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Zeitschrift fuumlr digitale Geisteswissenschaften

Artikel ausZeitschrift fuumlr digitale Geisteswissenschaften

TitelEverything is Illuminated Zur Numerischen Analyse von Farbigkeit in Filmen

AutorinNiels-Oliver Walkowski

Kontakt walkowskinowalkowskideInstitution -GND 1023378671 ORCID 0000-0003-3043-3010

AutorinJohannes Pause

Kontakt johannespauseuniluInstitution Universitaumlt Luxemburg Fakultaumlt fuumlr Sprachwissenschaften und LiteraturGeisteswissenschaften Kunst und ErziehungswissenschaftenGND 1068069449

DOI des Artikels10171752018_003

Nachweis im OPAC der Herzog August Bibliothek1024436837

Erstveroumlffentlichung24092018

Lizenz

Sofern nicht anders angegeben

MedienlizenzenMedienrechte liegen bei den Autoren

Letzte Uumlberpruumlfung aller Verweise20092018

GND-VerschlagwortungFilmwissenschaft | Farbmetrik | Zombie |

ZitierweiseNiels-Oliver Walkowski Johannes Pause Everything is Illuminated Zur Numerischen Analyse vonFarbigkeit in Filmen In Zeitschrift fuumlr digitale Geisteswissenschaften Wolfenbuumlttel 2018 PDF Formatohne Paginierung Als texthtml abrufbar unter DOI 10171752018_003

Everything is Illuminated Zur Numerischen Analyse von Farbigkeit in Filmen | ZfdG 2018

Niels-Oliver Walkowski Johannes Pause

Everything is Illuminated Zur Numerischen Analyse von Farbigkeit in Filmen

Abstracts

Der vorliegende Beitrag untersucht mittels einer computergestuumltzten Herangehensweisedie farbliche Gestaltung der Mise-en-scegravene in den drei Zombiefilmen REC 28 Days Later undWorld War Z Ausgehend von einer Evaluation methodischer Probleme gaumlngiger Clusteranalyse-Verfahren zur Farbquantifizierung im Kontext filmwissenschaftlicher Analysen wird eineigenes Verfahren vorgestellt das auf der Farbkontrasttheorie Johannes Ittens aufbaut Ineiner einfachen statistischen Erhebung zweier Kontrastverhaumlltnisse wird am Beispiel dergenannten Filme gezeigt dass dieses Verfahren in der Lage ist unterschiedliche stilistischeMerkmale der filmischen Farbgestaltung aufzuzeigen Die Analyse der drei Werke macht zudemdeutlich dass Akzentuierungen innerhalb farblicher Kontrastverhaumlltnisse hier jeweils andereFunktionen erfuumlllen Sie koumlnnen die narrative Struktur des Films markieren bestimmte Motivehervorheben oder die aumlsthetische Dimension des Films gerade als autonome Sphaumlre kenntlichwerden lassen

The article analyses the composition of colour in the mise-en-scegravene of the zombie-moviesREC 28 Days Later and World War Z via a computer based approach It first evaluates someof the methodological problems of common colour-quantisation by using clustering-algorithmsin the context of film studies then a new developed process is presented which builds onthe theory of colour contrasts by Johannes Itten A simple statistical analysis of two contrastratios for each of the movies demonstrates that this approach is capable of providing detailedinsights into the composition of colour in movies in general Furthermore the analysis ofthe three movies reveals that the accentuation of colour contrast relations serves differentfunctions colours can support the narrative structure of the movie emphasize repeatingmotifs or establish an autonomous aesthetic space

1 Einleitung und Forschungsstand

Die Farben des Films so schrieb die Romanistin Wendy Everett 2007 im Vorwort zu einemder wenigen diesem Thema gewidmeten Sammelbaumlnde seien innerhalb der Filmtheorie soetwas wie raquothe last great wilderness the one remaining area yet to be explored mappedand chartedlaquo1 Diese Einschaumltzung hat bis heute Guumlltigkeit auch wenn inzwischen einigeneue filmwissenschaftliche Ansaumltze vorliegen die sich den unterschiedlichen Aspektenvon Farbigkeit unter anderem mit Hilfe numerischer Verfahren naumlhern Wie im Folgendenerlaumlutert wird sieht sich jede Berechnung von Farbigkeit dabei einer Reihe von Problemengegenuumlber die aus der Komplexitaumlt des Gegenstands selbst resultieren Im Kontrast zuihrer selbstverstaumlndlichen Gegebenheit im Alltag werden Farben denjenigen schnell zumphilosophischen Raumltsel die sich wissenschaftlich mit ihnen beschaumlftigen Zudem sind dieEinsatzmoumlglichkeiten und Funktionen von Farben in der Kunst und vor allem im Spielfilm sofacettenreich wie schwer zu systematisieren

1 Everett 2007 S 7


In Abschnitt 1-3 dieses Aufsatzes werden einige dieser Probleme eroumlrtert zudem wird einZugriff vorgeschlagen der numerische und hermeneutische Verfahren miteinander verbindetEine Weiterentwicklung dieses Ansatzes in Richtung einer Untersuchung groszliger Korporaist angelegt wird aber nicht als notwendig begriffen Auch im Rahmen einer Interpretationeinzelner Werke und mithin der Filmanalyse die neben der Filmgeschichte und der Filmtheorieals eine der drei Saumlulen filmwissenschaftlicher Arbeit gilt koumlnnen computergestuumltzteAnalyseverfahren - so die hier vertretene These - einen Mehrwert darstellen machen sie dochaumlsthetische Elemente eines filmischen Werkes sichtbar die ansonsten unbemerkt bleibenwuumlrden Um diesen Mehrwert kenntlich zu machen werden in Abschnitt 4 des Aufsatzesdrei Filme vergleichend untersucht in denen Farbe auf ersten Blick als ein aumlsthetischesGestaltungsmittel unter vielen erscheint Die Interpretationen zielen dabei selbst nicht inerster Linie auf eine Deutung der Farben vielmehr werden moumlgliche politische Lesarten derFilme angedeutet die jedoch wie gezeigt wird durch die computergestuumltzte Analyse deraumlsthetischen Programme der Filme jeweils untermauert werden koumlnnen Das entwickelteVerfahren bietet daher nicht nur einen Ansatz fuumlr eine numerische Untersuchung vonFarbigkeit im Film an sondern zeigt auch exemplarisch auf wie Verfahren der digitalenFilmwissenschaft als Instrumente filmanalytischer Arbeit eingesetzt werden koumlnnen

11 Farben in der Filmtheorie

In der Filmwissenschaft ist Farben uumlber lange Zeit mit Skepsis begegnet worden DieAuseinandersetzung der fruumlhen Filmtheorie mit den aumlsthetischen Moumlglichkeiten des Farbfilmswar zunaumlchst von einem grundsaumltzlichen Misstrauen in dessen Kunstfaumlhigkeit wenn nichtgar von einer regelrechten raquoChromophobielaquo2 gekennzeichnet Zentral war fuumlr Denker wieKracauer Balasz oder Arnheim dabei die Frage nach dem Realitaumltseindruck des Films derje nach Argumentation durch den Einsatz von Farben entweder ndash wie bei Arnheim ndash als zustark betont oder ndash wie bei Kracauer ndash als zu stark gefaumlhrdet angesehen wurde3 Auch inder Filmwissenschaft der Gegenwart gelten die Farben des Films weiterhin als DesideratVerhaumlltnismaumlszligig umfangreich ist inzwischen die filmhistorische Forschung zu unterschiedlichenFarbfilmsystemen4 sowie zur Komplexitaumlt der vielfaumlltigen produktionsbedingten Aspekte diendash vom Filmmaterial uumlber die Farbigkeit der Gegenstaumlnde bis hin zum Licht und zur digitalenPostproduktion ndash auf das Erscheinungsbild der Farben Einfluss nehmen5 Doch nicht nur dieProduktion auch die Wahrnehmung von Farben stellt ein theoretisch kaum fassbares Feld dar6

spielen in ihr doch Auffuumlhrungsbedingungen Traumlgermedium physiologische Gegebenheitenund kulturell-historische Praumlgungen zusammen7

Wird in der Filmwissenschaft den sowohl auf Produktions- wie auch auf Rezeptionsseiteverorteten theoretischen Huumlrden8 zum Trotz gleichwohl eine Analyse von Farbigkeit

2 Batchelor 20003Vgl zusammenfassend Beil et al 2016 S 484Vgl etwa Fluumlckiger 2017 Cherchi Usai 2000 Brown et al 20135 Brinckmann 2001 Misek 20106Vgl Marschall 2005 S 26ndash307zur kulturellen Varianz von Farbbedeutungen vgl Coates 20108Vgl auch Fluumlckiger 2011 S 56


vorgenommen ist zumeist von Filmen die Rede die durch besonders auffaumllligeFarbsemantiken hervorstechen Etwa von den farbdramaturgisch geradezu uumlberbewusstenWerken Hitchcocks wie Vertigo oder Marnie in dem die titelgebende Protagonistin an einertraumatisch bedingten Abneigung gegen die Farbe Rot leidet9 Susanne Marschall beginntihre grundlegende Abhandlung zur Farbe im Kino mit in dieser Hinsicht paradigmatischenBeispielen aus dem zeitgenoumlssischen asiatischen Film in denen bestimmte Farben jeweils somassiv in den Vordergrund treten dass die Handlung geradezu bedeutungslos wird10 Einederartige Autonomie von Farben gilt vielen Interpreten als Anzeichen der Modernitaumlt einesFilms hatte doch auch die Malerei der klassischen Moderne die Farbe aus ihrer Bindungan Gegenstaumlnde und realistische Darstellungskonventionen befreit11 Besonders EdwardBranigans Untersuchung zu Godards Farbsystem ist in dieser Hinsicht wegweisend da sienicht nur das Zusammenspiel verschiedener Farben sondern auch das Zusammenwirkenunterschiedlicher Aspekte von Farbigkeit ndash Farbwert Helligkeit und Saumlttigung ndash erlaumlutert umGodards modernistische Verfremdung als realistisch geltender Einsatzformen von Farbe sogenau wie moumlglich fassen zu koumlnnen12 Farbe kann das Narrativ eines Films ferner regelrechtkonterkarieren und so zu einer raquoalternative vision of historylaquo beitragen13

Stellen die genannten Analysen besonders kalkulierte Einsatzformen von Farbe in denFokus sollen im Rahmen der hier vorgeschlagenen numerischen Analyse von Farbigkeitgenau solche Farbdramaturgien der interpretativen Arbeit zugefuumlhrt werden welcheeiner klassischen filmanalytischen Perspektive mutmaszliglich entgehen wuumlrden Farbewird ndash mit Hans Juumlrgen Wulff ndash nicht allein als Mittel eindeutiger rsaquoSignifikationlsaquo oder alsMedium modernistischer Kunstautonomie verstanden sondern als grundlegender darsaquonicht substituierbarerlsaquo Aspekt der aumlsthetischen Gestaltung jedes Farbfilms Dieser istnotwendigenfalls auch dort Teil aumlsthetischer Kalkuumlle sowie filmischer Bedeutungsproduktionwo er nicht augenfaumlllig in den Vordergrund tritt raquoFarbigkeitlaquo ist raquoeine elementare Gegebenheitdes filmischen Abbildenslaquo raquoweil die Farbigkeit der Dinge essentielles Merkmal derWahrnehmungswelt istlaquo14 Wie zu zeigen sein wird setzen filmische Werke Farben dabeisehr unterschiedlich ein So koumlnnen etwa motivische oder dramaturgische Funktionen inden Vordergrund treten die sich jeweils mit umfassenderen aumlsthetischen Programmatikenin Verbindung bringen lassen Diese werden im Folgenden durch eine Bezugnahme auf diepragmatische Farbtheorie Johannes Ittens um eine zusaumltzliche Differenzierung ergaumlnzt dieeine prozessualisierbare sowie mit semantischen Traditionen verbundene Differenzierung derunterschiedlichen Aspekte von Farbigkeit zulaumlsst15

12 Farben in der digitalen Filmwissenschaft

9Vgl Allen 2006 Marschall 2005 S 140ndash16610 Marschall 200511 Egner 2003 Coates 2010 vgl Derrida 200812 Branigan 200613 Burgoyne 2014 S 9614 Wulff 1988 S 2 (PDF)15Vgl Itten 1987


Im Vergleich zu anderen Disziplinen sind computergestuumltzte Analysemethoden in denFilmwissenschaften bisher eher wenig verbreitet Erste Versuche einer Bestandsaufnahmefinden sich bei Christian-Gosvig Olesen16 und Patrick Vonderau 17 Viele jener Projektedie Farbstrukturen -muster und -dynamiken von Filmen auf numerische Art und Weisezu untersuchen versuchen entstammen dabei anderen Forschungsfeldern als denFilmwissenschaften Zu nennen sind hier unter anderem Brodbecks Cinemetrics18 BakersSpectrum 19 sowie die Projekte MovieBarcodes 20 Movieanalyzer 21 und das Informationssystemfuumlr die Analyse von Farbverteilungen in MovieBarcodes 22 die in den Bereichen Grafikdesignund Medieninformatik operieren Den ersten Beitraumlgen ist ihre generelle Herangehensweisegemein sowohl bzgl der Methodik der Analyse als auch der Repraumlsentation der ErgebnisseAlle teilen den zu untersuchenden Film zunaumlchst in eine Serie von Einzelframes auf wobei dieFrequenz in der diese Frames aus dem Film extrahiert werden jeweils variiert Es folgt eineVereinfachung der Farbkomplexitaumlt jedes Frames Diese Vereinfachung kann mittels einerlinearen Sortierung aller im Frame vorhandenen Pixel nach Farbwerten (MovieBarcodes) durchdie Berechnung eines farblichen Mittelwerts pro Frame (Baker) oder durch die Generierungeiner reduzierten Farbpalette eines Frames (Brodback und Burghardt) erfolgen Die Ergebnissedieser Vereinfachung werden zumeist als Aneinanderreihung von Balken visualisiert (Abbildung1) in der jeder Balken einen verarbeiteten Frame darstellt wobei die Zeitachse von links nachrechts verlaumluft

Abb 1 Farbprofil eines Films berechnet durch Movieanalyzer von Manuel Burghardt Screenshot aus The

Lion King (USA 1994 R Roger Allers Rob Minkoff)

Eine Verwendung dieser Ergebnisse im Rahmen filmwissenschaftlicher Fragestellungen istbisher nicht erfolgt Vielmehr stehen die Veroumlffentlichung und Vermarktung der generiertenVisualisierungen bzw das Ausprobieren von Moumlglichkeiten der Ergebnispraumlsentation imVordergrund

Dieser Gruppe von Aktivitaumlten gegenuumlber steht das Projekt ImagePlot aus demUmfeld des Medienwissenschaftlers Lev Manovich23 Das auf dem wissenschaftlichenBildverarbeitungsprogramm ImageJ 24 aufbauende Tool ermoumlglicht es unter anderem Frameseines Films anhand spezifischer Farbeigenschaften in einem Koordinatensystem darstellen

16 Olesen 201717 Vonderau 201718 Brodbeck 201119 Baker 201520 MovieBarcode 201121 Burghardt et al 201622 Burghardt et al 201723 Manovich et al 201224 ImageJ


zu lassen Ein von Manovich haumlufig hervorgehobener Unterschied zu den oben genanntenAnsaumltzen ist die Beibehaltung des Filmbildes in der Visualisierung Zudem ist fuumlr ImagePlot

auch eine filmwissenschaftliche Verwendung dokumentierbar Zum einen wird es vonManovich selbst in angegliederten Forschungsaktivitaumlten wie Visualizing Vertov 25 eingesetztZum anderen wurde es aber auch von nicht mit ImagePlot assoziierten Projekten wie Mapping

Desmet 26 adaptiert

Ein weiteres Projekt welches sich intensiver mit der numerischen Analyse von Farblichkeitin Filmen beschaumlftigt hat ist das ACTION Projekt27 welches zwischen 2011 und 2013durchgefuumlhrt wurde Das ACTION Toolkit 28 eine auf Python basierende Bibliothek zur Analyseunterschiedlicher filmischer Modalitaumlten wie Schnitt Ton und Farbe unterteilt Frames inacht Bildbereiche und berechnet fuumlr jeden Bereich ein Histogramm fuumlr Hell-Dunkel-Kontrasteund Spektralfarbwerte Mittels Distanzberechnungen zwischen den Frames eines Filmsaber auch zwischen ganzen Filmen werden die farblichen Aumlhnlichkeiten ermittelt und aufHeatmaps veranschaulicht (Abbildung 2) Das Tool wird in zwei Anwendungsfaumlllen fuumlr dieDistanzmatrix mittlerer Distanzen von Farbhistogrammen der Filme Alfred Hitchcocks sowie fuumlrdie automatische Zuordnung von Filmen und Regisseuren verwendet Es kommt damit demwas in anderen Disziplinen mit dem Begriff Stylometrie bezeichnet wird am naumlchsten

Abb 2 Distanzmatrix mittlerer Distanzen von Farbhistogrammen der Filme Alfred Hitchcocks im ACTION

Toolkit

Neben der bereits erwaumlhnten Arbeit von Burghardt sowie den in diesem Aufsatzvorgestellten Ergebnissen stellt das ebenfalls schon genannte Projekt von Barbara Fluumlckigereine der ansonsten eher uumlberschaubaren Aktivitaumlten numerischer Analyse von Farbe in einemfilmwissenschaftlichen Kontext aus dem deutschsprachigen Raum dar Eines der Ziele desProjektes besteht in der Entwicklung von computergestuumltzten Verfahren der Filmanalysedoch befassen sich die bislang veroumlffentlichten Ergebnisse vornehmlich mit Fragen der

25 Manovich 201326 Olesen et al 2016a Olesen et al 2016b27 ACTION Founded Projekt Query 201128 ACTION Toolbox 2014


Filmgeschichte Hinsichtlich der konkreten Analyse einzelner Werke lassen sie noch keineRuumlckschluumlsse auf die zugrundeliegende numerisch-methodische Herangehensweise zuAndere Ansaumltze fuumlr computergestuumltzte Analysemethoden in den Filmwissenschaften wurdenin Einzelbeitraumlgen der beiden Jahrestagungen 201629 und 201730 des deutschsprachigenVerbandes der Digital Humanities (DHd) vorgeschlagen Fruumlhere Untersuchungen im Kontexteines oumlsterreichischen Forschungsprojekts zum russischen Formalismus beschaumlftigten sichmit der numerischen Analyse von Kamerabewegungen31 Im April 2017 formierte sich eineeigenstaumlndige Arbeitsgruppe Film und Video innerhalb der DHd32 Umgekehrt wurde das Themarsaquodigitale Methodenlsaquo als ein eigenstaumlndiger von drei Bloumlcken auf dem zweiten Workshop derArbeitsgruppe Filmwissenschaft der Gesellschaft fuumlr Medienwissenschaften positioniert33

2 Eine qualitative Begutachtung derBrauchbarkeit verschiedener Clusteringverfahren

in der filmwissenschaftlichen Farbanalyse

Viele der genannten Ansaumltze aumlhneln sich darin dass sie mit der Methodesogenannter Clusteranalysen arbeiten ndash in den meisten Faumlllen dem K-Means AlgorithmusClusteranalysen sind im Bereich der numerischen Bildverarbeitung generell34 sowie in derfilmwissenschaftlichen Bildverarbeitung jenseits der Analyse von Farben weit verbreitet35 Diezentrale Bedeutung von Clusteranalysen bei der Untersuchung von Farbmustern in Filmen wirdauch in der systematischen Evaluation des Feldes durch Stutz36 betont

Die Aufgabe von Clusteranalysen ist es sich aumlhnelnde Daten innerhalb von Datensaumltzenautomatisiert in Gruppen zu unterteilen Auf diese Weise entsteht ein Datensatz mitFarbwertbestimmungen der einen Frame eines Films oder eine Sequenz von Frames inMengen sich aumlhnelnder Farbwerte gruppiert die Cluster genannt werden Ein konkretesVerfahren der Herstellung dieser Cluster ist ein Clusteringalgorithmus Aufgrund derzentralen Stellung von Clusteranalysen bei der Untersuchung von Farbmustern begann dievorliegende Analyse mit dem Versuch Clusteringalgorithmen fuumlr die filmwissenschaftlicheFarbanalyse einzusetzen Die Adaption des in diesem Kontext am haumlufigsten benutzten K-

Means-Algorithmus verdeutlichte jedoch fruumlh eine Reihe von Schwierigkeiten die zunaumlchstzu einem Austesten anderer Clusteringalgorithmen fuumlhrten und schlussendlich einen neuenAnsatz entstehen lieszligen der von einer Clusteranalyse generell Abstand nimmt Die Problemedes Clusterings die aufgrund der weiten Verbreitung dieser Methode im Folgenden kurzresuumlmiert werden sollen verweisen auf die unterschiedlichen Moumlglichkeiten Farbe zudefinieren und im Rahmen einer numerischen Analyse zu erfassen Die Ordnungsdispositive

29 DHd2016 Modellierung ndash Vernetzung ndash Visualisierung Die Digital Humanities als faumlcheruumlbergreifendesForschungsparadigma 30 August 201730 DHd2017 Digitale Nachhaltigkeit 30 August 201731 Zeppelzauer et al 201132 DHd AG Film und Video DHd 201433New Film History - und dann Workshop der AG Filmwissenschaft am Institut fuumlr Medienwissenschaft 19April 201734 Camastra Vinciarelli 2008 Szeliski 201135 Zeeshan et al 2005 Baxter 201436 Stutz 2016


verschiedener Clusteranalysen sind dabei bereits im Bereich des maschinellen Lernens zudem sie gehoumlren sowie auf viele Probleme im Kontext computergestuumltzter Bildverarbeitungangewendet worden37 Eine Illustration dessen was diese Dispositive aus der Perspektive derFilmwissenschaften bedeuten steht hingegen noch aus

21 K-Means

K-Means ist ein sogenannter Vektorquantifizierungsalgorithmus der auch fuumlr dieClusteranalyse eingesetzt wird Gruumlnde fuumlr seine groszlige Beliebtheit sind vorwiegend einegute Performanz und seine einfache Anwendbarkeit38 Er ist auszligerdem in vielen Bibliothekendes maschinellen Lernens und der computergestuumltzten Bildverarbeitung wie OpenCV39 implementiert Die abstrakte Funktionsweise des Algorithmus sieht eine anfaumlnglichzufaumlllige Setzung von zunaumlchst fiktiven sogenannten Clustermittelpunkten vor derenAnzahl vor dem Start der Analyse manuell festgelegt werden muss und die der Anzahlder gewuumlnschten Ergebniscluster entspricht Diese Zahl wird mit k bezeichnet und gibtdem Verfahren seinen Namen Danach werden unter Verwendung eines Distanzmaszliges(euklidische Distanz) alle Datenpunkte dem ihnen am naumlchsten liegenden Clustermittelpunktzugeordnet Im Falle der Farbanalyse handelt es sich bei diesen Datenpunkten um dieBildpixel die als Farbwerte repraumlsentiert werden Die Zuordnung erlaubt es nun denClustermittelpunkt innerhalb der ihm zugeordneten Datenpunkte neu zu berechnen alsoden durchschnittlichen Farbwert innerhalb einer Gruppierung zu bestimmen Nach derNeuberechnung der Clustermittelpunkte werden nun wieder die Distanzen der Datenpunktezu allen Clustermittelpunkten berechnet Datenpunkte die nach der Neuberechnung desMittelpunktes einem anderen Clustermittelpunkt naumlher liegen als jenem zu dem sie bei derersten Berechnung gehoumlrten wechseln die Clusterzugehoumlrigkeit Der Prozess iteriert so langebis alle Datenpunkte dem Cluster zugeordnet sind dessen Mittelpunkt ihnen am naumlchstenliegt sodass eine Neuberechnung nichts mehr an der Zuordnung aumlndert

Einige der Schwierigkeiten von K-Means im filmwissenschaftlichen Kontext leitensich aus der Beschreibung seiner Funktionsweise ab andere hingegen scheinen nichtunmittelbar evident Zunaumlchst bedeutet die Tatsache dass die Anzahl der Ergebniscluster imVorfeld festgelegt werden muss dass der Wechsel zwischen hoher oder geringer farblicherKomplexitaumlt in der Analyse nicht ausreichend beruumlcksichtigt werden kann In farblich wenigerkomplexen Sequenzen koumlnnen etwa mehrere Ergebniscluster optisch aumlhnliche Farbenenthalten waumlhrend in farblich komplexeren Sequenzen unterschiedliche Farben in einemCluster rsaquovermischtrsaquo werden Der Effekt einer solchen Farbvermischung laumlsst sich in Abbildung 3gut nachvollziehen in der das Rot des Dachs sich mit dem Braun der Polizeiuniform verbindetund das Gruumln des Baums kaum zutage tritt

Ein anderes Problem resultiert aus der zufaumllligen Setzung der Clustermittelpunkte Diesefuumlhrt zu leicht variierenden Endergebnissen wenn K-Means mehrfach auf dasselbe Bild

37Vgl Aggarwal Reddy 201438 Bradski Kaehler 201139 OpenCV 30 August 2017


angewendet wird Auch wenn die Abweichungen mathematisch gesehen gering sind erweisensich diese Differenzen im Farbeindruck in einzelnen Faumlllen als signifikant Die Varianz imBereich zwischen drei und sieben Ergebnisclustern erwies sich in den Experimenten dabei alsbesonders groszlig Da bisherige Anwendungen von K-Means im filmwissenschaftlichen Kontextin der Regel mit houmlchstens sieben Ergebnisclustern operieren erweisen sich die Ergebnisse invielen Faumlllen als ungenau

Abb 3 Clusteranalysen eines Frames aus The Walking Dead (USA 2010-) Zitiert nach DVD The Walking

Dead Die komplette erste Staffel (WVG Medien GmbH 31 Mai 2013)

Durch die mehrmalige Anwendung von K-Means auf dasselbe Bild und denSilhouettenkoeffizienten laumlsst sich dieser Problematik entgegenwirken Der Silhouettenkoeffizient

ist ein Algorithmus der die Qualitaumlt eines oder mehrerer Cluster automatisch bewertbarmachen soll40 Auf diese Weise koumlnnen zum Beispiel Clusteranalysen mit variierenderErgebnisclusteranzahl miteinander verglichen werden (Abbildung 3) um so die fuumlr ein Bildpassende Anzahl maschinell zu bestimmen Im abgebildeten Beispiel fuumlhrt eine solcheBewertung jedoch zu dem Ergebnis dass zwei Cluster das beste Ergebnis liefern was sich nichtmit dem optischen Eindruck deckt

Ein weiteres Problem besteht darin dass K-Means eine Tendenz zur Bildung moumlglichstgleich groszliger Cluster besitzt und die Setzung des Clustermittelpunktes stark auf sogenannteAusreiszliger reagiert also Datenpunkte die deutlich von der Mehrheit der beruumlcksichtigtenDatenpunkte abweichen Fuumlr die Farbanalyse heiszligt dies dass K-Means dominante Farben alsoFarben mit hohem Bildanteil gegenuumlber Farbunterschieden uumlbergewichtet Hierdurch gehenschnell filmwissenschaftlich signifikante Farbaspekte verloren wie sich in den vier Farbclusternzu Schindlerrsquos List (Abbildung 4) eindruumlcklich zeigt

40 Zhou Gao 2014


Abb 4 Ergebnisse einer Clusteranalyse eines Frames aus Schindlerrsquos List (USA 1993 R Steven Spielberg)

Zitiert nach DVD Schindlers Liste (Universal Pictures Germany 21 Oktober 2004)

22 DBSCAN

DBSCAN der zweite Algorithmus der in dieser Studie getestet worden ist gehoumlrt derGruppe sogenannter dichtebasierter Clusteringalgorithmen an Diese Gruppe arbeitet auf derGrundlage der Annahme dass sich Cluster innerhalb eines Datenraums mit einer bestimmtenMenge an Datenpunkten dadurch auszeichnen dass in ihnen der Abstand zwischenDatenpunkten geringer ist als dies auszligerhalb von Clustern der Fall ist Ein signifikanterUnterschied zu K-Means besteht mithin in der Zielsetzung des Verfahrens DBSCAN geht esdarum innerhalb einer Datenmenge Cluster zu identifizieren und zu isolieren Das bedeutetdass nicht alle Datenpunkte am Ende Teil eines Clusters sind Ebenso muss die Anzahl derErgebniscluster im Vorfeld nicht festgelegt werden

DBSCAN wird durch zwei wesentliche Parameter gesteuert epsilon und MinPts Epsilon

bestimmt den Radius innerhalb dessen die Dichte um einen Datenpunkt berechnet wirdwaumlhrend MinPts die Anzahl von Datenpunkten innerhalb des Radius epsilon definiertAbbildung 5 zeigt durch unguumlnstig gesetzte Werte fuumlr epsilon und MinPts welche Nachteilediese Strategie im Kontext filmwissenschaftlicher Farbanalyse aufweist Das groumlszligte Cluster(Spalte zwei von links) ist nicht wirklich ein Cluster sondern enthaumllt die nicht beruumlcksichtigtenAusreiszliger Diese veraumlndern zwar nicht mehr ndash wie noch bei K-Means ndash die Clusterergebnissein ungewuumlnschter Weise machen aber in Abgrenzung zu den Clustern zwei bis elf deutlichdass das Ergebnis nicht die angestrebte reduzierte Farbpalette der Kernfarben des Framesist Cluster sind hier entsprechend der gewaumlhlten Strategie farbliche Bildbereiche mit geringerfarblicher Varianz Auch konnte im Rahmen der Untersuchung keine Parametrisierunggefunden werden welche die Auswirkungen dieser Tendenzen fuumlr eine Analyse von Farbigkeitbegrenzen konnte

Abb 5 Clusteranalyse des in Abbildung 3 gezeigten Frames mit DBSCAN

23 Agglomeratives Clustering

Im letzten Versuch die Farbstruktur eines Frames innerhalb einer Clusteranalysezu repraumlsentieren wurde auf das Verfahren des agglomerativen oder hierarchischenClusterings zuruumlckgegriffen In der hierarchisch-agglomerativen Clusteranalyse wird


zunaumlchst jeder einzelne Bildpunkt als eigenstaumlndiges Cluster behandelt Es gibt demnachanfangs genauso viele Bildpunkte wie Cluster Der Algorithmus vergleicht nun anhand einesDistanzmaszliges welche zwei Cluster mdash am Anfang zwei Bildpunkte mdash von allen Clusternam dichtesten zusammenliegen Diese beiden Cluster werden dann in einem neuenCluster zusammengefasst Im zweiten Schritt wird erneut berechnet welches die zweiCluster mit der geringsten Distanz zueinander sind Besteht ein Cluster aus mehr als einemBildpunkt was im zweiten Schritt unweigerlich der Fall ist bedarf es eines sogenanntenFusionierungsalgorithmusrsquo der die Bildpunkte der Cluster jeweils zusammenfasst undmiteinander ins Verhaumlltnis setzt

Jeder Schritt reduziert in einem agglomerativen Prozess mithin die Anzahl der Cluster DerProzess endet sobald alle Cluster zu einem einzigen zusammengefasst sind Das Ergebnis isteine Baumstruktur die den Prozess des Zusammenfassens modelliert und als Dendogramm

visualisierbar macht (Abbildung 6) Jede vertikale Linie stellt dabei ein Cluster dar welchesaus den ihm linksseitig verbundenen Clustern zusammengefasst wurde Die Laumlnge derVertikalen repraumlsentiert die numerische Distanz der Cluster die sich wie zuvor aus demverwendeten Fusionierungsalgorithmus errechnet Die horizontale Achse indexiert die Anzahlder Ausgangscluster mdash hier Bildpunkte mdash die in einem Cluster vereinigt sind

Abb 6 Dendogramm fuumlr eine agglomerative Clusteranalyse des in Abbildung 3 verwendeten Frames

Die Flexibilitaumlt der hierarchischen Clusteranalyse besteht darin dass sich das Ergebnisauf eine gewuumlnschte Clusteranzahl oder einen maximalen Distanzwert hin den es nichtzu uumlberschreiten gilt spezifizieren laumlsst Eine Abfrage kann also alle Cluster ausgeben dieam naumlchsten an einem spezifischen Distanzwert liegen ohne ihn uumlberschritten zu habenDamit kann die Separiertheit zum alleinigen Kriterium einer Clusteranalyse werden Fuumlr einefilmwissenschaftliche Analyse von Farben erscheint die agglomerative Clusteranalyse ndash aumlhnlichwie DBSCAN ndash deshalb sinnvoll weil sie eine staumlrkere Einflussnahme darauf und eine bessereReproduzierbarkeit davon verspricht was als dominante Farbe zu verstehen ist Insbesonderedie Moumlglichkeit allein die Distanz der Ergebniscluster ndash ohne Beruumlcksichtigung ihrer Groumlszlige ndashzur Grundlage der Berechnung einer dominanten Farbe zu machen ist vor dem Hintergrundder Farbvermengungen in den beiden anderen Clusteranalyseverfahren ein entscheidenderVorteil Ihr Nachteil fuumlr die filmwissenschaftliche Untersuchung von Farbstrukturen wirdjedoch bereits an der Beschriftung der vertikalen Achse deutlich Im Gegensatz zu K-Means

und DBSCAN ist agglomeratives Clustering sehr rechenintensiv da die Distanz zwischen


allen Clustern bestimmt werden muss Die Berechnung eines Frames mit einer Anzahl von41472 Bildpunkten benoumltigte auf dem verwendeten Referenzrechner sieben Minuten und 15Sekunden Im Vergleich dazu konnte K-Means die Clusteranalyse nach 21 Sekunden beenden

Tatsaumlchlich wird eine agglomerative Clusteranalyse im Kontext computergestuumltztergeisteswissenschaftlicher Forschungsprozesse eher fuumlr Projekte mit einer geringeren Zahl anAusgangsclustern verwendet So gibt Baxter ein Beispiel fuumlr das agglomerative Clustern vonFilmen anhand von Schnittlaumlngen im Kontext des Cinemetrics-Projekts41 Duntze verwendet dieagglomerative Clusteranalyse um die Genealogie von Drucktypen in der Inkunabelforschungzu reproduzieren42 Im vorliegenden Anwendungsfall erweist sich die immense Zahl anAusgangsclustern jedoch nicht nur als Effizienzproblem Sie verhindert auch eine genauereBerechnung von Clustern entlang eines spezifischen Distanzwertes da sie mit einem Bug inder verwendeten Implementierung von SciPy inferierte dessen Auftreten mit einer hohenAusgangsclusterzahl wahrscheinlicher wird43 Zweifelsohne waumlre es moumlglich gewesen aufeine andere Implementierung eines agglomerativen Clusteringalgorithmus zuruumlckzugreifenJedoch haumltte dies nichts an dem signifikanten Performanzproblem geaumlndert welches im Falleder Analyse mehrerer Filme auch bei herunterskalierter Bildaufloumlsung kaum zu bewaumlltigengewesen waumlre44 Eine andere Alternative waumlre die Reduktion der zu clusternden Datenpunktevor Beginn der Clusteranalyse gewesen Hierzu haumltten aumlhnlich wie im ACTION-Projekt dieFrames gerastert oder mittels sogenannter Superpixel innerhalb groumlszligerer Segmente ermitteltwerden koumlnnen In Abschnitt 3 wird erlaumlutert warum dieser Weg nicht weiter verfolgt wurdeund weshalb die zuvor geschilderten Probleme letztlich dazu fuumlhrten dass im Rahmen diesesProjektes auf den Einsatz von Clusteringverfahren verzichtet wurde

24 Farbquantifizierung und Farbmodelle

Numerisch wird Farbe als Koordinate in der Regel in einem dreidimensionalen Raumdargestellt Die Dimensionen dieses Raums beziehen sich auf verschiedene Eigenschaften vonFarbe zum Beispiel deren Rot- Gruumln- und Blauanteil Welche Eigenschaften fuumlr die numerischeRepraumlsentation genutzt werden haumlngt vom verwendeten Farbmodell ab Die Anzahl dieserFarbmodelle ist schon deshalb unuumlberschaubar weil Farbe laut Fairchild kein Objekt istsondern ein Prozess raquothat exists in the environment and the mind of the observerlaquo45 Nichtrsaquowas Farbe istrsaquo sondern rsaquowarum Farbe istrsaquo sei nach Fairchild daher die Frage

Dieses rsaquoWarumrsaquo lenkt die Aufmerksamkeit auf die vielfaumlltigen Rezeptionskontextein denen von Farbe gesprochen wird und die auch die Existenz der unterschiedlichenFarbmodelle begruumlnden So korrespondiert eine Reihe dieser Modelle mit spezifischenProduktionstechnologien fuumlr die Herstellung von Farbeindruumlcken Der genannte Farbraum

41 Baxter 201442 Duntze 201543Der Bug ist dokumentiert unter ValueError Linkage rsaquoZlsaquo uses the same cluster more than once thrown whenclustering Er wurde inzwischen behoben und liegt in der aktuellen SciPy Version nicht mehr vor44So haumltte allein der weiter unten besprochene Film World War Z mit 116 Minuten Spielzeit bei einerBerechnung jeden fuumlnfundzwanzigsten Frames 841 Stunden fuumlr eine komplette Clusteranalyse benoumltigt45 Fairchild 2013 S 57f


mit den Dimensionen Rot Gruumln und Blau (RGB) geht zum Beispiel auf erste Versuche einerstandardisierten Farbindexierung durch die Commission internationale de lrsquoeacuteclairage (CIE) inden 1920er-Jahren zuruumlck Diese verwendete in ihrem Versuchsaufbau drei Lampen in dengenannten Farben deren Farbintensitaumlt jeweils regulierbar war Im sogenannten additivenVerfahren sollten so alle vom Menschen wahrnehmbaren Farben herstellbar werden46 Nichtzuletzt ist die Geschichte der Entwicklung tragfaumlhiger Farbfilmverfahren selbst angefangenEnde des 19 Jahrhunderts mit William Friese-Greene bis hin zu Technicolor Nr 3 (1929)einer der eindruumlcklichsten Kontexte fuumlr dieses Verhaumlltnis von Farbkonzeptualisierung undtechnischer Apparatur47 Andere Modelle sind Transformationen von Farbmodellen zumBeispiel mit dem Ziel die Farbindexierung verstaumlndlicher zu halten So ist der HSV-Farbraumlediglich eine Transformation des RGB-Farbraums

Abb 7 Raumlumliche Verteilung der Farbwerte des Frames aus Abbildung 3 im RGB- und im HSV-Farbmodell

Die Bedeutung unterschiedlicher Farbmodelle im Kontext einer clusterbasiertenFarbanalyse liegt auf der Hand Je nach verwendetem Farbmodell besitzt ein Farbwertbeziehungsweise Bildpunkt eine andere Koordinate im zugehoumlrigen Farbraum Da es sichbei der Clusteranalyse um ein Verfahren handelt welches Farbwerte anhand von Naumlheund Entfernung innerhalb des jeweiligen Farbraums gruppiert faumlllt diese Gruppierungund damit auch der Farbwert eines Clusters in jedem Farbraum unterschiedlich ausAbbildung 7 verdeutlicht diese Unterschiede indem sie alle Bildpunkte eines Frames ausThe Walking Dead im RGB-Farbraum einer Abbildung im HSV-Farbraum gegenuumlberstelltDa die Abstandsunterschiede vor dem Hintergrund unterschiedlicher Farbmodelleselbst systematisch sind laumlsst sich abschlieszligend festhalten dass jedes Farbmodell imZusammenhang mit einer Clusteranalyse bestimmte Farbphaumlnomene herausstellt oder in denHintergrund treten laumlsst

25 Farbwahrnehmung

Die Komplexitaumlt der Bestimmung dominanter Farben zum Zweck derfilmwissenschaftlichen Analyse ist jedoch nicht nur eine Folge unterschiedlicherFarbrepraumlsentationen und Berechnungsverfahren Sie ist genauso durch eine Reihe vonFaktoren der Farbwahrnehmung gepraumlgt Der bekannteste ist die sogenannte chromatische

Adaption Die Wahrnehmung von Farben veraumlndert sich in Abhaumlngigkeit zur Wellenstruktur des

46 Davis 201747 Cherchi Usai 2000 S 21ff


hellsten Lichtimpulses innerhalb der wahrgenommenen Umgebung Die Liste entsprechenderPhaumlnomene ist offen eine Auswahl in Fairchilds rsaquoColor Appearance Modelsrsaquo umfasst bereitszwoumllf Beispiele48

An dieser Stelle soll jedoch nicht explizit auf bestimmte Farbwahrnehmungsphaumlnomeneeingegangen werden Vielmehr sollen anhand eines Frames aus dem spanischen ZombiefilmREC die Schwierigkeiten die sich aus der Problematik fuumlr eine numerische Farbanalyseergeben illustriert werden49 Der Frame (Abbildung 8) zeigt die Protagonistin bei derAnmoderation einer Reportage uumlber eine Feuerwache die den Rahmen fuumlr die Filmhandlungbildet Farblich sticht sofort der Komplementaumlrkontrast zwischen Rot und Gruumln ins Auge derzwischen den Feuerwehrautos der Jacke der Protagonistin sowie dem Mikrofon entstehtDer symbolische Einsatz der Komplementaumlrkontraste Rot und Gruumln sowie Blau und Gelb isteines der auffaumllligsten Merkmale der aumlsthetischen Gestaltung des Films und fordert zu einernumerischen Analyse geradezu heraus Waumlhrend anfangs Rot deutlich dominiert ist in denletzten Sequenzen das gesamte Bild durch einen Filter in Gruumln getaucht Die letzten Spurenvon Rot sind Blutflecken unbekannter Herkunft auf dem symboltraumlchtig weiszligen Shirt derProtagonistin

Abb 8 Frame aus dem Film REC (E 2007 R Jaume Balagueroacute Paco Plaza) Zitiert nach DVD (3L Vertriebs

GmbH amp Co KG 22 Oktober 2009)

Die Schwierigkeit diese Verwendung von Rot- und Gruumlnwerten in ihren Verlaumlufen uumlberden Film hinweg zu berechnen zeigt sich jedoch augenblicklich bei einem Versuch diesuumlber das Auszaumlhlen von Filmbildanteilen innerhalb des gruumlnen Spektralwertbereichs zuerreichen Die Farbwerte des Mikrofons etwa befinden sich nicht innerhalb des Bereichsgruumlner Spektralfarben Die Frage warum das Mikrofon trotzdem gruumln erscheint kann aufunterschiedliche Weise beantwortet werden50 Eine Erklaumlrung betrifft die Veraumlnderung dermenschlichen Farbwahrnehmung vor dem Hintergrund der Umgebung in der eine Farbewahrgenommen wird Abbildung 9 zeigt das Mikrofon isoliert vor einem blauen und voreinem roten Hintergrund In roter Umgebung hinterlaumlsst es einen rsaquogruumlnerenrsaquo Eindruck wennzuvor ein paar Sekunden das Mikrofon mit blauem Hintergrund betrachtet worden ist DerGrund hierfuumlr besteht darin dass der menschliche Wahrnehmungsapparat stets nach derKomplementaumlrfarbe sucht und diese imaginativ ergaumlnzt

48 Fairchild 201349Eine genauere Erlaumluterung des Films folgt in Abschnitt 42) dieses Artikels50Neben der hier gegebenen Erklaumlrung spielen ebenfalls noch die weiter unten beschriebenenUngenauigkeiten des CIE Lab Farbraums in wenig saturierten Farbbereichen eine Rolle


Abb 9 Das Mikrofon aus Abbildung 8 isoliert in einer blauen und in einer roten Umgebung

26 Farbmodelle und Farbwahrnehmungsmodell

Diesem Problembereich wird in der Regel mit sogenannten Farbwahrnehmungsmodellenbegegnet die anders als die oben genannten Farbmodelle nicht in Beziehung zu Technologiender Farbherstellung stehen sondern das menschliche Sehen selbst zu reproduzierenversuchen Das bedeutet konkret dass sie eine sogenannte Gleichabstaumlndigkeit in derDistanz zwischen zwei Farben im Koordinatensystem und dem von einem angenommenenDurchschnittsbetrachter wahrgenommenen Farbunterschied herstellen51 Zu diesemZweck werden bestimmte Farbwahrnehmungsphaumlnomene in die Berechnung desFarbraums einbezogen Die Idee der Gleichabstaumlndigkeit liefert somit die Grundlage fuumlr einewahrnehmungsorientiertere Berechnung von Farben

Das am haumlufigsten verwendete Farbwahrnehmungsmodell ist der ebenfalls von derCIE eingefuumlhrte Lab Farbraum Die drei Buchstaben L a und b stehen fuumlr drei AchsenLightness also den Unterschied zwischen hellen und dunklen Farben die KomplementaumlrfarbenRot und Gruumln sowie die Komplementaumlrfarben Blau und Gelb Ein Nullwert auf der RotGruumlnAchse bedeutet ein ausgeglichenes RotGruumln-Verhaumlltnis Durch einen negativen oder positivenWert gewinnt ein Farbton gruumlne oder rote Farbanteile hinzu

Wenn die Problematik der Farbwahrnehmung in Projekten digitaler filmwissenschaftlicherFarbanalyse Beruumlcksichtigung findet so zumeist durch die Verwendung des Lab FarbraumsDies erscheint vor dem Hintergrund als sinnvoll dass das Modell mit dem Ziel entwickeltwurde einen an der menschlichen Farbwahrnehmung orientierten industriell nutzbarenFarbstandard zu etablieren Es ist jedoch auch dem Umstand geschuldet dass vielbenutzteProgrammbibliotheken aus dem Bereich rsaquoComputer Visionrsaquo wie OpenCV oder scikit-image

51Unberuumlcksichtigt bleiben in einer mit fiktionalen Durchschnittsbetrachtern operierenden PerspektiveUnterschiede die auf unterschiedliche Seherfahrungen von Betrachtern zuruumlckgehen Die Ursache hierfuumlrkoumlnnen Sehstoumlrungen sein ergeben sich aber auch schon aus dem generellen Alterungsprozess derSehorgane


52 einfache Implementierungen anbieten Zu den Ansaumltzen die auf Lab zuruumlckgreifengehoumlren unter anderem die eingangs genannten Projekte von Burghardt und Fluumlckiger

Die groszlige Beliebtheit des Lab Modells macht es jedoch erforderlich auch hier aufsignifikante Schwaumlchen einzugehen So schreibt Fairchild raquoThose historically trained intraditional colorimetry usually have a negative reaction when they hear CIELAB describedas a color appearance modellaquo53 Ein Problem das Fairchild beschreibt besteht darin dassSpektralfarbwerte bei geringer Saturation zunehmend falsch zugeordnet werden54 Ein weiteresProblem von CIELAB verdeutlicht Fairchild durch einen Vergleich mit dem ebenfalls haumlufig alsReferenzmodell fuumlr Farbwahrnehmung eingesetzten Farbmodell von Munsell55 Auf der Hell-Dunkel Achse weist CIELAB zwar nur geringe Unterschiede zu Munsell auf diese sind jedochvor allem in den haumlufig anzutreffenden mittleren Helligkeitswerten vertreten Schwerer insGewicht faumlllt hingegen der Umstand dass die wahrgenommenen Kernfarben Rot Gruumln undBlau nicht wirklich mit den jeweiligen Enden der Achsen a und b zusammenfallen Dies istzwar nicht unbedingt ein Problem des Farbmodells es fuumlhrt im Kontext einiger Anwendungenjedoch manchmal zu Ungenauigkeiten Desweiteren weist Fairchild auf eine als problematischeingestufte Methode (von Kries Transformation) hin die die Grundlage des XYZ-Farbraumsbildet und daher auch den Lab Farbraum betrifft56 Aufgrund der genannten und weitererProbleme bezeichnet er Lab als raquoa simple model of a color appearance modellaquo57 Es mussdaher auch fuumlr die numerische filmwissenschaftliche Farbanalyse unterstrichen werden dassdie bloszlige Verwendung des Lab Farbmodells die Probleme der Farbwahrnehmung nichtrestlos beseitigt Inwiefern diesen Problemen in numerischen Analysen jedoch uumlberhauptRechnung getragen werden muss ist eine Frage die allein vor dem Hintergrund konkreterForschungskontexte beantwortet werden kann

27 Zwischenfazit

Die Evaluation der haumlufig im Kontext numerisch-filmwissenschaftlicher Farbanalysenverwendeten Strategien zeigt eine Reihe von Schwierigkeiten auf die in diesem speziellenKontext bisher nur unzureichend diskutiert worden sind Eine kontextgebundene Evaluationscheint jedoch vor dem Hintergrund der Perspektiven der Filmwissenschaften auf denForschungsgegenstand Farbe nicht ohne Bedeutung So koumlnnen wie gezeigt voumllligunterschiedliche Konzepte dominanter Farben zugrunde liegen Dass die Dominanzkonzeptegaumlngiger numerischer Verfahren sich dabei nicht zwingend mit filmwissenschaftlichenInteressensschwerpunkten in Einklang bringen lassen wurde am Beispiel unterschiedlicherClusteringverfahren ebenfalls diskutiert Was als dominant zu verstehen ist ist von konkretenForschungsinteressen abhaumlngig Eine Herangehensweise die unter diesen Umstaumlnden nacheiner generellen best-practice-Loumlsung agrave la K-Means sucht erscheint daher als unangemessenVielmehr stellt eine systematische Evaluation verschiedener Clusteringalgorithmen und

52 scikit-image Image Processing in Python53 Fairchild 2013 S 20154 Hung Berns 199555 Fairchild 2013 S 20656 Fairchild 2013 S 20657 Fairchild 2013 S 204


unterschiedlicher Distanzmaszlige im filmwissenschaftlichen Kontext ein dringendes Desideratdar

Dies gilt umso mehr fuumlr die Frage nach der Verwendung von Farbmodellen Der Einsatzvon Farbwahrnehmungsmodellen wie CIE Lab ermoumlglicht es zwar die Farben eines Filmsin Cluster einzuteilen welche sehr dicht an der Wahrnehmung des Betrachters liegen Jenseitsder verbleibenden Schwierigkeiten stellt sich jedoch die Frage ob dies bei jeder Analysewuumlnschenswert ist Da unterschiedliche Farbmodelle unterschiedliche Tendenzen bei derClusteranalyse aufzeigen ist anstelle eines Ruumlckzugs auf ein Farbwahrnehmungsmodell aucheine systematische Evaluation dieser Tendenzen denkbar Unterschiedliche Farbmodellekoumlnnten sich dabei nicht nur fuumlr die Produktion von Farbe als unterschiedlich gut geeigneterweisen sondern ndash wie zu zeigen sein wird ndash auch Potenziale fuumlr die Analyse unterschiedlicherFarbphaumlnomene aufweisen

Zusammenfassend sind also zwei unterschiedliche Reaktionen auf die dargestelltenProbleme moumlglich Die erste koumlnnte nach einem Farbwahrnehmungsmodell mit moumlglichstgenauer Gleichabstaumlndigkeit und der bestgeeigneten Clusteranalyse suchen Die zweitekoumlnnte vor dem Hintergrund spezifischer filmwissenschaftlicher Anliegen sinnvolleAnwendungsszenarien unterschiedlicher algorithmischer Dominanzkonzepte und Farbmodelleeruieren Die letztgenannte Perspektive erweist sich allerdings insofern als schwierigals dass eine Auseinandersetzung mit der Interpretationsbeduumlrftigkeit dessen wasals farblich dominant verstanden werden kann in den existierenden Projekten nurunzureichend zu erkennen ist Da Brodbeck und Burghardt methodisch lediglich demimpliziten Dominanzkonzept von K-Means folgen waumlre eine solche Auseinandersetzung nuraus der noch ausstehenden Weiterverwendung ihrer Ergebnisse ableitbar Die stylometrischeAnalyse von Casey und Williams58 unterscheidet sich von den zuvor genannten Positionendadurch dass sie mit ihrer am Bildaufbau orientierten Berechnung von Mittelwertentatsaumlchlich ein Dominanzkonzept entwickelt und dieses auch in eine Beispielanalyse einbringtAllerdings basiert dieses Konzept eben nicht mehr auf einer Clusteranalyse

Aufgrund der beschriebenen Probleme wurde fuumlr die beispielhafte Analyse dreier Filmedie im Folgenden vorgestellt wird ein anderer Ansatz gewaumlhlt Eine Clusteranalyse ist dortvielversprechend wo die Bedeutung der Eigenschaften der zu clusternden Objekte sowie ihrZusammenspiel klar definiert wurden Wie deutlich geworden ist ist dies im Falle der Farbendes Films jedoch nur bedingt der Fall Daruumlber hinaus muss ebenfalls hinterfragt werdeninwiefern die Evaluation von Methoden der Clusteranalyse im Bereich der Farbquantifizierunggenerell filmwissenschaftlich anschlussfaumlhige Einblicke ermoumlglicht da diese sich zumeist mitsubstanziell unterschiedlichen Fragestellungen auseinandersetzen So liegt ein Ursprung derFarbquantifizierung zum Beispiel in der Bewaumlltigung des Problems der Erzeugung aumlhnlicheroptischer Eindruumlcke auf verschiedenen Geraumlten mit technisch unterschiedlichen Moumlglichkeiten

Hinzu kommt dass eine Clusteranalyse immer auf der Grundlage auf eine Berechnungabsoluter Farbwerte zielt Aufgrund der angedeuteten Komplexitaumlt des Phaumlnomens Farbe

58 ACTION Founded Projekt Query 2011


erscheint jedoch ein Ansatz der absolute Farbwerte zu neuen absoluten Farbwertenzusammenfasst nicht als aussagekraumlftig da er auf der einen Seite zu viele Informationen zukommunizieren droht auf der anderen Seite forschungsrelevante Informationen oftmals nichtdeutlich genug hervorbringt Ein alternativer Ansatz soll daher versuchen spezifische Aspektevon Farbe zu fokussieren Die Isolation dieser Aspekte innerhalb des Erfahrungsraums Farbeerfolgt dabei vor dem Hintergrund der Formulierung gezielter Forschungsinteressen

3 Farblichkeit Spannung und ihre numerische Analyse

Im Folgenden wird ein farbanalytischer Zugriff etabliert der erstens unterschiedlicheAspekte von Farbigkeit in den Vordergrund ruumlckt die im Rahmen der Filmanalyse alsaussagekraumlftig erscheinen und der diese Aspekte zweitens jeweils nur relational bestimmtFarbigkeit wird dort bedeutungskonstitutiv wo sie im Kontrast zu anderen Farben oder zumvorherrschenden Farbschema steht Wie unterschiedlich solche Kontraste in Erscheinungtreten koumlnnen hat vor allem der deutsche Kunstpaumldagoge und Bauhaus-Lehrer JohannesItten in seiner auf unmittelbare kuumlnstlerische Anwendbarkeit ausgerichteten Theorieder sieben Farbkontraste59 gezeigt die fuumlr die hier vorgestellte Vorgehensweise zentraleStichworte geliefert hat Sie ermoumlglicht eine Konzeptualisierung des Zusammenspielsvon Farben sowie die situative Hervorhebung unterschiedlicher Facetten von Farbigkeitwobei wahrnehmungstheoretische Aspekte in einem gewissen Grad einberechnet werdenDass das Mikrofon gruumln erscheint wenn es von Rot umgeben ist waumlre nach Itten etwa einBeispiel fuumlr den sogenannten raquoSimultankontrastlaquo60 Auf diese Weise kann freilich nicht allenUnwaumlgbarkeiten der Farbwahrnehmung Rechnung getragen werden die Schwierigkeitenwerden aber zumindest theoretisch aufgefangen

Hinzu kommt dass sich Kontrastwirkungen stabiler berechnen lassen als absolute Farben61

Der Ansatz ermoumlglicht es daher auch Aussagen uumlber Filme in einem gewissen Maszlig unabhaumlngigvom Traumlgermaterial zu treffen Auch wenn sich die Farbigkeit eines Films stark veraumlndernkann wenn er etwa von Zelluloid auf DVD uumlbertragen wird und seine Wahrnehmung vonder jeweiligen Auffuumlhrungssituation abhaumlngt bleiben Kontrastwirkungen dieser Varianz zumTrotz oftmals erhalten Ein besonders heller Moment innerhalb eines Filmes etwa wird auchdann noch als hell auffallen wenn der gesamte Film nachgedunkelt ist oder aufgrund derAuffuumlhrungsbedingungen zum Beispiel als besonders kontrastarm erscheint

Nach Ittens Theorie ist diese Kontextabhaumlngigkeit aller Farbwirkungen von besondererBedeutung Eine Farbe wird in der Regel nicht von sich aus etwa als warm oder kalt erfahrensondern in starker Abhaumlngigkeit von den sie umgebenden Farben Im Mittelpunkt derUntersuchung steht daher stets ein relationales Gefuumlge von Farbigkeit das sich ohne aumluszligerenReferenzpunktallein mit Bezug auf das Farbsystem des Filmes selbst bestimmen laumlsst62 IttensFarbtheorie nimmt in dieser Hinsicht die raquoparametrischelaquo Farbtheorie Theo van Leeuwens

59Vgl Itten 1987 S 36ndash10960 Itten 1987 S 8761Vgl hierzu im Kontext der Filmanalyse insbesondere Allen 200662zu Farbkontrasten im Film vgl grundlegend Marschall 2005 S 94ndash112


vorweg die nicht nur das Verhaumlltnis einzelner Farben zueinander sondern vor allem dasVerhaumlltnis der unterschiedlichen rsaquokey parametersrsaquo in den Fokus ruumlckt in die sich jede Farbeanalytisch zerlegen laumlsst63

Die nachstehende Analyse konzentriert sich auf zwei der von Itten bestimmtenKontrasttypen die auch nach van Leeuwen wesentliche Parameter darstellen den Hell-Dunkel-Kontrast64 und den Saturations- oder Qualitaumltskontrast65 Die Bedeutung des ersten istfuumlr die Geschichte des populaumlren Films immer wieder belegt worden der hier nachweislichTraditionen aus der Malerei ndash etwa das Chiaroscuro ndash aufgreift Fuumlr den Film Noir etwa istdieser Kontrasttyp so stil- wie namensgebend hier organisiert er eine gefahrvolle bruumlchigeWelt und scheint mit Gegensaumltzen von Sicherheit und Unsicherheit Wissen und NichtwissenSichtbarkeit und Unsichtbarkeit verbunden Die generelle Bildwirkung des Saumlttigungs- oderQualitaumltskontrastes besteht dagegen eher in einer orientierenden Funktion Sind matteFarben in der Malerei tendenziell mit Entfernung assoziiert markieren leuchtstarke Farbenfuumlr gewoumlhnlich den Bild-Vordergrund Inwiefern bekannte historische Einsatzformen vonFarbparametern auch im hier untersuchten Material nachzuweisen sind soll die folgendeAnalyse zeigen

Abb 10 Konzeptdiagramm eines kontrast- und aspektbasierten Ansatzes fuumlr die filmwissenschaftliche

Farbanalyse

Abbildung 10 zeigt in einem Diagramm eine Reihe von Konzepten und deren Beziehungenzueinander die den auf der Grundlage von Itten und der kritischen Auseinandersetzungmit Farbmodellen und Clusteringverfahren entwickelten Ansatz modellhaft repraumlsentiertGleichzeitig stellt sie auf vereinfachte Weise das Klassenmodell einer Pythonbibliothek darin der dieser Ansatz beispielhaft umgesetzt wurde um fuumlr die Analyse verwendet werden zukoumlnnen

Das Modell behaumllt die weiter oben beschriebene Verfahrensweise bei und repraumlsentierteinen Film zu Analysezwecken als eine zeitlich geordnete Sammlung von Frames Mit dem

63 van Leeuwen 2011 S 57ndash6564 Itten 1987 S 46ndash6365 Itten 1987 S 96ndash103 Vgl auch van Leeuwen 2011 S 57ndash65


Begriff View werden unterschiedliche Verfahrensweisen bezeichnet mit denen sich einKontrastverhaumlltnis ausdruumlcken laumlsst Eine Kontrastspanne kann zum Beispiel auf einen Mittel-oder Durchschnittswert reduziert werden Anschaulicher ndash im Sinne des Kontrastgedankensndash erscheinen jedoch Varianten einer bipolaren beziehungsweise verteilungsorientiertenDarstellungsweise In einer bipolaren Darstellungsweise werden zum Beispiel durchIdentifikation des Minimal- und Maximalwerts oder durch die Berechnung einer niedrigen undeiner hohen Perzentile obere und untere Grenzwerte eines Kontrastverhaumlltnisses berechnetIn einer verteilungsorientierten Darstellungsweise wird die Kontrastspanne anhand der Anteilebestimmt die die Farbwerte innerhalb bestimmter Bereiche dieser Kontrastspanne besitzenIn der hier verwendeten Bibliothek wurde eine solche Darstellungsweise durch die frameweiseBerechnung von Histogrammen fuumlr einen bestimmten Kontrast realisiert

Ein View kann nun auf einen der zuvor vorgestellten Kontraste (Contrast) angewendetwerden wobei eine reflektierte Entscheidung daruumlber zu treffen ist mittels welcher Methode(Method) der Kontrast festgestellt werden soll In einigen Faumlllen ist die Wahl der Methodegleichbedeutend mit der Auswahl eines spezifischen Kanals innerhalb eines Farbmodellswie zum Beispiel des C-Kanals fuumlr Colourfulness aus dem CIE-LCh-Farbraum oder des S-Kanals fuumlr Saturation aus dem HSV-Farbraum Bei anderen Kontrasten wie zB dem Warm-Kalt-Kontrast geht die Wahl der Methode uumlber die Wahl eines Farbmodells hinaus da keinFarbmodell einen solchen Kontrast als eigenstaumlndigen Kanal zur Verfuumlgung stellt Vielmehrmuss er in einem zweiten Schritt aus einem gegebenen Farbraum auf der Basis theoretischerGrunduumlberlegungen prozessiert werden Fuumlr jeden View sind mithin unterschiedlicheVisualisierungen vorstellbar

Abb 11 Beispiel einer Visualisierung in einer nach dem Konzept in Abbildung 10 implementierten Python-

Bibliothek

Abbildung 11 zeigt das Beispiel zweier Visualisierungen fuumlr einen verteilten und einenreduzierten View Beide Views stellen den Hell-Dunkel-Kontrast eines fiktiven Films dar dernach der Brightness-Methode berechnet wurde Die X-Achse repraumlsentiert die Zeitachse desFilms waumlhrend die Y-Achse das moumlgliche Spektrum eines Kontrasts darstellt

4 Die Farben der Zombies

Die vorangegangenen Uumlberlegungen sollen im letzten Abschnitt dieser Untersuchunganhand einer computergestuumltzten Analyse von drei neueren Filmen des Zombie-Genreszur Anwendung gebracht werden Die Untersuchung zielt dabei auf ein Angebot politischer


Lesarten Bereits hinsichtlich der genrebildenden Werke von George A Romero ndash allen voran Night of the Living Dead (USA 1968) und Dawn of the Dead (USAI 1978) ndash liegt es nahedie Untoten raquoals Allegorien kapitalistischer Repressionsdynamiken oder als Karikaturenentfesselter (Geld-)Gierlaquo zu deuten66 Heute erscheint das Genre eher als Unterkategoriedes Katastrophenfilms in dem Ausnahmezustand biopolitische und allokationsethischeErwaumlgungen sowie Fragen der politischen Ordnung im Mittelpunkt stehen67 Da die folgendeAnalyse sich nicht damit begnuumlgen moumlchte ein bloszliges Sammelsurium aumlsthetischerStilmittel und farbdramaturgischer Verlaufskurven zu praumlsentieren sondern gerade diePotenziale aufzeigen moumlchte die eine computergestuumltzte Filmanalyse fuumlr die Entwicklung vonDeutungsangeboten bietet erscheint der von unterschiedlichen Aumlsthetiken des Politischendurchzogene Zombiefilm als besonders geeignetes Material Die ausgewaumlhlten Werke treffensich dabei darin dass sie die Zombies als Infizierte darstellen68 und sich dabei einer raquoIkonologieder Ansteckunglaquo bedienen ndash Schutzanzuumlge Spritzen militaumlrische Sperrzonen ndash die dasGeschehen im Rahmen eines angstbesetzten raquobiomedizinischen Imaginaumlrenlaquo69 verorten

Beim Zombiefilm liegt dabei stets die Vermutung nahe dass es sich um ein ehermonochromes Genre handeln koumlnnte was hinsichtlich einer Analyse von Farbigkeit diffuseErgebnisse befuumlrchten laumlsst Gerade aus diesem Grund aber erscheint eine computergestuumltzteAnalyse der Farbigkeit hier als besonders vielversprechend kann sie doch an einem Ort auffarbdramaturgische Mittel aufmerksam machen an dem das menschliche Auge tendenziellnicht nach diesen suchen wuumlrde raquoFarben wirkenlaquo so die Annahme raquoin der filmischenBildfolge subtil und zugleich stark wenn ihre Kompositionsprinzipien nicht allzu offensichtbar werdenlaquo70 Die Aumlsthetik des Zombiefilms schwankt dabei zwischen Realitaumltseffektund phantastischer Entgrenzung Ihr kommt ndash um die Farbdebatten der fruumlhen Filmtheorieaufzunehmen ndash die Aufgabe zu ganz nach Situation den Realitaumltseindruck des Kinos entwederhervorzuheben oder zu schwaumlchen

41 World War Z

Die computergestuumltzte Analyse des Hell-Dunkel-Kontrastes im Hollywood-Blockbuster World War Z (USA 2013 R Marc Forster) laumlsst zunaumlchst einen strukturellen Einsatz und mithineine narrative Funktionalitaumlt von Farben erkennen71 Das wird durch die Verteilung heller unddunkler Bildpunkte im Liniendiagramm deutlich (Abbildung 12) wobei Einstellungen des Filmsdie besonders helle Elemente enthalten durch gruumlne Markierungen hervorgehoben sind Derrote Graph stellt die durchschnittliche Helligkeit des Bildes der blaue die durchschnittlicheAbweichung einzelner Bildpunkte von diesem Durchschnittswert dar Gelb markiert sind indiesem Fall Abschnitte des Films in denen beides auf uumlbereinstimmendem Niveau fuumlr laumlngereZeit stabil bleibt die mithin also mutmaszliglich durch eine gewisse aumlsthetische Einfoumlrmigkeit oderRuhe gekennzeichnet sind

66 Fuumlrst et al 2010 S 7 Vgl ferner Wood 2003 S 105ff vgl genereller auch QRT (Leiner) 200667Vgl ua Holm 2015 Bishop 2010 Kiegeland Schmitz 2014 Werber 201868Vgl Bishop 2010 S 2069 Koch 2009 S 6770 Marschall 2005 S 9871Vgl Brinckmann 2006


Ein Vergleich farbdramaturgisch besonders auffaumllliger Elemente mit der Handlungsstrukturvon World War Z macht nun deutlich dass zwischen aumlsthetischer und dramaturgischerDimension des Filmes eine klare Symmetrie besteht Das Ende jeder Sequenz also jederSinneinheit des Films ndash im Diagramm durch violette Balken hervorgehoben ndash faumlllt grundsaumltzlichmit den hohen Mittelwerten im Hell-Dunkel-Kontrast zusammen Innerhalb der Sequenzenbleiben die aristotelischen Einheiten von Zeit Raum und Handlung weitgehend gewahrtEine Sequenz spielt zum Beispiel entweder am helllichten Tag oder mitten in der Nacht unddaher bei relativ stabilen Beleuchtungsverhaumlltnissen Alle Sequenzen weisen daher in derRegel eigene Farbschemata auf die sich auf den Diagrammen deutlich zu erkennen gebenAls besonders auffaumlllig erweist sich hier die zentrale Israel-Episode (ca 4930 ndash 6130) diemit einem besonders hellen Farbschema zugleich den Houmlhepunkt der Handlung darstellt Esexistieren demnach klare aumlsthetische Markierungen der dramaturgischen Sinnabschnitte undder Kippmomente des Films

Abb 12 Visualisierung des Verlaufs des Hell-Dunkel-Kontrasts von World War Z (USA 2013 R Marc

Forster) Zitiert nach DVD (Paramount 7 November 2013)

Dies betrifft vor allem die Plot Points des Blockbusters dh die mythischen Momentedes Aufbruchs und der Ruumlckkehr die den Gesetzen der Hollywood-Dramaturgie folgend amEnde des ersten und des zweiten Aktes stehen Zumindest aus der Sichtweise der Drehbuch-Theoretiker Hollywoods72 folgt so gut wie jeder Erzaumlhlfilm dem Konzept der Heldenreisedie in den 1940er-Jahren von dem Mythenforscher Joseph Campbell popularisiert wurdeIn Verbindung mit klassischen der Dramentheorie entlehnten Drei- oder Fuumlnfaktschematastellt es die konzeptionelle Grundlage des Storytellings auch im postklassischen populaumlrenErzaumlhlkino dar73 In World War Z so zeigt die Analyse sind die beiden Plot Points ebenso wieder Midpoint der Houmlhepunkt der Reise klar markiert Der Protagonist Gerry Lane hat sichund seine Familie im Angesicht der Zombie-Epidemie auf einem Flugzeugtraumlger in Sicherheitgebracht der als neues Hauptquartier der UN fungiert fuumlr die Lane fruumlher gearbeitet hat Seinehemaliger Vorgesetzter gibt ihm den Auftrag nach dem Ursprung der Seuche zu suchenweshalb er das sichere Schiff wieder verlassen und seine Familie ebendort zuruumlcklassen mussMit dem Start des Flugzeugs beginnen seine eigentliche Heldenreise und der zweite Akt desFilms und genau dieses Flugzeug ist es auch das aus Untersicht gegen den Himmel gefilmteinen der markantesten Helligkeitspunkte des Films erzeugt (Abbildung 12 3120)

72Etwa Vogler 201073 Campbell 1999 Zu Reichweite und Problemen des Modells vgl Kruumltzen 2004


Die Reise fuumlhrt Lane durch verschiedene Laumlnder Waumlhrend eines Aufenthalts in Israel indem Zombies das eigentlich gut geschuumltzte Jerusalem uumlberrennen entdeckt er dass krankeMenschen von den Zombies ignoriert werden Diese Beobachtung wird ihn spaumlter auf dierettende Idee bringen Nur wer selbst infiziert ist kann den gewalttaumltigen Horden entgehenUm in einer unmenschlichen Welt zu uumlberleben so macht der Film deutlich bedarf es derInfektion mit dem Unmenschlichen der intravenoumlsen Injektion des Risikos selbst74 Bevorsich diese Erkenntnis nutzen laumlsst steigert sich die Bedrohungslage fuumlr den Protagonistenjedoch noch einmal bis zum Aumluszligersten Als die Zombieepidemie an Bord einer vollbesetztenPassagiermaschine ausbricht die Lane zu einer WHO-Basis in Wales bringen soll zuumlndeter in houmlchster Not eine Handgranate die das Flugzeug zum Absturz bringt Bevor er in denoffiziellen Raum westlicher Institutionen zuruumlckkehren kann durchlebt der schwer verletzteProtagonist daraufhin eine Nahtoderfahrung zugleich wird seine Familie gezwungen densicheren Flugzeugtraumlger zu verlassen Der zweite Plot Point der hier den Moment aumluszligersterGefahr darstellt wird dieses Mal durch die Untersicht auf den startenden Hubschraubermarkiert der Lanes Frau Karen an Land transportiert (vgl Abbildung 12 7521)

Innerhalb der unterschiedlichen Sequenzen von World War Z fallen einige Abschnitte mitkonstant geringen Hell-Dunkel-Mittelwerten und aumlhnlich geringen Abweichungen ins Auge dieauf einen weiteren semantischen Einsatz von Farbigkeit und Licht verweisen In fast allen Faumlllenhandelt es sich hier um Momente der Erkenntnis die auf die Binnendramaturgie der einzelnenAkte und Sequenzen des Films hinweisen Diese folgen einer Bewegung vom Nichtwissen insWissen das jeweils nur gewonnen werden kann indem sich der Protagonist einer Reihe vonGefahren aussetzt Inmitten dieser von starker Bewegung gekennzeichneten Szenen kommt eseiner immergleichen Symmetrie folgend zu voruumlbergehenden ruhigen Momenten in denenentscheidende Informationen gesammelt werden Hier erfaumlhrt der Protagonist etwa wie erdie Zombie-Epidemie bekaumlmpfen kann es wird also epistemisch wie aumlsthetisch Ordnung in dieUnordnung gebracht Form und Inhalt so laumlsst sich auch anhand dieses Beispiels resuumlmierenspielen im Blockbuster perfekt zusammen

42 REC

Waumlhrend in World War Z die Zombies am Ende besiegt werden zeichnet der Zombie-Horrorfilm REC (E 2007 R Jaume Balagueroacute Paco Plaza) ein duumlstereres Bild DieProtagonistin Fernsehmoderatorin Aacutengela Vidal ist hier das letzte einer langen Reihe vonOpfern Mit ihrem Tod endet der Film ohne dass die Zombies besiegt worden sind Wie in World War Z geht es in der Handlung vor allem darum die Gruumlnde fuumlr den Ausbruch derEpidemie zu begreifen die Ausschlagpunkte im Hell-Dunkel-Kontrast funktionieren dabeiallerdings in vollkommen anderer Weise sind diese hier doch nicht mehr auf strukturellersondern auf motivischer Ebene aussagekraumlftig Bei den auffaumllligsten dieser Momente handeltes sich um kurze Szenen der Uumlberbelichtung in denen die Kamera in eine helle Lichtquellefilmt Da REC als Mockumentary durchgehend mit Steady Cam gefilmt wurde und dieseUumlberbelichtungen zumeist in besonders turbulenten Szenen geschehen fallen sie bei

74Vgl diesbezuumlglich auch zur Romanvorlage Lanzendoumlrfer 2014


oberflaumlchlicher Sichtung des Films kaum auf Erst das Diagramm macht deutlich dass essich um ein wiederkehrendes Motiv handelt In allen Faumlllen geschehen die Uumlberbelichtungenin Momenten des Kontrollverlustes so etwa als ein Kind zu einem Zombie mutiert unddie Gruppe in Gefahr bringt (Abbildung 13 ca 4830) oder als der Arzt der die in einemStadthaus mit den Zombies eingeschlossenen Menschen eigentlich retten soll selbst alsZombie zuruumlckkehrt (Abbildung 13 ca 5330)

Abb 13 Verlauf des Hell-Dunkel Kontrasts von REC (vgl Abbildung 8)

Steht das Licht in Kunst und Film traditionell fuumlr Wissen und Kontrolle markiert es hieralso das genaue Gegenteil Die Uumlberbelichtung verweist auf Kontrollverlust Zwar kuumlndigensich verschiedene Vertreter staatlicher Ordnung die in das verseuchte Haus entsandt werdendurch Lichtquellen an (Abbildung 13) die Uumlberbelichtungen jedoch stellen die vermeintlichenAutoritaumlten als machtlos aus Der Film beschreibt dabei auch insgesamt eine Reise in dieDunkelheit die gleichzeitig eine Reise zum Wissen darstellt Die zentralen Informationenuumlber die Zombie-Plage sind im obersten Stockwerk des Hauses positioniert doch dortherrscht absolute Dunkelheit REC arbeitet mithin mit einer ganzen Reihe semantischerund topologischer Umkehrungen Das Licht repraumlsentiert das Nichtwissen der Kellerin dem die Leichen versteckt sind befindet sich direkt unter dem Dach Die eigenwilligeLichtdramaturgie besitzt auch eine autoreflexive Dimension ist es doch gerade das optischealso lichtabhaumlngige Medium Kamera das immer wieder geblendet wird Das Fernsehteamdas aus der Moderatorin und einem Kameramann besteht fungiert dabei selbst als eine jenerInstitutionen die stetig Ordnung in das Chaos zu bringen versuchen Die White Spots aufdem Helligkeits-Diagramm markieren somit Momente der Stoumlrung auch dieser filmischenEpistemologie Eben jene aumlsthetische Kontrolle des Ausnahmezustands die in World War

Z voraussetzungslos gegeben ist wird in REC punktuell auszliger Kraft gesetzt ndash und dabeizugleich selbst zum Thema des Films

Die lineare Hell-Dunkel-Dramaturgie von REC wird durch den bereits erwaumlhntenndash und ebenfalls numerisch nachgewiesenen ndash Komplementaumlrkontrast noch verstaumlrktWaumlhrend am Anfang vor Ausbruch der Epidemie ironischerweise die Signalfarbe Rotdominiert spielt sich das finstere Ende der Geschichte im fahlen Gruumln eines Nachtsichtgeraumltes


ab Der Film beschreibt also eine Entwicklung von Rot zu Gruumln die unterbrochen wirdsobald die staatliche Ordnung in die Handlung eingreift In dieser Episode dominiert derKomplementaumlrkontrast von Blau und Gelb Als zentrales Thema des Neo-Zombiegenresso wird aus den Analysen der beiden Werke bereits an dieser Stelle deutlich erscheint derZusammenbruch staatlicher Kontrollorgane und somit ein postsouveraumlner Ausnahmezustandin dem neue Formen spontaner politischer Organisation notwendig werden ndash oder sich alsunmoumlglich erweisen In diesem Kontext wird auch ein narrativer Einsatz von Farbigkeit in REC erkennbar Farbdramaturgisch ist der Auftritt der alten Ordnung durch den Blau-Gelb-Kontrastgekennzeichnet der allerdings nur fuumlr eine Sequenz des Films bestimmend bleibt und sichmithin gegenuumlber der den gesamten Film strukturierenden Entwicklungslinie von Rot nachGruumln nicht durchzusetzen vermag

Abb 14 Verlauf des Saturationskontrastes von REC (vgl Abbildung 8)

Die insgesamt gleichwohl uumlberwiegend motivische Verwendung von Farbkontrasten laumlsstsich auch am Einsatz der Saumlttigung nachvollziehen Die meisten Szenen die sich durch einekonstant hohe Saumlttigung bei gleichbleibend geringer Abweichung auszeichnen (Abbildung 14)kennzeichnen sich dadurch dass sie die Aufmerksamkeit auf den filmischen Raum lenkenGanz den traditionellen Einsatzformen folgend erfuumlllt die Saumlttigung mithin eine orientierendeFunktion Dies zeigt sich bereits an der Eingangssequenz in der die Protagonistin von derFeuerwehr berichtet und die Zuschauenden sowohl sie selbst als auch den Hintergrundbetrachten sollen Vielfach finden sich zudem Einstellungen die sich als Suchbilder benennenlieszligen und in denen die Zuschauenden den Einbruch einer Gefahr erwarten ohne zu wissenvon wo diese kommen wird In einer Szene etwa blickt Aacutengela durch einen Schlitz in einenanderen Raum kann aber nur bruchstuumlckhaft erkennen was dort passiert (Abbildung 142020-2230) Eine groszlige Streuung von Saturationswerten dient dementsprechend derVerteilung von Aufmerksamkeit auf verschiedene Bildelemente Situationen in denen dasBekannte auf diese Weise fremd wird bilden zentrale Momente des Zombiefilms in denen sichnach Rautzenberg eine fruumlhkindliche raquoUrfurcht vor der Doppelgesichtigkeit der Menschen undDingelaquo75 aktualisiert

75 Rautzenberg 2010 S 225


Auch dem Einsatz der Saumlttigung kann hier ein autoreflexives Kalkuumll zugeschriebenwerden erzeugt sie doch eine Art Umgebungsbild das die Aufmerksamkeit auf die raumlumlicheBedingtheit der Handlung ebenso wie auf die Grenzen des Frames lenkt Der autoreflexiveGestus des Films wird hier also durch die Aumlsthetik unterstuumltzt die Kontraste benutzt umauf die technischen Bedingungen von Sichtbarkeit und Lenkung des Blicks hinzuweisenEine weitere Funktion der Saumlttigung ndash und ein weiteres Beispiel fuumlr ihren motivischenEinsatz ndash ist die Markierung von Auf- und Untersichten durch einen Saumlttigungskontrastin dem Durchschnitts- und Abweichungswert beide konstant auf niedriger Houmlhe bleibenSie betonen erneut die vertikale Raumordnung des Filmes der seine unterschiedlichenHandlungsabschnitte jeweils auf unterschiedlichen Stockwerken spielen laumlsst Diese Motivik istauch deshalb interessant weil sie Entsprechungen in den beiden anderen Zombie-Filmen indieser Untersuchung findet Sowohl in World War Z als auch in 28 Days Later stehen Blickein den Himmel mit entscheidenden Umschlagpunkten in der Handlung in Verbindung undverweisen zugleich auf alte oder neue staatliche Ordnungen

43 28 Days later

Ein drittes Beispiel fuumlr einen Zombie-Epidemie-Film ist die britische Produktion 28 Days Later 76 Beide Einsatzformen von Farbigkeit die in den vorangegangenenAnalysen nachgewiesen wurden finden sich auch hier Auffaumlllige Ausschlaumlge der Graphendie Hell-Dunkel- ebenso wie Saumlttigungs-Kontraste darstellen verweisen sowohl aufHandlungsstrukturen als auch auf bestimmte Motive Beide Einsatzformen werden jedochzugleich weniger konsequent durchgehalten So wird etwa der erste Plot Point des Filmsder Aufbruch der Londoner Patchwork-Familie aus Uumlberlebenden zur vermeintlich sicherenMilitaumlrbasis im Norden Englands (ca 4100) aumlsthetisch nicht markiert Der Midpoint desFilms hingegen der Tod der Mentor- und Vater-Figur Frank wird durch einen Einbruch desSonnenlichts (Abbildung 15 6232) sowie eine durch ihre ungewoumlhnlichen Quantitaumlts- wieSaturationswerte auffaumlllige Einstellung hervorgehoben die Frank durch jenen Bluttropfenhindurch zeigt welcher ihn infizieren wird Das Licht taucht auch hier wieder als zentralesMotiv auf (Abbildung 15 ca 3230) Der zweite Plot Point wird durch einen Blick in denHimmel eingeleitet an dem der Protagonist Jim ein Flugzeug entdeckt (Abbildung 15 8346)ndash eine Beobachtung die ihn im Folgenden in die Lage versetzt eigenstaumlndig zu handeln undZombies und Soldaten die jeweils zur Gefahr fuumlr ihn und seine Begleiterinnen geworden sindgegeneinander auszuspielen Der Moment sticht durch seine schwache Helligkeit allerdingsnur ein wenig hervor was die Varianz der Farbeinsatzformen in Boyles Film noch einmaluntermauert Der Film beschreibt dabei eine Initiationsgeschichte in der Jim lernen mussden Zusammenbruch elterlicher wie die Perversion staatlicher Autoritaumlt zu kompensierenund selbst Verantwortung zu uumlbernehmen Unterschiedliche rsaquoVaterordnungenrsaquo werden dabeijeweils aumlsthetisch hervorgehoben Filmaufnahmen der verstorbenen Eltern des Protagonistenetwa erscheinen im Kontrast zu anderen Szenen als besonders hell (Abbildung 15 ca 2710)waumlhrend der Ersatzvater Frank nicht zufaumlllig in der houmlchsten Etage eines als phallisch in Szenegesetzten Hochhauses lebt das wiederum durch eine Untersicht eingefuumlhrt wird (Abbildung 15ca 3012) ndash auch wenn diese farblich nicht weiter auffaumlllt

76 Regie Danny Boyle GB 2002


Abb 15 Verlauf des Hell-Dunkel Kontrasts von 28 Days Later (GB 2002 R Danny Boyle) Zitiert nach DVD

(Twentieth Century Fox 31 Maumlrz 2006)

Neben den leitmotivischen und handlungsstrukturellen Markierungen existieren inBoyles Film jedoch auch solche Szenen hervorstechender Farbigkeit die weder inhaltlichnoch dramaturgisch von besonderer Relevanz sind Hier scheint vielmehr eine aumlsthetischeEigendynamik vorzuliegen die mit der britischen Tradition einer tendenziell realistischenFilmaumlsthetik in Verbindung gebracht werden koumlnnte Anders als etwa in World War Z erlangt der filmische Raum gegenuumlber der Handlung eine gewisse Eigenstaumlndigkeit Nebengelegentlich stark symbolischen oder strukturellen Einsatzformen von Farbe hebt Boyle immerwieder Details und Situationen hervor die keine Funktion innerhalb der Handlung erfuumlllen unddie der Realismus-Definition Roland Barthesrsquo folgend gerade aufgrund dieser EigenstaumlndigkeitraquoWirklichkeitseffektelaquo77 erzeugen Farb- und Handlungsdramaturgie verlaufen demnachin den untersuchten Filmen nicht grundsaumltzlich parallel sondern koumlnnen einander auchkonterkarieren Eine explodierende Tankstelle etwa die sowohl auf der Helligkeits- als auch aufder Saumlttigungsachse einen der praumlgnantesten Houmlhepunkt darstellt (Abbildung 15 ca 1620)hat innerhalb der Handlung letztlich keine entscheidende Funktion Mit Kristin Thompsonlieszlige sich auch von einem aumlsthetischen Exzess sprechen einem situativen Ausbrechen aus dernarrativen Logik des Films das den aumlsthetischen Eigenwert einer Szene hervortreten laumlsst78

Eine solche Hervorhebung der Eigenstaumlndigkeit von Details der Filmwelt wuumlrde dabei zu denInterpretationen passen die 28 Days Later als Auseinandersetzung mit dem Posthumanismuslesen Die menschlichen Akteure sind nicht nur aus ihrem einstigen Zentrum dem aufspektakulaumlre Weise entleerten London verbannt79 sie sind auch im Film selbst strukturell nichtmehr (farb-)tonangebend

Wie Brian Price anmerkt sind Farben eines der Elemente die aumlsthetische Exzesse im SinneThompsons generieren koumlnnen80 In 28 Days Later stehen diese Exzesse jedoch nicht imDienste einer Abstraktion der Aumlsthetik von der Handlungsebene Sie ermoumlglichen vielmehr

77 Barthes 2006 S 164ndash17278 Thompson 199979Vgl Rogers 2008 S 12880 Price 2006 S 6


eine Betonung der relativen Eigenstaumlndigkeit der filmischen Welt die sich der Handlung nichtmehr unterordnet Der Exzess ist insofern wiederum auf die Semantik des Films ruumlckbeziehbarals dass die Zombie-Epidemie hier genauso gelesen wird als Folge des gezuumlchteten RAGE-Virus und somit als Exzess welcher der existierenden Ordnung selbst entstammt Die Zombie-Epidemie fungiert zugleich als Metapher fuumlr jene destruktiven Kraumlfte die dieser rsaquoOrdnung desChaosrsaquo raquoimmanentlaquo sind81 Diese kann im Finale des Films nur dadurch besiegt werden dass siegegen sich selbst gewendet wird Der Protagonist setzt die Zombies als Waffe ein bis sich seineFeinde gegenseitig zerfleischt haben Die Befreiung geschieht damit durch eine Eskalation derOrdnung selbst die mit der Selbstermaumlchtigung Jims einhergeht Nicht zufaumlllig spielt die Szenein einem naumlchtlichen Gewitter in dem stetig Blitze zucken ndash ein weiterer aumlsthetischer Exzessder in diesem Fall jenen auf der Inhaltsebene parallelisiert (Abbildung 15 ca 9400-9620) DasGewitter untermalt dabei jedoch nicht das Geschehen es ist dessen aumluszligere Bedingung DieHandlung passt sich der unberechenbaren Logik der Blitze an Diese anarchische Dynamik istes die Boyle auch auf aumlsthetischer Ebene ndash als immer wieder auftretende Spannung zwischenfilmischer Welt und Plotstruktur ndash in Szene setzt

5 Fazit und Ausblick

Die in den vorherigen Abschnitten dargelegten Analysen sind das Ergebnis eines doppeltenExperiments Das erste Experiment bestand darin eine numerische Analyse von Farbigkeitin eine Filminterpretation einzuschreiben Mit den drei Filmanalysen konnten dabei sehrunterschiedliche Verhaumlltnisse zwischen Farbdramaturgie und Semantik von Filmen abgestecktwerden Der Hollywood-Blockbuster World War Z in dem die Zombie-Epidemie als globalesProblem geschildert wird stellt zunaumlchst seine Konventionalitaumlt unter Beweis indem erFarbkontraste zur klaren Markierung der unterschiedlichen Kapitel seiner raquoHeldenreiselaquoeinsetzt Die Farbgebung ist hier Bestandteil einer Aumlsthetik welche die filmische Welt nachbestimmten Mustern kontrolliert und so verstaumlndlich haumllt Im nationalen Autorenfilm 28

Days Later in dem auch die Zombies ein nationales Problem bleiben fallen Farb- undHandlungsstruktur hingegen punktuell deutlich auseinander Diese Kluft zwischen Form undInhalt ist einerseits durch die realistische Aumlsthetik andererseits durch die anarchische Logikdes Exzesses bedingt die auch auf aumlsthetischer Ebene eine regelrechte Lust am Kontrollverlustmarkiert ndash so wird gejubelt als die Tankstelle explodiert In der Independent-Produktion REC wird die Zombie-Epidemie im Mikrokosmos eines einzigen Stadthauses verhandelt wobei dieFarbgestaltung auf bestimmte Leitmotive verweist die als besonders autoreflexiv erscheinenHier geht es um die Kamera als Kontrollinstrument deren ordnende Funktion immer wiedergestoumlrt und auszliger Kraft gesetzt wird und um traditionelle binaumlre Topologien von Licht undDunkel oder Oben und Unten deren Semantiken sich im Verlauf der Handlung ins Gegenteilverkehren

Einerseits sind auf diese Weise drei unterschiedliche Einsatzformen von Farbe und damitzugleich drei unterschiedliche Analyseebenen etabliert Farbigkeit kann sowohl strukturelleals auch aumlsthetische und motivische Funktionen erfuumlllen Die vorliegende Analyse hat in

81Vgl Roche 2011


erster Linie den Zweck die Nachweisbarkeit dieser Einsatzformen durch computerisierteVerfahren deutlich zu machen und exemplarisch zu zeigen dass sie die Interpretation einzelnerfilmischer Werke bereichern koumlnnen indem sie Spannungsverhaumlltnisse zwischen Inhaltund Form sichtbar machen Die Eignung des mit den hier vorgestellten Mitteln erzeugtenMaterials fuumlr bedeutungsvolle Einblicke in einzelne Werke laumlsst sich dabei etwa an denpolitischen Implikationen veranschaulichen die die Zombie-Filme durch ihr jeweiligesVerhaumlltnis von Form und Inhalt entwickeln World War Z zeigt den Ausnahmezustandder Zombie-Apokalypse demzufolge als aumlsthetisch bereits eingehegten Normalfall einerneuen postsouveraumlnen Ordnung vermeintlich unausweichlich zerfallender Staatlichkeit Indieser muumlssen die Menschen einen neuen raquoGefahrensinnlaquo82 entwickeln um uumlberleben zukoumlnnen rsaquoSei auf alles vorbereitetrsaquo lautet der finale Aufruf den der Protagonist direkt an dieZuschauenden richtet REC zeigt die gleiche Extremsituation als prinzipiell unkontrollierbareraquoUumlberlastungsstoumlrunglaquo83 politischer wie epistemischer Ordnungen Fuumlr solche Stoumlrungen gibtes hier keine Vorbereitung und es laumlsst sich auch keine neue Normalitaumlt etablieren Staatlichewie epistemische Instanzen scheitern ebenso an den Zombies wie die Protagonistin des Filmsdie ihre Heldenreise zu keinem erfolgreichen Abschluss zu bringen vermag In 28 Days Later ist der Ausnahmezustand als Exzess der gegenwaumlrtigen Ordnung gefasst der zugleich dieMoumlglichkeit ihrer Uumlberwindung bereitstellt und somit ein deutlich kathartisches Potenzialbesitzt Die Zombies fungieren dabei als Repraumlsentanten einer neuen Weltordnung des Risikosdie von den Protagonisten anerkannt und verinnerlicht werden soll Zugleich ermoumlglichen sieeinen anarchischen Exzess der die alten pervertierten Machtsysteme zu zerstoumlren erlaubt

Das zweite Experiment bestand hingegen darin numerische Prozessierungsstrategieninsgesamt als produktive Stimuli fuumlr einen interpretatorischen Zugriff auf Filme zu testen Zielwar es interpretatorische Zugaumlnge und quantitative Zugaumlnge in Dialog zu bringen anstatt sieeinander gegenuumlber zu stellen und so den von Unsworth beschriebenen Effekt zu kreieren

raquo[hellip]methods which seemed so promising as a way of performing what Moretti calls distantreading or what Martin Mueller calls perhaps even more provocatively not-reading [hellip] requireus to trade in a close reading of the original text for something that looks like a close reading ofexperimental resultslaquo84

Anschlieszligend an gaumlngige Praktiken des Bereichs maschineller Bildverarbeitung undan erste Versuche numerischer filmwissenschaftlicher Farbanalyse wurde zunaumlchstversucht dieses Ziel mittels einer Clusteranalyse zu erreichen Dieser Versuch erwies sichals unbrauchbar da er vor dem Hintergrund der eingangs aufgezeigten Problemstellungenentweder selbstevidente oder in hohem Maszlige kontingente Ergebnisse hervorbrachte

Zu einem Zeitpunkt an dem sich die Probleme akkumulierten wurde bewusst davonAbstand genommen den Prozess weiter zu verfolgen da in ihm vielmehr deutlich wurdewelch unterschiedliche Perspektiven eine Analyse von Farbe tragen kann Im Sinne der

82 Engell et al 200983 Koch et al 2016 S 19f84 Steger et al 2008


gewuumlnschten Forschungssituation wurde deshalb auf die Mittel einfacher explorativerStatistik zuruumlckgegriffen eine Entscheidung deren Produktivitaumlt sich in der anschlieszligendenForschungssituation als erfolgreich bewiesen hat

Unabhaumlngig von dieser Entscheidung bleibt ein Groszligteil der aufgelisteten Problemeauch bei einer systematischeren Herangehensweise an den Ansatz der Clusteranalysebestehen da sie konzeptueller Natur sind Aus diesem Grund werden diese Probleme auchin Zukunft eher auf der Ebene der zu clusternden Datengrundlage zu loumlsen sein als auf derEbene der Anwendung von Clusteringalgorithmen Das bedeutet konkret die Evaluationvon Farbmerkmalen und Repraumlsentationsvarianten die vor dem Hintergrund bestimmterFragestellung unproblematisch und aussagekraumlftig sind Eine Verwendung von Clusteranalysenund anderen Methoden maschinellen Lernens koumlnnten so sinnvoll in eine Analyse derFarbigkeit von Filmen eingebunden werden

Die Filmwissenschaften koumlnnen im Gegensatz zur numerischen Textanalyse nicht auf einelangjaumlhrige Forschungspraxis zuruumlckblicken in der die Tragfaumlhigkeit von Merkmalsets wiedem bag-of-words fuumlr stilometrische Analysen intensiv evaluiert worden waumlre85 So erfolgtder Einsatz einer Clusteranalyse zum Clustering von Filmen nach Schnittmustern bei Baxterebenfalls nur auf der Grundlage einer intensiven Analyse der automatischen Identifikationvon Filmschnitten und der Repraumlsentation von Schnittmustern86 In Anlehnung an WellingsGegenuumlberstellung von statistischen Ansaumltzen und Ansaumltzen maschinellen Lernens sindstatistische Ansaumltze dort zu bevorzugen wo das rsaquoWarumrsaquo des untersuchten Phaumlnomensvon Bedeutung ist87 Die Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchung bestaumltigen diesMit ihr verbindet sich daher der Wunsch nach einer pragmatischeren methodischerenund effizienteren Umgangsform mit numerischen Analysen In diesem Sinne wird das mitdiesem Artikel begruumlndete Forschungsprojekt in seinen naumlchsten Schritten nicht nur neueKontrasttypen wie den Quantitaumltskontrast oder den Warm-Kalt-Kontrast implementierensondern auch eine weiterfuumlhrende stylometrische Analyse auf der Basis der evaluiertenMerkmale umzusetzen versuchen

85Tatsaumlchlich wurde der bag-of-words-Ansatz im Forschungsbereich der computergestuumltzten Filmanalysemancherorts adaptiert (Fei Fei Perona 2005) und vereinzelt auch im Kontext anderer Merkmale modifiziert(Qiu 2002) Dies erfolgte jedoch auf der Grundlage vollstaumlndig unterschiedlicher Zielvorstellungen86 Baxter 201487 Welling 2015


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Abbildungslegenden und -nachweiseAbb 1 Farbprofil eines Films berechnet durch Movieanalyzer von Manuel Burghardt Screenshot aus The Lion King(USA 1994 R Roger Allers Rob Minkoff)

Abb 2 Distanzmatrix mittlerer Distanzen von Farbhistogrammen der Filme Alfred Hitchcocks im ACTION Toolkit

Abb 3 Clusteranalysen eines Frames aus The Walking Dead (USA 2010-) Zitiert nach DVD The Walking Dead Diekomplette erste Staffel (WVG Medien GmbH 31 Mai 2013)

Abb 4 Ergebnisse einer Clusteranalyse eines Frames aus Schindlerrsquos List (USA 1993 R Steven Spielberg) Zitiert nach DVDSchindlers Liste (Universal Pictures Germany 21 Oktober 2004)




Abb 8 Frame aus dem Film REC (E 2007 R Jaume Balagueroacute Paco Plaza) Zitiert nach DVD (3L Vertriebs GmbH amp Co KG 22Oktober 2009)


Abb 10 Konzeptdiagramm eines kontrast- und aspektbasierten Ansatzes fuumlr die filmwissenschaftliche Farbanalyse

Abb 11 Beispiel einer Visualisierung in einer nach dem Konzept in Abbildung 10 implementierten Python-Bibliothek

Abb 12 Visualisierung des Verlaufs des Hell-Dunkel-Kontrasts von World War Z (USA 2013 R Marc Forster) Zitiert nachDVD (Paramount 7 November 2013)



Abb 15 Verlauf des Hell-Dunkel Kontrasts von 28 Days Later (GB 2002 R Danny Boyle) Zitiert nach DVD (TwentiethCentury Fox 31 Maumlrz 2006)




2 Eine qualitative Begutachtung der Brauchbarkeit verschiedener Clusteringverfahren in der filmwissenschaftlichen Farbanalyse

21 K-Means

22 DBSCAN



25 Farbwahrnehmung


27 Zwischenfazit



41 World War Z

42 REC

43 28 Days later


Bibliographische Angaben

Abbildungslegenden und -nachweise


Niels-Oliver Walkowski Johannes Pause

Everything is Illuminated Zur Numerischen Analyse von Farbigkeit in Filmen

Abstracts

Der vorliegende Beitrag untersucht mittels einer computergestuumltzten Herangehensweisedie farbliche Gestaltung der Mise-en-scegravene in den drei Zombiefilmen REC 28 Days Later undWorld War Z Ausgehend von einer Evaluation methodischer Probleme gaumlngiger Clusteranalyse-Verfahren zur Farbquantifizierung im Kontext filmwissenschaftlicher Analysen wird eineigenes Verfahren vorgestellt das auf der Farbkontrasttheorie Johannes Ittens aufbaut Ineiner einfachen statistischen Erhebung zweier Kontrastverhaumlltnisse wird am Beispiel dergenannten Filme gezeigt dass dieses Verfahren in der Lage ist unterschiedliche stilistischeMerkmale der filmischen Farbgestaltung aufzuzeigen Die Analyse der drei Werke macht zudemdeutlich dass Akzentuierungen innerhalb farblicher Kontrastverhaumlltnisse hier jeweils andereFunktionen erfuumlllen Sie koumlnnen die narrative Struktur des Films markieren bestimmte Motivehervorheben oder die aumlsthetische Dimension des Films gerade als autonome Sphaumlre kenntlichwerden lassen

The article analyses the composition of colour in the mise-en-scegravene of the zombie-moviesREC 28 Days Later and World War Z via a computer based approach It first evaluates someof the methodological problems of common colour-quantisation by using clustering-algorithmsin the context of film studies then a new developed process is presented which builds onthe theory of colour contrasts by Johannes Itten A simple statistical analysis of two contrastratios for each of the movies demonstrates that this approach is capable of providing detailedinsights into the composition of colour in movies in general Furthermore the analysis ofthe three movies reveals that the accentuation of colour contrast relations serves differentfunctions colours can support the narrative structure of the movie emphasize repeatingmotifs or establish an autonomous aesthetic space


Die Farben des Films so schrieb die Romanistin Wendy Everett 2007 im Vorwort zu einemder wenigen diesem Thema gewidmeten Sammelbaumlnde seien innerhalb der Filmtheorie soetwas wie raquothe last great wilderness the one remaining area yet to be explored mappedand chartedlaquo1 Diese Einschaumltzung hat bis heute Guumlltigkeit auch wenn inzwischen einigeneue filmwissenschaftliche Ansaumltze vorliegen die sich den unterschiedlichen Aspektenvon Farbigkeit unter anderem mit Hilfe numerischer Verfahren naumlhern Wie im Folgendenerlaumlutert wird sieht sich jede Berechnung von Farbigkeit dabei einer Reihe von Problemengegenuumlber die aus der Komplexitaumlt des Gegenstands selbst resultieren Im Kontrast zuihrer selbstverstaumlndlichen Gegebenheit im Alltag werden Farben denjenigen schnell zumphilosophischen Raumltsel die sich wissenschaftlich mit ihnen beschaumlftigen Zudem sind dieEinsatzmoumlglichkeiten und Funktionen von Farben in der Kunst und vor allem im Spielfilm sofacettenreich wie schwer zu systematisieren

1 Everett 2007 S 7























Desmet 26 adaptiert



Toolkit













21 K-Means












40 Zhou Gao 2014




22 DBSCAN

























25 Farbwahrnehmung





















27 Zwischenfazit






















Farbanalyse








Bibliothek







41 World War Z












42 REC
















43 28 Days later
















81Vgl Roche 2011











































































































21 K-Means

22 DBSCAN



25 Farbwahrnehmung


27 Zwischenfazit



41 World War Z

42 REC

43 28 Days later


























Desmet 26 adaptiert



Toolkit













21 K-Means












40 Zhou Gao 2014




22 DBSCAN

























25 Farbwahrnehmung





















27 Zwischenfazit






















Farbanalyse








Bibliothek







41 World War Z












42 REC
















43 28 Days later
















81Vgl Roche 2011











































































































21 K-Means

22 DBSCAN



25 Farbwahrnehmung


27 Zwischenfazit



41 World War Z

42 REC

43 28 Days later














21 K-Means












40 Zhou Gao 2014




22 DBSCAN

























25 Farbwahrnehmung





















27 Zwischenfazit






















Farbanalyse








Bibliothek







41 World War Z












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81Vgl Roche 2011











































































































21 K-Means

22 DBSCAN



25 Farbwahrnehmung


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42 REC

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40 Zhou Gao 2014




22 DBSCAN

























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81Vgl Roche 2011











































































































21 K-Means

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81Vgl Roche 2011











































































































21 K-Means

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81Vgl Roche 2011











































































































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81Vgl Roche 2011











































































































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81Vgl Roche 2011











































































































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81Vgl Roche 2011











































































































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Artikel aus: Titel: Zeitschrift für digitale ...Everything is Illuminated. Zur Numerischen Analyse...

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