Auf Pirschfahrt im Krüger

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18. Dezember 2011 WOCHENPOST 9 BLICK ZUM KAP Dies ist der dritte Teil unserer kleinen Südafrika-Serie. BLICK ZUM KAP Kaum zu übersehen sind die Giraffen, die frühmorgens durch den Park „schlendern“. Auch ein junges Nashorn ist mit seinen Eltern im Krüger Nationalpark unterwegs. Die Nashörner gehören zu den bedrohtesten Tieren im Nationalpark. Über 400 Tiere wurden in diesem Jahr in Südafrika getötet. Fotos: Silke Sandkötter Die „Big 5“ im Krüger Immer mehr Wilderer töten Nashörner im größten Nationalpark Südafrikas Von SILKE SANDKÖTTER Es ist noch recht frisch im Krüger Nationalpark an diesem Morgen um 5 Uhr im Novem- ber. Doch das ändert sich bald. In wenigen Stunden wird das Thermometer auf über 40 Grad klettern. JOHANNESBURG Auch wenn die warme Fleecejacke morgens noch zur Grundausstattung gehört und man doch noch etwas müde aus dem Augen schaut: Das frühe Auf- stehen wird belohnt. Der Krüger Nationalpark in Südafrika gehört zu beeindruckendsten National- parks der Welt. Die Artenvielfalt ist kaum zu übertreffen. Heute le- ben im Park fast 150 verschiedene Säugetierarten. Hinzu kommen rund 500 Vogelarten und zahl- reiche Reptilien-, Amphibien- und Fischarten. Jedes Jahr kommen rund eine Millionen Besucher in den Park und erkunden auf Pirsch- fahrten und Safaris diese beein- druckende Tierwelt. Das größte Wildschutzgebiet Süd- afrikas umfasst eine Fläche von rund 20.000 Quadratkilometern. Die Artenvielfalt des Parks ist überwältigend. Es ist ein absolu- tes Muss für jeden Besucher, auf Fotojagd nach den so genannten „Big 5“ zu gehen. Als die „Großen 5“ werden übrigens Elefant, Nas- horn, Büffel, Löwe und Leopard bezeichnet. Schon nach wenigen Kilometern Pirschfahrt gibt es an diesem Morgen den ersten se- henswerten Stopp im Krüger Na- tionalpark. Zwei Geparden laufen über die Straße. Sie lassen sich vom Auto nicht stören, setzen sich sogar davor auf die Straße und mustern die Blechkarosse. Die zwei Südafrikaner im Auto nebenan, die seit vielen Jahren regelmäßig den Park besuchen, sind begeistert. „Ein Geparden-Paar sieht man wirklich ganz selten. Das ist ein echter Glücktag“, flüstern sie von Autofenster zu Autofenster. Und das schon um 5.30 Uhr am frühen Morgen. Ein paar Kilometer weiter wird dieser „Glückstag“ noch besser. Ein Leopard liegt entspannt in einem Baum und lässt sich fotografie- ren. Wieder sind die Südafrikaner im Auto nebenan. Und wieder strahlen sie vor Begeisterung. Sie sind übrigens nicht die einzigen, die dieses einmalige Erlebnis mit strahlenden Augen und gezückter Kamera genießen. Im Laufe des Vormittags gesellen sich zu den Geparden und dem Leopard noch eine Elefantenherde mit rund 40 Tieren, Büffel und ein zwölfköp- figes Löwenrudel, das soeben ein Zebra erlegt hat. Und um die „Big 5“ an diesem „Glückstag“ komplett zu machen, streift noch eine Nas- hornfamilie durch das Unterholz. Direkt neben dem Auto. Unglaub- liche Eindrücke. Fast wirkt der Krüger Nationalpark an diesem Morgen wie eine per- fekte Bilderbuchwelt für Tiere. Das ist er aber längst nicht mehr. Wil- derer haben in Südafrika in diesem Jahr 405 Nashörner getötet - so viele wie noch nie. Dies bedeutet eine enorme Steigerung gegenü- ber dem Vorjahr, als insgesamt 333 Tiere gewildert wurden, teilte die südafrikanische Nationalparkver- waltung vor wenigen Tagen der Nachrichtenagentur AFP mit. Seit Jahren steigen die Zahlen konti- nuierlich: Wurden 2007 13 Rhi- nozerosse getötet, waren es 2008 bereits 33 und 2009 insgesamt 122. Grund ist die große Nach- frage nach Rhinozeros-Horn in Asien, wo es in der traditionellen Medizin als Mittel gegen Malaria, Epilepsie, Vergiftungen und Abs- zesse eingesetzt wird, obwohl es keinen wissenschaftlichen Beweis für eine Heilwirkung gibt. Auf dem Schwarzmarkt werden bis zu 500.000 Dollar pro Stück gezahlt. Der Nationalparkverwaltung zu- folge wurden seit Jahresbeginn 210 mutmaßliche Wilderer fest- genommen. Südafrika setzt in- zwischen die Armee im Kampf gegen Nashorn-Wilderer ein. Erst in der Vorwoche wurde ein Wil- derer verhaftet. Insgesamt hat die Regierung im Krüger Nationalpark in diesem Jahr bereits 78 Verdäch- tige erwischt. Allerdings gehen die Wilderer immer professioneller vor und setzen bei ihrer illegalen Jagd Hubschrauber, Nachtsichtge- räte und Hightech-Gewehre ein. Aufklärungskampagnen machen in ganz Südafrika - und natürlich auch verstärkt im Krüger Natio- nalpark - mit fürchterlichen Bilder getöteter Nashörner auf das Pro- blem aufmerksam. Nach über fünf Stunden Pirsch- fahrt - und gerade einmal 80 Ki- lometern - geht es an diesem Tag zurück in das Camp. Inzwischen brennt die Sonne mit über 40 Grad vom Himmel. Zeit für ein verspä- tetes Frühstück. Und Zeit, die mehr als 200 Fotos zu sortieren. Wer schaut hier eigentlich wen an? Zwei Giraffen im Krüger. Ein Gepard auf der „Hauptstraße“. Faul und vollgefressen. Ein Löwe im Schatten. Ein Steppenzebra im Busch. Sehenswert und beeindruckend. Im Krüger gibt es heute wieder über 10 000 Elefanten.

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Teil 3 unserer Südafrika-Serie.

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18. Dezember 2011 WOCHENPOST 9B L I C K Z U M K A P

Dies ist der dritte Teil unserer kleinen Südafrika-Serie.

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Kaum zu übersehen sind die Giraffen, die frühmorgens durch den Park „schlendern“. Auch ein junges Nashorn ist mit seinen Eltern im Krüger Nationalpark unterwegs. Die Nashörner gehören zu den bedrohtesten Tieren im Nationalpark. Über 400 Tiere wurden in diesem Jahr in Südafrika getötet. Fotos: Silke Sandkötter

Die „Big 5“ im KrügerImmer mehr Wilderer töten Nashörner im größten Nationalpark Südafrikas

Von SILKE SANDKÖTTER

Es ist noch recht frisch im Krüger Nationalpark an diesem Morgen um 5 Uhr im Novem-ber. Doch das ändert sich bald. In wenigen Stunden wird das Thermometer auf über 40 Grad klettern.

JohAnnesBUrg Auch wenn die warme Fleecejacke morgens noch zur Grundausstattung gehört und man doch noch etwas müde aus dem Augen schaut: Das frühe Auf-stehen wird belohnt. Der Krüger Nationalpark in Südafrika gehört zu beeindruckendsten National-parks der Welt. Die Artenvielfalt ist kaum zu übertreffen. Heute le-ben im Park fast 150 verschiedene Säugetierarten. Hinzu kommen rund 500 Vogelarten und zahl-reiche Reptilien-, Amphibien- und Fischarten. Jedes Jahr kommen rund eine Millionen Besucher in den Park und erkunden auf Pirsch-fahrten und Safaris diese beein-druckende Tierwelt.

Das größte Wildschutzgebiet Süd-afrikas umfasst eine Fläche von rund 20.000 Quadratkilometern. Die Artenvielfalt des Parks ist überwältigend. Es ist ein absolu-tes Muss für jeden Besucher, auf Fotojagd nach den so genannten „Big 5“ zu gehen. Als die „Großen 5“ werden übrigens Elefant, Nas-horn, Büffel, Löwe und Leopard bezeichnet. Schon nach wenigen Kilometern Pirschfahrt gibt es an diesem Morgen den ersten se-henswerten Stopp im Krüger Na-tionalpark. Zwei Geparden laufen über die Straße. Sie lassen sich vom Auto nicht stören, setzen sich sogar davor auf die Straße und

mustern die Blechkarosse. Die zwei Südafrikaner im Auto nebenan, die seit vielen Jahren regelmäßig den Park besuchen, sind begeistert. „Ein Geparden-Paar sieht man wirklich ganz selten. Das ist ein echter Glücktag“, flüstern sie von Autofenster zu Autofenster. Und das schon um 5.30 Uhr am frühen Morgen.

Ein paar Kilometer weiter wird dieser „Glückstag“ noch besser. Ein Leopard liegt entspannt in einem Baum und lässt sich fotografie-ren. Wieder sind die Südafrikaner im Auto nebenan. Und wieder strahlen sie vor Begeisterung. Sie sind übrigens nicht die einzigen, die dieses einmalige Erlebnis mit strahlenden Augen und gezückter Kamera genießen. Im Laufe des

Vormittags gesellen sich zu den Geparden und dem Leopard noch eine Elefantenherde mit rund 40 Tieren, Büffel und ein zwölfköp-figes Löwenrudel, das soeben ein Zebra erlegt hat. Und um die „Big 5“ an diesem „Glückstag“ komplett zu machen, streift noch eine Nas-hornfamilie durch das Unterholz. Direkt neben dem Auto. Unglaub-liche Eindrücke.

Fast wirkt der Krüger Nationalpark an diesem Morgen wie eine per-fekte Bilderbuchwelt für Tiere. Das ist er aber längst nicht mehr. Wil-derer haben in Südafrika in diesem Jahr 405 Nashörner getötet - so viele wie noch nie. Dies bedeutet eine enorme Steigerung gegenü-ber dem Vorjahr, als insgesamt 333 Tiere gewildert wurden, teilte die

südafrikanische Nationalparkver-waltung vor wenigen Tagen der Nachrichtenagentur AFP mit. Seit Jahren steigen die Zahlen konti-nuierlich: Wurden 2007 13 Rhi-nozerosse getötet, waren es 2008 bereits 33 und 2009 insgesamt 122. Grund ist die große Nach-frage nach Rhinozeros-Horn in Asien, wo es in der traditionellen Medizin als Mittel gegen Malaria, Epilepsie, Vergiftungen und Abs-zesse eingesetzt wird, obwohl es keinen wissenschaftlichen Beweis für eine Heilwirkung gibt. Auf dem Schwarzmarkt werden bis zu 500.000 Dollar pro Stück gezahlt.

Der Nationalparkverwaltung zu-folge wurden seit Jahresbeginn 210 mutmaßliche Wilderer fest-genommen. Südafrika setzt in-zwischen die Armee im Kampf gegen Nashorn-Wilderer ein. Erst in der Vorwoche wurde ein Wil-derer verhaftet. Insgesamt hat die Regierung im Krüger Nationalpark in diesem Jahr bereits 78 Verdäch-tige erwischt. Allerdings gehen die Wilderer immer professioneller vor und setzen bei ihrer illegalen Jagd Hubschrauber, Nachtsichtge-räte und Hightech-Gewehre ein. Aufklärungskampagnen machen in ganz Südafrika - und natürlich auch verstärkt im Krüger Natio-nalpark - mit fürchterlichen Bilder getöteter Nashörner auf das Pro-blem aufmerksam.

Nach über fünf Stunden Pirsch-fahrt - und gerade einmal 80 Ki-lometern - geht es an diesem Tag zurück in das Camp. Inzwischen brennt die Sonne mit über 40 Grad vom Himmel. Zeit für ein verspä-tetes Frühstück. Und Zeit, die mehr als 200 Fotos zu sortieren.

Wer schaut hier eigentlich wen an? Zwei Giraffen im Krüger.

Ein Gepard auf der „Hauptstraße“.

Faul und vollgefressen. Ein Löwe im Schatten.

Ein Steppenzebra im Busch.

Sehenswert und beeindruckend. Im Krüger gibt es heute wieder über 10 000 Elefanten.