vor der Straße zusätz-liche Gewässer anzulegen. Insgesamt sollen alle Feucht-gebiete erhalten werden. Sie dienen nicht nur Amphi-bien, sondern einer Vielzahl weiterer Tier- und Pflanzen-arten als Lebensraum.

© M. Kyek © M. Kyek © M. Kyek

© M. Kyek

© M. Kyek© M. Kyek© M. Kyek

Page 11: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Amphibien brauchenzusammenhängende Lebensräume

Sommerlebensraum Winterlebensraum

Wanderung vom Sommerquartierzum Winterquartier

Herbst

Wanderung dergeschlechtsreifen Tiere

zum Laichgewässer

Zeitiges FrühjahrAbwanderung der

geschlechtsreifen Tierenach der Eiablage

Frühjahr

sternförmige Abwanderungder Jungtiere

Sommer

Man unterscheidet vier Wanderungen: Frühjahrsanwanderung zum Laichgewässer,Abwanderung vom Laichgewässer, Jungtierabwanderung, Herbstwanderung.

Laichgewässer

Bergmolch

400 m

© Kyek

© Friese

© Hinterstoisser

Grasfrosch

800 m

Erdkröte

2200 m

Die einzelnen Amphibienarten wandern unterschiedlich weit.Je weiter die Wanderung, desto größer ist meist die Gefahr, an Barrieren zu stoßen!

Laichgewässer

Page 12: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Eine Frage des Maßstabs?

Die Lebensraumansprüche undWanderdistanzen von ver-schiedenen Tieren reichen von

einigen Metern bis hin zu einigen1000 km. Ein Verbund an Lebensräu-

men ist daher nicht nur kleinräumig,sondern auch großräumig nötig. Auchder Klimawandel macht nicht anGrenzen halt. Arten, die durch denKlimawandel ihre Lebensräume ver-

lieren, haben langfristig nur eine Über-lebenschance, wenn Wanderungenmöglich sind und sie ihre Areale ver-lagern können. Dafür müssen wir grenz-überschreitend zusammenarbeiten.

Die Europäische Union arbeitet aktiv am Aufbau einesökologischen Netzwerkes: Natura 2000 Gebiete sollendas europäische Naturerbe langfristig schützen. DieSchutzgebiete sind oft die letzten großen Rückzugsgebieteund daher wichtige Kernzonen und Knotenpunkte im öko-logischen Verbund. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinieder EU fordert aber nicht nur Schutzgebiete (Natura 2000),sondern auch einen funktionierenden Biotopverbund,ebenso wie die Alpenkonvention (Naturschutzprotokoll)und die Biodiversitätskonvention.

Vom „Eisernen Vorhang“ zur Lebenslinie

Das „Grüne Band“ an der Grenze zum ehemaligen Ostblockzieht sich quer durch ganz Europa – vom Eismeer bis ansSchwarze Meer, durch 23 Staaten mit einer Länge von über12.500 km. Österreichs Anteil beträgt 1.300 km! Aus demGrünen Band könnte der erste und größte grenzüberschrei-tende Biotopverbund Europas werden – ein Refugium fürviele bedrohte Tiere und Pflanzen. Existierende Schutz-gebiete sollen als Kerngebiete erhalten werden. Das GrüneBand zu erhalten, ist eine zentrale Herausforderung für deneuropäischen Naturschutz in den kommenden Jahrzehntenund nur in grenzüberschreitender Zusammenarbeit zu lösen.

Natura 2000-Gebiete in Salzburg

Einige hochspezialisierte Arten kommennur auf kleinen Flächen vor, wie z. B.der Eremit, ein stark gefährdeter Käfer.Da diese standorttreuen Tiere nicht weitwandern, ist die Wiederbesiedlung vonGebieten schwierig bis unmöglich.

Wolf, Bär und Luchs, aber auch Rotwild brauchen riesige Streifgebiete. Zumgenetischen Austausch sind überregionale Wanderungen notwendig, die z.B.durch Grünbrücken über Autobahnen erleichtert werden.

© S. Stadler

© W. Forstmeier © W. Forstmeier

Page 13: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Biotopverbund fördert Vielfalt:Lösungsansätze für Salzburg

Kartierung der Hauptlebens-räume ausgewählter Arten sowiewesentlicher Biotopverbund-strukturen auf lokaler, regionalerund überregionaler Ebene

Analyse von Konfliktbereichen,Barrieren, Defiziten im Biotopver-bund

Erstellung von Biotopverbund-konzepten inkl. umsetzungsorien-tierten Maßnahmenpaketen auflokaler Ebene (z.B. Gemeinde)– Erhalt und Verbesserung z. B.

aller Schutzgebiete, geschütz-ter Lebensräume, aller Fließ-gewässer (inkl. Herstellung desFlusskontinuums), aller beste-

Technische Bauwerke wie Tunnelleiteinrichtungen, die die Passage von Straßen für kleine Bodenbewohner ermöglichen,Fischaufstiegshilfen zur Umgehung von Wasserkraftwerken oder Grünbrücken zur Verbindung von Wildtierpopulationenlassen sich auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Es geht um den Erhalt und die Wiederherstellung ursprünglichverbundener Lebensräume!

henden Verbindungsstruktu-ren

– Schaffen von neuen lokalen,regionalen und überregionalenKorridoren und Trittsteinbioto-pen durch geeignete Lebens-raumelemente

Rechtliche Verankerung vorhan-dener und neuer Biotopverbund-korridore in Naturschutz undRaumordnung (z.B. REK, Flä-chenwidmungsplänen), Optimie-rung von Förderinstrumenten zurAbsicherung und Umsetzung vonBiotopverbundmaßnahmen

Umsetzung der vorgeschlagenenMaßnahmen

Der Schutz aller Fließgewässersystemein Salzburg trägt entscheidend zumBiotopverbund bei. Allerdings sindviele Gewässer unterbrochen, z. B. gibtes alleine in den größeren SalzburgerFließgewässern (> 10 km2) 800 nichtfür Fische passierbare Hindernisse.

Die Schutzgebiete als Kerngebiete des ökologischen Ver-bundes müssen langfristig erhalten werden. Wichtig dafürist eine professionelle Betreuung der Schutzgebiete.

MASSNAHMEN ZUR LANGFRISTIGEN ERHALTUNGDER ARTENVIELFALT IN SALZBURG

Das Heckenprojekt im nördlichen Flachgau, bei dem ca.65 km Hecken neu gepflanzt wurden, verbessert den Bio-topverbund. Bereits nach einigen Jahren war ein Anstei-gen der Artenvielfalt erkennbar.

© G. Friese

© O. Stöhr

© A. Leitner

© K. Krainer / Arge NATURSCHUTZ© G. Nowotny© M. Jerabek

Page 14: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Was kann ich selbst tun?

Respektiere Deine Grenzen! Störungsfreie Bereiche in der Natur sind für vieleTierarten entscheidend für das Überleben. Bei Ausflügen in die Natur kannman durch das eigene Verhalten dazu beitragen, Wildtiere zu respektieren.

Naturnahe Gärten, zum Teil sogar naturnahe Balkone und begrünte Dächerkönnen für viele Tierarten zu Trittsteinen innerhalb von Siedlungen werden.

Kleingewässer werden von vielen Arten als Lebensraum und Sprungbrett fürdie Ausbreitung genutzt, z. B. von Amphibien, Insekten.

Ökologische Netzwerke sind nichtnur auf internationaler undnationaler Ebene wichtig.

Jede/r einzelne von uns kann dazu beitragen!Sei es durch die Anlage eines naturnahenGartens, eines Gewässers, aber auch durcheinen schonenden Umgang mit den räumlichenRessourcen oder durch ein umweltfreundlichesrespektvolles Verhalten bei Ausflügen in dieNatur.

Die Landwirtschaft, aber auch die Forstwirtschaft haben einen entscheiden-den Einfluss auf die Artenvielfalt. Viele Lebensräume sind erst durch mensch-liche Nutzung entstanden, wie z. B. Almen, Streuwiesen, Niederwälder. Durchmoderne Geräte, andere Arbeitsweisen, zum Teil auch gesetzliche Auflagen(Nitratrichtlinie etc.) sind viele Lebensräume und Arten in Gefahr. Wichtig ist,die Erhaltung der Artenvielfalt und des Biotopverbundes durch Landwirte undForstwirte finanziell zu fördern, wie z. B. durch ÖPUL und Waldumweltmaß-nahmen in Salzburg.

© B. Hinterstoisser

© W

. Sc

hütz

© G

. Fr

iese

© S

LK

© H

. H

inte

rsto

isse

G.

Frie

se

© SLT

© SLT

© F. Kirnstätter© G. Friese

© G. Friese © G. Friese

© G. Friese© G. Friese

Page 15: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

„ECONNECT-Projekt“ fördertalpenweiten Biotopverbund

Die Alpen sind das am inten-sivsten ausgebeutete Ge-birge Europas, gleichzeitig

ist die Biodiversität mit über 30.000Tier- und 13.000 Pflanzenarten vonunschätzbarem Wert. Damit diese

Die großen Schutzgebiete der Alpen bieten den meistenheimischen Tier- und Pflanzenarten keinen vollständigenLebensraum. Damit natürliche Prozesse wie der Austauschzwischen Populationen ungestört ablaufen können, müssenSchutzgebiete mit ihrem gesamten Umfeld gut vernetzt sein.Durch die aktive Mitarbeit am europäischen Zukunftsprojekt„ECONNECT“ werden die beteiligten Schutzgebiete auchihrer alpenweiten Verantwortung gerecht.

! Informationen

Der Nationalpark Hohe Tauern und die Naturparke Südtirolsarbeiten an einer ökologischen Vernetzung mit ihrem Vor-feld und sind dabei auf die Zusammenarbeit mit vielenPartnern angewiesen.

www.econnectproject.eu

Vielfalt erhalten werden kann, müssen Tiere und Pflanzenzwischen verschiedenen Habitaten wandern können –besonders in Zeiten des Klimawandels. Die Schutzgebietesind oft die letzten Rückzugsgebiete für Tiere und Pflanzenund stellen daher wichtige Kernzonen und Knotenpunkteinnerhalb eines alpenweiten ökologischen Verbundes dar.

Für das im Rahmen des EU-Programms „Alpine Space“geförderte Projekt „ECONNECT“ arbeiten insgesamt16 Projektpartner eng zusammen, um ökologische Verbin-dungen in den Alpen zu erhalten und wiederherzustellen.

In der Pilotregion „Berchtesgaden – Salzburg“ (Natio-nalpark Berchtesgaden, Naturpark Weißbach, Biosphären-reservat Berchtesgaden) werden in den nächsten Jahrenerste Maßnahmen zum ökologischen Verbund geplant undumgesetzt werden.

© Nationalpark Berchtesgaden

© H. Hinterstoisser

© Nationalpark Hohe Tauern

Page 16: Artenvielfalt braucht Biotopverbund

Biotopverbund für Neumarkt –Ein Modellprojekt

Das Netzwerk Natur Salzburg, ein Zusammenschlussehrenamtlich tätiger Arten- und Biotopschutzgrup-pen, hat für die Stadtgemeinde Neumarkt am

Wallersee erstmals in Salzburg ein funktionelles und prak-tisch umsetzbares Biotopverbundkonzept auf lokaler Ebeneentworfen.

Insgesamt wurden 16 Biotopverbundachsen und ökolo-gische Vorrangzonen für die Gemeinde Neumarkt abge-grenzt, kartografisch dargestellt und Maßnahmen zu derenErhaltung und Verbesserung ausgearbeitet.

Rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. „ex-lege-Schutz“,Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen nach SNSchG) sowieFörderungsmöglichkeiten (z. B. Salzburger Vertragsnatur-schutz, ÖPUL, Waldumweltmaßnahmen) sollen in dennächsten Jahren die Umsetzung der vorgeschlagenenMaßnahmen ermöglichen.

Ein Biotopverbundkonzept, das wie im Fall von Neu-markt in das Räumliche Entwicklungskonzept (REK) derStadtgemeinde übernommen wurde, kann für Gemein-den zu einem wesentlichen Instrument für die Erhaltungder lokalen Artenvielfalt und somit der Lebensqualitätder Bevölkerung werden.

! Leitfaden für Biotopverbundkonzepte

Zentraler Teil des Biotopverbundkonzeptes für Neumarktsind die Ergebnisse zu den untersuchten Lebensräumenund Arten. Die Ergebnisse und Maßnahmenvorschlägeaus den einzelnen Fachgebieten wurden kombiniert, so-dass sich für die Biotopverbundkorridore und Vorrang-flächen jeweils ein ökologisches Gesamtbild ergibt.

Ein Hauptziel war, aus den gewonnenen Erfahrungeneinen praktikablen Leitfaden für zukünftige Biotop-verbundkonzepte für andere Gemeinden, für denamtlichen Naturschutz und die Raumordnung zu er-arbeiten (erhältlich als Naturschutz-Beitrag 37/10).

Zahlreiche gefährdete und seltene Tier- und Pflanzenartenwurden in Neumarkt nachgewiesen. Um sie langfristig zuerhalten, sind gezielte Arten- und Biotopschutzmaßnahmennotwendig, wie z.B. für die Feuchtwiesen-Prachtnelke, denDunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (siehe Bild), denSteinkrebs oder die einst häufige Feldlerche.

© P. Gros