Asienkrise

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  • 7/26/2019 Asienkrise

    1/4Hinweis: Dieses Papier gibt die Meinung der Autoren wieder und reprsentiert nicht notwendigerweise die Position der KfW.

    KFW ECONOMIC RESEARCH

    Fokus

    Volkswirtschaft

    Nr. 17, 26. Februar 2013

    ISSN2

    194-9433

    Grafik 1: Wechselkurs asiatischer Whrungen zum US-Dollar nominal,

    Index Juni 1996=100

    50

    100

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    Indonesien Korea Malaysia Thailand

    Quelle: OANDA

    Die wirtschaftlichen Turbulenzen in der

    Eurozone wecken Erinnerungen an die

    Asienkrise 1997/98. Damals endete in

    einigen asiatischen Tigerstaaten einelange Boomphase abrupt, die Wirtschaft

    strzte ab. Besonders betroffen waren

    Indonesien, Sdkorea, Malaysia und

    Thailand. In der Eurozone hatten bis

    2007 insbesondere Griechenland, Ir-

    land und Spanien durch hohes Wachs-

    tum beeindruckt, bevor sie (wie auch

    Portugal) in eine tiefe Rezession fielen.

    Beide Krisen offenbarten erhebliche

    Strukturschwchen in den betroffenen

    Lndern. In Asien war es allerdings

    recht schnell gelungen, wirtschaftlichwieder Tritt zu fassen. Im vorliegenden

    Papier vergleichen wir die beiden Krisen

    und zeigen, dass es zwar gemeinsame

    Problemfelder gibt, die Erfahrungen in

    Asien jedoch keine Patentrezepte zur

    Bewltigung der Krise im Euroraum be-

    reithalten.

    Die Entwicklung der beiden Regionen

    vor Ausbruch der Krisen

    In etlichen Lndern Ost- und Sdostasiens

    verbesserte sich die soziokonomischeSituation zwischen Mitte der 1960er und

    Mitte der 1990er-Jahre erheblich. Die Welt

    sprach respektvoll von Tigerstaaten und

    einem East Asian Miracle (Titel einer

    Weltbankstudie). Kennzeichen der beein-

    druckenden Entwicklung war ein hohes

    Wachstum von BIP, Industrieproduktion,

    Exporten und Arbeitspltzen. Die Armut

    ging erheblich zurck. Durch einen mar-

    kanten Technologieschub stieg die interna-

    tionale Wettbewerbsfhigkeit. Die Wirt-

    schaft konnte zur Investitionsfinanzierung

    auf hohe inlndische Ersparnis sowieKapitalzuflsse aus dem Ausland zurck-

    greifen. Die Regierungen befrderten den

    Aufschwung durch gezielte Manahmen

    der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Binnen-

    und auenwirtschaftlich konnten hohe

    Defizite vermieden werden, zeitweise wur-

    den im Staatshaushalt und in der Leis-

    tungsbilanz sogar berschsse erwirt-schaftet.

    Deutlich weniger homogen als seinerzeit

    die asiatischen Tigerstaaten entwickelten

    sich in der Eurozone die heutigen Krisen-

    lnder Griechenland, Irland, Spanien und

    Portugal.1 Einen Wirtschaftsboom hatten

    bis 2007 Irland, Griechenland und Spanien

    erlebt. Portugals Volkswirtschaft wuchs

    dagegen nur schwach. Wachstumstreiber

    waren in Irland und Spanien die Bauwirt-

    schaft, der Finanzsektor und die exportori-

    entierte Industrie. In Griechenland basiertedas Wachstum auf einer starken privaten

    und ffentlichen Nachfrage, gespeist aus

    hohen Lohnsteigerungen und schuldenfi-

    nanzierten Staatsausgaben.

    Die Krisen und ihre Ursachen ...

    ... in Asien

    Im Sommer 1997 gaben die thailndi-

    schen Behrden die Wechselkursbindung

    des Baht an den Dollar auf, da nicht mehr

    gengend Devisenreserven zur Sttzung

    des Kurses existierten. Die nachfolgende

    Baht-Abwertung veranlasste Investoren,

    Kapital abzuziehen, was den Kursverfall

    beschleunigte. Diese Schockwelle bertrug

    sich auf andere Tigerstaaten. Auch dort

    strzten die Whrungen ab (siehe Gra-

    fik 1), Exporte und Brsenkurse brachen

    ein. Viele Banken gingen in Konkurs, ande-

    re wurden vom Staat bernommen bzw.

    rekapitalisiert. Inflation und Arbeitslosig-

    keit stiegen, soziale Unruhen erschtterten

    die Lnder. Besonders betroffen warenIndonesien, Sdkorea, Malaysia und Thai-

    land. In diesen Lndern folgte dem jahre-

    langen Wirtschaftsboom ein extremer BIP-

    Rckgang von bis zu 13 % (Indonesien

    1998, siehe Grafik 2). Die Krisenlnder

    wandten sich in ihrer Not an den IWF, der

    umfangreiche Finanzhilfen gewhrte.2

    Die Asienkrise 1997: keine Patentrezepte fr die

    Bewltigung der Schuldenkrise im Euroraum

    Autor: Dr. Martin Raschen, Telefon 069 7431-2434, [email protected]

    Die genannte Wechselkursentscheidung in

    Thailand war natrlich nicht die Ursache

    der Asienkrise, sondern nur der Auslser

    eines Sturms, der sich schon seit Lnge-

    rem zusammengebraut hatte. Verwhntdurch jahrelangen Erfolg und die Bewunde-

    rung der brigen Welt waren grundlegende

    Probleme verdrngt worden. Diese lassen

    sich stichwortartig wie folgt zusammen

    fassen (wobei nicht jeder Aspekt fr alle

    Lnder gilt). Eine starke Kreditexpansion

    fhrte zu Preisblasen am Immobilienmarkt.

    Zu optimistische Zukunftserwartungen

    bewirkten bermige Investitionen im

    Industriesektor. Der Bankensektor wies

    Strukturschwchen auf (mangelnde Auf-

    sicht, unzureichende Bercksichtigung vonKreditrisiken). Investoren vertrauten auf

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    Grafik 2: Wirtschaftswachstum in Asien, real in Prozent

    -15

    -10

    -5

    0

    5

    10

    1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

    Indonesien Korea Malaysia Thailand

    Quelle: IWF

    grozgige Staatsgarantien (Moral Ha-

    zard). Die Auslandsverschuldung stieg inden letzten Jahren vor der Krise deutlich

    an, und hier besonders die kurzfristige

    Verschuldung.

    Wichtige Erklrung fr die Zunahme der

    Auslandsverschuldung ist die verfehlte

    Wechselkurspolitik. Die Regierungen bzw.

    Zentralbanken der Tigerstaaten sorgten fr

    stabile Kurse gegenber Dollar und Yen,

    indem sie mit ihren Whrungsreserven am

    Devisenmarkt intervenierten. Das Vertrau-

    en in staatlich abgesicherte Wechselkurse

    fhrte zu einer starken Zunahme langfristi-ger Kredite in Inlandswhrung auf der

    Basis kurzfristiger Dollar/Yen-Refinan-

    zierung ohne Absicherung des Wechsel-

    kursrisikos. Als der Dollar dann allerdings

    gegenber dem Yen, europischen Wh-

    rungen und dem chinesischen Renminbi

    aufwertete, mussten die lokalen Whrun-

    gen mangels Devisenreserven abwerten.

    Dies strzte die Banken in massive

    Schwierigkeiten und veranlasste Investo-

    ren zu einem panikartigen Kapitalabzug.

    Grafik 3: Leistungsbilanzdefizit der Lndergruppe GR / IE / ES / PT in Prozent des BIP

    a)

    0 %

    2 %

    4 %

    6 %

    8 %

    10 %

    12 %

    2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 a) mit dem BIP gewichteter Durchschnitt (2012 vorlufiger Wert)

    Quelle: Eurostat, eigene Berechnung

    Diese konomischen Aspekte erklren die

    Asienkrise jedoch nicht vollstndig. Wichti-

    ge Hintergrnde liegen auch im politko-

    nomischen bzw. kulturellen Bereich. Zu

    nennen sind die enge Verknpfung von

    Politik, Brokratie und Wirtschaft mit der

    Folge von Privilegienwirtschaft, Korruption

    etc. sowie die geringe Transparenz und

    Machtkontrolle der gesellschaftlichen

    Systeme, welche offene Kritik kaum zulie.

    Schlielich liegt eine Mitverantwortung fr

    die Asienkrise aber auch bei auslndi-schen Banken und Investoren. Der lang

    anhaltende Boom hatte zu mangelnder

    Sorgfalt und einem Ausblenden potenziel-

    ler Risiken gefhrt.

    ... und im Euroraum

    Die Krise in den Europeripherielndern hat

    einerseits landesindividuelle Ursachen.

    Andererseits gibt es aber auch wichtige

    Gemeinsamkeiten. So hatte jedes der

    genannten Lnder gesamtwirtschaftlich

    zunehmend mehr ausgegeben als einge-

    nommen. Ablesbar ist dies an den auen-

    wirtschaftlichen Ungleichgewichten. Das

    durchschnittliche Leistungsbilanzdefizit

    von Griechenland, Irland, Spanien und

    Portugal ist zwischen 2002 und 2008

    kontinuierlich von 4,0 % des BIP auf sehr

    hohe 10,3 % gestiegen (siehe Grafik 3).Dies htte als Zeichen gravierender struk-

    tureller Probleme dieser Volkswirtschaften

    ernster genommen werden mssen.

    Mehr ausgegeben als eingenommen hatte

    in allen vier Lndern der private Sektor, in

    Griechenland und Portugal darber hinaus

    auch der ffentliche Sektor. Private Haus-

    halte und Unternehmen finanzierten ihre

    bermigen Ausgaben durch Auslands-

    verschuldung. Diese Mittel wurden insbe-

    sondere in Immobilien investiert, sodass

    Hypothekenkredite anstiegen und die

    Bauwirtschaft expandierte (Irland, Spa-

    nien). Hintergrund der steigenden privaten

    Nachfrage war in allen vier Lndern auch

    ein starkes Wachstum der Lhne, das den

    Produktivittszuwachs deutlich berstieg

    und die internationale Wettbewerbsfhig-

    keit schmlerte. In Griechenland und Por-

    tugal waren darber hinaus nicht nur die

    Finanzierungssalden des privaten, sondern

    auch des ffentlichen Sektors negativ.

    Griechenland hatte seine hohe Staatsver-

    schuldung lange Zeit durch Vorlage mani-

    pulierter Statistiken verschleiert.

    Zur Erklrung der Krise reichen diese nati-onalen Faktoren allerdings nicht aus. Hinzu

    kam das weltweit zu beobachtende geringe

    Risikobewusstsein von Banken, die auch

    Schuldnern mit geringer Bonitt Kredite zu

    sehr gnstigen Bedingungen gewhrten.

    Banken wie auch Ratingagenturen hatten

    offensichtlich die Risikosituation der Wh-

    rungsunion im Allgemeinen und der Euro-

    peripherielnder im Besonderen zu unkri-

    tisch betrachtet. Ab Anfang 2010 nderten

    die Banken ihre Vergabepolitik und redu-

    zierten ihr Engagement. Dies lste einen

    sich selbst verstrkenden und destabilisie-renden Prozess aus, die Geldstrme aus

    den Peripherielndern in die Eurokernln-

    der nahmen erheblich zu (Kapitalflucht in

    sichere Hfen). Entsprechend stiegen die

    Finanzierungskosten von Banken und

    Staat in den Peripherielndern stark an.

    Immobilienblasen platzten, Banken gerie-

    ten in Schieflage und mussten von den

    Regierungen gesttzt werden. Dies fhrte

    auch in Irland und Spanien, deren Staats-

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    haushalte bis dahin sehr solide waren, zu

    enormen Budgetdefiziten. Eine vorher nicht

    fr mglich gehaltene Insolvenz von Staa-

    ten wurde zur realen Gefahr. EU, EZB und

    IWF etablierten daraufhin groe finanzielle

    Rettungsprogramme und leiteten instituti-

    onelle Reformen der Whrungsunion ein.

    Zum Verstndnis der Krise muss man sich

    allerdings auch die makrokonomischen

    Rahmenbedingungen der Europischen

    Whrungsunion vor Augen fhren. Ver-

    schiedene Aspekte sind hier zu nennen.

    (i) Da das Risiko der Abwertung einer eige-

    nen Whrung entfallen ist, war die Versu-

    chung gro, eine berhhte Staatsver-

    schuldung in der neuen Gemeinschafts-whrung einzugehen. (ii) Anleger waren zu

    entsprechender Finanzierung bereit, da sie

    die im Eurovertrag verankerte Nichtbei-

    standsklausel nicht ernstnahmen.3(iii) Die

    Zinspolitik gilt einheitlich fr den gesamten

    Whrungsraum; einer berhitzten Konjunk-

    tur in einzelnen Lndern kann geldpolitisch

    nicht gezielt gegengesteuert werden.

    (iv) Bei einer Verschlechterung der interna-

    tionalen Wettbewerbsfhigkeit durch ber-

    hhte Lhne steht der Wechselkurs als

    Korrektiv nicht zur Verfgung.

    Die asiatischen Krisenlnder erholten

    sich schnell

    Nach dem gravierenden Absturz 1997/98

    konnten Indonesien, Korea, Malaysia und

    Thailand wirtschaftlich recht schnell wieder

    Tritt fassen. Schon 1999 stiegen berall

    die Exporte wieder an und die Rezession

    war berwunden, die Lnder kehrten auf

    einen Wachstumskurs zurck (siehe Gra-

    fik 2). Sie sind den genannten Struktur-

    schwchen mit gezielten Reformen und

    Politiknderungen im Finanz- und Unter-nehmenssektor sowie in der Fiskal- und

    Geldpolitik zu Leibe gerckt. Auslndische

    Investoren hielten sich noch eine gewisse

    Zeit zurck, fassten dann aber wieder

    Vertrauen und engagierten sich erneut mit

    Direkt- und Portfolioinvestitionen.

    In der Whrungspolitik gaben die Tiger-

    staaten den Marktkrften bei der Wech-

    selkursbildung mehr Raum. Auerdem

    zogen sie die grundlegende Lehre aus der

    schmerzlichen Erfahrung in der Krise, dass

    sie auenwirtschaftlich bei geringen Wh-

    rungsreserven verwundbar sind. So erhh-

    ten die Zentralbanken durch Dollarkufe

    ihre Devisenreserven. Dies dmpfte gleich-

    zeitig den Whrungsaufwertungsprozess

    ein durchaus willkommener Effekt, half er

    doch, die Verbesserung der internationalen

    Wettbewerbsfhigkeit, die sich in der Krise

    durch die Abwertung ergeben hatte, auf-

    rechtzuerhalten. Ferner trieben die Lnder

    die regionale wirtschaftliche Integration

    voran. Flankiert durch die Politik expan-

    dierte der regionale Handel. Schlielich

    haben die ASEAN-Lnder sowie China,

    Sdkorea und Japan einen Whrungsbei-

    standspakt gegrndet (Chiang-Mai-

    Initiative), mit dem sie durchaus auch das

    Ziel verfolgen, von einer Untersttzung des

    ungeliebten IWF unabhngiger zu werden.

    Alles in allem hatte sich somit gezeigt,

    dass die asiatischen Tigerstaaten zwarnicht rundum gesund waren. Sie waren

    aber auch nicht extrem krank gewesen.

    Grundstzlich besaen die Tigerstaaten

    eine groe interne Wachstumskraft. Diese

    konnte nach den dargestellten Korrekturen

    mittel- und langfristig wieder zum Tragen

    kommen.

    Die Erholung im Euroraum ist schwieri-

    ger und erfordert einen langen Atem

    Die Krise der Europeripherielnder ist noch

    nicht berwunden. Nach Einschtzung der

    OECD werden 2013, also im inzwischen

    dritten Jahr nach dem Beginn der Krise,

    Griechenland, Spanien und Portugal eine

    erneute BIP-Schrumpfung erleben, die

    enorm hohe Arbeitslosigkeit und die

    Staatsverschuldung steigen weiter an.

    Lediglich in Irland verbessern sich diese

    Indikatoren derzeit wieder allmhlich. Das

    heit, die Krise im Euroraum ist deutlich

    weitreichender als seinerzeit in Asien, und

    ihre berwindung wird mehr Zeit erfordern.

    Wesentliche Unterschiede zwischen den

    beiden Fllen bestehen in vier Bereichen.Erstens ist das weltwirtschaftliche Umfeld

    sehr verschieden. 1997 war die globale

    Konjunktur in guter Verfassung. Anfang

    2010 litt die Welt demgegenber noch

    unter der globalen Finanzmarktkrise. Zwei-

    tens war die interne Wachstumskraft der

    asiatischen Tigerstaaten grundstzlich

    gro. Die Europeripherielnder waren zwar

    bei Ausbruch der Krise erheblich reicher

    bzw. hatten ein hheres Wohlfahrtsniveau

    erreicht als seinerzeit die Tigerstaaten,4ihr

    lngerfristiges Wachstumspotenzial drfteaber geringer sein.

    Drittens waren die Arbeitsmrkte in den

    Tigerstaaten damals flexibler als in den

    Europeripherielndern heute. In Asien war

    der informelle Sektor grer, und der Anteil

    der Angestellten an der Gesamtbeschfti-

    gung, der gewerkschaftliche Organisati-

    onsgrad sowie die Verbreitung einer Ar-

    beitslosenversicherung waren geringer.

    Nach Ausbruch der Asienkrise verschrfte

    sich dadurch zwar das Armutsproblem

    erheblich, der flexible Arbeitsmarkt erleich-

    terte allerdings auch den strukturellen

    Anpassungsprozess.

    Viertens konnten in Asien Korrekturen

    auch ber den Wechselkurs verlaufen.

    Anpassungen relativer Preise auf den

    Produkt- und Arbeitsmrkten erfolgten

    durch Whrungsabwertung ohne nominale

    Preissenkungen (und damit relativschmerzfrei). In der Whrungsunion be-

    steht diese Mglichkeit wie dargelegt nicht.

    Hier mssen insbesondere Lhne nominal

    sinken, um die internationale Wettbe-

    werbsfhigkeit wieder zu verbessern. Aller-

    dings ist Abwertung keine Wunderdroge. In

    den asiatischen Tigerstaaten hatte sie

    erhebliche unerwnschte Nebenwirkun-

    gen. Die Schulden in Fremdwhrung stie-

    gen im Wert, was den Staat, die Banken

    und auch andere Sektoren belastete. Nicht

    zuletzt ist zu beachten, dass Abwertung im

    Auenhandel zwar Exporteuren ntzt,gleichzeitig aber auch Importe verteuert.

    Der wirtschaftliche Anpassungsprozess

    in den Europeripherielndern ist im

    Gange

    Zwar sind die Lnder wirtschaftlich noch

    nicht ber den Berg, sie sind jedoch beim

    Abbau makrokonomischer Ungleichge-

    wichte schon weiter vorangekommen als

    vielfach anerkannt wird. Dies zeigt sich in

    der Leistungsbilanz, im Staatshaushalt

    sowie in der Lohnentwicklung5. Der fataleTrend steigender Leistungsbilanzdefizite

    hat sich bereits seit 2009 umgekehrt

    (siehe Grafik 3), Irland erzielt sogar schon

    seit 2010 einen berschuss. Allerdings ist

    einzurumen, dass dies schner aussieht

    als es tatschlich ist. Der Rckgang der

    Leistungsbilanzdefizite ist nur dann unein-

    geschrnkt positiv zu werten, wenn er auf

    Exportwachstum (und damit einer Verbes-

    serung der Wettbewerbsfhigkeit) basiert.

    Tatschlich nahmen die Exporte zwar seit

    2009 in allen vier Europeripherielndernzu (Ausnahme Griechenland 2012). Die

    Verbesserung des Leistungsbilanzsaldos

    ist aber in starkem Ma auch auf einen

    erheblichen Rckgang der Importe zurck-

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    KFW ECONOMIC RESEARCH

    4

    Konsequenzen fr die Europische

    Whrungsunion EWU)

    Die Krise der Europeripherielnder offen-

    bart Defizite des im Maastricht-Vertragfestgelegten EWU-Ordnungsrahmens. Die

    EWU wurde in den 1990er-Jahren be-

    schlossen, ohne gleichzeitig eine weitrei-

    chende politische Integration voran zu

    treiben. Insbesondere hielt man an der

    fiskalischen Autonomie der Mitgliedslnder

    fest. Die betreffenden Disziplinierungs-

    manahmen des Stabilitts- und Wachs-

    tumspaktes erschienen ausreichend. Ob

    dies ein grundlegender Konstruktionsfehler

    ist, wird intensiv diskutiert. Fest steht, dass

    sich insbesondere das Budgetdefizit in

    Griechenland deshalb zu einem Problem

    entwickelte, weil die im EWU-Regelwerk

    vorgesehenen Sanktionen bei berschrei-

    ten der Schuldengrenzen nicht angewandt

    wurden und auslndische Investoren mit

    einer Mischung aus Sorglosigkeit und

    falscher Lagebeurteilung dem Land hohe

    Mittel bereit stellten. Rckblickend htte

    man auch den Fehlentwicklungen auf den

    Finanz- und Immobilienmrkten der Krisen-

    lnder eher und energischer entgegen

    treten mssen. Eindeutig falsch wre es,

    die Einfhrung des Euro pauschal fr alle

    aktuellen Probleme verantwortlich zu ma-

    chen. Allerdings wren ohne den Euro die

    Risikoprmien fr Lnder mit hoher

    Staatsverschuldung vermutlich frher

    angestiegen (bzw. nicht so stark gefallen),

    was eventuell die Verschuldung gebremst

    htte, insbesondere im Falle Griechenland.

    zufhren, und dies ist primr konjunkturell

    bedingt, d. h., es zeigt noch keine dauer-

    hafte Verbesserung der Wirtschaftsstruktur

    an.

    Die Konsolidierung der Staatshaushalte ist

    ein steiniger Weg. Der Primrsaldo (Ausga-

    ben ohne Zinszahlungen) ist in allen vier

    Peripherielndern noch negativ. Immerhin

    konnte aber im Durchschnitt der Lnder-

    gruppe das Primrdefizit von hohen 10 %

    in Relation zum BIP (2009) auf 3,7 %

    (2012) reduziert werden (siehe Grafik 4).

    Die Krise hat gezeigt, dass neben nationa-

    len Manahmen auch EWU-Regelnde-

    rungen in den Bereichen Fiskalpolitik,

    Finanzmarktregulierung sowie im Umgangmit Liquiditts- und Solvenzkrisen von

    Staaten ntig sind. An diesen Themen wird

    gearbeitet, vieles wurde inzwischen umge-

    setzt.

    Die Lohnstckkosten sinken bereits seit

    2009 in allen vier Lndern deutlich (siehe

    Grafik 4), was eine Verbesserung der preis-

    lichen Wettbewerbsfhigkeit anzeigt. Auch

    ohne Hilfestellung einer Whrungsabwer-

    tung sind viele Lhne nominal gesunken.

    Allerdings ist dies durchaus eine bittere

    Medizin, da es die wirtschaftliche Stagna-

    tion verstrkt (Nachfrageschwche) und

    die Lnder innenpolitisch vor eine Zerrei-

    probe stellt.

    Was bleibt?

    Patentrezepte lassen sich aus den asiati-

    schen Erfahrungen fr die Schuldenkrise

    im Euroraum nicht ableiten. Gemeinsame

    Problemfelder sind allerdings die Schw-

    chen in den nationalen Bankensektoren

    sowie auf Seiten der auslndischen Ban-

    ken und Investoren die Sorglosigkeit in der

    Auswahl der Partner und die geringe Be-

    reitschaft zu lngeren Laufzeiten. Mit ei-

    nem greren Risikobewusstsein auf die-

    sen Gebieten und entsprechend frhzeiti-

    gem Gegensteuern wren zweifellos in den

    Europeripherielndern viele Probleme

    vermeidbar gewesen. Angesprochen sind

    hier allerdings nicht nur die Entscheidungs-

    trger in den einzelnen Eurolndern, son-

    dern auch EZB, EU, IWF und andere inter-

    nationalen Organisationen sowie die Ra-

    tingagenturen, da diese wie dargelegt zuspt reagiert haben bzw. in ihren Analysen

    die Probleme nicht klar benannt haben.

    Grafik 4: Staatshaushalt und Lohnstckkosten in der Lndergruppe GR / IE / ES / PT

    a)

    -10

    -8

    -6

    -4

    -2

    0

    2

    2007 2008 2009 2010 2011 2012

    90

    95

    100

    105

    110

    Primrsaldo Staatshaushalt in Prozent des BIP, l.S.

    Lohnstckkosten, nominal, 2007=100, r.S.

    a) jeweils mit dem BIP gewichteter Durchschnitt der Lndergruppe (2012 vorlufige Werte)

    Quellen: IWF, EU-Kommission, eigene Berechnung

    1Als Krisenlnder werden hier nur Lnder verstanden, fr die finanzielle Hilfsprogramme geschnrt wurden, also z. B. ohne Italien und (bisher) Zypern.

    2Die Finanzhilfen des IWF waren allerdings an wirtschaftspolitische Bedingungen gebunden wie die Erhhung der Leitzinsen, die Senkung der Staatsaus-

    gaben sowie Reformen im Finanzsektor. Diese IWF-Politik war uerst umstritten. Zahlreiche Kritiker warfen dem IWF vor, mit dieser Medizin an den wah-ren Ursachen vorbei zu gehen und die Krise sogar zu verschrfen.3Die Annahme von Anlegern, dass ein klammes Schuldnerland von anderen Eurolndern trotz der Nichtbeistandsklausel des Maastricht-Vertrages Hilfe

    erhalten werde, wurde insbesondere durch die Griechenland-Erfahrung genhrt. Griechenland konnte ber ein ganzes Jahrzehnt hinweg ein Budgetdefizitweit ber dem Maastricht-Schwellenwert von 3 % aufweisen, ohne jemals den im Stabilitts- und Wachstumspakt vorgesehenen Sanktionen ausgesetzt zusein.

    4Als Wohlfahrtsindikator wird bei diesem Vergleich auf das Pro-Kopf-Einkommen (nach der Atlas-Berechnungsmethode der Weltbank) jeweils im letztenguten Jahr vor Ausbruch der Krise abgestellt. Das Pro-Kopf-Einkommen der asiatischen Tigerstaaten 1996 lag zwischen 1.080 Dollar (Indonesien) und12.070 Dollar (Sdkorea). Bei den Europeripherielndern betrug 2006 die Bandbreite 18.720 Dollar (Portugal) bis 46.110 Dollar (Irland).5Hinzu kommt die Beobachtung, dass in Spanien seit Mitte 2012 wieder auslndische Direkt- und Portfolioinvestitionen ins Land kommen. Fr Griechen-

    land, Irland und Portugal liegen hierzu keine zeitnahen Daten vor.