Auftrieb und Wirbeldichte beim Fliegen · Auftrieb und Wirbeldichte beim Fliegen Wolfgang Send...

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Auftrieb und Wirbeldichte beim Fliegen Wolfgang Send Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) Institut für Aeroelastik, Bunsenstr. 10, 37073 Göttingen Vorabdruck aus der CD mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers NORDMEIER, V. (Red.): Didaktik der Physik- Leipzig 2002. Vorträge der Frühjahrstagung der DPG. Berlin: Lehmanns-Verlag, 2002 ( http://www.lob.de ) Kurzfassung Zu den Gründen, aus denen viele Lehrende vor dem Unterrichten der „Physik des Fliegens“ zurückschrecken, zählt die ungeklärte Rolle der Wirbel als Voraussetzung für die Entstehung von Auftrieb: Zumeist bildet die sogenannte reibungsfreie Strömung die Grundlage der Erklärung, in der gar keine Wirbel vorhanden sein sollten, die aber gleichwohl eine Auftriebskraft auf eine Tragfläche ausübt. In vielen Lehrbüchern wird auch nur ein zweidimensionaler Schnitt durch eine Tragfläche behandelt. Dieser Zugang ist historisch entstanden, aber unverändert berechtigt; andererseits sind die Tragflächen eines Flug- zeugs immer endlich lang. Diese Widersprüche lassen sich sowohl mathematisch wie von der physikalischen Anschauung ausnahmslos aufklären. Da die Gründlichkeit der Aufklärung an allgemein bildenden Schulen ihre Grenzen hat, sollten die plausiblen Erklärungen aber wenigstens einen richtigen Kern umreißen. Der Vortrag trägt die Kernsätze zusammen, die für den Autor den physikalisch korrekten Zusammenhang von Auftrieb und Wirbeldichte kennzeichnen. Daraus werden plausible Erklärungen abgeleitet, die mit histori- schen und aktuellen Beobachtungen untermauert werden. Dazu zählen auch großräumige Analysen des Strö- mungsfeldes hinter einer Tragfläche, wie sie u.a. die so genannte Particle Image Velocimetry (PIV) liefert. 1. Einleitung Der vorliegende Artikel verfolgt zweierlei Ziele. Einerseits werden einige wesentliche physikalische Grundlagen zusammengefasst, zu denen Experimen- te zur Physik des Fliegens hinführen sollten. Zum Anderen verbindet sich mit vielen Bezeichnungen mehr als nur eine Namensgebung. Namen zielen auch auf Inhalte und Vorstellungen von den Zusam- menhängen. Die Einführung zu den Feldgrößen Druck und Geschwindigkeit zeugt von dieser Absicht. Das unendlich ausgedehnte Fluid als Oberbegriff für Luft und Wasser ist eine abstrakte Vorstellung, die praktisch nicht zu realisieren ist. Die Bedingungen, unter denen zentrale Aussagen der Aerodynamik in der Theorie gewonnen werden, lassen sich im Experiment nur bei großer Sorgfalt hinsichtlich der Strö- mungsqualität und der zentralen Kenngrößen näherungsweise herstellen. Im Spannungsfeld zwischen theoretischen Aussagen und ihrer praktischen Überprüfung entstehen Miss- deutungen der Phänomene, mit denen bis heute Lehrende konfrontiert werden, die Spaß am Thema Aerodynamik und an der Unterrichtung der Physik des Fliegens haben. Dies betrifft auch die Rolle, die der Gleichung von Bernoulli in vielen Abhand- lungen zugeschrieben wird. Die Gleichung von Bernoulli vermittelt eine Beziehung zwischen Druck und Geschwindig- keit im Strömungsfeld unter sehr einschränken- den Voraussetzungen für eine Umströmung. Die Gleichung ist keinesfalls selbst eine besondere Lösung für die Umströmung eines Körpers. Die Grundgrößen Druck und Geschwindigkeit kann man zu Anfang zunächst mehr intuitiv als Feld- größen einführen, wenn man die praktische Physik des Fliegens als Ziel hat. Aber die Hinführung auf das räumliche und zeitliche Kontinuum mit der Reichweite jeder Strömung - theoretisch – bis ins Unendliche ist ein wesentlicher Hintergrund für das Verständnis. Eine Strömung, die auf einen Körper trifft, ist keine Schrotladung von Partikeln, die nur eine lokale Wirkung entfalten. Das ganze Strömungs- feld ist an der Entstehung des Auftriebs betei- ligt. Auch wenn man die Bewegungen von fliegenden Lebewesen und ihre Leistungen verstehen möchte, kommt man ohne ein geometrisches Verständnis der Bewegung von Tragflächen im Raum nicht aus. Im Übrigen werden in diesem Artikel die fachlich gebräuchlichen Bezeichnungen verwendet, um in die physikalischen Gegebenheiten einzuführen. Wichti- ge Tatsachen sind hervorgehoben, wie dies voran- stehend schon geschehen ist. 2. Inkompressible Strömung Die Aussagen dieses Artikels beschränken sich auf den Bereich von Geschwindigkeiten 0 u , der von den fliegenden oder schwimmenden Lebewesen in der belebten Natur erreicht werden kann. Das sind, wie von niederstürzenden Raubvögeln berichtet wird, vielleicht 250 km/h oder 70 m/s. Man nimmt die jeweilige Schallgeschwindigkeit S c der Luft als Maßstab und bezeichnet das Verhältnis als die Machzahl S c u Ma / 0 = . Am Erdboden beträgt die Schallgeschwindigkeit rund 340 m/s. Dann liegen

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Auftrieb und Wirbeldichte beim Fliegen

Wolfgang Send

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)Institut für Aeroelastik, Bunsenstr. 10, 37073 Göttingen

Vorabdruck aus der CD mit freundlicher Genehmigung des HerausgebersNORDMEIER, V. (Red.): Didaktik der Physik- Leipzig 2002.

Vorträge der Frühjahrstagung der DPG. Berlin: Lehmanns-Verlag, 2002 ( http://www.lob.de )

KurzfassungZu den Gründen, aus denen viele Lehrende vor dem Unterrichten der „Physik des Fliegens“ zurückschrecken,zählt die ungeklärte Rolle der Wirbel als Voraussetzung für die Entstehung von Auftrieb: Zumeist bildet diesogenannte reibungsfreie Strömung die Grundlage der Erklärung, in der gar keine Wirbel vorhanden seinsollten, die aber gleichwohl eine Auftriebskraft auf eine Tragfläche ausübt.In vielen Lehrbüchern wird auch nur ein zweidimensionaler Schnitt durch eine Tragfläche behandelt. DieserZugang ist historisch entstanden, aber unverändert berechtigt; andererseits sind die Tragflächen eines Flug-zeugs immer endlich lang. Diese Widersprüche lassen sich sowohl mathematisch wie von der physikalischenAnschauung ausnahmslos aufklären. Da die Gründlichkeit der Aufklärung an allgemein bildenden Schulenihre Grenzen hat, sollten die plausiblen Erklärungen aber wenigstens einen richtigen Kern umreißen.Der Vortrag trägt die Kernsätze zusammen, die für den Autor den physikalisch korrekten Zusammenhang vonAuftrieb und Wirbeldichte kennzeichnen. Daraus werden plausible Erklärungen abgeleitet, die mit histori-schen und aktuellen Beobachtungen untermauert werden. Dazu zählen auch großräumige Analysen des Strö-mungsfeldes hinter einer Tragfläche, wie sie u.a. die so genannte Particle Image Velocimetry (PIV) liefert.

1. EinleitungDer vorliegende Artikel verfolgt zweierlei Ziele.Einerseits werden einige wesentliche physikalischeGrundlagen zusammengefasst, zu denen Experimen-te zur Physik des Fliegens hinführen sollten. ZumAnderen verbindet sich mit vielen Bezeichnungenmehr als nur eine Namensgebung. Namen zielenauch auf Inhalte und Vorstellungen von den Zusam-menhängen. Die Einführung zu den FeldgrößenDruck und Geschwindigkeit zeugt von dieserAbsicht. Das unendlich ausgedehnte Fluid alsOberbegriff für Luft und Wasser ist eine abstrakteVorstellung, die praktisch nicht zu realisieren ist.

• Die Bedingungen, unter denen zentraleAussagen der Aerodynamik in der Theoriegewonnen werden, lassen sich im Experimentnur bei großer Sorgfalt hinsichtlich der Strö-mungsqualität und der zentralen Kenngrößennäherungsweise herstellen.

Im Spannungsfeld zwischen theoretischen Aussagenund ihrer praktischen Überprüfung entstehen Miss-deutungen der Phänomene, mit denen bis heuteLehrende konfrontiert werden, die Spaß am ThemaAerodynamik und an der Unterrichtung der Physikdes Fliegens haben. Dies betrifft auch die Rolle, dieder Gleichung von Bernoulli in vielen Abhand-lungen zugeschrieben wird.

• Die Gleichung von Bernoulli vermittelt eineBeziehung zwischen Druck und Geschwindig-keit im Strömungsfeld unter sehr einschränken-den Voraussetzungen für eine Umströmung. DieGleichung ist keinesfalls selbst eine besondereLösung für die Umströmung eines Körpers.

Die Grundgrößen Druck und Geschwindigkeit kannman zu Anfang zunächst mehr intuitiv als Feld-größen einführen, wenn man die praktische Physikdes Fliegens als Ziel hat. Aber die Hinführung aufdas räumliche und zeitliche Kontinuum mit derReichweite jeder Strömung - theoretisch – bis insUnendliche ist ein wesentlicher Hintergrund für dasVerständnis.

• Eine Strömung, die auf einen Körper trifft, istkeine Schrotladung von Partikeln, die nur einelokale Wirkung entfalten. Das ganze Strömungs-feld ist an der Entstehung des Auftriebs betei-ligt.

Auch wenn man die Bewegungen von fliegendenLebewesen und ihre Leistungen verstehen möchte,kommt man ohne ein geometrisches Verständnis derBewegung von Tragflächen im Raum nicht aus.Im Übrigen werden in diesem Artikel die fachlichgebräuchlichen Bezeichnungen verwendet, um in diephysikalischen Gegebenheiten einzuführen. Wichti-ge Tatsachen sind hervorgehoben, wie dies voran-stehend schon geschehen ist.

2. Inkompressible StrömungDie Aussagen dieses Artikels beschränken sich aufden Bereich von Geschwindigkeiten 0u , der von denfliegenden oder schwimmenden Lebewesen in derbelebten Natur erreicht werden kann. Das sind, wievon niederstürzenden Raubvögeln berichtet wird,vielleicht 250 km/h oder 70 m/s. Man nimmt diejeweilige Schallgeschwindigkeit Sc der Luft alsMaßstab und bezeichnet das Verhältnis als dieMachzahl ScuMa /0= . Am Erdboden beträgt dieSchallgeschwindigkeit rund 340 m/s. Dann liegen

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die betrachteten Geschwindigkeiten bei 20 % derSchallgeschwindigkeit oder Ma = 0.2.

• Die Machzahl Ma ist neben der ReynoldszahlRe die eine der beiden zentralen Kenngrößen zurBeschreibung von Strömungen in der Aero-dynamik.

Die Reynoldszahl wird im Verlauf des Artikelsbesprochen. Für Segelflugzeuge ist die Grenze 0.2schon eine hohe Fluggeschwindigkeit, für moderneVerkehrsflugzeuge ist es die minimale Geschwindig-keit, um überhaupt von der Landbahn abheben zukönnen. In den typischen Flughöhen von 10,000 bis12,000 m liegt die Machzahl eines Verkehrsflug-zeugs bei 0.8 bis 0.85; allerdings beträgt die Schall-geschwindigkeit in dieser Höhe auch nur noch 300m/s. Die Geschwindigkeit über Grund ist dannungefähr 870 bis 920 km/h. Bei diesen Machzahlenbeschleunigt sich die Luft über den Tragflächensoweit, dass lokal Geschwindigkeiten mit Ma > 1erreicht werden. Dadurch treten Zonen hoherVerdichtung auf mit einer sogenannten Stoßfront.Solche Bereiche werden in diesem Artikel nichtbetrachtet.Im Bereich bis zur Machzahl von 0.2 ist die Luft alsinkompressibel anzusehen. Strömungen in Luft ver-halten sich nach den gleichen Gesetzmäßigkeitenwie Strömungen in Wasser. Die Aerodynamik unter-scheidet sich mit diesen Annahmen nicht mehr vonder Hydrodynamik. Deshalb kann man auch Strö-mungsbilder in Wasser auf solche in Luft übertra-gen. Statt Wasser oder Luft ist auch der gemeinsameBegriff Fluid gebräuchlich.Beide Medien haben eine natürliche Zähigkeit.Diese führt dazu, dass das Fluid auf jeder Oberflächehaftet, wenn man nur dicht genug an der Oberflächebeobachtet. Bewegt sich ein Körper entgegen demruhenden Fluid, dann wird durch die Zähigkeit stetseine Scherströmung hervorgerufen, in der Bewe-gungsenergie auf das ruhende Fluid übertragen wird.Die Zähigkeit wird durch die Größe η beschrieben,die man gut als Gedankenexperiment einführenkann. Auf einer Grundfläche ist eine dünne SchichtFluid verteilt mit der Schichtdicke z∆ . Auf demFluid liegt eine weitere kleine Probefläche mit demGrundriss A∆ . Diese Probefläche wird nun mit derGeschwindigkeit u∆ gegenüber der Grundflächeparallel dazu verschoben, wozu die Kraft F∆ erfor-derlich ist: ./ zuAF ∆∆⋅∆⋅=∆ η Der Proportionali-tätsfaktorη in dieser Gleichung ist die Zähigkeit. Dietangentiale Kraft pro Flächeneinheit wird alsSchubspannung zuAF ∆∆⋅=∆∆= // ησ bezeich-

net. Die Dimension von η ist Pa.s. Keineswegs alleFluide verhalten sich so, dass der Proportionalitäts-faktorη nahezu eine Konstante ist. DiejenigenFlüssigkeiten wie Luft und Wasser, für die dieseGesetzmäßigkeit gilt, heißen Newtonsche Fluide.Im Hinblick auf die Bewegung von Körperngegenüber einem Fluid ist u∆ die Geschwindigkeits-differenz, mit der das zuvor ruhende Fluid im Ab-

stand z∆ zum Körper hinter dessen vorbei eilenderOberfläche zurückbleibt. Die Fluidpartikel werden„mitgerissen“. Je dichter sie an der Oberfläche sind,desto größer ist die übertragende Energie proZeiteinheit und pro Oberflächenelement des beweg-ten Körpers. In weiterem Abstand zum Körpernimmt die Impulsübertragung ab und das Fluid wirdnur noch verdrängt.

3. Grundgrößen Druck und GeschwindigkeitZumeist wird ein unendlich ausgedehntes undruhendes Fluid betrachtet, das den Ruhedruck

∞p und die Dichte ∞ρ hat, wobei der Index „Un-endlich“ aussagt, dass diese Werte „weit weg vonjeder Störung“ gelten. Wegen der Annahme derInkompressibilität bleibt die Dichte im ganzen Fluidunverändert und der Index mag für die Dichteentbehrlich sein. Es gibt ein im Raum festes Bezugs-system { }zyxoB eee ,,;= mit einem Ursprungs-punkt o und einer Bezugsbasis { }zyx eee ,, mit ihrendrei ausgezeichneten Richtungen, bezüglich derjeder Punkt r im Fluid durch einen Ortsvektor r =

zyx zyx eee ++ mit den Koordinaten (x,y,z) be-schrieben werden kann. Bewegt sich durch das Fluidein Körper mit seiner kinematischen Geschwin-digkeit 0u , dann stellt sich im ganzen Raum einauch von der Zeit t abhängiger Druck ),( tp r undein Geschwindigkeitsfeld ),( trv ein. Wie schon er-wähnt wurde, ist die Dichte ρ als weitere Variablenur bei kompressiblen Strömungen zur Bestimmungdes Strömungsfeldes notwendig. Zur Berechnungmüssten daher eigentlich zwei partielle Differential-gleichungen gelöst werden, von denen die eine inTab. 1 angegeben sind. Mit diesem Weg verbindensich aber einige grundsätzliche Probleme derDruckberechnung in einem zähen Fluid, die nichtdas Ziel dieses Artikels sind, und auf die hier nichtnäher eingegangen werden soll.In den Fällen, die in diesem Artikel diskutiertwerden, kann der Druck nachträglich aus demStrömungsfeld ermittelt werden, das allein durch denImpulssatz berechnet wird. Dies ist der Bereich derklassischen Aerodynamik, in die Übertragung vonImpuls auf das Fluid auf einen dünne Schicht umden umströmten Körper beschränkt ist, die sogenannte Grenzschicht.Vom Gewitter kennt man den Laufzeiteffekt desKnalls, dessen Druckstoß stets nach dem sichtbarenBlitz zu hören ist. Die Inkompressibilität hat eineweitere Folge:

),(),(),( ttpgradtdtd rvrrv ∆+−= ηρ

mit gradttdt

d ⋅+∂∂= ),(rv

Tab. 1: Der Impulssatz mit den Variablen Druckp und Geschwindigkeit v in inkompressibler Strö-mung (ohne Schwerefeld).

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W. SendAuftrieb und Wirbeldichte beim Fliegen

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• Änderungen des Drucks in inkompressiblerStrömung breiten sich ohne zeitlichen Verzugaus. Druck und Geschwindigkeit sind stetsgleichzeitig vorhanden und es gibt keineLaufzeiteffekte. Es „folgt“ auch nicht die eineGröße aus der anderen.

Die normale Beobachtungsposition eines Beobach-ters ist die im raumfesten Bezugssystem, in dem dasFluid ruht. Die gleichförmige Bewegung einesKörpers durch das Fluid ist dann ein instationärerVorgang, denn Druck und Geschwindigkeit sindzeitabhängig. Der bewegte Körper wandert von Ortzu Ort und verdrängt stets neue Fluidpartikel.Nun kann man auch ein Bezugssystem *B einfüh-ren, das mit dem (einstweilen als starr angenom-menen) Körper K festverbunden ist. Dieses Systemzeichnet sich aus durch einen Ursprung *o und eineBezugsbasis { }*** ,, zyx eee , die gegenüber der des ruh-enden Raumes verdreht werden kann. Damit drehtman dann auch gleichzeitig den Körper K. Begibtman sich als Beobachter in dieses bewegte Bezugs-system wie ein Passagier, dann sieht man dieFluidpartikel an sich vorbei ziehen. Nur in diesemmitbewegten Bezugssystem ist überhaupt möglich,dass die Umströmung ein stationärer Vorgang ist.Zwar treten immer wieder neue Partikel vor dasGesichtsfeld des Beobachters, aber Druck- undGeschwindigkeitsfeld sind im einfachsten Fall nichtmehr von der Zeit abhängig, wenn sie bezüglich deskörperfesten Bezugsystems beschrieben werden.

• Die Vorstellung einer zeitlich stationären Um-strömung, wie sie viele Abhandlungen zeigen,verlangt eine hohes Maß an Abstraktions-vermögen. Diese Bilder mit der natürlichen Vor-stellung von einem vorbei fliegenden Vogeloder Flugzeug verbinden zu können, ist einhartes Stück Unterrichtsarbeit!

Der Vorgang der Umströmung ist aber auch immitbewegten Bezugssystem in den seltensten Fällenund nur in ausgewählten Bereichen der Strömungunabhängig von der Zeit. Nicht nur, dass es immereine natürliche Unruhe in der Strömung gibt, auchdie Ablösung der Strömung von der Oberfläche unddie Umströmung der Tragflächen an den Flügel-spitzen führen zum Aufrollen von Partikelbahnen,die zeitlich veränderliche Erscheinungen liefern.Die Bewegung von *o ist eine Translation, dieDrehung der bewegten Bezugsbasis gegenüber derruhenden eine Rotation. Die Translation ist einVektor zzyyxx tototot eeeo )()()()( **** ++= . Nimmtman statt des unendlich ausgedehnten Fluids denLuftraum über Europa, dann ist jedem Flugzeug xxxin diesem Luftraum durch die Luftüberwachung derFlugleitstellen ein solches )(* toxxx zugeordnet.Für viele Versuche ist ein Wind- oder Wasserkanalüblich, bei dem die gleichförmige Bewegung 0udurch das Bewegen des Fluids gegenüber demfixierten Körper erreicht wird. Der Beobachter am

Kanal ist dann in der Rolle eines Passagiers, deraußerhalb des Flugzeugs mitfliegt – gedanklich wieder Beobachter in einem Begleitflugzeug mit exaktgleicher Geschwindigkeit und Richtung. Allerdingswird dieser zweite Beobachter nicht eventuelleDrehungen mitmachen, denen das beobachteteFlugzeug unterworfen wird.Die Kräfte, die das bewegte Fluid auf den Körperausübt, bleiben dabei im Prinzip die gleichen wie beider Bewegung des Körpers gegenüber dem ruhendenFluid. Aber die Strömungsbedingungen sind dochsehr andere als die bei einem Flug in einem unend-lich ausgedehnten oder doch zumindest sehr großenLuftraum. Beobachtungen und Messungen in einemKanal lassen sich deshalb auch nur eingeschränktauf die Bedingungen beim Freiflug übertragen.

4. Wirbelströmungen und AerodynamikSchon seit Alters her haben die Bewegungen desWassers und der Luft die Naturforscher fasziniert.Berühmt sind die Darstellungen Leonardo da Vincis[1], von denen eine in Abb. 1 abgebildet ist. Ein ausgezeichnetes Buch mit dem Titel „Wirbel-strömung in Natur und Technik“ stammt von H.J.Lugt [2]. Der kenntnisreiche Autor spannt einenweiten Bogen von der Antike über die großenWirbelsysteme der Erdhülle bis hin zu dengalaktischen Wirbeln.Das Eingießen von Milch in eine mit Tee gefüllteTasse gilt als ebenso typisch für das Auftreten vonWirbeln wie als ein rechnerisch nicht nachvollzieh-bares Problem. Wann immer ein Fluid an einerKante vorbeistreicht, entstehen Druckunterschiede,die Partikel ansaugen oder zurückdrängen. Dabeigeraten die Partikel in eine zumeist höchst kompli-zierte Drehung. Wirbel sind gewissermaßen diebeständigen Begleiter bewegter Fluide.

• Die Wirbel in der Aerodynamik zeichnen sichdurch die Besonderheiten aus, unter denen sieentstehen. Sie entstehen sozusagen in Rein-kultur.

Hierdurch unterscheidet sich die Aerodynamik vonanderen Gebieten der Strömungsmechanik. DieseBesonderheiten sind vornehmlich:

Abb. 1: Beobachtung von Wirbelströmungenbei Leonardo da Vinci nach [1].

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• Es gibt die große Grundgeschwindigkeit 0u ,mit der sich das Fluid relativ zum umströmtenKörper bewegt.• Der umströmte Körper ist aerodynamisch„günstig“ geformt, so dass die vorbeiströmendenPartikel der Kontur folgen können („stromlini-enförmig“).• Die umströmten Flächen haben eine mög-lichst große Grundrissfläche A parallel zur Rich-tung der Grundgeschwindigkeit und eine mög-lichst geringe Stirnfläche S.• Die „tragenden“ Flächen, also die Flügeleines Lebewesens oder eines Flugzeugs, habenein möglichst großes Seitenverhältnis vonSpannweite b zu Flügeltiefe l.

Unter diesen Umständen bildet sich eine Strömungaus, in der sich deutliche Druckunterschiede zwi-schen Ober- und Unterseite der Tragflächen einstel-len, und die sich in weiten Bereichen des Grund-risses auch nicht mehr ausgleichen können. Bei demBegriff der tragenden Fläche geht schon dieVorstellung ein, dass der Grundriss weitgehend hori-zontal zum Schwerefeld der Erde ausgerichtet ist.Dass es der Druckunterschied ist, der die Vögel inder Luft hält, war auch keineswegs immer so klarwie dies heute ist. Es ist neben anderen Pionieren

der Luftfahrtforschung Otto Lilienthal zu Ende des19. Jahrhunderts gewesen, der die Bedingungen desEntstehens einer tragenden Strömung eingehenduntersucht und seine Ergebnisse in seinem Buch„Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ 1889veröffentlicht hat [3].Eine einzigartige Sammlung von Bildern, in der dieverschiedenen Formen von Strömungen zu sehensind, stellt das Buch „An Album of Fluid Motion“von M. Van Dyke dar [4]. Diesem Buch sind diebeiden Bilder in Abb. 2 entnommen, die eine 3DTragfläche mit ihrem Wirbelsystem von der Seiteund von oben zeigen. Die Umströmung ist inkom-pressibel.

5. Seitenblick auf die Qualität einer StrömungUm solche Aufnahmen wie in Abb. 2 zu erzielen,müssen hohe Anforderungen an die Qualität derStrömung gestellt werden. Die Stromfäden bleibennur konzentriert, wenn die Strömung laminar (wohl-geschichtet) ist und einen niedrigen Turbulenzgradaufweist. Eine laminare Strömung kann bei derUmströmung einer Tragfläche in eine turbulente(ungeordnete) Strömung umschlagen.Die Definition des Turbulenzgrades Tu ist leicht ver-ständlich und verdeutlicht das Grundproblem allerVersuche im Wind- oder Wasserkanal. Vom Stand-punkt des Beobachters vor einem Strömungskanalist die Relativgeschwindigkeit relv des Fluids gege-ben durch

)),('),,('),,('(),( 0 twtvtuutrel xxxxv += .Die gestrichenen Komponenten sind lokale Schwan-kungen in der Strömung in alle Richtungen, die re-gellos auftreten. Diese Tatsache wird als Turbulenzin der Strömung bezeichnet. H. Schlichting [5]folgend lautet der zugehörige Turbulenzgrad

( ) 031 '²'²'² uwvuTu ++= .

Mit dem Strich ist die Bildung des Mittelwertes derQuadrate der drei Schwankungsgrößen gemeint. IstN eine Anzahl von Messungen der Geschwindigkeit

'u , dann ist

�=

==

Nn

nnN uu

1

1 '²'²

Sind die Schwankungen in allen drei Richtungenetwa gleich, spricht man von isotroper Turbulenz.Zumeist wird isotrope Turbulenz als Annahmeunterstellt, denn nur der Turbulenzgrad in Richtungvon 0u ist mit einfachen Mitteln zu bestimmen. Sokann man mit schulischen Mitteln die beiden Druck-leitungen eines Prandtlschen Staurohres auf elektri-sche Drucksensoren geben und die Schwankungen

'u auswerten. Die Lehrmittelfirmen bieten solcheSensoren mit Datenerfassung an. Für Einzelheiten zuverschiedenen Messverfahren sei auf das lesens-werte Buch von H. Eckelmann zur „Einführung indie Strömungsmeßtechnik“ [6] verwiesen.

Abb. 2: Randwirbel einer 3D Tragfläche mit demProfilquerschnitt NACA0012 nach H. Werlé (oberesBild) und M.R. Head (unteres Bild) in [4].Oberes Bild: Seitenverhältnis b/l = 4, Anstellwinkel

Sα = 12.5°. Reynoldszahl Re = 10,000. LaminareStrömung mit Ablösung. Farbtinte im Wasserkanal.Unteres Bild: Sα = 24°. Reynoldszahl Re = 100,000.Laminare Strömung. Anliegende Strömung durchAbsaugen über eine perforierte Metallfläche mitaufliegendem luftdurchlässigen Papier erreicht.Rauchlinien im Windkanal.

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W. SendAuftrieb und Wirbeldichte beim Fliegen

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• Strömungskanäle sind die Grundlage zur Er-forschung von Strömungen. Die umlaufendeStrömung wird beruhigt durch Gleichrichten inGittern mit einer Honigwaben-Struktur in

Stromrichtung und anschließenden Drahtsiebenquer zur Stromrichtung.

Ein Turbulenzgrad von 0.01 für einen Messkanal istein üblicher Wert. Für hohe Ansprüche an die Mess-genauigkeit sind Kanäle mit Werten von 0.001 undweniger gebaut worden.Zu Ende des 19. Jahrhunderts erscheinen auch dieersten Strömungsbilder. Abb. 3 zeigt die Umströ-mung eines quadratischen Querschnitts im Rauch-kanal von É.-J. Marey mit der Ablösung derStrömung bereits an den Vorderkanten des Quadrats.Lange Zeit ist nicht bekannt gewesen, dass dieentstehenden Wirbelstrukturen auf das umströmteHindernis zurückwirken und periodische Kräfteausüben. Am 7. November 1940 ist eine bedeutendeStraßenbrücke in den USA über die Tacoma Engebei Seattle mit 1.5 km Spannweite in der Folgesolcher Wirbelströmung über Stunden immer mehrtordiert worden und schließlich eingestürzt.1908 wurde in Göttingen der erste Windkanal mitgeschlossener Strömung in einem Kreislauf inBetrieb genommen. In Abb. 4 sind die wesentlichenMerkmale eines Windkanals zu erkennen. Aller-dings fehlt noch eine Eigenschaft, die bei späterenWindkanälen zu sehen ist: Die Beruhigungsstreckenfür die Strömung haben einen besonders großenQuerschnitt. Nachdem die Strömung bei niedrigerGeschwindigkeit gerichtet und gesiebt worden ist,wird sie durch ein stetiges Verjüngen des Quer-schnitts zur Messung auf große Geschwindigkeitgebracht.

6. Kräfte beim FliegenDie Tragfläche in Abb. 2 ist als Abstraktion einesganzen Flugzeugs zu verstehen, wenn man sich aufdie Funktion des Tragens beschränkt. Zunächstsollen die Kräfte beschrieben werden, die vom Fluidauf das bewegte Flugzeug ausgeübt werden. Abb. 5zeigt einen Querschnitt durch den Flügel, den mansich etwa in der Mitte der 3D Anordnung vorstellenmuss. In jedem Flächenelement S∆ mit n als Nor-malen- und t als Tangentialvektor wirken die ört-lichen Fluidkräfte f je Flächeneinheit: Die Schub-spannung σ tangential und der Druck p normal ent-gegen dem Normalenvektor n. Zur Orientierung istauch die Richtung g der Schwerkraft eingetragen.Die Bahn des fliegenden Körpers zeigt in einebeliebige Richtung. Die entstehenden Kräfte werden

Abb. 3: Umströmung eines quadratischen Hinder-nisses. Stromlinien in einem Rauchkanal von É.-J.Marey in [7]. Die Aufnahme ist um 1900 entstan-den.

Abb. 5: Kräfte am Querschnitt eines Tragflügels

Abb. 4: Grundriss des ersten Windkanals mitgeschlossenem Kreislauf in Göttingen nach [8];Entwurf von L. Prandtl.

Fertigstellung 1908. Nach diesem Vorbild „GöttingerBauart“ sind späterhin Windkanäle in der ganzen Weltgebaut worden.Zu erkennen sind der Antrieb mit dem Elektromotor E.Nach dem Gleichrichten in zwei aufeinanderfolgendenWabengittern G1 und G2 kommt das Sieb S. DasModell M befindet sich vor dem Beobachtungsraum.

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nun zerlegt in die Auftriebskraft AF quer zur Bahn-richtung und die Widerstandskraft WF parallel zurBahnrichtung.

• Die Auftriebskraft zeigt definitionsgemäßquer zur Bahnrichtung und verrichtet deshalbbei gleichförmiger Geschwindigkeit keine Leis-tung.

• Leistung wird nur in Bahnrichtung aufge-bracht durch die zu überwindende Widerstands-kraft.

Nun kann es sein, dass die Tragfläche sich auchperiodisch quer zur Bahnrichtung bewegt (so bei derSchlagbewegung eines Tierflügels). In diesem Fallist die Auftriebskraft nicht mehr leistungslos. BeideFälle gehorchen dem Gesetz Leistung = Kraft xGeschwindigkeit: vF ⋅=P . Ist der eingeschlosseneWinkel zwischen Kraft und Geschwindigkeit 90°,kann keine Arbeit mehr verrichtet werden. DieseDefinition des Auftriebs verursacht mitunter Ver-wirrung:

• Es entsteht die Frage, wie denn ein FlugzeugHöhe gewinnt, wenn dieses nicht durch dieAuftriebskraft angehoben wird. Tatsächlich istes auch nicht der Auftrieb, der das Flugzeuganhebt, sondern die Schubkraft der Triebwerke.

D

K(

ES

T

Im Horizontalflug ( 0=γ ) muss die Schubkraft nurden Widerstand des Flugzeugs überwinden. DerAusdruck in Klammer ist eins. Beim Steigflug istzusätzlicher Schub erforderlich. Bei kleinen Steig-winkeln gilt 1cos ≅γ . Der zweite Term zeigt dieGrößenordnung der Schubleistung an. Ein typischeGleitzahl für ein modernes Transportflugzeug ist

20≅ε . Dann ist bei einem Steigwinkel von knapp3 Grad schon die doppelte Schubkraft erforderlich,um das Flugzeug auf eine größere Höhe zu heben.Beispielrechnung: Wir nehmen die Daten einesAirbus A340 kurz nach dem Start mit voran-stehender Gleitzahl. Die sehr vereinfachte Rechnungsoll nur das Prinzip verdeutlichen. Wir treffen überdie Steiggeschwindigkeit V die Annahme V = 10m/s. Dann ist z.B. Höhe H = 3,000 m nach 300 sbzw. 5 min erreicht. Bei 0u = 150 m/s sind etwa L =45 km über Grund zurückgelegt. Aus H/L ergibt sichder Steigwinkel γ = 3°. Bei m = 270 t Masse ist imHorizontalflug die Schubkraft SF von 135 kN erfor-derlich. Der Airbus ist mit vier Triebwerken ausge-rüstet. Jedes Triebwerk (z.B. des Typs CFM 56) hateine Schubkraft von etwa 140 kN. Beim Steigenerhalten wir mit unseren Zahlen das Ergebnis, dassdie Schubkraft das 1+1.33=2.33-fache betragenmuss.Nur zum Heben des Flugzeugs ist die zusätzlicheLeistung P = MW26.9m/s1501.33kN135 =⋅⋅ (Me-gawatt) aufzubringen. Es ist 1 W = 1 Nm/s. Die glei-che Leistung erhalten wir, wenn wir P nach derFormel dtdhgmP /⋅⋅= berechnen. Darin ist g =9.81 m/s² die Erdbeschleunigung und Vdtdh =/ dieHebegeschwindigkeit. Man sieht sofort, dass sichüberschlägig die gleichen 27 MW ergeben.

7. Lilienthal und der LuftwiderstandDer Luftfahrtpionier Otto Lilienthal hat seine erstensystematischen Gleitflüge durchgeführt, nach dem erüber 20 Jahre lang die Bewegungen von Störchenbeobachtet und Studien zum Auftrieb durchgeführthatte. Um die Kräfte an den Flügeln zu untersuchen,

Abb. 6: Steigen eines Flugzeugs. Die Kraft zumHeben wird über die Schubkraft aufgebracht.

ies zeigt die voranstehende Grafik Abb. 6.

WA

G

S

A

W

FF

FFFF

/=εγ

Widerstandskraft der StrömungAuftriebskraft der StrömungSchubkraft der TriebwerkeGewichtskraft des FlugzeugsGleitwinkel beim SteigenGleitzahl des Flugzeugs

räftegleichgewichtnach Bahnkoordinaten) 0cos:

0sin:=⋅−

=⋅+−γ

γ

GA

GSW

FFFFF

zx

rforderlichechubkraft [ ]γεγ

εsincos1 +⋅= GS FF

ab. 2: Beschreibung des Steigflugs.

baute er sich einen Rundlauf, mit dem er verschie-dene Formen von Tragflächen untersuchen konnte[3]. Er stellte fest, dass gewölbte Tragflächen sehrviel mehr Auftriebskraft hervorrufen als ebene Trag-flächen. Bei seinen Untersuchungen zum Luft-widerstand ist er zu einer wesentlichen Einsichtgekommen, die heute noch unverändert gültig ist.

• „Alles Fliegen beruht auf Erzeugung vonLuftwiderstand, alle Flugarbeit besteht in Über-windung von Luftwiderstand.“ [3], Seite 33.

Wie gerade gezeigt worden ist, gilt diese Fest-stellung sogar definitionsgemäß für die gleichför-mige Bewegung. Lilienthal hat auch schon genaubeschrieben, wie dieser Widerstand entsteht:

„Wenn ein Körper sich durch die Luft bewegt, sowerden die Luftteile vor dem Körper gezwungen,auszuweichen und selbst gewisse Wege einzuschla-

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gen. Auch hinter dem Körper wird die Luft in Bewe-gung geraten.Die hinter dem Körper befindliche Luft wird teilweisedie Bewegungen des Körpers mitmachen, und außer-dem werden gewisse regelmäßige Wirbelbewegungenin der Luft entstehen, welche sich noch eine Zeit langauf dem von dem Körper in der Luft beschriebenenWege vorfinden werden und erst allmählich durch diegegenseitige Reibung aneinander zur Ruhe kommen.Der vorher in Ruhe befindlichen Luft müssen allediese Bewegungen, die für das Hindurchlassen desKörpers durch die Luft nötig sind, erst erteilt werden;und deshalb setzt die Luft dem in ihr bewegtenKörper einen gewissen meßbaren Widerstand entge-gen, zu dessen Überwindung eine gleich große Kraftgehört.“

8. Bedingungen für dynamischen AuftriebDie theoretische Begründung für die Entstehung desAuftriebs ist ganz wesentlich erst durch L. Prandtlmit seiner Tragflächentheorie erfolgt. Der Autorselbst hat unlängst in einer Arbeit mit dem Titel„Physik des Fliegens“ [9] versucht, die Schritte zueinem physikalisch motivierten Verständnis derEntstehung des Auftriebs zu vermitteln. Leserinnenund Leser seien auf diesen Artikel verwiesen, um dienachfolgenden Feststellungen besser einordnen zukönnen. Man darf sich aber nicht der Vorstellunghingeben, dass eine genaue Kenntnis der Zusam-menhänge ohne ein gründliches Studium der theore-tischen Grundlagen möglich ist. Darin unterscheidetsich die Physik des Fliegens aber auch nicht vonanderen Bereichen der Physik. Die richtige Hand-habung von Gesetzmäßigkeiten ist die eine Seite,das tiefere Verständnis ihrer Grundlagen einezweite.Die Geschichte der theoretischen Deutung desAuftriebs ist historisch „verschlungene Wege“gegangen, die alle nachzuvollziehen wenig sinnvollist. Zu diesen - nach Ansicht des Autors höchstüberflüssigen – Kenntnissen zählt zum Beispiel diegedankliche Zerlegung der Strömung in eine reineRotation mit einem Potentialwirbel und eine Trans-lationsströmung.Es wurde schon festgestellt, das Luft und Wassereine gewisse Zähigkeit haben. Wäre dies nicht so,könnte Auftrieb gar nicht erst entstehen. Es gibtkeinen vernünftigen Grund, bei der Unterrichtungder Physik des Fliegens nicht von Beginn an dasVorhandensein der Zähigkeit mit einzubeziehen.Nur so kann man die folgenden Tatsachen ver-ständlich machen.

• Jede Tragfläche setzt der Strömung einenWiderstand entgegensetzt, dessen Quelle die ört-liche Schubspannung auf der Oberfläche ist.Dieser Beitrag zum Widerstand der Tragflächeist die Reibung des Fluids an der Oberfläche.Wegen der geringen Stirnfläche ist der Beitragder Schubspannung zum Auftrieb vernachlässig-bar klein.

• Jede Anstellung einer symmetrischen Trag-fläche gegenüber der Anströmung oder die

Wölbung der Fläche unter den Bedingungen, diedie Aerodynamik kennzeichnen1, führt zu einerausgeprägten Querkraft, die dynamischer Auf-trieb oder kurz Auftrieb genannt wird. Auf derOberseite herrscht – bei positiver Anstellungoder Wölbung – Unterdruck, auf der Unterseiteein Überdruck. Dies zeigen sehr deutlich Druck-messungen, für die der Druck aus feinen Bohr-löchern in der Oberfläche abgleitet wird.

• Im Mittelbereich einer Tragfläche entstehtdurch die anliegende Umströmung ein Druck-unterschied zwischen der Oberseite und derUnterseite. Dieser Druckunterschied gleicht sicherst zu den beiden Flügelspitzen hin aus, da dortdie Seitenkanten der Flügel umströmt werdenkönnen.

• Es zeigt sich bei genauen Messungen, dassdie Resultierende der Druckverteilung im Mit-telschnitt einer Tragfläche praktisch senkrechtauf der Richtung der Anströmung 0u steht. Diesbedeutet, dass die resultierende Druckkraft derStrömung keine Leistung verzehrt.

• Zu den Flügelspitzen hin nimmt

a) die Druckdifferenz zwischen Ober- undUnterseite ab und

b) neigt sich die Richtung der resultie-renden Druckkraft stromab. Der Wider-stand erhält einen weiteren Beitrag: denDruckwiderstand. Dies bedeutet, dasszusätzliche Leistung aufgebracht wer-den muss.

• Der Druckausgleich an den Flügelspitzenwird begleitet von einer spektakulären Erschei-nung, den Randwirbeln. Die beiden Randwirbelsind sehr konzentriert und können durchgeeignete Maßnahmen - auch mit schulischenMitteln - sichtbar gemacht werden.

• Der Drehsinn der Wirbel ist gegenläufig. ZurOrientierung lässt man den Daumen der rechtenHand an der jeweiligen Flügelspitze stromabzeigen und umgreift mit den Fingern die ge-dachte Spur der Flügelspitze hinter dem Flügel.Bei einer positiven Auftriebskraft (entgegen derSchwerkraft) dreht der - in Bahnrichtung geseh-en – linke Wirbel die Partikel entgegen demUhrzeigersinn, der Wirbel an der rechtenFlügelspitze rollt die Partikel im Uhrzeigersinnauf.

Die letzte Beobachtung ist einfach zu verstehen.Dazu blickt man von vorne stromab gegen dieStirnfläche der Tragfläche. Wegen des Überdrucksdrängen die Partikel auf der Unterseite zu denbeiden Seitenrändern hin und versuchen, auf dieOberseite zu gelangen, wo der Druck geringer ist.Wenn man ein Buch mit den beiden Handballen 1 Siehe dazu die Merkmale in Abschnitt 4.

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stützt und mit den Fingern die seitlichen Buchränderso umgreift, dass die Daumen auf einen selbstzurück weisen, dann hat man eine erste Vorstellungvom Weg der Partikel, die sich in Richtung derFingerspitzen bewegen. Da auf der Oberseite in derMitte noch weitere Partikel heran strömen, werdendie Partikel am Rand auf die spiralförmige Bahngezwungen.

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die sogenannte Grenzschicht, gebildet wird. ImGrenzfall geringer Zähigkeit ist diese Schichtflächenhaft dünn. Theoretisch hat diese Wirbel-schicht nur geschlossene Integralkurven, die im 3DFall durch die abschwimmenden Wirbel imNachlauf hinter der Tragfläche geschlossen werden(„Anfahrwirbel“).Man versteht die Antwort auf die Fragestellungbesser, wenn man sich klar macht, dass jedeTragfläche zwei Seiten hat und dass sich eine solcheWirbelfläche auf Ober- und Unterseite einstellt. DieGrenzschicht, die nur ein anderer Name für diesedünne Wirbelschicht ist, fließt auf beiden Seiten ab.Getrennt wird die Schicht längs der Staulinie, die dieTrennung der Partikel markiert, die auf Ober- oderUnterseite vorbei strömen. In der Staulinie ist dieRelativgeschwindigkeit 0, folglich findet hier auchkeinerlei Impulsübertragung statt. Hinter der Hinter-kante verbinden sich die beiden Grenzschichtenwieder und werden summarisch durch eine einzigeNachlauffläche beschrieben. Allerdings ist dies einidealisierter Grenzfall, denn zumeist löst die Grenz-schicht auf der Oberseite schon etwas vor derHinterkante ab und es bildet sich eine kleine – oderauch größere – Zone von so genanntem Totwasser.Das Verhalten der Grenzschicht der Tragfläche aufden Seitenwänden des Kanals ist nun einfach zubeschreiben. Sie „kriecht“ an den Seitenwändennoch etwas hinauf oder herab und wird dann von derStrömung längs der Kanalwand mitgerissen, wo siesich zugleich mit der Grenzschicht auf derKanalwand verbindet. Die Nachlaufwirbel gehenalso nicht verloren, sondern schwimmen weitgehendlängs der Kanalwand ab.Für den eingespannten Tragflügel bedeutet dies, dassdie Wirbeldichte aber noch nicht auf seiner eigenenOberfläche abknickt. Die Wirbelschicht verläuft mitihren Integralkurven bis praktisch zum Rand querzur Anströmung und folglich gibt es zum Rand hinauch nicht diesen starken Abfall der Druckdifferenz.

9. Reynoldszahl und ZähigkeitIn Tab. 1 ist der Impulssatz angegeben, aus dem

Zusammenfassend seien einige Empfehlungenfür den Schulunterricht gegeben, die für denUnterricht einen neuen Einstieg bedeuten:• Bei jeder Unterrichtung der Physik desFliegens sollte die Erscheinung der Randwir-bel zu den ersten Experimenten zählen, diedie Beobachtung des Auftriebs begleiten.

• Der Auftrieb ist in seinem physika-lischen Kern eine dreidimensionale Erschein-ung. Erst müssen die räumlichen Beobach-tungen zur Entstehung der Druckdifferenzenund ihres Ausgleichs stattfinden.

• Dazu zählt in der Sekundarstufe I auchder Bau eigener kleiner Flugmodelle, für diees im Handel ausgezeichnete Vorlagen gibt.

• Dann kann man in einem zweiten oderdritten Schritt die Erscheinung des Auftriebsim Flügelschnitt isolieren und gegebenenfallsauf eine theoretische Beschreibung zugehen.

• Die derzeitigen didaktischen Konzeptegehen genau den entgegengesetzten Weg.Nur der zweidimensionale Schnitt steht imVordergrund. Man verstrickt sich in unzu-länglichen und oft falschen Erklärungen,bevor die wesentlichen Phänomene über-haupt gezeigt worden sind.

• Wenn man das richtige Ziel der räum-lichen Tragfläche vor Augen hat, lassen sichExperimente schon mit vergleichsweise ein-fachen Mitteln realisieren.

irbel im 2D Experiment: Abschließend sei nochine Frage diskutiert, die bei den sogenannten 2Dxperimenten auftritt. Das sind Experimente, beienen eine Tragfläche oder ein anderer Querschnittber die ganze Spannweite eines Wind- oderasserkanals eingespannt wird. Druckmessungen

eigen, dass unter diesen Bedingungen bis fast anen Kanalrand sich nahezu die gleichen Druck-erteilungen einstellen, die in der Flügelmitteemessen werden.unächst einmal leuchtet ein, dass unter diesenmständen ein Druckausgleich an den Flügelspitzenicht stattfinden kann. Wo bleiben dann aber dieandwirbel?ie Frage stellt sich deswegen so eindringlich, weilie Druckverteilung, die zum Auftrieb führt, physi-alisch durch eine dünne Schicht mit Wirbeldichte,

Druck und Geschwindigkeit einer inkompressiblenStrömung folgen. Der letzte Term im Impulssatz istder Beitrag der Zähigkeit. Den Weg vom Impulssatzund den Vereinfachungen der beiden anderenErhaltungssätze zu einer Druckverteilung um eineTragfläche auch nur zu skizzieren, würde denRahmen dieser Arbeit sprengen. Der bereitserwähnte Artikel des Autors [9] übernimmt dieseAufgabe für einen Teil des Wegs.Nun ist oft von einem sogenannten idealen Fluid dieRede, in dem dieser Term mit der Zähigkeit nichtmehr auftritt. An dieser Stelle soll nur verständlichgemacht werden, warum dieser Term inzahlenmäßigen Berechnungen nicht unbedingtmitgeführt werden muss, wenn man nur die Lösungfür die Umströmung eines Körpers so ansetzt, dassdie Wirkung der Zähigkeit darin schon im Ansatzberücksichtigt wird.

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Dabei geht es um das Verhalten der Strömung an derHinterkante. Es wurde sehr früh schon erkannt, dassder gemessene Auftrieb durch mathematischeAnsätze dann am besten beschrieben wird, wenn dieStrömung an der Hinterkante des Tragflügels „glatt“abströmt. Es lassen sich auch Lösungen finden, beidenen die - zumeist spitze - Hinterkante mitunendlich großer Geschwindigkeit umströmt wird.Es lässt sich zeigen, dass unter bestimmten physi-kalischen Bedingungen eine solche Strömung auchin der Realität existiert, wie Abb. 6 zeigt.

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die Entstehung großer Übergeschwindigkeiten, wiesie an scharfen Kanten bei deren Umströmungentstehen würden.

10. Ansätze zu ExperimentenDer Autor hat versucht, seine Vorstellungen voneiner Einführung zur Physik des Fliegens miteigenen privaten Möglichkeiten zu verwirklichen.Abb. 7 zeigt eine Versuchsanordnung, die noch ver-feinert und ausgebaut werden soll.Der Versuch findet statt in einem kleinen Was-serkanal, der für andere Zwecke entwickelt wordenist und derzeit noch keine gute Strömungsqualitäthat. Der Kanal wird im geschlossenen Umlaufbetrieben und fördert bis zu 3 m³/min. DerKanalquerschnitt beträgt 0,20 x 0,12 m². Im Kanalist einseitig bis zur Kanalmitte ein Profil mit einerleichten Wölbung eingespannt worden, dessenAnstellwinkel variiert werden kann. Die Flügeltiefedes Profils beträgt 0.055 m, die Spannweite 0.1 m.Mit einer kleinen Düse (Durchmesser 0.5 mm)werden Luftbläschen in den Kanal eingespritzt. Dernatürlicher Auftrieb führt dazu, dass ein Teil der

Abb. 6: Strömung um ein Profil, bei der dieResultierende der Druckverteilung verschwindet(auftriebslose Umströmung).Hele-Shaw Strömung von H. Werlé nach [4].

immt man den Zähigkeitsterm im Impulssatz mit,ann stellen sich solche Lösungen unter aero-ynamischen Bedingungen nicht ein. Lässt man ihnus Gründen der vereinfachten Rechnung weg, dannuss man die voranstehend abgebildete Lösung

urch einen geeigneten Ansatz ausschließen.elche geringe Größenordnung der Term hat, zeigt

ich, wenn man den Impulssatz durch Division mitlu /2

0ρ umformt und entdimensioniert. Die Größe lst eine typische Länge, etwa die Flügeltiefe. Auf derechten Seite verbleibt

[ ]02

020

/),(),( utu

tpgradu

rvr ∆⋅+⋅− ��

ρη

ρ.

er Kehrwert des Vorfaktors vor dem Zähigkeits-erm ist die Reynoldszahl ηρ /0uRe �= . Für typi-che aerodynamische Bedingungen beträgt dierößenordnung von Re zwischen 105 und 107. Je

kleiner“ die Reynoldszahl wird, desto größererden die Abweichungen zu den Annahmen einer

dealen Flüssigkeit ohne Zähigkeit. Aber derrenzfall unendlich hoher Reynoldszahl ist ebenicht das reibungslose Fluid, sonst würde sich deruftrieb nicht einstellen. Die Zähigkeit verhindert

dickeren Bläschen vom Randwirbel nicht mehreinfangen wird, sondern nach oben aufschwimmt.Die Stromrichtung ist durch einen Pfeil gekenn-zeichnet.Um mit der Kamera einen interessierenden Längs-schnitt besser ausleuchten zu können, ist ein Dia-projektor oberhalb des Kanals aufgesetzt. Ein Dia-rahmen mit einem schmalen Spalt leuchtet in Strom-richtung eine Ebene senkrecht zur Flügelebene aus.Der helle Eindruck vom Wirbelzopf in Bild 7b istnicht durch nachträgliche Bildbearbeitung entstan-den, sondern die natürliche Ansicht. Es ergeben sichdabei übrigens auch sehr schöne Dunkelfeldauf-nahmen.Wie das Bild 7c zeigt, sind die Aufnahmen bei einerAnströmung von ca. 1.1 m/s gemacht worden. Dasentspricht einer Reynoldszahl von Re = 0.6 105.Der Randwirbel ist sehr stabil und ändert seine Lagepraktisch nicht, bevor er rechts im Ansaugstutzenverschwindet. Man kann gut erkennen, dass derWirbel wie in Abb. 2 oberhalb der Hinterkante dasProfil verlässt. Er entsteht deutlich etwa von derMitte an und nimmt dann an Stärke rasch zu. Auchder Drehsinn ist schwach zu erkennen, weil sich dieStrömung von unten kommend aufwickelt.

Abb. 7a: Gesamtansicht des Versuchs. Abb. 7b: Wirbelzopf am linken Flügelrand.

Abb. 7c:Messung derGeschwindigkeitmit zwei Druck-bohrungen (7a).

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11. AuMit prmöglicTragflüDie beExperiben woman kader Strsich diFlügeltist durcDie obImage ebenenfläche Mediuzugehöes sicAbmesungen StandpinkompReynoAllein unterscSpannwschnittjeder Mbei pmituntMan eund vWindkBei deTragflätet. Imeinen gleich kameragramm

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. 8a: Strömungsfeld hinter einer Tragfläche. Die Abb. 8b: Nur in einem Kern von Wirbeldichte

fnahmen des Strömungsfeldesofessionellen Mitteln sind heute Aufnahmenh, die das Geschwindigkeitsfeld hinter einemgel in einem ganzen Querschnitt bestimmen.iden Abbildungen in Bild 8 könnten zu demment gehören, das in Abschnitt 11 beschrie-rden ist. Dies ist zwar nicht der Fall, abernn an den beiden Bilder gut erklären, was inömung sonst schwer zu sehen ist. Man musse Beobachtungsebene in Bild 7a etwa zweiiefen hinter dem Flügel vorstellen. Die Ebeneh eine gestrichelte Linie markiert.igen Bilder sind mit der Methode ParticleVelocimetry (PIV) entstanden hinter einer

Tragfläche von 0.16 x 0.4 m² Grundriss-bei einer Geschwindigkeit von 5.4 m/s. Dasm ist Luft bei etwa 20° gewesen. Dierige Reynoldszahl ist Re = 0.57 105. Obwohlh um ganze verschiedene Medien undsungen handelt, sind die Strömungsbeding-der beiden Versuche vom aerodynamischenunkt aus gleich. Beide Versuche sind inressibler Strömung und bei fast gleicher

ldszahl angefertigt worden.die Versuchskörper können sich noch

heiden durch verschiedene Verhältnisse voneite zu Flügeltiefe, verschiedene Profilquer-

e und verschiedene Anstellwinkel. Dann hatesskanal auch seine Besonderheiten. Auch

rofessionellen Messkampagnen geht maner genau so vor, wie hier beschrieben wird.rzielt gleiche aerodynamische Kenngrößen

ergleicht die Ergebnisse aus verschiedenenanälen.r PIV Methode wird eine Ebene hinter derche mit einem Laser-Doppelblitz ausgeleuch-

der Strömung sind feine Partikel verteilt, dieDurchmesser von wenigen mµ haben. Zeit-werden mit einer hochauflösenden Digital- zwei Bilder angefertigt. Ein Rechenpro- vergleicht die Bilder und stellt fest, welche

Teilchen im zweiten Bild zu einem Teilchen desersten Bilds gehören müssen. Das Ergebnis Auswer-tung sieht man in Abb. 8a.Das Bild auf der rechten Seite ist etwas schwierigerzu verstehen. Man kennt aus den Erhaltungssätzengenau die Bedingungen für ein Geschwindigkeits-feld, unter denen die Strömung nicht nur großräumiggedreht wird, sondern auch interne Scherschichtenzu innerer Reibung führen. Diese Bereiche sind ausdem linken Bild ausgerechnet und im rechten Bilddargestellt worden. Die Größe, die Bereiche in derStrömung mit innerer Reibung kennzeichnet, heißtWirbeldichte j.In den klassischen Modellen zur Beschreibung vonUmströmungen mit Auftrieb werden die Wirbel stattmit endlichem Querschnitt als linienförmige Leiterangenommen. Im Bild durchstößt die Linie dieBildebene. Die Aufnahme gibt eine gute Vorstellungdavon, dass diese Annahmen praktische Näherungensind, aber genau genommen nicht stimmen.

Literatur1 Reti, L. (Hrsg.), Leonardo, S. Fischer Verlag,

Frankfurt a.M. 19792 Lugt, H.J., Wirbelströmungen in Natur und Technik,

Verlag G. Braun, Karlsruhe 19793 Lilienthal, O., Der Vogelflug als Grundlage der

Fliegekunst, Gaertners Verlagsbuchhandlung, Berlin1889 (Nachdrucke: Siehe http://www.aniprop.de )

4 Van Dyke, M. (Ed.), An Album of Fuid Motion, TheParabolic Press, Stanford, California, 1982

5 Schlichting, H. Grenzschicht-Theorie, Verlag G.Braun, Karlsruhe 1958 (neuere Auflagen vorhanden)

6 Eckelmann, H., Einführung in die Strömungsmeß-technik, Teubner-Studienbücher, Stuttgart 1997

7 Mannoni, L., É.-J. Marey la mémoire de l’oeil, Ed. G.Mozotta, Milano 1999, ISBN 88-202-1358-3

8 Rotta, J.C., Die Aerodynamische Versuchsanstalt inGöttingen, ein Werk Ludwig Prandtls, Vandenhoeck& Ruprecht, Göttingen 1990

9 Send, W., Physik des Fliegens, Physikalische Blätter,57 (2001), Nr. 6, 51-58

krichtung ist von einem Ort hinter dem Profil aufHinterkante. 8a und b nach [9].

„reiben“ sich die Partikel aneinander und verlierendadurch im Laufe der Zeit ihre Energie.