Aus der Arbeit der GDMB-Fachausschüsse · und dem steigenden Fremdenverkehr ging es wieder...

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XIV Aus der Arbeit der GDMB-Fachausschüsse 53. Tagung des Geschichts- ausschusses der GDMB vom 7. bis 10. Oktober 2010 in Murnau Leitung: Prof. Dr.-Ing. Heinz Walter Wild, Dinslaken Die 53. Tagung des Geschichtsaus- schusses fand vom 7. bis 10. Oktober in Murnau statt. Ein Hauptthema der Veranstaltung war der frühere Abbau der im nördlichen Alpenvorland vor- kommenden Pechkohle. Der traditionelle Begrüßungsabend im Hotel Ludwig in Murnau war von fast 60 Teilnehmern besucht. Den Vor- trag über Geschichte, Land und Leute im Pfaffenwinkel hielt Dipl.-Ing. Mar- tin Müller, der vor Jahren zwar „zuge- reist“ war (er ist Clausthaler Bergstu- dent) und heute Leiter eines großen Kieswerkes ist, aber sachkundig und launig die Tagungsteilnehmer in das Thema einführte (Abbildung 1). Archäologische Funde aus der Bron- ze- und Eisenzeit belegen die frühe- re Besiedlung des Staffelseeraumes. Auch die Römer hinterließen ihre Spuren. Auf dem Moosberg im Mur- nauer Moos entstand um 260 n. Chr. eine befestigte Siedlung, die rd. 150 Jahre später aufgegeben wurde. Als „Murnowe“ wird Murnau um 1150 erstmals schriftlich erwähnt. Der Ort verdankt seine Entwicklung der güns- tigen Verkehrslage an einer wichtigen Straßenverbindung von und nach Ita- lien sowie der Verleihung von Markt- privilegien. 1332 kaufte Kaiser Ludwig der Bayer den Markt und schenkte ihn dem Kloster Ettal, das bis zur Säkula- Abb. 1: Dipl.-Ing. Martin Müller brachte den Teilnehmern „Geschichte, Land und Leute“ der Region näher

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Ein herzliches Glückauf!

Zum 85. Geburtstag

am 17. Mai: Dr. Gerhard Schöning, Burgstr. 75, 65817 Eppstein;

am 28. Juni: Dr. Heinz Ziehr, Im Sach-sengraben 7, 55252 Mainz;

am 10. Juli: Dr.-Ing. Hans Kellerwes-

sel, Morillenhang 49, 52074 Aachen.

Zum 80. Geburtstag

am 7. Juni: Bergrat h.c. Dr.mont. Dipl.-

Ing. Adolf Salzmann, Dürnvellach 33, 9821 Obervellach, Österreich;

am 2. Juli: Dipl.-Ing. Wolfgang Schüt-

ze, Robert-Koch-Str. 34, 38678 Claus-thal-Zellerfeld.

Zum 75. Geburtstag

am 18. Mai: Dipl.-Ing. Lothar Greiner, Im Dorf 5, 44532 Lünen;

am 10. Juni: Dr.-Ing. Wolfgang Fritz, Memelstr. 19, 47445 Moers;

am 20. Juni: Dr.-Ing. Peter Wilczynski, Lembeckerstr. 149, 46286 Dorsten-Rhade;

am 27. Juni: Friedrich W. Tegethoff, Römerstr. 80, 53343 Wachtberg;

am 7. Juli: Dipl.-Ing. Bergd. a.D. Peter

Ohse, Mittelstr. 5, 35781 Weilburg.

Zum 70. Geburtstag

am 17. Mai: Bergd. a.D. Dipl.-Ing. Vol-

ker Dennert, Neumatt 1, 79295 Lau-fen;

am 5. Juni: Dipl.-Ing. Karl A. Slickers, Tennisweg 44, 38667 Bad Harzburg;

am 21. Juni: Dipl.-Ing. Roland Stelzig, Am Zuckerberg 35, 07554 Brahmenau;

am 7. Juli: Bergass. Dr.-Ing. Eike von

der Linden, Wildscheuerweg 22, 63303 Dreieich;

am 14. Juli: Dipl.-Ing. Gerhard Gailer, Richtstr. 11, 9500 Villach, Österreich.

Zum 65. Geburtstag

am 24. Mai: Dr.-Ing. Paul Ludwig Nelles, Schönbergerstr. 36, 64625 Bensheim;

am 21. Juni: Dr.rer.nat. Karl-Heinz

Huck, Salzbrunnen 7, 77776 Schapbach;

am 21. Juni: Dr.rer.pol. Dipl.-Ing. Wolf-

gang Simon, Lukasstr. 24, 50823 Köln.

Zum 60. Geburtstag

am 14. Juni: Dr. Dipl.-Geol. Klaus Ste-

dingk, Carl-Maria-v.-Weber-Ring 7, 06258 Schkopau-Ermlitz;

am 5. Juli: Dipl.-Chem. Frank Win-

disch, Abraham-von-Schönberg-Str. 39, 09599 Freiberg.

Neue Mitglieder

31105 Hirsch, Marius Christian, Stu-dent, Am Böhnerfeld 27, 41516 Gre-venbroich; E-mail: [email protected]

31106 Zink, Beate, Dipl.-Ing., Säch-sisches Oberbergamt, Kirchgasse 11, 09599 Freiberg. – Heubnerstr. 13, 09599 Freiberg; E-mail: [email protected]

31107 Tsonev, Rumen, KCM AD, Assenovgradsko shosse, 4009 Plov-div, Bulgarien; Tel.: 00359 32623551, E-mail: [email protected]. – 5 K. Fotinov St., 4009 Plovdiv, Bulgarien.

31108 Lüderitz, Christian, Friede-burger Str. 58, 09599 Freiberg; E-mail: [email protected].

Aus der Arbeit der GDMB-Fachausschüsse

53. Tagung des Geschichts-ausschusses der GDMB vom 7. bis 10. Oktober 2010 in Murnau

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Heinz Walter Wild,

Dinslaken

Die 53. Tagung des Geschichtsaus-schusses fand vom 7. bis 10. Oktober in Murnau statt. Ein Hauptthema der Veranstaltung war der frühere Abbau der im nördlichen Alpenvorland vor-kommenden Pechkohle.

Der traditionelle Begrüßungsabend im Hotel Ludwig in Murnau war von fast 60 Teilnehmern besucht. Den Vor-trag über Geschichte, Land und Leute

im Pfaffenwinkel hielt Dipl.-Ing. Mar-

tin Müller, der vor Jahren zwar „zuge-reist“ war (er ist Clausthaler Bergstu-dent) und heute Leiter eines großen Kieswerkes ist, aber sachkundig und

launig die Tagungsteilnehmer in das Thema einführte (Abbildung 1).

Archäologische Funde aus der Bron-ze- und Eisenzeit belegen die frühe-re Besiedlung des Staffelseeraumes. Auch die Römer hinterließen ihre Spuren. Auf dem Moosberg im Mur-nauer Moos entstand um 260 n. Chr. eine befestigte Siedlung, die rd. 150 Jahre später aufgegeben wurde. Als „Murnowe“ wird Murnau um 1150 erstmals schriftlich erwähnt. Der Ort verdankt seine Entwicklung der güns-tigen Verkehrslage an einer wichtigen Straßenverbindung von und nach Ita-lien sowie der Verleihung von Markt-privilegien. 1332 kaufte Kaiser Ludwig der Bayer den Markt und schenkte ihn dem Kloster Ettal, das bis zur Säkula-

Abb. 1: Dipl.-Ing. Martin Müller brachte den Teilnehmern „Geschichte, Land und Leute“ der Region näher

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risation Grund- und Lehensherr blieb. Der Ettalische Pfleger wohnte in der Burg, die erst 1324 schriftlich erwähnt wird, aber in ihrem Kern in die Mit-te des 13. Jahrhunderts zurückreicht. Als einziger Marktort im Gebiet des Klostergerichts Ettal bildete Murnau den wirtschaftlichen Mittelpunkt. Die Bürger lebten von Fernlast- und Per-sonenverkehr, vom lokalen Handel und von geringer Landwirtschaft. Seit dem späten 17. Jahrhundert kamen als Hausindustrie die Hinterglasmalerei und die Federblumenherstellung auf, die bis in die Mitte des 19. Jahrhun-derts ausgeübt wurde.

Wie alle altbayerischen Märkte blieb auch Murnau von kriegerischen Ein-fällen, Pest und Feuersbrünsten nicht verschont. Zwischen 1619 und 1851 brannte der Ort insgesamt fast vier-mal vollständig ab. Im Dreißigjährigen Krieg fielen wiederholt schwedische und französische Truppen, im Spani-schen Erbfolgekrieg die Tiroler ein. Der Verlust des Landgerichts und die Auswirkungen der napoleonischen Kriege stürzten Murnau nach 1800 in eine wirtschaftliche Krise. Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz 1879 und dem steigenden Fremdenverkehr ging es wieder aufwärts. Murnau ent-wickelte sich zu einem beliebten Fe-rien- und Kurort.

Um die Jahrhundertwende entstanden rund um den alten Ortskern die ersten herrschaftlichen Villen. Auf Initiative des Architekten Emanuel von Seidel wurden die Häuserfronten am Ober- und Untermarkt verschönert. Dieses farbenfrohe Erscheinungsbild und die reizvolle Landschaft zogen zu Beginn des 20. Jahrhunderts u.a. auch die Ma-ler Gabriele Münter und Wassily Kan-dinsky an, die sich hier niederließen.

1 Vortragsveranstaltung

Der Vormittag des 8. Oktober war den Fachvorträgen im Hotel Ludwig vorbehalten. Der Vorsitzende des Geschichtsausschusses, Prof. Dr.-Ing. Heinz Walter Wild, begrüßte die Teil-nehmer und hieß insbesondere den Bürgermeister des Marktes Murnau, Dr. Michael Rapp, willkommen (Ab-

bildung 2). Besonders erfreut war er über zahlreiche Teilnehmer der örtlichen Bergwerksvereinigungen. Professor Wild hob hervor, dass man Murnau aus mehreren Gründen als zentralen Ort gewählt habe. Einmal wegen der eindrucksvollen Lage Mur-naus am Staffelsee und des Murnauer Mooses, andererseits als Mittelpunkt der früheren Bergbauaktivitäten auf Pechkohle, die mit den Bergbaustand-orten Peiting, Penzberg, Hausham und dem benachbarten Peißenberg ver-bunden sind.

Anteil am Ufer des Staffelsees ein-brachten. Im Jahre 1998 wurde die westliche Entlastungsstraße in Be-trieb genommen und 2000 die Fuß-gängerzone eingeweiht. Damit kommt das Flair des historischen Ortskerns voll zur Geltung (Abbildung 3).

National und international bekannt ist die Berufsgenossenschaftliche Un-fallklinik Murnau. Sie ist spezialisiert auf Notfallpatienten; u.a. ist die Klinik Zentrum für Brandverletzungen und für Wirbelsäulen- und Rückenmark-verletzte. Die Klinik ist der größte Arbeitgeber Murnaus.

Der erste Vortrag von Dipl.-Geol. Dr. Manfred Müller gab einen ausführli-chen Überblick über die Geologische

Entwicklung der Pechkohlenlager-

stätten im Peißenberger Revier und

der Bergbau auf Pechkohle.

In seinem reich bebilderten Vortrag behandelte Dr. Müller zunächst die Entstehung und das Verbreitungsge-biet der Pechkohle. Pechkohlelager-stätten kommen am Nordrand des alpinen Deckengebirges in einem Streifen von Peiting-Peißenberg über Penzberg bis Hausham vor. Die ober-bayrische Pechkohle findet sich im sog. Molassebecken. Die Vorkommen sind in Oligozän-zeitlichen Schichten konzentriert. Mit ihrem Alter von rd. 26 Mio. Jahren sind sie eindeutig eine junge Kohle und müssten also Braun-kohlenqualität mit geringem Heizwert besitzen. Doch dies trifft nicht zu, wie ein Vergleich der Heizwerte zeigt:

• Ruhrsteinkohle 30 bis 35 MJ/kg,• Rohbraunkohle 10 MJ/kg,• Peißenberger Pechkohle 31 MJ/kg.

Nach ihrem hohen Heizwert wäre die oberbayrische Pechkohle eher der

Abb. 2: Professor Wild bedankt sich für die Gastfreundschaft beim Murnauer Bürgermeister Dr. Michael Rapp mit einem Präsent

Bürgermeister Dr. Michael Rapp stell-te in einem Statement Murnau vor. Murnau ist nicht „Stadt“, sondern seit undenklichen Zeiten „Markt“, worauf man besonderen Wert legt. Heute ist Murnau mit 12 000 Einwohnern ein rühriger und von vielen Touristen be-suchter Ort. Murnau hat viele kulturel-le Attraktionen zu bieten. Eine davon ist das Schlossmuseum in der Orts-mitte, dessen Herzstück die umfang-reichste öffentlich gezeigte Sammlung von Werken Gabriele Münters sowie der Künstler des „Blauen Reiter“ (u.a. Wassily Kandinsky, Alexej Jawlewsky, Franz Marc) bildet. Münter und Kan-dinsky lebten von 1909 bis 1916 ge-meinsam in Murnau, Münter bis zu ihrem Tod 1958.

Die Landkreisgebietsreform trennte Murnau 1972 von Weilheim und ord-nete es Garmisch-Partenkirchen zu. 1974 bzw. 1978 folgten die Eingemein-dungen von Weindorf und Hechen-dorf sowie jene Grenzbereinigungen mit Seehausen, die Murnau erstmals

Abb. 3: Farbenfrohe Innenstadt von Murnau

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Steinkohle zuzuordnen als der Braun-kohle. Sie hat allerdings einen hohen Aschegehalt. Auch der in der Regel mitabgebaute Stinkstein mit seinem hohen Schwefelgehalt bereitet Prob-leme, vor allem, wenn schlecht sortier-te Kohlen in Großfeuerungsanlagen verheizt werden.

Im Peißenberg-Peitinger Revier wur-den mit zwei Schachtanlagen 40 Mio. t Pechkohle gefördert, davon 32 Mio. t in Peißenberg und knapp 8 Mio. t in Peiting. Der Pechkohlenbergbau hat in Bayern eine lange Geschich-te. Ursprünglich wurden zutage aus-streichende Flöze von Bauern für den Hausgebrauch genutzt. Peitinger Kohle wurde seit dem 16. Jahrhundert auch auf dem Lech bis nach Augsburg geflößt. Sonst spielte jedoch in diesen Zeiten der „Export“ nur eine unterge-ordnete Rolle. Dies hängt zusammen mit den schlechten Verkehrsverbin-dungen, der damals geringen Besied-lungsdichte und der Konkurrenz des überall reichlich verfügbaren Holzes.

Nach gelegentlichen Versuchen, den Pechkohlenabbau unter landesherr-liche Aufsicht zu stellen, dauerte es bis zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhun-dert, bis von staatlicher Seite auf die Erschließung der Kohlenlagerstätten hingewirkt wurde. Dies führte in Pei-ßenberg ab 1837 zu einem kontinuier-lichen Abbau mit steigenden Förder-mengen. Ab 1920 wurde im gleichen Revier die Schachtanlage Peiting be-trieben.

Die Impulse zur positiven Entwick-lung des Pechkohlenbergbaus gingen auch in Oberbayern von der aufkom-menden Industrie aus, die wiederum vom wachsenden Eisenbahnnetz pro-fitierte. Der Pechkohlenbergbau des Peißenberger Reviers brachte dem vormals rein agrarisch strukturierten, dünn besiedelten Gebiet einen enor-men wirtschaftlichen Aufschwung.

Der Pechkohlenbergbau galt als schwierig, besonders wegen der durchweg steilen Lagerung und der geringen Mächtigkeit der Flöze. Das stärkste Flöz 14 erreichte örtlich 1,8 m. Der tiefste Abbau in Peißenberg und damit auch im gesamten Oberbayern

erreichte 1245 m. Mit fortschreiten-der Teufe wurden vor allem in Peiting Wassereinbrüche zum Problem. Die steigenden Förderkosten machten zu-sammen mit der Konkurrenz des Öls die Schließung der Gruben unum-gänglich. 1971 wurde in Peißenberg die letzte Kohle gefördert.

Der Vortragende ging ausführlich auf die Entstehung der Pechkohle-Lager-stätten ein. Sie hängt zusammen mit den Deckenbewegungen der Alpen und der Kollision von Platten der ad-riatisch-afrikanischen Platte mit der europäischen Platte schon vor rd. 140 Millionen Jahren an der Wende Jura/Kreide. Die „kalkalpinen Decken“ ge-rieten auf ihrer nun nordwärtsgerich-teten Wanderung in einen zwischen zwei Platten gelegenen Trog. Dessen als Flysch bezeichnete Elemente wur-den von den kalkalpinen Decken von ihrem Untergrund abgeschert, inten-siv verfaltet und unter dem Kalkalpin als Flyschdecke mit nach Norden be-wegt. Der Trog, der heute als Molas-sebecken bezeichnet wird, wurde mit Sedimenten aus den höheren alpinen Decken gefüllt.

Der Übergangsbereich Land–Meer war flach mit weiten Mangroven-sumpf-ähnlichen Gebieten. Hier entstanden in warmem Klima mäch-tige Torfablagerungen, das Mutterge-stein der späteren Pechkohle. Durch Schwankungen des Meeresspiegels wurde die Torfbildung immer wieder unterbrochen: bei Überflutung wur-den die Torfflöze mit Sediment über-schüttet und dadurch konserviert, bei Meeresrückzug fielen sie trocken und verwitterten. Da sich im Vorfeld der alpinen Decken isostatische Aus-gleichsbewegungen ereigneten, fan-den die Meeresspiegelschwankungen in rascher Folge statt. Dies macht sich in durchwegs geringen Flözmächtig-keiten bemerkbar.

Der gesamte das Flözgebirge überla-gernde Sedimentstapel ist ca. 2500 m mächtig, was ausreichte, die Inkohlung in Gang zu setzen, also die Entwässe-rung des Torfs und die Umwandlung des organischen Materials in Lignit, später in Pechkohle.

Peter Schwarz berichtete über einen Bergwerksbetrieb, der wohl allen Ta-gungsteilnehmern unbekannt war, nämlich Molybdänbergbau unter der

Zugspitze.

Das ehemalige Bleibergwerk in Grai-nau, Ortsteil Mammersbach, Land-kreis Garmisch-Partenkirchen, lag 250 m südlich und 500 m oberhalb der Höllentalklamm auf rund 1500 m üNN. Die Besonderheiten dieses Bergwerks waren

• zum einen die hochalpine Lage (es war Deutschlands höchstgelegenes Bergwerk),

• weiterhin die Seltenheit des Roh-stoffes, der dort gewonnen wurde, nämlich molybdänhaltiges Bleierz (Gelbbleierz, Wulfenit), und

• die besonderen Zeitumstände während des Ersten Weltkriegs, einer Zeit mit großer Rohstoff-knappheit in Deutschland.

Von Osten her ist das Bergwerksgebiet über Kreuzeck und Hupfleitenjoch zu-gänglich. Die Knappenhäuser, die man von hier aus vor der Kulisse des Wet-tersteins und der Zugspitze sieht, sind die einzigen heute noch intakten Reste des Bergwerks /Abbildung 3).

Zur Entstehung dieser Lagerstätte nimmt man an, dass in eine Kluft-zone bleihaltige Lösungen aus dem Hangenden eingesickert sind und die Primärlagerstätte gebildet haben. Deshalb hat man im Höllental die größten Erzkonzentrationen auch nur in den oberen Grubenteilen gefunden. Durch Oxidation sind dann aus dem Primärerz Bleiglanz die Übergangs-form Cerussit (Weißbleierz) sowie Schwarzbleierz (eine Mischung von Bleiglanz und Cerussit) entstanden. Die Lagerstätte liegt ganz im Wetter-steinkalk; das Erz trat nie im Kalk selbst, sondern nur in der parallel zum Höllental streichenden Störungszone in sog. Erzblättern auf.

In einem zweiten Vorgang dürfte, wiederum deszendent, durch molyb-dänhaltige Lösungen aus dem Weiß-bleierz dann Gelbbleierz (Wulfenit) entstanden sein, und auf dieses Erz ging der Bergbau um.

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Das Wulfenitvorkommen im Höllen-tal war bereits zu Zeiten von Mathias Flurl (1756-1823, ein berühmter bayri-scher Geologe) bekannt. In der Samm-lung des Geologischen Landesamts München befindet sich noch heute eine von Flurl beschriftete Gelbblei-erzstufe aus dem Höllental von 1810. Von 1827 bis 1861 wurde unter dem Bergbauunternehmer Johann Baptist Biebel das Vorkommen zum ersten Mal bergmännisch ausgebeutet, da-mals nur auf Schwarzblei- und Weiß-bleierz sowie den in geringen Mengen vorkommenden Zinkspat (Galmei). Für Wulfenit hatte man noch keine Verwendung.

1907 regte sich dann der Bergbau im Höllental wieder, nachdem man die Stahlhärtungseigenschaften von Molybdän entdeckt hatte. Die Gru-be wurde in Deutschland schnell be-

kannt, da molybdänhaltige Erze sehr selten sind. 1909 gründete sich die Bergwerksgewerkschaft „Erlenba-cher Erzbergwerke“ mit dem Ziel, die Lagerstätte abzubauen.

In dieser Anfangsphase waren noch keine technischen Einrichtungen vor-handen. Das Erz wurde im Handbe-trieb gewonnen und von Arbeitern ins Tal getragen. Die Aufschlüsse in der Grube und alle weiteren Arbeiten für einen zukünftigen Betrieb kamen jedoch über den Anfang nicht hinaus. 1912 ging die Gewerkschaft in Kon-kurs.

1914 wurde eine neue Gewerkschaft mit dem Namen „Gewerkschaft Wer-denfels“ gegründet, die mit wesent-lich größerem Betriebskapital be-gann. Trotzdem blieb – schon wegen der hochalpinen Lage – während der ganzen Abbauzeit Kapitalmangel ein ständiges Problem.

In kürzester Zeit wurden die ver-schiedenen Betriebseinrichtungen errichtet und die Grube ausgebaut. Bei Hammersbach entstanden eine Aufbereitungsanlage, Wohn- und Be-triebsgebäude und eine Kantine. Eine 3 km lange Seilbahn förderte das Haufwerk vom Bergwerk zu Tal. In der Höllentalklamm wurde ein Elek-trizitätswerk errichtet und mit einem Winterstollen von Hammersbach bis hinauf ins Bergwerk begonnen.

Wegen der zunehmenden Bedeu-tung des Molybdäns, das die deutsche Kriegsindustrie nun benötigte, kamen Grube und Gewerkschaft im Januar 1916 unter militärische Kontrolle. Von der Deutschen Kriegsmetall AG in Berlin wurden Kredite in Millionen-höhe investiert. Im Oktober 1916 ging der gesamte Betrieb ganz in militäri-sche Verwaltung über. Eine Pionier-einheit wurde nach Hammersbach verlegt und die Soldaten zu Spreng-arbeiten am Zugangsweg und in der Grube eingesetzt.

Um diese Zeit stieg die Gesamtbe-legschaft, die beim Bergwerk und in den verschiedenen Betriebspunkten beschäftigt war, auf 625 Leute an, da-runter zehn Beamte und Steiger und

ein Markscheider. In Arbeit standen viele Einheimische oder Leute aus der näheren Umgebung, aber auch gelernte Bergleute, die von der Front beurlaubt wurden.

Bereits Mitte 1917 deutete sich die Erschöpfung der Lagerstätte an. Jetzt stellte sich auch heraus, dass das Erz-vorkommen zu Beginn des Krieges falsch beurteilt worden war. Im Ap-ril 1918 ging die nahezu wertlos ge-wordene Grube an die Gewerkschaft Werdenfels zurück. Ohne größere Erfolge verliefen alle Versuche, noch-mals einen Neuanfang zu finden. 1925 endete die Tätigkeit der Gewerk-schaft Werdenfels im Konkurs. Insge-samt wurden aus der Grube 28 000 t Haufwerk nach Hammersbach geför-dert und daraus etwa 200 t Wulfenit gewonnen. 1916 lag die Höllentaler Produktion im Vergleich zur damali-gen Weltförderung bei knapp 5 %.

Dipl.-Ing. Martin Müller stellte das Werk Oberland der Rolf Strohmeier

GmbH, ein Unternehmen der Steine-

und-Erden-Industrie in der Voralpen-

landschaft vor, dessen Geschäftsfüh-rer er ist.

Das Werk befindet sich im Ort Hugl-fing. Die Lagerstätte befindet sich in der sog. Murnauer Schotterebene, wo glaziale Schmelzwässer vor etwa 25 000 Jahren ein buntes Gemisch sehr reiner, kubisch geformter Steine und Sande aus großen Entfernungen hier ablagerten. Dieser Kies ist relativ jung, kaum verwittert und daher sehr widerstandsfähig, was ihn besonders hochwertig und für alle Baubereiche einsetzbar macht. Die Lagerstätte besteht aus einer ca. 25 m mächtigen Kiesbank, die zum Abbau in terras-senförmige Sohlen eingeteilt und mit-tels Radlader abgebaut wird.

Von der Gewinnung als Rohkies, über dessen Aufbereitung und Veredelung zu hochwertigen Mineralstoffen und anschließender Weiterverarbeitung im Beton- und Asphaltmischwerk so-wie dem Transport auf die Baustellen bis hin zur Herstellung von Straßen geht der lange Weg eines einzelnen Kieskorns durch zahlreiche Stationen.

Abb. 3: Ansicht der Knappenhäuser auf alten Postkarten (Sammlung H. Schuster)

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Korngrößen bis max. 32 mm sind di-rekt marktfähig, solche über 32 mm werden zu Edelsplitten gebrochen (Abbildung 4). Die Preisliste der Firma weist 33 unterschiedliche Pro-dukte aus, die bei Bedarf um weitere ergänzt werden können, z.B. für Son-deranwendungen. Das Ziel ist, mög-lichst die gesamte Rohkiesförderung zu verkaufsfähigen und an den jewei-ligen Bedarf angepassten Produkten aufzubereiten.

Zement, Wasser, Gesteinskörnungen und Sande werden im Betonwerk zu normgerechten Betonsorten für den Hoch- und Tiefbau verarbeitet und stehen dem Kunden über Transport-beton-Mischer zur Verfügung. Beim Baustoffrecycling werden Altas-phalte ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll aufbereitet. Bitumen, der für den Asphalt wichtigste Rohstoff, wird ebenso wie die Zuschlagsstof-fe voll wiederverwendet. Außerdem werden Betonabbruch, Ziegel- und Naturstein zu wiederverwertbaren Baumaterialien aufbereitet. In der Asphaltmischanlage werden Ge-steinskörnungen, Sande, Gesteins-füller und Bitumen auf ca. 1800 °C erhitzt, gemischt und zu über 50 normgerechten Asphaltsorten ver-arbeitet. Für die Qualitätssicherung ist ein Labor angeschlossen, welches die Produkte überwacht, Entwick-lung für Baustoffprüfung betreibt und zur Bauberatung zur Verfügung steht. Fremdleistungen für den Hochbau-bereich werden ebenso übernommen wie für den Tief- und Straßenbau. Ein entsprechender Maschinenpark wird hierfür vorgehalten. Die Belegschaft beläuft sich z.Zt. auf rd. 100 Personen.

Prof. Dr. Heinz Walter Wild berichtete über Sprengarbeiten im Schloss Neu-

schwanstein.

Der Vortrag war in das Programm auf-genommen worden, da es sich nach Meinung der bayrischen Fachkollegen um eine Maßnahme an dem ortsnahen Schloss handelte, das allgemeines In-teresse finden dürfte.

Neuschwanstein, das bei Schwangau gelegene, in den Jahren 1868 bis 1886 für König Ludwig II. von Bayern er-baute Schloss ist ein besonderer An-ziehungspunkt für Touristen aus aller Welt und das am meisten besuchte Bauwerk dieser Art in Deutschland. Etwa 1,3 Mio. Menschen kommen jähr-lich zu dem auf einer Bergkuppe über der Pöllatschlucht gelegenen Schloss, dessen Architektur und Innenausstat-tung vom romantischen Eklektizismus des 19. Jahrhunderts geprägt sind, und das als ein Hauptwerk des Historismus gilt (Abbildung 5).

Das fünfstöckige Bauwerk ist nur über Treppen zugänglich, was beim Leiten des Besucherstroms einige Probleme bereitet. So können es z.B. Behinderte im Rollstuhl nicht besichtigen und Per-sonen, die unerwartet einen Schwäche-anfall erleiden, müssen entgegen dem Besucherstrom über die Treppen nach draußen gebracht werden. Aus diesen Gründen entschied sich das für die baulichen Belange zuständige Staat-liche Hochbauamt in Kempten für den Bau eines weiteren Zugangs über einen Aufzug. Eine Außenkonstruk-tion kam wegen der Beeinträchtigung der Schlossfassade nicht in Betracht, so dass der Aufzug nur im Schlossinneren installiert werden konnte und dafür ein Schacht hergestellt werden musste.

Prof. Dr. Wild als vereidigter Sachver-ständiger für Sprengtechnik, Vortriebs-technik und Tunnelbau wurde vom Staatlichen Hochbauamt Kempten ge-beten, die Planung des Vorhabens zu übernehmen. Er willigte ein und schlug vor, die notwendigen Arbeiten der Fa. Feldhaus in Schmallenberg zu über-tragen. Die Arbeiten umfassten neben einem kurzen Lagerstollen einen längeren Zugangstollen unter dem

Schloss, von dessen Ende der 9,5 m tiefe Schacht herzustellen war, in dem später der Aufzug eingebaut wurde.

Die beabsichtigte Sprengarbeit war bereits im Vorfeld Gegenstand hef-tiger Diskussionen von Heimatver-bänden, Umwelt- und Naturschützern sowie Einzelpersonen, die aus Un-kenntnis der Vorgänge beim Sprengen schwere Schäden am Schloss befürch-teten. Auch aus diesem Grund musste für die Arbeiten im denkmalgeschütz-ten Bauwerk eine besonders schonen-de Vorgehensweise beim Bohren und Sprengen vorgesehen werden.

In der Ausschreibung des Staatlichen Hochbauamtes Kempten für die aus-zuführenden Arbeiten war zunächst ein Teufen des Schachtes von oben nach unten vorgesehen. Aus einer oberen Kammer sollten drei Pilot-bohrungen von jeweils 133 mm Durch-messer im Abstand von 280 mm in der Schachtmitte niedergebracht werden, die später durch drei Bohrungen von 300 mm Durchmesser aufgeweitet wer-den sollten. Der restliche Schachtquer-schnitt war dann mit Meißelbohrungen in Abschnitten von 2 m Länge im en-gen Raster auszubrechen, wobei das zerkleinerte Ausbruchsmaterial durch die Vorbohrungen in den Verbin-dungsstollen fallen, dort geladen und abtransportiert werden sollte. Diese Verfahrensweise war wegen der per-manenten Lärmentwicklung mit fort-dauernden Erschütterungen sowie den

Abb. 4: Die Kiesfraktionen werden bei 32 mm getrennt

Abb. 5: Schloss Neuschwanstein (Foto: Ulrich Franzke)

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schwierigen und beengten Abteufbe-dingungen keine optimale Lösung. Als Alternative schlug Professor Wild da-her dem Hochbauamt die Herstellung des Schachtes als Aufbruch vor, der aus dem Zugangsstollen von unten nach oben hochgebrochen werden konnte. Diesem Vorschlag wurde zugestimmt.

Das Herstellen eines Aufbruchs setzt eine erfahrene Mannschaft voraus. Aufbrüche wurden zuletzt nur noch im Erzbergbau hergestellt und waren z.B. im deutschen Steinkohlenbergbau aus Schlagwettergründen gänzlich ver-boten. Glücklicherweise standen der mit den Arbeiten beauftragten Firma Feldhaus aber erfahrene Bergleute aus dem Mansfelder Erzbergbau zur Ver-fügung, die das Verfahren beherrsch-ten und in der Lage waren, einen Auf-bruch sprengtechnisch einwandfrei herzustellen. Für das Sprengen in dem denkmalgeschützten Bau durften nur geringe Sprengerschütterungen auf-treten. Die in der Bundesrepublik Deutschland gültigen Anhaltswerte für die Schwinggeschwindigkeiten, d.h. die Sprengerschütterungen, sind in der DIN 4150 festgelegt. Bei Einhaltung der dort festgelegten Werte ist nicht mit einer Beeinträchtigung der Bau-substanz des zu schützenden Objekts zu rechnen. Das unter Denkmalschutz stehende Schloss Neuschwanstein fällt unter Zeile 3 für besonders er-schütterungsempfindliche Bauwerke, wobei die zulässigen Anhaltswerte für die Sprengerschütterungen auf höchstens 15 mm/s festgelegt sind. An diesem Wert waren die Sprengtechnik und die einzusetzenden Lademen-gen je Zünderzeitstufe auszurichten. Eine Berechnung ergab, dass nur eine kurze Abschlaglänge von 0,8 m und ein Sprengen mit drei Zündgängen je Abschlag den Anforderungen dieser geringen Schwinggeschwindigkeit ge-nügen würden.

Für den massiven Dolomit musste ein Sprengstoff mit ausreichendem Arbeitsvermögen eingesetzt wer-den. Um den optimalen Sprengstoff zu finden wurden zunächst mehrere Sprengstoffe in Versuchssprengungen getestet. Verwendet wurde schließlich

der Sprengstoff Eurodyn 2000T der Dynamit Nobel GmbH.

Sowohl in den Stollen als auch im Schacht wurde zur Schonung des den Hohlraum umgebenden Gebirges und zur Verringerung der Sprengerschüt-terungen das gebirgsschonende Pro-filsprengen angewendet. Die Profil-bohrlöcher hatten einen Abstand von 40 cm zueinander.

In der Umgebung des Schachtes und des Stollens wurden innerhalb des Schlosses rd. 30 Sicherungsmarkie-rungen (Glasmarken) eingegipst, vor-zugsweise an den schon vorhandenen Rissstellen im Putz oder Mauerwerk. Im Falle zu hoher Erschütterungen wären die Marken zersprungen. Wei-terhin wurden zwei Geophone in un-mittelbarer Nähe des Schachtes aufge-stellt. Die Schwinggeschwindigkeiten wurden in allen drei Raumebenen automatisch auf einem Messstreifen erfasst und numerisch ausgedruckt.

Die letzte Sprengung erfolgte am 25. Januar 1999. Der letzte Meter des Schachtes zum Durchbruch in die da-rüber liegende Kammer wurde von Hand ausgebrochen.

Das Auffahren der beiden Stollen und insbesondere das Hochbrechen des Schachtes war für das für die Bau-arbeiten zuständige Staatliche Hoch-bauamt in Kempten, für die Firma Feldhaus und den verantwortlichen Sachverständigen eine besondere sprengtechnische Herausforderung. Durch eine vertrauensvolle Zu-sammenarbeit zwischen den an der Sprengarbeit Beteiligten und dem Hochbauamt konnte auch der besorg-ten Öffentlichkeit bewiesen werden, dass das Schloss und seine Bausub-stanz durch die sorgfältig ausgeführte Sprengarbeit in keiner Weise beschä-digt wurden.

Am 23. Februar 1999 fand die offiziel-le Begehung mit allen staatlichen Stel-len und der Öffentlichkeit einschließ-lich der Beweissicherung statt. Kein eingegipstes Glasplättchen ist zerstört worden und kein Glasfenster wurde beschädigt. Es heißt im offiziellen Abschlussprotokoll des Staatlichen

Hochbauamtes in Kempten: „Nach Abschluss der umfangreichen Spreng-arbeiten für den neuen Aufzug am nordwestlichen Teil des Schlosses sind minimale völlig unbedenkliche Verän-derungen am Putz und Risskonturen entstanden. Ansonsten sind am Bau-werk keinerlei Schäden aufgetreten. Ein Kompliment an Herrn Prof. Dr. Wild als Sachverständiger für Spreng-technik und an die Ausführungsfirma Feldhaus.“

Während der Vortragsveranstaltung besuchten die Damen der Teilnehmer das Schlossmuseum Murnau. Ein mit-telalterlicher Wohnturm von 1233 bil-det den Kern des Museumsgebäudes. Durch Anbauten im 16. Jahrhundert erhielt er sein heutiges Aussehen. Der Turm, seine in Deutschland einzig-artigen Schiebefenster und archäolo-gische Funde – Gefäß- und Ofenkera-mik, Glas, Münzen und Tierknochen – geben Auskunft über die Burg vom 13. bis 19. Jahrhundert. Über 400 Jahre war hier der Amts- und Wohnsitz der Pfleger des Klosters Ettal, in dessen Namen sie die Gerichtsbarkeit ausüb-ten. Heute ist im Schloss eine ständige Sammlung untergebracht. Die Entste-hung der Murnauer Landschaft, der darin eingebundene Ort und seine Kulturgeschichte, seine Entwicklung zur „Sommerfrische“ und das Wirken bedeutender Persönlichkeiten und Künstler bilden den Schwerpunkt des Schlossmuseums.

Neben der Siedlungsgeschichte und der Entwicklung des Marktes Mur-nau werden als örtliche Besonderheit drei Hauptgewerbe herausgestellt: Die Hinterglasmalerei der Region, eingebettet in die übergreifende jahrhundertelange Geschichte der Hinterglaskunst, die Federblumen-herstellung und die Lebzelterei. Im 19. Jahrhundert fanden zahlreiche Münchener Maler ihre Motive im Alpenvorland, z.B. Franz von Kobell, Eduard Schleich, Adolf Lier und Carl Spitzweg. Gabriele Münter (1877 bis 1962) ist mit mehr als 50 Gemälden, Zeichnungen, Hinterglasbildern und Graphiken vertreten. Zwischen 1908 und 1914 lebte Gabriele Münter mit

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Wassily Kandinsky in Murnau. Auch mehrere Bilder von ihm sind im Schlossmuseum zu sehen.

2 Rahmenprogramm

Am Nachmittag fand eine Exkursion nach Huglfing statt. Dort befinden sich die Werksanlagen der Fa. Kies-As-phalt-Transportbeton Werk Oberland Rolf Strohmeier GmbH (Abbildung 6), dessen Geschäftsführer Dipl.-Ing. Martin Müller ist. In seinem Einfüh-rungsvortrag am Morgen hatte Dipl.-Ing. Müller in einer Präsentation das Unternehmen ausführlich vorgestellt. Die Teilnehmer konnten sich nun vor Ort einen Überblick verschaffen und stellten viele Fragen, die von Martin Müller geduldig beantwortet wurden. Z.Zt. werden die mächtigen bis 25 m hohen Kiesablagerungen abgebaut. Es ist vorgesehen, nach deren Gewinnung in einigen Jahren zu einem Strossenbau unterhalb des jetzigen Niveaus überzu-gehen. Bei der Besichtigung des Wer-kes wurde angeregt, die Steine- und Er-denindustrie bei künftigen Tagungen des Geschichtsausschusses stärker im Programm zu berücksichtigen.

Die Tagesexkursion am 9. Oktober führte zunächst zum Kloster Andechs. Das Benediktinerkloster Andechs, das nicht zuletzt wegen des beliebten Bieres aus der Klosterbrauerei zahl-reiche Besucher anzieht, war schon im 12. Jh. ein vielbesuchter Wallfahrtsort. Der Heilige Rasso lebte als Graf von Andechs auf Bayerns 720 m hohem „Heiligen Berg“ mit den drei Reli-quien, die er 932 von einer Pilgerfahrt aus Jerusalem mitgebracht haben soll. 1388 wurde mit dem Bau der spät-

gotischen Kirche begonnen. Bei der Säkularisation 1803 wurde das Klos-ter aufgehoben. König Ludwig I. von Bayern ließ aber später den ganzen Klosterkomplex aufkaufen und gab ihn den Benediktinern zurück. Mittel-punkt der Wallfahrten sind das Gna-denbild der Muttergottes (um 1300) im unteren Hochaltar und die Imma-kulata (um 1608) des oberen Altars.

Heute kommen nicht nur Pilger, son-dern Besucher aus aller Welt nach Andechs. Im gepflegten Restaurant „Bräustüberl“ wurde das Mittagses-sen mit Andechser Bier eingenom-men. Leider spielte das Wetter nicht mit; es war regnerisch. Anschließend fuhr der Bus nach Peißenberg und weiter zum „Hohenpeißenberg“. Der fast 1000 m hohe Berg, auf dessen Kuppe die Wallfahrtskirche „Maria Hilf“ (Abbildung 7) thront, versprach eine herrliche Sicht auf das Voralpen-land. Leider war uns durch Nebel die Sicht verwehrt, was wir und die Pei-ßenberger Bergkameraden und der Ortsbürgermeister Fischer, die uns er-warteten, sehr bedauerten. Auf Post-karten konnten wir aber das ausgefal-lene Panorama nachempfinden.

Die Führung in der Kirche übernahm Georg Suttner, der mit Sachkenntnis und Engagement für „seine“ Kirche die Geschichte und das Inventar erläu-terte. Beeindruckend in dieser Kirche ist der Hochaltar, gebaut 1616 bis 1619. Das neueste Geläut der Wallfahrts-kirche aus der Nachkriegszeit stammt aus dem Gussstahlwerk Bochumer Verein. Die größte und mit 44 Zent-nern schwerste der vier Glocken ist wie bereits die 1899 geweihte und im

2. Weltkrieg eingeschmolzene „Große Glocke St. Barbara“ der Schutzpatro-nin der Bergleute geweiht. Sie trägt die Inschrift: „St. Barbara ora pro nobis“.

Nach der Wallfahrtskirche besuchten die Teilnehmer die danebenstehende anfänglich als private Sternwarte er-richtete Wetterstation. Sie führte als erstes ständig besetztes Bergobserva-torium der Erde regelmäßig meteoro-logische Beobachtungen durch. Dies wurde zunächst durch die Chorherren, dann durch die Pfarrer und später vom Deutschen Wetterdienst überwacht.

Am Nachmittag führte uns die Ex-kursion nach Peißenberg zum Berg-baumuseum am Tiefstollen mit dem angegliederten Besucherbergwerk (Abbildung 8). Der Tiefstollen kann auf einer Länge von 200 m befahren werden. Im Original werden die bis zur Stilllegung im Jahre 1972 üblichen Verfahren der Gewinnung und Förde-rung vorgestellt. So sind die Arbeiten mit dem Abbauhammer, aber auch die maschinelle Gewinnung zu sehen, fer-ner auch die Bohr- und Sprengarbeit beim Auffahren von Strecken. Eindru-cksvoll sind die verschiedenen Arten des Ausbaus in den Strecken und im Streb. U.a. ist eine Ladestelle original-getreu dargestellt. Eine Wettermess-station erinnert an die Notwendigkeit der Frischluftzufuhr, aber auch an die Gefahren, die von schlagenden Wet-tern ausgehen können.

Das Bergbaumuseum (eröffnet 1988) befindet sich am Tiefstollen in einem renovierten ehemaligen Zechenhaus. Das Museum besteht aus insgesamt

Abb. 6: Anlagen der Kies-A s p h a l t - Tr a n s -portbeton Werk Oberland Rolf Strohmeier GmbH in Huglfing

Abb. 7: Wallfahrtskirche „Maria Hilf“

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12 Räumen im Erdgeschoss und Obergeschoss, in denen ein repräsen-tativer Querschnitt bergmännischer Techniken, die Geschichte des ober-bayrischen Kohlenbergbaus sowie die sozialen Belange der Bergleute dargestellt werden. Dazu gehören z.B. Uniformen und Dokumente zum Siedlungswesen und Fotografien von den einstigen Bergfesten. Dargestellt wird das Grubenrettungswesen und Geräte aus dem Markscheidewesen. Ein großer Raum zeigt die geologi-schen Besonderheiten des Bergbaus sowie Mineralien und Fossilien.

Besonderes Interesse zeigte eine Reihe von Teilnehmern an dem aus-gestellten Rammgerät, das in Peißen-berg zur Gewinnung der harten Kohle in steiler Lagerung entwickelt worden ist und auch außerhalb Bayerns in Fachkreisen Aufsehen erregte. Se-henswert ist eine Sammlung tertiärer oberbayrischer Fossilien.

Den Abschluss des Tages bildete ein bergmännischer Abend in der Tief-stollenhalle mit einem Tscherperessen und musikalischer Begleitung durch eine Bergmannskapelle.

Zu Beginn des festlichen Abends be-grüßte der Generalsekretär der CSU, Alexander Dobrinth, der in Peißen-berg wohnt, den Geschichtsausschuss und hob die große Bedeutung der früheren bayrischen Pechkohleförde-rung heraus (Abbildung 9). Der Berg-bau auf Pechkohle war seit Aufnahme der Förderung der größte Arbeitge-ber der Region. Im Jahre 1964 wur-de die höchste Pechkohlenförderung

mit 1,87 Mio t/a bei einer Belegschaft von 6000 Mann erreicht. Wachsen-der Kostendruck sowie zunehmende Konkurrenz anderer Energieträger zwangen die Bayrischen Berg- Hüt-ten- und Salinenwerke, den Kohlen-bergbau aufzugeben. 1971 wurde das zuletzt noch aufwändig modernisierte Kohlenbergwerk Peißenberg als letzte der oberbayrischen Kohlengruben ge-schlossen.

Die Bayrische Staatsregierung bemühte sich mit Erfolg um Ersatzarbeitsplätze. Neue Industrien konnten angesiedelt werden. Man könne heute sagen – so Alexander Dobrinth –, dass die Umstrukturierung der alten Bergbau-gebiete ein Erfolg war. Allein im ge-werblichen Sektor wurden 1600 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Der Höhepunkt des Abends war der Peißenberger Knappentanz, der von Mitgliedern des Bergknappen-, Spiel-manns- und Fanfarenzuges aufgeführt wurde. Getanzt wird von acht Män-nern, die in Tracht mit ihren Gruben-lampen auftreten, und einem Berggeist,

der einen schwarzen Kapuzenmantel trägt. Die Tänzer führen insgesamt 16 harmonisch ineinander greifende Einzelfiguren vor, die allesamt berg-männische Arbeitsvorgänge darstellen (Abbildung 10). Der perfekt vorgetra-gene und musikalisch umrahmte Tanz fand großen Beifall. Der Autor des Be-richtes erinnert sich, dass ein derartiger Tanz zu Ehren des Ausschusses zuletzt bei der 28. Tagung des Geschichtsaus-schusses im Jahre 1985 in Oberzeiring/Steiermark vorgeführt wurde.

Abb. 8: Gut gelaunt freuen sich die Teilnehmer der Tagung des Ge-schichtsausschusses auf die Befahrung des Tiefstollen in Peißenberg

Abb. 9: Alexander Dobrinth, Generalsekre-tär der CSU, informiert über die wirt-schaftliche Entwicklung der Region

Die Teilnehmer der Tagung waren von der Fülle der Eindrücke, den Fachvor-trägen und den Besichtigungen beein-druckt. Hinzu kommt die reizvolle Voralpenlandschaft, in der man sich wohlfühlt. In der alten Pechkohlen-region hat ein großer Strukturwandel stattgefunden, der, wie der CSU-Ge-neralsekretär hervorhob, erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Ob-wohl der Bergbau erloschen ist, spürt man in der Region ganz deutlich die starke Verwurzelung mit dem Berg-bau. Die Mitglieder des Vereins der Bergbaumuseumsfreunde und der Knappenverein Peißenberg waren bei den Veranstaltungen des Geschichts-ausschusses stark vertreten, wie auch die Freundlichkeit und große Hilfs-bereitschaft angenehm auffiel. Ein be-sonderer Dank für die Organisation und die Durchführung unserer Tagung gilt Dipl.-Ing. Martin Müller, der zum Erfolg entscheidend beigetragen hat.

Die 54. Tagung des GDMB-Ge-schichtsausschusses findet vom 22.9. bis 25. 9. 2011 in Koblenz statt.

Heinz Walter Wild

Abb. 10: Lunte brennt – Vorsicht – gleich knallt‘s! Darstellung der Spreng-arbeit im Knappentanz