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Johannes Gutenberg-Universität Mainz Fachbereich 02: Sozialwissenschaften, Medien und Sport Institut für Sportwissenschaft Seminar Pneumologische Rehabilitation Wintersemester 2006/2007 Leitung: Dr. Schmitz Referent: Tobias Laue Asthma im Kindesalter - Vortrag - 1. Praktisches Beispiel für Asthma Stefanie, 11 Jahre, 3. Klasse Grundschule, lebt im Asthmazentrum Berchtesgaden (Zitat von der Homepage "www.asthmazentrum.cjd.de") 2. Asthma allgemein / beim Kind Asthma (Asthma bronchiale) ► Chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, charakterisiert durch bronchiale Hyperreagibilität (Überempfindlichkeit) und variable Atemwegsobstruktion Typische Symptome Atemnot (häufig anfallsartig, auch nachts und am frühen Morgen, bei körperlicher Belastung), Husten, Giemen (krankhaftes Atmungsgeräusch), zäher glasiger Schleim (Sputum) Hintergrund Entzündung der Schleimhaut der Bronchien, Verengung der Wände; entzündete Schleimhaut produziert Schleim; Verengung der Wände; Muskulatur der Bronchien zieht sich auf bestimmte Reize zusammen (Rauch, Temperaturwechsel, Anstrengung) und verkrampft sich, wodurch sich der Innendurchmesser der Bronchien weiter verengt Formen allergisches bzw. extrinsisches Asthma (genetisch bedingte Bereitschaft gegen Umweltallergene gerichtete Antikörper zu produzieren; Allergene sind insbesondere im Kindes- und Jugendalter von pathogenetischer Relevanz) nicht-allergisches bzw. intrinsisches Asthma (meist durch Infektionen der Atemwege ausgelöst) Mischformen 1

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Johannes Gutenberg-Universität MainzFachbereich 02: Sozialwissenschaften, Medien und SportInstitut für SportwissenschaftSeminar Pneumologische RehabilitationWintersemester 2006/2007Leitung: Dr. SchmitzReferent: Tobias Laue

Asthma im Kindesalter- Vortrag -

1. Praktisches Beispiel für Asthma

Stefanie, 11 Jahre, 3. Klasse Grundschule, lebt im Asthmazentrum Berchtesgaden

(Zitat von der Homepage "www.asthmazentrum.cjd.de")

2. Asthma allgemein / beim Kind

Asthma (Asthma bronchiale)► Chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, charakterisiert durch bronchiale

Hyperreagibilität (Überempfindlichkeit) und variable Atemwegsobstruktion

Typische SymptomeAtemnot (häufig anfallsartig, auch nachts und am frühen Morgen, bei körperlicher Belastung),

Husten, Giemen (krankhaftes Atmungsgeräusch), zäher glasiger Schleim (Sputum)

HintergrundEntzündung der Schleimhaut der Bronchien, Verengung der Wände; entzündete Schleimhaut

produziert Schleim; Verengung der Wände; Muskulatur der Bronchien zieht sich auf bestimmte

Reize zusammen (Rauch, Temperaturwechsel, Anstrengung) und verkrampft sich, wodurch sich

der Innendurchmesser der Bronchien weiter verengt

Formen– allergisches bzw. extrinsisches Asthma (genetisch bedingte Bereitschaft gegen

Umweltallergene gerichtete Antikörper zu produzieren; Allergene sind insbesondere im Kindes-

und Jugendalter von pathogenetischer Relevanz)

– nicht-allergisches bzw. intrinsisches Asthma (meist durch Infektionen der Atemwege ausgelöst)

– Mischformen

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Grundsätze einer Therapiea) Suppression (= Unterdrückung / Hemmung) der Entzündung, Verminderung der bronchialen

Überempfindlichkeit und der Atemwegsobstruktion (= Verstopfung durch entzündliche Prozesse)

durch Meidung von Asthmaauslösern und rationale Pharmakotherapie. Keine Heilung möglich, nur

Kontrolle! (aber normale Lebensführung und Lebenserwartung möglich)

b) Einbeziehung des Patienten und seiner Angehörigen in den Behandlungsplan

c) Vermittlung von Krankheitsverständnis und Kompetenz für Selbsthilfemaßnahmen

Ziele einer TherapieVermeidung von Asthmaanfällen, Wiederherstellung und Erhaltung einer normalen oder best-

möglichen Lungenfunktion, Verhinderung einer krankheitsbedingten Beeinträchtigung der körper-

lichen Aktivitäten und der physischen und geistigen Entwicklung

Therapie (Asthma-Management)

a) präventiv– Feuchtigkeit im Haus vermeiden (Pilzbildung)

– lange Stillzeit / hypoallergene Säuglingsnahrung

– Rauchen vermeiden (bereits in der Schwangerschaft)

– Hausstaubmilben vermeiden (alte Teppiche, Kuscheltiere)

– Tierhaltung im Haus vermeiden (Tierallergen, Schimmelpilzsporen, Vorratsmilben)

Aber: Ursächlich für eine Asthmaentwicklung scheint auch die genetische Disposition zu sein!

b) nichtmedikamentös– bei allergischen Ursachen Sanierung des Umfeldes, d.h. auslösenden Allergene vermeiden

(Rauchen aktiv und passiv; Umweltallergene sowie Allergene und inhalative Noxen = Stoffe mit

schädigender Wirkung auf den Organismus; Staubsauger mit Feinstaubfilter, Bettzeug

wöchentlich bei 60 Grad Celsius waschen, milbenstaubundurchlässige Überzüge vewenden,

Teppichböden und Kuschel-tiere entfernen)

– spezifische Immuntherapie / Abhärtung (Saunabaden, Wechselduschen)

– Impfung gegen Krankheiten (Diphtherie, Tetanus, Grippe, Masern, usw.)

– ausreichend Bewegung, insbesondere Ausdauersport wie Wandern, Fahrradfahren und vor

allem Schwimmen

– Raucherentwöhnung

– Normalisierung des Gewichts

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– fell- und federtragende Tierhaltung vermeiden

– bei Cortisoneinnahme ausreichend Calciumzufuhr

– Entspannungstechniken (z. B. autogenes Training), psychosoziales Training

– Atemgymnastik, Atemtechniken erlernen (z. B. Lippenbremse)

– Rehabilitation

– Anschluss an einen Allergie- oder Asthmabund

– Patienten- oder Asthmaschulung (Kinder, Erwachsene, Asthmatrainer)

c) medikamentös– Anwendung erfolgt abgestuft entsprechend dem Schweregrad

– Empfehlung bereits bei leichtgradigem Asthma zu behandeln (Vorbeugung von chronischen

Schäden)

– zur Erweiterung der Bronchien oder zur Hemmung der Entzündung

– entzündungshemmende Behandlung im Vordergrund (Asthma beruht auf Entzündung der

Bronchialschleimheit)

– bronchialerweiternde Behandlung dient zur Lösung der Bronchialverengung und damit zur

subjektiven Erleichterung; behandelt das Asthma jedoch nur symptomatisch, keinen

nachhaltigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf

– Inhalation der Medikamente hat geringere Nebenwirkungen als systemische oder orale

Einnahme (Orale M. nur in höchster Asthmastufe, meist als Stosstherapie)

– regelmäßige Peak-flow-Messung (Peak-flow = maximale Atemstromstärke, die bei maximaler

Ausatmung erreicht wird). Je enger die Bronchien, desto geringer der Wert!

Demonstration eines Peak-Flow-Gerätes

– zwei Stoffgruppen entsprechend der lang- oder kurzfristigen Medikation: Dauermedikation

(Controller) und Bedarfsmedikation (Reliever)

Ziele der Therapie von KindernAlle krankheitsbedingten Beeinträchtigungen des täglichen Lebens sollen verhindert werden, damit

sie sich körperlich und seelisch unter Wahrung ihrer natürlichen körperlichen Aktivitäten entwickeln

können.

Erfahrungen– jedes 10. Kind in Deutschland (einige Studien nennen sogar 15%) leidet an Asthma bronchiale,

damit häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter

– Asthma wird meist durch einen Infekt ausgelöst, bei Kindern steht anschließend das

allergische Asthma im Vordergrund

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– zur Verfügung stehende Medikamente aus Angst vor Nebenwirkungen zu spät im

Krankheitsverlauf eingesetzt; beim inhalativen Cortison ist in der Regel aber mit keiner

Wachstumsreduzierung zu rechnen; schlecht eingestellte Asthmatiker wachsen nach

Untersuchungen schlechter als gut eingestellte unter Cortisontherapie. (aber berichtete

Nebenwirkungen: Beeinflussung des Regelkreises, des Wachstums, des

Knochenstoffwechsels)

– Kinderärzte stehen oft vor Problem, dass Medikamentenzulassungen für Kinder fehlen; einige

Medikamente auch niedrige Dosierungen

– erforderliche Inhalation von Substanzen mehrmals am Tage überfordert Kinder (und

Erwachsene?) in ihrer Verantwortung. Versuchsweise daher Einsatz vier bis acht Wochen

bevor bei unzureichendem Therapieerfolg Umstellung auf niedrig dosiertes Kortison

– körperliche Anstrengung löst bei manchen Kindern Beschwerden aus; dann Prüfung, ob

Entzündung ausreichend behandelt oder ob Dosierung des entzündungshemmenden Medika-

mentes erhöht werden muss; falls Dosierung ausreichend, Bedarfsbehandlung vor körperlicher

Anstrengung. Nur in extremen Ausnahmefällen muss ein Kind vom Sport befreit werden.

Körperliche Aktivität und Asthma schließen sich nicht aus!

3. Operative Umsetzung

Stufenplan zur Behandlung von Asthma bei Kindern:

a) entweder nach Symptomatik (Peak-flow, Atemfrequenz, Herzfrequenz) oder

b) nach Schweregrad mit folgenden Beschwerden vor der Behandlung:

Stufe 1 (intermittierendes A.): weniger als 6x im Jahr

Stufe 2 (persistierendes mildes A.): weniger als 1x pro Woche tagsüber, 2x pro Monat nachts

Stufe 3 (persistierendes mittelschweres A.): mehr als 1x pro Woche tagsüber, mehr als 2x pro

Monat nachts

Stufe 4 (persistierendes schweres A.): an den meisten Tagen und Nächten.

Entzündungshemmende Medikamente (Controller) müssen regelmäßig eingenommen werden,

daher Dauerbehandlung: Stufe 1: keine, Stufe 2: Entzündungshemmer (DNCG, Nedocromil,

Kortison als Spray oder Pulver), Stufe 3: Entzündungshemmer und ggf. Bronchien-Erweiterer

(Beta-Sympathomimetikum, Theophyllin), Stufe 4: Entzündungshemmer (Kortison auch als

Tabletten) und ggf. Bronchien-Erweiterer.

Bei Stabilität der Erkrankung, Versuch Medikamente schrittweise zu verringern; bei Zunahme

Intensivierung der Behandlung.

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Bei plötzlicher Atemnot helfen nur schnellwirkende Medikamente (Reliever), daher

Bedarfsbehandlung: kurzwirkendes Beta-Sympathomimetikum, bei Unverträglichkeit

Ipratropiumbromid.

Asthmaschulung für Kinder:

– Warum? Um besser mit der Erkrankung umgehen zu können, ab 4 / 6 Jahren

– Wo? In verschiedenen Zentren der Deutschen Atemwegsliga (Internet)

– Wie? Interdisziplinär (Psychologen, Pädagogen, Physiotherapie)

– Inhalte? Aufklärung über die Ursachen der Krankheit, Auslöser und Beschwerden, richtige

Inhalationstechnik, Verhaltenstraining, Asthmasport und Atemübungen,

Unterscheidung zwischen Dauer- und Bedarfsmedikation, Peak-flow-Messung und

Führen eines Tagebuchs, Selbsthilfemaßnahmen und Selbstbehandlung,

Auswirkungen der Krankheit in Familie, Schule, bei Freunden (keine Kenntnis über

Asthma von Gleichaltrigen!)

Selbsthilfemaßnahmen:

Merkmale: langsam oder plötzlich einsetzende Luftnot, Pfeifen, festsitzender Husten, Abfall des

Peak-flow-Wertes um mehr als 20% des Durchschnittswertes

1. Stufe: Lippenbremse und Kutschersitz, 2 Hübe des Beta-Sympathomimetikums oder

Inhalation über einen Düsenvernebler

2. Stufe (wenn nach 10min. keine Besserung): 1. Stufe wiederholen, Theophyllin-Einnahme,

Prednisolon

3. Stufe (wenn nach weiteren 10min. keine Besserung): Kinderarzt, Klinik, Notarzt)

Lebensbedrohliche Situation:

– Sitzende Haltung, Arme seitlich abgestützt

– PEF nicht messbar, stumme Lunge

– Arterielle Hypotonie

– Erschöpfung, Verwirrtheit

– Pulsfrequenz: Zunahme bedeutet Verschlechterung, bei ausbleibender klinischer Besserung ist

ein Abfall als ein präfinales Ereignis aufzufassen

– falls Zustand nach Gabe eines Beta-Sympathomimetikums nicht deutlich besser, stationäre

Aufnahme

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4. Eigene Überlegungen

Umgang mit Asthma in der Schule / Sportunterricht?

– Darstellung der Problematik

– Beispiele aus der Klasse

– Vorstellung der Geräte / Medikamente

– Vorstellung der Maßnahmen beim Asthmaanfall (durch das Kind / Lehrer / Arzt)

Literatur

Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e.V. (2001). Qualitätssicherung in der Asthmaschulung von Kindern und Jugendlichen. München, Zuckerschwerdt.

www.allergiecheck.de

www.asthmazentrum.cjd.de: Asthma bei Kindern. Ausbildung zum Asthmatrainer. Eltern-Asthmatraining.

www.atemwegsliga.de: Asthmaleitlinie (Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma)

www.atemwegsliga.de: Asthmatherapie bei Kindern – Informationsblatt für Eltern

www.atemwegsliga.de: Asthmatherapie bei Kindern und Erwachsenen (aus: Medizinische Klinik)

www.brit-thoracic.org: Asthma

www.daad.de: Was ist Asthma? Asthma im Kindesalter.

www.nhlbi.nih.gov: Practical Guide for the Diagnosis and Management of Asthma

www.pneumologenverband.de: Atemluft 34 – Qualitätsmanagement und Asthma.

www.uni-duesseldorf.de/AWMF: Asthma bronchiale

Internetrecherche 14.08.2006 / 11.11.2006

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