Aufarbeitung von makromolekularen Bioprodukten · 5. Ghosh R (2006) Principles of Bioseparations...

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1 Aufarbeitung von makromolekularen Bioprodukten Priv.-Doz. Dr.-Ing. Dariusch Hekmat Inhaltsverzeichnis Teil I: 1. Einleitung 2. Zellabtrennung – Zellaufschluss 3. Fällung 4. Flüssig-Flüssig Extraktion 5. Membrantrennverfahren 6. Chromatographie 7. Kristallisation

Transcript of Aufarbeitung von makromolekularen Bioprodukten · 5. Ghosh R (2006) Principles of Bioseparations...

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Aufarbeitung von makromolekularen

Bioprodukten Priv.-Doz. Dr.-Ing. Dariusch Hekmat

Inhaltsverzeichnis Teil I:

1. Einleitung

2. Zellabtrennung – Zellaufschluss

3. Fällung

4. Flüssig-Flüssig Extraktion

5. Membrantrennverfahren

6. Chromatographie

7. Kristallisation

2

Aufarbeitung von makromolekularen

Bioprodukten

1. Citronensäure

2. Humaninsulin

3. Somatotropin (bovines Wachstumshormon)

4. Rekombinantes alpha-Interferon

5. L-Leucindehydrogenase

6. Tissue-Plasminogenaktivator (t-PA)

7. Therapeutische monoklonale Antikörper

(mAb)

Mikrobielle Systeme

Tierische Zellkulturen

Inhaltsverzeichnis Teil II: Großtechnische

Fallbeispiele

3

Literatur zur Vorlesung

1. Belter PA, Cussler EL, Hu W-S (1988) Bioseparations: Downstream Processing for

Biotechnology. Wiley-Interscience, NY

2. Wheelwright SM (1991) Protein Purification: Design and Scale Up of Downstream Processing.

Hanser, Munich

3. Ladisch MR (2001) Bioseparations Engineering. Wiley-Interscience, NY

4. Hatti-Kaul R, Mattiasson B (eds.) (2003) Isolation and Purification of Proteins. Marcel Dekker, NY

5. Ghosh R (2006) Principles of Bioseparations Engineering. World Scientific Publishing, Singapore

6. Shukla AA, Etzel MR, Gadam S (eds.) (2007) Process Scale Bioseparations for the

Biopharmaceutical Industry. CRC Press Taylor & Francis Group, Boca Raton, FL

7. Forciniti D (2008) Industrial Bioseparations: Principles and Practice. Blackwell Publishing, Ames, IA

8. Gottschalk U (ed.) (2009) Process Scale Purification of Antibodies. Wiley & Sons, NJ

9. Carta G, Jungbauer A (eds.) (2010) Protein Chromatography: Process Development and Scale-Up.

Wiley-VCH Verlag, Weinheim

10. Flickinger MC (ed.) (2013) Downstream Industrial Biotechnology: Recovery and Purification. Wiley

& Sons, Hoboken, NJ

11. Harrison RG, Todd P, Rudge SR, Petrides DP (eds.) (2015) Bioseparations Science and

Engineering. 2. Edition. Oxford University Press, NY, Oxford

12. Chmiel H, Takors R, Weuster-Botz D (Hrsg.) (2011) Bioprozesstechnik. Springer Spektrum, Berlin

4

Schema des

Upstream- und

Downstream-

Processings

Au

frein

igu

ng

4

5

Zellabtrennung: Zentrifugation, Filtration, Flotation,

Flokkulation

Zellaufschluss: Homogenisation, Aufschluss in

Kugelmühlen, Kavitation, chemische

oder enzymatische Lyse

Produkt- Fällung, Kristallisation, Extraktion,

aufreinigung: Leaching, Umkehr-Micell-Systeme,

Membranverfahren, Chromatographie,

Affinitätsverfahren, Elektrophorese

Konfektionierung: Lyophilisierung, Sprühtrocknung,

Kristallisation

Überblick über die verschiedenen Methoden

im Downstream Processing

6

Signifikanz und Problemstellung bei der

Aufarbeitung von Bioprodukten

Signifikanz: 1.) Produktqualität (Reinheit, Stabilität)

2.) Kosten der Aufarbeitung (in % der Gesamtkosten):

Niedermolekulare Produkte* (z.B.: Ethanol, Citronensäure): ca. 20 %

Intrazelluläre rekombinante Produkte** (z.B. Phospholipasen): ca. 33 %

Makromolekulare Produkte* (z.B. Proteine, Plasmide): bis zu 90 %

Problemstellung: Niedrige Stabilität (Lagerfähigkeit) und Produktausbeute

Schwierige Maßstabsvergrößerung

Mangelnde Robustheit der Verfahren im industriellen Einsatz

*Aus: V. Kasche (2000): CIT 72: 1448 **Aus: M. Siemann-Herzberg, DECHEMA/DIB-Tagung, Frankfurt/M., 10.11.2004

7

Kategorien der Bioprodukte und ihre Größen

Bioprodukt Beispiel Molekulargewicht Typischer Radius

Kleine

Moleküle

Zucker, organische

Säuren, Amino-

säuren, Vitamine

30 – 600 Da

0.5 – 2 nm

Große

Moleküle

Proteine

Polysaccharide

Nukleinsäuren

103 – 106 Da

104 – 107 Da

103 – 1010 Da

3 – 10 nm

4 – 20 nm

2 nm – 1 µm

Partikel Ribosomen, Viren

Bakterien, Hefen

Tierische Zellen

25 – 100 nm

1 – 5 µm

≥ 10 µm

Aus: Harrison et al. (2003): Bioseparations Science and Engineering

8

Kriterien der Proteinaufarbeitung

Die meisten Proteine finden in der Pharmaindustrie Anwendung, bei der der Markt stark reguliert ist (FDA)

Proteine sind außerordentlich komplizierte Makromoleküle, die aus einer komplex zusammengesetzten Kulturbrühe abgetrennt werden sollen. Daher werden in der Regel viele, wiederholte Aufarbeitungsschritte benötigt (→ lange Verweilzeiten)

Oft sind die Produktausbeuten und die biologische Aktivität der aufgereinigten Proteine sehr niedrig

Die einzelnen Aufarbeitungsschritte sind zumeist stoff-transportlimitiert, daher werden neue Wege der Aufarbeitung gesucht, um diese Limitationen zu vermeiden oder zu verringern

9 9

Verunreinigung Herkunft/Bemerkung Abtrennungsverfahren

Partikel Zellen, Zelltrümmer Zentrifugation, Filtration

Proteine Alle Wirtszellproteine Fällung, Chromatographie

Modifizierte

Zielproteine

Zielproteine modifiziert durch

veränderte AS-Sequenz,

Glykosylierung, Denaturierung etc.

Verschiedene

Chromatographieverfahren

Lipide, Lipoproteine Aus Membranen von Wirtszellen oder

aus Fermentationszusätzen

Wässrige Zwei-Phasen

Extraktion

Kleine Moleküle Salze, Zucker, Tenside etc. Gelchromatographie,

Diafiltration

Polyphenole Gefärbte Komponenten Membranadsorption

Nukleinsäuren Durch Zelllyse freigesetzt, steigt Fällung, IEX, Hydrolyse

Pyrogene Lipopolysaccharide von Gram-

negativen Bakterien

Ultrafiltration

Aggregate Inclusion Bodies Gelchromatographie

Typische Verunreinigungen in Kulturbrühen

10

Proteinaufreinigung

Hauptziele der Proteinaufreinigung: Freisetzung des Zielproteins vom Ausgangsmaterial

Entfernung von Feststoffen, Protein soll im Überstand bleiben

Entfernung von Wasser zur Aufkonzentrierung des Proteins

Entfernung von Kontaminationen bis zur gewünschten Produktreinheit

Stabilisierung des Zielproteins

Diese fünf Ziele bilden die Basis der Hauptreinigungsstufen in der

Proteinreinigung.

Allgemein gilt: rasches Arbeiten bei niedrigen Temperaturen vermindert

Produktverluste

einzelne Reinigungsschritte müssen optimiert sein und zudem zu

einem in sinnvoller Reihenfolge ablaufenden Gesamtprozess

verknüpft werden

11

Proteinaufreinigungsschritte

Stufe 1: Grobreinigung - Anreicherung (capture) Hauptziel hierbei ist das Überführen des Proteins in eine geklärte Lösung

mit reduziertem Volumen.

Typische Techniken: Zentrifugation, Mikrofiltration, Zellaufschluss gefolgt

von ersten Konzentrierungs- und Grobreinigungsschritten mittels Fällung,

Ultrafiltration.

Stufe 2: Reinigung (purification) Die vorgereinigte Proteinfraktion wird einer Reihe von Schritten

unterzogen, in denen Kontaminationen entfernt werden und das Produkt

weiter aufkonzentriert wird. Mittel der Wahl: verschiedene

Chromatographieverfahren

Stufe 3: Feinreinigung (polishing) Entfernung aggregierter oder denaturierter Formen des Zielproteins v.a.

mit Gelpermeationschromatographie

12

Gesamtausbeute als Funktion der Anzahl der

Aufarbeitungsschritte

13

Protein strebt bei der Faltung energetisches Minimum an

Lokalisierung der AS-Seitenketten variiert mit deren Polarität:

unpolare AS im Inneren hydrophober Kern

geladene AS an der Oberfläche

ungeladene AS ohne Präferenz

fast alle H-Donatoren haben einen H-Akzeptor

Sekundärstrukturbildung, um Wasserstoffbrücken zu maximieren

Entropiegewinn maßgeblich für Proteinfaltung verantwortlich

Strukturen sind sehr dicht gepackt Dichte: bis 1.4 kg/dm³

Raumstruktur ist nicht starr

Prinzipielles zur Proteinstruktur

14

Liste der 21 Aminosäuren

15

Löslichkeit von Proteinen in Abhängigkeit vom pH

16

Löslichkeit von Insulin in Abhängigkeit vom pH

Aus: Harrison et al. (2003):

Bioseparations Science and

Engineering

17 17

Elektrostatische

Wechselwirkungen

18

Isoelektrischer Punkt (pI) von Proteinen

Protein pI

Pepsin 1.0

Ovalbumin (hen) 4.6

Serumalbumin (bovine) 4.7

Serumalbumin (human) 4.9

-Lactoglobulin 5.2

Insulin (human) 5.3

Fibrinogen (human) 5.8

Hämoglobin 6.8

Ribonuclease A (bovine) 7.8

Chymotrypsinogen 9.5

Cytochrom C (horse) 10.6

Lysozym (hen) 11.0

19

Nettoladung von Proteinen = f(pH)

pI

20

Auflistung der Kräfte, die bei der

Tertiärstrukturbildung eine Rolle spielen

(Peptidbindungen der Primärstruktur sowie

Amid- und Esterbindungen zwischen Seitenketten)

Alois Jungbauer

(ca. um Faktor 20-30 kleiner als

kovalente Bindungen (Saenger 1987))

21

Bindungskräfte zwischen verschiedenen

Abschnitten einer Peptidkette

1) Hydrophobe

Wechselwirkungen

2) Wasserstoff-

brückenbindungen

4) Disulfidbrücken

3) Elektrostatische

Wechselwirkungen

zu

ne

hm

en

de K

raft

22

Zellabtrennung – Haupteinsatzgebiete

Entfernung von Zellen aus der Fermenterbrühe

Entfernung von Zelltrümmern

Sterilfiltration

Abtrennung von Präzipitaten

Abtrennung von Inclusion Bodies

Zentrifugation

Filtration

Flotation

Flokkulation

23

Trennprinzip Sedimentieren

24

Sedimentation von Wasserinhaltsstoffen

kg/L

kg/L

25

Quelle: Roche Diagnostics

GmbH, Penzberg

Zellabtrennung über Zentrifugation

Großtechnischer

Tellerseparator,

CIP/SIP-fähig

(Fa. Westfalia)

26

Bauarten von Separatoren

27

Zentrifugation

r

28

Zentrifugation

29

1. Zentrifugation: Abschätzung des maximalen Volumenstroms

bei der Zentrifugation von Hefezellen

Bei der Zentrifugation von Bakterien in einer Röhrenzentrifuge wurde ein maximaler

Zulauf-Volumenstrom von 50 L/min gemessen. Die Bakterienzellen haben einen

Durchmesser dp von 2 µm und eine Dichte von 1.08 g/cm³. Das Medium hat eine

Dichte von 1.01 g/cm³ und eine Viskosität von 1.0 mPas. In der gleichen

Zentrifuge sollen nun Hefezellen abzentrifugiert werden. Die Hefezellen haben

einen Durchmesser von 5 µm und eine Dichte von 1.10 g/cm³. Das Medium hat

eine Dichte von 1.02 g/cm³ und eine Viskosität von 1.3 mPas. Berechnen Sie den

maximalen Zulauf-Volumenstrom.

Hinweis: Verwenden Sie das Konzept der apparatespezifischen äquivalenten

Klärfläche einer Zentrifuge, wobei gilt mit der Sedimentations-

geschwindigkeit

Übungen zur Vorlesung AMB

svV

).18/(2 gdv ps

30

Prinzip von Filtration und Sedimentation

31

Unterscheidungskriterien für

Filtrationsverfahren

Trennkraft (Über-, Unterdruck)

Teilchengröße (Fein-, Grobfiltration)

Abscheidemechanismus (Sieb-, Tiefenfiltration)

Verfahren (statisch, dynamisch)

Aufgabe (Vor-, Sterilfiltration)

Filtermittel (Schichten-, Membranverfahren)

32

Filtrationsverfahren

33

Filtrations-

verfahren

34 34

Zellabtrennung über

Querstromfiltration

Plattenmembranmodul

(Fa. Alfa Laval)

Schema des Trennprinzips

Bakterien Proteine Zucker Salze Wasser 33

0.1 - 1 µm; 500 kDa

10 - 100 nm; 2 - 500 kDa

1 - 10 nm; 0.2 - 2 kDa

0.1 - 1 nm; 0.1 kDa

P = 60 - 80 bar

P < 5 bar

P 10 bar

35

Zellabtrennung

über Vakuum-

Drehzellenfilter

Abtrennung von Pilzmycelien bei der Herstellung von Citronensäure

mit Aspergillus niger

36

Zellabtrennung über Flotation

37

Zellabtrennung über Flotation

38

Zellabtrennung über Flotation:

Anlage zur Schaumfraktionierung

Zell-

konzen-

trat

39

Flotation

Proteine sind

oberflächenaktiv

Proteine sind amphiphil

(sowohl hydrophil als

auch lipophil)

verhalten sich wie

Tenside

stark vereinfachte Modellvorstellung

40

Mizellbildung behindert die Zellabtrennung

über Flotation

Gasblase

Oberflächenaktive Moleküle

in wässriger Lösung

41

Zellabtrennung über Flotation:

Schaumbildung = f(Gasvolumenanteil )

42

Flokkulation

43

Flokkulation

44

Hauptprozesse bei der Flokkulation

45

Kräfte zwischen zwei gleich geladenen

Partikeln mit dem Abstand r.

E(r): elektrostatische Abstoßungskräfte

L(r): van der Waals-Kräfte

(r): Summe beider Funktionen

Elektrostatisches Zwei-Schichten-Modell

: Zeta-Potenzial, : Dicke der Stern-Schicht

(≈ Radius eines adsorbierten hydratisierten

Ions), 1/: Debye-Radius (Dicke der

Diffusionsschicht)

Kräfte bei der Flokkulation

Harrison et al. (2003)

46

Flokkulation

Einflussfaktoren

Temperatur

Ionenumgebung

Alter der Zellen

Art der Organismen

Forderungen

Biokompatibilität des Flokkungsmittels

geringer Preis

gute Entwässerung

47

Zellaufschluss

48

Prinzip des Zellaufschlusses

, Kavitation

49

Beanspruchungsarten von Partikeln P

50

Rührwerks-

kugelmühlen

Zellaufschluss mit

Kugelmühlen

Bench-scale Glasperlen-

kugelmühle, kontinuierlicher

Zellaufschluss mit = 2.7 L/h,

= 10 min, Aufschlussgrad ≈ 80 %

V

Einfluss des Mahlkugel-

durchmessers auf den

Aufschlussgrad:

Zu kleine Kugeln: Energie reicht

für Zellaufschluss nicht aus

Zu große Kugeln: Anzahl der

Beanspruchungsvorgänge zu klein

Optimum = f(BFM)

(MK: Volumenanteil der Kugeln)

51

52 52

Zellaufschluss mit Hochdruckhomogenisatoren

Typ Gaulin Kapazität: 6700 l/h

Gewicht: ca. 5 t

Leistung: 74 kW

Max. Druck: 345 bar

Drücke bis 1500 bar (!) bei

anderen Apparaten

Problemstellung: Scherkraftbeständigkeit von

manchen MO ist sehr hoch

Es existiert ein Einfluss der

Kultivationsvorgeschichte auf

die Effizienz des Aufschlusses

(A. eutrophus, Harrison et al., 1990)

53

Schema

Hochdruck-

homogenisator

54

Hochdruckhomogenisatoren vom Typ Manton-

Gaulin

Korrelation für Aufschlussgrad

Für die weit verbeiteten Hochdruckhomogenisatoren vom Typ Manton-Gaulin gilt

eine Korrelation für den Aufschlussgrad R in der Form aPNk)R1ln(

mit dem Betriebsdruck P, der Anzahl der Durchgänge N und den experimentell zu

bestimmenden Konstanten a (abhängig von der Art der Zellen und den

Kultivierungsbedingungen, a hat einen Wert zwischen 0.9 und 2.9) sowie k

(abhängig von der Betriebstemperatur).

55

Labor-Hochdruckhomogenisator “French-Press“

Aufschlussgrad unterschiedlicher Mikroorganismen

56 56

Zellaufschluss

durch Kavitation

im Ultraschallfeld

In der Zellsuspension

werden durch Ultraschall

feine Blasen erzeugt

Die implodierenden

Kavitationsblasen

erzeugen elastische

Druckwellen

Ein Flüssigkeitsjet tritt

durch die kollabierende

Blase hindurch (d ≈ 1 mm)

Zugleich wird ein

Lichtimpuls freigesetzt 56

57

Hefezellen vor

und nach dem

Zellaufschluss

mit French-Press

58 58

Schema des

Upstream- und

Downstream-

Processings

Au

frein

igu

ng

58

59 59 59

Die Fällung - das älteste Aufreinigungsverfahren

Das Gleichgewicht einer Mehrkomponentenlösung

wird so beeinflusst, dass eine Komponente übersättigt

vorliegt und ausfällt

Die Übersättigung kann herbeigeführt werden durch:

Isoelektrische Fällung

Zugabe von:

- Neutralsalzen, z.B. Ammoniumsulfat

- organischen Lösungsmitteln, z.B. Alkohole, Ketone

- nicht-ionischen Polymeren, z.B. Polyethylenglykole (PEG)

- Polyelektrolyten, z.B. Natriumdextransulfat

- Metallsalzen

→ Salting-out

60 60

Fällung

60

61 61

Fällung durch Neutralsalze L

öslich

keit

vo

n C

arb

oxyh

äm

og

lob

in (

Pfe

rd)

Aus: Green & Hughes (1955) Methods in Enzymology 1, 67-90

T = 25 °C

pH = 6.6

𝐼 =1

2 𝑐𝑖 𝑧𝑖

2

62 62

Wirkungsweise des Salting-out

Durch bestimmte Salzionen wird die Hydrathülle der

gelösten Proteinmoleküle reduziert. Diese Salzionen weisen

in der nächsten Umgebung der Proteinoberfläche eine

geringere Konzentration auf als im Bulk der Lösung auf.

→ Auslenkung aus dem thermodynamischen Gleichgewicht.

Es treten verstärkt hydrophobe Wechselwirkungen auf,

wodurch die Agglomeration der Proteinmoleküle begünstigt wird.

Die hydrophobe Kontaktoberfläche der Proteinmoleküle zur

umgebenden Lösung wird durch die Agglomeration erniedrigt

und damit eine günstigere thermodynamische Situation

geschaffen.

63

Hofmeister-Reihe (1888), ergänzt

Kationen: N(CH3)4

+ > NH4+ > K+ > Na+ > Li+

> Mg2+ > Ca2+ > Guanidin+

Anionen:

PO43- > SO4

2- > HPO42- > H2PO4

- > Citrat

- > Acetat

-

> HCO3- > F

- > Cl

- > Br

- > NO3

- > ClO4- > I

- > SCN

-

stabilisierend destabilisierend

Die Hofmeister-Reihe charakterisiert Ionen hinsichtlich

ihrer Fähigkeit, Hühnereiweiß zu präzipitieren (Bed.:

pH > pI, negative Proteinnettoladung)

Schwach hydratisiertes Kation

Stark hydratisiertes Anion

Schwach hydratisiertes Anion

Stark hydratisiertes Kation

64 64

Ammoniumsulfat, das häufigste Fällungsmittel

Vorteile Nachteile

Hohe Aussalzungseffektivität Unerwünschte Produktkomponente

Hohe Löslichkeit, auch bei

niedrigen Temperaturen

Verschiebung des pH-Wertes bei

Dissoziation

Geringe Dichte der gesättigten

Lösung

Bildung von flüchtigem NH3 bei

pH > 9

Stabilisierend auf

Proteinkonformation

Problematisches Rezyklieren

Positiv für anschließende HIC* Korrosiv

Günstiger Preis

*HIC = hydrophobe Interaktionschromatographie

65 65

Aussalzen des Enzyms Lipase

66

Löslichkeit von Proteinen = f(Salzkonzentration)

iSK

KS = Salting-out Konstante;

Setzt sich zusammen aus

elektrostatischen Salting-in

Effekten und hydrophobischen

Salting-out Effekten

= Anteil der unpolaren

Kontaktfläche der Protein-

oberfläche

i = Oberflächenspannungs-

erhöhung

Aus: Melander and Horvath

(1977) Arch. Biochem. Biophys.

183:200-215

Cohn-Gleichung: ln(w/w0) = - KS m

67 67

Fällung von Proteinen durch Zugabe von

org. Lösungsmitteln (z.B. Alkohole, Ketone)

Die Dielektrizitätskonstante der

Proteinlösung wird herabgesetzt,

dadurch verringert sich die

Aktivität des Wassers

Elektrostatische und van der

Waals´sche Kräfte werden

dadurch verstärkt

Organische Lösungsmittel

„kaschieren“ hydrophobe Flächen

→ Aggregatbildung Lösungsmittel (T = 25° C)

Wasser 78.3

Methanol 32.6

Ethanol 24.3

Aceton 20.7

68 68

Fällung von Proteinen durch Zugabe von

nicht-ionischen Polymeren (z.B. PEG) Ausbildung einer 2. wässrigen Phase, in der sich ein Protein anreichert

Durch Entzug von Lösungsmittel kommt es zur Übersättigung

69 69

Fällung durch Zusatz von Polyelektrolyten

Polyelektrolyte verringern die verfügbare Menge an Lösungsmittel-

molekülen durch Ausbildung einer 2. Phase

Verstärkte elektrostatische Wechselwirkungen und Komplexbildung

70 70

Fällung durch Zusatz von Metallsalzen

Metallsalze wirken gegenüber Proteinmolekülen als

Komplexbildner

Durch die Affinität bestimmter Metallionen zu den

verschiedenen polaren Gruppen der Proteine verändert sich

die Nettoladung der Proteinoberfläche

Dies führt zu verstärkten hydrophoben Wechselwirkungen

→ Aggregatbildung

71 71

Vergleich der Wirkprinzipien bei der Fällung von

Proteinen

Fällungsmittel Wirkprinzip Konsequenz

Isoelektrische Fällung

(kein Fällungsmittel)

Neutralisierung der

Nettooberflächenladung

Verstärkte hydrophobe WW

Neutralsalze Reduktion der Hydrathülle Verstärkte hydrophobe WW

Organische Lösungsmittel Reduktion der Dielektrizitäts-

konstanten der Lösung

Verstärkte elektrostatische

WW und van der Waals-Kräfte

Nicht-ionische Polymere Entzug von LM durch

Ausbildung einer 2. Phase

Verstärkte hydrophobe WW

Polyelektrolyte Entzug von LM und

Komplexbildung

Verstärkte elektrostatische

WW

Metallsalze Veränderung der Nettoladung

und Komplexbildung

Verstärkte hydrophobe WW

WW = Wechselwirkungen; LM = Lösungsmittel

72 72

Fällungsmittel für Proteine im Vergleich

Fällungsmittel Wirkprinzip Vorteil Nachteil

Isoelektrische

Fällung (kein FM)

Neutralisierung der

Nettoladung

Kein Fremdstoff

eingesetzt

Denaturierungsgefahr

hoch

Neutralsalze Reduktion der

Hydrathülle

Universell einsetzbar,

wenig FM im Nieder-

schlag

Hoher FM-Bedarf

Organische

Lösungsmittel

Reduktion der

Dielektrizitätskonst.

FM rezyklierbar Denaturierungsgefahr

Nicht-ionische

Polymere

Entzug von LM Geringer FM-Bedarf Viskosität der Lösung

steigt

Polyelektrolyte Entzug von LM und

Komplexbildung

Geringer FM-Bedarf Denaturierungsgefahr

Metallsalze Komplexbildung Geringer FM-Bedarf Denaturierungsgefahr

FM = Fällungsmittel

73 73 73

Auflistung der Kräfte, die bei den

Proteininteraktionen eine Rolle spielen

(Peptidbindungen der Primärstruktur sowie

Amid- und Esterbindungen zwischen Seitenketten)

Alois Jungbauer

(ca. um Faktor 20-30 kleiner als

kovalente Bindungen (Saenger 1987))

74 74

Auswahlkriterien für Fällungsmittel

Ausfällungseffektivität

Stabilität der Proteinstruktur

Handhabung des Fällungsmittels (geringe Toxizität)

Zulassung des Fällungsmittels für das Produkt (FDA)

Einfussnahme auf nachfolgende Prozessschritte

Möglichkeit des Rezyklierens

Verfügbarkeit und günstiger Preis

75

Grundlagen der Fällungskinetik

76 76 76

Local specific energy input rate for different

stirrer types – isoenergetic zones

INTERMIG-

impeller

From: H. Anlauf, University of Karlsruhe

loc/ _

Re > 104

Ves

sel h

eigh

t z/h

1

Rushton turbine propeller INTERMIG

(6 blades) (3 blades) (two stages)

77

bei t= 0

Perikinetisches Wachstum

78

.

.

. laminarer

Orthokinetisches Wachstum

.

.

.

79

% Grundlagen der

Fällungskinetik .

80

Fällung von

Sojabohnen-

protein

Grabenbauer & Glatz, 1981

81

2. Präzipitation: Fällung von Proteinen mit Neutralsalzen

Die Präzipitation von Proteinen kann unter Verwendung von Neutralsalzen durchgeführt

werden.

a) Zeichnen Sie qualitativ ein Diagramm der Löslichkeit eines beliebigen Proteins in

Abhängigkeit von der Ionenstärke, die durch Zusatz verschiedener Neutralsalze

stetig gesteigert wird.

b) Wie ist die Ionenstärke definiert (Einheit)?

c) Beschreiben Sie basierend auf den Kurven die Faktoren, die für eine effiziente

Fällung wichtig sind.

d) Warum ist Ammoniumsulfat ein gutes Fällungsmittel im Sinne der Hofmeister-

Reihe?

e) In welche zwei Regionen kann der Graph geteilt werden?

f) Beschreiben Sie das zugrundeliegende Prinzip der Fällung durch Neutralsalze und

deren Konsequenzen.

Übungen zur Vorlesung AMB