Artikel Jahrbuch Sponsoring

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34 JAHRBUCH SPONSORING 2009 Veränderte Rahmenbedingungen erfordern neue Konzepte. Responsible Sponsoring gibt mit gesellschaftlichem Engagement darauf eine Antwort Erfolgsmodell Sportsponsoring – mit Risiken und Nebenwirkungen Bumerang Peking … So haben etwa die Olympischen Spiele in Peking verdeutlicht, dass Sportsponsoring kein Selbstläu- fer ist, sondern bei entsprechend negativen Rah- menbedingungen des sportlichen Ereignisses für den Sponsor sogar zum Bumerang werden kann. Die negative Berichterstattung über das Regime in Peking und speziell die Tibetfrage führten vor allem bei den internationalen Großsponsoren der Olym- pischen Spiele zu hektischer Betriebsamkeit, als ihr Engagement in China durch NGOs kritisch ins Rampenlicht gerückt wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass die Deutschen hier sehr widersprüchli- che Signale aussenden. Einer Umfrage zufolge lehnt eine breite Mehrheit der Deutschen die Ver- knüpfung von Sport und Politik klar ab. Gleichzeitig Sponsoring erfreut sich bei Unternehmen wach- sender Beliebtheit. Machten Sponsoring-Aufwen- dungen vor acht Jahren „nur“ 15 Prozent der Mar- keting-Budgets von Unternehmen in Deutschland aus, sind es mittlerweile schon 21 Prozent – Ten- denz: weiter steigend. Und weit mehr als die Hälf- te dieser Gelder, die sich 2008 auf 4,6 Milliarden Euro summierten, entfielen auf Sportsponsoring. Nach einem Einbruch in den Jahren 2004/2005 (Kirch-Pleite) glänzt das Sportsponsoring mittler- weile wieder mit soliden Zuwachsraten. Vor allem die stark erweiterte Berichterstattung über Sportereignisse macht Sportsponsoring für Unter- nehmen interessant, wenn es darum geht, die eigene Bekanntheit zu steigern. Doch frei von Risiken ist diese Art von Publizität nicht. Foto: © Dron - Fotolia.com

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Erfolgsmodell Sportsponsoring – mit Risiken und Nebenwirkungen: Veränderte Rahmenbedingungen erfordern neue Konzepte. Responsible Sponsoringgibt mit gesellschaftlichem Engagement darauf eine Antwort Erfolgsmodell Sportsponsoring – mit Risiken und Nebenwirkungen. Norbert Taubken von Scholz & Friends Reputation über Responsible Sponsoring.

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Veränderte Rahmenbedingungen erfordern neue Konzepte. Responsible Sponsoringgibt mit gesellschaftlichem Engagement darauf eine Antwort

Erfolgsmodell Sportsponsoring –mit Risiken und Nebenwirkungen

Bumerang Peking …

So haben etwa die Olympischen Spiele in Pekingverdeutlicht, dass Sportsponsoring kein Selbstläu-fer ist, sondern bei entsprechend negativen Rah-menbedingungen des sportlichen Ereignisses fürden Sponsor sogar zum Bumerang werden kann.Die negative Berichterstattung über das Regime inPeking und speziell die Tibetfrage führten vor allembei den internationalen Großsponsoren der Olym-pischen Spiele zu hektischer Betriebsamkeit, alsihr Engagement in China durch NGOs kritisch insRampenlicht gerückt wurde. Erschwerend kommthinzu, dass die Deutschen hier sehr widersprüchli-che Signale aussenden. Einer Umfrage zufolgelehnt eine breite Mehrheit der Deutschen die Ver-knüpfung von Sport und Politik klar ab. Gleichzeitig

Sponsoring erfreut sich bei Unternehmen wach-sender Beliebtheit. Machten Sponsoring-Aufwen-dungen vor acht Jahren „nur“ 15 Prozent der Mar-keting-Budgets von Unternehmen in Deutschlandaus, sind es mittlerweile schon 21 Prozent – Ten-denz: weiter steigend. Und weit mehr als die Hälf-te dieser Gelder, die sich 2008 auf 4,6 MilliardenEuro summierten, entfielen auf Sportsponsoring.Nach einem Einbruch in den Jahren 2004/2005(Kirch-Pleite) glänzt das Sportsponsoring mittler-weile wieder mit soliden Zuwachsraten. Vorallem die stark erweiterte Berichterstattung überSportereignisse macht Sportsponsoring für Unter-nehmen interessant, wenn es darum geht, dieeigene Bekanntheit zu steigern. Doch frei vonRisiken ist diese Art von Publizität nicht.

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Der Ausweg aus dem Dilemma:Responsible Sponsoring

Auf die Berichterstattung über die WM als solchehat ein Sponsor nur geringen Einfluss. Aber Sponso-ren können sich dagegen absichern, in den Sogeiner kritischen Berichterstattung gezogen zu wer-den. Um auch in einem negativen medialen Umfelderfolgreich öffentliche Präsenz zeigen zu können,hat Scholz & Friends Reputation das Konzept„Responsible Sponsoring“ entwickelt. Die Grund-idee basiert auf der Verbindung von Sponsoringklassischer Prägung und der Übernahme gesell-schaftlicher Verantwortung. Beim Beispiel Südafrika gilt es dort anzusetzen, wodie größten Schwachstellen des Landes liegen, z. B.beim Bildungswesen, in der Gesundheitsversorgungoder beim Aus- und Aufbau der Infrastruktur. Dabeimuss das gesellschaftliche Engagement allerdingsgenau auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittenwerden. So könnte sich ein Pharmaunternehmenzum Beispiel bei der medizinischen Betreuung HIV-infizierter Kinder engagieren, ein Unternehmen ausder EDV-Branche bei der Ausstattung von Schulenmit Computern Unterstützung leisten oder ein Strom -anbieter erneuerbare Energien fördern.

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Abb. 1: Auch die vergünstigten Ticketpreise sind für Südafrikaner kaum erschwinglich

Quelle: 05.02.2008 I WM 2010 - Sponsoring-Risiko und CSR-Chance

sprachen sich aber mehr als 70 Prozent der Be -fragten dafür aus, dass die Sponsoren in SachenTibet öffentlichen Druck auf China ausüben undgegebenenfalls sogar ihr Engagement währendder Olympischen Spiele einstellen sollten. Im Zugeder negativen Berichterstattung gerieten die inPeking präsenten Unternehmen unter zunehmen-den Rechtfertigungsdruck – der erhoffte Imagege-winn wurde so vielfach zum Rohrkrepierer.

… und Risiko Südafrika

2010 steht mit der Fußballweltmeisterschaft inSüdafrika das nächste sportliche Großereignis an– und auch hier besteht die Gefahr, dass – auf-grund der sozialen Spannungen, der desolatenSituation im Gesundheitswesen und der nach wievor großen Armut der Bevölkerungsmehrheit – dienegative Berichterstattung in den Medien domi-nieren wird. Allein die Tatsache, dass sich diewenigsten Südafrikaner eine Eintrittskarte für dieWM leisten können, hinterlässt gerade beim Volks-sport Fußball einen faden Beigeschmack, der mitSicherheit seinen journalistischen Niederschlagfinden wird (➤ Abb. 1).

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Süda

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Quelle: ipicture.de

120,00 EUR

100,00 EUR

80,00 EUR

60,00 EUR

40,00 EUR

20,00 EUR

0,00 EUR

100,00 EUR

13,60 EUR 1,36 EUR

TicketpreisKat. IV

(für Süd-afrikaner)

Auskommenpro Tag bei ca. 1/3 allerSüdafrikaner

Quelle: unaids.org

Quelle: unaids.org

Anteil der Südafrikanermit weniger als 2 USD pro Tag

63,9%34,1%

UN Definition von Armut

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Abb. 2: Glaubwürdigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg

darum, während der vierwöchigen Spiele in den Medien rund um die Uhr präsent zu sein und nach Ablauf der WM jegliche Aktivitäten einzustellen.

– Das unternehmerische Eigeninteresse ist legi-tim, muss jedoch mit dem Nutzen für die Gesell-schaft ausbalanciert werden.

– Das Engagement als Responsible Sponsor musszum Unternehmen passen.

– Wer in Südafrika etwa eine Produktionsstätte hat, muss sicherstellen, dass die dortigen Arbeitsbedingungen internationalen Standards entsprechen.

– Erfolg gesellschaftlichen Engagements misst sich daran, ob ein Unternehmen gerade bei den Schwachstellen des Austragungslandes Süd-afrika Hilfestellungen gibt.

– Achten Sie darauf, dass Sie bei der Umsetzung lokale Partner einbinden. Das erhöht die Ak-zep tanz Ihrer Aktivitäten vor Ort. Diese verstehendie (kulturellen) Besonderheiten des Landes am besten und können die Wahrnehmung und die Relevanz des gesellschaftlichen Engage-ments einschätzen.

Glaubwürdigkeit ist erfolgsentscheidend

Um glaubwürdig zu sein – und vor allem darum gehtes bei Responsible Sponsoring –, sollte das gesell-schaftliche Engagement aber nicht erst währendoder gar nach Ablauf der WM gestartet werden.Der Öffentlichkeit muss gezeigt werden, dass esnicht nur um den kurzfristigen Publicity-Erfolg geht.Daher sollten erste positive Ergebnisse bereits vorBeginn des Turniers vorzeigbar sein. Und das wirdnur gelingen, wenn man beizeiten die dafür erfor-derlichen Strukturen schafft, über Netzwerke vorOrt verfügt, die Besonderheiten des Landes kennen-lernt und dies in seine strategischen Überlegungeneinbezieht. Kurz gesagt: Die Zeit drängt. Wer sich inSüdafrika als Responsible Sponsor engagieren will,muss jetzt mit den Vorbereitungen dafür beginnen.Das altbewährte Konzept „Geld gegen Logo“ benö-tigt sicher einen deutlich geringeren zeitlichen Vor-lauf, hat aber vor allem in einem kritischen media-len Umfeld, wie es für die WM 2010 zu erwarten ist,ausgedient (➤ Abb. 2).

Worauf sollte der Responsible Sponsor achten?

– Responsible Sponsoring zeichnet sich durch langfristiges Engagement aus. Es geht nicht 36

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Quelle: 05.02.2008 I WM 2010 - Sponsoring-Risiko und CSR-Chance

Nennung alsErfolgsfaktorfür Sponsoring

Berücksichtigungbei der Umsetzungvon Sponsoring

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nach: SponsoringTrends 2004

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Glaubwürdigkeit

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itigkeit

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den jeden Monat vorbildliche Kiez-Projekte für Kin-der und Jugendliche prämiert. Mit der Initiativeschlägt der Verein gleich mehrere Fliegen mit einerKlappe: Neben dem Imagegewinn und der großenSichtbarkeit bauen sich die Berliner Freunde einlangfristiges Netzwerk in der Stadt auf und findendirekten Kontakt zu den jeweiligen Zielgruppen (➤Abb. 3).

Empfehlungen für Sponsoren

Bei vielen Sportereignissen werden inzwischenauch die Sponsoren Opfer einer negativen Bericht -erstattung oder für eventuelle Verfehlungen derVeranstalter in Haftung genommen. Um für den Fallder Fälle gerüstet zu sein, sollte im Vorfeld vonSponsoring-Aktivitäten eine fundierte Risikoana -lyse erstellt werden. Empfehlenswert ist es auch,sich beizeiten mit den wichtigen Stakeholdern inVerbindung zu setzen und diese – wenn möglich –in die eigenen Sponsoring-Aktivitäten zu integrie-ren. Das weckt beiderseitiges Verständnis undsensibilisiert für mögliche Probleme. Das Risikomassiver und vor allem unerwarteter öffentlicherKritik wird so deutlich verringert. Unternehmensollten außerdem ihre Aktivitäten in einer ganz-heitlichen Gesamtkonzeption bündeln und sichnicht in unkoordinierten Einzelmaßnahmen verzet-teln (➤ Abb. 4).

Fazit

Responsible Sponsoring ist nicht mit Altruismusgleichzusetzen. Denn der Sponsor verfolgt damitsehr wohl legitime eigene Interessen: Er will Sicht-

Wer unter Responsible Sponsoring primär dasSchlürfen von Austern und Champagner im exklu-siven Kreis seiner Geschäftspartner versteht, mussdamit rechnen, dass die Medien auch darüberausgiebig berichten – und es mit der gesellschaft-lichen Realität in Südafrika konfrontieren werden.

Engagement auf regionaler Ebene

Natürlich kann man nicht nur auf internationalerEbene als Responsible Sponsor erfolgreich sein. Fürviele Unternehmen ist ein gesellschaftliches Enga-gement auf nationaler oder regionaler Ebene sinn-voller. Ein gutes Beispiel für die Verbindung vonSponsoring und gesellschaftlichem Engagement istdie Initiative „Berliner Freunde“, die im Herbst 2008ins Leben gerufen wurde. Zusammen mit Akteurenaus Wirtschaft und Politik kümmert sich der Fuß-ball-Bundesligist Hertha BSC um Kinder und Jugend-liche, insbesondere aus sozial be nach teiligtenGruppen Berlins. Mit einer Reihe von Maßnahmenist der Bundesligist dabei, sich noch stärker in derStadt zu verankern. Unter der Schirm herrschaft desRegierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit bün-deln Hertha BSC und die Unternehmen Wall AG undRandstad Deutschland GmbH ihr Engagement fürdie Stadt Berlin. In der Fußballschule der BerlinerFreunde werden nicht nur sportliche Leistungengefördert, auch auf schulische Bildung und berufli-che Ausbildung der Jugendlichen wird großer Wertgelegt. In der „Kaderschmiede“ leisten die BerlinerFreunde einen Beitrag für aktive Kieze und wertenBolzplätze mit professionellen Fußballtrainern auf.Die Großprojekte sind die Projekte der Unterneh-mens partner für die Stadt, und im Wettbewerb wer-

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Berliner Freunde – aus Verantwortung für unsere Stadt

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Abb. 4: Gesellschaftliche Verantwortung wird zum Megathema beim Sportsponsoring

barkeit auf der angebotenen Sponsoring-Plattformund zugleich seine Reputation dauerhaft verbes-sern. Durch die Verbindung mit gesellschaftlichenAktivitäten schützt er sich zudem vor pauschalenVerunglimpfungen, wie sie zuletzt im Zuge derFinanzkrise (etwa gegenüber Banken und Spitzen-managern) an der Tagesordnung waren. Bei un -vorhergesehenen Ereignissen, wie sie zum Bei-spiel im Vorfeld der Olympischen Spiele auftraten,ist der Sponsor nicht handlungsunfähig, sondernkann öffentlicher Kritik mit seinem gesellschaft-lichen Engagement entgegentreten. Und, last butnot least: Er leistet einen positiven Beitrag für dasGemeinwohl. Und das allein sollte die Mühe wertsein.

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Christiane Stöhr

leitet seit März 2007 den BereichScholz & Friends Reputation. Zuvorwar die Diplom-Medienberate-

rin langjähriges Mitglied der Geschäftslei-tung von Pixelpark, Berlin, bevor sie alsSenior-Consultant zu Scholz & Friends, Berlin,und später als Mitglied des Vorstands zumWagniskapitalgeber Venturepark, ebenfallsBerlin, wechselte. Seit 2003 arbeitet sie alsCSR-Beraterin.

[email protected]

Quelle: 05.02.2008 I WM 2010 - Sponsoring-Risiko und CSR-Chance

Imageziele

Bekanntheitsziele

Kontaktpflege bei Meinungsführern

Kontaktpflege zu Geschäftspartnern

Kundenbindung bei Endverbrauchern (B2C)

Gesellschaftliche Verantwortung / Good Citizenship

Mitarbeitermotivation

Mitte- und langfristige Umsatzziele

Direkte, unmittelbare Absatz- bzw. Umsatzziele

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Nach: Sponsor Vision 2006/2008Alle Angaben in Prozent

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