Asylverfahren: Verdacht auf weitreichenden Skandal im Bamf · Agenda Setting/ Medienskandale:...

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal Material 1: Süddeutsche Zeitung 20.04.2018 Asylverfahren: Verdacht auf weitreichenden Skandal im Bamf 20. April 2018, 10:01 Uhr / Von Nicolas Richter und Jan Strozyk Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und Radio Bremen soll eine leitende Bamf-Mitarbeiterin in etwa 2000 Fällen Asyl gewährt haben, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Ermittler durchsuchten insgesamt acht Objekte, darunter die Privatwohnungen der drei Anwälte und der ehemali- 5 gen Bamf-Mitarbeiterin, sowie Kanzleien. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wird offenbar von einem größeren Skandal heimgesucht. Ermittler gehen nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und Radio Bremen davon aus, dass eine lei- tende Mitarbeiterin der Behörde in etwa 2000 Fällen Asyl gewährt haben soll, obwohl die rechtlichen Vorausset- zungen dafür nicht gegeben waren. Es geht dabei um den Zeitraum zwischen 2013 und 2017. Zuvor war von 10 1200 Fällen die Rede. Die betroffene Mitarbeiterin soll die Außenstelle des Bamf in Bremen geleitet haben, sie wurde mittlerweile vom Dienst suspendiert. Offenbar arbeitete sie mit drei Anwälten zusammen, die ihr systematisch Asylbewerber zu- führten, auch solche aus anderen Bundesländern. Die Bremer Staatsanwaltschaft bestätigte auf Anfrage, dass es Ermittlungen gegen die ehemalige Leiterin, drei Rechtsanwälte aus Bremen und Niedersachsen und einen Dol- 15 metscher gäbe. Der Verdacht lautet auf Bestechlichkeit und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragsstellung. Die Außenstelle Bremen sei demnach formal für die Antragssteller nicht zuständig gewesen, die Leiterin habe über die Anträge in Eigenregie offenbar dennoch entschieden. Am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche durchsuchten Ermittler insgesamt acht Objekte, darunter die Pri- 20 vatwohnungen der drei Anwälte und der ehemaligen Bamf-Mitarbeiterin, sowie Kanzleien. Nur 98 der Asylanträge lagen demnach im Zuständigkeitsbereich der Bremer Bamf-Außenstelle. Die übrigen An- tragsteller kamen, davon gehen die Ermittler aus, nicht aus Bremen, sondern überwiegend aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Sie seien nach den positiv beschiedenen Anträgen wieder dorthin zurückge- schickt worden. 25 Anwalt soll Bustransporte organisiert haben Ein beschuldigter Anwalt aus Hildesheim soll dafür Bustransporte organisiert haben und mit der ehemaligen Bamf-Leiterin mit Hilfe von vorab ausgestellten Listen für eine priorisierte Bearbeitung der Fälle in Bremen ge- sorgt haben. Ihren Ursprung nahmen die Ermittlungen offenbar, als eine Familie aus Niedersachsen kurz vor ih- rer geplanten Abschiebung einen positiven Asylbescheid aus Bremen erhalten hatte. 30 Das Verwaltungsgericht Hannover hat diesen Bescheid zwischenzeitlich für nicht rechtens erklärt. Daraufhin wandte sich der niedersächsische Innenminister Pistorius in einem Brief an das Bamf und beschwerte sich über die Unregelmäßigkeiten bei Bremer Asylanträgen. Die Vorgänge sind offenbar auch deshalb in den Fokus der Er- mittler geraten, weil Bremen im Bundesvergleich eine überaus hohe Schutzquote von 96 Prozent vorzuweisen hatte. Die übrigen Länder kommen gemeinsam im Schnitt auf 62 Prozent. 35 Viele der Antragsteller sollen Jesiden gewesen sein. Die Jesiden sind eine kurdische religiöse Minderheit, die vor allem im nördlichen Irak und in Nordsyrien lebt. Während der Schreckensherrschaft des sogenannten Islami- schen Staats im Nordirak wurden sie als "Ungläubige" systematisch verfolgt. Noch ist nicht klar, ob und wie die Beamtin oder die Anwälte mit der Sache Geld verdienten. Die ehemalige Bamf-Mitarbeiterin soll zumindest Zuwendungen, etwa in Form von Restaurant-Einladungen, erhalten haben. 40 https://www.sueddeutsche.de/politik/eil-verdacht-auf-weitreichenden-korruptionsskandal-im-bamf-1.3952546 (zugegriffen am 1.10.2018) Material 2: Buten un binnen / Hallo Niedersachsen 20.04.2018 Links zu zwei regionalen Fernsehsendungen, gesendet am 20.04.2018 a) Buten un binnen, 20.04.2018 https://www.youtube.com/watch?v=pBJwNHUHyQs (zugegriffen am 1.10.2018) b) Hallo Niedersachsen, 20.04.2018 https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/BAMF-Mitarbeiterin-unter-Kor- ruptionsverdacht,hallonds43786.html (zugegriffen am 1.10.2018)

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

Material 1: Süddeutsche Zeitung 20.04.2018

Asylverfahren: Verdacht auf weitreichenden Skandal im Bamf 20. April 2018, 10:01 Uhr / Von Nicolas Richter und Jan Strozyk Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und Radio Bremen soll eine leitende Bamf-Mitarbeiterin in etwa 2000 Fällen Asyl gewährt haben, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Ermittler durchsuchten insgesamt acht Objekte, darunter die Privatwohnungen der drei Anwälte und der ehemali-5

gen Bamf-Mitarbeiterin, sowie Kanzleien. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wird offenbar von einem größeren Skandal heimgesucht. Ermittler gehen nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und Radio Bremen davon aus, dass eine lei-tende Mitarbeiterin der Behörde in etwa 2000 Fällen Asyl gewährt haben soll, obwohl die rechtlichen Vorausset-zungen dafür nicht gegeben waren. Es geht dabei um den Zeitraum zwischen 2013 und 2017. Zuvor war von 10

1200 Fällen die Rede. Die betroffene Mitarbeiterin soll die Außenstelle des Bamf in Bremen geleitet haben, sie wurde mittlerweile vom Dienst suspendiert. Offenbar arbeitete sie mit drei Anwälten zusammen, die ihr systematisch Asylbewerber zu-führten, auch solche aus anderen Bundesländern. Die Bremer Staatsanwaltschaft bestätigte auf Anfrage, dass es Ermittlungen gegen die ehemalige Leiterin, drei Rechtsanwälte aus Bremen und Niedersachsen und einen Dol-15

metscher gäbe. Der Verdacht lautet auf Bestechlichkeit und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragsstellung. Die Außenstelle Bremen sei demnach formal für die Antragssteller nicht zuständig gewesen, die Leiterin habe über die Anträge in Eigenregie offenbar dennoch entschieden. Am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche durchsuchten Ermittler insgesamt acht Objekte, darunter die Pri-20

vatwohnungen der drei Anwälte und der ehemaligen Bamf-Mitarbeiterin, sowie Kanzleien. Nur 98 der Asylanträge lagen demnach im Zuständigkeitsbereich der Bremer Bamf-Außenstelle. Die übrigen An-tragsteller kamen, davon gehen die Ermittler aus, nicht aus Bremen, sondern überwiegend aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Sie seien nach den positiv beschiedenen Anträgen wieder dorthin zurückge-schickt worden. 25

Anwalt soll Bustransporte organisiert haben Ein beschuldigter Anwalt aus Hildesheim soll dafür Bustransporte organisiert haben und mit der ehemaligen Bamf-Leiterin mit Hilfe von vorab ausgestellten Listen für eine priorisierte Bearbeitung der Fälle in Bremen ge-sorgt haben. Ihren Ursprung nahmen die Ermittlungen offenbar, als eine Familie aus Niedersachsen kurz vor ih-rer geplanten Abschiebung einen positiven Asylbescheid aus Bremen erhalten hatte. 30

Das Verwaltungsgericht Hannover hat diesen Bescheid zwischenzeitlich für nicht rechtens erklärt. Daraufhin wandte sich der niedersächsische Innenminister Pistorius in einem Brief an das Bamf und beschwerte sich über die Unregelmäßigkeiten bei Bremer Asylanträgen. Die Vorgänge sind offenbar auch deshalb in den Fokus der Er-mittler geraten, weil Bremen im Bundesvergleich eine überaus hohe Schutzquote von 96 Prozent vorzuweisen hatte. Die übrigen Länder kommen gemeinsam im Schnitt auf 62 Prozent. 35

Viele der Antragsteller sollen Jesiden gewesen sein. Die Jesiden sind eine kurdische religiöse Minderheit, die vor allem im nördlichen Irak und in Nordsyrien lebt. Während der Schreckensherrschaft des sogenannten Islami-schen Staats im Nordirak wurden sie als "Ungläubige" systematisch verfolgt. Noch ist nicht klar, ob und wie die Beamtin oder die Anwälte mit der Sache Geld verdienten. Die ehemalige Bamf-Mitarbeiterin soll zumindest Zuwendungen, etwa in Form von Restaurant-Einladungen, erhalten haben. 40

https://www.sueddeutsche.de/politik/eil-verdacht-auf-weitreichenden-korruptionsskandal-im-bamf-1.3952546

(zugegriffen am 1.10.2018)

Material 2: Buten un binnen / Hallo Niedersachsen 20.04.2018

Links zu zwei regionalen Fernsehsendungen, gesendet am 20.04.2018 a) Buten un binnen, 20.04.2018

https://www.youtube.com/watch?v=pBJwNHUHyQs (zugegriffen am 1.10.2018)

b) Hallo Niedersachsen, 20.04.2018

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/BAMF-Mitarbeiterin-unter-Kor-

ruptionsverdacht,hallonds43786.html (zugegriffen am 1.10.2018)

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

Aufgabenvorschläge:

1. Untersuchen Sie die Darstellung der Faktenlage am 20.04.2018.

Unterstreichen Sie dazu alle Formulierungen, in denen die Verfasser den Konjunktiv, einschrän-

kende Adverbien wie „offenbar“ und Konstruktionen mit „sollen“.

Unterscheiden Sie dann in einer Tabelle zwischen Ereignissen, die tatsächlich stattgefunden ha-

ben und den Deutungen/ Interpretationen der Lage durch die Verfasser.

2. Optional: Untersuchen Sie die Darstellung der Faktenlage in den beiden Nachrichtensendungen.

Vergleichen Sie sie mit dem Zeitungsartikel.

Material 3: Blog „terminegegenmerkel“ 22.04.2018

Korruption in Bremen: BAMF-Chefin Ulrike B(Klarname) holt Mo-hammed, Jihad und ihre 2000 Brüder nach Deutschland Vorgestern, am 20. April 2018, war es soweit. Der schon lange auf die Republik zurol-lende Korruptionstsunami durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, konnte nicht mehr unter dem Deckel gehalten werden. Daß die aufgeblähte Asylindustrie kräftig von dem durch Deutschlands Führerin ausgelös-5

ten Ansturm der meist islamischen jungen Männer profitiert und durch immer wieder neu geschaffene Phantasieposten den Steuerzahler in beispielloser Weise ausnimmt, ist ja seit Jahren belegt. Das ist Raubtierkapitalismus, den eben politische Jahrhundertver-brecher wie Merkel fördern, aber aus Sicht der Imperialisten und Globalisten wahr-scheinlich noch nicht besonders verwerflich. 10

Der Sumpf der organisierten BAMF-Kriminalität konnte meist nur stichprobenartig nachgewiesen werden. Leute wie Ulrike B(Klarname) und die mit ihr unter einer Decke steckenden Juristen und Dolmetscher hacken sich eben gegenseitig kein Auge aus! Aufgeflogen ist das Netzwerk nur durch die überbordende Gier ihrer Haupt-Protago-nistin. B(Klarname) erhielt für jeden durchgewunkenen Fall bei konspirativen Treffen in Restaurants, in denen die Ma-15

fia es sich auf Kosten der Gesellschaft schmecken ließ, einen bestimmten Bargeldbetrag zugesteckt, mutmaßlich meist etwa 1000 Euro. Das wären auf 2000 Personen hochgerechnet also ungefähr 2.000.000 Euronen! Zwei Millionen! Hätte sie nach der ersten Million Schluß gemacht, wäre vielleicht gar nichts rausgekommen. Aber die Gier nach dem kriminell leicht verdienten Geld war einfach stärker. Außerdem weiß man ja, daß die Mafia Aus-steiger nicht duldet. Und mit Leuten, die bereits massig Dreck am Stecken haben, hat sie leichtes Spiel. 20

Aufgefallen sind B(Klarname)s Verbrechen letztlich im benachbarten Bundesland Niedersachsen. Das große Flä-chenland, immerhin auch durchseucht mit pseudolinken Fanatikern wie SPD-Mann Arne Zillmer aus Himmelpfor-ten bei Stade, der dort seit Jahren AfD-Leute und ihre Unterstützer gewaltsam verfolgt, besitzt zwar ebenfalls eine hohe Asyl-Anerkennungsquote, aber eben längst nicht die 80 Prozent des Stadtstaates. Die 20 % Durchge-fallenen beließ die B(Klarname) -Bande wohl als notdürftige Tarnung. Oder die betreffenden Mohammeds und 25

Jihads konnten den Preis nicht bezahlen. Nichts ist damit getan, daß in Bremen einige Leute suspendiert wurden. Experten vermuten, daß das nur die

Spitze eines gewaltigen Eisbergs ist und es viele Jahre dauern wird, bis der BAMF-Sumpf bun-desweit trockengelegt ist. Bis dahin können die 30

eingeschleppten Gewaltkriminellen und Djiha-disten uns nicht nur auf der Tasche liegen, son-dern aus Deutschland weiterhin einen Terror-staat machen, in dem Merkel gut und gerne lebt. Zumindest bis zu ihrem Ruhestand im fer-35

nen Paraguay. Islamische „Flüchtlinge“ zerfetzen Europas Ju-gend, Europas Zukunft 40

Foto von Ulrike B.

Hier aus Gründen des Persön-

lichkeitsrechtes herausge-

schnitten

Bildunterschrift: Die hochkor-

rupte bisherige BAMF-Leiterin

Ulrike B(Klarname)

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

https://terminegegenmerkel.wordpress.com/2018/04/22/korruption-in-bremen-bamf-chefin-ulrike-bremermann-holt-mo-

hammed-jihad-und-ihre-2000-brueder-nach-deutschland/

(zugegriffen am 1.10.2018) (Rechtschreibung nicht angepasst) (Zu den Fotos gab es im Blog keine Quellenangabe.)

Aufgabenvorschläge:

1. Untersuchen Sie, wie der Blogger die Ereignisse im BAMF-Bremen einordnet.

Markieren Sie, welche „Fakten“ im Vergleich zum SZ-Artikel vom 20.04.2018 noch aufge-

führt werden.

Fassen Sie zusammen, welche Schlussfolgerungen der Blogger aus den Ereignissen zieht.

Erklären Sie die Wirkung des Bildes im Blog.

Diskutieren Sie im Kurs, inwiefern solche politischen Blogs, die es seit ca. 15 Jahren gibt, die

Medienlandschaft negativ oder positiv verändern.

Material 4: Bild-Zeitung 29.05.2018

Saustall BAMF: Wer wusste wann was? Die Chronologie des Versagens Was wusste BAMF-Präsidentin Jutta Cordt über die Mauscheleien in Bremen? Der Zentrale in Nürnberg wird vor allem mangelnder Auf-klärungswille vorgeworfen (Cordt am 28. Mai vor dem Innenaus-5

schuss) Foto: OMER MESSINGER/EPA-EFE/REX/Shutterstock veröffentlicht am 29.05.2018 - 14:16 Uhr 10

Es gibt viele Fragen, aber keine ist so drängend wie diese: Wer wusste wann was über die Sauerei im BAMF? Heute müssen Innenminister Horst Seehofer (68, CSU) und BAMF-Chefin Jutta Cordt (54) im Innenausschuss Rede und Antwort stehen. Doch schon vor Beginn der Befragung scheint fast klar: ein Untersuchungsausschuss ist unvermeidbar.

DIE CHRONOLOGIE DES VERSAGENS 15

►Die Flüchtlingskrise erreicht ihren Höhepunkt. Im September 2015 bittet BAMF-Chef Manfred Schmidt (59) Bundesinnenminister Thomas de Maizière (64, CDU) ihn aus persönlichen Gründen nach fünf Jahren im BAMF aus dem Amt zu entlassen. Die Bundesregierung bittet Frank-Jürgen Weise (66), den Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), den Job zusätzlich zu übernehmen. ► Im Januar 2016 bekommt das Innenministerium in Berlin erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in der 20

BAMF-Außenstelle Bremen. ► Im Mai 2016 wird Ulrike B., die Leiterin der Bremer Außenstelle, strafversetzt. Ein Ex-Mitarbeiter zu BILD: „Nach einem Hinweis auf ihre Arbeitsweise fielen mindestens vier fehlerhafte Entscheidungen auf.“ Insgesamt soll es aber Hinweise auf unrechtmäßiges Asyl in 1200 Fällen zwischen 2013 und 2016 geben. ► Ende 2016 verlässt Weise das BAMF. Seine Nachfolge übernimmt Jutta Cordt, die Weise aus der BA bereits 25

kennt und schätzt, zum 1. Februar 2016. ► Im Februar 2017 soll ein BAMF-Abteilungsleiter eine Prüfung der Vorgänge in Bremen angeordnet haben, die aber „geräuschlos“ und „nicht bis ins Detail“ erfolgen sollte. Ein BAMF-Sprecher bestritt später, dass die Leitung von dieser Recherche gewusst habe. ► Im März 2017 kommt Ulrike B. überraschend zurück nach Bremen. Für das Asylbearbeitungssystem MARIS ist 30

sie gesperrt, berichtet ein Ex-Mitarbeiter BILD. Trotzdem soll zwei Monate später erneut eine Manipulation auf-gefallen sein, die laut BILD-Informationen auch nach Nürnberg weitergemeldet wurde. Gegenüber BILD berichtet der Ex-Mitarbeiter, B. habe Entscheider unter Druck gesetzt, obwohl sie zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr wei-sungsbefugt war. Dabei habe es sich um einen Fall gehandelt, bei dem der Druck gar nicht nötig gewesen wäre, weil die Antragstellerin sowieso Asyl bekommen hätte. Die Zentrale in Nürnberg reagierte laut BILD-Informatio-35

nen nicht darauf. Ulrike B. durfte noch bis Dezember 2017 in Bremen bleiben. ► Im Juni 2017 schreibt ein leitender Beamter des BAMF-Bremen einen Brandbrief an die BAMF-Zentrale in Nürnberg, aus dem der „Spiegel“ zitiert. Darin schreibt er von Vorgängen mit „extremer Brisanz“, die in Bremen

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

vor sich gingen, bei Hunderten Asylverfahren soll es zu Unrechtmäßigkeiten gekommen sein. Der Mitarbeiter wirft Ulrike B. Kungeleien mit dem Hildesheimer Rechtsanwalt Irfan C. vor. Sie soll Druck gemacht haben, um 40

dem Anwalt möglichst viele positive Asylbescheide übergeben zu können. In B.s Posteingang will der Beamte eine Mail von dem Anwalt gesehen haben, in der stand, das Hotelzimmer fürs Wochenende sei bereits bezahlt. Der Beamte will Ulrike B. daraufhin gefragt haben, ob sie in den Anwalt verliebt sei. Die BAMF-Chefin habe das aber strikt zurückgewiesen. Ihm und ihr sei es nur um die Menschen gegangen, zitiert der „Spiegel“. ► Am 1. Januar 2018 übernimmt die Juristin Josefa Schmid die Leitung des BAMF-Bremen. Nur vier Monate 45

späte wird sie in die BAMF-Außenstelle nach Deggendorf (Bayern) versetzt. Ihre Versetzung bezeichnet sie selbst als „Racheakt“. Zuvor war ein 99-Seiten-Bericht bekannt geworden, den Schmid in Auftrag gegeben hatte. In dem Bericht ist von 3332 manipulierten Asylanträgen die Rede. Der Bericht ging im Februar in der BAMF-Zentrale Nürnberg ein. Doch dort habe an „echter Aufklärungsarbeit kein gesteigertes Interesse“ bestanden, heißt es. 50

Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Mayer (CSU), erhält den Text noch am 4. Ap-ril. Er leitet ihn aber zunächst nicht an Seehofer weiter – obwohl der am 6. April die Nürnberger BAMF-Zentrale besuchte. Man könne den Minister nicht sofort „mit jedem Gerücht“ konfrontieren, rechtfertigt Mayer später sein Verhalten. ► Am 18. und 19. April 2018 untersuchen Beamte der Staatsanwaltschaft Bremen, der Zentralen Antikorrupti-55

onsstelle Bremen und der Polizei Niedersachsen acht Objekte in Bremen und Niedersachsen, darunter auch die Anwaltskanzlei von Irfan C. Zu den sechs Beschuldigten gehört auch Ulrike B. Gegen B. sowie einen Dolmetscher und drei Anwälte wird inzwischen wegen Bestechlichkeit und „bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung“ ermittelt. ► Ein interner Prüfbericht des BAMF vom 11. Mai 2018 stellt fest, dass es insgesamt fünf BAMF-Mitarbeiter wa-60

ren, die gemeinsam mit Ulrike B. Asylverfahren manipuliert haben. Unklar sei, ob sie aus Überzeugung oder auf Anweisung der Chefin gehandelt haben. In dem Bericht heißt es außerdem: „Insbesondere bei syrischen und ira-kischen Antragstellenden wurde die Identität nicht geprüft, obwohl es Hinweise aus zuständigen Ausländerbe-hörden gab, dass es sich hierbei um türkische Staatsangehörige bzw. um auffällig gewordene Clan-Mitglieder handelte.“ 65

► Am 16. Mai wird bei der Staatsanwaltschaft Bremen Strafanzeige gegen Cordt und weitere Mitarbeiter ge-stellt. ► Am 18. Mai 2018 verspricht Cordt, die Affäre mit „Hochdruck“ aufzuklären. Es sollen 18 000 positive Be-scheide aus Bremen seit 2000 neu überprüft werden. ► Innenminister Seehofer verfügt am 23. Mai, dass die Außenstelle Bremen ab sofort keine Asylentscheidungen 70

mehr treffen darf. Laut Innenministerium habe er erst am 19. April 2018 durch eine Polizei-Meldung von der Af-färe in Bremen erfahren. https://www.bild.de/politik/inland/bundesamt-fluechtlinge/wusste-wann-was-saustall-bamf-55837368.bild.html (zugegriffen

am 1.10.2018)

Aufgabenvorschläge:

1. Untersuchen Sie die Darstellung des „BAMF-Skandals“ in der Bild-Zeitung.

Erstellen Sie eine Liste mit den am Skandal beteiligten Personen und Institutionen.

Markieren Sie stark wertende Begriffe wie „Saustall“.

Überprüfen Sie bei jedem Unterpunkt der Chronologie, ob Sie die Zusammenhänge verste-

hen. Markieren Sie, wo die Zusammenhänge des Skandals in seiner Entwicklung unklar blei-

ben.

Sammeln Sie die Beschreibungen und Informationen zu Ulrike B.

Erörtern Sie mit Ihrem Nachbarn/ Gruppenmitgliedern, wer laut Bild-Zeitung eigentlich ver-

sagt hat in der „Chronologie des Versagens“.

Schlussfolgern Sie, wie die Bild-Zeitung die staatlichen Institutionen darstellt und welche

Auswirkungen das auf die Leser/Blogger hat.

Wenden Sie den Fachbegriff „Framing“ auf den Zeitungsartikel an.

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

Material 5: ARD -Faktenfinder 12.06.2018

BAMF-Affäre: Welche Vorwürfe haben sich erhärtet? Stand: 12.06.2018 18:00 Uhr Von einem Skandal ist die Rede, von einer bandenmäßigen Kriminalität und Bestechung: Die Vorwürfe gegen das Bremer BAMF wiegen schwer. Doch welche Beschuldigungen haben sich bislang erhärtet? Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder 5

Worum geht es in der Affäre? Um Asylbescheide, die möglicherweise ohne ausreichende Rechtsgrundlage ausgestellt wurden. Bei der Bremer BAMF-Außenstelle sollen angeblich skandalöse Verhältnisse geherrscht haben, von Korruption und bandenmäßi-ger Kriminalität ist die Rede. Im Zentrum der Kritik steht die ehemalige Bremer BAMF-Leiterin Ulrike B. Die Staatsanwaltschaft hat den Verdacht, sie habe engen Kontakt zu drei Anwälten gehabt, deren Mandanten sie 10

bevorzugt und ihnen unrechtmäßig Asyl erteilt habe.

Um wie viele Asylanträge geht es? Die Zahl der Fälle ist deutlich geringer als öffentlich angenommen. So berichteten Medien immer wieder, die frühere Leiterin der BAMF-Außenstelle habe wohl in 1200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt. Das BAMF korrigierte die Zahl der Fälle deutlich nach unten. 15

Auf Anfrage von NDR und Radio Bremen erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jedoch, diese Zahl sei dem Bericht der Internen Revision gar nicht zu entnehmen: "In dem Bericht vom 11. Mai 2018 werden 975 der 1336 durch Bremen positiv entschiedenen Verfahren als nicht plausibel eingestuft. Diese Einschätzung be-deutet nicht zwingend, dass diese 975 Verfahren materiell falsch sind." Vielmehr seien die von der Internen Revision eingesetzten Prüfer zu dem Schluss gekommen, dass "in 578 Fällen 20

ein Widerruf geboten" sei. In anderen Verfahren seien zwar formelle Fehler gemacht worden - "dennoch wäre die Entscheidung auch von anderen Organisationseinheiten exakt gleich getroffen worden". Der Unterschied zwischen Rücknahme und Widerruf Das Verwaltungsverfahrensrecht sieht zwei Arten vor, wie ein behördlicher Bescheid aufgehoben werden kann: Rücknahme und Widerruf. Von einer Rücknahme spricht man, wenn ein Bescheid aufgehoben wird, weil er bei 25

Erlass rechtswidrig war. Ein Widerruf ist die Aufhebung eines Bescheids, weil sich die Sach- oder Rechtslage ge-ändert hat. Der Erlass war aber zunächst rechtmäßig.

Wurden Asylbewerber nach Bremen gebracht? Ja. Aber das war kein Skandal. So wird in internen Revisionsberichten des BAMF die Zahl der in Bremen bearbei-teten Fälle aus anderen Zuständigkeitsbereichen als "außergewöhnlich" hoch dargestellt. Auf Nachfrage erklärte 30

das BAMF nun gegenüber NDR und Radio Bremen, der Wert sei zwar hoch, aber die Bremer Außenstelle sei "zeitweise für Antragstellende aus anderen Zuständigkeitsbereichen zuständig" gewesen. Dies sei der Revi-sion "zum Zeitpunkt der Prüfung nicht bekannt" gewesen. Die Außenstelle Bremen hatte also Fälle aus dem Umland übernommen, um die dortigen Behörden zu entlasten.

Welche Auffälligkeiten gab es in Bremen? 35

In Bremen ging es vor allem um Jesiden. Die Schutzquote von Menschen jesidischen Glaubens lag 2013 bis 2017 bundesweit bei 86,44 Prozent. Die Quote in Bremen für diesen Personenkreis betrug 94,02 Prozent. Besonders auffällig laut BAMF-Revisionsbericht: Für das Jahr 2015 wurde eine hundertprozentige Schutzquote für Jesiden festgestellt. Zu dieser Zeit waren Tausende Jesiden auf der Flucht vor dem "Islamischen Staat"; islamistische Kämpfer ver-40

sklavten Angehörige der Minderheit und ermordeten viele. Die Vereinten Nationen sprachen von einem Völker-mord, dementsprechend waren die Anerkennungsquoten für Jesiden in Deutschland sehr hoch.

Warum wurde Ulrike B. abgesetzt? Ulrike B. war mehr als 20 Jahre Chefin der Bremer Außenstelle. 2016 wurde sie abgesetzt - aus disziplinarischen Gründen. Sie hatte gegen eine Dienstanweisung verstoßen, was Abschiebungen nach Bulgarien anging. Ihr An-45

walt Erich Joester erklärt, im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass Ulrike B. eine Verwaltungsvorschrift nicht beachtet habe, aber die Gerichte ihr zwischenzeitlich Recht gegeben hätten. Auch dem BAMF lagen damals offenkundig keine Hinweise auf Korruption vor, in der Disziplinarverfügung heißt es, sie habe aus "humanitären " und nicht aus "eigennützigen" Motiven gehandelt.

Wie kam der aktuelle Verdacht zustande? 50

Die Staatsanwaltschaft stützte sich anfangs teilweise offenbar auf Angaben vom Hörensagen - und auf Hinweise eines Journalisten. Dabei handelt es sich um einen Mitarbeiter von Radio Bremen, der 2016 über die Flüchtlings-krise berichtet hatte. Radio Bremen erklärte dazu, der Mitarbeiter habe zu dem Zeitpunkt Asylsuchende an der

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

BAMF-Außenstelle befragt. In einem Interview bekam er einen Hinweis auf kriminelle Machenschaften. Ein "Ver-mittler" biete an, dass der entsprechende Antrag schneller bearbeitet würde - gegen Zahlung von 500 Euro. Die-55

selbe Geschichte erzählten auch weitere Flüchtlinge. Radio Bremen erklärte weiter, man habe sich dann im Rahmen der Recherche an Ombudspersonen des Bundes-amtes für Migration und Flüchtlinge gewandt. Die wiederum schalteten die Staatsanwaltschaft Bremen ein. Dann, so Radio Bremen, habe man in einem vertraulichen Kontakt mit der Justizbehörde den Sachverhalt geschil-dert. Eine offizielle Aussage habe es nie gegeben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft blieben aber ergeb-60

nislos. Im Sommer 2016 stellte die Behörde das Verfahren ein. Ein Jahr später stellte das BAMF im November 2017 eine Strafanzeige gegen Unbekannt. Hintergrund war ein gefälschter Asylbescheid, der in der Außenstelle Gießen aufgetaucht war und der den Namen der Bremer BAMF-Leiterin Ulrike B. trug.

Auf welche Zeugen beruft sich die Staatsanwaltschaft noch? 65

In den Beschlüssen zu den Hausdurchsuchungen wird ein weiterer Zeuge benannt. Er soll 2016 auf einer nieder-sächsischen Polizeidienststelle angegeben haben, Flüchtlinge hätten ihm von Dolmetschern erzählt, die Daten von Asylsuchenden für 500 Euro manipulieren könnten. Die Ermittlungen der Polizei wurden damals eingestellt. 2018 taucht dieser Dolmetscher als ein Zeuge in den Ermittlungsakten auf. Auch seine Aussage ist Basis für die Durchsuchungsbeschlüsse gegen Ulrike B. und zwei beschuldigte Anwälte. Nach Informationen von NDR und Ra-70

dio Bremen ist die Aussage des Zeugen aber gar nicht geeignet, die Amtsleiterin direkt zu belasten, da er keine konkreten Vorwürfe formuliert. Überdies weigere er sich mittlerweile verwertbare Angaben zu machen. Nach Recherchen von NDR und Radio Bremen gibt es zudem Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Es han-delt sich um einen Dolmetscher, der für das BAMF Bremen tätig war. Die frühere Bremer BAMF-Chefin Ulrike B. habe dem Dolmetscher Hausverbot erteilt, sagt ihr Anwalt Erich Joester. Der Mann habe im BAMF Bremen uner-75

laubterweise Unterlagen kopiert und sei dabei erwischt worden.

Welche konkreten Hinweise gibt es auf Korruption? Beweise, dass Ulrike B. Bestechungsgelder angenommen hätte, gibt es bis heute keine. Ihrem Anwalt zufolge geht es um eine Hotelübernachtung, die sie sich angeblich bezahlen ließ. Allerdings existiere eine Quittung, die belege, dass Ulrike B. die Kosten erstattet habe. Zudem gehe es um ein jesidisches Neujahrsfest, wo es Essen 80

und Trinken gegeben habe. Dem NDR sagte der Anwalt: "Das war eine öffentliche Einladung, zu der jeder gehen konnte. Ob sie dort überhaupt etwas gegessen oder getrunken hat, weiß ich nicht."

Sind weitere BAMF-Mitarbeiter beschuldigt? In dem Revisionsbericht des BAMF hieß es, dass weitere Mitarbeiter sowie der stellvertretende Referatsleiter von der Staatsanwaltschaft Bremen als "Beschuldigte" eingestuft seien. Auf Anfrage hat die Staatsanwaltschaft 85

Bremen dem nun aber widersprochen: Im Bremer Amt sei bislang lediglich die ehemalige Amtsleiterin Ulrike B. beschuldigt. http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/bamf-bremen-faq-101.html (zugegriffen am 1.10.2018)

Ergänzung: (durch Autorin)

Am 13.06.2018 entlässt der Innenminister Horst Seehofer die Chefin des Bundesamtes für Migration und

Flüchtlinge (BAMF) Jutta Cordt.

Im Oktober 2018 wechselt sie ins Innenministerium, wo sie eine um drei Gehaltsstufen niedrigere Aufgabe be-

kommt.

Aufgabenvorschläge:

1. Listen Sie alle gesicherten Fakten auf, die mit dem „BAFM-Skandal“ in Verbindung stehen.

2. Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit Material 1-4.

3. Stellen Sie anhand dieses Artikels den „BAMF-Skandal“ mit den beteiligten Akteuren in einem

Schaubild dar.

4. Diskutieren Sie im Kurs,

a) wie es zu dem „Skandal“ kommen konnte,

b) welche Umstände „skandalwürdig“ waren.

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

Material 6: Deutschlandfunk 03.08.2018

Der angebliche BAMF-Skandal in Bremen – ein Zwischenstand "Skandal" bei der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Im Frühjahr kannte Deutsch-land kaum ein anderes Thema. Was ist nach vier Monaten davon übrig geblieben? (03.08.2018) Von Marco Bertolaso […] 5

Die Sicht der Nachrichten Als Nachrichtenredakteur lässt mich das Thema mit einem schlechten Gefühl zurück. Ich gebe gerne zu, dass wir uns bei der Ursprungsrecherche angesichts der Quelle (SZ, NDR, Radio Bremen) sicherer gefühlt haben, als dies bei dem einen oder anderen Medium der Fall gewesen wäre. […] Alles deutet darauf hin, dass es den von vielen vermuteten "großen Skandal von Bremen" nicht gegeben hat. 10

Dies wird inzwischen auch öffentlich nicht mehr behauptet. Die Folgen sind aber immens gewesen, für einzelne Betroffene, aber genauso für die gesellschaftliche Debatte. Sie sind es immer noch. Der Fokus liegt inzwischen auf der allgemeinen Überforderung einer Behörde, die mit zumindest anfangs unzureichenden Mitteln eine Her-kulesaufgabe bewältigen sollte. Nachrichtenredakteure sind im Beruf grundsätzlich skeptisch und vorsichtig. So haben wir auch die Recherche zu 15

Bremen mit all den Konjunktiven versehen, die geboten waren. Wir wären aber nicht in der Lage gewesen, alles gegen zu recherchieren. Wie sollte das gehen bei komplexen Themen wie BAMF/Bremen, Panama Papers1, Russ-land2 und die US-Wahl 2016 etc.? Ein Thema zu ignorieren, bis alles geklärt ist, das ist aber auch oft keine Op-tion. Sicher, Beschuldigungen gegen Menschen, für die wir keine Anhaltspunkte sehen, die verbreiten wir nicht. Aber "Bremen" war anders. Denn es gab und gibt ja in der Tat viele Unstimmigkeiten im BAMF-System, die von 20

allgemeinem Interesse und allgemeiner Bedeutung sind. Es bleibt der Eindruck einer wichtigen Geschichte, die zunächst einigermaßen falsch erzählt wurde, zu Lasten einiger Einzelpersonen und mit erheblichen Folgen für die gesellschaftliche Diskussion über das Thema Flucht und Migration. 25

https://www.deutschlandfunk.de/aus-der-nachrichtenredaktion-der-angebliche-bamf-skandal-in.2533.de.html?dram:ar-

ticle_id=424562 (zugegriffen am 1.10.2018)

Material 7: Interview mit dem Journalisten Jochen Grabler 27.08.2018

Der Bamf-"Skandal" und die Medien

„Nicht berichten? Absurd!" Welche Rolle haben die Medien beim Bamf-"Skandal" gespielt? Man habe über die Vorwürfe zu Beginn berichten 5

müssen, sagte im Dlf Jochen Grabler von Radio Bremen, das zuerst über den Fall berichtet hatte. Die in der Folge entstandene Hysterie habe aber andere Ursachen. Jochen Grabler im Gespräch mit Christoph Sterz. Im April hatte ein Recherchenetzwerk aus Radio Bremen, NDR und Süddeutscher Zeitung erstmals über Vor-würfe gegen die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) berichtet. Von bis zu 10

2000 mutmaßlichen Betrugsfällen war damals die Rede. Inzwischen gibt es für diese Zahl keine Grundlage mehr. "Wir hatten eine Nachrichtenlage, und daraufhin haben wir Berichterstattung gemacht", sagte Jochen Grabler im Gespräch mit @mediasres. Grabler leitet die Recherche-Redaktion bei Radio Bremen. "Möglicherweise", räumt er ein, habe man "zu Anfang, als die Basis der Vorwürfe im Wesentlichen auf einem Bericht der Interimsleiterin des Bremer Bamf beruhten, zu wenig hingeguckt". Doch der Verdacht, diese Bamf-Mitarbeiterin verfolge eigene 15

Interessen, habe sich nicht erhärten lassen. Vielleicht habe seine Redaktion "auch zu lange gebraucht, herauszufinden, welche Vorwürfe tragbar waren und welche nicht".

1 Panama Papers: Datenleck eines Finanzdienstleisters in Panama, der seinen Kunden weltweit bei Steuervermeidung, -hin-terziehung und Geldwäsche half, 2016 an die Öffentlichkeit gekommen. 2 Russland-Affäre: Seit 2017 andauernde Untersuchung der amerikanischen Regierung zur Untersuchung russischen Einflus-ses auf die US-Präsidentenwahl 2016.

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

Nicht zu berichten, nachdem man von den Vorwürfen gegen die ehemalige Leiterin der Bremer Bamf-Behörde erfahren hatte, kam für Grabler aber nicht in Frage: "Ich möchte die Redaktion sehen, die angesichts von Durch-20

suchungen nicht berichtet, bis alles geklärt ist. Das halte ich für absurd, das ist jenseits der Realität."

Medien in der Kritik In den vergangenen Monaten deutete sich an, dass sich die Vorwürfe in der Form nicht zu halten sind. Von 18.315 positiven Bescheiden, die das Bremer Amt seit 2000 erlassen habe, sei nur in 165 Fällen ein "grobes Hin-wegsetzen über Vorgaben" vorgekommen, hieß es nun in einem Bericht der "Bild am Sonntag" unter Berufung 25

auf einen vertraulichen Abschlussbericht des Bamf. Bereits Mitte Juni hatte der Regensburger Strafrechtler Henning Ernst Müller den Umgang der Medien mit dem Fall und die Folgen der Enthüllungen kritisiert: "Eine anonyme Masse wird zum Rufmord-Mob, der sich durch die Rechercheergebnisse der seriösen Presse und Sender, die man doch sonst auch gern der Lüge bezichtigt, gera-dezu ermuntert fühlt", schrieb Müller in einem Blog-Beitrag3. Nicht für alles sei das Recherchenetzwerk verant-30

wortlich, "aber in der heutigen Zeit müssen Journalisten wissen, was ihre Berichte über ein Ermittlungsverfahren anrichten können". Umso besser und fundierter müsse die Recherche sein. […]

"Eine Hysterie, die kaum einzufangen war" Auch Jochen Grabler von Radio Bremen kritisiert die "Dynamik", die nach Bekanntwerden der Recherchen ent-standen ist. "Es gab in den ersten Wochen des sogenannten Bamf-'Skandals' eine Hysterie, die kaum einzufan-35

gen war, die auch zum Teil von Medien befeuert worden ist." Doch auch Politiker hätten ihren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen. Die Meldungen hätten "manchen Men-schen im politischen Raum gut in den Kram gepasst", findet Grabler. "Das kann man nicht der Berichterstattung über einen Vorfall vorwerfen."´ https://www.deutschlandfunk.de/der-bamf-skandal-und-die-medien-nicht-berichten-absurd.2907.de.html?dram:ar-

ticle_id=426569 (zugegriffen am 1.10.2018)

Das Interview im Deutschlandfunk

https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2018/08/27/doch_kein_bamf_skandal_gespraech_mit_jochen_grab-

ler_dlf_20180827_1537_32c64d0b.mp3 (zugegriffen am 1.10.2018)

Aufgabenvorschläge:

1. Sammeln Sie die Selbstkritik der Journalisten aus Material 5 und 6.

2. Erklären Sie, anhand der bisher ausgewerteten Materialien, warum die Journalisten in dieser Weise

über die Vorgänge im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berichtet haben.

3. Diskutieren Sie im Kurs über die Rolle und Verantwortung der Medien im BAMF-Skandal.

Material 8: Der Medienwissenschaftler Frank Bösch zu politischen Skandalen

[…] Skandale bestimmen in hohem Maße das Image von Politikern und Politikerinnen sowie der Politik insge-

samt. Sie sorgen für kollektive Empörung und prägen die Vorstellungen über den Missbrauch von öffentlichen

Ämtern. […] 5

Vergleicht man die großen Skandale der letzten zweihundert Jahre miteinander, so erscheinen vor allem drei

Bedingungen notwendig, um im analytischen Sinne von einem Skandal sprechen zu können: erstens ein Norm-

bruch einer Person oder Institution, die für die Wahrung von Normen steht; zweitens die Aufdeckung des Norm-

bruches; und drittens eine breite öffentliche Empörung darüber. […]

Ende des 19. Jahrhunderts traten in ganz Westeuropa, aber auch in den USA verstärkt Skandale auf. […]Wie er-10

klärt sich dieses vielfältige und internationale Aufkommen von Skandalen Ende des 19. Jahrhunderts? Erstens

3 Link zu dem Beitrag von Henning Ernst Müller: https://community.beck.de/2018/06/14/der-eigentliche-bamf-skandal-erst-

der-rufmord-dann-die-recherche (zugegriffen am 1.10.2018)

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Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

scheint dies aus der einsetzenden Medialisierung des Politischen zu resultieren. Denn genau in dieser Zeit etab-

lierte sich in ganz Westeuropa eine auflagenstarke Massenpresse. Boulevardblätter und Generalanzeiger, Partei-

zeitungen und Illustrierte gewannen an Bedeutung und erfuhren insbesondere seit den 1880er Jahren einen

steilen Anstieg ihrer Auflagenzahlen. Zweitens scheint das verstärkte Aufkommen der Skandale aus der Transfor-15

mation der politischen Kultur hervorgegangen zu sein. Denn durch die Etablierung des Wahlrechtes kam es in

ganz Westeuropa in diesen Jahrzehnten zu einer Fundamentalpolitisierung und schrittweisen Demokratisierung.

Diese führte zu einer intensiveren Konkurrenz von Parteien und unterschiedlichen Weltdeutungsmustern, was

Skandalisierungen begünstigte. Beide Entwicklungen standen zudem für die Entfaltung einer nationalen öffentli-

chen Kommunikation, die eine breite und wirkungsmächtige Empörung erst ermöglichte.[…] 20

http://www.bpb.de/apuz/29923/politische-skandale-in-deutschland-und-grossbritannien?p=all (zugegriffen am 2.10.2018)

Material 9: Idealtypischer Ablauf von Skandalen (von Steffen Burkhardt)

[…] Medienskandale beruhen auf einem tatsächlichen oder vermuteten Missstand. Sie verlaufen meist ähnlich:

In der Latenzphase wird ein Missstand bekannt; die Anzahl der Medienberichte zum Thema nimmt

schlagartig zu. Die Protagonisten des Skandals werden vorgestellt. Die Phase endet mit einem

Schlüsselereignis. Dieses führt dazu, dass der Konflikt zu einem Skandal eskaliert. In der darauf folgen-

den Aufschwungphase werden weitere Fakten bekannt, die in eine Verbindung zum ersten Missstand

gesetzt werden. Ist diese Ausweitung geglückt, beginnt die

Etablierungsphase. In dieser Phase erreicht der Skandal den Höhepunkt. Nun wird über die Schuld oder

Unschuld der Protagonisten gerichtet; Konsequenzen werden gefordert. Zu Beginn der Abschwung-

phase knickt die skandalierte Person oder Organisation unter dem öffentlichen Druck ein und zieht Kon-

sequenzen aus den Vorkommnissen (z. B. Rücktritt)

In der medialen Wahrnehmung ist der Konflikt damit gelöst. Die Intensität der Berichterstattung nimmt

schnell ab.

In der Rehabilitationsphase wird die Ordnung des Gesellschaftssystems wieder hergestellt. Die Medien

berichten nur noch vereinzelt. Mit den fünf Phasen entspricht der Aufbau eines Medienskandals weit-

gehend demjenigen eines antiken Dramas. […]

https://de.wikipedia.org/wiki/Skandal#cite_ref-8 (zugegriffen am 2.10.2018) (Hervorhebungen durch ISte)

Material 10: Skandaluhr des Medienwissenschaftlers Steffen Burkhardt

http://www.buergerimstaat.de/1_14/skandale.pdf

(zugegriffen am 2.10.2018)

Page 10: Asylverfahren: Verdacht auf weitreichenden Skandal im Bamf · Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal Aufgabenvorschläge: 1. Untersuchen Sie die Darstellung der Faktenlage

Agenda Setting/ Medienskandale: Beispiel BAMF-Skandal

Aufgabenvorschläge:

1. Erklären Sie, inwiefern die drei Bedingungen für einen Skandal auf die Vorgänge im BAMF zutreffen.

2. Erklären Sie anhand von Material 8, warum Skandale mit der „Medialisierung des Politischen“ (Z.

12) seit Ende des 19. Jahrhunderts gehäuft auftreten.

3. Diskutieren Sie miteinander, welche „intensive Konkurrenz von Parteien und unterschiedlichen

Weltdeutungsmustern“ (M8, Z. 18) zu dem BAMF-Skandal geführt hat.

4. Ordnen sie die Materialien 1-6 begründend in einen idealtypischen Ablauf und in die „Skandaluhr“

von Steffen Burkhardt ein.

5. Beurteilen Sie abschließend, wie sich der BAMF-Skandal auf das Hauptthema „Flüchtlingskrise“ aus-

gewirkt hat.

6. Erörtern Sie im Kurs, ob man beim BAMF-Skandal von einem „Medienversagen“ sprechen kann.