Aufbruch ins Grüne - WILA Arbeitsmarkt

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arbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN_03|2010 IV arbeitsmarkt D ie meisten Menschen werden zugeben müssen, dass es Länder auf der Welt gibt, zu denen man ganz einfach überhaupt keine Meinung hat. Und es gibt Länder, zu denen jeder eine Meinung hat. Zu den letztgenannten zählen eindeutig die Vereinigten Staaten von Amerika. Natürlich ist das auch ein Spiegelbild ihrer globalen Bedeutung. Gleichzeitig ist dieses Bild aber immer eingefärbt von den tagesaktuellen Ereig- nissen, die wir in der abendlichen Tages- schau serviert bekommen. Doch jenseits von militärischen Einsätzen und globalen Wirtschaftskrisen sind die Vereinigten Staaten eines ganz sicher: Sie sind nach wie vor die größte Volkswirtschaft der Welt, auch wenn sie gleichzeitig das Ur- sprungsland der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sind. Obwohl die ameri- kanische Wirtschaft – in verlängerter Fol- ge von kollabierter Immobilienblase, um- gekippten Finanzmärkten und gestiege- nen Energiekosten – im zurückliegenden Jahr 2009 real deutlich geschrumpft ist, ist das Gesamtvolumen der Wirtschafts- leistungen weltweit unübertroffen. Und das natürlich auch deshalb, weil sich der Staat so wenig wie möglich in das freie Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte einmischt. Wirtschaft in der Krise Um so pikanter ist, dass ausgerechnet der republikanische Präsident George W. Bush Junior angesichts der Anzeichen für eine neue große Rezession im Jahr 2007 nicht mehr weiter tatenlos zuschauen konnte und in die Wirtschaft eingreifen musste. Nach dem Zusammenbruch des Bankensektors folgten die Bauwirtschaft, später auch die Land- und Forstwirtschaft sowie der Einzelhandel, so dass die Re- gierung Bush mit Unterstützung des Kongresses den Emergency Economic Stabilization Act auf den Weg brachte. Mit 700 Milliarden Dollar – und damit eines Fünftel des jährlichen BIPs – sollte die Eigenkapitaldeckung der Banken gestärkt werden, weitere Maßnahmen zielten auf Steuervergünstigungen für Unternehmen und großzügige Entlastungen der priva- ten Haushalte. Aber die Finanzkrise hatte die Realwirtschaft zeitversetzt erwischt, so dass von den republikanischen Stimu- lierungsversuchen nicht viel mehr geblie- ben ist als die Verdopplung der Staats- schulden auf weit über 60 % der jährli- chen Wirtschaftsleistung. Arbeitsmarkt in der Krise Das liegt auch daran, dass es mit diesen Maßnahmen eindeutig nicht gelungen ist, der stetig steigenden Arbeitslosigkeit Herr zu werden. Zwar haben sich die schlimms- ten Erwartungen nicht bewahrheitet, trotz- dem ist die Arbeitslosenquote von etwa 4,5 % im Jahr 2007 auf annähernd zehn Prozent zum Ende des Jahres 2009 ge- stiegen. Diese Verdopplung der Erwerbs- losenzahl innerhalb von nur zwei Jahren liegt schwer auf einem Arbeitsmarkt, der bislang von der Sicherheit lebte, dass fast jeder, der seinen Job verlor, innerhalb kür- zester Zeit auch wieder Ersatz finden konnte. Nun sieht die Lage deutlich dra- matischer aus, denn vom Stellenabbau sind zunehmend auch Akademiker und Angehörige der amerikanischen Mittel- schicht getroffen. Und bis zum Wiederan- springen der Wirtschaft könnten es durch- aus noch mehr werden, die schlimmsten Prognosen gehen von bis zu 16 Millionen Arbeitssuchenden aus, die es mit zuneh- mender Dauer der Arbeitslosigkeit auch immer schwerer haben dürften, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. In dieser Situation ist am 20. Januar 2009 Barack Obama als 44. Präsident In der Krise entdecken die Vereinigten Staaten das wirt- schaftliche und arbeitsmarktliche Potenzial grüner Techno- logien. Zu den Schwerpunkten der Regierung Obama ge- hört der Startschuss für ein Rennen im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz. | Krischan Ostenrath Aufbruch ins Grüne INTERNATIONALES

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Die meisten Menschen werden zugeben müssen, dass es Länder auf der Welt gibt, zu denen man

ganz einfach überhaupt keine Meinung hat. Und es gibt Länder, zu denen jeder eine Meinung hat. Zu den letztgenannten zählen eindeutig die Vereinigten Staaten von Amerika. Natürlich ist das auch ein Spiegelbild ihrer globalen Bedeutung. Gleichzeitig ist dieses Bild aber immer eingefärbt von den tagesaktuellen Ereig-nissen, die wir in der abendlichen Tages-schau serviert bekommen. Doch jenseits von militärischen Einsätzen und globalen Wirtschaftskrisen sind die Vereinigten Staaten eines ganz sicher: Sie sind nach wie vor die größte Volkswirtschaft der Welt, auch wenn sie gleichzeitig das Ur-sprungsland der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sind. Obwohl die ameri-

kanische Wirtschaft – in verlängerter Fol-ge von kollabierter Immobilienblase, um-gekippten Finanzmärkten und gestiege-nen Energiekosten – im zurückliegenden Jahr 2009 real deutlich geschrumpft ist, ist das Gesamtvolumen der Wirtschafts-leistungen weltweit unübertroffen. Und das natürlich auch deshalb, weil sich der Staat so wenig wie möglich in das freie Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte einmischt.

Wirtschaft in der Krise

Um so pikanter ist, dass ausgerechnet der republikanische Präsident George W. Bush Junior angesichts der Anzeichen für eine neue große Rezession im Jahr 2007 nicht mehr weiter tatenlos zuschauen konnte und in die Wirtschaft eingreifen

musste. Nach dem Zusammenbruch des Bankensektors folgten die Bauwirtschaft, später auch die Land- und Forstwirtschaft sowie der Einzelhandel, so dass die Re-gierung Bush mit Unterstützung des Kongresses den Emergency Economic Stabilization Act auf den Weg brachte. Mit 700 Milliarden Dollar – und damit eines Fünftel des jährlichen BIPs – sollte die Eigenkapitaldeckung der Banken gestärkt werden, weitere Maßnahmen zielten auf Steuervergünstigungen für Unternehmen und großzügige Entlastungen der priva-ten Haushalte. Aber die Finanzkrise hatte die Realwirtschaft zeitversetzt erwischt, so dass von den republikanischen Stimu-lierungsversuchen nicht viel mehr geblie-ben ist als die Verdopplung der Staats-schulden auf weit über 60 % der jährli-chen Wirtschaftsleistung.

Arbeitsmarkt in der Krise

Das liegt auch daran, dass es mit diesen Maßnahmen eindeutig nicht gelungen ist, der stetig steigenden Arbeitslosigkeit Herr zu werden. Zwar haben sich die schlimms-ten Erwartungen nicht bewahrheitet, trotz-dem ist die Arbeitslosenquote von etwa 4,5 % im Jahr 2007 auf annähernd zehn Prozent zum Ende des Jahres 2009 ge-stiegen. Diese Verdopplung der Erwerbs-losenzahl innerhalb von nur zwei Jahren liegt schwer auf einem Arbeitsmarkt, der bislang von der Sicherheit lebte, dass fast jeder, der seinen Job verlor, innerhalb kür-zester Zeit auch wieder Ersatz finden konnte. Nun sieht die Lage deutlich dra-matischer aus, denn vom Stellenabbau sind zunehmend auch Akademiker und Angehörige der amerikanischen Mittel-schicht getroffen. Und bis zum Wiederan-springen der Wirtschaft könnten es durch-aus noch mehr werden, die schlimmsten Prognosen gehen von bis zu 16 Millionen Arbeitssuchenden aus, die es mit zuneh-mender Dauer der Arbeitslosigkeit auch immer schwerer haben dürften, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen.

In dieser Situation ist am 20. Januar 2009 Barack Obama als 44. Präsident

In der Krise entdecken die Vereinigten Staaten das wirt-schaftliche und arbeitsmarktliche Potenzial grüner Techno-logien. Zu den Schwerpunkten der Regierung Obama ge-hört der Startschuss für ein Rennen im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz. | Krischan Ostenrath

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nen um 80 % sinken und der Anteil der erneuerbaren an der Energieversorgung von derzeit etwa 7 % auf dann 25 % stei-gen. Als Instrumente sollen insbesondere schärfere gesetzliche Vorgaben, Mindest-quoten für erneuerbare Energien und ein US-weiter Emissionshandel herhalten – verständlich, dass das Waxman-Mark-ley-Bill bzw. der noch frischere Kerry-Boxer-Act nur unter Zugeständnissen an die republikanische Opposition erkauft werden konnten.

Als ein Teil des American Recovery and Reinvestment Act aus dem Jahr 2009 treten die Bausteine quantitativ deutlich hervor, die auf den Ausbau der erneuer-baren Energien zielen. Es gab durchaus vorher bereits mit dem Sanders-Clinton Energy Efficiency and Renewable Energy Worker Training Program oder dem Green Job Act Ansätze, die mit dreistelligen Mil-lionenbeträgen den Aufbau einer qua-lifizierten Arbeitnehmerschaft bewirken sollten. Nun kommen nicht nur weitere Trainingsprogramme hinzu, vor allem sieht der Recovery Act knapp 100 Milli-arden Dollar für den Aufbau einer nach-haltigen Energieversorgung, Energieeffi-zienz, den Umbau des Transportwesen und gezielte Klimaforschungen vor, die nicht über Direktinvestitionen, sondern auch über steuerliche Anreizprogramme für entsprechende Nachfrage sorgen sollen. Mit einer Doppelstrategie aus gezielten Qualifizierungsmaßnahmen vor allem für „dislocated labors“ (also arbeits-marktlichen Problemgruppen wie Militär-Veteranen, Angehörige bestimmter Ethnien, Frauen, High-School-Abbrecher oder die Opfer des Zusammenbruchs der amerikanischen Autoindustrie) und Konsumstimulierungen will die Obama-Administration die Bereiche Energie, Transport, Bau bzw. Gebäudesanierung oder Abfall gezielt ausbauen.

Wunderwaffe Green Jobs?

Das Environmental and Energy Study Ins-titute (www.eesi.org) geht Anfang 2008 von etwa 500.000 Beschäftigten im Be-

der Vereinigten Staaten angetreten, um nicht nur gegen die geradezu messia-nischen Hoffnungen auf seine Amtszeit zu kämpfen, sondern sehr konkret auch seine Vorstellungen von einer nachhal-tigen Erholung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes umzusetzen. Denn jedem Beobachter ist klar, dass sich das Problem der Massenarbeitslosigkeit nicht kurzfristig auflösen lässt, sondern sich bestenfalls im Rahmen einer mittel- und langfristigen wirtschafts- und bildungspolitischen Stra-tegie erledigt. Und während die republika-nischen Visionen sich in der Stärkung der Binnennachfrage (die aber letztlich eine verstärkte Nachfrage nach Importgütern

war) und in der Stärkung ölgestützter Industriezweige erschöpften, steuert Ob-ama in die entgegengesetzte Richtung. Die Green Economy soll es richten: Mit Hilfe von staatlichen Impulsen soll nach seinen Vorstellungen eine Wirtschaft ent-stehen, die Millionen neue Jobs in grünen Sektoren schafft und gleichzeitig auf die globalen Herausforderungen des 21. Jahr-hunderts angemessen reagieren kann.

Wege in die Green Economy

Ohne größere Gehässigkeit wird man wohl sagen können, dass sich Amerika damit auf einen weiten Weg gemacht hat. Denn nicht nur jeder fünfte Dollar

wird in den USA erwirtschaft, auch jede fünfte Tonne der globalen Emissionen gehen auf die Kappe der energiehungri-gen Wirtschaft und Haushalte Amerikas. Da die die Vereinigten Staaten nach Chi-na der zweitgrößte Kohlendioxidemittent der Welt sind, hatten sie nach dem etwas halbherzigen Start in Sachen Klimaschutz Mitte der neunziger Jahre als einziges In-dustrieland das Kyoto-Protokoll nicht rati-fiziert, sondern mit unschöner Regelmä-ßigkeit die diplomatischen Bemühungen um einen gemeinsamen Kampf gegen die Klimaerwärmung blockiert. Zwar hat-te es wie beispielsweise in Kalifornien immer schon Bundesstaaten gegeben,

die sehr ambitionierte Klimaschutzziele verfolgten, dennoch hat sich auch heute noch nicht überall herumgesprochen, dass Umwelt- und Klimaschutz letztlich keine Bremsen, sondern Beschleuniger des wirtschaftlichen Wachstums sind.

So liest sich denn auch die Verteilung des Primärenergieverbrauchs als Produkt einer Energiepolitik, die viel zu lange auf fossile Rohstoffe gesetzt hat (vgl. Abb. S. VII). Wenn man dazu noch im Hinter-kopf hat, dass der Energieverbrauch fast doppelt so hoch ist wie beispielsweise in Deutschland, dann wird deutlich, dass sich Obama mit seiner energiepoliti-schen Wende einiges vorgenommen hat. Bis 2050 sollen die Treibhausgasemissio-

Regionale Arbeitslosigkeit auf der Website www.recovery.gov

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reich erneuerbare Energien aus, zusätz-lich sind etwa 8 Millionen direkt oder in-direkt mit dem Thema Energieeffizienz befasst. Ausgehend von der begründeten Hoffnung eines überproportionalen Wachstums gegenüber der Gesamtwirt-schaft – schließlich ist der Bereich der erneuerbaren Energien zwischen 2007 und 2009 dreimal stärker in seinen Ar-beitsplätzen gewachsen als der Rest der Wirtschaft – hat sich Präsident Obama auf die Fahnen geschrieben, mit den staatlichen Anreizprogrammen bis zu 2,5 Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das gilt nach Einschätzung des Center for American Progress insbesondere für die Wirtschaftszweige Gebäudesanierung, Transportwesen, Stromnetze, Windkraft, Solarenergie und Biotreibstoffe mit den damit einhergehenden Tätigkeitsfeldern (vgl. Abbildung Green Investments and Jobs).

Diese Anreizprogramme sind wohl auch bitter nötig, denn zum einen braucht Obama die Erfolge, um denje-nigen Kritikern den Zahn zu ziehen, die nach wie vor auf einem Antagonismus von Ökologie und Ökonomie bestehen, und zum anderen zeichnet sich – trotz der stark gestiegenen Arbeitslosigkeit – bereits jetzt eine Fachkräftelücke ab, die zum ernsten Wachstumshemmnis

werden könnte. Denn allein durch die demographische Entwicklung dürften in den kommenden zehn Jahren bis zu 40 % der erfahrenen Ingenieure alters-bedingt ausscheiden, und darüber hinaus haben auch die Vereinigten Staaten das bekannte Problem mit den fehlenden Nachwuchskräften im MINT-Bereich (hier bekannt unter STEM: Science, Tech-nology, Engineering und Math).

Nun kann man sich – wie immer bei volkswirtschaftlichen Schätzungen – lan-ge über die Prognosen streiten, klar ist jedoch, dass insbesondere die Bereiche erneuerbare Energien und Energieeffizi-enz durch die Pläne der amerikanischen

Bundesregierungen die unter Präsident Bush so schmerzhaft vermisste Pla-nungssicherheit bekommen, die einen weiteren Ausbau braucht. Ob es nun 2 Millionen (so das Center for American Progress), 2,5 Millionen (so das Energie-ministerium) oder gar 37 Millionen (so eine Szenariorechnung der American So-lar Energy Society, inklusive des Bereichs Energieeffizienz) ist Kaffeesatzleserei, weil der Jobmotor erneuerbare Energien auch in den USA nicht allein mit staatli-cher Unterstützung betrieben wird und damit kaum zu berechnen ist.

Und wer soll´s machen?

Der Branchenverteilung entsprechend arbeitet das Gros der „grünen“ Fachkräfte derzeit aus dem Bereich Erneuerbare im Wind-, Solar- und Biotreibstoffsegment bzw. aus dem Bereich Energieeffizienz in den dienstleistungsorientierten Hand-werkszweigen wie Elektrik, Bau oder Dachdeckerei. Wenn die Wachstumsstra-tegien für die Bereiche erneuerbare Ener-gien und Energieeffizienz auch nur eini-germaßen greifen, dann dürften die Un-ternehmen sehr bald auf ernsthafte Rek-rutierungsschwierigkeiten stoßen. Denn noch mag der Arbeitsmarkt in Folge der Entlassungen beispielsweise in der Auto-mobilindustrie ausreichend freie Fach-kräfte technischer Fachrichtung herge-ben, gleichwohl wird das Ausbildungssys-tem mit dem wachsenden Bedarf mittel-fristig nur schwer mithalten können.

Nun ist dieses Ausbildungssystem zumindest nach deutschen Maßstäben überhaupt keins und deshalb in seiner Undurchsichtigkeit ein Albtraum für alle, die an duale Ausbildungsberufe, gere-gelte Fort- und Weiterbildungen oder strukturierte Studiengänge gewöhnt sind. Mit High Schools, Colleges, Uni-versitäten, Gewerkschaften, öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen und arbeitgebergesteuerten Ausbildungs-programmen tummelt sich eine Vielzahl von Akteuren auf dem amerikanischen Ausbildungsmarkt, die selbst für Bran-

BIG PLAYERS

Windkraftanlagenbau – Firmen und ihr Marktanteil GE Energy (42,8 %)Vestas (13,1 %)Siemens (9,3 %)Suzlon (8,6 %)Gamesa (7,2 %)...Repower (1,2 %)Fuhrländer (0,1 %)Quelle: German Trade and Invest, Angaben für 2008

Beschäftigungsaufbau im Bereich Green Jobs, Quelle: www.americanprogress.org

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VIIarbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN_03|2010

chenkenner schwierig zu durchschauen ist. Und weil die verschiedenen Anbieter Ausbildungselemente auch auf verschie-denen Niveaus und in verschiedenen Tätigkeitsbereichen vorhalten, lässt sich kaum verbindlich sagen, was eigentlich jemand kann, der beispielsweise seine Ausbildung an einem Community Colle-ge abgeschlossen hat. Am ehesten lässt sich noch im akademischen Bereich vom Abschluss auf die Studieninhalte rück-schließen; auch die gewerkschaftlich or-ganisierten apprenticeships (die aber nur einer begrenzten Zahl von jungen Men-schen zugänglich sind) sind weitgehend standardisiert und ähneln dem dualen Ausbildungssystem Deutschlands.

Das führt in der Summe dazu, dass jeder seinen eigenen Weg in den Arbeits-markt finden muss. Immerhin entspricht das auch der amerikanischen Arbeitge-bermentalität, die deutlich stärker auf den Einzelfall abstellt und pragmatisch schaut, was die potenzielle Fachkraft denn bislang geleistet hat und weiterhin leisten kann. Der amerikanische Arbeits-markt ist – gegenüber deutschen Ver-

hältnissen – von einer ungleich höheren beruflichen Mobilität gekennzeichnet, wechselnde Tätigkeiten sind im Laufe einer normalen Berufsbiographie eher die Regel als die Ausnahme.

Doch was von außen so undurch-schaubar wirkt, ist letztlich auch eine Stärke des amerikanischen Bildungssys-tems. Denn in der Regel sind die aus- oder weiterbildenden Institutionen her-vorragend mit den Unternehmen in der Region vernetzt. In Verbindung mit einer sehr weitgehenden Autonomie der Ein-richtungen führt das zu außerordentlich flexiblen Reaktionen auf die Bedarfslagen der Arbeitgeber, denn die Wege sind kurz und eine Sitzung des advisory boards schnell einberufen. Ganz nebenbei ergibt sich gelegentlich durch die Zusammen-arbeit mit lokalen Arbeitgebern auch die Möglichkeit, etwas für die Ausstattung zu tun. Nicht wenige Community Colleges verfügen über Mitarbeiter, die ihre Kon-takte zu Unternehmen nutzen, um sich eine kleine Windkraftanlage oder ein Biomassekraftwerk auf den Campus zu stellen, was wiederum für die gezielte

Ausbildung von Studenten genutzt wird.Weil die Vorteile einer regionalen Ver-

netzung der Ausbildungseinrichtungen auf der Hand liegen, gibt es auch nur wenige Einrichtungen, die bundesweit aktiv sind. Das gleiche gilt für die Anstrengungen der amerikanischen Bundesregierungen, die die oben beschriebenen Mittel zur Ausbildungsförderung im Bereich Green Jobs meist in die Hände der Bundesstaa-ten oder sogar der kommunalen Ebene legen. Denn – das erinnert zu Recht an das föderale System Deutschlands – vor Ort kann viel besser entschieden werden, in welche Maßnahmen die Mittel gelenkt werden. Allerdings haben sich viele Städte dafür entschieden, die millionenschweren Überweisungen der Förderprogramme in die Qualifizierung sozial und beruflich benachteiligter Zielgruppen zu stecken. Dahinter steckt natürlich das nachvoll-ziehbare Motiv, zwei Fliegen mit einer

AUSBILDUNG

Ausgewählte Formen der beruf-lichen Ausbildung• Dual enrollment • Prüfungen nach Industriestandards

in der High School• Fernstudien• Service Learning Internships• Cooperative Work Experience, Dis-

tributive Education, Office Practice, Job Experience, Diversified Training, Job shadowing, School based enter-prises, Career classes

• Clinical Training• TechPrep• Career Academies• Training on the Job• Apprenticeships• Training beim Militär• Handelsschulen, Berufsschulen,

Technische Schulen• Community Colleges and Junior

Collegesnach: Antje Barrabasch, Universität Magdeburg

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Klappe zu schlagen, also den grünen Beschäftigungsaufbau mit der Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit vor Ort zu verbinden. Doch so wichtig die Benach-teiligtenförderung auch ist, sie kann nur ein Baustein neben anderen sein – denn ohne Experten mit hohem Spezialwissen und den umworbenen High Potentials wird auch im Land der beruflichen Mo-bilität der Aufbau einer technisch höchst innovativen Branche wie die der erneuer-baren Energien oder der Energieeffizienz nicht gelingen.

Germans wanted?

Nun brauchen die Vereinigten Staaten weder in technischer Hinsicht noch in Ausbildungsfragen unbedingt Nachhilfe, um im Bereich erneuerbarer Energien bzw. Energieeffizienz die Lücken zur

Weltspitze zu schließen. Vieles spricht dafür, dass Amerika nur sehr viel ent-schlossener an den Ausbau dieser Wirt-schaftsbereiche und Arbeitsmärkte her-angehen muss und das unter der Präsi-dentschaft Obamas wohl auch tun wird. Dennoch ist den politisch Verantwortli-chen natürlich klar, dass man von Län-dern wie Deutschland auch lernen kann, und deshalb wurde im Herbst 2008 un-ter dem üblichen diplomatischen Getöse die sog. „Transatlantische Klimabrücke“ aus der Taufe gehoben. Auf deutscher und amerikanischer Seite jeweils von den Außenministerien verantwortet, nahmen sich die transatlantischen Partner vor, die klima- und energiepolitische Eiszeit der Bush-Ära zu beenden und gemeinsam ein Netzwerk zu schaffen, das sich auch mit den wirtschaftlichen Dimensionen

TERMINE UND LINKS

Veranstaltungen2. Deutsch-Amerikanische Energie-

konferenz, 22.-23. März BerlinWindpower - Conference and Exhibiti-

on, 23. - 26.05.2010, DallasIntersolar North America 2010,

13. bis15.07.2010, San FranciscoSolar Power International 2010,

12. bis14.10.2010, Los AngelesWeitere Termine finden sich auf der Homepage der Deutsch-Amerikani-schen Handelskammern (www.ahk-usa.com), die auch einen vierteljährli-chen Newsletter zur Situation der Re-newables in den USA herausgibt.Websiteshttp://www.peri.umass.edu/fileadmin/

pdf/other_publication_types/peri_report.pdf

www.dsireusa.org (Database of State Incentives for Renewables and Effi-ciency)

www.exportinitiative.bmwi.de (Expor-tinitiative Erneuerbare Energien des Wirtschaftsministeriums)

www.energy.gov (US-Energieministe-rium)

www.acore.org (American Council of Renewable Energy ACORE)

www.eia.doe.gov (U.S. Energy Infor-mation Administration, hier Statisti-ken und Analysen)

www.irecusa.org (Interstate Renewab-le Energy Council, hier auch Beiträge der Konferenz „New Ideas in Educa-ting a Workforce in Renewable Ener-gy and Energy Efficiency, 18.-20. November, Albany NY)

einer nachhaltigen Energie- und Klimapo-litik beschäftigen soll. Teil dieser Transat-lantischen Klimabrücke ist der Austausch, wie er sich beispielsweise in den Deutsch-Amerikanischen Energietagen in Berlin vom Frühjahr 2009 ausdrückt. Im Rahmen dieser Initiative entsandte die deutsche Bundesregierung über die Bon-ner Agentur Inwent Ende 2009 eine Ex-pertengruppe zur Konferenz „New Ideas in Educating a Workforce in Renewable Energy and Energy Efficiency“ nach Alba-ny, zu der neben Verbands- und Unter-nehmensvertretern und deutschen Bil-dungsexperten auch der Wissenschafts-laden als grüner „Think tank“ eingeladen war.

Auch hier hörte man in unzähligen Vorträgen und Gesprächen immer wie-der den Hinweis, dass die Vereinigten Staaten im Bereich Arbeitsmarkt und Ausbildung für grüne Berufe viel von Deutschland lernen könnten. Aber natür-lich haben vor allem deutsche Unterneh-men zum Beispiel im hoch dynamischen Windmarkt ein Eigeninteresse an der Ero-berung des amerikanischen Marktes und befinden sich eher in Konkurrenz zu den einheimischen Wettbewerbern. Auch das locker ausgesprochene Bekenntnis zu einem binationalen Fachkräfteaustausch muss man unter diesen Vorzeichen betrachten. Zwar haben insbesondere grundständige Ausbildungen „made in Germany“ einen guten Klang auch auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt, gleichzeitig aber steht der Aufbau einer Green Workforce ausdrücklich unter den Vorgaben der nationalen Arbeitsmarktpo-litik. Und weil die Vereinigten Staaten ihre Einreise- und Arbeitsbestimmungen ganz unverhohlen an diesen nationalen Be-dürfnissen ausrichten, verbindet sich mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und des Bereichs Energieeffizienz wohl nicht unbedingt die Hoffnung auf ein neues El Dorado für deutsche Fachkräfte. Spannend wird es allerdings sein, die Entwicklung deutscher Unternehmen auf dem amerikanischen Markt zu beobach-ten, denn nicht in jedem Fall dürfte die

Anknüpfung an das lokale Qualifikations-system reibungslos gelingen. Ob dann Repower, Fuhrländer, Solarworld und Co. nicht nur technische Gerätschaften über den Atlantik verschiffen müssen, sondern auch deutsche Arbeitskräfte, wird man wohl erst in ein paar Jahren sagen können.

Fußläufig zur Uni: Sonderparkplät-ze für Hybrid-fahrzeuge