Athletik-Training Kraft im Fußball - Sportlerei Akademie · Bundesliga, die keinen besonderen Wert...

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Athletik-Training Fußball Kraft SPORTLEREI AKADEMIE Copyright © Sportlerei Akademie 2018 Seite | 1 Athletik-Training Kraft im Fußball Lehrbrief 1 zum Studiengang Athletik-Training Fußball A-Lizenz Autoren: Florian Münch Benedikt Menges Impressum: SPORTLEREI AKADEMIE Kistlerhofstr. 70, Gebäude 160 81379 München Tel: 089 / 72 630 740 Fax: 089 / 72 634 068 Net: www.sportlerei-akademie.de E-Mail: [email protected] Copyright © SPORTLEREI AKADEMIE 2018 Alle Rechte vorbehalten Hinweis: Um die Lesbarkeit des Textes zu vereinfachen, wurde auf das gemeinsame Verwenden männlicher und weiblicher Bezeichnungen verzichtet. Wir danken allen Leserinnen für ihr Verständnis.

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Athletik-Training Kraft im Fußball

Lehrbrief 1 zum Studiengang Athletik-Training Fußball A-Lizenz

Autoren:

Florian Münch

Benedikt Menges

Impressum:

SPORTLEREI AKADEMIE

Kistlerhofstr. 70, Gebäude 160

81379 München

Tel: 089 / 72 630 740

Fax: 089 / 72 634 068

Net: www.sportlerei-akademie.de

E-Mail: [email protected]

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Alle Rechte vorbehalten

Hinweis:

Um die Lesbarkeit des Textes zu vereinfachen, wurde auf das gemeinsame Verwenden

männlicher und weiblicher Bezeichnungen verzichtet. Wir danken allen Leserinnen für ihr

Verständnis.

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Bearbeitung des Lehrbriefes

So gehen Sie vor:

• Zunächst lesen Sie bitte das gesamte Kapitel durch!

• Bearbeiten Sie dann die einzelnen Abschnitte des Kapitels!

• Lesen Sie sie aufmerksam durch und versuchen Sie dabei, die Sachverhalte der einzelnen

Abschnitte zu erfassen und auf bereits vorhandenes Wissen oder Erfahrungen aus der Praxis

zu beziehen (die wichtigsten Informationen werden am Ende des Kapitels

zusammengefasst)!

• Nutzen Sie im Zweifel auch andere Nachschlagewerke (z.B. Bücher oder das Internet)!

• Mit den Aufgaben am Ende des Kapitels können Sie überprüfen, ob Sie das Kapitel

verstanden haben und in der Lage sind, das erarbeitete Wissen wiederzugeben. Die

Lösungen finden Sie im Anhang.

• Fachwörter und fremdartige Begriffe sind unterstrichen und im angehängten Glossar erklärt.

• Verweise auf bereits behandelte Themen und Inhalte sind mit Q (für Querverweis

gekennzeichnet)

• Zu den Übungen sind keine Lösungen angegeben, da zumeist individuelle Antworten

gefordert sind und die Übungen zur Vertiefung des Lernstoffes in den Praxisseminaren

gemeinsam bearbeitet werden.

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Lernziele dieses Lehrbriefes

Mit Durcharbeitung dieses Lehrbriefes sollen Sie…

• Den Begriff Athletik-Training und die Aufgaben des Athletiktrainers verstanden haben.

• Verstanden haben, dass der funktionsfähige Bewegungsapparat eine körperliche Voraussetzung

für ein intensives Athletiktraining darstellt.

• Die häufigsten Verletzungsbilder im Fußball kennen.

• Die Grundbewegungsmuster im Fußball kennen.

• Die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Spielerpositionen kennengelernt haben.

• Den Trainingsbegriff im speziellen und die einzelnen Belastungskomponenten im Training kennen

und verstanden haben.

• Das Superkompensationsmodell kennen und verstehen.

• Die Trainingsprinzipien als Grundlage zur Trainingsgestaltung kennengelernt und verstanden

haben sowie ihre Wechselwirkung untereinander verstehen.

• Im Rahmen der Periodisierung des Trainings die ein-gipflige und zwei-gipflige

Saisontrainingsplanung vom Grundaufbau her kennengelernt haben.

• Den allgemeinen Ablauf der Trainingsgestaltung, Trainingssteuerung und Trainingsdurchführung

kennen.

• Beispielhafte Verfahren zur Diagnostik kennengelernt haben.

• Beispiele verschiedener Trainingsplanungen in der Saisonvorbereitung Fußball kennengelernt

haben.

• Die Formen der Kraft und diesbezügliche Trainingsmethoden zur Ausprägung der Athletik

kennen.

• Funktionelle Übungen Kraft, Mobilität und Stabilität kennengelernt haben.

• Schnellkraftorientierte Übungen kennengelernt haben.

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Inhalt

1 Athletik im Fußball .................................................................................................................................. 7

2 Anforderungsprofil im Fußball ............................................................................................................... 11

2.1 Die Notwendigkeit von funktionellem Training im Fußball ................................................................. 11

2.2 Körperliche Voraussetzungen und Verletzungsprävention ................................................................. 12

2.3 Verletzungen im Fußballsport ............................................................................................................. 13

2.3.1 Muskelverletzungen ........................................................................................................................ 14

2.3.2 Knieverletzungen............................................................................................................................. 16

2.3.3 Seitenbandverletzung ..................................................................................................................... 17

2.3.4 Hinweis Oberkörper ........................................................................................................................ 18

2.4 Voraussetzungen für Höchstleistung ................................................................................................... 19

2.5 Sportartenanalyse Fußball ................................................................................................................... 20

2.6 Der Core im Fußball ............................................................................................................................. 21

2.6.1 Grundbewegungsmuster im Fußball ............................................................................................... 22

2.6.2 Strukturelle Bewegungsmuster im Fußball ..................................................................................... 23

2.7 Kraft, Stabilität und Balance im Fußball .............................................................................................. 26

2.8 Die unterschiedlichen Spielerpositionen ............................................................................................. 28

2.9 Zusammenfassung von Kapitel 2 ......................................................................................................... 33

3 Grundlagen der Trainingslehre .............................................................................................................. 35

3.1 Trainingsszenarien ............................................................................................................................... 35

3.2 Der Trainingsbegriff ............................................................................................................................. 37

3.3 Zielorientierung ................................................................................................................................... 37

3.4 Systematik ........................................................................................................................................... 40

3.4.1 Belastungskomponenten ................................................................................................................ 40

3.4.2 Die Trainingsprinzipien .................................................................................................................... 44

3.4.3 Die Trainingsprinzipien in der Wechselwirkung .............................................................................. 47

3.5 Planmäßigkeit ...................................................................................................................................... 48

3.5.1 Trainingssteuerung .......................................................................................................................... 49

3.5.2 Trainingsorganisation ...................................................................................................................... 50

3.6 Periodisierung ...................................................................................................................................... 53

3.6.1 Gründe für die Periodisierung ......................................................................................................... 53

3.6.2 Unterteilung .................................................................................................................................... 54

3.6.3 Jahresperiodisierung ....................................................................................................................... 55

3.6.4 Modelle der Jahresperiodisierung................................................................................................... 56

3.6.5 Die Trainingseinheit ........................................................................................................................ 62

3.6.6 Praxisaspekt zur Periodisierung ...................................................................................................... 63

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3.6.7 Exklusivvorlage ................................................................................................................................ 64

3.7 Zusammenfassung von Kapitel 3 ......................................................................................................... 66

4 Spezielle Trainingslehre im Krafttraining ............................................................................................... 68

4.1 Maximalkraft ....................................................................................................................................... 68

4.2 Schnellkraft .......................................................................................................................................... 69

4.3 Reaktivkraft ......................................................................................................................................... 69

4.4 Kraftausdauer ...................................................................................................................................... 70

4.5 Grundlegende Trainingsrichtlinien der Kraftdimensionen .................................................................. 70

4.5.1 Sportliche Anfänger ......................................................................................................................... 71

4.5.2 Maximalkrafttraining ....................................................................................................................... 73

4.5.3 Schnellkrafttraining ......................................................................................................................... 75

4.5.4 Reaktivkrafttraining ......................................................................................................................... 76

4.5.5 Kraftausdauertraining ..................................................................................................................... 77

4.6 Anpassungszeiten an Krafttraining ...................................................................................................... 78

4.7 Methoden der Kraftmessung .............................................................................................................. 78

4.7.1 Der deduktive Ansatz ...................................................................................................................... 79

4.7.2 Der induktive Ansatz ....................................................................................................................... 81

4.7.3 Messung in der Praxis ..................................................................................................................... 82

4.7.4 Rumpfkrafttest ................................................................................................................................ 83

4.8 Zusammenfassung von Kapitel 4 ......................................................................................................... 85

5 Saisonale Trainingsplanung im Fußballsport .......................................................................................... 87

5.1 Saisonvorbereitung Athletiktraining Fußball ....................................................................................... 88

5.1.1 Ausdauertraining in der Saisonvorbereitung .................................................................................. 88

5.1.2 Krafttraining in der Saisonvorbereitung .......................................................................................... 89

5.2 Wochentrainingsplan Athletik ............................................................................................................. 94

5.2.1 Trainingseinheit ............................................................................................................................... 96

5.3 Training während dem Spielbetrieb .................................................................................................... 97

5.4 Zusammenfassung von Kapitel 5 ....................................................................................................... 101

6 Lernkontrollfragen ............................................................................................................................... 103

6.1 Lernkontrollfragen zu Kapitel 2 ......................................................................................................... 103

6.2 Lernkontrollfragen zu Kapitel 3 ......................................................................................................... 103

6.3 Lernkontrollfragen zu Kapitel 4 ......................................................................................................... 104

6.4 Lernkontrollfragen zu Kapitel 5 ......................................................................................................... 104

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7 Lösungen zu den Lernkontrollfragen .................................................................................................... 105

7.1 Lösungen zu Kapitel 2 ........................................................................................................................ 105

7.2 Lösungen zu Kapitel 3 ........................................................................................................................ 105

7.3 Lösungen zu Kapitel 4 ........................................................................................................................ 107

7.4 Lösungen zu Kapitel 5 ........................................................................................................................ 108

8 Glossar ................................................................................................................................................. 109

9 Tabellenverzeichnis ............................................................................................................................. 112

10 Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................................... 112

11 Literaturverzeichnis ............................................................................................................................. 114

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1 Athletik im Fußball

Spätestens seit der Fußball-WM 2006 hat das athletische Körpertraining im Fußballsport Einzug gehalten und die

Trainingsinhalte, besonders in der Saisonvorbereitung, maßgeblich beeinflusst. Stand vorher hauptsächlich ein

sog. Konditionstraining, das möglichst mit Ball durchgeführt werden sollte, sowie das Taktik- und Techniktraining

im Vordergrund, tragen der Entwicklung nun, besonders im Profi-Fußball, die athletischen Fähigkeiten eines

Spielers immer mehr zur Spielfähigkeit und zum Spielerfolg bei. Vergleicht man z.B. ein Bundesligaspiel aus den

70er- oder 80er Jahren mit der Dynamik des heutigen Fußballs, so wird klar, dass man damals nicht von Athleten

im heutigen Sinne sprechen kann. Anfang der 2000er unterhielten nicht einmal alle 18 Bundesligisten eigene

Fitnessräume (Gonzalez-Balzar, 2007). Während regelmäßige Trainingspläne im Athletikbereich in

amerikanischen Sportarten wie Football und Basketball schon seit Jahren zum Standard gehören (Ebben &

Blackard, 2001), musste der Fußball noch auf diese Neuerungen warten. Passend dazu ein Zitat von Kindermann

(2001): „Die konditionellen Fähigkeiten deutscher Spitzenfußballer haben sich im Verlauf der 90er Jahre nicht

geändert.“

Dennoch kam es durch neue Trainingsmethoden zu einem anderen Fußballspiel. Der Spieler der heutigen Zeit

hat sich grundlegend verändert. Er ist stärker, schneller, agiler und ausdauernder. In den 70er und 80er Jahren

kamen verschiedene Autoren zu dem Schluss, dass Fußballer ca. zehn Kilometer liefen (Reilly, 1988). Auch

Bangsbo (1991) stellte ungefähr zehn bis elf Kilometer fest. Heutige Laufleistungen liegen etwas über diesen

Werten. Di Salvo (2007) beispielsweise kommt auf etwa elf Kilometer. In der Hinrunde der Bundesligasaison

2013/2014 lief der Führende Christoph Kramer beispielsweise 204,3 km insgesamt und 13,01 km pro Spiel. Die

führende Mannschaft SC Freiburg lief pro Spiel 121,53 km und die geringste Teamleistung liegt immerhin noch

bei 113,35 km (Hannover 96). Es sind also beträchtliche Wege die die Spieler zurücklegen müssen (Spiegel Online,

2013).

Vor allem änderte sich aber die Intensität der Wege. Schon im Vergleich von 2006 zu 2013 konnten Bradley et al.

(2014) feststellen, dass sich die Gesamtlaufleistung um ca. 2 %, die Anzahl der hochintensiven Laufaktionen um

ca. 30 % und die Sprintstrecke und -anzahl um 35 % gesteigert hat. Untersucht wurde dabei die englische

Premiere League in 14.700 Spielen. Man konnte feststellen, dass die Sprints immer kürzer, dafür aber häufiger

wurden. Eine Forschergruppe um Stolen (2005) wählte aus über 9.000 Studien/Abhandlungen/Untersuchungen

zum Thema Fußball 181 aussagekräftige und wissenschaftlich fundierte Studien aus und kam zu ähnlichen

Ergebnissen wie weiter oben beschrieben. Interessanterweise aber fand die Gruppe heraus, dass die

erfolgreichen Mannschaften in der körperlichen Leistungsfähigkeit ständig besser wurden, wohingegen die

weniger erfolgreichen Mannschaften ähnliche Werte wie vor 30 Jahren (ab Studienbeginn rückwärts also ca.

1975) aufwiesen.

Die weitere Verwissenschaftlichung im Fußball sei durch einige Beispiele aus dem Profibereich untermauert.

Noch 2005 schrieb Haarmeyer in einem Artikel des Hamburger Abendblattes, dass es beim FC Bayern München

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unter Felix Magath keine Laktattests gab. Auch der damalige Cheftrainer von Borussia Dortmund, Bert van

Marwijk soll keinen Wert auf Leistungsdiagnostik gelegt haben. Dies schrieb Hennecke (2004) im Kicker.

Die Sportwissenschaft und insbesondere die Erkenntnisse aus dem körperlichen Fitnesstraining beginnend in den

90er Jahren haben maßgeblich dazu beigetragen den Fußball zu verändern. Es ist sicherlich falsch, anzunehmen,

dass vor 2006 nicht schon intensiv an der körperlichen Athletik der Spieler gearbeitet wurde. Wie Gonzalez-Balzar

2007 zeigt, gab es auch vor 2006 schon Athletiktrainer. Jedoch gab es noch einige Mannschaften in der

Bundesliga, die keinen besonderen Wert auf Athletik, Krafttests, Sprungtests oder Ähnliches gelegt haben.

Gonzalez-Balzar führte eine große Untersuchung zum Stand der Athletik im deutschen Profifußball durch.

Nach Gonzalez-Balzar trainierten sieben Vereine 2005 noch ohne Konditionstrainer (der Begriff Athletiktrainer

war noch nicht bekannt – die Aufgaben des Athletik- und Konditionstrainers wurden bei der Untersuchung von

Gonzalez-Balzar zusammengelegt). Er vergleicht andere europäische Ligen und amerikanische Sportarten mit der

Bundesliga. 2005 hatten in Italien 18 von 20 Fußballmannschaften, in Spanien 16 von 20 Fußballmannschaften,

in der NHL (Eishockey) 25 von 30 und in der NFL (Football) 32 von 32 Vereinen/Mannschaften einen

Konditionstrainer. Teilweise sogar mehrere. Im Jahr 2012 war im deutschen Profifußball schon ein enormer

Entwicklungssprung zu erkennen. Alle 18 Bundesligavereine verfügten nun über einen eigenen Athletiktrainer

(Hornberger, 2013) – davon Alle in Vollzeit. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass nun von Athletiktrainer die

Rede war. Hornberger konnte in einer Befragung mehrerer Athletiktrainer im Profifußball feststellen, dass sich

diese auch mehrheitlich für eben diese Bezeichnung aussprachen. Weiter befragte er die Athletiktrainer nach

deren Aufgabengebieten. Als Antwort kamen vor allem Leistungssteigerung und Verletzungsprophylaxe mit

klarer Tendenz zur individuellen Fitness. Die Athletiktrainer gaben an individuelle Trainingspläne schreiben und

das Fitnesstraining über den Saisonverlauf planen zu müssen.

Ein weiteres Indiz dieser voranschreitenden Entwicklung ist die Aussage der Athletiktrainer die Bereitschaft für

neue Inhalte und Weiterbildungen ist essentiell für den Beruf. Alle hatten verschiedene Ausbildungen und

absolvierten Fortbildungen.

Training im Bereich der Kraft, Stabilität, Mobilität und Balance ist mit zunehmender Bedeutung präsent, stellt es

doch die Basis für jede intensive Belastung und außerordentliche Leistungsfähigkeit dar.

Neuesten Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem funktionellen Athletiktraining könnten nun sogar den Spieler

von heute in Zukunft noch besser machen. Gleichzeitig hat diese Entwicklung nicht nur in den ersten Ligen

Einfluss auf die Spielqualität, sondern auch in den unteren Spielklassen. Auch dort erkennt man langsam den

Nutzen, einen Spieler von Grund auf mit einer maximal effektiven körperlichen Spieltauglichkeit auszustatten.

Was bedeutet das in Zukunft für den ausgebildeten Athletiktrainer? Viel Arbeitspotential! Langfristig wird die

Mannschaft Erfolg haben, die neben allen anderen Einflussfaktoren, u.a. seine Spieler, am besten athletisch

ausbildet und ausstattet, egal in welcher Liga (siehe Stolen).

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Bei aller Wissenschaftlichkeit sei aber erwähnt, dass Fußball immer noch ein unvorhersehbares Spiel ist. Wer

letztlich gewinnt kann keiner vorher wissen, jedoch kann durch die Arbeit am Spieler im athletischen Bereich an

einer weiteren großen Stellschraube gedreht werden um die Qualität zu erhöhen.

Was sind nun genau die Inhalte und die Aufgaben eines Athletiktrainers? Vorab, er ist kein „Ballbespaßer“,

sondern er ist der Teil des Trainer-Teams, den so manche Spieler fürchten, aber trotzdem schätzen lernen

werden. Er ist auch der Teil des Trainer-Teams, der natürlich akzeptiert und als notwendig erachtet wird, der sich

aber effektive Trainingszeit mit den Spielern, besonders auf individueller Ebene, teilweise „erkämpfen“ muss

bzw. mit den vorgegeben Trainingszeiten maximal effektiv zurechtkommen muss. Das körperliche Athletik-

Training konkurriert in den meist sehr kurzen Vorbereitungsphasen immer wieder mit allen anderen

Trainingsinhalten, wie dem Technik- und Taktiktraining, den Test- und Freundschaftsspielen, etc. Das macht es

in der Summe der Inhalte für den Spieler und für den Athletiktrainer in den Vorbereitungsphasen aber ja auch so

anspruchsvoll.

Die Aufgaben des Athletiktrainers umfassen u.a. folgende Inhalte:

• Spielerbeobachtung

• Körperliche und gesundheitliche Anamnese jedes einzelnen Spielers

• Funktions- und Leistungsdiagnostik

• Trainingsplanung und -durchführung funktionelle Kraft, Mobilität und Stabilität

• Trainingsplanung und -durchführung Athletiktraining Kraft, Schnelligkeit und Sprungkraft sowie

Ausdauer

• Durchführung des Warm-up bei Spielen

• Durchführung von muskulärem Regenerationstraining

• Zusammenarbeit und Austausch mit der Physiotherapie

• Kommunikation und Zusammenarbeit mit Techniktrainern, Ernährungscoachs, Sportpsychologen

sowie Cheftrainer und Assistenten

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Abbildung 7 Leistungspyramide im Leistungssport (Quelle: SPORTLEREI AKADEMIE)

2.5 Sportartenanalyse Fußball

Das fußballspezifische Leistungsprofil ist – wie bei Spielsportarten üblich – von einer hohen Komplexität

gekennzeichnet. Die konditionellen Faktoren stellen dabei gewissermaßen eine Basis für optimale technische

und taktische Fertigkeiten dar und entwickeln sich aufgrund äußerer organisatorischer Merkmale wie der

Spielfeldgröße, der Spieleranzahl und der Spieleinteilung. Ausdauerleistungs-, Grundschnelligkeits- und

Sprintausdauervermögen sowie Antrittsschnelligkeit können als die wichtigsten konditionellen

Leistungsmerkmale im modernen Fußball identifiziert werden. In koordinativer Hinsicht sind die komplexen

Bewegungsaufgaben durch die Beachtung des Spielgeräts, der eigenen Mitspieler und der Gegenspieler

gekennzeichnet. Führt man konditionelle und koordinative Fähigkeiten zusammen, verlangen das breite

Bewegungsspektrum (Sprinten, Abbremsen, Richtungswechsel, Springen, etc.), das Bestreiten von Zweikämpfen

sowie das Ausführen typischer Techniken in wechselnden Spielsituationen dem Fußballer ein hohes Maß an

(psycho-) physischer Anpassungsfähigkeit ab.

Die Belastung des Fußballers (Anm.: Feldspieler) erfolgt intervallartig: Kurze hochintensive Spielanteile wechseln

mit Pausen unterschiedlicher Länge. Zudem ist eine Gesamtlaufstrecke von bis zu 13 km innerhalb der 90

Minuten zu erwähnen. Als bein- bzw. unterkörperlastige Sportart sind in Bezug auf die dominanten

Muskelgruppen v.a. M. quadrizeps und die ischiocrurale Muskulatur zu erwähnen. Hier sind Dysbalancen bei

Fußballern keine Seltenheit („Hamstrings“ im Vergleich zum Quadrizeps zu schwach bzw. rechts-links-Dysbalance

zwischen Schuss und Standbein). Ein potentielles Verletzungsrisiko stellt insbesondere eine mangelhafte,

exzentrische Kraftfähigkeit im Bereich der Hamstrings dar. Ebenso wichtig sind starke Kniestabilisatoren,

Hüftstabilisatoren (Stichwort: Außenrotation) und eine starke Bauchmuskulatur. Letztere, auch in Hinblick auf

den bei Fußballern oft verkürzten M. Iliopsoas (Stichwort: LWS- Problematik durch Hyperlordose). Weiterhin

sollte auf ausreichende Schulterstabilität in Hinblick auf körperbetonte Zweikämpfe und Sturzgefahr geachtet

werden.

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Abbildung 8 Sportartenanalyse Fußball (Quelle: SPORTLEREI AKADEMIE)

2.6 Der Core im Fußball

Die fundamentale Bedeutung des Core für Fußballer, beruht auf der Tatsache, dass er als „Aufhängung“ für die

Extremitäten dient. Die funktionale und situative Kontrolle jeder (fußballerischen) Bewegung -auch in Bezug auf

die Aufrechthaltung der Bewegungsqualität über 90 Minuten- basiert letztlich auf der Leistungsfähigkeit des

Core. Bei allen funktionsgerechten Wurf-, Schlag- und Schussbewegungen sind ein stabiler Rumpf, also eine

Voraktivierung der queren und tiefen Bauchmuskulatur, sowie der unteren Rückenmuskulatur Voraussetzungen.

Die Vermutung liegt nahe, dass ein starker Rumpf wichtig ist, um hohe Rotationsgeschwindigkeiten bei

multisegmentalen Bewegungen zu erbringen. Bildlich gesprochen stellt die Stabilität des Core somit die

Grundlage für die Übertragung der Motorleistung (konditionelle Fähigkeiten) auf die Straße (ergo das

Fußballfeld) dar.

Iranische Forscher um Barati (2013) konnten jüngst nachweisen, dass es einen starken Zusammenhang zwischen

der Ermüdungswiderstandsfähigkeit der Rumpfmuskulatur und der statischen Balance gibt. So wurden mit 50

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Studenten Rumpfkraftmessungen und Balancetests durchgeführt. Für einen Fußballspieler kann dies bedeuten,

dass er sich präventiv durch Rumpfkrafttraining vor Verletzungen wie Umknicken bei einer einbeinigen

Ballannahme oder dem vorher beschrieben „Springen mit einem Bein voraus“ schützen kann.

Für den Fußball noch spezifischer konnten Sharrock et al. (2011) bei 35 Studenten einen Zusammenhang

zwischen der Rumpfstabilität, der 40m Sprintfähigkeit und dem T-Test nachweisen. Sie schließen daraus, dass es

einen Zusammenhang zwischen der Rumpfstabilität und Leistungsparametern gibt. Gerade der Zusammenhang

mit dem T-Test könnte einen Hinweis auf die Bedeutung der Rumpfkraft für Fußballer sein, da es hier oft zu

Richtungsänderungen kommt.

Zur Überprüfung auf einen direkten Zusammenhang zwischen Rumpfstabilität und Leistung im Fußball führten

Imai et al. (2014) eine Untersuchung mit 27 jugendlichen Fußballspielern durch. Sie wurden in zwei Gruppen

eingeteilt. Eine Gruppe absolvierte ein funktionelles Rumpfkrafttraining Übungskatalog Q, die andere Gruppe

ein herkömmliches Training (Sit ups, Back extensions) über einen Zeitraum von zwölf Wochen. Beide Gruppen

verbesserten ihre Leistungen bei den Rumpfkraftmessungen und in den Leistungstests wie zum Beispiel Sprinten

und Springen. Das funktionelle Training war dem konventionellen Training jedoch leicht überlegen.

Auch Gilchrist (2008) mit über 1.400 Fußballerinnen und Myer (2005) mit 41 Sportlern konnten eine Reduzierung

des Kreuzbandrissrisikos durch Übungsprogramme erzeugen die vor allem auf eine Rumpfkrafterhöhung und

Erhöhung der Stabilität abzielen. Die Programme dauerten dabei zwölf Monate. Bei beiden wurden

Kraftübungen, Sprungkraftübungen und Balanceübungen durchgeführt. Myer konnte durch sein athletischeres

Programm mit mehr Fokus auf Kraft und Sprungkraft sogar noch eine Leistungssteigerung im Kniebeugen und

Springen hervorbringen.

Zusammenfassend sollte bei der Ausbildung der Kraft- und Stabilisationsfähigkeiten bei Fußballern ein

besonderes Augenmerk auf sensomotorische Inputs gelegt werden. Im Bereich Schnelligkeit (bzw.

Sprintausdauer) bieten sich u.a. Agility- Formen als sportartnahe Trainingsmethode an. Durch ein durchdachtes

Training der Core-Kraft und -stabilität lässt sich also sowohl die Leistung steigern, als auch Verletzungen

vorbeugen.

2.6.1 Grundbewegungsmuster im Fußball

Wie im Alltag so kann man auch in den Spielsportarten bestimmte Grundbewegungsmuster definieren. Diese

orientieren sich immer an der Funktionsweise unseres Körpers sobald wir uns im freien Raum, die Schwerkraft

überwindend, ihr gegenhaltend oder gegen sie haltend (isometrisch) bewegen oder arbeiten. Im geordneten

funktionellen Training außerhalb des Spielbetriebs ist es relativ einfach diese Grundbewegungsmuster zu

absolvieren und zu trainieren. Im Spielbetrieb – und dies gilt für alle Spielsportarten – erfolgt jedoch eine

sequentielle, multidirektionale und multisegmentale Bewegungsbelastung, die so im Training nicht simulierbar

ist. Das muss und kann sie aber auch nicht sein.

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Daraus leiten sich nun folgende Grundbewegungsmuster in allen sequentiellen Spielsportarten UND auch im

Alltag ab:

1. Kniebeugen

2. Ausfallschritte

3. Hüftstabilität und -mobilität

4. Rumpfstabilisierung

5. Zug- und Druckbewegungen in den oberen Extremitäten

Übung 4

Betrachten Sie diese beiden Abbildungen und nennen Sie mind. drei „gleiche“ sichtbare

Bewegungsmuster!

Abbildung 12 Sportler in Aktion (Quelle: welt.de/tutorialbasket.blogspot.com)

Antwort:

1.

2.

3.

2.7 Kraft, Stabilität und Balance im Fußball

Im Optimalfall hat ein Athletiktrainer die Möglichkeit Spieler auch individuell gem. den persönlichen Stärken und

Schwächen am Bewegungsapparat zu trainieren. Dies ist in der Praxis nicht immer gegeben. Jedoch ist eine

individuelle Trainingsempfehlung z.B. aufgrund der Testergebnisse eines FMS immer möglich und sollte dem

Spieler dann auch eindrücklich kommuniziert werden Kapitel 4 Q.

Ohne dass an dieser Stelle auf die Funktionsweise des Körpers in seinen verschiedenen Muskelschlingen (die

Kenntnis der funktionellen Anatomie des Körpers ist an dieser Stelle vorausgesetzt!) eingegangen werden kann,

arbeitet unser Körper in verschiedenen Grundbewegungsmustern, innerhalb derer er sich sicher, kontrolliert und

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effizient bewegen können soll. Dieser funktionsfähige Bewegungsapparat gilt als Voraussetzung für ein intensives

Athletiktraining (spezielle Leistungsfähigkeit – siehe auch Bewegungspyramide von Gray Cook).

Dem Athletiktrainer stehen zur funktionellen Trainingsplanung nun eine Auswahl an sog. „Corrective Exercises“

(= funktionelle korrigierende Übungen zur Verfügung), die die einzelnen funktionellen Strukturen in ihrer

intermuskulären Funktionen (Training in Muskelketten und „ground based“) trainieren Anforderungsprofil Q.

Ungeachtet der Spielsportart bzw. der Art der Belastung müssen folgende Strukturen des Körpers folgende

Voraussetzungen erfüllen, die dann durch das Training mit funktionellen Übungen siehe Übungskatalog Q,

teilweise mit und ohne Trainingsgeräte erreicht werden:

Struktur Voraussetzung Einfluss u.a.

Obere Sprunggelenk (OSG)

Untere Sprunggelenk (USG)

Mobilität

Propriozeptive Stabilität

Wadenmuskulatur

Knie Stabilität – gerade Beinachse Wadenmuskulatur –

kniestabilisierende

Oberschenkelmuskulatur –

Hüfte (insb. Außenrotatoren)

Hüfte 1. Mobilität (insb. Außenrotation)

und

2. Stabilisierung

hüftumschließende Muskulatur

Ischiocrurale Muskulatur -

hüftumschließende

Muskulatur (insb.

Außenrotatoren) - LWS

LWS 1. Stabilität (Flexion – Extension

und Lateralflexion – KEINE

Rotation!)

2. Mobilität Hüftbeuger (M. rectus

femoris und M. iliopsoas)

Rückenstrecker-Muskulatur –

Rumpfmuskulatur (M. psoas

und komplette Bauchgruppe)

– der sog. Core

BWS 1. Rotations-Mobilität

2. BWS-Extension

1. Autochthone Rücken-

muskulatur

2. M. trapezius und M.

rhomboideus

Schultergürtel Schulterblattfixation (Aufrichtung –

BWS-Extension)

M. trapezius und M.

rhomboideus

Schultergelenk 1. Mobilität

2. Stabilisierung der

Rotatorenmanschette

1. M. pectoralis major und

minor

2. Rotatorenmanschette

Tabelle 1 Funktionen von Körperstrukturen

Das Ziel des funktionellen Kraft-, Mobilitäts- und Stabilitätstrainings (funktionelles Krafttraining) ist also der

funktionsfähige Bewegungsapparat. Unterliegt der Körper mindestens einer oder mehrerer

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Bewegungsschwächen oder massiven Dysfunktionen ist eine erhöhte Verletzungsgefahr gem. dem Tabelle

Anforderungsprofil im Fußball gegeben.

2.8 Die unterschiedlichen Spielerpositionen

Nun ist die allgemeine Meinung, dass die unterschiedlichen Spielerpositionen unterschiedlich ausgeprägte

Belastungen erfahren. In Wahrheit erfahren sie die gleichen Belastungen in den gleichen Bewegungsmustern,

aber teilweise in unterschiedlichen Ausprägungen.

Nachfolgende Inhalte geben ein Beispiel in Bezug auf die Belastungsprofile der einzelnen Spielerpositionen:

Tabelle 2 Exemplarische Daten (von 270 Spielern) der kroatischen ersten Liga (nach Juric, 2009)

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3 Grundlagen der Trainingslehre

Um zu verstehen wie man gezielt die Leistungsentwicklung des Spielers steuern kann, kommt man um die

Grundlagen der Trainingslehre nicht herum. Diese gelten ausnahmslos für jede sportliche Betätigung und sind

somit die Basis für jegliche Leistungsentwicklung.

Die Themen Diagnostik, Periodisierung und spezielle Krafttrainingsmethoden werden im weiteren Verlauf des

Lehrbriefs separat behandelt, da sie inhaltlich sehr umfangreich sind. Nichtsdestotrotz sind diese Themen auch

Grundlagen der Trainingslehre und sind Gesamtbild des Trainingsbegriffes zu sehen.

3.1 Trainingsszenarien

Prinzipiell hat der Athletiktrainer drei Szenarien in denen er arbeiten kann. Diese sind:

• Eins zu Eins Athletiktraining

• Gruppentraining

• Fernbetreuung

Eins zu Eins

Das Eins zu Eins Athletiktraining findet nur mit dem zu trainierenden Spieler und dem Trainer statt. Es ist das

effektivste Training, da hier direkt auf den Spieler eingegangen werden kann. Es kann sofort korrigiert, seine

Stärken individuell gefördert und an seinen Schwächen gearbeitet werden. Außerdem entsteht eine gute, weil

persönliche Trainingsatmosphäre. Der Trainer muss in diesem Szenario das notwendige Fachwissen besitzen,

aber auch den Umgang im eins zu eins beherrschen. Wenn möglich sollte diese Variante gewählt werden. Noch

ist dies im Fußball selten, mit zunehmendem Stellenwert des Athletiktrainings könnte sich das aber ändern.

Mannschaftstraining

Das häufigste Szenario im Athletiktraining ist sicherlich das Mannschaftstraining. Entweder findet das

Athletiktraining dann separat vom oder innerhalb des Mannschaftstrainings statt. Dies ist ein erheblicher

Unterschied, muss man beim Athletiktraining innerhalb des Mannschaftstrainings auch berücksichtigen, dass

man die Spieler nicht derart verausgaben kann, dass der Haupttrainer danach Probleme hat die Spieler

überhaupt noch zu erreichen. Außerdem kann es immer zu unvorhergesehenen Änderungen im Trainingsablauf

kommen, da beispielsweise eine Übung in der Kernsportart spontan länger durchgezogen wird oder manche

Spieler eine Übung doppelt machen müssen. Der Schlüssel zur erfolgreichen Arbeit liegt hier in der klaren

Kommunikation mit dem Haupttrainer. Beide müssen wissen, was der jeweils andere macht und sich aufeinander

abstimmen. Gelingt dies, so ist der Trainingserfolg maximal. Außerdem wirkt eine reibungslose Zusammenarbeit

des Haupt- und Athletiktrainers enorm sichernd auf die Athleten. Dies wiederum steigert die Trainingserfolge,

da die Arbeitsatmosphäre konzentriert und störungsfrei ist.

Ein weiterer wichtiger Punkt beim Mannschaftstraining ist der Leistungsstand. Es gibt keine Mannschaft auf der

Welt in der alle Spieler das gleiche Leistungsniveau haben. Manche sind stärker, manche schwächer. Manche

haben Schwächen in der Sprungkraft, andere in der Kraftausdauer. Hier ist der Trainer gefragt wenn möglich eine

Einteilung vorzunehmen. Eine Anfängergruppe mit leichteren Übungen oder weniger Wiederholungen/weniger

Gewicht und eine fortgeschrittene Gruppe bieten sich eventuell an. Deshalb muss der Trainer Übungsvariationen

kennen, um sowohl den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, als auch den Schwierigkeitsgrad senken zu können. So

könnten in der Fußballmannschaft beispielsweise sechs fortgeschrittene Spieler einbeinige Kniebeugen und

danach Klimmzüge machen, zehn weniger fortgeschrittene Spieler jedoch nur normale Kniebeugen und

vorgebeugtes Rudern machen.

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So wird ein möglichst optimales Training für die Mannschaft erreicht. Hier sollte der Hinweis kommen, dass jeder

an seine eigene Grenze geht. Dadurch werden alle gleichermaßen angespornt und verlieren nicht die Motivation.

Damit vermeidet man so gut es geht auch zu starke Vergleiche der einzelnen Sportler. Gesunder Wettkampfgeist

ist notwendig und förderlich, permanentes Vergleichen kann aber zu Frustration einzelner Spieler führen. Durch

gutes Coaching kann man diese Problematik aber versuchen in den Griff zu bekommen.

Außerdem kann eine Einteilung nach Trainingszielen Sinn machen. So kann eine Gruppe beispielsweise an der

Reaktivkraft arbeiten und eine andere am Muskelaufbau. Vorsicht ist jedoch geboten nicht zu viele Gruppen zu

gestalten, da sonst die Übersicht verloren geht. Der Vorteil des Teamtrainings liegt in der Einfachheit des

Trainings. Die Mannschaft ist komplett zur Verfügung und es können zahlreiche Übungen absolviert werden.

Außerdem ist die Stimmung meist gut. Nachteilig ist die fehlende Homogenität der Athleten. Ein gezielt

individuelles Training ist äußerst schwer bis unmöglich zu realisieren. Dennoch ist es das häufigste Szenario und

bietet gute Möglichkeiten zur Leistungssteigerung.

Fernbetreuung

Die Fernbetreuung ist die ungünstigste Variante im Athletiktraining, lässt sich aber manchmal nicht vermeiden.

Wenn beispielsweise eine Mannschaft von 20 Spielern trainiert werden soll, aber keine Trainingszeiten oder

Geräte zur Verfügung stehen muss reagiert werden. In Deutschland findet sich sehr selten die Möglichkeit mit

20 Spielern gleichzeitig ein Maximalkrafttraining wie in den USA durchzuführen, wo es Athletikhallen mit

unzähligen Kraftstationen gibt. Den Spielern wird dann ein individueller Trainingsplan geschrieben. Eine

Einweisung in die Übungen sollte jedoch dringend vorgenommen werden, damit die Bewegungen verstanden

und zur Not selbst korrigiert werden können. Bilder oder Videoaufzeichnungen bieten sich als Material für den

Spieler an. Der Vorteil der Fernbetreuung ist die Möglichkeit individuell (per Trainingsplan) am Spieler zu

arbeiten. Der Nachteil ist jedoch gravierend, da der Spieler nicht direkt trainiert werden kann. Weder

fachmännische Korrekturen sind möglich, noch eine gezielte Überprüfung des Trainings.

Auch bei der Fernbetreuung müssen die Trainingsprinzipien berücksichtigt werden und es muss immer eine

Diagnostik, Zielsetzung und Evaluation erfolgen. Dazu mehr im Verlauf der folgenden Kapitel.

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3.2 Der Trainingsbegriff

Abbildung 18 Der Trainingsbegriff

Sportliches Training ist ein komplexer Handlungsprozess, der durch zielgerichtete, planmäßige und

systematische Tätigkeiten eine Vervollkommnung bzw. Steigerung der körperlichen bzw. motorischen

Leistungsfähigkeit anstrebt. Dazu bedarf es der systematischen Wiederholung gezielt überschwelliger

Muskelspannungen (Belastungsreize), durch die morphologische (strukturelle) und funktionelle

Anpassungserscheinungen am Organismus zum Tragen kommen und mit einer Leistungssteigerung

einhergehen.“

Die Unterbegriffe in obiger Abbildung sind schwerpunktmäßig bei einem der drei Kriterien anzusiedeln. Jedoch

ist dies keine starre Einteilung, sondern eine Verständnishilfe. Alle Aspekte sind nicht losgelöst voneinander zu

betrachten. Sie existieren nur zusammen und bilden als Einheit den Trainingsbegriff. Die Angaben basieren auf

Standardliteratur nach Boeckh-Behrens/Buskies (2006), Weineck (2010), Schnabel (1994) und

Hollmann/Hettinger (1990).

3.3 Zielorientierung

Alle Maßnahmen, die im Training angewandt werden, müssen immer auf das Trainingsziel des Athleten

ausgerichtet werden. Nur so kann Erfolg erzielt werden. Wer nicht weiß, wohin die Reise gehen soll, der weiß

auch nicht welchen Weg er nehmen muss. Deshalb muss vor Trainingsbeginn geklärt werden, welches Ziel

erreicht werden soll. Dabei hat jeder Spieler andere Voraussetzungen. Einer muss an der Sprungkraft arbeiten,

der andere Muskulatur aufbauen. Daher ist die Zielsetzung immer individuell.

Außerdem muss die Zielsetzung sportartrelevant sein. Denn nur wenn das Erreichen des Ziels den Sportler im

Fußball weiterbringt ist es ein sinnvolles Ziel. Hier muss zunächst überlegt werden, welches Ziel dem Sportler

helfen wird.

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Außerdem muss das Ziel realistisch sein. Denn nur so kann der Spieler motiviert werden und bleibt beim Training.

Falls das Ziel unerreichbar ist, leidet die Motivation. Falls das Ziel aber viel zu einfach ist, ebenfalls. Der Trainer

muss in Zusammenarbeit mit dem Spieler ein realistisches Ziel setzen. Dabei kann der Trainer aus seiner

Erfahrung schöpfen. Für Anfänger im Trainingsbereich empfiehlt sich ein Blick in gängige Literatur oder die

Absprache mit Trainerkollegen. Grundlage für eine Zielsetzung ist eine eingehende Diagnostik. Hier wird

untersucht an welchem Punkt der Spieler im Moment steht. Nur so kann ein realistisches Ziel gesetzt werden.

Außerdem wird auf die individuellen Gegebenheiten des Spielers eingegangen. Eine genauere Behandlung der

Diagnostik wird wie erwähnt später im Lehrbrief geliefert.

Ein Ziel muss auch klar sein. Nur wenn ein Ziel definiert werden kann, ist es sinnvoll. Ziele können sich klar

manifestieren in einer Steigerung der Maximalkraft, höherer Sprungweite, besserer Ausdauerleistung…

Zielarten

Im Athletiktraining werden klassischerweise Kraftziele gesetzt. Diese sollen zur Leistungssteigerung in

Grundübungen wie Kniebeuge etc. beitragen. Dennoch ist eine optimale Zielsetzung nicht nur auf diesen Bereich

beschränkt – im Gegenteil. Wenn ein Athlet seine Leistung ganzheitlich steigern will muss er Ziele für vier

Bereiche haben. Diese Bereiche sind Mobilität, Stabilität, Athletik und Fußball.

Abbildung 19 Teilbereiche der Zielsetzung

Fehlen die Voraussetzungen in der Mobilität und wird nur auf Kraft trainiert können irgendwann Verletzungen

bei sehr hohem Trainingsgewicht auftreten. Außerdem sind dann manche Übungen nicht oder nur eingeschränkt

möglich (Olympic Exercises, Kniebeugen…). Daher lohnt es sich immer auch Mobilitätsziele zu setzen. Gleiches

gilt für die Stabilität. Auch sie trägt einen wichtigen Beitrag zur Leistungsfähigkeit und der Gesundheit des

Athleten bei. Bei unzureichender Stabilität sind schwere und komplexe Übungen bei entsprechendem Gewicht

nicht mehr realisierbar. Die athletischen Ziele sind naheliegenderweise im Kraftbereich anzusiedeln. Die Ziele in

der Kernsportart werden auch maßgeblich vom Fortschritt in den anderen drei Bereichen beeinflusst, entziehen

sich aber zumeist dem mittelbaren Einfluss des Athletiktrainers.

In sämtlichen Bereichen gelten die Kriterien einer gelungenen Zielsetzung: Klarheit, Spezifität, Realisierbarkeit,

Individualität und Sportartrelevanz. Dies könnte für einen Verteidiger in vier Monaten folgendermaßen

aussehen:

Mobilität Stabilität

Athletik Fußball

allgemeineLeistungs-

entwicklung

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Abbildung 20 Beispielzielsetzung Triathlet

Der Stürmer hat in sechs Monaten jedoch eventuell andere Ziele:

Abbildung 21 Beispielzielsetzung Eishockeyspieler

Es wird ersichtlich, dass es immer Ziele in der Funktionalität, der Stabilität und der Athletik geben muss. Ein derart

strukturiertes Training verspricht großen Erfolg. Der Athletiktrainer hat die Aufgabe sich auch mit den

funktionellen Trainingsmethoden auszukennen und diese in sein Training zu integrieren.

Beispiel Zielsetzung

Eine Fußballmanschaft ohne Erfahrung mit Athletiktraining möchte sich durch die Zusammenarbeit mit einem

qualifizierten Athletiktrainer verbessern. Der Athletiktrainer kennt den Fußball und seine Kernbelastungen, an

denen er das Training orientieren kann (sportartrelevant). Daraufhin unterzieht er jeden Spieler einer Diagnose

mit geeigneten Maßnahmen, um zu sehen wo welcher Spieler gerade im Leistungsniveau steht (Diagnostik). Mit

den Ergebnissen der Diagnostik erarbeitet der Athletiktrainer mit jedem Spieler ein individuelles

Trainingsprogramm (individuell). Dabei setzt er aufgrund seiner Erfahrung realistische Ziele und definiert sie

klar. Manche Spieler müssen an ihrer Sprungkraft arbeiten, wiederum andere an ihrer Schnelligkeit. Bei einigen

fehlt aber auch die notwendige funktionelle Muskelmasse um in Zweikämpfen zu bestehen. Für jeden werden

dann realistische Ziele in allen vier Bereichen (Mobilität, Stabilität, Athletik, Fußball) gesetzt. Zum Beispiel fünf

Zentimeter höhere Sprungleistung, 0,20 Sekunden schnellere Sprintleistung, 4 kg mehr Muskelmasse… Übung

Mobilität

• Tiefe Kniebeuge möglich

Stabilität

• Drei Minuten Körperbrett ohne Hohlkreuz

Athletik

• 100m Zeit um 0,15 verbessern

Fußball

• schnellster Verteidiger werden

Mobilität

• FMS-Schulter-Score: 3 Punkte

Stabilität

• Drei Minuten Körperbrett ohne Hohlkreuz

Athletik

• 180 kg Kreuzheben

Fußball

• Stammplatz als 9

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Übung 4

Erstellen sie für sich oder einen ihrer Spieler eine Zielsetzung nach obigem Beispiel. Denken sie dabei

an die Kriterien der Zielsetzung.

Abbildung 22 Beispiel Zielsetzung

3.4 Systematik

Nur ein Training mit System kann auf lange Sicht die maximalen Erfolge gewährleisten. Es gibt zwar verschiedene

Trainingssysteme, jedoch gibt es einige Grundlagen der Trainingslehre, die nicht außen vor gelassen werden

können. Denn Darauf basiert letztlich jedes Trainingssystem. Die Periodisierung wird aufgrund der Fülle separat

behandelt.

3.4.1 Belastungskomponenten

Jedes Training kann durch verschiedene Parameter charakterisiert werden – die Belastungskomponenten

Intensität, Dauer, Dichte, Umfang und Häufigkeit. Sie werden zur Belastungssteuerung eingesetzt. Durch die

Belastungskomponenten kann man ein Training also gestalten. Sie sind die Parameter die verändert werden

können, um ein Training zu steuern, damit spezielle Ziele erreicht werden können.

Belastungsintensität

Die Belastungsintensität wird durch den Anstrengungsgrad einer Übung bestimmt. Als Beschreibungsgröße wird

in der Regel die Last, gemessen in Kilogramm oder in Prozent der Maximalkraft (Fmax) verwendet.

Dabei gilt:

• Maximale Intensität = Maximalkraft-Training = 90 – 100% Fmax

• Submaximale Intensität = Massezuwachs = 80 – 90% Fmax

• Mittlere Intensität = Muskelaufbau (Hypertrophie) = 70 – 80% Fmax

• Leichte Intensität = Kraftausdauertraining = 50 – 70% Fmax

• Geringe Intensität = Koordination/Bewegung/Rehabilitation = 30 – 50% Fmax

Belastungsdauer

Die Belastungsdauer gibt an, wie lange eine bestimmte Kraftübung auf die entsprechende Muskulatur einwirkt.

Sie bezieht sich auf die Wiederholungszahl oder auf eine bestimmte Zeit. Es ist wichtig zu wissen wie viel Zeit die

Belastung einwirkt, um sagen zu können auf welches Trainingsziel hingearbeitet wird (bspw. Schnellkraft).

Mobilität Stabilität Athletik Kernsportart

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• Durch die hohen mechanischen Spannungen werden Bindegewebe und passive Strukturen des

Bewegungssystems (z.B. Knochen) optimalen Trainingsreizen ausgesetzt, die durch ein eher

umfangsorientiertes Training nie erzielt werden könnten.

• Durch die Verbesserung der Kraftentfaltung über neuromuskuläre Prozesse, können

Alltagsbelastungen ökonomischer bewältigt werden. Es ist ein Trugschluss zu denken, dass

Alltagsanforderungen, an die motorische Fähigkeit Kraft, immer nur umfangsorientiert sind. Gerade

hochintensive Alltagsbelastungen (z.B. Heben und Tragen von schweren Gegenständen) können über

ein hohes Kraftniveau besser kompensiert werden.

Die Maximalkraft wird innerhalb aller Einflussfaktoren in entscheidendem Maße vom Muskelquerschnitt und der

intramuskulären Koordination geprägt. Da diese beiden trainingsabhängigen Einflussfaktoren einer hohen

Ausprägung unterschiedlicher Belastungsgestaltungen bedürfen, sind für Maximalkraftverbesserungen folgende

Methoden von Bedeutung:

Hypertrophiemethode

Um den Muskelquerschnitt zu erhöhen wird die Hypertrophiemethode angewandt. Erhöhte Muskelmasse

bestimmt die Maximalkraft mit und kann zugleich vor Verletzungen schützen. Vor allem die FT-, aber auch die

ST-Fasern hypertrophieren bei dieser Methode. Außerdem kommt es zu einer Vergrößerung der

Phosphatspeicher und des Stoffwechsels.

Methode der erschöpfenden submaximalen Krafteinsätze (= Hypertrophiemethode)

AW I L Bg Da Wh S P

konzentrisch-

gleichmäßig

mittel bis

submaximal

60 – 90% langsam-

zügig

bis zur zeitweiligen

lokalen

Muskelerschöpfung

6 – 12 3 – 6; ca.

12

Übungen

3 – 5 Min

IK-Methode

Diese Methode zielt auf die nervalen Anpassungsprozesse des Körpers ab. Das Nervensystem soll lernen alle

maximal möglichen Muskelfasern zu aktivieren und so die höchstmögliche Kraft zu entwickeln. Aufgrund der

hohen Intensität ist bei dieser Methode auf exakte Bewegungsausführung zu achten, da sonst ein hohes

Verletzungsrisiko besteht. Die Satzpausen müssen bei dieser Methode unbedingt eingehalten werden, da das

Nervensystem länger braucht als die Muskeln um sich zu erholen Wirth (2012). Wird zu früh wieder trainiert,

kann die maximale Leistung nicht aufgebracht werden und der Trainingserfolg wird gemindert.

Um ein IK-Training zu absolvieren sollte schon eine gewisse Krafttrainingserfahrung vorhanden sein, da es sehr

belastend wirkt. Einsteiger sollten vorher Kraftausdauer- und Hypertrophiemethoden einsetzen. Gleiches gilt für

Verletzte und Wiedereinsteiger.

Diese Trainingsmethode steigert die intramuskuläre Koordination, die Maximal-, Schnell- und Relativkraft und

verringert das Kraftdefizit.

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Methode der explosiven maximalen Krafteinsätze (= IK-Methode; Methode der intramuskulären

Koordination)

AW I L Bg Wh S P

konzentrisch maximal 90 – 100% zügig bei

explosivem

Krafteinsatz

1 – 5 5 – 12 Serien pro

Übung; ca. 10 Übungen

5 Min

Schnelligkeitsorientierte Maximalkraftmethode

Methode der erschöpfenden kontinuierlich-schnellen Krafteinsätze (= schnelligkeitsorientierte

Maximalkraftmethode). Bei dieser Methode wird sowohl die Hypertrophie angeregt, als auch der Kraftanstieg

und die Kontraktionsgeschwindigkeit erhöht.

AW I L Bg Da Wh S P

konzentrisch (-

exzentrisch)

kontinuierlich

(schnelle

Bewegungsmuster)

submaximal

bis maximal

40 –

90%

Schnellstmög-

lich

bis zum

deutlichen

Geschwindigkeits

abbruch

15 –

35

3 – 5; ca.

10

Übungen

3 – 5 Min

4.5.3 Schnellkrafttraining

Die Methoden, die im Folgenden beschrieben werden, sind Belastungsverfahren, die in erster Linie der

Verbesserung der muskulären Leistung dienen. Das zentrale Prinzip dieser Belastungsmethode ist der Kraft-

Schnelligkeits-Zusammenhang, der sich aus der Muskelleistungskurve (Muskelleistung = Kraft x Geschwindigkeit)

ergibt. Schmidtbleicher konnte 2007 nachweißen, dass durch eine Steigerung der Maximalkraft häufig eine

Steigerung der Verkürzungsgeschwindigkeit folgt. Und verkürzt sich der Muskel schneller, so ist die Bewegung

auch schneller. Die Geschwindigkeit wird also erhöht.

Abbildung 33 Muskelleistungskurve (Quelle: loges.de)

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Wie bereits verdeutlicht, wird die Muskelleistung aus Kraft mal Geschwindigkeit berechnet. Somit wird in dieser

Methode versucht bei höheren Lasten (mehr Kraft aufzuwenden) die Geschwindigkeit hochzuhalten. So wird das

breite Spektrum der Schnellkraft abgedeckt. Die Explosivkraft wird stark erhöht. Die FT-Fasern werden stark

beansprucht und die Maximalkraft dementsprechend auch gesteigert. Außerdem wird auch die intermuskuläre

Koordination trainiert.

Methode der maximalen Kraftleistung (= Muskelleistungsmethode)

AW I L Bg Wh S P

konzentrisch maximal 55 – 60% explosiv-schnell 4 – 8 Wiederholungen ca. 10 Übungen 3 – 5 Min

Abbruch bei Nachlassen der Bewegungsgeschwindigkeit bzw. Abfall des Bewegungsimpulses (wenn durch Messung erfasst).

Schnellkraftmethode

Methode der explosiv-ballistischen* Krafteinsätzen (= Schnellkraftmethode)

(*Ballistisch = Bewegung, die mit abrupter Anfangsrekrutierung beginnt und in „freier“ Kontraktion endet; Last

geht in freien Flug über)

Diese Methode eignet sich besonders für eine Ausprägung der Stoßinnervationen, der Verbesserung der inter-

und intramuskulären Koordination und der Kontraktionsgeschwindigkeit.

AW I L Bg Wh S P

konzentrisch maximal 20 – 40% explosiv-schnell;

höchstmögliche

Geschwindigkeit

4 – 8 4 – 5 Serien, ca. 10

Übungen

3 – 5 Min

4.5.4 Reaktivkrafttraining

Reaktive Methode (= plyometrische Methode, Schlagmethode)

Hier erreicht der Trainierende eine hohe Faserrekrutierung, eine Verbesserung der reaktiven Spannungsfähigkeit

und eine Verkürzung der Umkehrphase im Dehnungs-Verkürzungszyklus.

AW I L Bg Wh S P

exzentrisch-

konzentrisch

maximal-

supramaximal

keine oder

gering

maximal-

schnell

8 – 10 3 – 5 Serien, ca.

10 Übungen

5 – 8 Min

Weitere Belastungsmerkmale:

• Übungsausführung so, dass trotz exzentrischer Belastung die konzentrische Phase explosiv betont bleibt

• Kurzer Bremsweg und schnelle Umkehrphase (Ziel: < 200ms), dazu ist es erforderlich, eventuelle Lasten

oder Niedersprunghöhen individuell so zu bemessen, dass schnelle Umkehr und Explosivität

gewährleistet bleiben

• Exzentrische Krafteinwirkung muss von der Muskulatur, nicht vom passiven Bewegungsapparat

aufgenommen werden

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5 Saisonale Trainingsplanung im Fußballsport

Mit dem Wissen um die Anforderungen des Fußballers (Kapitel 2 Q), den Grundlagen der Trainingslehre (Kapitel

3 Q), der Diagnostik (Kapitel 4 Q), der Trainingssteuerung (Kapitel 5 Q) und der speziellen Methoden des

Krafttrainings (Kapitel 6 Q) kann nun begonnen werden eine langfristige Entwicklung zu planen. Darüber hinaus

soll aber auch vermittelt werden wie die Trainingsgestaltung innerhalb einer Woche oder sogar einer einzelnen

Einheit geschehen kann. Wichtig ist, dass es keinerlei Musterlösung gibt. Dafür sind die Situationen bei jeder

Mannschaft zu unterschiedlich (Spielniveau, Kadergröße, Equipment, Spielplan,…). Es können nur die

zugrundeliegenden Prozesse beispielhaft erklärt werden. Den guten Trainer zeichnet es aus diese Inhalte auf seine

Aufgaben zu transferieren.

Im Leistungsfußball ist die Zeit zwischen den Spielzeiten recht klein. Generell ist in der deutschen Fußball-

Bundeliga eine Saisonvorbereitung von sieben Wochen möglich. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass durch

die in der Bundesliga gegebene Winterpause, eine Doppelperiodisierung möglich und erforderlich wird (nach

Zeeb 1989). Dies erlaubt in gewissem Rahmen, kurzfristigere Anpassungsstrategien für den ersten Teil der

Wettkampfperiode(Hinrunde), weil in der Zwischenetappe (Winterpause), die sportliche Form für den zweiten

Teil der Wettkampfperiode (Rückrunde) mit entsprechenden Regenerations- und Aufbauphasen beeinflusst

werden kann.

Somit kann – zumindest in Deutschland – grob von einer zweigipfligen Trainingsplanung gesprochen werden.

Denn man hat zwar zwei große Gipfel (Hin-/Rückrunde), muss dabei aber jede Woche antreten.

Abbildung 35 Jahresperiodisierung im Leistungsfußball (zweigipflig) mit Belastungsumfang, -intensität im Training und idealer Formkurve (Quelle: Weineck, 2004)

Wie bereits erwähnt finden in Deutschland eine Sommerpause und eine Winterpause statt. Die Zeiträume

betragen dabei jeweils sechs bis neun Wochen bzw. vier bis fünf Wochen

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5.1 Saisonvorbereitung Athletiktraining Fußball

Tschiene (1984) bezeichnet die kurze Vorbereitungsperiode als Hauptproblem des Sportspieltrainings. Folgt man

Schnabel/Harre/Borde (1994, 429), so sind 2,5 Monate als zeitliche Untergrenze anzusehen, um die

erforderlichen Anpassungsprozesse erreichen zu können.

In Anbetracht der unterschiedlichen Zeiträume der Sommerpause in den verschiedenen Spielklassen wird

nachfolgend von einer exemplarischen Vorbereitungszeit von acht Wochen ausgegangen.

Wie in Kapitel Anforderungsprofil im Fußballsport Q bereits erklärt wurde, sind die dominanten motorischen

Fähigkeiten im Fußball, die Kraft und die Schnelligkeit. Diese Inhalte sind deshalb auch dominant innerhalb der

Saisonvorbereitung in Bezug auf die Inhalte des Athletiktrainings.

5.1.1 Ausdauertraining in der Saisonvorbereitung

Ist man früher (Bisanz 1985) von einer Entwicklung der Grundlagenausdauer in den ersten ein bis vier Wochen

der Vorbereitung ausgegangen, weiß man heute, dass die Entwicklung einer spielspezifischen

Ausdauerleistungsfähigkeit weitaus wichtiger ist und eher zur Entwicklung einer hohen Spielfähigkeit beiträgt.

Lediglich in den ersten beiden Wochen werden noch Trainingseinheiten zur Entwicklung einer aeroben

Ausdauerkapazität angesetzt. Danach wird die anaerob-alaktazide und anaerob-laktazide Ausdauerfähigkeit in

Formen des Intervalltrainings und der Spielmethode trainiert. Eine Verschiebung von zunächst viel aerober

Grundlagenausdauer zur anaeroben spielnahen Ausdauer hat eine Erhöhung der Intensität und Verringerung des

Umfanges zur Folge. Beispielhaft sei auf den Vergleich der Saisonvorbereitung von Bayer 04 Leverkusen und

Olympiakos Piräus verwiesen (Batsilas, 1999). Zwar sind seit Vorlegen dieser Arbeit einige Jahre vergangen,

dennoch findet diese Praxis immer noch Verwendung und deckt sich mit den Prinzipien der Trainingslehre.

In den Sportspielen findet neben den "Standardmethoden" zur Entwicklung der Ausdauerfähigkeit noch die

Spielmethode Verwendung, die im Grunde eine eigenständige Methode darstellt. Sind die vorher genannten

Methoden durch die Anordnung der Belastungsnormative genau festgelegt, so weicht die Spielmethode

zwangsläufig davon ab. Im Sportspiel ist die Dauer von Belastungen und Pausen (auch ihr Wechsel) eher zufällig

gegeben. Die komplexen Spielhandlungen machen es zudem schwierig, Spezialübungen zu finden, welche die

spezifischen konditionellen und technisch-taktischen Fertigkeiten und Fähigkeiten reproduzieren. Die

Spielmethode zeichnet sich dagegen durch ihren ständigen Situationsbezug aus.

Bei der Spielmethode (Spieltraining) wird in Übungsspiel, Trainingsspiel und Wettspiel unterschieden (detaillierte

Ausführungen dazu bei Hohmann 1994, 187 ff.). Einige Autoren weisen der Spielmethode eine zentrale

Bedeutung zu. Pfarr brachte Felix Magath 2010 dazu zu offenbaren, dass er in der Saisonvorbereitung auch gerne

mal ein überlanges Fußballspiel von zwei oder mehr Stunden spielen lässt – Spielmethode pur. Weineck

formuliert für das Fußballspiel: "Die Spielmethode bzw. das spielintegrierte Ausdauertraining stellt die

komplexeste Trainingsmethode dar, da sie alle für das Fußballspiel speziellen Fähigkeiten zugleich schult"

(Weineck, 2004). Diese Aussage ist insofern zu relativieren, dass man beispielsweise die anaerobe Kapazität

durch "nur" spielen nicht gezielt genug erarbeiten kann. Das "spielintegrierte Ausdauertraining" sollte daher