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Aus der Klinik für HNO-Krankheiten, Kopf- und Halschirurgie am St. Elisabeth-Hospital Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum ehem. Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. H. Hildmann Screening von Neugeborenen auf Hörstörungen unter besonderer Berücksichtigung der auditorischen Neuropathie Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Gudrun Peters aus Haltern 2006

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Aus der Klinik für HNO-Krankheiten, Kopf- und Halschirurgie am St. Elisabeth-Hospital

Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum ehem. Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. H. Hildmann

Screening von Neugeborenen auf Hörstörungen unter besonderer Berücksichtigung der auditorischen Neuropathie

Inaugural-Dissertation zur

Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer

Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum

vorgelegt von Gudrun Peters

aus Haltern 2006

Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. med. Dr. h. c. H. Hildmann Korreferent: Prof. Dr. med. U. Schauer Tag der mündlichen Prüfung: 30.11.2006

Meinen Eltern

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 6

1.1. Zielsetzung der Dissertation 6

1.2. Anatomie und Physiologie 14

- 1.2.1. Anatomie 14

- 1.2.2. Physiologie 17

1.3. Neuroplastizität und Maturation des auditorischen Systems 20

1.4. Einteilung der Hörstörungen 23

1.5. Audiologie 25

- 1.5.1. subjektive Audiometrie 25

- 1.5.2. objektive Audiometrie 28

1.6. Ätiologie und Genese frühkindlicher Hörstörungen 35

- 1.6.1. erworbene Hörstörungen 35

- 1.6.2. genetisch bedingte Hörstörungen 36

1.7. Folgen frühkindlicher Hörstörungen 39

1.8. Therapie 42

2. Material und Methode 43

2.1. Neugeborenenkollektiv und Ablauf der Untersuchung 43

2.2. automatisierte ABR-Messung 44

2.3. OAE-Messung 46

2.4. Statistik 47

3. Auswertung 49

4. Ergebnisse 100

5. Diskussion 105

6. Zusammenfassung 143

7. Literaturverzeichnis 146

8. Anhang: Fragebogen

Danksagung

Lebenslauf

Abkürzungen

aABR automatisierte ABR

ABR auditory brainstem responses, syn. BAEP, BERA

AEP auditorisch evozierte Potentiale

AMLR auditory middle latency responses

ANP auditorische Neuropathie

BAEP brainstem auditory evoked potentials

BERA brainstem electric response audiometry

CAEP cortical auditory evoked potentials, syn. SAEP, CERA

CAP compound action potential, syn. SAP

CERA cortical electric response audiometry

CI Cochlea Implant

CM cochleäre Mikrophonpotentiale

DPOAE Distorsions-Produkt-OAE

DZH Deutsches Zentralregister für kindliche Hörstörungen

EABR electrically evoked ABR

ECochG Elektrocochleography

fMRI functional magnetic resonance imaging

IHZ Innere Haarzellen

MAEP mittlere auditorisch evozierte Potentiale

M-W-U Mann-Withney-U-Test

Neustat Neugeborenennormalstation

NICU neonatal intensive care unit

NRT neuronal response telemetry

OAE otoakustische Emissionen

OHZ outer hair cells, Äußere Haarzellen

PET positron emission computed tomography

SAEP späte auditorisch evozierte Potentiale

SAP Summenaktionspotential

SP Summationspotential

SPECT single photon emission computed tomography

TEOAE transistorisch evozierte OAE

1. Einleitung

6

1. Einleitung

1.1. Zielsetzung der Dissertation

Epidemiologie

Derzeit wird die Prävalenz von relevanten Hörstörungen bei Geburt auf ca. 1 bis 2 von

1000 reifgeborenen Neugeborenen geschätzt [74]. Wobei kochleäre Hörstörungen bei

Neugeborenen vorherrschen (ca. 90 %).

Andere Quellen geben eine Häufigkeit von Hörminderungen von mindestens 35 dB auf

dem besser hörenden Ohr zwischen 1:1000 und 6:1000 [25] weltweit an.

Hierbei befindet sich Deutschland nach Angaben des DZH (Deutsches Zentralregister für

kindliche Hörstörungen) mit 1,2:1000 Neugeborenen im unteren Bereich. Damit besitzen

frühkindliche Hörstörungen eine mittlere bis hohe Prävalenz [70].

Detektionsschwierigkeiten

Aufgrund der entwicklungsbedingt eingeschränkten Interaktionsfähigkeit des Kindes

machen sich Schwerhörigkeiten, sofern keine weiteren Anomalien im Sinne eines

Syndroms oder einer vorbekannten, familiären Schwerhörigkeit vorliegen, erst spät

bemerkbar.

Häufig wecken erst das Ausbleiben der altersgerechten Sprachentwicklung oder

Artikulationsstörungen bei den Eltern den Verdacht. Mangelndes Reaktionsverhalten auf

auditorische Stimuli wird auf „Verträumtheit“ oder intensive Beschäftigung mit dem Spiel

geschoben, zumal gleichzeitiges Darbieten von visuellen und auditorischen Reizen ein

positives Reaktionsverhalten auf einen auditorischen Stimulus simuliert.

Kinder mit hochgradigen, frühkindlichen Hörstörungen unterscheiden sich von ihren

Altersgenossen aufgrund des spontanen Vokalisationsmusters in den ersten sieben

Monaten nicht. Erst danach werden sie durch das Ausbleiben der physiologischen

Echolalie auffällig und Verstummen erneut in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres

in der zweiten Lallphase [50].

Die eingeschränkte Kooperationsfähigkeit und schnelle Ermüdbarkeit aufgrund der Kinder,

sowie die z. T. sehr vom Untersucher abhängige Beurteilbarkeit der zur Verfügung

stehenden, verhaltensorientierten, audiologischen Testverfahren sind weitere

1. Einleitung

7

Hindernisse. Eine aussagekräftige Hörprüfung stellt sowohl Ansprüche an die Vigilanz des

Kindes als auch an das speziell pädaudiologisch geschulte Personal.

Alter bei Diagnosestellung

Aufgrund dieser Unzulänglichkeiten werden Schwerhörigkeiten - abhängig vom

Ausprägungsgrad - z.Zt. in folgenden Lebensjahren aufgedeckt [31]:

- hochgradige Schwerhörigkeiten mit 1 ½ bis 2 Jahren

- mittelgradige Schwerhörigkeiten über 3 ½ Jahren

- geringgradige Schwerhörigkeiten über 4 Jahren

Auditorisch sensible Entwicklungsphase

Schwerhörigkeiten werden mit den derzeitigen Methoden zu spät erkannt, denn bei später

Diagnosestellung werden entscheidende Entwicklungsstadien verpasst.

Für die normale, neuronale Entwicklung des kindlichen Gehirns müssen bestimmte

Voraussetzungen bestehen. Ohne eine entsprechende sinnesbezogene Reizstimulation kann

das frühkindliche, neuronale, auditorische Potential nicht genutzt werden. Die Entwicklung

eines kompetenten, auditiven Systems entfällt bei ungenügender Stimulation, unabhängig

der Genese. Dies konnte in Deprivationsstudien [34, 39, 57, 71, 84] beobachtet werden.

Die mangelnde Synapsensprossung führte konsekutiv zu fehlender Maturation der

normalerweise auditorisch geprägten Kortexareale. Zum Teil wurden assoziative,

auditorische Felder durch benachbarte Sinnessysteme, wie zum Beispiel dem visuellen

System, beansprucht und genutzt.

Für diese sensible, reizorientierte Phase der cerebralen Reifung besteht ein eng limitiertes,

zeitliches Fenster. Verstreicht dieses ungenutzt, verfügt das kindliche Gehirn nicht mehr

über geeignete Kompensationsmechanismen, um entstandene Entwicklungsdefizite wieder

aufzuholen. Die besonders sensible, prägnante Phase der auditorischen Kortexreifung

umfasst die ersten drei bis sechs Lebensmonate [30].

Eine kompetente, auditorische Wahrnehmung ist unabdingbar für den Lautspracherwerb

des Kindes. Die Fähigkeit zur sprachlichen Kommunikation wiederum bildet einen

entscheidenden Integrationsfaktor und beeinflusst so die Persönlichkeitsentwicklung.

Daher müssen frühkindliche Hörstörungen so früh wie möglich erkannt werden, um

entsprechende Therapiemaßnahmen einleiten zu können. Nach dem heutigen Stand der

1. Einleitung

8

Medizin können viele Arten der Hörstörungen therapiert, z.T. vollständig geheilt oder

zumindest minimiert werden.

Hörscreening

Es stellt sich die Frage, wie man das derzeitige Detektionsalter für Hörstörungen

verringern kann. Als geeignetes Instrument bietet sich eine generelle Untersuchung des

Hörvermögens aller Neugeborenen an.

Ein Screening stellt eine Aussonderungsuntersuchung innerhalb einer Gruppe dar, wobei

ein positives Ergebnis nicht eine definitive Erkrankung bedeutet. Der Beweis einer

Erkrankung oder Störung kann nur durch eine Konfirmationsdiagnostik erbracht werden.

Die Vorgaben für ein sinnvolles, früherkennendes Untersuchungsverfahren sind:

- hohe Inzidenz der Erkrankung

- ernste Erkrankung

- erkennbares, latentes oder symptomatisches Stadium vorhanden

- Therapiemöglichkeiten gegeben

- früher Therapiebeginn verbessert die Diagnose

- weitere Therapie und Diagnostik verfügbar

- zumutbare Screeningmethode

- Güteeigenschaften des Screeningverfahrens (ausreichende Reliabilität und

Validität) gegeben

- Koordination von Screening, Diagnostik und Frühbehandlung mit positiver Kosten-

Nutzen-Relation [31]

Während im Bereich Endokrinologie bereits ein Neugeborenen-Screening etabliert wurde,

sind verschiedene Hörscreeningmodelle für Neugeborene z.Zt. nur in einigen Kliniken und

Einrichtungen aufgrund von Eigeninitiativen eingerichtet worden.

Folgende Screening-Untersuchungen können derzeit durchgeführt werden.

1. Einleitung

9

Tabelle 1: Übersicht zu Screening-Untersuchungen [31]

Broncho-pulmonales Screening Verdauungssystem-Screening

Nephro-urologisches Screening Hüftgelenk-Screening

Dermatologisches Screening ZNS-Screening

Infektions-Screening Seh-Screening

Kardiologisches Screening Stoffwechsel-Screening

Hörscreening

Abgesehen vom gesetzlich vorgeschriebenen Screening auf Stoffwechselerkrankungen,

wie z.B. die Phenylketonurie, erfolgen die übrigen Screening-Untersuchungen fakultativ

bei Risikosäuglingen oder bei Verdacht auf das Vorliegen einer Erkrankung in dem

entsprechenden Gebiet. Schon seit Jahren werden in verschiedenen Arbeitskreisen und

Expertenkommissionen Rahmenbedingungen und Methoden diskutiert, um ein generelles

Hörscreening in den Vorsorgekatalog für Neugeborene einzugliedern.

Die American Academy of Pediatrics hat bereits 1994 Standardkriterien für ein gezieltes

Hörscreening aufgestellt:

- familiäre Schwerhörigkeit

- Frühgeborene < 1500 g

- perinatale Asphyxie (APGAR < 5 nach 5 min.)

- Hyperbilirubinämie (> 22 mg %)

- kraniofaziale Fehlbildungen

- konnatale und neonatale Infektionen

- Therapie mit Aminoglykosiden und anderen ototoxischen Substanzen

- persistierende, pulmonale Hypertension

- Beatmung > 5 Tage

- Syndrome mit Beteiligung der Hörfunktion [31]

Allerdings gehen Schätzungen davon aus, dass - angenommen es würden ausschließlich

Risikokinder untersucht – nur 20-50 % der Kinder mit frühkindlichen Hörstörungen durch

diese gezielte Methode erkannt würden [70].

Beim Hörscreening für Neugeborene kommen im Rahmen von klinischen Studien oder

klinikinternen Programmen derzeit vor allem die Ableitung der frühen auditorisch

1. Einleitung

10

evozierten Hirnstammpotentiale (BERA) und die Messung der otoakustischen Emissionen

(OAE), in Kombination oder allein, zum Einsatz. Einige Institutionen präferieren ein

generelles Screening, während andere speziell nur Risikokinder untersuchen.

Tabelle 2: Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der Screeningverfahren

Vorteile Nachteile

OAE - einfache Bedienung, kurze

Anlernzeit

- wenig kostenintensiv

- einfache Reproduzierbarkeit

- kurze Untersuchungsdauer

- Unabhängigkeit von Vigilanz

- störanfällig durch Paukenergüsse,

Amnionflüssigkeit

- Umgebungslärm störend, z.B. Beatmung

- hohe Rate an falsch-positiv. Ergebnissen

- keine Aussage über Funktion der

Inneren Haarzellen

BERA - Aussage über Cochlea und Hörnerv

möglich

- hohe Sensitivität

- Differentialdiagnosen möglich

- hohe Rate an falsch-positiv. Ergebnissen

- relativ kostenintensiv

- zeitintensiv

- verlängerte Anlernzeit

- Ansprüche an Vigilanz des Säuglings

Problematische Aspekte des Screenings

Besonders die Rate an falsch-positiven Ergebnissen wirkt sich bei dem

Untersuchungsverfahren negativ auf die Akzeptanz aus, da ein auch ein falsch-positives

Ergebnis die Eltern beunruhigt. Diesem Problem muss durch ein aufklärendes,

informatives Gespräch und durch Vergabe eines möglichst nahen Kontrolltermins

begegnet werden.

Progressive Hörstörungen, wie sie durch hereditäre, meist autosomal-dominante

Gendefekte verursacht werden, entziehen sich einem Screeningverfahren in den ersten

Lebenstagen.

Entscheidend für den Erfolg eines Hörscreenings ist, dass ein weiteres Procedere bei

positivem Testergebnis festgelegt ist, da sonst die Kontrolle der als auffällig im Screening

identifizierten Kinder aus variablen Gründen - Kommunikationsschwierigkeiten, Umzug

der Eltern, mangelhafte Dokumentation - unterbleiben kann. Nach Schätzungen wird das

Hörvermögen bei 40 bis 60 % der auffällig getesteten Säuglinge nicht weiter abgeklärt.

1. Einleitung

11

Die nächsten Stationen der Konfirmationsdiagnostik und der Zeitrahmen müssen

vorgegeben werden. Eine gezielte Betreuung von Eltern und Kind sollte erfolgen.

Gegebenenfalls sollte Kontakt zu mitbetreuenden Ärzten aufgenommen werden. Dies

erfordert eine gute Koordination des Screeningprogramms.

Schwerhörigkeiten überwiegend cochleären Ursprungs herrschen vor, allerdings findet in

der neueren Literatur eine weitere auditorische Störungsform zunehmend

Berücksichtigung: die auditorische Neuropathie (ANP).

Bei dieser ätiologisch variablen Form der Hörstörung wird eine Lokalisation der

Schädigung im Bereich der Cochlea und / oder des Hörnervens diskutiert. Gemeinsam ist

den verschiedenen unter diesem Terminus vereinten Entitäten eine stabile Nachweisbarkeit

von otoakustischen Emissionen. Die Hörstörung zeigt sich erst in der pathologischen

BERA. Somit entziehen sich diese Hörstörungen der Identifikation in einem allein

durchgeführten OAE-Screening.

Fallbericht: CI-Implantation bei auditorischer Neuropathie

Die besondere Problematik, der Betroffene, Eltern und Therapeuten bei auditorischer

Neuropathie gegenüberstehen, verdeutlicht der Entwicklungsverlauf eines Kindes mit

hochgradiger Schwerhörigkeit.

Der Junge wurde in der 37+6 Schwangerschaftswoche spontan entbunden. Aufgrund eines

Icterus praecox bei Rhesus-Inkompatibilität musste zweimalig eine Austauschtransfusion

erfolgen. Der maximale Bilirubinwert betrug 34.8 mg/dl. Zudem bestand der Verdacht auf

eine Sepsis, die durch Antibiotika (Ampicillin, Vancomycin) therapiert wurde, sowie der

Verdacht auf Krampfanfälle bei sonographisch nachweisbarer Ischämiezone rechts parieto-

occipital. Bereits während des Aufenthalts auf der Neonatologie erfolgte eine

pädaudiologische Betreuung. Im weiteren Verlauf wurde bereits im Alter von 6 Wochen

der Verdacht auf eine höhergradige Schwerhörigkeit geäußert. Das BERA-Screening

(Gerät Algo 2 der Firma Natus) sowie eine BERA in Sedierung konnten keine akustisch

evozierten Potentiale bis 100 dB nachweisen. Jedoch waren TEOAEs und DPOAEs in

mehreren Kontrollen stabil nachweisbar. Daher wurde schon frühzeitig eine auditorische

Neuropathie in Betracht gezogen.

Zunächst wurde ein amplifizierender Versuch mit einem Hörgerät unternommen. Auf die

Hörgeräte reagierte allerdings das Kind ablehnend.

1. Einleitung

12

Die weitergehenden Untersuchungen bestärkten die Entscheidung zur CI-Implantation. Die

Elektrocochleographie zeigte lang oszillierende, cochleäre Mikrophonpotentiale bis zu 7

ms nach Reizbeginn mit einer Nachweisschwelle von 50 dB rechts und links. Die

anatomisch-morphologische Intaktheit des Hörnervs konnte in einem MRT verifiziert

werden. Durch ergänzende, neuropädiatrische Untersuchungen (Messung der

Nervenleitgeschwindigkeit, somatosensorisch evozierte Potentiale) konnte eine

generalisierte Neuropathie ausgeschlossen werden. Spezielle endokrinologisch-

laborchemische Untersuchungen machten das Vorliegen der Refsumschen Erkrankung

oder einer Adrenoleukodystrophie, die mit einer progredienten, lebensverkürzenden

zentralen und peripheren Neuropathie einhergehen, unwahrscheinlich.

Mit 1 Jahr und 9 Monaten erfolgte die Versorgung des Kindes mit einem Cochlea-Implant

(Firma MED-EL) links mit anschließender elektrophysiologischer Messung der EAP nach

intracochleärer elektrischer Reizung. Zweieinhalb Jahre später konnte komplikationslos

der Austausch des CI durchgeführt werden, nachdem ein mechanischer Implantatausfall

dies erforderlich machte.

Die Entwicklung des Kindes wurde durch die CI-Implatation umfassend gefördert. Es

wurde ein Lautspracherwerb ermöglicht, der durch begleitende, frühfördernde,

ergotherapeutische und logopädische Maßnahmen unterstützt wurde. In den letzten

Untersuchungen bestanden zwar noch Defizite im Bereich der auditiven Wahrnehmung,

des Wortschatzes und des Sprachverständnisses, jedoch erzielte der Junge im

Tonaudiogramm links mit CI eine Hörschwelle von 30 dB und im Mainzer

Kindersprachtest ein Sprachverständnis von 70 % bei 65 dB im Freifeld. Die im

Säuglingsalter zunächst als störend empfundene Hörverstärkung mittels Hörgeräte

akzeptiert das Kind nun auf der nicht implantierten rechten Seite.

Bemerkenswert erscheint auch, dass die zunächst stabil nachweisbaren OAEs vier Jahre

nach der einseitig links erfolgten Operation nun beidseits nicht mehr nachweisbar waren.

Rückblickend profitierte das Kind von der CI-Implantation. Die CI-Versorgung

ermöglichte ihm den Erwerb des Hörvermögens und eines offenen Sprachverständnisses

und legte so die Grundlagen für seine Integration. Optimal verlief auch die frühzeitige

Diagnosestellung, die durch das Neugeborenen-Hörscreening angestoßen wurde.

1. Einleitung

13

Fragestellungen

Die Dissertation berichtet über die im Hörscreening gewonnen Erfahrungen mit einem

Kombinationsmodell von OAE- und automatisierten BERA-Messung. Die Untersuchung

wurde bei Neugeborenen der Normalstation und der Neonatologie durchgeführt.

Zu Beginn stellte sich die Frage, ob mit diesem Modell die Konstellation der auditorischen

Neuropathie aufgedeckt werden kann. Und wenn ja, ist diese Konstellation häufiger bei

Kindern der Neonatologie, also Kindern mit Risikoprofil, anzutreffen als bei reifgeborenen

Neugeborenen?

Lassen sich Unterschiede im Screeningergebnis zwischen diesen beiden

Neugeborenengruppen darstellen?

Kristallisieren sich Risikofaktoren für ein schlechtes Abschneiden im Test heraus?

Haben die Umgebungsbedingungen Einfluss auf das Ergebnis?

Wo stellen sich koordinatorische Probleme dar und wie verläuft das Re-Screening?

Wie hoch ist der Anteil der falsch-positiven Ergebnisse?

Erweist sich eine Screeningmethode der anderen gegenüber als überlegen?

Lässt sich ein optimaler Zeitpunkt zum Screening erheben?

Wie hoch ist der Zeitaufwand?

Durch welche Verbesserungen könnte ein optimales Screeningergebnis erzielt werden?

1. Einleitung

14

1.2. Anatomie und Physiologie des Hörorgans

1.2.1. Anatomie

Man unterscheidet im auditorisch-vestibulären System aufgrund von morphologisch-

anatomischen Aspekten zwischen dem peripheren Gehör- und Gleichgewichtssystem auf

der einen Seite und dem zentralen, auditorischen und vestibulären System auf der anderen

Seite. Als Grenze betrachtet man den Eintritt des N. vestibulocochlearis in den Hirnstamm.

Äußeres Ohr

Dem äußeren Ohr werden die Ohrmuschel (Auricula) und der äußere Gehörgang (Meatus

acusticus externus) zugeordnet. Der Gehörgang zeigt einen schraubenförmigen Verlauf

und ist ca. 24 mm lang. Der Ohrenschmalz (Cerumen) besteht aus dem Sekret apokriner

Gehörgangsdrüsen und Epidermisschuppen und wird aufgrund der Migrationstendenz nach

außen abgegeben. Die Luftsäule im Gehörgang kann selbst infolge der besonderen

Anatomie in Resonanzschwingungen versetzt werden, so dass vor allem die für die

menschliche Sprache wichtigen Frequenzen 2500-5000 Hz verstärkt werden [3].

Mittelohr

Das Mittelohr setzt sich aus der Paukenhöhle, den Warzenfortsatzzellen und der

Ohrtrompete zusammen.

Als laterale Begrenzung der Paukenhöhle dient das Trommelfell. Die mediale Wand

erfährt ihr Relief durch das darunter liegende, knöcherne Labyrinth.

Der schallleitende Apparat der Paukenhöhle - die Gehörknöchelchen - überbrückt vom

Trommelfell bis zum knöchernen Labyrinth das Cavum tympani und setzt mit der

Fußplatte des Stapes im ovalen Fenster (Fenestra vestibuli) an. Zwischen dem ovalen und

dem runden Fenster (Fenestra cochleae) liegt das Promontorium, das die knöcherne

Begrenzung der basalen Schneckenwindung darstellt.

Im hinteren Anteil der Paukenhöhle befindet sich der Zugang zu den Cellulae mastoideae.

Hier grenzt die Paukenhöhle oberhalb des ovalen Fensters an den tympanalen Abschnitt

des N. fazialis und weiter kaudal an dessen mastoidales Segment. Kurz vor Austritt aus

dem knöchernen Schädel am Foramen stylomastoideum verlässt die Chorda tympani mit

parasympathischen und sensorisch afferenten Fasern den N. fazialis und zieht rückläufig

1. Einleitung

15

zwischen Hammer und Amboss durch die Paukenhöhle. Enge topographische Beziehungen

bestehen auch zum Canalis Caroticus im vorderen Anteil und zur Vena jugularis interna

am Boden.

Im vorderen Abschnitt führt die Tuba auditiva nach ventro-medial. Sie verbindet die

Paukenhöhle mit dem Nasopharynx und ermöglicht den Druckausgleich zwischen den

beiden Räumen.

Die Gehörknöchelchen - Hammer (Malleus), Amboss (Incus) und Steigbügel (Stapes) -

sind gelenkig verbunden. An den Gehörknöchelchen inserieren spezielle

Mittelohrmuskeln, M. tensor tympani und M. stapedius. Durch die Versteifung der

Gehörknöchelchenkette schützen beide synergistisch vor zu großer Schallbelastung und

erweitern dadurch den Lautstärkebereich des Gehörs [3].

Innenohr

Das Innenohr ist ein komplex gestaltetes Gebilde. Makroskopisch-anatomisch gliedert es

sich in das vestibuläre Labyrinth und die Kochlea (Hörschnecke). Es befindet sich in der

Pars petrosa des Os temporale. Zwischen dem köchernen und dem häutigen Labyrinth wird

unterschieden. Das Vestibulum des knöchernen Labyrinths stellt die Verbindung zwischen

den drei Bogengängen (Canales semicirculares) und der Cochlea her, zudem geht von

ihm der Aquaeductus vestibuli mit dem Ductus endolymphaticus ab, der auf der

Hinterfläche des Felsenbeins als Saccus endolymphaticus mündet. Die drei Bogengänge

stehen nahezu senkrecht in den Hauptebenen zueinander und weisen jeweils vor

Einmündung ins Vestibulum eine Auftreibung, die Ampulle, auf. Die Ampulle beinhaltet

die Crista ampullaris, das Bogengangsorgan. Das Vestibulum umfasst als häutigen

Labyrinthanteil den Sacculus und den Utrikulus mit zugehörigen vestibulären Organen.

Der Ductus reunies stellt von hier die Verbindung mit dem Ductus cochlearis her, der von

der knöchernen Cochlea bedeckt wird. Diese formt sich spiralig in zweieinhalb

Windungen.

Zur Paukenhöhle wird die Cochlea durch das ovale Fenster mit der Stapes-Fußplatte und

durch einen bindegewebigen Verschluss des runden Fensters abgegrenzt.

Das häutige Labyrinth und der Ductus cochlearis sind mit kaliumreicher Endolymphe

angefüllt, während im Zwischenraum zwischen häutigem und knöchernem Labyrinth ein

extrazelluläres, natriumreiches Milieu vorherrscht. Der Ductus cochlearis windet sich um

die knöcherne Achse, den Modiolus. Dabei unterteilt er den Perilymphraum in eine Scala

1. Einleitung

16

vestibuli und eine Scala tympani. Beide Gänge gehen am Helicotrema an der

Schneckenspitze ineinander über.

Der Aquäductus cochleae (synonym: Ductus perilymphaticus) verläuft vom

Perilymphraum zur Pyramidenhinterfläche und hat hier am Porus acusticus internus

Kontakt zum Liquorraum.

Mikroskopisch-anatomische Aufbau zeigt die Sinnesepithelien des Gleichgewichtsorgans

in der Macula sacculi und Macula utriculi, sowie in den Cristae ampullares lokalisiert. Hier

ragen die Sinnenzellen in eine gallertige Masse mit eingelagerten, kristallinen Partikeln,

die Statokonienmembran. Die afferenten Neurone des N. vestibularis leiten die Erregung

der Sinneszellen via bipolaren Ganglienzellen im Meatus acusticus internus an die

Vestibulariskerne und zum Teil direkt ins Cerebellum weiter.

Im Feinaufbau der Cochlea wird der Ductus cochlearis zur Scala vestibuli durch die

Reisnersche Membran und zur Scala tympani durch die Lamina spiralis ossea und durch

die Basilarmembran begrenzt. Im äußeren Anteil der lateralen Wand befindet sich die Stria

vascularis, die für die Kaliumanreicherung der Endolymphe und somit für die

Aufrechterhaltung des elektrischen Potentials verantwortlich ist. Die dort befindlichen

Ionenpumpen arbeiten offensichtlich mit einem ähnlichen Mechanismus wie einige

Ionentransporter in der Niere und sind somit auch für bestimmte Diuretika anfällig.

Auf der Lamina basilaris befindet sich das für die Transformation von Schallenergie in

neuronale Erregung verantwortliche Cortische Organ. Die Breite und Dicke der ca. 34 mm

langen Basilarmembran variiert je nach Lokalisation.

Die Sinneszellen werden von den inneren, einreihigen und äußeren, drei- bis vierreihigen

Haarzellen gebildet, die auf Stützzellen sitzen. Bei den äußeren Haarzellen werden diese

Deiters-Zellen genannt. Ein innerer Tunnel wird durch die inneren und äußeren

Pfleilerzellen, ein äußere Tunnel oder perilymphähnlicher Nuelscher Raum durch Deiters-

Stützzellen geformt. Als Sinneshaare besitzen die Haarzellen je nach zugeordneter

Frequenz entsprechend lange Stereozilien.

Während die äußeren Haarzellen große, efferente Synapsen und kleine, afferente Synapsen

besitzen, verfügen die inneren Haarzellen vor allem über afferente Synapsen. Der N.

cochlearis repräsentiert fast ausschließlich die Neuriten afferenter Neurone mit

zugehörigen Synapsen zu den inneren Haarzellen. Die Aufgabe der inneren Haarzellen

besteht in der Transformation der akustischen Information der Schallwellen in eine

1. Einleitung

17

neuronale Kodierung. Den äußeren Haarzellen kommt eine Rolle bei der Verstärkung der

mechanischen Reizung und frequenzspezifischen Stimulation der inneren Haarzellen zu.

Die bipolaren Perikaryen der afferenten Neurone liegen als Ganglion spirale im Modiolus.

Dabei empfangen sie zu 95 % Informationen von den inneren Haarzellen und nur zu 5 %

von den äußeren Haarzellen. Die Dendriten dieser Spiralganglienzellen ziehen als N.

cochlearis vom Meatus acusticus internus zusammen mit dem N. vestibularis am

Kleinhirnbrückenwinkel in den Hirnstamm.

Als olivocochleäres Bündel gelangen efferente Fasern von der oberen Olive gekreuzt und

ungekreuzt zu den äußeren Haarzellen und zu den Neuriten der inneren Haarzellen. Hier

wird ein aktiver Schutzmechanismus des Ohrs gegen Lärmexposition durch den efferenten,

hemmenden Einfluss diskutiert.

Die Differenzierung der Sinneszellen der Cochlea erfolgt im dritten

Schwangerschaftsmonat.

Hörbahn

Die Hörbahn kann in ein aufsteigendes und in ein absteigendes System untergliedert

werden.

Die erste Station im aufsteigenden System wird von den Neuronen des Ganglion spirale im

Modiolus gebildet. Von dort ziehen die Axone zu den Ncl. cochlearis posterior und

anterior mit insgesamt 90.000 Neuronen.

Nun teilen sich die Fasern und ziehen zu ipsi- und kontralateralen Oliven- und

Cochleariskernen und anschließend im Lemniscus lateralis zum Colliculus inferior.

Die nächsten Stationen der aufsteigenden Hörbahn bildet das Corpus geniculatum mediale

des Thalamus. Als Radiatio acustica werden die Informationen in der Capsula interna zum

auditorischen Kortex, lokalisiert in den Gyri temporales transversi (Heschl-

Querwindungen), weitergeleitet.

Die Erkenntnisse über den Verlauf und die Funktion der absteigenden Hörbahnen sind z.

Zt. noch relativ begrenzt. Ihre Bedeutung liegt wahrscheinlich in einer verbesserten

Reizdiskrimination mit Hilfe von Anpassung, Filterung und Kontrastverbesserung.

1.2.2. Physiologie

Sobald der Schalldruck via Stapesfußplatte auf die Perilymphe der Scala vestibuli am

ovalen Fenster übertragen wurde, wird die Perilymphe in Bewegung versetzt. Diese

1. Einleitung

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Druckerhöhung pflanzt sich nun in Richtung Helicotrema und von da ab in der Scala

tympani bis zum runden Fenster fort. Zwischen diesen flüssigkeitsgefüllten Hohlräumen

befindet sich der kaliumreiche Endolymphschlauch der Scala media, der durch diese

Relativbewegungen in Schwingungen versetzt wird. Eine Wanderwelle läuft die

Basilarmembran zur Schneckenspitze hin entlang. Da die Basilarmembran an der

Stapesbasis eine größere Steife besitzt als am Helicotrema, wo die elastischen

Eigenschaften überwiegen, nimmt die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Welle zur Spitze

hin ab und die Amplitudenhöhe zu. Dadurch entsteht entlang des Endolymphschlauches für

jede Frequenz ein Amplitudenmaximum an einem bestimmten Ort. Dies wird als

Frequenzdispersion bezeichnet.

Am Ort der maximalen Basilarmembranauslenkung erfolgt eine Relativbewegung

zwischen Tektorialmembran und Basilarmembran. Dies wiederum erzeugt eine Ablenkung

der Stereozilien der Haarzellen. Durch die Abscherung der Stereozilien und konsekutive

Öffnung der Kalium- und Calcium-Ionenkanäle wird eine Depolarisation der Haarzellen

ausgelöst. Die depolarisationsbedingte Ausschüttung des Transmitters Glutamat bewirkt

eine Erregung afferenter Nervenfasern der bipolaren Ganglienzellen.

Die geringen Auslenkungsunterschiede auch am Amplitudenmaximum zu benachbarten

Bezirken erfordern aktive Verstärkungsprozesse der Cochlea. Die äußeren Haarzellen sind

für diesen Verstärkungsmechanismus verantwortlich, indem sie durch schallsynchrone

Bewegungen der Stereozilien eine vermehrte Auslenkung der Basilarmembran erzeugen

und somit sekundär den Reiz auf die weniger empfindlichen inneren Haarzellen erhöhen.

Dieser Verstärkungsprozess lässt sich als otoakustische Emissionen im Gehörgang

nachweisen. Unter ototoxischer Einwirkung geht diese genaue örtliche

Frequenzdiskrimination seitens der Sinneszellen verloren und das Amplitudenmaximum

nimmt ab [89].

Im Olivenkomplex werden bereits binaurale Informationen von beiden Cochleae

verarbeitet. In der aufsteigenden Hörbahn findet sich eine tonotope Gliederung, das heißt

eine frequenzspezifische, anatomisch-morphologisch laminierte Projektion. Die Endstation

für alle Fasern des Lemniscus lateralis (insgesamt 194.000) bildet der Colliculus inferior.

Hier erfolgt auch die Reflexintegration von neuronalen Impulsen aus anderen zerebralen

Bereichen.

Zusammenfassend können als Prinzipien der auditorischen, zentripetalen Reizverarbeitung

eine frequenzspezifische Darstellung der Reizinformation, eine Binauralität durch

1. Einleitung

19

kreuzende Fasern und eine Reizintegration und Weiterverarbeitung auf verschiedenen

Stationen mit Zunahme der aufsteigenden Fasern genannt werden.

Im auditorischen Kernfeld, Brodmann-Feld 41, wird sowohl eine Frequenzanalyse, als

auch eine räumliche Positionsanalyse dadurch erzielt, dass Frequenzen, die in

verschiedenen Bereichen des Kortex repräsentiert werden, tonotop gegliedert sind.

Innerhalb der sog. Isofrequenzstreifen werden Abschnitte ipsi- und kontralateralen

Ursprungs unterschieden. Leise Töne werden in tieferen Bereichen des Kortex als laute

verarbeitet, so dass die amplitonen Unterschiede eine räumliche Abbildung erfahren. Der

Kortex verfügt über geeignete Mechanismen, unerwünschte Hintergrundgeräusche zu

unterdrücken und so die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Schallereignis hin zu

konzentrieren. Dabei bedient sich das Gehirn interauraler Intensitäts- und

Pegeldifferenzen. So kann eine Verbesserung des Hörereignisses um 10 dB erzielt werden.

Allerdings ist dieser Prozess auf die Binauralität angewiesen.

Um das auditorische Kernfeld schließt sich das auditorische Gürtelfeld - Brodmann-Feld

42 - und weiter nach posterolateral der auditorische Assoziationskortex an. Dieser Bereich

wird nach klinischen Untersuchungen als sensorische Sprachregion nach Wernicke mit der

meist linksdominanten Sprachfunktion in Verbindung gebracht.

1. Einleitung

20

1.3. Neuroplastizität und Maturation im auditorischen System

Wie andere Sinnessysteme besitzt auch das auditorische System die Fähigkeit, seine

Strukuren und Funktionen neu zu organisieren, wenn kein Informationsfluss von

sensorischer Ebene erfolgt. Diese Fähigkeit wird mit dem Begriff Plastizität beschrieben.

Dabei verarbeiten ursprünglich auditorisch determinierte Kortexareale Reize aus anderen

Sinnessystemen. Zeichen dieser Umorganisation im Sinne einer sog. „cross-modal“-

Plastizität ist ein wiederhergestellter Metabolismus der entsprechenden corticalen

Regionen [14]. Ist diese Reorganisation erst einmal abgeschlossen, verliert der

ursprünglich auditorische Kortex das Potential, akustische Signale, z. B. durch elektrische

Reizung durch ein Cochlea Implant generiert, zu verarbeiten.

Durch funktionelle, bildgebende Verfahren wie das fMRI, SPECT und PET können diese

Phänomene demonstriert und erforscht werden. So konnte der nachteilige Einfluss des

Zeitfaktors bei totaler Deprivation auf die auditorische Kompetenz in PET-Studien an

postlingual ertaubten Patienten vor und nach Implantation eines CIs nachgewiesen werden

[48].

Postlingual ertaubte Menschen erzielen durch eine Cochlea Implant-Versorgung in der

Regel einen größeren Benefit, gemessen an den Hör- und Sprachfähigkeiten, als prälingual

Ertaubte. Dies spiegelt sich postoperativ auch in dem größeren Anstieg des cerebralen

Blutflusses im auditorischen Kortex wieder. Naito [62] verglich hierzu in PET-Aufnahmen

die cerebrale Perfusion entsprechender Areale von post- und prälingual ertaubten Patienten

nach CI-Implantation.

Als weiteres Beispiel für die kortikale Plastizität lässt sich die Arbeit von Kang [38]

anführen. Die vor CI-Implatation im PET bestandenen, hypometabolischen, auditorischen

Kortexareale ließen sich post implantatione nicht mehr nachweisen bei postlingual

Ertaubten und dies korrelierte klinisch mit einem guten Sprachverständnis. Hingegen

stellten sich bei den prälingual ertaubten CI-Kandidaten vor der Operation keine

hypometabolischen Areale im auditorischen Kortex dar. Diese Patientengruppe wies

postoperativ ein geringeres Sprachverständnis auf als die postlingual ertaubte Gruppe.

Theoretisch könnten durch funktionelle, bildgebende Verfahren Prognosen zu Nutzen und

Effizienz von CI-Implantationen bei möglichen Kandidaten abgegeben werden.

Diese unterschiedlichen Resultate post Implantation beruhen auf einer bereits erfolgten und

manifesten cerebralen Umstrukturierung bei den prälingual ertaubten Patienten. Die

1. Einleitung

21

„Cross-modal-Plastizität“ in den ersten Lebensjahren der Patienten verhinderte hier eine

Reaktivierung der ursprünglich auditorisch angelegten Funktionen.

Dies steht in einem engen Zusammenhang mit den beobachteten, sensiblen sensorischen

Phasen in der kindlichen Entwicklung. In diesen Zeiträumen haben Stimulation oder

Deprivation einen bleibenden Einfluss auf die Ausprägung und Nutzung der

Sinnesmodalitäten. Ein Mangel kann auch durch spätere, adäquate Reizdarbietung nicht

wiederaufgeholt werden, da entsprechende neuronale Funktionen mangels Rezeptorinput

nicht aktiviert wurden und eine Reorganisation im Rahmen der „Cross-modal“-Plastizität

sich vollzog.

Bei der kortikalen Reifung spielt die Zeit eine große Rolle. So ist das Erlernen eines

Musikinstruments in der Kindheit einfacher und die Voraussetzungen zur Schulung des

musikalischen Gehörs werden hier gelegt. So kann eine zweite Sprache auch nach dem

achten Lebensjahr erlernt werden, jedoch bleibt dann immer ein Akzent bestehen [64].

Zeichen einer bedarfsgerechten Reorganisation des Gehirns finden sich auch bei Musikern,

bei denen zur besseren Erfassung der melodischen Komplexität präzisere

Kodierungsmechanismen erforderlich sind. Unterschiede in der cerebralen, auditorischen

Verarbeitung im Vergleich zur Referenzgruppe ließen sich in funktionell-radiologischen

Verfahren feststellen.

Die kompensatorische Fähigkeit von frühzeitig erblindeten Personen, Geräusche mit

größerer Präzision zu lokalisieren, wurde in vielen Studien beschrieben. Rauschecker [82]

belegte eine Expansion der auditorisch determinierten Kortexareale in benachbarte,

parietale Gebiete, die sonst von visuellen Funktionen beansprucht wurden, bei Menschen

mit frühzeitiger Erblindung. Das cerebrale System scheint die visuelle Deprivation durch

eine größere, auditorische Kompetenz ausgleichen zu wollen. Dies liefert ein weiteres

Beispiel für die kortikale Reorganisation im Sinne der „cross-modal“-Plastizität.

Die anatomisch-morphologischen Grundlagen der auditorischen Maturation und der

cerebralen Plastizität erforschte die Arbeitsgruppe um Kral [44]. In auditiv-deprivierten

Tiermodellen konnten elektrophysiologische Untersuchungen Veränderungen im

auditorischen Kortex zeigen, die hauptsächlich durch eine reduzierte Cochleotopie und

Mangel an corticocortikalen und corticothalamischen Bahnen gekennzeichnet waren.

Beweisend hierfür wurden interlaminäre Veränderungen des Kortex und das Fehlen von

Potentialen später Latenz angeführt. Möglicherweise kann diese mangelnde Cochleotopie

im weiteren Verlauf bei spät implantierten CI-Trägern zu Kanalinteraktionen führen.

1. Einleitung

22

Zusätzlich kann die Fähigkeit zur „cross-modal“-Plastizität der multimodalen

Kortexregionen das Übergreifen visuell synaptischer Verbindungen auf übergeordnete

Sprachregionen bahnen und so die auditorischen Projektionen in diese Areale bei spät

implantierten Menschen verhindern. Dadurch wird eine insuffiziente Aktivierung der

Sprach- und Sprachverständnisfelder verursacht. Kennzeichnenderweise unterliegen die

primären, auditorischen und visuellen Rindenfelder kaum diesen cross-modalisierenden

Veränderungen.

Nach Kral kann die kortikale Entwicklung in zwei Abschnitte eingeteilt werden. Die erste

Phase ist genetisch determiniert, erstreckt sich bis zu einem Jahr postnatal und beinhaltet

eine rapide Synaptogenesis. Während die zweite Phase der Maturation durch ein

Konkurrieren von Stabilisation und Elimination der neuronalen Bahnen geprägt ist. Die

molekulargenetischen Grundlagen hierzu sind bisher noch nicht geklärt und eine Vielzahl

an neuronalen, inhibitorischen und exzitatorischen Transmittern und Rezeptortypen spielt

hierbei eine Rolle. Dies führt zu einem Untergang von nahezu 50 % der ursprünglich

angelegten, synaptischen Verbindungen. Diese Veränderungen vollziehen sich im

sensorischen Kortex vom zweiten Lebensjahr bis zur Adoleszenz.

Kinder erfahren in den ersten acht bis zehn Monaten eine Reifung der phonologischen

Perzeption [63]. Während die semantischen Fähigkeiten in den ersten zwei bis vier Jahren

erworben werden, findet der Erwerb der Syntaktik erst seinen vollständigen Abschluss im

Alter von 15 Jahren.

1. Einleitung

23

1.4. Einteilung der Hörstörungen

Schwerhörigkeiten werden aufgrund der anatomischen Lokalisation der Störung eingeteilt.

Schalleitungsstörungen

Hörstörungen, deren Genese im Bereich des Gehörgangs oder des Mittelohrs liegt, z.B.

durch Zerumen, bei Paukenergüssen, bei Otosklerose im Bereich des ovalen Fensters.

Der Inzidenzgipfel der Schallleitungsschwerhörigkeiten liegt bei Kindern zwischen dem 4.

Monat und dem Ende des 2. Lebensjahres.

Schallempfindungsstörungen

Hörstörungen, deren Ursache in der Funktion der Cochlea oder weiter zentripetal auf

neuronaler Ebene zu suchen ist.

Als Untergruppe wird für Hörstörungen, deren Ursprung in denen der Cochlea

nachgeschalteten Strukturen liegt, der Begriff retrocochleär verwendet. Einige Autoren

benutzen diesen Terminus allerdings nur für Störungen, die den Hörnerv selbst betreffen,

z.B. bei einem Akustikusneurinom, und grenzen davon Hörstörungen im Bereich des ZNS

als zentrale Hörstörungen ab.

Der Begriff sensorineurale Hörstörung bezeichnet eine kombinierte Hörstörung, die

sowohl die Cochlea als auch die neuronalen Strukturen betrifft.

Gradeinteilung der Schwerhörigkeiten

Eine Einteilung der Hörstörung nach verschiedenen Schweregraden zeigt folgende Tabelle.

Tabelle 3: Einteilung des Grades der Schwerhörigkeit [74]

Bezeichnung Hörverlust in dB Hörverlust in %

normales Gehör < 20 dB 0 -20 %

geringgradiger Hörverlust 20 - 40 dB 20 – 40 %

mittelgradiger Hörverlust 40 – 60 dB 40 – 60 %

hochgradiger Hörverlust 60 – 90 dB 60 – 80 %

an Taubheit grenzender

Hörverlust

90 – 110 dB 80 – 95 %

Taubheit > 110 dB 100 %

1. Einleitung

24

Dabei muss jedoch berücksichtigen werden, dass der Grad der persönlichen

Beeinträchtigung auch von individuellen und sozialen Faktoren bestimmt wird.

Unter Taubheit versteht man den Verlust der Hörfähigkeit, wohingegen Gehörlosigkeit das

Fehlen der Hörfähigkeit umschreibt [74]. Da der Hörsinn im letzteren Fall nicht

ausgebildet ist, können die zentralen Konzepte der Lautsprache nicht spontan entwickelt

werden.

1. Einleitung

25

1.4. Audiologie

Die Audiologie beschäftigt sich mit der Funktion und den Störungen des Hörorgans. Unter

der Audiometrie werden Verfahren zur Prüfung des Hörorgans verstanden.

Neben Inspektion und Otoskopie bedient man sich verschiedener verhaltensorientierter,

psychoakustischer und elektrophysiologischer Verfahren, um Hörstörungen zu

diagnostizieren.

Im Folgenden soll besonders auf die Audiometrie im Kindesalter eingegangen werden

1.4.1. Subjektive Audiometrie

Bereits ab der Geburt können reflexaudiometrische Verfahren zum Einsatz kommen, die

aber aufgrund der sehr großen Störanfälligkeit und geringeren Reliabilität eher als

Screeningmethode außerhalb der Kliniken oder nur ergänzend zur Anwendung kommen.

Die Beobachtungsaudiometrie kann ab dem 6. Lebensmonat durchgeführt werden. Die

Spielaudiometrie ist ab dem Ende des 2. Lebensjahres möglich.

1. Reflexaudiometrie

In der Reflexaudiometrie werden folgende, durch akustische Reize über 70 dB ausgelöste,

Reflexe überprüft:

Moro-Reflex, Auropalpebraler Reflex, Atmungsreflex, Überraschungsreflex.

Die Störanfälligkeit ergibt sich aus der unterschiedlichen Reflexbereitschaft seitens des

Kindes und der Notwendigkeit eines erfahrenen Untersuchers. Eine Beurteilung der

Hörschwelle ist mit diesem Verfahren, da die Reflexe erst ab Schalldruckpegeln über 70

dB auslösbar sind, nicht möglich.

2. Beobachtungsaudiometrie

Diese Verfahren finden zwischen dem 6. und ca. dem 18. Lebensmonat Anwendung, wenn

die Kinder zu einer aktiven Mitarbeit noch nicht fähig sind bzw. sich Kinder weigern.

Man unterscheidet Ablenktests (Behavioral Observation Audiometry BOA) und

Freifeldaudiometrie mit Konditionierung (Visual Reinforcement Audiomerty VRA).

1. Einleitung

26

Hierbei müssen besonders zur Interpretation der Ergebnisse das Entwicklungsalter, eine

adäquate Untersuchungsdauer, die Vigilanz des Kindes und die

Untersuchungsbedingungen (Raum, Begleitperson) berücksichtigt werden.

Ab dem 4. Lebensmonat ist ein Kind in der Lage, eine Schallquelle zu lokalisieren. Dies

wird überprüft, indem der Prüfer dem anderweitig beschäftigten Kind in geeigneter

Entfernung ein Schallereignis anbietet. Danach soll eine Kopfdrehung des Kindes zur

Schallquelle hin im Idealfall erfolgen.

Die Ablenktests werden als Aussonderungsverfahren verwendet und müssen bei

auffälligen Befunden durch objektive Testverfahren verifiziert werden.

Zur quantitativen Bestimmung des Hörvermögens wird die Freifeldaudiometrie benutzt.

Dabei wird das stärkere Interesse für visuelle Reize in diesem Lebensalter unterstützt, um

mehr Antworten in einer Untersuchung zu erzielen. Zugleich wird die Reproduzierbarkeit

der Antwort erhöht. Dem Kind werden akustische Reize angeboten und die gewünschte

Reaktion, nämlich die suchende Kopfwendung, durch einen visuellen Stimulus

konditionierend belohnt. Dies wirkt der Habituation auf akustische Reize entgegen. Nach

erfolgter Konditionierung des Kindes können sowohl verschiedene Frequenzen, als auch

Lautstärken geprüft werden. Eine seitendifferente Prüfung der Hörfunktion beider Ohren

ist nicht möglich.

3. Spielaudiometrie

Ab ca. dem zweiten Lebensjahr sind Kinder in der Lage an der Spielaudiometrie im

Freifeld teilzunehmen. Dabei erfolgt eine Hörschwellenbestimmung auf spielerische Weise

mittels Konditionierung. Das Kind darf nach erfolgter Konditionierung auf angebotene

Prüftöne oder auf das Verstummen von Tönen mit der Durchführung eines vorher

festgelegten Spiels reagieren.

4. Hörschwellenaudiometrie

Eine aktive Mitarbeit ist bei normal entwickelten, kooperativen Kindern ab vier Jahren

möglich.

Beim Tonaudiogramm wird die Hörschwelle für Sinusschwingungen verschiedener

Frequenzen seitengetrennt für Knochen- und Luftleitung über Kopfhörer ermittelt.

1. Einleitung

27

5. Orientierende Sprachprüfung

Bei dieser Prüfung des Sprachgehörs kann orientierend das Ausmaß einer Schwerhörigkeit

eingeschätzt werden und eine Seitendifferenz zwischen rechtem und linkem Gehör bei

jeweils kontralateraler Vertäubung registriert werden.

6. Kindersprachaudiometrie

Dieses Testverfahren ist einer bestimmten Fehleranfälligkeit unterworfen. Es hängt von der

sprachlichen Umgebung, dem Entwicklungsstand des Kindes und vom Untersucher ab.

Kinder mit Hörbeeinträchtigung verfügen je nach Schweregrad über ein unterschiedlich

großes Vokabular und kennen daher manche im Test benutzten Wörter nicht, auch wenn

der Test altersentsprechend konzipiert ist. Den Kindern werden bestimmte Wörter

vorgegeben, die sie nachsprechen sollen oder anhand von Bildmaterial zeigen sollen.

Man unterscheidet länder- und sprachabhängig eine Vielzahl verschiedener Tests:

- sprachaudiometrischer Bildertest

- Basler Kindersprachtest

- Kleinkinder-Satzsprachaudiometrie-Test

- Mainzer Kindersprachtest, 3 altersabhängige Abschnitten

- Göttinger Kindersprachverständnistest, 2 altersabhängige Abschnitte

- Heidelberger CVC-Audiometrie (Konsonant-Vokal-Konsonant), besondere

Beachtung der Phonembewertung

- Freiburger Sprachtest, für Erwachsene

Besonders bei der Hörgeräteanpassung findet die Sprachaudiometrie Verwendung.

7. Überschwellige Audiometrie

Diese Testverfahren sollen Aufschluss über den Schädigungsort im akustischen System –

kochleär, retrokochleär, zentral - gegeben. Zur Diagnostik zentraler Hörstörungen bei

Kindern werden folgende unstandardisierte Tests benutzt:

Tests mit veränderter Stimme: - Dichotischer Test (Uttenweiler)

- Zeitkomprimierter Test (Nikisch)

- Modifikationen des Mainzer Kindersprachtest (mit

bandbassgefilteter Stimme, mit Störgeräuschen,

binauraler Summationstest)

1. Einleitung

28

Tests zur auditiven Perzeptionsprüfung: - Prüfung des Richtungshören

- Prüfung der Tonhöhenunterscheidung

- Prüfung der Geräuschdiskrimination

- Prüfung der Phonemdiskrimination

- Prüfung der Hör-Merk-Spanne

Eine Unterscheidung zwischen zentralen, auditorischen Verarbeitungsstörungen und

peripheren Hörstörungen nur mit diesen Testverfahren ist unzureichend.

Besonderheiten der Kinderaudiometrie

Beim Säugling und Kleinkind liegt die absolute Hörschwelle physiologisch bei höheren

Pegeln im Vergleich zum Erwachsenen und erreicht erst zwischen dem 6. und 11.

Lebensjahr fast das Niveau des Erwachsenen.

Kleinkinder werden aufgrund einer höheren Verdeckungswirkung von Geräuschen auf

Töne schneller in ihrer Wahrnehmung vom Störlärm beeinträchtigt als Erwachsene. Die

Maskierungspegel liegen niedriger.

Auch die Fähigkeit, Frequenzen zu unterscheiden, verbessert sich zumindest im Bereich

für 500 - 1000 Hz erst mit steigendem Lebensalter.

1.4.2. objektive Audiometrie

Bei dieser Art der Hörprüfung ist man von der aktiven Mitarbeit des Probanden

weitgehend unabhängig. Diese Untersuchungen stellen eine Ergänzung zu den vorherigen

Prüfungsmethoden dar bzw. spezifizieren deren Ergebnisse näher. Die objektiven

Verfahren werden vor allem in der Diagnostik von Hörstörungen bei Kleinkindern, sowie

bei kognitiv eingeschränkten Patienten eingesetzt.

1. Impedanzaudiometrie

Hierbei wird der Widerstand eines Teils des akustischen Systems – hier: das Mittelohr -

gemessen, der der Schallwellenenergie entgegengesetzt wird.

Wird viel Schallenergie reflektiert, ist die Impedanz des akustischen Systems hoch. Um die

Impedanz zu messen, wird eine Sonde, die einen Ton einer bestimmten Frequenz generiert,

1. Einleitung

29

im Gehörgang platziert. Über ein integriertes Mikrophon kann der reflektierte Schallanteil

im luftdicht abgeschlossenen Gehörgang aufgenommen werden.

Als Messergebnis interessiert die Impedanzänderung, die das akustische System durch

Manipulation der Umgebungsbedingungen (Über- oder Unterdruck im Gehörgang) erfährt.

Bei Veränderungen im Bereich des äußeren Gehörgangs und des Mitteohrs, z. B. bei einem

Paukenerguss, zeigen sich abnorme Kurvenverläufe.

2. Stapediusreflex

Der physiologische Stapediusreflex verursacht eine Impedanzänderung des akustischen

Systems. Ab einer bestimmten Lautstärke kontrahiert sich der M. stapedius reflektorisch,

was wiederum eine Versteifung der Gehörknöchelchenkette bewirkt und somit die

Impedanz erhöht. Dieser physiologische Reflex kann durch ipsilaterale oder kontralaterale

Beschallung eines Ohres provoziert werden. Bei korrekter Reflexantwort spricht dies für

einen intakten akustikofazialen Reflexbogen, gekreuzt oder ungekreuzt. Ursache für den

Ausfall des Stapediusreflexes bzw. für die Erhöhung der Reflexschwelle kann jede

einzelne Reflexkomponente sein: M. stapedius, N. fazialis, Hirnstamm, Cochlea und

Hörnerv, Mittelohr.

3. Otoakustische Emissionen (OAE)

Otoakustische Emissionen entstehen durch die biomechanische Verstärkertätigkeit der

äußeren Haarzellen. Sie wurden als erstes von Kemp 1978 beim Menschen beschrieben

[40]. Obwohl schon 1948 Gold [36] die Existenz von verstärkenden Mechanismen in der

Cochlea aufgrund von theoretischen Überlegungen postulierte.

Die von den äußeren Haarzellen generierten Schallwellen werden retrograd via

Gehörknöchelchenkette nach außen abgegeben und können im äußeren Gehörgang von

speziellen Sonden detektiert werden. Voraussetzung für die Weiterleitung dieser

Schallenergie ist die normale Funktion des Mittelohrs.

Der Nachweis von OAEs zeigt funktionsfähige äußere Haarzellen an. Aussagen über die

Intaktheit der inneren Haarzellen oder der übergeordneten Strukturen, also der

Spiralganglienzellen, des Hörnervens und des Hirnstamms, sind hiermit nicht möglich.

Eine Registrierung von OAEs bei einem kochleären Hörverlust von über 30 dB oder bei

einem Paukenerguss im Mittelohr entfällt und limitiert so die Aussagefähigkeit und

Anwendbarkeit der Meßmethode. Ein vollständiger Verlust der äußeren Haarzellen würde

1. Einleitung

30

einen Anstieg der Hörschwelle pantonal durch Ausfall der Verstärkerfunktion von 40 dB

verursachen.

Anwendung finden die OAEs besonders in der Früherkennung kindlicher Hörstörungen

aufgrund ihrer simplen Anwendbarkeit, des geringen Zeitaufwandes, der fehlenden

Invasivität der Methode und der relativen Unabhängigkeit von der Vigilanz. Bei

Erwachsenen dienen sie unter anderem der Überwachung der kochleären Funktion bei

Applikation ototoxischer Substanzen, z.B. bei Chemotherapie.

Man unterscheidet spontane OAEs von akustisch ausgelösten OAEs, den evozierten OAEs.

Je nach Art der Stimulation werden die OAEs eingeteilt:

- SOAE: spontane OAE, ohne Reiz, nur bei 50 % der Normalhörenden

nachweisbar, Frquenzbereich 500 Hz bis 7 kHz

- DPOAE: Distorsions-Produkt-OAE, durch Stimulation mit zwei verschieden

frequentigen Dauertönen entstandene, akustische Verzerrungen der

Haarzelltätigkeit, Frequenzbereich 1 kHz bis 8 kHz

- TEOAE: transistorisch evozierte OAE, durch kurze Reize in Form von Klicks

provozierte OAEs, Frequenzbereich 1 kHz bis 5 kHz,

Amplitude bei Säuglingen und Kleinkindern um 10 dB größer als bei

Erwachsenen [41] Vorteil bei Screening-Untersuchungen

- SPOAE: Stimulus-Frequenz-OAE, klinische Anwendung gering.

4. Auditorisch evozierte Potentiale (AEP)

Der elektrophysiologische Vorgang des Hörens spiegelt sich in den an der

Schädeloberfläche messbaren, bioelektrischen Potentialänderungen wieder.

Um störende, unbeabsichtigte Potentialänderungen des EEGs, z. B. motorische Potentiale

zu eliminieren, wird der akustische, reizbezogene EEG-Abschnitt so oft wiederholt bis sich

reizunabhängige, positive und negative Potentialänderungen gegenseitig aufheben. Diesen

Vorgang nennt man Mittelung. Durch Mittelung (in der Regel 1000 bis 2000

Reizdarbietungen), sowie Differenzableitung, Verstärkung und Filterung wird die Ratio

von evozierten Potentialen zu Störpotentialen verbessert.

Je nach ihrer Latenzzeit, dass heißt der Zeitspanne zwischen Stimulation und Reizantwort,

werden Potentialänderungen distinkten, anatomischen Strukturen entlang der Hörbahn

zugeordnet.

1. Einleitung

31

Für die Messung der AEP verwendet man Reize von kurzem Anstieg und Dauer (Klicks

und Tonbursts), um eine synchrone Aktion der Neurone zu erzielen.

- cochleäre Potentiale: Latenz von 1 - 3 ms, Verarbeitung in der Cochlea oder

im peripheren Anteil des Hörnervs

- Potentiale früher Latenz: bis 10 ms, Ursprung Hirnstamm, synonym:

BERA (Brainstem electric response audiometry),

ABR (auditory brainstem responses),

BAEP (brainstem auditory evoked potentials)

- Potentiale mittlerer Latenzen: 10 - 100 ms, Ursprungsort Thalamus und primärer

auditorischer Kortex, synonym:

MAEP (mittlere auditorisch evozierte Potentiale),

AMLR (auditory middle latency responses)

- Potentiale später Latenzen: 100 - 1000 ms, generiert von akustischen Projektionsrinde,

synonym: SAEP (späte auditorisch evozierte Potentiale),

CAEP (cortical auditory evoked potentials),

CERA (cortical electric response audiometry)

Klinische Anwendung findet besonders die Ableitung der frühen Hirnstammpotentiale im

Schlaf, unter Sedierung oder in Narkose zur Aufdeckung von Hörstörungen. Hierbei

werden kurze Stimulations-Klicks verschiedener Frequenzen via Kopfhörer gegeben. Bei

normalem Gehör kommt ein typisches EEG-Bild mit 5 bis 6 charakteristischen Wellen zur

Darstellung, die nach Jewett, nummeriert mit römischen Zahlen, bestimmten anatomisch-

morphologischen Strukturen zugewiesen werden können.

Beurteilt wird hier: - Morphologie und Muster

- Reaktionsschwelle

- Absolute Latenz der Wellen I, III, V

- Interaurale Latenzdifferenz

- Interpeaklatenzen zwischen I-III, I-V, III-V

- Reizstärke (Pegel)-Latenzkennlinien

- Amplituden der Wellen I, III, V

1. Einleitung

32

Abb. 1: Darstellung BERA mit zugehöriger Ursprungslokalisation

(Quelle: Zentrum für Kinder und Jugendliche Altötting)

Diese Messgrößen hängen von den Untersuchungsbedingungen, der Beschaffenheit des

Schallleitungsapparats, der Cochlea, dem N.acusticus und den akustischen Bahnen im

Hirnstamm ab. Für die Verarbeitung ist eine neuronale Synchronisation unabdingbar.

Die frühen Potentiale sind weitgehend unabhängig von Narkotika und benötigen keinerlei

Unterstützung seitens der Bewusstseinslage des Patienten im Gegensatz zu den späten

Potentialen. Daher eignen sie sich besonders zur Ermittlung der Hörschwelle bei Kindern

unter Sedierung oder in Narkose.

Schallleitungsschwerhörigkeiten stellen sich als Verschiebung der Pegellatenzfunktionen

aller Wellen entlang der Intensitätsachse ohne Veränderung der Steilheit der Funktion dar.

Der Reizpegel der Nachweisschwelle für das Potential V liegt in der Regel 10 dB über der

Hörschwelle. Eine Einschränkung erfährt diese Methode, da sie in der Praxis vor allem das

Gehör für mittlere und hohe Frequenzen prüft. Die Hörfunktion im Tieftonbereich kann

daher mit der BERA nur unzureichend beurteilt werden.

Anhand der Interlatenz zwischen den Wellen I und V, sowie der Steilheit der Pegel-

Latenz-Funktion können Aussagen über einen cochleären oder retrocochleären Ursprung

der Hörstörung getroffen werden. Bei Interlatenzen I-V über 4.3 ms besteht der Verdacht

auf eine retrocochleäre Störung, z.B. ein Akustikusneurinom.

Rückschlüsse aus histopathologischen Studien [2] legen nahe, dass bei einem selektiven

Verlust der IHZ (inner hair cells) mehr als 70 % theoretisch betroffen sein müssen, um

einen Hörschwellenverlust in der BERA detektierbar zu machen.

1. Einleitung

33

Tabelle 4: Fragestellungen / Indikationen zur BERA

audiologisch - Hörschwellenbestimmung unkooperative Erwachsene

- Schallleitungs-/ Innenohr-/ retrocochleäre Störungen

- Innenohrdiagnostik bei Vertäubungsproblemen

pädaudiologisch - Schwellenbestimmung bei Säuglingen/ Kleinkindern

- Screening

- Innenohrdiagnostik bei Missbildungen

- Vorwahl und Überprüfung bei Hörgerätanpassung bei

Kindern

Reifung Hörbahn

Diagnostik oto/neurolog. - Akustikusneurinom

- M.Meniere

Intraoperatives

Monitoring

5. Elektrocochleographie (ECochG)

Die Ableitung der kochleären Mikrophonpotentiale (CM), der Summationspotentiale (SP)

und des Summenaktionspotentials (SAP bzw. CAP für compound action potential) fasst

man unter dem Begriff Elektrocochleographie zusammen. Bei dieser erfolgt die Erfassung

der elektrophysiologischen Veränderungen durch eine transtympanal auf das

Promontorium aufgebrachte Nadelelektrode.

Die charakteristischen Größen sind:

- cochleäre Mikrophonpotentiale (CM): präsynaptischer Ursprung, reizsynchrone

Wechselspannungspotentiale der äußeren

Haarzellen

- Summationspotentiale (SP): präsynaptisch, reizsynchrones Gleichspannungs-

potential

- Summenaktionspotential (CAP): postsynyptisch, je nach Reizform und Reizpegel ein-

oder mehrphasig, Latenzzeit von 1.5 bis max. 6 ms,

generier durch Überlagerung der Hörnerven faser-

potentialen, Nachweis bestätigt Funktionsfähigkeit

afferenter Nervenzellen (Spiralganglienzellen)

1. Einleitung

34

Der Funktionszustand der Kochlea kann im ECochG abgebildet werden. Dabei ist die

transtympanale ECochG bei hochgradigen Schwerhörigkeiten bezüglich der Sensitivität

der BERA überlegen. Allerdings benötigt man für die ECochG bei Kleinkindern zur

Platzierung der Elektrode und Messung eine Narkose.

6. Elektrisch evozierte akustische Potentiale

Diese Potentiale entstehen durch eine elektrische Reizung via Promontoriumselektrode

oder bei CI-Trägern via implantierte Elektrode. Durch die Reizung kann eine auditive

Wahrnehmung ausgelöst werden. Während die Morphologie und das Muster den

Potentialen akustischen Ursprungs entsprechen, ist eine Verkürzung der Latenzzeiten der

frühen und mittleren Potentialen zu verzeichnen. Der Vorgang unterliegt einer

ausgeprägten Habituation.

1. Einleitung

35

1.6. Ätiologie und Genese frühkindlicher Hörstörungen

Frühkindliche Hörstörungen können aufgrund ihrer Ätiologie einteilt werden. Nach

Schätzungen sind 19 % der frühkindlichen Hörstörungen erworben, davon zu je einem

Drittel prae-, peri- und postnatal. Eine genetische Ursache wird bei 35 % der Kinder

zugrunde gelegt, während bei den restlichen 46 % die Genese unklar ist [96].

Da die Audiologie bei Kindern bestimmten Limitierungen – zeitliche Aufwendigkeit der

BERA, Verfügbarkeit - unterworfen ist, sind die Kenntnisse zur Progredienz bei

frühkindlichen Hörstörungen im Vergleich zu Erwachsenen beschränkt.

Das DZH (Deutsches Zentralregister für Kindliche Hörstörungen) schätzt den Anteil an

progredienten, sensorineuralen Hörstörungen bei Kindern auf ungefähr 10 %.

Im Folgenden werden die Ursachen für sensorineurale Schwerhörigkeiten im Kindesalter

näher beleuchtet.

1.5.1.Erworbene Hörstörungen

1. Infektionen

Eine Reihe von Erregern (Viren, Protozoen, Bakterien) werden angeschuldigt,

Hörstörungen bei Kindern zu verursachen. Der Schädigung kann prä-, peri- oder postnatal

erfolgen.

- Rötelnembryopathien (pränatal)

- Cytomegalievirus (pränatal)

- Toxoplasmose (pränatal)

- Treponema pallidum, Syphilis (prä, perinatal)

- Masern (prä-, postnatal)

- Mumps (prä-, postnatal)

- Varizella-Zoster-Virus (postnatal)

- Adenoviren (perinatal)

- Orthmyxoviren (perinatal)

- Herpes simplex-Virus (perinatal)

- Meningitis (postnatal)

1. Einleitung

36

2. ototoxische und teratogene Substanzen

Hier sind besonders durch Thalidomid, Chloroquin, fetalem Jodmangel, Hypervitaminose

A und Warfarin verursachte Hörstörungen zu erwähnen [102]. Die Schädigung der

Haarzellen durch Aminoglykoside ist belegt.

3. Trauma

Traumen im Bereich des Hörorgans können sowohl je nach Schädigungslokalisation zur

Schalleitungs- als auch Schallempfindungsschwerhörigkeit führen. Ein erweiterter

Aquäductus vestibularis als anatomischer Sonderfall prädisponiert bereits bei

geringfügigen Traumen zu einer Hörstörung, die fluktuierend verlaufen kann.

Hiermit assoziiert man eine Mutation in DFNB4 ( SLC26A4 ) [72].

4. Metabolische Störungen

Als häufigster, metabolischer Störfaktor ist hierbei die Hyperbilirubinämie zu nennen.

Der schädigende Einfluss betrifft die Kochleariskerne, den olivären Komplex, die

aufsteigende Hörbahn bis zum Colliculus inferior des Mittelhirns, sowie den Hörnerven

selbst und die Spiralganglienzellen.

5. Frühgeburtlichkeit und Unreife

Die Frühgeburtlichkeit und damit verbundene Unreife der Organsysteme zusammen mit

einem niedrigen Geburtsgewicht stellen einen weiteren Risikofaktor für eine Hörstörung

dar. Häufig sind hier koexistierende Risikofaktoren, wie Langzeitbeatmung, Applikation

ototoxischer Substanzen, Sepsis usw. zu verzeichnen, die sich gegenseitig potenzieren.

1.5.2. Genetisch bedingte Hörstörungen

Der überwiegende Teil der Hörstörungen ist genetisch bedingt; einige Schätzungen gehen

sogar von ca. 60 % aus [61]. Dabei findet sich eine isolierte Hörstörung bei ca. 66 % und

bei 33 % tritt sie im Symptomenkomplex syndromal auf.

Hörstörungen finden sich gehäuft bei Patienten mit mitochondrialen Störungen. In einer

Metaanalyse kamen Gold und Rapin [24] zu dem Ergebnis, dass zwei von drei Patienten

mit einer mitochondrialen Störung eine progressive, sensorineurale Hörstörung entwickeln.

1. Einleitung

37

Aufgrund des maternalen Vererbungsmodus der mitochondrialen Störungen besteht für

alle weiteren Kinder ebenfalls das Risiko für eine abhängig vom Gendefekt isolierte oder

im Symptomenkomplex auftretende Hörstörung.

Syndromale Hörstörungen werden aufgrund zusätzlicher, eventuell äußerlicher

Merkmalsausprägung schneller erkannt, bzw. bei einer auffälligen Anomalie wird das Kind

auf weitere z.B. kochleäre und zerebrale Störungen hin untersucht. Bei nicht syndromalen

Hörstörungen erfolgt die Diagnosestellung häufig erst später, sofern ein Hörscreening

unterbleibt.

1. nicht syndromale Hörstörungen

Diese werden nach ihrem Erbgang in autosomal-dominant, autosomal-rezessiv, X-

chromosomal und mitochondrial bedingten Störungen unterschieden.

Typisch für die ca. einen Anteil von 15 % ausmachenden, autosomal-dominanten

Störungen ist der postlinguale, progrediente, mittel- bis hochgradige Hörverlust.

Die 80 % autosomal-rezessiven Störungen weisen folgende Charakteristika auf: prälingual,

hochgradiger Hörverlust.

2-3 % sind mitochondrial oder X-chromosomal vererbt und verlaufen häufig progredient.

Bei den hereditären, nicht syndromalen Hörstörungen handelt es sich um eine heterogene

Gruppe. Ca. 40 Gene sind für den autosomal dominaten Erbgang bei non-syndromaler,

schwerer Hörstörung bekannt und weitere 30 Genveränderungen verhalten sich autosomal-

rezessiv [8].

Meistens handelt es sich dabei um fehlerhafte Gene, die für Connexine codieren. Diese

Connexine sind Anteile der gap junctions zwischen den Zellen und ermöglichen so die

Ionenströme. So konnten Lopez-Bigas [51] eine Mutation im Genabschnitt für Connexins

31 nachweisen, die zur Hörminderung und peripheren Neuropathie führte. Für diese

Hörminderung waren sowohl Fehlfunktionen in der Cochlea als auch im Hörnerven selber,

nachgewiesen durch BERA-Untersuchungen, verantwortlich. Es stellte sich heraus, dass

Connexin 31 im Hörnerv und in der Cochlea exprimiert wurde.

Dem Connexin 26 (GJB2) werden nach übereinstimmender Meinung bis zu 50 % der

prälingualen, non-syndromalen, sensorineuralen Hörstörungen in einigen Populationen -

unter anderem auch in der kaukasischen und europäischen Population - zugeordnet [42].

Dabei vermutet man eine Störung der cochleären Kalium-Zirkulation, die für die

Aufrechterhaltung des Ruhepotentials essentiell ist, aufgrund fehlerhafter Gap Junctions.

1. Einleitung

38

Die Störung kann kongenital auftreten oder macht sich erst in den ersten Lebensmonaten

mit einer rapiden Progression bemerkbar.

2. syndromale Hörstörungen

Am häufigsten sind hierbei vertreten die Trisomie 21, Waardenburg-Syndrom, Goldenhar-

Syndrom, Pendred-Syndrom, Franceschetti-Syndrom, Usher-Syndrom, Pierre-Robin-

Sequenz, Mucopolysaccharidose, CHARGE-Assoziation und das BOR-Syndrom [96].

Eine Vielzahl von Syndromen mit Beeinträchtigung des Hörvermögens ist zurzeit bekannt.

Im Jahr 2002 betrug der Anteil der im DZH gemeldeten syndromalen Hörstörungen

gemessen an allen 9 %.

Eine seltene Punktmutationsvariante kann eine Form der Charcot-Marie-Tooth (CMT)

Erkrankung hervorbringen, die dann durch eine zusätzliche Hörstörung charakterisiert wird

und die wahrscheinlich auf einer Demyelinisierung des N. vestibulocochlearis beruht. Dies

ist aufgrund der fehlenden Antwort in der BERA reproduzierbar [86].

1. Einleitung

39

1.8. Folgen frühkindlicher Hörstörungen

Die Ausprägung der Beeinträchtigung eines Kindes aufgrund einer Hörstörung ist von

folgenden Faktoren abhängig:

- Grad der Schwerhörigkeit

- uni- oder bilateral

- zusätzliche Behinderungen

- prä- oder postlinguales Auftreten

Bei geringgradigen Schwerhörigkeiten muss der Betroffene entweder nur kleine

Einschränkungen in auditiv-anspruchsvollen Situationen, z.B. erschwerte Diskrimination

bei hohen Störschallpegeln im Fußballstadion, hinnehmen. Bei hochgradigen

Schwerhörigkeiten hingegen erhält er kaum Höreindrücke. Der Grad der Hörminderung

bestimmt den Grad der Einschränkung in der kindlichen Sprachentwicklung und den

sozialen Interaktionen.

Schon eine geringgradige Hörminderung hat Einfluss auf den Sprachentwicklungsprozess,

z.B. benutzt das Kind länger Zwei-Wort-Sätze als seine Altersgenossen oder hat eine

undeutliche Aussprache. Durch therapeutische Interventionen, sowie durch frühfördernde

Maßnahmen kann dies kompensiert werden und das Kind an seinen altersentsprechenden

Entwicklungsstand herangeführt werden. Diese Kinder können in der Regel den

Kindergarten und die Regelschule besuchen.

Kinder mit leicht- bis mittelgradiger Hörminderung wirken in der Schule häufig

unkonzentriert. Das Verfolgen des normalen Unterrichts verlangt ihnen viel mehr

Aufmerksamkeit ab als den Klassenkameraden. Folgen sind häufig schlechtere Noten, eine

Schulunwilligkeit bis zur Verweigerungshaltung, eventuell das Einfügen in den Part des

Klassenclowns als Kompensationsmechanismus.

Bei frühkindlichen, hochgradigen Schwerhörigkeiten oder Gehörlosigkeit kann - werden

nicht rechtzeitig rehabilitative, supportive Maßnahmen eingeleitet - der normale

Spracherwerb aufgrund mangelnder, auditorischer Eindrücke nicht entwickelt werden. Ab

einem beidseitigen Hörverlust über 60 dB ist ein spontanes Erlernen von Sprache und die

Entwicklung eines offenen Sprachverständnis nicht möglich [70]. Dies hat Auswirkungen

auf die Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit und führt zwangsläufig zur

Ausgrenzung aus der Altersgruppe. In der Regel ist der Besuch einer Schule für

hörbeeinträchtigte Kinder notwendig. Die Benutzung der Gebärdensprache separiert und

1. Einleitung

40

exponiert die Kinder zusätzlich, da diese natürlich nur einem kleinen Bevölkerungsanteil

geläufig ist. Die Lautsprache muss mühsam antrainiert werden; wobei Differenzen

aufgrund fehlender, eigener akustischer Rückkopplung in Bezug auf Melodik und

Artikulation immer bestehen bleiben.

Aktivitäten, wie z. B. Reisen in fremde Länder, gestalten sich organisatorisch aufwendiger.

Eine Gehörlosigkeit erfordert vom Betroffenen und Familie ein gesteigertes Maß an

Durchsetzungsfähigkeit und Engagement, besonders in sozialer und beruflicher Hinsicht.

Chancengleichheit besteht trotz der Bemühungen auf legislativer und exekutiver Ebene

sicherlich nicht.

Ein einseitiger Hörverlust, egal ob leicht oder hochgradig, kann bis zu einem gewissen

Grad vom kontralateralen Ohr kompensiert werden. Auch mit einem monauralen

Höreindruck ist der Erwerb der Sprache möglich.

Allerdings besteht bei nur einseitigem Hörerlebnis eine geringe Verschlechterung der

Hörschwelle mit einem Einfluss auf das Sprachverständnis [4]. Das Richtungshören ist an

die Präsenz eines binauralen Hörsystems gebunden und beim Lokalisieren von

Schallquellen treten mit zunehmender Differenz der Hörleistung der Ohren vermehrt

Fehler auf. Durch den „Zerhack“-Effekt ist es binaural Hörenden möglich, den

fokussierten, akustischen Stimulus vom Störschall zu separieren. Hierdurch ist die

Hörkompetenz in akustisch anspruchsvollen Situationen, wie zum Beispiel im

Klassenlärm, gewährleistet.

Behinderungen in anderen Bereichen beeinflussen in vielfältiger Hinsicht zusätzlich die

Lebensqualität des hörgeschädigten Kindes. Beispielweise sei hier nur die

Beeinträchtigung des visuellen und auditorischen Systems beim Usher-Syndrom genannt,

wodurch die Kontaktaufnahmen und die notwendigen, sozialen Zuwendungen auf taktile

Reize beschränkt sind. Gerade Kinder mit Behinderungen im visuellen System sind auf

eine möglichst optimale Rehabilitation des akustischen Systems angewiesen, da das

akustische System leichter Therapieansatzpunkte bietet als das visuelle, z. B. in Form einer

CI- oder Hörgeräteversorgung.

Zusätzliche Behinderungen können aber auch die Therapieoptionen einschränken, nicht

zuletzt aufgrund ökonomischer Bedenken der Leistungsträger, von denen die Gewährung

der finanziellen Mittel in der Regel abhängt. Unbestreitbar erschwert eine geistige

1. Einleitung

41

Behinderung die CI-Anpassung und macht ein langsameres Vorgehen notwendig.

Allerdings profitieren auch Kinder mit Mehrfachbehinderungen nach Angaben der Eltern

und Therapeuten von der Verbesserung der auditiven Wahrnehmung.

Wesentlich für die Entwicklung des Kindes ist, ob die Hörbeeinträchtigung vor oder nach

dem Spracherwerb des Kindes auftritt; ob sie sich stabil verhält oder eher progredient

verläuft.

Patienten mit weitestgehend abgeschlossenem Spracherwerb, so genannte postlingual

Ertaubte, verfügen über ausgereifte, akustische, cerebrale Bahnen und Verschaltungen, die

nur derzeitig nicht genutzt werden. Die Lautsprache dieser Kinder ist melodisch und bei

entsprechender Therapie und Rehabilitation ist eine nahezu altersgerechte Entwicklung

garantiert.

Bei prälingualen, hochgradigschwerhörigen bis resthörigen Kindern unterbleibt die

kortikale Reifung und ein offenes Sprachverständnis und ein Lautspracherwerb sind ohne

rechtzeitige Therapie in keinem Fall zu erwarten. Hier ist die frühzeitige Erkennung

maßgeblich, um die auditorisch sensiblen Perioden nicht zu verpassen.

1. Einleitung

42

1.9. Therapie

Bei Schalleitungsschwerhörigkeit aufgrund von Paukenergüssen bieten sich operative

Maßnahmen an, falls eine konservative Therapie (Nasenspray und Valsalva-Manöver)

frustran verlief. Hier sind eine Entfernung der kindlichen Adenoide und eine Parazentese

gegebenenfalls mit Paukenröhrcheneinlage zur Belüftung des Mittelohrs indiziert. Eine

pädaudiologische Nachkontrolle sollte im weiteren Verlauf den Erfolg des operativen

Eingriffs dokumentieren.

Schalleitungsstörungen aufgrund von Mittelohrmissbildungen sind ebenfalls einer

operativen, kausalen Therapie im Rahmen der rekonstruktiven Mittelohrchirurgie

zugänglich.

Bei uni- oder bilateralen Schallempfindungsschwerhörigkeiten oder

Schalleitungsschwerhörigkeiten, die nicht erfolgreich operativ angegangen werden können,

werden amplifizierende Maßnahmen durch Hörgeräte gewählt. Dazu stehen

verschiedenste, auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Systeme zur Verfügung,

wie z.B. eine Crossversorgung bei einseitiger Schwerhörigkeit oder ein

knochenverankertes Hörgerät. Weitere, schädigende Einflüsse auf das akustische System

sollten vermieden werden und das Kind sollte in regelmäßigen, pädaudiologischen

Kontrollen während seiner Entwicklung begleitet werden. Eine Progredienz der

Hörminderung muss frühzeitig aufgedeckt werden, um eine kontinuierliche, auditorische

Wahrnehmung durch Anpassung des Hörgeräts zu garantieren. Das Kind sollte

entwicklungsgerecht bestmöglich begleitet werden, die veränderten Hörsituationen des

Kindes sollten berücksichtigt werden- vom akustischen Nahbereich im ersten Lebensjahr,

über entferntes Hören mittels FM-Systemen mit Beginn des selbstständigen Laufens bis

zum Einsatz von Richtmikrophonsystemen zur Störschallunterdrückung beim Eintritt in

den Kindergarten [12].

Bei Resthörigkeit bis Surditas beidseits wird die Indikation zur Cochlea Implant-

Versorgung gestellt. Dabei wird operativ eine Elektrode in die Cochlea eingebracht, die

akustische Signale nach Wandlung im Prozessor als elektrische Impulse überträgt. Für die

erfolgreiche Therapie nach CI-Implantation sind die weitere Betreuung seitens Logopädie,

Physiotherapie, sowie die technische Wartung der Technik von entscheidender Bedeutung.

2. Material und Methoden

43

2. Material und Methoden

2.1. Neugeborenenkollektiv und Ablauf der Untersuchung

In die Studie gingen die Untersuchungsergebnisse von 115 Neugeborenen, gemessen im

Zeitraum 2003/2004, ein. Es wurden 97 Kinder der Neugeborenenstation des St. Elisabeth

Hospitals Bochum und 18 Kinder der Neonatologie, Kinderklinik des

Universitätsklinikums St. Joseph Hospitals Bochum untersucht.

Das Erstscreening auf der Neugeborenenstation fand zwischen dem Geburtstag und fünften

Lebenstag statt. In der Regel erfolgte am fünften Tag die Entlassung aus der stationären

Betreuung nach unkomplizierter Geburt. Falls ein Kind sich in den Untersuchungen

auffällig erwies, wurde zu einem späteren Zeitpunkt, möglichst noch während des

stationären Aufenthalts, die Kontrollmessung durchgeführt. War dies aus zeitlichen

Gründen nicht möglich, wurden Eltern und Kind zu einem Kontrolltermin in das St.

Elisabeth Hospital einbestellt.

Das Screening auf der Neonatologie erfolgte individuell an unterschiedlichen Tagen post

partum. Dies richtete sich vor allem nach dem Gesundheitszustand des Kindes, um weitere,

durch die Messungen bedingte Stressfaktoren zu vermeiden. Daher fand das Screening hier

erst immer bei suffizienter Eigenatmung statt, um z.B. bei Beatmung das Neugeborene

nicht durch umlagerungsbedingte Tubusdislokationen zu gefährden. Daher wurde der

Untersuchungszeitpunkt in der stabilen Phase des Kindes im späteren Klinikaufenthalt

gewählt. So konnten alle auf das Kind in dieser Phase einwirkenden Noxen durch das

Screening erfasst werden.

Zu Eingang der Untersuchung wurden der Umgebungslärm und die Vigilanz des Kindes

eingeschätzt. Generell wurden die Messungen während des normalen, stationären Alltags

und nicht in einem gesondert abgeschlossenen Raum durchgeführt. Daher traten auch

Unterbrechungen und Störlärm auf. So konnten die einzelnen Screeningverfahren auf ihre

Alltagstauglichkeit überprüft werden.

Nach Möglichkeit wurden schlafende Kinder zur Untersuchung gewählt und unruhige

Kinder zunächst zurückgestellt und nach einer Ruhephase getestet. Vor der Untersuchung

wurden die Kinder auf besondere anatomisch-morphologische Veränderungen hin

untersucht und Besonderheiten, die das Messergebnis beeinflussen konnten, wie ein

Cephalhämatom oder prägnanter Haarwuchs, notiert. Eine orientierende Befunderhebung

2. Material und Methoden

44

im HNO-Bereich erfolgte. Zudem wurden die Geburts- und Schwangerschaftsbedingungen

anhand von Befragungen der Eltern oder nach Angaben der betreuenden Gynäkologen

bzw. Neonatologen analysiert.

(Die Fragebogengliederung ist im Anhang wiedergegeben.)

Das Einverständnis zumindest eines Elternteils lag bei allen untersuchten Kindern vor.

Die Messungen wurden von zwei mit der Methode vertrauten Untersuchern durchgeführt.

Sowohl die Untersuchungszeit insgesamt, einschließlich der dazu benötigten

Vorbereitungen, als auch die direkte Messungsszeit in den Einzelverfahren und die Anzahl

der Kontrollen wurden gesondert aufgeführt.

Mit einer individuell unterschiedlichen Ermüdung des Kindes und mit einer - abhängig von

Zeit und Manipulationen - schwindenden Kompliance musste während der Untersuchung

gerechnet werden. Da die BERA die anspruchsvollere Untersuchung bezüglich der

Anforderungen an die Vigilanz des Kindes war, wurde sie als erstes Testverfahren gewählt.

Bei ausgeprägter Unruhe oder Schreien des Kindes musste die Untersuchung abgebrochen

werden und zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden.

2.2. Beschreibung des automatisierten BERA-Testsystems

Bei der Untersuchung wurde das automatisierte MAICO BERAphon MB 11 verwendet.

Hierbei wird die Hörfunktion ohne aktive Mithilfe des Kindes durch Messung der

akustisch evozierten Potentiale des Hirnstamms mittels EEG-Ableitung in bestimmter

Elektrodenkonfiguration am Schädel überprüft. Durch Wiederholung des Reizstimulus und

Mittelung kann das Verhältnis zwischen Signal und Störartefakten so optimiert werden,

dass zufällige z.B. durch Muskelaktivität produzierte EEG-Veränderungen in den

Hintergrund treten und reizbezogene Potentiale dominieren. Es werden kurze, nicht

frequenzspezifische Klickreize dargeboten mit einer Stimulierung der Hörfasern im

Bereich von 1-3 kHz.

Wie bereits in der Einleitung zur Methodik der Audiologie erwähnt, können bei den frühen

evozierten Potentialen nach Jewett fünf bis sechs charakteristische Wellen definiert

werden. Wobei die Amplitude der Welle V die größte und als einzige bis zur Hörschwelle

nachweisbar ist. Latenz und Amplitude der Wellen zeigen eine Abhängigkeit von der

Reizstärke. Die Latenz nimmt mit Abnahme des Schalldrucks zu, wohingegen die

2. Material und Methoden

45

Amplitude sich verringert. Die Interlatenzen der Wellen I-III und I-V zeichnen sich durch

eine Unabhängigkeit vom Schalldruckpegel aus.

Beim BERAphon MB 11 werden die sonst gebräuchlichen Anklebelektroden durch eine

dem Telefonhörer ähnliche Konstruktion mit drei fest montierten, aber gefederten

Edelstahlelektroden ersetzt. Der Stimulus wird über die Kopfhörerkapsel mit integriertem

Vorverstärker auf das zu testende Ohr gerichtet.

Eine Reduzierung des Hautwiderstandes wird durch eine Vorbehandlung der

entsprechenden Hautareale und der Elektroden mit Kontaktgel erzielt. Die

unterschiedlichen Kopfgrößen der Kinder werden durch eine rotierbare Scheitelelektrode

und besondere Elektrodenformen berücksichtigt. So wurde bei den Kindern der

Neonatologie häufig eine spezielle Scheitelelektrode, die eine Verkürzung des Abstandes

zwischen Scheitelelektrode und mittlerer Elektrode bewirkte, verwand.

Das BERAphon MB11 verfügt über die Möglichkeit, die Modi Hörschwellen-Screening

mittels Stufenreiz oder Standard-BERA zu wählen.

Für das hier beschriebene Screening wurde der so genannte Zeitgangsreiz benutzt.

Dabei werden nicht einzelne Klicks einer bestimmten Frequenz und Reizstärke generiert,

sondern nach P. Finkenzeller [70] Pakete von sechs schnell auf einander folgenden Klicks,

deren Schalldruckpegel sich von Klick zu Klick jeweils um 10 dB erhöht, gegeben. Dieses

Klickpaket (Burst) mit einer Dauer von 25 Millisekunden provoziert abhängig von der

Hörschwelle den Klicks nach Reizstärke zugeordnete Hirnstammpotentiale. Der Hörer

selber kann die einzelnen Klicks innerhalb des Bursts nicht differenzieren, jedoch erfolgt

eine präzise Analyse der Zusammensetzung im Hirnstamm. So kann in einem einzigen

Mittelungsvorgang die Hörschwelle des Kindes in kurzer Zeit bestimmt werden.

Um störende Potentiale, z.B. Muskelpotentiale durch Eigenbewegung des Kindes, nicht in

die Messung einzubeziehen, kann ein maximaler Schwankungsbereich innerhalb des

Programms festgelegt werden, der bei Überschreitung dieses Wertes die Mittelung als

irrelevant verwirft und diese den Artefakten zuordnet.

In einer weiteren Funktion des Programms kann die EEG-Qualität beurteilt werden. Diese

visuelle Darstellung der EEG-Qualität erlaubt eine Kontrolle der korrekten

Elektrodenpositionierung und beeinflusst die Dauer der Messung positiv.

Für das Hörscreening bei Neugeborenen ist in der BERAphon MB11-Software als

Kriterium für eine unauffällige Messung der Nachweis der Welle V bei 40 dB oder besser

hinterlegt.

2. Material und Methoden

46

In einem bestimmten Zeitintervall (Dauer bis zu 150 Sekunden) wird das Antwortverhalten

in der BERA analysiert. Nach Erreichen der im Programm festgesetzten Kriterien an

positiven Ereignissen für 40 dB wird die Messung automatisch terminiert mit dem Hinweis

auf das Vorliegen eines unauffälligen Testergebnisses. Nach Durchlaufen des Intervalls

mit unzureichend positiven Mittelungen wird die Messung beendet und eine Kontrolle

empfohlen.

Abb. 2: Automatisierte BERA (Quelle: ABRIST m, Broschüre)

2.3. Beschreibung der OAE-Messung

Im Hörscreening kam das automatisierte DPOAE-Testsystem EROScan der Firma Maico

zum Einsatz.

Dabei wird die Hörfunktion durch den Nachweis von kochleären, otoakustischen

Emissionen, generiert in den äußeren Haarzellen des Corti-Organs, überprüft. Durch

Stimulation mit zwei simultanen Sinustönen der Frequenz f1 und f2 entstehen bei

effizienter Funktion der äußeren Haarzellen akustische Eigensignale, die mittels Sonde im

Gehörgang erfasst werden. Diese Distorsionsprodukte weisen die Frequenz 2f1-f2 auf.

Hierbei werden verschiedene Frequenzbereiche der äußeren Haarzellen berücksichtigt.

Eine im Gehörgang platzierte Sonde verfügt zum einen über zwei separate

Hörerschallkanäle und zum anderen über ein Mikrophon, das den Schalldruckpegel der

2. Material und Methoden

47

OAEs registriert. Durch Filterung nach dem Fast-Fourier-Transformations Prinzip [50]

kann der digitale Sprachprozessor spezielle Emissionen der Frequenz 2f1-f2 ermitteln und

diese dem Schalldruckpegel der Störgeräusche gegenüberstellen. Dabei gilt, dass die

Emissionen der Frequenz 2f1-f2 nur als DPOAEs gewertet werden können, wenn ihr

Schalldruckpegel die Störgeräusche um mindestens 5 dB übertrifft. Dies wird als

Signal/Rauschabstand (SNR - signal noise ratio) bezeichnet. Auch hier wird ein

Mittelungsverfahren verwendet, um Artefakte zu eliminieren. Das EROScan-System kann

insgesamt einen Frequenzbereich von ca. 1 bis 6 kHz bedienen. Die kleinste gewählte

Testfrequenz trägt dem Umstand Rechnung, dass der Umgebungslärm bei den tiefen

Frequenzen am höchsten ist und dass die Ausprägung der Emissionen unterhalb 600 Hz

nur sehr schwach ist.

Die Testung erfolgte nach der im Programm angegebenen Basisfunktion:

Testfrequenzen 3

Mittelungszeit 2 Sekunden

Frequenzbereich 2 kHz bis 4 kHz

„PASS“-Kriterium 5 dB

Testpegel f1 65 dB SPL

Testpegel f2 55 dB SPL

Nach einer Phase der Kalibrierung folgt die Testphase, die als Balkenanzeige im Display

des Geräts überprüft werden kann. Bei erfolgreicher Testung aller 3 Testfrequenzen

erscheint im Display „PASS“, bei Nicht-Erfüllung des 5-dB-Kriteriums wird durch

„REFER“ auf eine Kontrolltestung verwiesen. Zudem wird angezeigt, ob die

Umgebungsgeräusche zu laut sind oder ob die Sonde nicht dicht genug im Gehörgang

platziert wurde. Um Undichtigkeitsdefizite zu vermeiden, können als Aufsatz Ohrstöpsel

variabler Größe entsprechend dem kindlichen Gehörgang gewählt werden.

2.4. Statistik

Die Daten der Untersuchung und der Fragebogenerhebung wurden zunächst in

tabellarischer Form integriert und die Auswertung wurde unter Verwendung des ACCESS-

Programms vorgenommen. Zur erweiterten Analyse und graphischen Darstellung der

Ergebnisse wurde das Programm Statistica 7.0 verwendet.

2. Material und Methoden

48

Die statistische Aufbereitung der Daten erfolgte nach folgenden Methoden:

Es wurde der Mann-Withney-U-Test für zwei unverbundene Stichproben gewählt, wenn

sich die Datenanalyse, z. B. graphisch dargestellt im Boxplot, zeigte, dass die

Stichprobenreihe keiner Normalverteilung folgte. Falls jedoch normalverteilte Stichproben

vorlagen, wurde der parametrische t-Test für unabhängig Variablen benutzt. Als Grenzwert

zur Verwerfung der Nullhypothese μ = μ0 und Erhebung der Alternativhypothese μ ≠ μ0

wurde p = 0,05 festgesetzt.

Die Prüfung der Unabhängigkeit von zwei Alternativmerkmalen erfolgte mit dem Chi²-

Vierfelder-Test (χ²). Falls die Voraussetzungen zur Anwendung des Chi²-Vierfelder-Tests

nicht erfüllt wurden (z. B. bei zu geringen Häufigkeiten), wurde eine Analyse mit Hilfe des

Fisher-Tests vorgenommen.

3. Auswertung

49

3. Auswertung

3.1. Analyse des Neugeborenenkollektivs

3.1.1. Geschlechtsverteilung

Das Hörscreening wurde bei 54 weiblichen Säuglingen (47 %) und bei 61 männlichen

Säuglingen (53 %) durchgeführt.

Abb. 3: Kreisdiagramm Geschlechtsverteilung

3.1.2. Patientenkollektiv

Es wurden zwei verschiedene Neugeborenengruppen untersucht. Bei der ersten Gruppe

handelte es sich um reife Neugeborene der Normalstation. Die zweite Gruppe umfasste

Neugeborene, die Kinder intensive Therapie und Versorgung auf der neonatologischen

Station benötigten. Es gingen in die Studie 97 Kinder (83 %) der Normalstation und 18

Kinder (16 %) der Neonatologie ein.

Geschlechtsverteilung der untersuchtenNeugeborenen

weiblich (n=54)männlich (n=61)

3. Auswertung

50

Abb. 4: Balkendiagramm Neugeborenengruppen

3.1.3. Alter bei der Untersuchung

Das Alter aller Kinder bei der Untersuchung betrug im Mittel 5,17 Tage (Median 2 Tage).

Die früheste Untersuchung erfolgte am Geburtstag. Die späteste Untersuchung wurde am

57. Lebenstag durchgeführt. Bei dieser Testung handelte es sich um eine

Kontrolluntersuchung eines zunächst auffälligen Neugeborenen.

Altersverteilung aller Neugeborenen beiUntersuchung

Median = 2 25%-75% = (1, 5) Bereich ohne Ausreißer = (0, 11) Ausreißer Extremewerte

alle Neugeborenen0

10

20

30

40

50

60

Alte

r bei

Unt

ersu

chun

g in

Tag

en

Mittelwert = 5.17 dMedian = 2 dStandardabweichung = 9.08Minimal-Wert = 0 dMaximal-Wert = 57 d25%-Wert = 1 d75%-Wert = 5 d

Abb. 5: Boxenplot Altersverteilung aller Neugeborenen

Neugeborenengruppen

n=18 (16%)

n=97 (84%)

Neonatologie Normalstation0

20

40

60

80

100

120

Anz

ahl d

er N

euge

bore

nen

[n]

3. Auswertung

51

Die Kinder der Neonatologie waren im Vergleich zu den Neugeborenenstationskindern

aufgrund von zunächst im Vordergrund stehenden Erkrankungen, wie z.B. ARDS und

Sepsis, erst zu einem späteren Lebensalter dem Screening zugänglich. Dies spiegelte sich

in den folgenden Grafiken wieder:

AltersverteilungNeugeborenenstationkinder bei

Untersuchung

Median = 2 25%-75% = (1, 4) Bereich ohne Ausreißer = (0, 6) Extremewerte

Neugeborenenstation0

10

20

30

40

50

60

Unt

ersu

chun

gsal

ter i

n Ta

gen

Mittelwert = 3.39 d

Median = 2 d

Standardabweichung = 6.29

Minimal-Wert = 0 d

Maximal-Wert = 52 d

25%-Wert = 1 d

75%-Wert = 4 d

Abb. 6: Boxplot Altersverteilung Neugeborene der Normalstation bei Untersuchung

Die Kinder der Normalstation waren im Mittel 3,39 Tage (Median 2 Tage) alt.

Altersverteilung Neonatologiekinder beiUntersuchung

Median = 11,5 25%-75% = (5, 19) Bereich ohne Ausreißer= (2, 27) Ausreißer

Neonatologiekinder0

10

20

30

40

50

60

Unt

ersu

chun

gsal

ter i

n Ta

gen

Mittelwert = 14.72 dMedian = 11.5 dStandardabweichung = 14.66Minimal-Wert = 2 dMaximal-Wert = 57 d25%-Wert = 5 d75%-Wert = 19 d

Abb. 7: Boxplot Altersverteilung Neonatologiekinder bei Untersuchung

3. Auswertung

52

Der Mittelwert beim Screeningalter der Neonaten betrug 14,72 Tage (Median 11,5 Tage).

Im direkten Vergleich zeigten sich die Altersunterschiede deutlicher:

Altersverteilung

alle Neugeborenen Neugeborenenstation Neonatologie0

10

20

30

40

50

60U

nter

such

ungs

alte

r in

Tage

n

Abb. 8: Boxplot Altersverteilung im Vergleich

Nach statistischer Analyse bestand ein signifikanter Unterschied zwischen dem

Untersuchungsalter der Neonatologiekinder und der Neugeborenenstationskinder (Neustat-

Kinder)(M-W-U-Test: p < 0,01).

3.1.4. Testergebnis aller Kinder

Bei 96 der 115 getesteten Kinder war das Screening-Ergebnis nach Erstuntersuchung bzw.

Kontrolle unauffällig. Dies entsprach 83,5 % aller Kinder.

Insgesamt blieb das Ergebnis bei 16,5 % der Kinder trotz zum Teil später erfolgten

Testwiederholungen auffällig.

Als Kriterium für ein auffälliges Abschneiden im Test wurde eine zumindest einseitig

auffällige BERA-Messung unabhängig von der OAE-Messung definiert.

3. Auswertung

53

Abb. 9: Kreisdiagramm Testergebnis aller Kinder

Bei den unauffälligen Kindern umfasste der Anteil der Neustat-Kinder 86,5 % (n = 83) und

der Anteil der Neonatologiekinder 13,5 % (n = 13).

Gruppenverteilung der unauffälligen Kindern = 96

Neonatologie, n = 13; 13,5%

Neugeborenenstation, n = 83; 86,5%

Abb. 10: Kreisdiagramm Gruppenverteilung der unauffälligen Kinder

Von den 19 auffälligen Kindern hielten sich 26,4 % (n = 5) zum Zeitpunkt der

Untersuchung auf der Neonatologie auf und 73,6 % (n = 14) auf der Normalstation.

Insgesamt lässt sich nach statistischer Analyse kein signifikanter Zusammenhang zwischen

dem Merkmal „auffälliges Testresultat“ und Aufenthalt auf einer bestimmten Station

erkennen (χ² = 1,96 ; p = 0,16).

Testergebnis aller Kindern = 115

aufällige Kinder, n = 19; 16,5%

unaufällige Kinder, n = 96; 83,5%

3. Auswertung

54

Gruppenverteilung auffällige Kindern = 19

Neonatologie, n = 5; 26,4%

NeuStat, n = 14; 73,6%

Abb. 11: Kreisdiagramm Gruppenverteilung auffällige Kinder

3.1.5. Untersuchungszeit

Bei alle Neugeborenen dauerte die Untersuchung (BERA und OAE-Testung beidseits) im

Mittel 22,12 min. (Median 20 min.). Die kürzeste Untersuchungszeit wurde mit 5 Minuten

angegeben, die längste Untersuchung dauerte 80 Minuten.

Die Untersuchung war bei den Neonatologiekindern im Vergleich zu den

normalstationären Kindern vom zeitlichen Aspekt her gesehen aufwendiger.

Vergleich der Untersuchungszeiten in denGruppen

Median 25%-75% Bereich ohne Ausrei?er Ausreißer Extremewerte

alle Neustat NEO0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Unt

ersu

chun

gsze

it in

Min

uten

Mittelwert alle = 22,12 min.Median alle = 20 min.Minimal-Wert alle = 5 min.Maximal-Wert alle = 80 min.25%-Wert alle = 15 min.75%-Wert alle = 30 min.

Mittelwert NeuStat =20,9 min.Median NeuStat = 20 min.Mini-Wert NeuStat = 5 min.Max-Wert NeuStat = 60 min.25%-Wert NeuStat = 15 min.75%-Wert NeuStat = 25 min.

Mittelwert NEO =28,7 min.Median NEO = 25 min.Minimal-Wert NEO = 10 min.Maximal-Wert NEO = 80 min.25%-Wert NEO = 15 min.75%-Wert NEO = 40 min.

Abb. 12: Boxplot Vergleich der Untersuchungszeiten in den Gruppen

3. Auswertung

55

Der Mittelwert der Untersuchungszeit war bei den Neonatologiekindern mit 28,69 Minuten

länger (Median 25 min.). Der minimale Wert mit 10 Minuten und der maximale Wert mit

80 Minuten lagen ebenfalls über den Zeitdaten der Neustat-Gruppe. Hier betrug der

Mittelwert 20,9 Minuten (Median 20 min.) und die kürzeste Untersuchung erfolgte in 5

Minuten, die längste in 60 Minuten. Nach der t-Test-Analyse bestand ein signifikanter

Unterschied zwischen den Untersuchungszeiten der Neonatologiekindern und der

Neugeborenenstationskinder (p-Wert = 0,0079 ; t-Wert = 2,699).

Die reine BERA-Untersuchungszeit in Sekunden, automatisch gemessen im BERAphon-

Modus für beide Ohren, war bei den Neonatologiekindern gegenüber den

Neugeborenenstationskindern verlängert. Der Mittelwert betrug in der Neonatologiegruppe

151 sek. (Median 160 sek.) bei der Normalstationgruppe 127 sek.(Median 130 sek.), mit

einem minimal Wert von 70 sek. (Neonatologie) und 30 sek. (Neustat). Allerdings wies

hier bei den Maximalwerten die Normalstationsgruppe die längere Untersuchungszeit mit

220 zu 205 sek. auf.

Nach dem M-W-U-Test bestand ein signifikanter Unterschied in der BERA-Zeit zwischen

den Untersuchungsgruppen Neonatologie und NeuStat (p = 0,039).

Vergleich der Untersuchungszeitenfür BERA beidseits

Median 25%-75% Bereich ohne Ausrei?er Ausreißer

Alle NeuStat NEO20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

220

240

Unt

ersu

chun

gsze

it in

Sek

unde

n

Mittelwert alle = 130 sek.Median alle = 133 sek.Minimal-Wert alle = 30 sek.Maximal-Wert alle = 220 sek.25%-Wert alle = 90 sek.75%-Wert alle = 160 sek.

Mittelwert NeuStat = 127 sek.Median NeuStat = 130 sek.Mini-Wert NeuStat = 30 sek.Max-Wert NeuStat = 220 sek.25%-Wert NeuStat = 90 sek.75%-Wert NeuStat = 150 sek

Mittelwert NEO = 151 sek.Median NEO = 160 sek.Minimal-Wert NEO = 70 sek.Maximal-Wert NEO 205 sek.25%-Wert NEO = 145 sek.75%-Wert NEO = 190 sek.

Abb. 13: Boxplot der Untersuchungszeiten BERA beidseits in den Gruppen

3. Auswertung

56

Die exakte reine OAE-Messungszeit wurde nicht automatisiert vom EROScan erfasst,

sondern nachträglich von den Untersuchern geschätzt. Die Werte unterschieden sich für

beide Gruppen nicht im Wesentlichen. Aus diesem Grund und aufgrund des subjektiven

Charakters der erfassten Zahlenangaben wird hierauf nicht näher eingegangen.

3.1.6. Einfluss von Untersuchungstag und EEG-Qualität auf das Ergebnis

Um den Einfluss des Screeningalters auf das Ergebnis zu untersuchen, wurden die Kinder

verschiedenen Untersuchungsaltersgruppen zugeordnet. Vier Kinder wurden an ihrem

Geburtstag direkt getestet, dies entsprach 3,5 %. Bei den meisten Kinder, nämlich 69

Kindern (60 %), wurde das Screening zwischen dem 1. und 3. Tag durchgeführt.

Untersuchungen erfolgten zwischen dem 4. und 7. Tag bei 28 Kindern (24,4 %). Bei

jeweils 7 Kindern lag das Testungsalter zwischen dem 8. und 14. Tag bzw. über dem 15.

Tag. Dies machte jeweils einen 6,1 % Anteil am Gesamtkollektiv aus.

Lebensalter zum Zeitpunkt der Untersuchung

Geburtstag 1.-3.Tag 4.-7.Tag 8.-14.Tag über 15.Tag

Untersuchungstag

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Anz

ahl d

er K

inde

r

Abb. 14: Balkendiagramm Altersverteilung zum Untersuchungszeitpunkt

Bei der Geburtstagsgruppe zeigten 75 % der Kinder ein unauffälliges Ergebnis und 25 %

ein auffälliges Ergebnis. Alle Kinder kamen von der normalen Neugeborenenstation (kein

signifikanter Unterschied im Ergebnis zu allen anderen Kindern, Fisher: p = 0.5195).

3. Auswertung

57

Die Untersuchungszeit betrug im Mittel 30 Minuten (Median 27,5 Minuten). Der

Mittelwert der Anzahl der BERA-Kontrollen wurde mit 3,5 errechnet.

Die EEG-Qualität der BERA-Antwort stellte eine Einflussgröße auf das Testergebnis dar.

Unruhige Kinder zeigten aufgrund von Bewegungsartefakten eine schlechtere EEG-

Qualität. Dies verlängerte die Testungsdauer, was wiederum eine schlechtere Kompliance

bzw. Toleranz des Kindes nach sich zog und sich negativ auf das Testergebnis auswirkte.

Somit spiegelte die EEG-Qualität, automatisch durch das BERAphon ermittelt, indirekt

einen Teil der Untersuchungsbedingungen wieder.

Die EEG-Qualität wurde mit sehr gut bis ungenügend benotet.

Bei der Untersuchung am Geburtstag erzielten 37,5 % eine gute, 37,5 % eine befriedigende

und 25 % eine ungenügende EEG-Qualität.

Alle Kinder zeigten sich zumindest zeitweise bei der Untersuchung unruhig. 75 % waren

wach und 25 % schliefen zeitweilig

In der Untersuchungsgruppe vom ersten bis dritten Tag verlief bei 82,6 % (n = 57) der

Kinder das Screening unauffällig und bei 17,4 % (n = 12) kontrollbedürftig (keine

Signifikanz zu allen anderen: χ² = 0.09 ; p = 0.758).

Diese Gruppe setzte sich aus 3 Kindern der Neonatologie (4,4 %) und 66 Neugeborenen

(95,6 %) der normalen, peripheren Station zusammen. Der Mittelwert der

Untersuchungszeit lag bei 21 Minuten (Median 20 Minuten), der der BERA-

Kontrollanzahl bei 1,68.

Eine sehr gute EEG-Qualität zeigten 18,8 % der Kinder, eine gute 63,8 %, eine

befriedigende 14,5 %, eine ausreichende 0,7 %. Von den Untersuchern wurden 46,4 % der

Kinder als ruhig, 37,7 % als unruhig eingeschätzt. 52,2 % waren bei der Untersuchung

wach und 23,2 % schliefen währenddessen.

Am erfolgreichsten verlief das Screening in der Gruppe im Untersuchungsalter vom

vierten bis siebten Tag. Hier war der Test bei allen Kindern unauffällig (signifikant besser

als alle anderen Gruppen, Fisher: p = 0.0029).

Die mittlere Untersuchungszeit war mit 18,9 Minuten am kürzesten (Median 15 Minuten).

Die mittlere Kontrollanzahl betrug 1,29. Das Verhältnis Neonatologie zur

Neugeborenenstation betrug 10,7 % zu 89,3 %. Bei 37,5 % wurde die EEG-Qualität mit

sehr gut benotet, bei 46,4 % mit gut, bei 7,1 % mit befriedigend und bei 8,9 % mit

3. Auswertung

58

ausreichend. Ungenügend zeigte sich die EEG-Qualität bei keinem Kind. Ruhig verhielten

sich 64,3 % der Kinder bei der Untersuchung, unruhig nur 28,6 %. Bei 25 % der

Neugeborenen konnte das Screening während des Schlafs erfolgen und bei 46,4 %

während Wachheit.

Im Vergleich dazu verlief das Screening in der Altersgruppe achter bis 14. Tag schlechter.

Unauffällig im Hörscreening waren 71,4 % der Kinder und auffällig 28,6 % (nicht

signifikant zu allen anderen, Fisher: p = 0,2161).

Allerdings muss berücksichtigt werden, dass es sich bei diesen untersuchten Kindern

ausschließlich um Kinder der Neonatologie mit einem erhöhten Risikopotential für

Hörschädigungen handelte. Als mittlere Untersuchungszeit wurden 27,9 Minuten (Median

25 Minuten) und als mittlere Kontrollanzahl 3,14 angegeben. Eine sehr gute EEG-Qualität

war bei 14,3 % zu verzeichnen, eine gute bei 7,1 %, eine befriedigende bei 64,3 %, eine

ausreichende bei 7,1 % und eine ungenügende ebenfalls bei 7,1 %. Zu den

Untersuchungsbedingungen wurde angegeben, dass 57,1 % der Kinder ruhig, 14,3 %

unruhig, 28,6 % wach waren und 14,3 % schliefen.

Die letzte Gruppe ab dem 15. Lebenstag umfasste 5 Kinder der Neonatologie (71,4 %)

und zwei Kinder der Neugeborenenstation (28,6 %), die allerdings zum

Untersuchungszeitpunkt bereits entlassen waren und zu Kontrollen aufgrund eines primär

auffälligen Ergebnisses wieder einbestellt wurden. Unauffällig verlief das Screening bei

42,9 % und kontrollbedürftig bei 57,1 % (signifikant schlechter als alle anderen, Fisher: p

= 0, 0139).

Im Mittel benötigte man 26,4 Minuten für die Testung (Median = 20 Minuten). Die

mittlere Kontrollanzahl betrug 2,71 und war nach der Geburtstagsgruppe und der

Altersgruppe 8.-14.Tag der dritthöchste Wert. Mit gut wurde die EEG-Qualität bei 14,3 %

der untersuchten Ohren beurteilt, mit befriedigend bei 64,3 %, mit ausreichend bei 21,4 %.

Die Untersucher fanden 28,6 % der Kinder ruhig und 71,4 % der Kinder unruhig vor. 71,4

% der Kinder waren wach und 14,3 % der Kinder schliefen.

3. Auswertung

59

Ergebnis abhängig vom Untersuchungsalter

unauffällig auffälligGeburtstag 1.-3.Tag 4.-7.Tag 8.-14.Tag >15.Tag

Untersuchungstag

0

20

40

60

80

100

Ant

eil d

er K

inde

r (in

%)

Abb. 15: Balkendiagramm Ergebnis abhängig vom Untersuchungsalter

Neugeborenenverteilung abhängig vomUntersuchungsalter

Neustat NICUGeburtstag 1.-3.Tag 4.-7.Tag 8.-14.Tag >15.Tag

Untersuchungstag

0

20

40

60

80

100

Ant

eil d

er K

inde

r (in

%)

Abb. 16: Balkendiagramm Verteilung der Neugeborenengruppen abhängig vom

Untersuchungsalter

3. Auswertung

60

Untersuchungzeit abhängig vomUntersuchungsalter

Mittelwert MedianGeburtstag 1.-3.Tag 4.-7.Tag 8.-15.Tag >15.Tag

Untersuchungstag

0

5

10

15

20

25

30

35

Unt

ersu

chun

gsze

it in

Min

uten

Abb. 17: Balkendiagramm Untersuchungszeit abhängig vom Untersuchungsalter,

Vergleich von Mittelwert und Median

Anzahl der BERA-Kontrollen insgesamtabhängig vom Untersuchungsalter

BERA-Kontrollen

Geburtstag1.-3.Tag

4.-7.Tag8.-14.Tag

>15.Tag

Untersuchungsalter

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

Anz

ahl d

er K

ontro

llen

Abb. 18: Balkendiagramm Anzahl der BERA-Kontrollen insgesamt abhängig vom

Untersuchungsalter

3. Auswertung

61

EEG-Qualität abhängig vom Untersuchungsalter

sehr gut gut befriedigend ausreichend ungenügend

Geburtstag1.-3.Tag

4.-7.Tag8.-14.Tag

>15.Tag

Untersuchungsalter

0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 19: Balkendiagramm EEG-Qualität abhängig vom Untersuchungsalter, benotet für

beide Ohren von sehr gut bis ungenügend

Untersuchungsbedingungen abhängig vomUntersuchungsalter

ruhig unruhig wach schlafendGeburtstag 1.-3.Tag 4.-7.Tag 8.-14.Tag >15.Tag

Untersuchungsalter

0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 20: Balkendiagramm Untersuchungsbedingungen abhängig vom Untersuchungsalter,

Mehrfachnennungen möglich

3. Auswertung

62

3.1.7. Kontrollanzahl bei BERA-Untersuchung

Sowohl bei der Neonatologiegruppe, als auch bei der Normalstationsgruppe wurden die

Anzahl der Kontrollen mit null bis vier pro gemessenes BERA-Ohr angegeben.

3.1.8. Frühgeburt

Eine Frühgeburtlichkeit liegt vor, wenn bei der Geburt nicht die 37.

Schwangerschaftswoche vollendet wurde.

In dieser Untersuchung war bei insgesamt 21 Kindern eine Frühgeburtlichkeit zu

verzeichnen. Dies machte bei allen Kindern einen Anteil von 18,3 % aus.

Anteil der Frühgeburtlichkeit am Gesamtkollektiv

Frühgeburt (n = 21); 18%

zeitgerechte Geburt ( n = 94); 82%

Abb. 21: Kreisdiagramm Anteil der Frühgeburtlichkeit am Gesamtkollektiv

Hiervon befanden sich 11 Kinder (52,4 %) zum Zeitpunkt der Untersuchung auf der

Neonatologie und 10 Kinder (47,6 %) auf der normalen, peripheren Neugeborenenstation.

Damit bestand - wie zu erwarten - ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen

dem Merkmal Frühgeburtlichkeit und dem Aufenthalt auf der Neonatologie (χ² = 26,25 ; p

< 0,01 ).

3. Auswertung

63

Neugeborenengruppenverteilung abhängig vonFrühgeburtlichkeit

NeuStat NICUFrühgeburt zeitgerechte Geburt

Neugeborenengruppen

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Ant

eil (

in %

)

Abb. 22: Balkendiagramm Neugeborenengruppenverteilung bezogen auf Frühgeburt und

zeitgerechte Geburt

Von den Kindern mit Frühgeburt als Risikofaktor in der Anamnese schnitten 85,7 % in

dem Screening unauffällig ab und 14,3 % kontrollbedürftig.

Bei den nach Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche geborenen Kindern (94 Kinder,

81,7 %) verlief bei 88.3% die Testung erfolgreich und bei 11,7 % auffällig. Diese Gruppe

setzte sich mehrheitlich aus Kindern der Normalstation zusammen, nämlich 87 Kinder,

entsprechend 92,6 %. Nur 7 Kinder stammten von der Neonatologie, entsprechend 7,4 %.

Ergebnis abhängig von Frühgeburtlichkeit

unauffällig auffällig

Frühgeburt zeitgerechte Geburt0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Ant

eil (

in %

)

Abb. 23: Balkendiagramm Ergebnisse bei Frühgeburt und zeitgerechte Geburt

3. Auswertung

64

Ein signifikanter Unterschied zwischen den Testergebnissen in der Frühgeburts- und

zeitgerechten Geburtsgruppe bestand nicht (χ² = 0,11 ; p = 0,74).

Bei den frühgeborenen Kindern lag die mittlere Schwangerschaftsdauer in der 34+2 SSW,

die kürzeste Schwangerschaftsdauer in der 27+0 und die längste in der 36+4.

Hingegen betrug bei den nicht termingerechten Neugeborenen die mittlere

Schwangerschaftsdauer 39+4 SSW, die kürzeste 37+0 und die längste 42+2.

Im Vergleich der mittleren Untersuchungszeiten zeigte sich, dass die zeitgerecht geborenen

Kinder schneller als die zu früh geborenen untersucht werden konnten (21,1 Minuten zu

24,5 Minuten). (kein signifikanter Unterschied (M-W-U-Test: p = 0,602))

Untersuchungszeit abhängig vonFrühgeburtlichkeit

Median 25%-75% Bereich ohne Ausreißer Ausreißer ExtremewerteFrühgeburt

keine Frühgeburt

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Unt

ersu

chun

gsze

it (in

min

.)

Mittelwert Frühg. = 24.5 min.Median Frühg. = 20 min.mini. Frühg. = 5max. Frühg. = 80 min.25%-Wert Frühg. = 15 min.75%-Wert Frühg. = 30 min.

Mittelwert keine Frühg. = 21.1 minMedian keine Frühg. = 20 min.mini. keine Frühg. = 10 min.max. keineFrühg. = 60 min.25%-Wert keine Frühg. = 15 min.75%-Wert keine Frühg. = 25 min

Abb. 24: Boxplot Vergleich der Untersuchungszeiten in den Gruppen Frühgeburt und

zeitgerechte Geburt

3.1.9. Beatmung

Insgesamt mussten 6 Kinder postpartal beatmet werden, dies machte einen Anteil von 5,2

% aus. Aus dieser Kategorie wurden von Kinder ausgeschlossen, die kurzzeitig nach der

Geburt aufgrund von Anpassungsstörungen bebeutelt werden mussten. Die beatmeten

Kinder wurden alle auf der Neonatologie versorgt. Die mittlere Beatmungsdauer betrug

3. Auswertung

65

135 Stunden. Die kürzeste umfasste 24 Stunden. Das am längsten respiratorisch

insuffiziente Kind musste über 336 Stunden beatmet werden.

Im Screening unauffällig verhielten sich 66,7 % der Kinder, auffällig 33,3 %. Allerdings

ließ sich bei der Betrachtung der Ergebnisse kein signifikanter Unterschied im Vergleich

zur Gruppe der nicht beatmeten Kinder herleiten (χ² = 1,30 ; p = 0,255).

Ergebnisse abhängig von postpartalerBeatmung

auffällig unauffällig

Beatmung keine Beatmung0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 25: Balkendiagramm Vergleich der Ergebnisse der Kinder mit und ohne Beatmung

3.1.10. Hypoxie perinatal

In diese Gruppierung gingen nur Kinder der Neugeborenenstation ein, bei denen im

Geburtsverlauf eine perinatale Hypoxie diagnostiziert wurde. Dies traf auf 7 Kinder der

Neugeborenenstation zu. Kein Kind musste beatmet werden oder auf die NICU

übernommen werden. Das Hörscreening verlief bei allen Kindern erfolgreich. Diese

Gruppe hatte einen Anteil von 6,1 % an allen gemessenen Neugeborenen. Die

Untersuchungszeit lag mit 19,3 Minuten unter dem für alle Kinder gemessenen Mittelwert.

In den neonatologischen Anamnesen fand dieser Punkt keine gesonderte Berücksichtigung,

daher kann dieses Merkmal nur eingeschränkt analysiert werden.

3.1.11. Risikogeburt

Nach Angaben der Geburtshelfer lag bei 70 Kindern (60,9 %) eine Risikogeburt vor.

3. Auswertung

66

Als häufigste Begründung wurde angeführt:

- vorzeitiger Blasensprung 20 %

- pathologisches CTG 18,6 %

- pathologische Geburtslage 15,7 %

- grünes Amnion 14,3 %

- plazentäre Probleme 11,4 %

- Geminigravidität 10 %

- Nabelschnur um Hals 10 %

- HELPP, Gestose je 2,9 %

- HIV, Hepatitis C 1,4 %, Mehrfachnennungen waren hier möglich.

Risikogeburtsfaktoren

0 10 20 30 40 50

Anteil (in %)

vorzeitiger Blasensprung

pathologisches CTG

pathologische Geburtslage

grünes Amnion

plazentäre Probleme

Geminigravidität

Nabelschnur um Hals

HELLP, Gestose

HIV, Hepatitis C

Abb. 26: Balkendiagramm Risikogeburtsfaktoren

Bei den 70 Kindern war der Hörtest bei 88,6 % unauffällig und nur bei 11,4 % der Kinder

kontrollbedürftig. Als mittlere Untersuchungszeit wurde 21,4 Minuten errechnet. Diese

Angaben entsprechen ungefähr denen der Gesamtgruppe. Daher erscheint das Screening

bei Kindern mit Risikogeburt von Seiten der Untersuchungsbedingungen nicht erschwert

zu sein.

Erstaunlicherweise schnitten die Kinder ohne Risikogeburt (39,1 %) im Hörtest schlechter

ab. Hier lag der Anteil der unauffälligen Neugeborenen nur bei 75,6 % und der der

auffälligen bei 24,4 %. Ebenso war die mittlere Untersuchungszeit mit 22,1 Minuten

geringgradig verlängert. Nach der statistischen Analyse zeigte sich kein signifikanter

3. Auswertung

67

Unterschied bezogen auf das erfolgreiche Abschließen im Test zwischen den Kindern mit

und ohne Risikogeburt (χ² = 3,36 ; p = 0,067).

Ergebnisse bezogen auf den Risikofaktor:Risikogeburt

unauffällig auffällig0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteil (in %)

Gesamtkollektiv

mit Risikogeburt

ohne Risikogeburt

Abb. 27: Balkendiagramm Vergleich der Ergebnisse in den Gruppen Kinder mit

Risikogeburt, Kinder ohne Risikogeburt und Gesamtkollektiv

3.1.12 Geburtsgewicht

Das mittlere Geburtsgewicht aller gemessenen Neugeborenen lag bei 3180 g. Als

geringstes Geburtsgewicht wurden 1270 g angegeben, als größtes 4450 g.

Bei den Kindern der NICU wurde speziell das Gewicht zum Zeitpunkt der Messung

betrachtete, das hierbei in der Regel vom Geburtsgewicht variierte, da die Messung erst in

einem späteren Lebensalter durchgeführt werden konnte. Das dabei ermittelte

Durchschnittsgewicht zum Messungszeitpunkt befand sich mit 2465g deutlich unter dem

der Gesamtgruppe. Das minimale Messungsgewicht betrug 1810g und das maximale

3210g.

3. Auswertung

68

Geburtsgewicht Gesamtkollektiv

Median = 3230 25%-75% = (2900, 3570) Bereich ohne Ausreißer = (1915, 4450) Ausreißer

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

Geb

urts

gew

icht

(in

g)

Mittelwert = 3180gMedian = 3230gMinimal = 1275gMaximal = 4450 g25%-Wert = 2900g75%-Wert = 3570g

Abb. 28: Boxplot Geburtsgewicht aller Kinder

Alle Kinder wurden entweder in die Kategorie niedriggewichtige Kinder – infants of low

birth weight – mit Gewichten unter 2501g oder in die Kategorie eutrophe, normgewichtige

Kinder mit einem Gewicht über 2500g eingeteilt.

16,2 % der Kinder zeigten bei Geburt ein niedriges Gewicht, davon wurden 58,9 % auf der

Neonatologie und 41,1 % auf der Neugeborenenstation versorgt.

Abb. 29: Kreisdiagramm Verhältnis eutrophe zu hypotrophen Neugeborenen

Der Mittelwert der Geburtsgewichte bei den niedriggewichtigen Kindern betrug 2050g

(Median 1990 g), der minimale Wert 1270g und der maximale 2500g. Die

Untersuchungszeit zeigte sich mit mittleren 23,5 Minuten etwas verlängert im Vergleich zu

Verhältnis der eutrophen und hypotrophen Kinder

hypotrophe Kinder; 16%

eutrophe Kinder; 84%

3. Auswertung

69

den normal gewichtigen Kindern mit 20,5 Minuten. Ein statistisch signifikanten

Unterschied ließ sich nicht nachweisen (t-Wert 1,04 ; p = 0,301). Jedoch fiel das Ergebnis

des Hörtests trotzdem in der niedriggewichtigen Gruppe mit 88,2 % unauffällig getesteten

und 11,8 % auffällig getesteten Neugeborenen erfreulich aus.

Bei den 83,8 % normgewichtigen Säuglingen wurde ein annähernd ähnliches Ergebnis

erzielt mit 88,6 % erfolgreichen Testergebnissen und 11,4 % kontrollbedürftigen Hörtests.

Somit bestand kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Ergebnis und dem

Geburtsgewicht (χ² < 0,01; p = 0,962). Die Gruppe der eutrophen Kinder setzte sich zu

94,3 % aus Kindern der Neugeborenenstation und zu nur 5,7 % aus Neugeborenen der

NICU zusammen.

Das mittlere Geburtsgewicht der normgewichtigen Kinder lag bei 3398 g (Median 3300 g,

Minimalwert 2550 g, Maximalwert 4450g).

Stationsverteilung abhängig vom Geburtsgewicht

NeuStat NICU

hypotroph eutroph0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 30: Balkendiagramm Verhältnis eu- zu hypotrophen Neugeborenen innerhalb NICU-

und NeuStat-Gruppe

3. Auswertung

70

Ergebnisse der eu-/hypotrophenNeugeborenen

unauffällig auffällig

hypotroph eutroph0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 31: Balkendiagramm Ergebnisse in den Gruppen eutrophe und hypotrophe

Neugeborene

3.1.13. Apgar-Index

Der Apgar-Index gilt als Maß für die Adaptationsfähigkeit des Neugeborenen und wird

anhand des klinischen Erscheinungsbildes des Kindes nach einer, fünf und zehn Minuten

nach Geburt ermittelt.

Laut Schmidt-Matthiesen, Hepp [88] ist hierbei der erste Apgar-Wert nicht aussagekräftig,

hingegen der 5- und 10–Minuten-Wert entscheidend. Nach dem Apgar-Score werden

Punktzahlen zwischen 8 und 10 als Zeichen einer regelrechten, kindlichen Adaptation

angesehen, Werte unter 8 als auffällig betrachtet und bei Werten unter 4 spricht man von

einer schweren Asphyxie.

Bei den untersuchten Kindern lag zu 93,5 % ein unauffälliger Apgar-Score vor. Lediglich

bei 6,5 % war nach 5 Minuten ein auffälliger Apgar-Index zu verzeichnen, der sich aber

bei allen nach 10 Minuten normalisierte.

3.1.14. pH-Wert postpartal

Bei insgesamt 2,6 % der untersuchten Kinder (n = 3) deutete der postpartal ermittelte pH-

Wert mit einem Wert unter 7,15 auf eine relevante Azidose hin. Jedoch zeigten alle Kinder

dieser Gruppe ein unauffälliges Hörscreeningergebnis und der Apgar-Index nach 10

Minuten wies auf eine regelrechte Adaptation hin. Allerdings wurde der pH-Wert nicht bei

allen Kindern im Geburtsprotokoll festgehalten.

3. Auswertung

71

3.1.15. Sepsis

Eine Sepsis in der Anamnese wurde bei 4,4 % der Neugeborenen angegeben. Diese 5

Kinder befanden sich auf der Neonatologie. Das Hörscreening verlief dabei bei 4 Kindern

(89 %) regelrecht und bei einem (20 %) kontrollbedürftig. Im Vergleich zu den Kindern

ohne Sepsis bestand kein statistisch signifikanter Unterschied in den Screening-

Ergebnissen (χ² < 0,01; p = 0,984).

Ergebnisse abhängig vom Risikofaktor Sepsis

auffällig unauffällig

Sepsis keine Sepsis0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 32: Balkendiagramm Vergleich der Ergebnisse abhängig vom Risikofaktor Sepsis

Die Untersuchungszeit in dieser Gruppe war mit einem Mittelwert von 27 Minuten

verlängert. Statistisch ließ sich hier kein Unterschied in den Untersuchungszeiten zwischen

den Kindern mit und ohne Sepsis nachweisen (t-Wert = -1,01 ; p = 0,315).

Bei drei der fünf Kinder blieb der Sepsiserreger ungeklärt, bei einem Kind wurde

Klebsiella pneumoniae und bei einem anderen Kind Enterokokkus faekalis und koagulase-

negative Streptokokken angeschuldigt.

3.1.16. Virale Infektionen

Bei einem Kind (0,9 %) der NICU war ein positiver CMV early antigen Titer nachweisbar.

Dieses Kind verhielt sich auffällig in der Hörtestung und die Untersuchungszeit betrug 45

Minuten.

3. Auswertung

72

3.1.17. Meningitis

Ein Neonatologiekind (0,9 %) erkrankte an Meningitis. Der Erreger konnte nicht

identifiziert werden. Die Hörprüfung verlief erfolgreich mit einer Untersuchungszeit von

25 Minuten.

3.1.18. Antibiotika

Bei sieben Kindern der Neonatologie (6,1 %) waren Antibiotikagaben erforderlich.

Zur Anwendung kamen bei vier Kindern Kombination Baypen+Refobacin

bei einem Kind Kombination Meronem+Vancomycin

bei einem Kind Kombination Claforan+Vancomycin

(Meningitis)

bei einem Kind Kombination Baypen+Refobacin+Meronem

+Vancomycin (Nachweis Enterococc. faec.)

Die Dauer der Anwendung reichte von 5 bis 22 Tagen. Refobacin (Gentamycin) wurde in

einmaligen Tagesdosen, gewichtsadaptiert, zwischen 4 mg und 14 mg appliziert. Angaben

zu Berg- und Talspiegelbestimmungen lagen nicht vor.

Ergebnisse bezogen auf Antibiotika-Gabe

auffällig unauffällig

Antibiotikum kein Antibiotikum0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 33: Balkendiagramm Ergebnisse abhängig von einer Antibiotikagabe

Ein unauffälliges Testergebnis konnte bei 6 der Kinder verzeichnet werden, dies entsprach

85,7 %. Bei einem Kind (14,3 %) war der Test auffällig. Somit erzielte diese Untergruppe

3. Auswertung

73

ein besseres Testergebnis als die Neugeborenengruppe ohne Antibiotika (unauffällig 83 %,

auffällig 17 %). Ein statistisch signifikanter Unterschied ließ sich nicht belegen (χ² = 0,03 ;

p = 0,869).

3.1.19. Ototoxische Substanzen

Die Hepatitis C- und HIV-Infektion einer Mutter machte eine postpartale AZT

(Azidothymidin) und Retrovir – Therapie eines Neugeborenen (0,9 %) postpartal auf der

NICU notwendig. Das Hörscreening schloss dieses Kind erfolgreich ab. Die

Untersuchungszeit betrug 80 Minuten. Dies ist erklärbar durch die nur ausreichende EEG-

Qualität bei Unruhe des Kindes, eventuell zusätzlich bedingt durch ein Entzugssyndrom

bei Drogenabusus in der Schwangerschaft.

In der Literatur sind keine Hörschädigungen bei Erwachsenen durch AZT beschrieben,

jedoch wird ein potentieller teratogener und zytotoxischer Effekt für den Feten während

der Schwangerschaft diskutiert.

Die Gentamycin-Gabe wird unter dem Kriterium 3.1.19. Antibiotika analysiert (s.o.).

3.1.20. Hyperbilirubinämie

Eine pathologische Hyperbilirubinämie bei Neugeborenen besteht bei einer Erhöhung des

Gesamtbilirubins über 14 mg/dl (24 γmol/l).

Das Gesamtbilirubin wurde bei den Kindern der NICU routinemäßig erfasst, hingegen auf

der normalen Neugeborenenstation nur bei Verdacht auf einen Ikterus. Bei zwei Kindern

(1,7 %) der NICU wurde eine pathologische Bilirubinerhöhung über 14 mg/dl festgestellt.

Das Kind mit einem Bilirubinwert von 18,0 mg/dl (50 %) zeigte im Test einen normalen

Befund; das andere mit einem Bilirubinwert von 14,4 mg/dl (50 %) einen

kontrollbedürftigen. Einen signifikanten Unterschied im Testerfolg zwischen den Kindern

mit und ohne Hyperbilirubinämie ließ sich statistisch nicht bestätigen (Fisher: p = 0,3043).

Die mittlere Untersuchungszeit befand sich mit 22,5 Minuten in einem ähnlichen Bereich

wie die der Gesamtgruppe.

3. Auswertung

74

Ergebnisse abhängig vom RisikofaktorHyperbilirubinämie

auffällig unauffällig

Hyperbilirubinämie keine Hyperbilirubinämie0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 34: Balkendiagramm Ergebnisse abhängig vom Vorhandensein des

Risikofaktors Hyperbilirubinämie

3.1.21. Geburtsart

Im Folgenden wird die Geburtsart als Einflussgröße auf das Screeningergebnis untersucht.

Geburtsart

unklare Geburtsart; 4%

Sectio; 29%

Vakuumextraktion; 6%

Spontangeburt; 61%

Abb. 35: Kreisdiagramm Geburtsart

3. Auswertung

75

60,8 % der der Kinder wurden spontan entbunden. In dieser größten Gruppe befanden sich

fünf Kinder auf der NICU (7,1 %) und 65 Kinder auf der Normalstation (92,9 %). Davon

verlief der Test bei 85,7 % erfolgreich und bei 14,3 % nicht erfolgreich.

Eine Zangengeburt musste bei keinem Kind durchgeführt werden.

Die Geburt konnte durch Vakuumextraktion bei 6,1 % der Kinder (n = 7) erfolgreich

beendet werden. Diese Kinder wurden alle auf die normale Neugeborenenstation

übernommen und absolvierten das Hörscreening alle erfolgreich.

Eine Sectio wurde bei 28,7 % der Geburten (n = 33) erforderlich. Bei 17 Kindern mit

einem 14,8 %igen Anteil erfolgte die Sectio in ITN. In dieser Untergruppe waren 88,2 %

der Kinder unauffällig und 11,8 % auffällig. Hiervon wurden die meisten Kinder (52,9 %)

auf die NICU verlegt und nur 47,1 % auf die Normalstation.

Eine Sectio in Spinalanästhesie wurde bei 5,2 % (n = 6) der Geburten gewählt. Bei diesen

Kindern dominierte mit 83,3 % ein zufrieden stellendes Testergebnis über ein schlechtes

Ergebnis mit 16,7 %. 66,7 % der Kinder hielten sich auf der Neonatologie und 33,3 % auf

der Normalstation auf.

Bei 8,7 % (n = 10) der Gesamtgeburten wurde der Kaiserschnitt in Periduralanästhesie

durchgeführt. Alle Kinder befanden sich anschließend auf der Normalstation und schlossen

den Hörtest regelrecht ab.

Bei keiner der Geburtsarten konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der

Geburtsart und dem Testausgang erstellt werden (Spontangeburt χ² = 0,65 ; p = 0,4207,

Vakuum χ² = 1,48 ; p = 0,2245 , Sectio χ² = 1,85 ; p = 0,1735).

Aufgrund fehlender Datenlage konnte die Geburtsart bei fünf Kindern nicht erfasst werden

(4,3 %). Dies traf auf zwei Kinder der Neonatologie und drei Kinder der Normalstation zu,

die alle ein auffälliges Testresultat zeigten.

3. Auswertung

76

Stationsverteilung abhängig von der Geburtsart

NeuStat NICUSpontangeburt

VakuumextraktionSectio

unklare Geburtsart

0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 36: Balkendiagramm Verteilung der Kinder auf NICU oder Neugeborenenstation

abhängig von der Geburtsart

Ergebnisse abhängig von Geburtsart

unauffällig auffälligSpontangeburt

VakuumSectio ITN

Section SPASection PDA

unklar

0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 37: Balkendiagramm Ergebnisse abhängig von der Geburtsart

3. Auswertung

77

3.1.22. Risikoschwangerschaft

Anamnestisch bestand bei 28 Schwangeren (24,4 %) eine Risikoschwangerschaft.

Trotzdem zeigten nach der Geburt in dieser Gruppe 85,7 % der Kinder ein unauffälliges

Resultat und nur 14,3 % ein auffälliges. Ein statistischer Zusammenhang zwischen den

Ergebnissen und dem Vorhandensein des Risikofaktors Risikogeburt ließ sich nicht

nachweisen (χ² = 0,13 ; p = 0,714).

Die meisten Neugeborenen wurden auf der Normalstation (n = 22) versorgt, nur sechs

Kinder auf der NICU. Als häufigste Ursache für die Risikoschwangerschaft wurden das

Alter der Mutter (32,1 %), Gestosen ( 17,9 %) und Plazenta previa (10,7 %) angeführt.

Ergebnisse abhängig vom RisikofaktorRisikoschwangerschaft

auffällig unauffällig

Risiko-Schwang. keine Risiko-Schwang.0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 38: Balkendiagramm Ergebnisse abhängig vom Faktor Risikoschwangerschaft

3.1.23. Infektionen in der Schwangerschaft

Nur bei zwei Schwangeren wurde eine Infektion während der Schwangerschaft

komplizierend aufgeführt. Bei einer Schwangeren trat kurz vor Entbindung ein

Harnwegsinfekt auf, bei einer anderen bestand eine Hepatitis C und HIV- Infektion. Beide

Neugeborenen, anschließend auf der Neonatologie aufgenommen, schlossen das Screening

erfolgreich ab. Ein statistisch signifikanter Unterschied kam hier im Ergebnis zu den

Kindern ohne Schwangerschaftsinfektion der Mutter nicht zum Tragen (Fisher: p =

0,6957).

3. Auswertung

78

3.1.24. Noxe in der Schwangerschaft

Auf Noxe während der Schwangerschaft wurde bei neun Frauen (7,8 %) ausdrücklich

hingewiesen. Trotzdem absolvierten alle 9 Neugeborenen das Screening erfolgreich.

Statistisch gesehen bestand hier kein signifikanter Unterschied zu den Kindern, deren

Mütter in der Schwangerschaft keinen Noxen ausgesetzt waren (χ² = 1,93 ; p = 0,164). 33,3

% der Kinder befanden sich auf der Neonatologie und 66,7 % auf der Normalstation.

Bei allen neun Schwangeren wurde als Noxe Nikotin angegeben. Bei einer Frau bestand

eine zusätzliche Abhängigkeit von Kokain und sonstigen Drogen.

3.1.25. Alter der Mutter

Im Mittel betrug das Alter der Mütter bei der Entbindung 28,6 Jahre. Die jüngste Mutter

war 16 Jahre alt, die älteste 43 Jahre.

3. Auswertung

79

3.2. Analyse der auffälligen Kinder

Insgesamt waren 19 Kinder in der Höruntersuchung auffällig, dies entsprach einem Anteil

von 16,5 %.

3.2.1. Alter der auffälligen Kinder bei der Untersuchung

Das mittlere Alter der auffälligen Kinder bei der Untersuchung betrug 9,1 Tage (Median 2

Tage). Als frühester Untersuchungszeitpunkt wurde der Geburtstag eines Kindes gewählt,

das späteste Untersuchungsalter lag bei 52 Tagen.

Im Vergleich hierzu lag das mittlere Untersuchungsalter in der unauffälligen Gruppe nur

bei 4,4 Tagen (Median 3 Tage), mit einem frühesten Messungsalter ebenfalls am

Geburtstag und einem maximalen Alter von 57 Tagen.

Untersuchungsalter der auffälligen undder nicht auffälligen Kinder

Median 25%-75% Bereich ohne Ausreißer Ausreißer Extremewerte

aufällige Kinder unaufällige Kinder0

10

20

30

40

50

60

Unt

ersu

chun

gsal

ter (

in d

)

Mittelwert auffällig = 9,1 dMedian auffällig = 2 dStdabw. auffällig = 14,5min. Wert auffällig = 0 dmax. Wert auffällig = 52 d25%-Wert auffällig = 1 d75%-Wert auffällig = 11 d

Mittelwert unauffällig = 4,4 dMedian unauffällig = 3 dStdabw. unauffällig = 7,4min. unauffällig = 0 dmax. unauffällig = 57 d25%-Wert unauffällig = 275%-Wert unauffällig = 4,5 d

Abb. 39: Boxplot Vergleich des Untersuchungsalters in der auffälligen und der

unauffälligen Kindergruppe

Im Mann-Withney-U-Test zeigte sich hier ein p-Wert von 0,81. Damit musste der

Unterschied beim Untersuchungsalter in den Gruppen als nicht signifikant betrachtet

werden.

3. Auswertung

80

3.2.2. Untersuchungsbedingungen

Die Untersuchungsbedingungen wurden von den Untersuchern näher spezifiziert. Zum

einen wurde der Vigilanzzustand des Säuglings beurteilt, zum anderen vom Säugling

unabhängige Faktoren, wie Umgebungslärm und Unterbrechungen.

Nur 10,5 % der auffälligen Säuglinge zeigten sich bei der Messung ruhig im Gegensatz zu

56,3 % der unauffälligen Kinder (signifikanter Unterschied nachgewiesen: χ² = 13,27 ; p =

0,0003).

Spiegelbildlich verhielt es sich beim Charakteristikum Unruhe. Hier dominierten die

auffälligen Kinder mit 89,5 % die im Test erfolgreichen Kinder mit 28,1 % (signifikanter

Unterschied: χ² = 25,27 ; p < 0,01). Ruhige Kinder konnten offensichtlich besser

untersucht werden als sich bewegende und somit Störartefakte produzierende Kinder. Dies

hatte daher auch einen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis und dessen Interpretation.

Bei den kontrollbedürftigen Neugeborenen schliefen überwiegend nur 5,3 %, während 68,4

% während des Screenings wach waren. Wie zu erwarten lag der Anteil der schlafenden

Kinder in der unauffälligen Gruppe mit 26 % höher und der Anteil der zeitweilig wachen

Kinder hier mit 47,9 % niedriger. Für das Kriterium Schlaf konnte ein signifikanter

Unterschied zwischen der auffälligen und der unauffälligen Gruppe nachgewiesen werden

(χ² = 3,91 ; p = 0,048), für das Kriterium Wachheit nicht ( χ² = 2,67 ; p = 0,102).

Untersuchungsbedingungen 1: Kind bedingt

auffällig unauffällig

ruhig unruhig Schlaf wach0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 40: Balkendiagramm Vergleich der Untersuchungsbedingungen, Kind bedingt, in den

beiden Ergebnisgruppen

3. Auswertung

81

Störende Hintergrundgeräusche wurden in beiden Gruppen etwa gleich häufig vermerkt

(auffällige Gruppe 21,1 %, unauffällige Gruppe 20,8 %). Ein signifikanter Unterschied

bestand hier nicht (χ² < 0,01; p = 0,983).

Die Untersuchung in der kontrollbedürftigen Gruppe wurde aufgrund äußerer Einflüsse in

21,1 % der Fälle unterbrochen. Dies war in der regelgerechten Gruppe nur bei 4,2 % der

Fälle notwendig (signifikanter Unterschied: χ² = 6,99 ; p = 0,0082).

Untersuchungsbedingungen 2: Umgebung

auffällig unauffälligStörgeräusche

Unterbrechungen

0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 41: Balkendiagramm Vergleich der Untersuchungsbedingungen, umgebungsbedingt,

in den beiden Ergebnisgruppen

3.2.3. Verteilung Neonatologie – Neugeborenenstation

In der Gruppe der Neonatologiekinder zeigten sich 27,8 % (n = 5) der Kinder auffällig und

72,2 % (n = 13) der Kinder unauffällig.

Bei den Neugeborenen der Normalstation wurde ein kontrollbedürftiges Testergebnis nur

bei 14,4 % (n = 14) der Kinder verzeichnet und ein regelrechtes bei 85,6 % (n = 83) der

Kinder.

Nach Anwendung des χ²- Vierfeldertests bestand kein Zusammenhang zwischen dem

Auftreten des Merkmals „Testergebnis auffällig“ und dem Merkmal „Aufenthalt auf der

Neonatologie oder Normalstation“ (χ² = 1,96 ; p = 0,1615).

3. Auswertung

82

Ergebnisse bezogen auf Neonatologie undNeugeborenenstation

NEO NeuStat

auffällig unauffällig0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 42: Balkendiagramm Ergebnisverteilung bezogen auf den Aufenthalt in der

Neonatologie oder der Neugeborenenstation

3.2.4. Untersuchungszeit

Bei den auffälligen Kindern dauerte im Schnitt die Messung länger als bei den

unauffälligen, nämlich 35,3 Minuten (Median 30 Minuten) zu 19,0 Minuten (Median 15

Minuten). Die kürzeste Messung bei den auffälligen Kindern konnte in 10 Minuten

durchgeführt werden, die längste benötigte 60 Minuten.

Untersuchungszeiten in der auffälligenund unauffälligen Gruppe

Median 25%-75% Bereich ohne Ausreißer Ausreißer Extremewerte

auffällig unauffällig0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Unt

ersu

chun

gsze

it (in

Min

uten

)

Mittelwert auffällig = 35 min.Median auffällig = 30 min.Mini auffällig = 10 min.Max auffällig = 60 min.25%-Wert auffällig = 25 min.75%-Wert auffällig = 45 min.

Mittelwert unauff = 19,0 min.Median unauff = 15 min.Mini unauff = 5 min.Max unauff = 80 min.25%-Wert unauff = 15 min.75%-Wert unauff = 20 min.

Abb. 43: Boxplot Vergleich der Untersuchungszeiten in der un/auffälligen Gruppe

3. Auswertung

83

Bei den erfolgreichen Neugeborenen dauerten die kürzeste Messung 5 Minuten und die

längste 80 Minuten. Der 25 %- und der 75 %-Wert wurde bei den kontrollbedürftigen

Kindern im Vergleich zu den unauffälligen zu längeren Zeiten verschoben, erkennbar am

Boxplot.

Im Mann-Whitney-U-Test zeigte sich mit p < 0,01 ein signifikanter Unterschied.

3.2.4. EEG-Qualität

In der Gruppe der erfolgreichen Kinder ließ sich eine bessere EEG-Qualität im Vergleich

zum auffälligen Kollektiv darlegen, nämlich im Mittel 1,97 zu 2,88 in einer Bewertung von

1 bis 5. Als beste Note wurde in der auffälligen Gruppe ein „gut“ vergeben als schlechteste

ein „ungenügend“. Bei der unauffälligen Gruppe rangierten die Benotungen zwischen

einem „sehr gut“ und einem „ausreichend“.

EEG-Benotung in der auffälligen undder unauffälligen Gruppe

Median 25%-75% Bereich ohne Ausreißer Ausreißer Extremewerte

auffällig unauffällig1

2

3

4

5

Beno

tung

(1 =

seh

r gut

; 5

= un

genü

gend

)

Abb. 44: Boxplot EEG-Benotung für BERA beidseits in der auffälligen und der

unauffälligen Gruppe

Nach dem Mann-Whitney-U-Test bestand ein signifikanter Unterschied zwischen den

EEG-Benotungen der auffälligen und der unauffälligen Gruppe (p = 0,000031).

3. Auswertung

84

EEG-Qualität in der auffälligen undunauffälligen Gruppe

auffällig unauffällig0 10 20 30 40 50

Anteil (in %)

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

5

EEG

-Not

en (1

= s

ehr g

ut; 5

= u

ngen

ügen

d)

Abb. 45: Balkendiagramm EEG-Qualtität gemessen für BERA beidseits in der auffälligen

und der unauffälligen Gruppe

3.2.5. Kontrollanzahl bei der BERA-Untersuchung

Zur Erzielung eines Ergebnisses waren bei den auffälligen Kindern im Durchschnitt fünf

Wiederholungen notwendig, bei der regelgerechten Gruppe nur 1,16. Die Kontrollen

bezogen sich insgesamt auf die Testung beider Ohren. Die minimale Kontrollanzahl betrug

in der auffälligen Gruppe 2 die maximale 9. Entsprechend wurden für die erfolgreiche

Gruppe eine minimale Kontrollanzahl von 0 und eine maximale von 8 angegeben.

Auch hier ließ sich in den statistischen Analysen ein signifikanter Unterschied zwischen

den beiden Gruppen (M-W-U-Test: p < 0,05) feststellen.

3. Auswertung

85

Kontrollanzahl der BERA in derauffälligen und unauffälligen Gruppe

Median 25%-75% Bereich der Ausreißer Ausreißer

auffällig unauffällig0

2

4

6

8

10

Anza

hl d

er K

ontro

llen

Mittelwert auffällig = 5Median auffällig = 4Mini auffällig = 2Max auffällig = 925%-Wert auffällig = 475%-Wert auffällig = 6

Mittelwert unauff = 1,2Median unauff = 0Mini unauff = 0Max unauff = 825%-Wert unauff = 075%-Wert unauff = 2

Abb. 46: Boxplot Vergleich der Anzahl der BERA-Kontrollen insgesamt in der auffälligen

und der unauffälligen Gruppe

3.2.6. Konstellation: BERA einseitig zu BERA beidseitig auffällig

Ergebnisse aller Neugeborenen

beidseits auffällig, n = 9; 7,8%

einseitig auffällig, n = 10; 8,7%

unauffällig, n = 96; 83,5%

Abb. 47: Kreisdiagramm Ergebnisse der Neugeborenen insgesamt

3. Auswertung

86

Von den 19 als kontrollbedürftig bezeichneten Neugeborenen lag bei neun Kindern (47,4

% der auffälligen Gruppe) ein beidseitig auffälliges Untersuchungsergebnis vor. Dies

entsprach einem 7,8 % Anteil an allen getesteten Säuglingen. Bei den übrigen zehn

Kindern (52,6 %) bestand nur einseitig ein auffälliger BERA-Befund. Sie erreichten damit

einen 8,7 % Anteil.

3.2.7. Analyse der auffälligen BERA und OAE –Konstellationen

Bei sechs Kindern waren sowohl BERA als auch OAEs beidseitig auffällig. Die OAEs

waren dabei bei zwei Kindern nicht korrekt beurteilbar, da die Umgebung zu laut war oder

die Aufsätze im Gehörgang nicht dicht platziert werden konnten. Diese Untergruppe

machte 31,6 % innerhalb der als kontrollbedürftig bezeichneten Kinder aus.

Die Anlass zu dieser Untersuchung gebende Konstellation von unauffällig nachweisbaren

OAEs und auffälliger BERA beidseits ließ sich bei drei Kindern nachweisen und entsprach

damit 15,8 % innerhalb der auffälligen Gruppe. Davon konnte das Ergebnis eines Kindes

nicht gewertet werden, da ein dichter Haarwuchs eine korrekte BERA-Messung

verhinderte.

Drei Kinder mit einem Anteil von 15,8 % zeigten eine einseitig kontrollbedürftige BERA-

Untersuchung bei ansonsten regelrechtem Testergebnis in der BERA des Gegenohres und

der OAEs beidseitig. Somit bestand hier die Konstellation einer auditorischen Neuropathie

unilateral.

Bei vier Kindern waren einseitig auffällige BERA- und OAE-Ergebnisse bei unauffälliger

Testung der Gegenseite in beiden Testverfahren zu verzeichnen (21,1 % Anteil aller

auffälligen Kinder). Eine korrekte OAE-Auswertung wurde auch hier aufgrund des

Umgebungslärms oder mangelnder Dichtigkeit bei drei Kindern erschwert bzw. war nicht

möglich.

Bei den letzten drei Kindern, wiederum mit einem Anteil von 15,8 %, bestand folgende

Konstellation: einseitig war die BERA auffällig, sowie beidseitig die OAEs, jedoch wurde

das Gegenohr im BERA-Verfahren unauffällig getestet. Auch hier beanstandeten die

Untersucher, dass es bei allen drei Kindern für eine OAE-Testung zu laut war.

3. Auswertung

87

BERA - und OAE-Konstellationen

BERA einseitig unauffällig, sonst auffällig; 16%

BERA+OAE auffällig; 32%KonstellationANP unilateral; 16%

BERA+OAE einseitig auffällig; 21%

Konstellation ANP bilateral; 16%

Abb. 48: Kreisdiagramm BERA-OAE-Konstellationen in der Untersuchungsgruppe

3.2.8. Weiterer Verlauf

Alle fünf Kinder, die nach der Geburt auf der neonatologischen Station im Hörscreening

auffällig abschnitten, wurden einer anschließenden, pädaudiologischen Betreuung

zugeleitet.

Bei einem dieser Kinder konnte in den Nachuntersuchungen eine hochgradige

sensorineurale Schwerhörigkeit beidseits in einer erweiterten BERA-Untersuchung in

Vollnarkose diagnostiziert werden.

Bei den auffällig getesteten, neonatologischen Kindern überwog die Konstellation „BERA

und OAE beidseitig kontrollbedürftig“ im Gegensatz zu den auffälligen Kindern der

Normalstation. Bei vier von fünf NICU-Kindern (80 %) konnte diese Konstellation

nachgewiesen werden. Bei dem fünften Kind bestand die für die auditorische Neuropathie

charakteristische Konstellation.

Unter den 14 auffälligen Kindern der Neugeborenenstation befanden sich nur zwei Kinder,

entsprechend 14,3 %, bei denen sich sowohl BERA als auch OAEs beidseitig verdächtig

zeigten. Bei beiden Kindern fiel bei der Untersuchung eine ausgeprägte Unruhe auf, die die

Untersuchung erschwerte. In beiden Fällen erschienen die Eltern nicht mit ihren Kindern

zum vereinbarten Kontrolltermin nach der stationären Entlassung.

3. Auswertung

88

Bei zwei Kindern der Normalstation lagen nach Testung Hinweise auf eine auditorische

Neuropathie beidseits vor. Einschränkend muss bemerkt werden, dass bei einem Kind eine

EEG-Ableitung offensichtlich aufgrund eines extremen Haarwuchses nicht möglich war.

Hier konnte das BERA-Verfahren nicht abschließend beurteilt werden. Das zweite Kind

bewies in einer Zweituntersuchung nach Entlassung unauffällige OAEs beidseitig bei

weiterhin auffälligem BERA-Ergebnis. Dieses Kind hatte in der Erstuntersuchung

pathologische BERA- und OAE-Ergebnisse. Die Eltern wünschten nach der Kontrolle

keine weiteren Testungen.

Innerhalb der auffälligen Neugeborenengruppe der Normalstation konnten bei zehn von 14

Kindern (71,4 %) zumindest einseitig eine unauffällige BERA-Prüfung nachgewiesen

werden. Darunter befinden sich auch die drei Kinder mit der unilateralen Konstellation

einer auditorischen Neuropathie.

Bei 92,9 % der Kinder (13 von 14 Kindern) wurde die Untersuchung durch die Unruhe der

Kinder erschwert. Dies legt eine negative Beeinflussung des Testergebnisses durch die

ungünstige, kindliche Vigilanzlage bzw. Umgebungslärm nahe.

Vier Elternpaare (28,6 %) wünschten ausdrücklich nach z. T. erfolgtem Re-Screening

keine weiteren Testungen und wollten sich gegebenenfalls, abhängig von ihren eigenen

Verhaltensbeobachtungen, zu einem späteren Zeitpunkt melden.

Trotz Vereinbarung erschienen vier Elternpaare (28,6 %) mit ihren Kindern nicht zum

geplanten Kontrolltermin nach Entlassung.

3.2.9. Geburtsgewicht der auffälligen Kinder

Beim Vergleich der Geburtsgewichte der auffälligen und unauffälligen Kinder fällt auf,

dass die auffälligen Kinder im Schnitt weniger wogen als ihre unauffälligen

Altersgenossen. Der Mittelwert betrug bei den kontrollbedürftigen Kindern 3099g und bei

den erfolgreich getesteten Kindern 3190g.

Allerdings ließ sich hier nach Anwendung der Statistik kein signifikanter Unterschied

feststellen (p = 0,8207 im M-W-U-Test).

3. Auswertung

89

Geburtsgewicht in der auffälligen undunauffälligen Gruppe

Median 25%-75% Bereich ohne Ausreißer Ausreißer

auffällig unauffällig1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

Gew

icht

(in

g)

Mittelwert auffällig = 3098 gMedian auffällig = 3265 gMini auffällig = 1890 gMax auffällig = 3850 g25%-Wert auffällig = 2885 g75%-Wert auffällig = 3520 g

Mittelwert unauff = 3190 gMedian unauff = 3230 gMini unauff = 1275 gMax unauff = 4450 g25%-Wert unauff = 2900 g75%-Wert unauff = 3570 g

Abb. 49: Boxplot Vergleich der Geburtsgewichte in der auffälligen und der unauffälligen

Gruppe

3.2.10. Beatmung bei auffälligen Kindern

Der Anteil der beatmungspflichtigen Kinder lag mit 10,5 % (2 von 19 Kindern) in der

auffälligen Gruppe höher als in der unauffälligen mit 4,2 % (4 Kinder von 96).

Beatmung in der auffälligen und derunauffälligen Gruppe

auffällig unauffälligBeatmung

keine Beatmung

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 50: Beatmungshäufigkeit in der auffälligen und unauffälligen Gruppe

3. Auswertung

90

Es bestand kein signifikanter Unterschied zwischen auffälliger und unauffälliger Gruppe in

Bezug auf die Beatmungspflichtigkeit (χ²: p = 0,2547).

3.2.11. Sepsis bei auffälligen Kindern

Die Diagnose Sepsis wurde bei 5,3 % (n = 1) der kontrollbedürftigen Neugeborenen

gestellt. Der Erreger konnte bei diesem Kind nicht identifiziert werden. In der

unauffälligen Gruppe lag bei 4,3 % der Kinder (n = 4) eine Sepsis vor. Bei zwei Kindern

konnte der Erreger identifiziert werden. Bei dem ersten Kind handelte es sich um einen

Enterococcus faecalis und bei dem zweiten Kind um eine Sepsis hervorgerufen durch

koagulasenegative Staphylokokken und Klebsiellen.

Mit einem p = 0,8304 im Chi²-Vierfelder-Test war kein signifikanter Zusammenhang

bezüglich der Sepsis in der auffälligen Gruppe zu finden.

3.2.12. Virale Infektionen bei auffälligen Kindern

Eine virale Infektion war nur in der Gruppe der auffälligen Kinder zu ermitteln und zwar

konnte bei einem Kind (5,3 %) CMV (Cytomegalievirus) nachgewiesen werden. In der

unauffälligen Gruppe war keine virale Infektion zu verzeichnen. Nach dem Fisher-Test (p

= 0,1652) bestand kein signifikanter Unterschied zwischen der Häufigkeit des Auftretens

einer viralen Infektion in der auffälligen Gruppe und der unauffälligen Gruppe.

3.2.13. Meningitis bei auffälligen Kindern

Nur in der unauffälligen Gruppe erkrankte ein Kind (1,0 %) an Meningitis bei ungeklärtem

Erreger. Kein Meningitisfall trat in der auffälligen Gruppe auf.

Hier fiel keine Signifikanz im Unterschied auf (Fisher-Test: p = 0,8348).

3.2.14. Antibiotika bei auffälligen Kindern

Die Rate des Antibiotikaeinsatzes bei den auffälligen Kindern lag mit 5,3 % (1 von 19)

unter der der unauffällig getesteten Kinder mit 6,3 % (6 von 96) und bewies auch keinen

signifikanten Unterschied in den beiden Gruppen (Chi²-Vierfelder-Test: p = 0,8694).

3. Auswertung

91

Zum Einsatz kamen bei dem auffällig getesteten Neugeborenen Baypen über 27 Tage und

Refobacin über 5 Tage.

Bei den unauffälligen Kindern musste bei dreien ebenfalls die Kombination Baypen und

Refobacin angewandt werden, bei einem Kind Claforan und Vancomycin, bei einem

Meronem und Vancomycin. Schließlich wurden bei einem Kind zeitlich versetzt vier

Antibiotika verordnet, nämlich Refobacin, Baypen, Vancomycin und Meronem.

Infektiologische Parameter in denErgebnisgruppen

auffällig unauffällig

Seps

is

kein

e Se

psis

Viru

s

kein

Viru

s

Men

ingi

tis

kein

e M

enin

gitis

Ant

ibio

tika

kein

e A

ntib

iotik

a0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 51: Balkendiagramm der infektiologischen Parameter in der auffälligen und der

unauffälligen Gruppe (Sepsis, virale Infektionen, Meningitis, Antibiotika)

3.2.15. Hyperbilirubinämie bei auffälligen Kindern

Eine Hyperbilirubinämie war einmalig sowohl in der Gruppe der auffälligen als auch der

unauffälligen Säuglinge zu verzeichnen. Dies machte bei den auffälligen Kindern einen

Anteil von 5,3 % (1 von 19) aus und in der erfolgreichen Gruppe nur einen Anteil von 1,0

% (1 von 96). Allerdings zeigte sich dieser Unterschied nicht signifikant ausgeprägt

(Fisher-Test: p = 0,3043).

3. Auswertung

92

Hyperbilirubinämie in den Ergebnisgruppen

auffällig unauffällig

Hyperbilirubinämie keine Hyperbilirubinämie0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 52: Balkendiagramm Hyperbilirubinämie in der un-/auffälligen Gruppe

3.2.16. Risikogeburt bei auffälligen Kindern

Der Anteil der Risikogeburten in der auffälligen Gruppe war mit 42,1 % (8 von 19)

geringer ausgeprägt als in der unauffälligen Gruppe mit 64,6 % (62 von 96).

Ein signifikanter Unterschied bestand zwischen den beiden Gruppen nicht (Chi²-

Vierfelder-Test: p = 0,0666).

3.2.17. Frühgeburt bei auffälligen Kindern

Ebenso dominierten die erfolgreich getesteten Kinder die unerfolgreichen bezüglich der

Frühgeburtsrate. Bei den ersteren lag der Anteil bei 18,8 % und bei den letzteren bei 15,8

%. Im Chi²-Vierfelder-Test betrug der p-Wert 0,7602 und schloss somit einen signifikanten

Unterschied aus.

3.2.18. Spontangeburten bei auffälligen Kindern

Bei den auffälligen Kindern lag die Rate der Spontangeburten bei 76,9 % und bei den

unauffälligen Kindern bei 61,3 %. Hier ließ sich keine Signifikanz in diesem

Anamnesefaktor (Chi²-Vierfelder-Test: p = 0,2736) nachweisen.

3. Auswertung

93

3.2.19. Sectio bei auffälligen Kindern

Bei den auffälligen Kindern wurde eine Sectiohäufigkeit von 23,1 % erhoben, bei den

unauffälligen Kindern sogar von 31,2 % (χ²: p = 0,5510).

Eine Vakuumextraktion musste bei 7,5 % der erfolgreichen Neugeborenen durchgeführt

werden. Dies war in der anderen Gruppe bei keinem Kind der Fall (χ²: p = 0,3247). Einen

signifikanten Unterschied zwischen den beiden Ergebnisgruppen ließ sich für beide

Geburtsarten nicht nachweisen.

Geburtsumstände

auffällig unauffällig0 20 40 60 80 100

Anteil (in %)

Sectio

Vakuum

Spontan

Frühgeburt

Risikogeburt

Abb. 53: Balkendiagramm Vergleich der Geburtsumstände in der auffälligen und der

unauffälligen Gruppe

3.2.20. Nabelschnur-pH-Wert bei den auffälligen Kindern

Zur Einschätzung der Oxygenierungssituation unter bzw. nach der Geburt wurde der pH-

Wert des Nabelschnurbluts herangezogen. Bei den kontrollbedürftigen Säuglingen konnte

postpartal im Mittel ein pH-Wert im neutralen Bereich mit 7,36 erhoben werden. Im

Gegensatz dazu lag der Mittelwert der unauffälligen Gruppe mit 7,33 schwach im sauren

Bereich. Der minimale pH-Wert in der auffälligen Gruppe betrug 7,25 und in der

unauffälligen Gruppe 7,21. Der maximale pH-Wert lag in beiden Gruppen bei 7,49.

3. Auswertung

94

Eine signifikante Abweichung zwischen den Ergebnisreihen in den beiden Gruppen

bestand nicht (t-Wert = 1,66 ; p = 0,10).

Nabelschnur-pH-Wert in denErgebnisgruppen

Median 25%-75% Bereich ohne Ausreißer Ausreißer

auffällig unauffällig7,10

7,15

7,20

7,25

7,30

7,35

7,40

7,45

7,50

7,55

pH-W

ert

Mittelwert auffällig = 7,36Median auffällig = 7,37Mini auffällig = 7,25Max auffällig = 7,4925%-Wert auffällig = 7,3175%-Wert auffällig = 7,4

Mittelwert unauff = 7,33Median unauff = 7,34Mini unauff = 7,12Max unauff = 7,4925%-Wert unauff = 7,2875%-Wert unauff = 7,37

Abb. 54: Boxplot Nabelschnur-pH-Wert in der auffälligen und der unauffälligen Gruppe

3.2.21. Schwangerschaftsdauer bei auffälligen Kindern

Bei einer Gegenüberstellung der beiden Gruppen bezüglich der Schwangerschaftsdauer fiel

eine kürzere Schwangerschaftsdauer in der auffälligen Gruppe auf. Im Mittel umfasste die

Schwangerschaft bei den auffälligen Kindern 37+4 Schwangerschaftswochen und bei der

regelrechten Gruppe 38+5 Wochen. Der minimale Wert betrug bei den kontrollbedürftigen

Kindern 30+3 Schwangerschaftswochen, dem gegenüber 27+0 bei den unauffälligen

Kindern. Die maximale Schwangerschaftsdauer lag in der auffälligen Gruppe bei 40+2 und

in der unauffälligen Gruppe bei 42+2. Ein signifikanter Unterschied musste im M-W-U-

Test (p = 0,22) verneint werden.

3. Auswertung

95

Schwangerschaftsdauer in denErgebnisgruppen

Median 25%-75% Bereich ohne Ausreißer Ausreißer Extremewerte

auffällig unauffällig180

200

220

240

260

280

300

320

Schw

ange

rsch

afts

daue

r (in

d)

Mittelwert auffällig = 263 dMedian auffällig = 272 dMini auffällig = 213 dMax auffällig = 282 d25%-Wert auffällig = 263 d75%-Wert auffällig = 278 d

Mittelwert unauff = 271 dMedian unauff = 276 dMini unauff = 189 dMax unauff = 296 d25%-Wert unauff = 267 d75%-Wert unauff = 282 d

Abb. 55: Boxplot zur Schwangerschaftsdauer in der un-/ auffälligen Gruppe

3.2.22. Risikoschwangerschaft bei auffälligen Kindern

Eine Risikoschwangerschaft lag bei 21,1 % der kontrollbedürftigen Kinder und bei 25 %

der unauffälligen Kinder vor (nicht signifikant: χ²: p = 0,71)

3.2.23. Infektionen in der Schwangerschaft bei auffälligen Kindern

Nur in der Gruppe der testunauffälligen Säuglinge waren bei zwei Müttern (2,1 %)

während der Schwangerschaft prägnante Infektionen zu verzeichnen. Im ersten Fall

handelte es sich um einen Harnwegsinfekt kurz vor der Entbindung und im zweiten Fall

um eine vorbestehende HIV- und HepatitisC- Infektion der Mutter (nicht signifikant,

Fisher-Test: p = 0,6957).

3.2.24. Noxen in der Schwangerschaft bei auffälligen Kindern

Nur in der unauffälligen Gruppe gaben Mütter einen Noxenkonsum während der

Schwangerschaft an. Der Anteil dieser Noxen belasteten Schwangerschaften lag bei 9,4 %

(9 von 96). Bei allen neun Müttern bestand ein Nikotinkonsum, bei einer Mutter war dieser

3. Auswertung

96

zusätzlich mit einem Kokainabusus sowie einer Abhängigkeit von weiteren Drogen

vergesellschaftet (keine Signifikanz: χ²: p = 0,16).

Besonderheiten in der Schwangerschaft in denErgebnisgruppen

auffällig unauffällig0 5 10 15 20 25 30

Anteil (in %)

Risiko-Schwang.

Infektion in Schwang.

Noxen in Schwang.

Abb. 56: Balkendiagramm Besonderheiten in der Schwangerschaft in der un-/ auffälligen

Gruppe

3.2.25. Alter der Mutter bei auffälligen Kindern

Im Durchschnitt betrug das Alter der Mutter der auffälligen Kinder 26,2 Jahre mit einem

Minimalalter von 19 Jahren und Maximalalter von 32 Jahren. Die Mütter der unauffälligen

Neugeborenen waren im Mittel 28,8 Jahre alt mit einem Minimalalter von 16 Jahren und

einem Maximalalter von 43 Jahren. Signifikant unterschiedlich verhielten sich die

Alterswerte in den einzelnen Gruppen nach statistischer Auswertung nicht (t-Test: p =

0,15).

3.2.26 Analyse der Ergebnisse einzelner Neugeborener

Auditorische Neuropathie-Konstellation

Kind ID 80 wurde direkt am Geburtstag untersucht. Die Untersuchung gestaltete sich

schwierig, da das Kind unruhig war. Zudem erschwerte ein ausgeprägter Haarwuchs die

BERAphon-Platzierung. Aufgrund des unzureichenden Kontaktes der Elektrode zu

3. Auswertung

97

Kopfhaut konnte keine adäquate BERA abgeleitet werden. Das Kind wies beidseits stabile

OAEs auf. Bei vorhandenen OAEs und nicht ableitbarer BERA kann in diesem Fall nicht

von einer auditorischen Neuropathie gesprochen werden, da hier die Reizreaktion anhand

der BERA-Kurve nicht erhoben werden konnte. Insgesamt wurden vier Kontrollen der

BERA durchgeführt. Die Eltern wurden auf die Notwendigkeit der weiteren

pädaudiologischen Betreuung hingewiesen. Das Hörscreening nahm insgesamt 30 Minuten

in Anspruch.

Bei Kind ID 75 bestand die Konstellation einer auditorischen Neuropathie. Auch hier

wurde die Aussagekraft der BERA durch die Unruhe des Kindes eingeschränkt. Die EEG-

Qualität wurde nur als ausreichend beurteilt. Zur Sicherung des Ergebnisses wurden fünf

Kontrollen der BERA durchgeführt in einer Untersuchungszeit von 25 Minuten. Danach

musste die Untersuchung abgebrochen werden. Bei einer erneuten Untersuchung nach

stationärer Entlassung zeigte sich wiederum eine ausgeprägte Unruhe des in der 37+4

Schwangerschaftswoche geborenen Kindes. Aufgrund einer Plazentainsuffizienz bestand

eine Wachstumsretardierung. Wiederum wurden mehrfach Kontrollen der BERA

durchgeführt mit demselben Ergebnis. Jedoch verlief beim Kontrolltermin die OAE-

Testung erfolgreich. Das Screening wurde durch die Unruhe und das Schreien des Kindes

schließlich terminiert. Die Eltern wünschten nach dieser zweiten Untersuchung zunächst

keinen weiteren Kontrolltermin und wollten erneut Kontakt aufnehmen, wenn sie

Verhaltensauffälligkeiten bemerken würden.

Das letzte Kind - ID 121 - mit der Konstellation einer auditorischen Neuropathie wurde im

Gegensatz zu den zuvor genannten Kindern auf der Neonatologie versorgt. Zu dieser

Untersuchung wurden 40 Minuten benötigt und es erfolgten insgesamt sechs BERA-

Kontrollen bei unauffälliger OAE-Messung. Die EEG-Qualität lag trotz kindlicher Unruhe

in einem befriedigenden Bereich. Das Neugeborene musste in der 30+3

Schwangerschaftswoche per Sectio in ITN entbunden werden und wog aufgrund der

Frühgeburt nur 1890 Gramm. Bei bestehendem Atemnotsyndrom wurde trotz Surfactant-

Gabe eine Beatmung postpartal über 28 Stunden notwendig. Nebenbefundlich fiel in der

Echokardiographie und Sonographie ein persistierender Ductus arteriosus und unreife Gyri

auf. Hier wurden weiterführende, pädaudiologische Untersuchungen empfohlen.

3. Auswertung

98

OAE und BERA beidseits auffällig

Der Befund BERA und OAE beidseits auffällig wurde bei Kind ID 60 erhoben. Die

Untersuchung wurde durch die Unruhe des Kindes beeinflusst und dauerte 40 Minuten bei

allerdings zum Teil guter EEG-Qualität. Bei dem reifgeborenen Kind bestand aufgrund

eines pathologischen CTGs und grüner Amnionflüssigkeit eine Risikogeburt bei

regelrechtem Apgar-Index. Die Eltern erschienen nicht zum vereinbarten Kontrolltermin.

Bei Kind ID 85 bestanden sowohl Auffälligkeiten in der Überprüfung der OAEs als auch

der BERA. Zur Testung wurden 30 Minuten benötigt und es wurde jedes Ohr in der BERA

zweimal kontrolliert. Insgesamt war auch diese Untersuchung durch die Unruhe des

Kindes geprägt und wurde dadurch beendet. Zu einem vereinbarten Kontrolltermin

erschienen die Eltern mit ihrem Kind nicht.

Ein weiteres Kind ID 112 mit der Konstellation „BERA und OAEs pathologisch“ befand

sich zum Zeitpunkt des Screenings auf der Neonatologie. Die Untersuchung musste

aufgrund des Schreiens und Gegenwehr des Kindes gegen das Aufsetzen des BERAphons

abgebrochen werden. Bei diesem Kind handelte es sich um einen Gemini, der mit seinem

unauffällig getesteten Geschwisterkind als Frühgeburt in der 35+0 Schwangerschaftswoche

zur Welt kam. Zusätzlich machte ein Singultus eine korrekte Durchführung der

Untersuchung unmöglich. Weitere Kontrollen sollten sich nach Entlassung von der NICU

durch einen niedergelassenen Pädaudiologen anschließen.

Neonatologiekind ID 120 wies ebenfalls ein gänzlich kontrollbedürftiges

Screeningprotokoll auf. Bei Unruhe des Kindes waren zur Ergebnisfindung bei

ausreichender EEG-Qualität insgesamt sechs BERA-Kontrollen notwendig. Diese

erfolgten in 30 Minuten. Das niedriggewichtige Kind mit 1915 Gramm wurde in der 32+1

Schwangerschaftswoche durch Sectio in ITN bei Plazenta previa geboren. Neben diesen

Risikofaktoren wies es eine Sepsis mit letztlich unklarem Erreger auf. Zur Therapie wurde

eine Kombination aus Baypen und Refobacin eingesetzt. Das Frühgeborene musste bei

Atemnotsyndrom insgesamt über 168 Stunden beatmet werden. Erschwerend trat ein

Pneumothorax hinzu, der Pleuradrainagen-Einlagen erforderlich machte. Bei diesem Kind

wurden weitere pädaudiologische Untersuchungen des Hörvermögens angeraten

3. Auswertung

99

Alle Teilteste waren auch bei dem Neonatologiekind ID 124 auffällig. In der

Untersuchungszeit von 45 Minuten wurden die BERA-Messungen insgesamt fünfmal

wiederholt. Die EEG-Qualität variierte von befriedigend rechtsseitig bis ungenügend

linksseitig. Die OAE-Interpretation wurde durch den Umgebungslärm eingeschränkt. Bei

diesem Kind war der Cytomegalievirus-early-Antigentiter nachweislich positiv. Es wurde

eine weitere pädaudiologische Betreuung empfohlen.

Bis zu diesem Zeitpunkt erhärtete sich der Verdacht auf eine sensorineurale Hörstörung in

der untersuchten Neugeborenengruppe bei einem Kind. Dabei handelte es sich um ein

Neonatologiekind mit der ID-Nummer 125. In der 60 Minuten dauernden Untersuchung

zeigte das Kind ein pathologisches Testverhalten in beiden Prüfungsverfahren. Die BERA-

Untersuchung wurde bei befriedigender EEG-Qualität viermal wiederholt, um ein

ausreichend sicheres Ergebnis zu erhalten. Trotz ruhigen Testbedingungen konnten nicht

stabile OAEs registriert werden. Es lag eine Frühgeburt vor. Bei dem Kind konnte ein

autosomal-rezessiver peroxysmaler β-Oxidationsdefekt im Rahmen des Zellweger-

Spektrums diagnostiziert werden. Zudem traten wie es für dieses Krankheitsbild typisch

ist, cerebrale Krampfanfälle und Muskelhypotonien auf. Aufgrund der erhobenen Befunde

wurde eine weiterführende pädaudiologische Diagnostik empfohlen. In einer

frequenzspezifischen BERA-Untersuchung in Vollnarkose fand bei diesem Kind eine

beidseitige, hochgradige, sensorineurale Schwerhörigkeit detektiert werden.

4. Ergebnisse

100

4. Ergebnisse

1. Im Hörscreening bestand bei 19 von 115 Neugeborenen (16,52 %) ein auffälliger

Screeningbefund.

2. Der Anteil der ein- oder beidseitig auffälligen Kinder war innerhalb der

Neonatologiegruppe mit 27,8 % größer als der innerhalb der Neugeborenenstation-Gruppe

mit 14,4 %, wenn auch keine statistische Signifikanz bewiesen werden konnte (χ²: p =

0,1615).

3. Insgesamt wurden beidseitig pathologische Befunde in der BERA und OAE-Testung bei

sechs Kindern erhoben (5,22 % des Gesamtkollektivs). Vier Kinder befanden sich hiervon

auf der Neonatologie, dies entsprach einem 22,22 % Anteil. Die zwei Kinder der

Normalstation verfügten in ihrer Untergruppe über einen 2,06 % Anteil.

Der Verdacht auf eine beidseitige Schwerhörigkeit aufgrund des Screeningergebnisses

(OAE und BERA beidseitig pathologisch) trat bei den Neonatologiekindern signifikant

häufiger auf als bei den Normalstationskindern (Chi²-Vierfelder-Test: p = 0,0004).

Kinder mit Verdacht aufSchwerhörigkeit beidseits

in den Kollektiven

OAE+BERA auffällig bds. nicht OAE+BERA auffällig bds.alle

NEONeuStat

0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 57: Balkendiagramm Kinder mit insgesamt auffälligem Testergebnis in beiden

Untersuchungsverfahren in den einzelnen Kollektiven

4. Ergebnisse

101

4. Bei einem der Kinder mit bilateral auffälligen OAE- und BERA-Befunden konnte durch

weitere Untersuchungen eine hochgradige, sensorineurale Schwerhörigkeit beidseits

diagnostiziert werden. Dies entsprach einem 0,87 % Anteil des Gesamtkollektivs.

Innerhalb der Neugeborenenuntergruppe Neonatologie, zu der das Kind zugehörig war,

erhöhte sich der Anteil sogar auf 5,56 %.

5. Die Konstellation einer auditorischen Neuropathie beidseits konnte bei zwei Kindern

(1,7 % des Gesamtkollektivs) nachgewiesen werden. Ein Kind, bei dem ein ausgeprägter

Haarwuchs eine korrekte BERA-Testung verhinderte, wurde aufgrund des

offensichtlichen, methodischen Fehlers des Prüfverfahrens hierbei nicht berücksichtigt.

Das erste Kind gehörte zur Neonatologiegruppe mit einem Anteil von 5,56 %, das zweite

Kind zur Neugeborenenstationsgruppe. Bei drei weiteren Kindern der

Neugeborenenstation war eine unilaterale Konstellation der auditorischen Neuropathie zu

verzeichnen. Damit bestand der Verdacht auf eine auditorische Neuropathie uni- oder

bilateral bei 4,12 % der Normalstationskinder. Ein signifikanter Unterschied zwischen den

Gruppen wurde hier nicht ersichtlich (χ²: p = 0,1775). Insgesamt fiel eine ANP uni- oder

bilateral bei 4,35 % aller Kinder auf.

Auditorische Neuropathie uni- oderbilateral in den Gruppen

Konstell. ANP keine Konstell. ANP

alle NEO Neustat0

20

40

60

80

100

Ant

eil (

in %

)

Abb. 58: Balkendiagramm zum Anteil der Kinder mit Konstellation einer auditorischen

Neuropathie uni- oder bilateral in den untersuchten Kindergruppen

4. Ergebnisse

102

6. Die übrigen sieben im Screening auffälligen Kinder, mit einem Anteil von 6,09 %

innerhalb der getesteten Gesamtgruppe, konnten zumindest ein unauffällig geprüftes Ohr

im BERA-Verfahren bestätigen. Diese Kinder stammten alle aus der

Neugeborenenstationsgruppe. Dies entsprach einem Anteil von 7,22 % innerhalb der

Neugeborenengruppe.

7. Durch mehrfache Kontrollen innerhalb der Untersuchung und Re-Screening konnten

bereits während der Untersuchungsreihe der Anteil der falsch positiven Ergebnisse

reduziert werden.

Eine weitere, pädaudiologische Betreuung wurde Kindern empfohlen, die trotz der

Kontrollen ein pathologisches Testergebnis aufwiesen. Hier stand das Ergebnis zu diesem

Zeitpunkt meistens noch aus. Vier Kinder der Neugeborenenstation wurden zum

vereinbarten Kontrolltermin nicht vorgestellt. Bei ebenfalls vier Kindern lehnten die Eltern

eine weitere Testung ab.

8. Der Einfluss der Messbedingungen auf das Ergebnis konnte nachgewiesen werden.

Unruhe und Unterbrechungen wirkten sich nachteilig auf das Testergebnis aus, während

Ruhe und Schlaf ein erfolgreiches Abschneiden im Test wahrscheinlicher machten.

9. Die Untersuchungszeit zeigte sich in der auffälligen Gruppe signifikant verlängert im

Vergleich zur unauffälligen.

10. Die Kinder der auffälligen Gruppe schnitten bei der EEG-Benotung signifikant

schlechter ab als die unauffällige Gruppe und benötigten signifikant mehr BERA-

Kontrollen zu Ergebniserzielung.

11. Es bestand kein signifikanter Unterschied zwischen der auffälligen und der

unauffälligen Gruppe in den Parametern Notwendigkeit einer Beatmung, Sepsis- oder

Meningitisauftreten, virale Infektion, Frühgeburtlichkeit, Antibiotikagabe und

Hyperbilirubinämie. Diese in der Literatur als Risikofaktoren für das Auftreten einer

Schwerhörigkeit beschriebenen Parameter konnten in dieser Studie nicht bestätigt werden.

4. Ergebnisse

103

12. Ebenfalls ohne statistische Signifikanz erwiesen sich folgende Kriterien zwischen der

auffälligen und der unauffälligen Gruppe verteilt:

Geburtsart, Geburtsgewicht, Nabelschnur-pH-Wert, Schwangerschaftsdauer, Alter der

Mutter, Risikogeburt, Risikoschwangerschaft, Noxen in der Schwangerschaft, relevante

Infektionen in der Schwangerschaft.

Bemerkenswert war, dass die drei zuletzt genannten Anamnesefaktoren in der unauffällige

Gruppe sogar häufiger zu verzeichnen waren.

13. Die Kinder der Neonatologie waren zum Zeitpunkt der Untersuchung (Gestationsalter

unberücksichtigt) signifikant älter als die Kinder der Neugeborenenstation.

14. Die Untersuchung nahm bei den Neonatologiekindern signifikant mehr Zeit in

Anspruch als bei den Kindern der Neugeborenenstation. Die reine BERA-Zeit zeigte sich

bei den Neonatologiekindern ebenfalls verlängert.

15. Das Untersuchungsalter hatte einen statistisch signifikanten Einfluss auf das Ergebnis.

So schnitten Kinder zwischen dem „4. und 7. Lebenstag“ besser als alle übrigen Kinder ab

und Kinder ab dem 15. Lebenstag statistisch signifikant schlechter als die übrigen

Untersuchungsaltersgruppen.

Ebenso wurden zwischen dem „4. und 7. Tag“ die kürzesten Untersuchungszeiten erzielt

und die wenigsten BERA-Kontrollen benötigt. Am längsten dauerte die Untersuchung im

Mittel am Geburtstag. Dabei waren auch die meisten BERA-Kontrollen erforderlich.

Sehr gut und gut waren die häufigsten EEG-Beurteilungen in den

Untersuchungsaltersgruppen „1. bis 3.“ und „4. bis 7. Lebenstag“, während befriedigende

bis ungenügende Benotungen die Untersuchungsaltersgruppen Geburtstag, „8 bis 14.“ und

mehr als 15. Lebenstag kennzeichneten.

Unruhige und wache Kinder wurden vor allem bei Untersuchungen am Geburtstag sowie

ab dem 15.Lebenstag angetroffen.

16. Kinder mit dem Risikofaktor Frühgeburtlichkeit wurden statistisch signifikant häufiger

auf der Neonatologie versorgt. Die Untersuchung bei Frühgeburten nahm signifikant

länger Zeit in Anspruch.

4. Ergebnisse

104

17. Unter den Kindern mit auffälligem Testergebnis befand sich kein Kind mit einem

falsch positiven Ergebnis in den OAE-Messungen; d.h. bei keinem Kind bestand zunächst

Verdacht auf Hörstörungen aufgrund einer auffälligen OAE-Messung, der nachträglich

durch eine unauffällige BERA-Testung korrigiert musste werden.

Allerdings konnte bei einer großen Anzahl der Kinder keine korrekte OAE-Messung

erfolgen aufgrund von Störlärm bzw. Unruhe der Kinder.

Dies war in der auffälligen Gruppe bei acht Neugeborenen der Fall. Bei den unauffälligen

Kindern konnten bei 77 Ohren keine OAEs aufgrund von Störlärm, mangelnder

Dichtigkeit oder Unruhe verzeichnet werden. Jedoch war jeweils die BERA-Messung

regelrecht. Dabei handelte es sich bei 30 Kindern um eine beidseitige Problematik und bei

17 Kindern um eine einseitige.

5. Diskussion

105

5. Diskussion

Befundkonstellation einer auditorischen Neuropathie (ANP) im Screening

Durch Verwendung der beiden Screeningsmethoden (automatisierte BERA- und OAE-

Messung) lässt sich bei einer bestimmten Befundkonstellation der Ergebnisse der Verdacht

auf eine auditorische Neuropathie erheben. Dieser liegt vor, wenn die OAE-Messung ein

unauffälliges Ergebnis zeigt, während die BERA-Testung pathologisch ausfällt. Das hier

verwendete Studienprotokoll erfüllte somit die Voraussetzungen zur Identifizierung von

ANP-Verdachtsfällen.

Es fanden sich in diesem Screening zwei Kinder mit einer bilateralen ANP-Konstellation

und drei Kinder mit einer unilateralen.

Dies entsprach einem Anteil von 4,35 % an allen untersuchten Kindern. Initial ließ sich bei

mehreren Kindern diese spezielle Befundkombination erheben, jedoch konnte die Rate

durch Kontrollen mit unauffälligem BERA-Screening deutlich gesenkt werden.

Aufgrund des generell höheren Risikoprofils der Kinder der Neonatologie infolge

Frühgeburtlichkeit, Beatmung, Hyperbilirubinämie liegt die Vermutung nahe, dass die

auditorische Neuropathie in dieser Gruppe häufiger anzutreffen ist als in der Gruppe der

gut adaptierten Neugeborenen der Normalstation.

Der Anteil der ANP-Konstellation bei den Neonatologie-Kindern lag mit 5,56% jedoch

nur geringgradig höher als in der normalstationären Gruppe mit 4,12 %. Ein statistisch

signifikanter Unterschied ließ sich nicht nachweisen, so dass diese Hypothese nicht

verifiziert werden konnte. Screening-Studien mit einer größeren Teilnehmerzahl könnten

dies aussagekräftiger analysieren.

Auch andere Autoren berichteten in audiologischen Untersuchungen über ANP-

Konstellationen.

Bereits 1994 machte Lauffer [46] die Beobachtung, dass bei 58 % der Kinder, bei denen in

der BERA ein pathologischer Befund erhoben wurde, die OAEs regelrecht detektierbar

waren. Allerdings zeigte die nähere Betrachtung der Pegel-Latenz-Kennlinien bei allen

BERA-auffälligen Kindern das typische Muster einer Schalleitungsschwerhörigkeit. Somit

bestand keine auditorische Neuropathie. Diese Besonderheit ergab sich durch

unterschiedliche Detektierungsschwellen. Erst ab Schalleitungsschwerhörigkeiten von 30 –

35 dB waren mit dem OAE-Messgerät die OAEs nicht mehr nachweisbar.

5. Diskussion

106

In einem Chinchilla-Tier-Modell konnten Salvi et alt. [85] mittels selektiver Schädigung

der Innerer Haarzellen und der Typ 1-auditorischen Nervenfasern durch Carboplatin ein

ähnliches Symptomenspektrum wie bei der auditorischen Neuropathie erzeugen und

audiometrisch belegen.

Doch was wird unter dem Begriff auditorische Neuropathie (ANP) verstanden?

Zunächst erfolgt ein Überblick über den derzeitigen Kenntnisstand zu Erkrankungen, die

dem Symptomenkomplex der auditorischen Neuropathie zugerechnet werden.

Auditorische Neuropathie

Begriffsbestimmung

Der Begriff der „auditorischen Neuropathie“ fand in den letzten Jahren Berücksichtigung

im Diagnostik- und Therapiekonzept bei hochgradigen Hörstörungen. In den frühen 80er

Jahren führte die Aufnahme der OAE-Messungen in die Testbatterien zur Klassifizierung

in Läsionen im Bereich der äußeren Haarzellen oder in den nachgeschalteten Einheiten –

outer hair cell lesions und post-OHC lesions. Konstellationen von normalem OAE-

Nachweis bei fehlender ABR gaben schon vor 20 Jahren Rätsel auf [17, 107].

Starr prägte erstmals den Begriff der auditorische Neuropathie für einen distinkten Typ

der Hörstörung [97] in einer Untersuchung von zehn hörgeschädigten Patienten. Er

beschrieb diese Hörstörung initial als „Beeinträchtigung der auditorischen, neuronalen

Funktion bei aufrechterhaltenen Funktion der cochleären Haarzellen“. In einer größeren,

retrospektiven Patientenstudie mit 67 Patienten konkretisierte und berichtigte er in

Anbetracht des weiter entwickelten Forschungstands diese Version. Seiner Meinung nach

umfasst der Terminus „auditorische Neuropathie“ eine Gruppe von Hörstörungen

unterschiedlicher Ätiologie und unterschiedlicher Schädigungslokalisation, denen eine

relativ geringe Rezeptorfunktion und beeinträchtigte neuronale Antwort mit verminderter

Fähigkeit, auf schnelle, zeitliche Veränderungen des akustischen Stimulus zu reagieren,

gemeinsam sind [98]. Diese auditorischen Störungen schienen ihm einen überwiegend

progressiven Charakter zu besitzen.

Der von Berlin [6] belegte, erfolgreiche Einsatz von Cochlea Implants bei dieser

heterogenen Gruppe mit spezifischer, audiometrischer Konstellation und Symptomatik

legte nahe, dass nicht immer der Hörnerv beteiligt sein muss.

5. Diskussion

107

Daher schlug Berlin eine Weiterfassung des Begriffs in „auditorische Dys-

Synchronisation“ vor.

Dass dieses Gebiet z. Zt. kontrovers diskutiert wird, zeigte auch der Beitrag von Lesinski-

Schiedat [49]. Diese Forschungsgruppe sah die Störung besser durch den Begriff

„perisynaptische Audiopathie“ charakterisiert, da sie einen Defekt im Bereich der

inneren Haarzellen, der Synapse oder der Ganglienzellen vermuteten.

Nach Ptok [77] können bei der auditorischen Neuropathie zwei distinkte Subgruppen

anhand der Symptomausprägung unterschieden werden. Der erste Typ zeichnet sich durch

ein wenig beeinträchtigtes Hörvermögen für kurze, einfach strukturierte, akustische

Stimuli bei gleichzeitig überproportional eingeschränktem Sprachverständnis aus. Beim

zweiten Typ ist sowohl die Wahrnehmung für einfache als auch für komplexe, akustische

Signale betroffen.

Auch Rance et alt. [79] postulierten aufgrund ihrer therapeutischen und diagnostischen

Erfahrungen die Existenz von unterschiedlichen Subtypen der AN. Die Autoren stellten die

Hypothese auf, dass es innerhalb der als AN klassifizierten Gruppe einen Schädigungstyp

gebe, der der sensorineuralen Schwerhörigkeit gleiche. Hier liege die Dysfunktion bei den

Inneren Haarzellen oder den afferenten Neuriten. Der andere Subtyp, mit vermutlich weiter

zentripetal gelegenem Schädigungsort, weise ein geringes Sprachverständnis auf und

scheine nicht von amplifizierenden Systemen zu profitieren.

In einer eingehenden Metaanalyse setzten sich Rapin und Gravel [80] mit den derzeitigen

Studien zur AN auseinander. Zunächst bemerkten sie, dass in einer zunehmenden Anzahl

von Studien immer mehr Fälle unter dem Begriff AN subsummiert würden. Da diese

Gruppen sehr inhomogen waren und auch in fast allen Studien ein Mangel an geeigneten

Testbatterien zur Untersuchung und zum interpretierenden Vergleich dieser ätiologisch

unterschiedlichen Fälle bestand, herrscht ihrer Meinung nach Konfusion in der neuesten

Literatur zu diesem Thema.

Der Terminus der AN sollte laut Rapin und Gravel reserviert bleiben für Hörstörungen

aufgrund Beeinträchtigungen des N. vestibulocochlearis selbst bzw. der

Spiralganglienzellen und deren Fortsätze. Die Prävalenzrate einer im strengen Sinne

definierten AN schätzten sie als ziemlich gering ein. Dagegen würden häufiger

Kombinationen aus Läsionen im Bereich des Hörnervs und weiter zentral gelegener

Strukturen auftreten.

5. Diskussion

108

Pathogenese

Hood [33] stellte 1998 die Hypothese auf, dass verschiedene Ätiologien verantwortlich

sind für die AN und verschiedene Schädigungslokalisationen existieren.

In der Studie von Oysu et alt. [68] fiel bei einem Jungen mit Refsum-Erkrankung im Alter

von sechs Jahren eine normale Reintonaudiometrie bei fehlender Antwort in der BERA

und regelgerechten OAEs auf. Im Laufe der Progression der Erkrankung, die auf einem

Defekt des Lipidmetabolismus beruht und neben der Hörstörung auch eine Retinopathie,

Ataxie und Polyneuropathie beinhaltet, verschlechterten sich die tonaudiometrischen

Resultate zunehmend bei stabilen OAEs und auffälliger BERA. Dies legte einen

Schädigungsmechanismus zentripetaler jenseits der äußeren Haarzellen nahe. Obwohl

1967 Hallpike [28] in histomorphologischen Untersuchungen des Os temporale und später

in sich anschließenden Studien die Ursache der Hörminderung bei der Refsumschen

Erkrankung eher in einer Degeneration der Stria vascularis und dem Kollabieren der

cochleären Strukturen sah. Eine Progression der Refsum-Erkrankung, die sich nach

Literaturangaben meistens erst in der zweiten Dekade im akustischen System manifestiert,

kann durch vaskuläre Degenerationen zu den von Hallpike beschriebenen Veränderungen

führen.

Corley und Crabbe [15] beschrieben den Fall eines Kindes mit auditorischer Neuropathie

aufgrund einer mitochondrialen Störung. Als Erklärungsansatz für die gestörte

Synchronisierung boten die Autoren die langsame Regeneration der Neurone nach

erfolgtem Aktionspotential, bedingt durch eine relative Energiearmut, an, da eine

Produktionsstörung des Energielieferanten ATP in der oxidativen Phosphorylisation den

mitochondrialen Störungen gemeinsam ist.

Bei Patienten mit einer auditorischen Neuropathie fiel eine erhöhte Rate an

Frühgeburtlichkeit auf. Dies nahmen Sawada et alt. [87] zum Anlass die besonderen

Umstände, z. B. chronische mäßige Hypoxie während der ersten Lebenswochen auf der

NICU in einem Tiermodel nachzustellen. Die Inneren Haarzellen der Chinchillas

reagierten auf eine milde Hypoxie zuerst mit einem Abfall der Hörschwelle in der ABR,

während Veränderungen der äußeren Haarzellen gemessen an den OAEs sich erst später

zeigten und nicht eine so große Ausprägung aufwiesen. Elektronenmikroskopisch zeigten

sich nach chronischer Hypoxie zytopathologische Veränderungen der inneren Haarzellen:

eine Schwellung des Zytoplasmas und Missarrangement der Stereozilien.

5. Diskussion

109

Ähnliche histomorphologische Veränderungen fielen auch Billett [7] auf. Er sah in den

afferenten Nervendigungen zu den IHZ die gegenüber Hypoxie vulnerabelsten Strukturen.

In histopathologischen Studien an Felsenbeinen von während des neonatologischen

Aufenthalts verstorbenen Kindern, die zuvor ein BERA-Screening erhielten, konnte

Amatuzzi [2] das unerwartet häufige Auftreten von Schädigungen der Inneren Haarzellen

dokumentieren. Und zwar ließ sich bei drei von 15 Kindern, alle prämaturn und in der

BERA auffällig, ein selektiver IHZ-Verlust nachweisen. Daher erschien der Autorin die

Lokalisation der Pathologien der auditorischen Neuropathie eher in den Inneren Haarzellen

selber begründet zu sein als im achten Hirnnerven. Ein konsekutiver oder primärer Verlust

von Neuronen konnte in dieser untersuchten Gruppe nicht demonstriert werden. Obwohl

der innerhalb von Monaten folgende Verlust zunächst der Nervenaxone und die sich

anschließende Degeneration der Spiralganglionneurone nach Schädigung der IHZ

allgemein bekannt sind [95]. Jedoch verstarben die Kinder relativ kurz nach der Geburt, so

dass den Degenerationsvergängen keine Zeit zur Ausprägung blieb.

Insgesamt deuten viele Aspekte auf eine unterschiedliche Sensitivität der einzelnen,

cochleären Komponenten auf schädigende Einflüsse hin. Daher kann es theoretisch zu

divergierenden Ergebnissen beim Neugeborenen-Screening kommen. So können OAEs

normal erscheinen, während die ABR pathologische Ergebnisse zeigt, die durch

Schädigungen der Cochlea oder des Hörnervs bedingt sind.

Im Bereich des achten Hirnnervens kann der Myelinschaft, wie es bei demyelinisierenden

Erkrankungen des ZNS oder Bleivergiftungen üblich ist, oder die axonale Weiterleitung

selbst betroffen sein.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Dysfunktion in der IHZ, der Synapse

zwischen IHZ und afferentem Nerv, der Spiralganglienzelle und den Fasern des Hörnervs

selber befinden kann.

Diagnosekriterien

Die Diagnose einer auditorischen Neuropathie erfordert eine eingehende Untersuchung,

definiert sind nach Madden [53]:

1. Hörverlust, gewöhnlich bilateral, jeglichen Grades

2. normale Funktion der äußeren Haarzellen, belegt durch Anwesenheit von OAEs und/

oder CMs

3. abnorme evozierte Potentiale, beginnend mit der Welle I in der ABR

5. Diskussion

110

4. geringes Sprachverständnis

5. Fehlen von akustischen Reflexen ipsi- und kontralateral bei 110 dB

- zusätzlich: 6. unauffällige radiologische Diagnostik ( CT und MRT ) [98].

Es existiert momentan kein Messverfahren zur Überprüfung der Funktion der Inneren

Haarzellen.

Brown und Dort [10] schlugen zur Diagnosestellung einer AN folgende audiometrische

Testbatterie vor:

- Audiogramm

- Tympanometrie

- Überprüfung der akustischen Reflexe

- Spracherkennung in ruhiger Umgebung und Störlärm

- OAE-Messung

- ABR, Standard

- ABR, mit Stimuli umgekehrter Polarität zur Detektion des CM (Die CM zeigen bei der

AN keine Veränderungen bezüglich ihrer Latenz. Ihr Auftreten ist aber abhängig von der

Stimulusfrequenz.).

Zusätzlich sollten distinkte, andere Erkrankungen, die eine ANP imitieren können, wie

zum Beispiel ein Akustikusneurinom durch radiologische Darstellungen ausgeschlossen

werden.

Die um eine Konkretisierung des Begriffs und der Diagnosestellung bemühten Rapin und

Gravel [80] empfohlen für eine geeignete Testbatterie sowohl physiologische als auch

verhaltensorientierte Meßmethoden.

Audiometrische Befunde

Bei dieser auditorischen Störung ist keine spezifische Form des Audigramms bekannt.

Stapediusreflexe sind in der Regel nicht vorhanden.

Charakteristisch für die auditorische Neuropathie ist ein weitaus schlechteres

Wortverständnis, als die Reinton-Audiometrie vermuten ließe. Dies beruht auf dem

mangelnden Vermögen, die zeitliche Kodierung, Modulierung und Intensität der Sprache,

die für eine Interpretation unverzichtbar ist, zu entschlüsseln.

Eventuell liegt dem Phänomen der besonders stabilen OAEs ein aktiver Adaptationsprozeß

zugrunde, da aufgrund des fehlenden, afferenten Reizinputs konsekutiv die Inhibition der

äußeren Haarzellen via medialem, olivocochleärem Bündel (efferent) entfällt.

5. Diskussion

111

Durch diesen Wegfall der Inhibition fehlt der modulierende Einfluss des übergeordneten,

interpretierenden, akustischen Systems und die äußeren Haarzellen reagieren mit einem

Anstieg der Amplitude.

Cochleäre Mikrophonpotentiale konnten bei allen getesteten Patienten der Starr-Studie

nachgewiesen werden, wobei eine abnorm hohe Amplitude bei den Kindern unter zehn

Jahren auffiel. In neueren Studien von Starr und Sininger [99] stellte sich heraus, dass

abnorm hohe CM-Amplituden nur bei Patienten mit einer AN unter zehn Jahren auftraten

und zudem in der gesunden Kontrollgruppe ebenfalls ein Abfall der CM-Amplitude

abhängig vom Alter zu verzeichnen war. Eine ähnliche Altersabhängigkeit bestand auch

für die Amplitude der TEOAEs.

Allerdings konnten anhand der relativ kleinen Patienten- und Kontrollgruppen keine

signifikanten Aussagen bezüglich der Korrelation zwischen Alter und Reifung des

auditorischen Systems und Amplitudenhöhe der CM getroffen werden.

Shehata-Dieler [93] beobachtete bei ihren kindlichen ANP-Patienten lang anhaltende

Oszillationen der cochleären Mikrophonpotentiale nach Sog-und Druck-Klicks.

Die bei einigen Patienten prägnante Abhängigkeit des Auftretens der Welle V von der

Stimulationsfrequenz kann als Zeichen für eine Störung der Synapsenfunktion zwischen

Haarzellen und afferenten Nervenendigung gewertet werden, da sich bei normalhörigen

Kontrollgruppen ein entsprechendes Phänomen nicht fand.

Bei den objektiven, audiometrischen Verfahren verzeichneten alle Autoren

übereinstimmend pathologische BERA-Befunde in dieser Patientengruppe. Darüber hinaus

erbrachten sowohl die Arbeitsgruppen von Rance als auch von Lee [47, 79] den Nachweis

von mittleren und späten evozierten Potentialen bei Abwesenheit der frühen

Hirnstammpotentiale. Dies wurde durch die relative Unabhängigkeit der mittleren und

späten Latenzen von einer präzisen, neuronalen Synchronisierung erklärt.

Prävalenz und Epidemiologie

Die Prävalenz ist z. Zt. noch unklar. In der Literatur wurden bei Kindern mit hochgradigen

Schwerhörigkeiten Raten von 0,5 – 15 % von verschiedenen Autoren angegeben [17,45,

53, 69, 78].

Es wurden in der Literatur meist bilaterale Casus beschrieben, aber auch sechs Fälle von

unilateralem Auftreten der auditorischen Neuropathie in Case Reports [73].

5. Diskussion

112

Tabelle 5: Übersicht Studien und Case Reports zur auditorischen Neuropathie

Autoren der Studie Veröffentlichungsjahr Fallzahl

Worthington

Kraus et. alt.

Starr et alt.

Berlin et alt.

Starr et alt.

Sinninger und Starr

Doyle et alt.

Brown und Dort

Corley und Crabbe

Miyamoto et alt.

Trautwein et alt.

Butinar et alt.

Simmons und Beauchaine

Starr et alt.

Marco et alt.

Lesinski-Schiedat et alt.

Amatuzzi et alt.

Starr et alt.

Lee et alt.

Vavotec et alt.

Shallop et alt.

Madden et alt.

Rance et alt.

Podwall et alt.

Mason et alt.

1980

1984

1991

1993

1996

1997

1998

1999

1999

1999

2000

2000

2000

2000

2000

2001

2001

2001

2001

2001

2001

2002

2002

2002

2003

4

7

1

2

10

3

8

2

1

1

1

3

1

67

2

5

3

33

2

1

5

22

15

1

6

Die meisten Patienten mit auditorischer Neuropathie in der Literatur wiesen ein frühes

Lebensalter bei Diagnosestellung auf. Die Bevorzugung von elektrophysiologischen

Testverfahren in dieser Altersgruppe gegenüber der Präferierung von tonaudiometrischen

5. Diskussion

113

Methoden bei Erwachsenen erklärt möglicherweise dieses Phänomen. Zudem findet diese

Form der auditorischen Störung vor allem in der aktuellen Fachliteratur Beachtung und

wird bei den adulten, bekannten Hörstörungen eventuell noch nicht ausreichend

differentialdiagnostisch berücksichtigt.

Ätiologie

Ätiologisch werden genetische (42 %) und toxisch-metabolische Faktoren (10 %)

angeschuldigt. In einer großen Anzahl der Fälle kann keine Ursache gefunden werden. Bei

den toxisch-metabolischen Faktoren wurde in der Literatur besonders auf die

Hyperbilirubinämie und Hypoxie bei Neonaten eingegangen.

Hier konnte für die Hyperbilirubinämie der Schädigungsort lokalisiert werden, da eine

Deposition sowohl in den zentralen Hirnstammneuronen als auch in den Perikaryen der

Spiralganglien erfolgt.

Zudem schien – zumindest in der Starr-Studie - eine Überlappung von Risikofaktoren bei

der Betrachtung der Neonatologiegruppe zu bestehen. So haben einige, der von Starr

untersuchten Frühgeborene mit auditorischer Neuropathie Geschwister, die ebenfalls diese

Hörstörung aufwiesen, aber keine weiteren neonatologischen Risikofaktoren besaßen. Hier

kam wahrscheinlich ein kumulativer Effekt von Risikofaktoren und genetischer

Prädisposition zum Tragen.

In einer weiteren Studie [11] wurden drei Fälle von auditorischer Neuropahtie innerhalb

einer Familie mit einer zusätzlichen, hereditären, sensorischen und motorischen

Neuropathie erörtert. Diese Studie, sowie der von Corley und Crabbe [57] beschriebene

Fallbericht einer mitochondrial bedingten AN deuten auf mögliche genetische

Komponenten der Störung hin, die evaluiert werden müssen und mit den betroffenen

Familienmitgliedern diskutiert werden müssen.

Assoziierte Störungen

Bei 40 % der Starr-Patienten mit auditorischer Neuropathie bestand eine zusätzliche

periphere Neuropathie, die gleichzeitig, vorangehend oder später auftreten konnte. Dies

deckte sich mit den Angaben anderer Autoren. Daher sollte die Diagnosestellung einer

auditorischen Neuropathie bei Kindern immer eine erweiterte neurologische,

ophthalmologische und radiologische Diagnostik nach sich ziehen, da die Hörstörung oft

den weiteren Pathologien vorausgeht.

5. Diskussion

114

Verlauf

Der weitere Verlauf der auditorischen Neuropathie ist nach Literaturberichten nicht

stereotyp. Dies erscheint angesichts der variierenden Ätiologien nicht verwunderlich.

In der Starr-Studie verhielt sich diese auditorische Störung, gemessen an der Hörschwelle,

stabil in 41 %, fluktuierte in 29 %, verschlechterte sich bei 15 % und verbesserte sich bei

einem Kind (Bei diesem Kind könnten nach Ansicht des Autors methodische Fehler

vorliegen).

Bei einigen Patienten (16 %) wurde im Laufe der Jahre ein Verlust der bei

Diagnosestellung noch vorhandenen OAEs festgestellt.

In einer retrospektiven, selektionierten Patientenstudie stellte Madden [52] eine Prävalenz

der auditorischen Neuropathie von 5,1 % unter Kindern mit hochgradiger Schwerhörigkeit

fest. Bemerkenswert war die spontane Verbesserung der ton- und verhaltensaudimetrischen

Ergebnisse bei 50 % der Kinder innerhalb von 1-15 Monaten nach Diagnosestellung. Eine

weitere differenziertere Datenanalyse zeigte, dass Kinder mit Hyperbilirubinämie zunächst

zwar einen größeren Hörverlust aufwiesen, aber im Verlauf größere Chancen auf eine

spontane Remission hatten und insgesamt bessere Hörergebnisse am Schluss erzielten.

Diese Verbesserung war eventuell auf die effiziente, kausale Therapie der

Hyperbilirubinämie zurückzuführen.

Wie auch bei Starr konnte hier ein Fall demonstriert werden, bei dem zwei

Geschwisterkinder ihre zunächst noch vorhandenen OAEs verloren, bei allerdings stabilen

CMs. Beide wurden mittels eines Hörgeräts versorgt.

Therapie

In der Literatur wurden unterschiedliche Meinungen bezüglich der Prognose dieser

Störung abgegeben. Es wurden Fälle beschrieben [77], die eine Progredienz oder einen

stabilen Verlauf aufwiesen. Sogar ein Rückgang der Symptomatik mit einem gebesserten,

subjektiven Hörvermögen und mit dem nachträglichen Nachweis von akustisch evozierten

Potentialen wurde in Case Reports publiziert.

Therapeutisch müssen bei der AN neue Wege beschritten werden und das jeweilige

Vorgehen ist abhängig vom Patienten, vom Patientenalter, von begleitenden Erkrankungen

und von der Ätiologie. Zukünftig wird aufgrund der Erweiterung des Wissens um die

Pathogenese und Schädigungslokalisation mit neuen, therapeutisch differenzierten

Ansätzen zu rechnen sein.

5. Diskussion

115

Lee [47] beobachtete bei Kindern mit AN negative Aspekte einer amplifizierenden

Therapie. Zum Beispiel gaben in der Studie die Eltern der beiden ANP-Kinder an, dass

diese ihre Hörgeräte nicht gern tragen würden, da die Höreindrücke zu laut wären und sie

eher das Lippenablesen bevorzugen würden.

Doyle [21] machte die Erfahrung, dass seine Patienten unabhängig vom Alter selten von

Hörhilfen profitierten. Von ihrem Standpunkt aus könnten Hörhilfen sogar kontraindiziert

sein, da sie zu einer Lautstärke induzierten Schädigung der Äußeren Haarzellen führen

könnten, ohne die Hörleistung oder das Sprachverständnis zu verbessern. Dies würde sich

auch mit den Beobachtungen anderer Autoren decken, die bei mit Hörhilfen versorgten

ANP-Patienten den Verlust der bei Diagnosestellung noch nachweisbaren OAEs später

registrierten [10, 54, 98]. Abweichend hier von schienen einige Patienten einen Nutzen aus

dem Hörgerätgebrauch zu ziehen, so dass die Arbeitsgruppe um Doyle dazu überging, bei

Kindern zunächst einen Versuch mit Hörhilfen zu starten. Die Eltern wurden über den

Versuchscharakter dieses therapeutischen Unterfangens informiert und übertriebene

Erwartungen wurden gedämpft. Bei Kindern sollte nach Doyles Ansicht die Rehabilitation

besonders durch intensivierte Logopädie und Erlernen der Zeichensprache unterstützt

werden. Zudem lagen Berichte über erfolgreiche Einsätze von FM-Systemen und

vibrotaktilen Vorrichtungen vor. Die CI-Versorgung wurde von Doyle aufgrund der

Unsicherheit, ob eine elektrische Stimulation eine Synchronisation der neuronalen

Aktivität bewirken könnte, zwiespältig gesehen.

Bei nachweisbaren OAEs sahen Brown und Dort [10] nicht die Indikation zur Verordnung

von amplifizierenden Hörhilfen gegeben, da Sinn und Zweck dieser darin bestände, gerade

eine Funktionsminderung oder einen Verlust der äußeren Haarzellen zu kompensieren. Bei

nachträglichem Verlust der OAEs sollte der Einsatz von Amplifikationssystemen

überdacht werden. Dies implizierte eine routinemäßige Überprüfung der OAEs und der

Hörschwellen bei Patienten mit ANP.

Nach Simmons und Beauchaine [94] könnte es sein, dass der Grad der neuronalen

Beeinträchtigung abhängig ist von der Ursache der AN. Diese wäre wiederum

entscheidend für die mögliche Therapiefähigkeit durch Hörgerät- oder CI-Versorgung.

Auch sie versprachen sich von den zukünftigen Forschungsergebnissen bessere

Entscheidungshilfen für die Wahl der geeigneten Therapieform. In einem Case Report

verfolgten sie die Entwicklung eines Jungen mit AN, dessen Anamnese durch die

Risikofaktoren Frühgeburtlichkeit, Hyperbilirubinämie, ototoxische Medikation und

5. Diskussion

116

Langzeitbeatmung während seines Aufenthalts auf der NICU geprägt war. Dieser Junge

schien von Hörgeräten nicht zu profitieren und zeigte seinen deutlichen Unwillen gegen

das Tragen. Daher favorisierten die Autoren die Wahl eines möglichst „konservativ“

gewählten Verstärkungslevels bei Kindern mit ANP. Erst durch ergänzende, fördernde

Maßnahmen wie eine visualisierte Kommunikation konnten Fortschritte in den perzeptiven

Fähigkeiten des Kindes erzielt werden. Dies spiegelte sich in Verbesserungen im Bereich

seines Sprachverständnisses, expressiven Sprachgebrauchs und Erweiterung des

Vokabelrepertoires wieder.

Simmons und Beauchaine unterstrichen im Einklang mit anderen Forschenden auf diesem

Gebiet [6, 33, 99] die Notwendigkeit, bei Kindern mit ANP möglichst frühzeitig die

supportiven Maßnahmen durch eine visuelle Kommunikationsform (Zeichensprache,

Lippenlesen) zu ergänzen. Eine allein auf eine Verbesserung der auditorischen Funktion

gezielte Therapie würde häufig aufgrund der dieser Störung zu Grunde liegenden

Pathomechanismen wenig Erfolg zeigen.

Miyamoto [60] forderte ein sorgfältiges Abwägen vor CI-Implantation bei Patienten mit

auditorischer Neuropathie und argumentierte, dass die Ergebnisse nach CI schlechter sein

könnten als mit konventionellen Hörhilfen. In seiner Untersuchung verglich er die

postoperativen Worterkennungs- und Spracherkennungsergebnisse eines postlingual

ertaubten Kindes mit klinischer Konstellation einer ANP mit den Ergebnissen von sieben

ebenfalls postlingual ertaubten Kindern mit sensorischer Schwerhörigkeit. Das Kind mit

ANP zeigte zwar eine der Kontrollgruppe entsprechende Vokalerkennung, in der

Erkennung von Konsonanten und beim offenen Wortverständnis aber schnitt es signifikant

schlechter ab. Dies verbesserte sich auch nicht ein Jahr nach der CI-Versorgung.

Allerdings musste berücksichtigt werden, dass bei dem Kind eine Friedreich-Ataxie vorlag.

Daher konnte letztendlich nicht definitiv geklärt werden, in wie weit die Progression der

Erkrankung den Rehabilitationsbenefit nachteilig beeinflusste. FM-Systeme könnten nach

Miyamoto die Kommunikation besser unterstützen durch Optimierung der Signal-

Störschall-Ratio.

Hingegen konnte Shallop [91] auf ermutigende Ergebnisse nach CI-Implantation bei fünf

Kindern mit ANP verweisen. Die Kinder, die im Durchschnitt mit 56 Monaten implantiert

wurden, zeigten alle Verbesserungen in ihrer Geräuschwahrnehmumg, ihren

Spracherkennungs- und Kommunikationsfähigkeiten. Zwei der Kinder fanden sich sogar in

einem Regelkindergarten zurecht. Allerdings bestanden in der Kindergruppe deutliche

5. Diskussion

117

Unterschiede im individuellen Fortschritt und nicht alle zeigten altersentsprechende

Spracherkennung und Spracherwerb. Intraoperativ wurde die CI-Funktion mittels

elektrisch ausgelöster Stapedius-Reflexe und NRT (neuronal response telemetry)

kontrolliert und postoperativ bei vier von fünf Kindern eine EABR durchgeführt. Die

Ergebnisse waren mit denen von CI-implantierten Kindern ohne ANP vergleichbar. Dies

bewies, dass auch bei dieser auditorischen Störung durch CI-Implantation synchronisierte

Aktionen im N.akustikus zu erzielen waren. Allerdings räumte Shallop ein, dass seine

Patientengruppe relativ selektioniert war, da bei keinem der Kinder eine zusätzliche

Neuropathie vorlag.

Von denen mit AN diagnostizierten Madden-Kindern [53] wurden 73 % mit Hörhilfen

und/oder FM-Systemen und 18 % mit einem CI versorgt. Wobei die Indikation zur CI-

Versorgung bei einem Ausbleiben von Zeichen einer spontanen Remission und bei einer

erfolglosen Hörgerättherapie gestellt wurde. Diese vier Kinder wurden im Alter zwischen

dem ersten und dritten Lebensjahr implantiert. Bei zwei Kindern konnte ein fast

altersgerechter, offener Sprachverständnis-Score von über 70 % erzielt werden. Über die

übrigen zwei Kinder lag zum Zeitpunkt der Publikation keine Aussage vor.

Ebenfalls ein offenes Sprachverständnis nach CI-Implantation wiesen drei Kinder mit ANP

der Shehata-Dieler-Publikation [93] auf. Zwar bestanden postoperativ geringere Hör- und

Sprach-Leistungen im Vergleich zu CI-implantierten Kindern mit reiner

Innenohrschwerhörigkeit, jedoch zeigte sich bei allen Kindern ein deutlicher Fortschritt

anhand der lautsprachlichen Kommunikation.

Auch Mason [55] forderte aufgrund seiner Erfahrungen mit der CI-Versorgung bei

Patienten mit ANP, nicht automatisch diese Therapieform den Patienten zu verwehren.

Wie die bereits genannten Autoren begrüßte er einen Therapieversuch mit

amplifizierenden Systemen. Falls hier jedoch keine Verbesserung zu erzielen sei, sollte

nach eingehender Untersuchung und Beratung eine CI-Versorgung in Betracht gezogen

werden. Besonders nützlich erschien ihm die Überprüfung eines Höreindrucks durch eine

elektrische Promontoriumsstimulation bei Erwachsenen. Verlaufe die Stimulation negativ,

riet er von einer CI-Versorgung ab aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten. Ein

abweichendes Verfahren schlug er für Kinder vor, da bei seinen kindlichen Patienten

elektrisch evozierte ABR-Antworten, induziert über eine transtympanale Nadel, nicht

ersichtlich präoperativ waren. Seine Patientengruppe (drei Erwachsene und drei Kinder)

umfangreiches ätiologisches Spektrum (Masernenzephalitis, HIV assoziierte Krypto-

5. Diskussion

118

kokkenmeningitis, kongenital, idiopathisch) ab. Vier der sechs Patienten wurden

implantiert; die letzten zwei Patienten durchliefen zum Publikationszeitpunkt einen

Therapieversuch mit verstärkenden Hörhilfen. Die implantierten Patienten zeigten

postoperativ Implantat evozierte ABRs und verbesserten alle ihre akustischen Fähigkeiten.

Einen Erklärungsansatz für den Erfolg nach CI-Implantation sah der Autor in der

Möglichkeit einer supraphysiologischen, elektrischen Stimulation des Hörnervs. Dies

könnte eine Wiederherstellung der neuronalen Synchronisierung bewirken.

Auch Trautwein [104] konnte in einem Case Report bei einem ANP-Kind nach CI-

Implantation Zeichen einer neu aufgetretenen Synchronisierung des akustischen Nervs

durch den Nachweis von elektrisch evozierten Aktionspotentialen demonstrieren. Zu dieser

Messung wurde die NRT hinzugezogen, die postoperativ Aussagen über das

Antwortverhalten des Hörnervs auf elektrisch generierte Stimuli erlaubte. Das EAP

(electrically evoked action potential) zeigte wie bei einem funktionell intakten Nerv ein mit

dem Reizlevel korrelierten Anstieg der Amplitudenhöhe. Trotz Anstieg der Reizfrequenz

blieb die Amplitude erhalten. Diese Ergebnisse wiesen auf eine partielle Regeneration der

neuronalen Synchronizität und auf die Fähigkeit, zeitliche Unterschiede zu kodieren, hin.

Trautwein vermutete, dass bei ANP mit Läsionen auf Ebene der IHZ oder deren Synapsen

ein CI eine Kompensation und Überbrückung bedeuten könnte. Bei Dysfunktionen im

auditorischen Nerv selber könnte ein CI theoretisch eine stabile, elektrische Stimulation

bewirken. Dadurch könnte die funktionelle Integrität des Hörnervs gewährleistet werden

und die Regeneration seiner kodierenden Fähigkeiten gefördert werden. Die

transsynaptische Degeneration durch Mangel an neurotrophen Substanzen und Input würde

vermieden. Auch die Klinik korrelierte nach Implantation mit den elektrophysiologischen

Ergebnissen. Das Kind zeigte ein deutlich verbessertes Sprachverständnis. Die Fortschritte

dieses Kindes waren mit denen von im selben Lebensalter implantierten Kindern mit

sensorischer Schwerhörigkeit vergleichbar.

Vor der Therapie bei AN sollte nach Meinung von Rapin und Gravel [80] besonders bei

Neugeborenen der Versuch unternommen werden, den genauen Schädigungsort innerhalb

des akustischen Systems zu lokalisieren. Wenn beispielsweise trotz Abwesenheit von

OAEs, CM und ABR ein elektrisch stimulierter CAP-Nachweis die Intaktheit der

Spiralganglienzellen belege, erscheine die CI-Versorgung frühzeitig sinnvoll. Ebenso wie

Trautwein sahen sie im CI eine Möglichkeit, eine transsynaptischen Degeneration der

5. Diskussion

119

Ganglienzellen und deren Dendriten zu verhindern, die bei fehlender, sensorischer Reizung

in Erscheinung tritt.

Lensinski-Schiedat et alt. [49] forderten durch Durchführung von bestimmten

Testverfahren - nämlich dem subjektiven Promontoriumstest und der Positronen-

Emissionstomographie nach elektrischer Stimulation - eine differenzierte

Indikationsstellung zur CI-Versorgung in dieser Patientengruppe. Sie konnten so bei

Patienten mit auditorischen Neuropathie eine kortikale Funktionsstörung ausschließen und

die Integrität des Hörnervens, die für eine erfolgreiche CI-Implantation eminent ist,

präoperativ wahrscheinlich machen. Drei implantierte ANP-Patienten zeigten postoperativ

eine erfolgreiche Rehabilitation, so dass Lensinski-Schiedats Gruppe auch bei

auditorischer Neuropathie eine CI-Versorgung befürwortete, sofern die CI-

Voruntersuchungen auch eine Elektrocochleographie, einen Promontoriumstest und eine

E-ERA beinhalteten.

Diese sehr unterschiedliche Literaturresonanz zur Hörrehabilitation bei AN erlaubt

sicherlich zu diesem Zeitpunkt keine abschließende Beurteilung bezüglich der am besten

geeigneten Therapieform.

Es kristallisierten sich jedoch die Empfehlungen heraus, nach Möglichkeit die Pathogenese

zu eruieren, assoziierte Störungen zu identifizieren, einen amplifizierenden

Therapieversuch zu starten mit einem möglichst konservativ gewählten Verstärkungslevel

und nicht automatisch Patienten mit der Diagnose ANP eine CI-Versorgung zu verwehren.

Auffällige Ergebnisse im Screening

In der vorliegenden Screeningstudie, die mit einer Kombination aus automatisierter BERA

und OAE-Testung durchgeführt wurde, musste bei 16,5 % der Kinder ein auffälliges

Ergebnis verzeichnet werden. Das bedeutete, dass mindestens einseitig in der BERA-

Prüfung die Normkriterien nicht erfüllt waren. In dieser Gruppe waren Kinder mit der

audiometrischen Konstellation einer ANP, Kinder mit nur einseitig auffälligem BERA-

Ergebnis und Kinder mit beidseitig auffälligem BERA- und OAE-Ergebnis subsumiert.

Nach genauer Analyse bestand bei 5,2 % der Screeninggruppe der Verdacht auf eine

beidseitige Hörstörung anhand auffälliger Testung sowohl in der BERA, als auch in den

OAEs. Allgemein wird bei Kindern der Neonatologie aufgrund des erhöhten Risikoprofils

5. Diskussion

120

von einem vermehrten Auftreten von Schwerhörigkeiten ausgegangen. Dies belegten auch

die Ergebnisse der vorliegenden Studie. In der Subgruppe Neonatologie war ein statistisch

signifikant häufigeres Auftreten der Befundkonstellation „beidseitig pathologisches

BERA- und OAE-Resultat“ zu verzeichnen als in der Normalstationsgruppe. Bei 22,22 %

der Neonatologiekinder wurde der Verdacht auf eine beidseitige Schwerhörigkeit - Kinder

mit der ANP-Konstellation unberücksichtigt - erhoben. Im Gegensatz dazu lag der

Prozentsatz der Normalstationskinder mit diesem Screeningergebnis nur bei 2,06%.

Bei 0.9 % der Gesamtgruppe konnte dieser Anfangsverdacht durch weiterführende

Untersuchungen bisher verifiziert werden. Da dieses Kind der Gruppe der Neonaten

zugehörig war, lag eine beidseitige Schwerhörigkeit zum jetzigen Zeitpunkt bei 5,6 % der

Neonatologiekinder vor. Dies deckte sich auch mit den Angaben der Literatur. Hier wurde

das Auftreten von Schwerhörigkeiten in NICU-Gruppen mit 8 % bis 20 % beziffert [1,

100]. Andere Autoren beobachteten Prävalenzen für Hörstörungen von 1 zu 50 bei Kindern

mit Risikofaktoren [65].

Finckh-Krämer [22] belegte in einem Hörscreening bei 1.062 NICU-Kindern eine Rate von

1,3 % für einen Hörverlust über 30 dB. Als Screeningmethode wurde bei NICU-Kindern

mit Risikofaktoren für eine Schwerhörigkeit entweder die BERA oder die TEOAE-

Messung verwendet, z. T. auch kombiniert.

Eine nur einseitig auffällige BERA-Testung wurde bei 8,7 % aller Kinder in unserer Studie

beobachtet. Alle Kinder mit diesem Ergebnis stammten aus dem Normalstationskollektiv.

Allerdings muss bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden, dass es sich

bei den hier vorliegenden Befunden um Screeningergebnisse handelte, die durch eine

weitergehende Diagnostik gesichert oder widerlegt werden müssen. Dadurch ist der direkte

Vergleich mit einigen, eine Konfirmationsdiagnostik beinhaltenden Studien nur

eingeschränkt möglich. So muss auch der im Vergleich zur Literatur hohe Anteil an

Verdachtsfällen aller Kinder auf eine Schwerhörigkeit (16,5 %) relativiert werden, da sich

einige Befunde in der weiteren Diagnostik sicherlich als falsch-positiv herausstellen

werden. Als Begründung seien hier beispielsweise die ansteigende Lernkurve der

Untersucher im Verlauf der Studie, mangelhafte Untersuchungsbedingungen oder Unruhe

der Kinder genannt.

Allgemein wird in den Nicht-Entwicklungsländern die Rate von persistierenden

Hörstörungen bei allen Neugeborenen auf insgesamt 0,1 bis 0,3 % geschätzt [20, 58].

5. Diskussion

121

In einer aktuellen BERA-Screening-Studie von Connolly et alt. [13], die 17.602 Kinder

umfasste, konnten diese Zahlen bestätigt werden. Ein Kind von 811 Kindern ohne

Risikofaktoren ließ einen Hörverlust erkennen. Diese Frequenz erhöhte sich unter den

Kindern mit Risikofaktoren auf 1 zu 75.

Auf das Gesamtkollektiv von 41.796 Neugeborenen bezogen ließ sich in der

Multicenterstudie von Mehl und Thomson [59] bei einem von 500 Kindern ein

therapiebedürftiger Hörverlust identifizieren (0,2 %).

Unterschiede zwischen Neonatologie- und Normalstationsgruppe

Unterschiede zwischen den beiden Neugeborenengruppen Neonatologie (n=18) und

Normalstation (n=97) kristallisierten sich in der Studie heraus.

In beidseitiges, pathologisches Abschneiden im Hörtest korrelierte signifikant eher mit der

Zugehörigkeit zur Neonatologie. Auch das beidseitig hochgradig schwerhörige Kind,

dessen initial positives Screeningergebnis in weiteren pädaudiologischen Untersuchungen

bestätigt wurde, stammte aus der Neonatologiegruppe, in der verschiedene Risikofaktoren

für eine Schwerhörigkeit isoliert oder kombiniert bestanden.

Ebenso fiel ein höherer Prozentsatz beim Testergebnis „auditorische Neuropathie“ und

„ein- oder beidseitig auffällig“ bei den Neonatologiekindern als bei den Kindern der

Normalstation auf. Allerdings ließ sich in diesen beiden Punkten keine statistische

Signifikanz demonstrieren. Die Interpretation wurde durch die kleinen Fallzahlen

erschwert. Zu einer aussagekräftigen Analyse sind aufgrund der relativ geringen Prävalenz

dieser Erkrankung größere Studien notwendig.

Als eine weitere Differenz zwischen den beiden Gruppen stellte sich das

Untersuchungsalter heraus. Hier wiesen die Kinder der Neonatologie ein signifikant älteres

Alter bei der Untersuchung auf. Dies war zu erwarten, da aus Gründen der Sicherheit und

der Methodik erst Screening-Untersuchungen gegen Ende des NICU-Aufenthalts in einer

stabilen Phase durchgeführt wurden. Währenddessen erfolgte das Normalstationsscreening

in der Regel in der ersten Lebenswoche. Ausnahmen bildeten hier Normalstationskinder,

die nach auffälligem Ergebnis zur Kontrolle wieder einbestellt wurden.

Die Untersuchung nahm für die Neonatologiekinder signifikant länger Zeit in Anspruch als

für die Normalstationskinder, sowohl gemessen an der Untersuchungszeit insgesamt als

auch an der reinen BERA-Zeit.

5. Diskussion

122

Auf der Suche nach einer Begründung müssen viele Aspekte berücksichtigt werden. Die

besondere Situation der Neonaten erforderte zuweilen ein langsameres Vorgehen. So

mussten Pausen eingelegt werden, wenn das Kinder überanstrengt wirkte oder es zu einem

Herzfrequenzanstieg oder Sauerstoffabfall während des Screenings kam. Zudem erwies

sich die Platzierung der Elektroden bei den leicht deformierten Kalotten der

Frühgeborenen erschwert und musste häufig korrigiert werden. Insgesamt zeigten die

Neonatologiekinder, die zur regelmäßigen Nahrungsaufnahme in kurzen Intervallen

geweckt werden müssen, häufig eine Unruhe. Zudem waren Frühgeburten aufgrund der

Anpassungsstörung signifikant häufiger auf der Neonatologie vertreten und die

Untersuchung dauerte hier auch länger als bei termingerecht geborenen Kindern. Bei

einem pathologischen Testergebnis wurden natürlich auch mehr Kontrollen direkt

durchgeführt als bei einem unauffälligen Ergebnis.

Es ist anzunehmen, dass eine längere Untersuchungszeit einen größeren Stressfaktor für

das Neugeborene bedeutet und eine größere Unruhe des Kindes nach sich zieht, was sich

wiederum negativ auf die Untersuchungszeit auswirkt. Längere Untersuchungszeiten,

Frühgeburtlichkeit und älteres Untersuchungsalter waren mit der Zugehörigkeit zur

Neonatologie verbunden. Diese Faktoren bedingten sich gegenseitig und machten ein

auffälliges Ergebnis im Screening wahrscheinlicher.

In der Literatur wurde ebenfalls ein gehäuftes Auftreten von Schwerhörigkeiten bei

Kindern von neonatologischen Stationen beobachtet. Bei den schalleitungsbedingten

Schwerhörigkeiten konnte Ornstein [66] eine Rate von 44 % in diesem Patientenkollektiv

anhand von pathologischen Tympanogrammen belegen. In der Streletz-Studie [101] traten

bei 33 % der NICU-Kinder Paukenergüsse auf.

Für das gehäufte Auftreten von Schalleitungsstörungen in der Neonatologie-Population

wurden Faktoren wie Ventilationsstörungen bei Präsenz eines nasopharyngealen Tubus,

Frühgeburtlichkeit, fehlendes Stillen und damit verbunden mangelndes Saugverhalten

verantwortlich gemacht.

Ob es sich bei den in unserer Studie erhobenen auffälligen Befunden der

Neonatologiekinder ebenfalls um schalleitungsbedingte Schwerhörigkeiten handelte, kann

zu diesem Zeitpunkt nicht näher analysiert werden, da das Screeningprotokoll keine

Tympanometrie vorsah.

5. Diskussion

123

Risikofaktoren: ototoxische Substanzen

Die Schädigung der Haarzellen durch Aminoglykoside ist belegt. Durch Begrenzung des

notwendigen Dosislevel wird versucht, dieser Hörstörung bei erforderlicher Medikation

entgegenzuwirken.

Die Aminoglykosid assoziierte, otoxische Schädigung ist im Vergleich zur Nephrotoxizität

meistens persistierend, beginnt bei den Äußeren Haarzellen der unteren

Schneckenwindung und schreitet somit von einem anfänglichen Hochton-Hörverlust zu

den tieferen Frequenzen voran. Aufgrund der Effizienz und der niedrigen Kosten kommt

diese Antibiotikagruppe besonders in den Entwicklungsländern in der zunehmend an

Bedeutung gewinnenden, antituberkulostatischen Therapie zum Einsatz. So werden im

Südosten von China bei 66 % der Ertaubungen Aminoglykoside angeschuldigt [52].

Hierbei addieren sich eventuell vorhandene genetische, mitochondriale Prädispositionen

mit dem ototoxischen Einfluss der Aminoglykoside zur Hörschädigung. Nach einer

neueren Hypothese wird ein wichtiger Bestandteil des Pathomechanismus in der Bildung

von freien Radikalen durch einen Aminoglykosid-Eisen-Komplex gesehen. Dies konnte in

vitro und in vivo nachgewiesen werden [90]. Eine therapeutische Option besteht in der

gleichzeitigen Verabreichung von Eisenchelatoren wie das bereits bei der

Hämochromatose eingesetzte Desferoxamin oder die Dihydrobenzoesäure. Diese

Substanzen konkurrieren mit dem Aminoglykosid um das verfügbare Eisen und

reduzieren so den Anteil an Radikal induzierenden Aminoglykosid-Eisen-Komplexen. So

konnte in Tierversuchen gezeigt werden, dass die ototoxische Potenz verringert werden

konnte, ohne die antibakterielle Wirksamkeit oder die Serumkonzentration zu

beeinträchtigen.

In der hier vorliegenden Studie konnte keine Korrelation zwischen der Applikation von

Aminoglykosiden und einem pathologischen Screeningergebnis nachgewiesen werden

Bezüglich der Bedeutung der Aminoglykosid-Antibiotika im Hinblick auf erworbene

Hörstörungen kam de Hoog [18] zu einem ähnlichen Resultat. In einer BERA-Screening-

Untersuchung von 625 NICU-Kindern mit mindestens einem Risikofaktor konnte der

Autor keinen Zusammenhang zwischen einem auffälligen Testergebnis und der Exposition

von Tobramycin, Vancomycin und Furosemiden - einzeln oder kombiniert - erstellen.

Auch ließ sich keine Assoziation zwischen Serumspiegel, Dauer und Peaklevel der

Medikation und Abschneiden im Hörtest belegen. Jedoch ist zu bedenken, dass mögliche

5. Diskussion

124

später auftretende oder tiefer- und höherfrequentige Hörstörungen - die BERA untersuchte

hier den Bereich 2-4 kHz - sich dem Nachweis entzogen.

Risikofaktoren: Unreife und Frühgeburt

Nach den Ergebnissen der hier vorliegenden Studie wurden die Kinder der auffälligen

Gruppe zwar mit im Schnitt 37+4 Schwangerschaftswochen früher entbunden als die

unauffällige Screeninggruppe mit 38+5 Schwangerschaftswochen, allerdings war der

Unterschied zwischen den Gruppen nicht signifikant. Zudem lag auch bei Entbindung nach

einer mittleren Schwangerschaftsdauer von 37+4 keine Frühgeburtlichkeit per definitione

vor. Es war sogar eine Dominanz des Merkmals Frühgeburtlichkeit in der erfolgreich

gescreenten Gruppe gegenüber der auffälligen Gruppe zu verzeichnen.

Die Frühgeburtlichkeit und die damit verbundene Unreife der Organsysteme stellen einen

weiteren Risikofaktor für eine Hörstörung dar. Häufig müssen Frühgeborene nach der

Geburt zumindest zeitweise beatmet werden, auch wenn kürzere Beatmungszeiten und

niedrige Sauerstoffpartialdrücke angestrebt werden, um auditorische Schädigungen,

besonders bei gleichzeitig notwendiger Aminoglykosid-Antibiotika-Gabe, zu vermeiden.

Die Unreife der Ausscheidungs- und Konjugationsenzymsysteme begünstigt zudem einen

Kernikterus mit entsprechenden Folgen.

In einem Tiermodel konnten Sawada et alt. [87] nachweisen, dass eine mäßige

Langzeithypoxie, wie sie postnatal bei Frühgeborenen aufgrund einer mangelnden

Lungenreifung vorkommen kann, zu Schädigungen zunächst der Inneren Haarzellen und

des Hörnervens führt und erst später Auswirkungen an den Äußeren Haarzellen zeigt. Dies

wurde mittels Messung der OAEs und der ABR untersucht. Theoretisch könnte bei

Frühgeborenen die OAE-Testung durchaus regelrecht verlaufen, während die Cochlea

aufgrund einer unterschiedlichen Sensitivität ihrer Strukturen gegenüber Hypoxie bereits

Defizite aufweist. Diese Defizite wären nur mit einer ABR detektierbar.

In einer neonatologischen Studie bei Kindern mit Risikofaktoren für frühkindliche

Hirnschäden variabler Ätiologie konnten Vatovec et alt. (102) bei 33 % der Säuglinge eine

Hörstörung belegen, die größtenteils Mittelohr bedingt war, aber dennoch in 7 % der Fälle

das Innenohr betraf. Dabei korrelierte eine erwiesene, motorische Entwicklungsstörung bei

18,5 % der Frühgeburten in dieser Studie mit einer sensorineuralen Hörstörung.

5. Diskussion

125

Während hingegen, wenn nur ein Risiko für einen frühkindlichen Hirnschaden bestand,

eine Hörstörung nur in 3.6 % der Kinder vorlag.

Risikofaktor: Hyperbilirubinämie

Bei den auffälligen Kindern unseres Screenings lag der Anteil der Kinder mit einer

Hyperbilirubinämie mit 5,3 % höher als in der unauffälligen Gruppe mit 1,0 %. Allerdings

zeigte dieser Unterschied keine signifikante Ausprägung, so dass der in der Literatur

beschriebene Zusammenhang zwischen Hyperbilirubinämie und Schwerhörigkeit in dieser

Studie nicht nachweisbar war.

Eine Hyperbilirubinämie kann Schädigungen in verschiedenen Bereichen verursachen.

Mögliche Lokalisationen sind Spiralganglienzellen und Hörnerv, Kochlearis- und

Olivenkerne, sowie aufsteigende Hörbahn bis zum Colliculus inferior des Mesencephalons.

Häufig ist eine Hyperbilirubinämie mit einer Frühgeburtlichkeit und konsekutiv einer

Unreife der Eliminationssysteme verbunden.

Nicht nur das Gesamtbilirubin, sondern auch die Dauer der Exposition hoher Bilirubinlevel

entscheidet über die Ausprägung von Hörstörungen und neurologischer Komplikationen,

wie de Vries [19] zeigen konnte.

Da die Funktion der Haarzellen weitgehend unbeeinflusst bleibt, ergeben sich hierbei

divergierende Resultate beim Hörscreening. Die OAEs können unauffällige Werte zeigen,

während die BERA die Störung weiter zentral aufspürt.

Shapiro (90) erwog sogar die Möglichkeit, elektrophysiologischen Tests wie die BERA als

ein Monitoring bei Hyperbilirubinämie zu installieren, um Indikationen zur

therapeutischen Intervention ableiten zu können.

Risikofaktoren: sonstige

Die in der Literatur aufgeführten Risikofaktoren für eine Schwerhörigkeit wie niedriges

Geburtsgewicht, Meningitis, Beatmung, Sepsis, virale Infektion, Antibiotikagabe hatten in

unserer Studie keinen statistisch signifikanten Einfluss auf das Screeningergebnis. Wenn

auch sich für einige Faktoren, wie zum Beispiel „virale Infektion“, ein häufigeres

Auftreten in der auffälligen Gruppe belegen ließ.

5. Diskussion

126

Hingegen konnte Lauffer [46] bei seinen NICU-Kindern einen Anstieg der

Schwerhörigkeitsrate, wenn auch Mittelohr bedingt, unterhalb eines Geburtsgewichts von

1000 Gramm nachweisen. Allerdings bestand hier ein methodischer Unterschied zur hier

durchgeführten Studie, da Lauffer die Kinder mit niedrigen Geburtsgewichten in noch

weitere Subgruppen differenzierte. Erstaunlicherweise schnitten im Test die Lauffer-

Kinder zwischen 1000 und 1250 Gramm sogar am besten ab. In unserer Studie wurden die

Kinder in die definitionsgemäßen Klassen Infants of low birth weight unter 2501 Gramm

und normalgewichtige Kinder einteilten.

Die prospektive Studie von Finckh-Krämer [22] in einer 1.062 Kinder umfassenden NICU-

Gruppe zeigte, dass bei über der Hälfte aller neonatologischen Kindern mehr als ein

Risikofaktor vorlag. Hier fiel besonders das gehäufte Auftreten von kraniofazialen

Fehlbildungen in Kombination mit einer Schwerhörigkeit auf. Niedriges Geburtsgewicht,

Gestationsalter unterhalb der 37. Schwangerschaftswoche oder Aminoglykosid-

Applikation, sofern der Serumspiegel überwacht wurde, spielten in dieser Studie ebenfalls

keine herausragende Rolle als Risikofaktoren für eine Schwerhörigkeit.

Einfluss von Umgebungsbedingungen

In der hier vorliegenden Studie wurde eine mögliche Beeinflussung des Testresultats durch

externe Bedingungen berücksichtigt.

Die Analyse der Ergebnisse in Zusammenhang mit dem Vigilanzstatus der Kinder zeigte,

dass ein ruhiges Verhalten der Kinder eher eine erfolgreiche Testung versprach, während

Unruhe eher mit einem pathologischen Testergebnis korreliert war. Auch war in der

unauffälligen Gruppe eher ein schlafender Zustand der Kinder zu verzeichnen als in der

auffälligen.

Beide Screeningverfahren können durch Unruhe der Neugeborenen beeinträchtigt werden.

Bei der BERA-Untersuchung behindern Eigenbewegungen des Kindes die Durchführung,

indem der Elektrodenkontakt zur Kopfhaut verloren geht oder Störartefakte infolge

motorischer Potentiale interferieren. Auch bei der OAE-Messung führen

Abwehrbewegungen zur mangelnden Dichtigkeit der Gehörgangssonde und Schreien des

Säuglings macht einen Testabbruch infolge Störlärms erforderlich.

5. Diskussion

127

In der pathologischen Gruppe wurden signifikant mehr Unterbrechungen angegeben als in

der regelrechten Gruppe. Unterbrechungen verursachten Unruhe und beeinflussten das

Screening negativ.

Anders verhielt es sich bei dem Aspekt Hintergrundgeräusche, der in beiden Gruppen fast

gleich häufig registriert wurde.

Bei einer großen Anzahl von Kindern konnte die OAE-Messung nicht korrekt erfolgen

aufgrund von Störlärm oder Undichtigkeit. Dies ist z. T. in der Präferierung der BERA

begründet. Daher wurde diese Methode immer als erstes Verfahren eingesetzt und

günstigere Untersuchungsbedingungen unterstützten die BERA. Die anschließende OAE-

Testung musste häufig bei wachen und unruhigen Kindern durchgeführt werden, wodurch

sich die vielen nicht auswertbaren OAE-Messungen erklären lassen.

Anscheinend ist das BERA-Verfahren gegenüber Hintergrundgeräuschen nicht so

störanfällig, denn sonst wäre ein vermehrtes Auftreten von Hintergrundlärm in der

auffälligen Gruppe, die durch den Ausgang in der BERA definiert wurde, zu erwarten.

Hintergrundgeräusche haben die nicht verwertbaren OAE-Testungen mit verursacht, hatten

dann aber aufgrund des Studienprotokolls keinen Einfluss mehr auf das Gesamtergebnis.

In der auffälligen Gruppe waren längere Untersuchungszeiten zu verzeichnen.

Bei auffälligem BERA-Ergebnis wurden Testwiederholungen direkt angeschlossen und

führten so zu längeren Untersuchungszeiten. Diese Kontrollen waren bei einem primär

erfolgreichen Testabschluss nicht notwendig und verschoben daher den Mittelwert der

unauffälligen Gruppe zu kürzeren Zeiten. Längere Untersuchungszeiten ergaben häufig

auch aus der erschwerte Elektrodenfixierung bei Frühgeborenen. Dies spiegelte sich auch

in den statistisch signifikant verlängerten reinen BERA-Unersuchungszeiten der

Neonatologiekinder gegenüber den Normalstationskindern wieder.

Eine längere Screeningdauer machte infolge der Ermüdung des Kindes und konsekutiven

Unruhe wiederum ein pathologisches Screeningergebnis wahrscheinlicher.

Auf suboptimale Untersuchungsbedingungen ließen auch die schlechteren EEG-

Benotungen der auffälligen Kinder gegenüber den unauffälligen, sowie die vermehrte

Kontrollanzahl in der auffälligen Gruppe schließen.

Somit machten ungünstige Vigilanz, Unterbrechungen, verbunden mit einer längeren

Untersuchungsdauer, schlechter EEG-Qualität und vermehrter Kontrollanzahl ein

pathologisches Screeningergebnis wahrscheinlicher. Dabei konnten die einzelnen Faktoren

sowohl Ursache als auch Folge sein.

5. Diskussion

128

Als weiteren externen Einflussfaktor auf das Screeningergebnis ist die Lernkurve des

Untersuchers zu nennen. In der vorliegenden Studie wurde die Erfahrung gemacht, dass zu

Beginn der Studie vermehrt pathologische Befunde erhoben wurden, die sich in den

Kontrollen als unauffällig darstellten. Mit fortschreitender praktischer Erfahrung nahm

dieses Phänomen ab.

Optimaler Screeningzeitpunkt

In dieser Studie wurden die besten Messungsergebnisse zwischen dem vierten und siebten

Tag nach der Geburt erzielt. In diesem Zeitraum konnten die Untersuchungen auch in der

kürzesten Zeit erfolgen und die günstigen Bedingungen spiegelten sich in einer guten

Benotung der EEG-Qualität wieder. Auffallend negativ zeigten sich die

Untersuchungszeiten und der Unruhezustand der Kinder unmittelbar am Geburtstag und

nach dem 15. Lebenstag. Das Screeningergebnis der Kinder nach dem 15. Lebenstag fiel

signifikant schlechter aus. Wobei hier einschränkend erwähnt werden muss, dass nach dem

15. Lebenstag die Kinder entweder zu Kontrolluntersuchungen extern wieder einbestellt

werden mussten oder es sich dabei um Kinder der Neonatologie handelte mit einem

erhöhten Risikoprofil.

Positiv wirkte sich zusätzlich nach unseren Erfahrungen ein vor der Messung erfolgtes

Stillen des Säuglings aus, da durch die postprandiale Müdigkeit des Kindes ein Screening

geeigneter Vigilanzzustand erzeugt werden konnte. Besonders negative Auswirkungen

hatten längerer Anreisezeiten zur Kontrolluntersuchungen nach Entlassung aus der Klinik.

Die wachen und durch die ungewohnte Umgebung beeindruckten Kinder zeigten eine

mangelnde Kooperation. Aus diesen Gründen sollte die Ersttestung und Kontrolltestung

möglichst noch während des klinischen Aufenthalts von Mutter und Kind erfolgen.

Die schlechten Ergebnisse am Geburtstag lagen wahrscheinlich in den Stressfaktoren durch

Geburt und Anpassung begründet. Zudem kann in den ersten Stunden nach der Geburt ein

OAE-Screening durch Amnionflüssigkeit im Gehörgang zu falsch positiven Ergebnissen

führen.

Lauffer [46] sah ausreichende Bedingungen für ein Screening ab einem Gewicht von 2500

g kurz vor Entlassung bei Neonatologiekindern gewährleistet.

Bei reifgeborenen Neugeborenen können beim Hörscreening laut dem deutschen

Konsensus-Papier zum universellen Neugeborenen-Hörscreening [26] ab dem zweiten

5. Diskussion

129

Lebenstag die besten Resultate erzielt werden. Grundsätzlich wurde hier ein Screening

noch während des Klinikaufenthalts empfohlen und bei außerklinischen Geburten oder

Geburten in Kliniken ohne Screening-Verfügbarkeit eine Untersuchung innerhalb der

ersten zehn Lebenstage.

BERA oder OAE

In dieser Studie wurde eine Screeningkombination mit OAE- und automatisierten BERA-

Testung durchgeführt. Das BERA-Verfahren wurde der OAE-Messung vorgezogen

aufgrund der größeren Aussagekraft und der günstigeren Validitätskriterien, daher

entschied der Verlauf in der BERA-Testung über das Gesamtscreeningergebnis. Bei einem

auffälligen BERA-Ergebnis wurde das Kind der kontrollbedürftigen Screeninggruppe

zugeordnet, nicht aber bei einem auffälligen OAE-Ergebnis mit regelrechter BERA.

Wir entschieden uns zu diesem Vorgehen, da bei der OAE-Messung nur indirekt

Rückschlüsse auf die Funktion der IHZ gezogen werden können. Aufgrund der engen

nachbarschaftlichen Verhältnisse wird bei funktionsfähigen Äußeren Haarzellen eine

Intaktheit der IHZ postuliert. Doch gerade die neueren Studien [2, 87] konnten eine

unterschiedliche Sensitivität der cochleären Strukturen gegenüber Schädigungen

demonstrieren. Diese methodische Fehlerquelle kann durch die BERA, die die

elektrophysiologischen Veränderungen des Hörereignisses direkt abbildet, kompensiert

werden. Zudem werden gleichzeitig die der Cochlea nachgeschalteten Strukturen in das

Prüfverfahren einbezogen. Dadurch kann eine größere Sensitivität bei der Aufdeckung von

Hörstörungen erzielt werden.

Bei beiden Verfahren kann die Aussagekraft durch spezifische Patienten bezogene

Einflüsse oder Umgebungsbedingungen eingeschränkt werden. Zum Beispiel ist die OAE-

Testung bei Gehörgangs-, Mittelohrpathologien und Paukenergüssen, die in dem NICU-

Kollektiv häufiger [46, 105] auftreten, nicht als Instrument zur Detektion von

sensorineuralen Schwerhörigkeiten verwertbar. Bei der BERA behinderte offensichtlich in

der hier vorliegenden Studie in einem Fall ein starker Haarwuchs und in einem anderen ein

Geburtsserom die EEG-Ableitung.

Der zeitliche Aufwand war bei der BERA-Untersuchung höher als bei der OAE-Messung

und erforderte sowohl vom Prüfling als auch vom Untersucher Geduld und Ausdauer. Die

zeitlichen Dimensionen bewegten sich für die OAE-Messungen zwischen zwei und fünf

5. Diskussion

130

Minuten, während die BERA-Untersuchung sehr unterschiedliche Zeiten beanspruchte.

Der Differenzbereich erstreckte sich von zehn Minuten bis zu maximal 85 Minuten. Diese

sehr unterschiedlichen Messzeiten der BERA wurden durch mehrfache Kontrollen und

durch Bewegungsartefakte bei kindlicher Unruhe verursacht. Auch Probleme bei der

Kontakterstellung zwischen Elektrode und Kopfhaut - der BERAphonhörer musste vom

Untersucher manuell ohne Druck am Mastoidbereich, oberhalb der Concha und am Vertex

aufgesetzt werden - verlängerten die BERA-Untersuchung und ließen häufig die OAE-

Messung praktikabler erscheinen.

Nach unseren Beobachtungen stellte die BERA-Untersuchung höhere Ansprüche an die

Vigilanz des Kindes als die OAE-Testung und war ab einem bestimmten Grad an

kindlicher Unruhe, der eine OAE-Testung noch erlaubte, nicht mehr durchführbar.

Dass eine hohe Anzahl von nicht auswertbaren OAE-Messungen zu verzeichnen war, lag

daran, dass als erstes Verfahren immer die BERA zum Einsatz kam. Die nachfolgende

OAE-Messung gestaltete sich dann häufig bei wachen Kindern schwierig.

Wenn eine Entscheidung zwischen den beiden Screening-Methoden getroffen werden

müsste, sollte dem BERA-Verfahren der Vorzug gewährt werden. Idealerweise sollten

beide Verfahren in Kombination eingesetzt werden. Dies könnte zur Lokalisation der

Schädigung beitragen und differentialdiagnostisch die Identifizierung von auditorischen

Neuropathien, deren Prävalenz häufiger ist als allgemein angenommen, erleichtern.

In einer Vielzahl von Publikationen wurden die Erfahrungen mit den verschiedenen

Hörscreeningverfahren geschildert und z. T. Empfehlungen ausgesprochen.

Einen umfassenden Überblick gab das deutsche Konsensus-Papier zum Hörscreening [26].

Hier fanden sowohl die OAE-Messung als auch das automatisierte BERA-Verfahren

Berücksichtigung, ohne dass eine Festlegung zu Gunsten einer Methode erfolgte. Bei den

OAE-Verfahren präferierten die Fachgesellschaften die TEOAE- vor der DPOAE-

Messung aufgrund der besseren Trennschärfe an differenten Pegeln. Nachteilig mache sich

die Beeinträchtigung des Verfahrens durch Flüssigkeit im Gehörgang oder Mittelohr,

Umgebungsgeräusche, Bewegungsartefakte und Unerfahrenheit des Untersuchers

bemerkbar und führe zu falschpositiven Resultaten. Die Rate an falsch-positiven

Ergebnissen innerhalb der ersten 24 Stunden wurde mit 5 bis 20 % beziffert.

Die Fachgesellschaften hoben in ihren Empfehlungen die Möglichkeit der Detektion von

auditorischen Neuropathien durch die BERA-Methode ausdrücklich hervor. Allerdings

5. Diskussion

131

gaben sie auch hier zu bedenken, dass Umgebungsbedingungen, Debris oder

Mittelohrergüsse, sowie die erforderliche Lernkurve des screenenden Personal die

Ergebnisse negativ beeinflussen. Beide Verfahren seien also Störungsanfälligkeiten

unterworfen, allerdings spreche für die OAE-Messung die einfachere und schnellere

Durchführbarkeit.

Watkins [106] stand dem OAE-Verfahren als Screeninginstrument positiv gegenüber.

Allerdings musste er über zwei Kinder berichten, die durch das OAE-Screeningraster

fielen. Bei dem ersten Kind prägte sich eine familiär bekannte, progressive

Schwerhörigkeit erst im Verlauf der frühen Kindheit aus. Dies machte eine Korrektheit des

neonatalen Screeningergebnisses wahrscheinlich und rückte die Tatsache wieder ins

Bewusstsein, dass es sich bei jedem Screening um eine Momentaufnahme der Hörfunktion

handelte und progrediente Störungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Beim zweiten

Kind lag eine zentrale Schwerhörigkeit vor mit zusätzlichen, neurologischen Defiziten.

Diese zentrale Störung konnte durch das Screeninginstrument der OAE-Messung nicht

identifiziert werden. Allerdings bezweifelte der Autor die klinische Relevanz, da selbst bei

frühzeitiger Diagnose in diesem speziellen Fall keine Therapieoptionen zur Verfügung

gestanden hätten.

Vatovec [105] wählte als primäre Screening-Methode die OAE-Messung und

verhaltensaudiometrische Tests. Erst bei Auffälligkeiten wurde eine BERA hinzugezogen.

Nachteilig beurteilte Vatovec in seiner Studie bei Kindern mit Risikofaktoren für

frühkindliche Hirnschädigungen die Auswirkungen von längeren Untersuchungszeiten auf

die kindliche Vigilanz. Er bevorzugte die TEOAE-Messung vor der DPOAE-Messung, da

seiner Erfahrung nach die DPOAEs eher durch Unruhe und Bewegungen der Kinder sowie

den zeitlichen Aufwand, Hintergrundgeräusche und Sondendislokation beeinflusst würden.

Trotzdem gab er zu bedenken, dass bei alleiniger OAE-Messung, wenn auch diese

Methode sehr praktikabel erscheine, eine zentrale Hörstörung übersehen werden könnte.

Speziell bei Kindern mit einer motorischen Störung sollte seiner Meinung nach neben der

auditorischen Funktion auch die mögliche, vestibuläre Beteiligung berücksichtigt werden,

die die motorische Weiterentwicklung zusätzlich behindern könnte.

Lauffer [46] sprach sich vor allem für die OAE-Messung als Screening-Methode aus. Er

führte als Begründung eine verlässliche Detektionsgrenze von Schwerhörigkeiten ab 25-30

dB (bei Bonfils [9] Nachweisbarkeit der OAEs bis 35 db) durch die OAE-Messung und die

Überprüfung eines größeren Frequenzbereichs als durch die BERA-Messung an.

5. Diskussion

132

Einen weiteren Vorteil stellte für ihn die Unempfindlichkeit der OAEs gegenüber

elektrischen Streuungen der Umgebung im Gegensatz zur BERA-Messung dar. Das in

unserer Studie verwendete und somit im Vergleich zur Lauffer-Studie aktuellere BERA-

Meßsystem zeichnete sich allerdings ebenfalls durch eine geringe Beeinflussung durch

elektrische Umgebungsströme aus. Die Messungen konnten ohne erkennbare Störungen in

verschiedenen Räumlichkeiten durchgeführt werden. Der Beobachtung Lauffers, dass eine

BERA-Messung sich zeitlich weitgehend umfangreicher gestaltete als eine OAE-Messung,

konnten wir beipflichten.

Eine Reihe von Studien favorisierten ein BERA-Screening.

Die Studie von Jacobsen [35] konnte Bedenken bezüglich der Test-Validität des auch hier

verwendeten, automatisierten BERA-Modus im Vergleich zur konventionellen BERA

ausräumen. In der Risikokindergruppe bewies das automatisierte Verfahren eine identische

Sensitivität (100 %) wie die konventionelle Methode und nur eine geringfügig niedrigere

Spezifität (95 %). Vorteile der automatisierten BERA erkannte Jacobsen in der einfachen

Handhabung und der Zeitersparnis.

Amatuzzi [2] konnte in histopathologischen Untersuchungen von Neonaten-Felsenbeinen

eine bisher unterschätzte, hohe Frequenz von Inneren Haarzellschädigungen im NICU-

Kollektiv nachweisen. Daher bevorzugte sie die BERA als Screeningmethode, da diese

Schädigungen mit einer alleinigen OAE-Testung nicht detektierbar wären.

Ebenso argumentierte D´Agostino [16] und sprach sich gegen die OAE-Messung als

einzige Screening-Methode aus. Da die Prävalenz der auditorischen Neuropathie unter

Kindern mit Risikofaktoren erhöht sei, sollte besonders das Personal auf NICU-Stationen

sich der Problematik dieser Störung bewusst sein und die Eltern entsprechend informieren.

De Hoog [18] bevorzugte die automatisierte BERA als Screeningmethode zur

Untersuchung des Einflusses von Aminoglykosiden und Furosemiden auf das

Hörvermögen bei NICU-Kindern und begründete die Wahl des Verfahrens mit der

Sensitivität von 100 % und Spezifität von über 95 %. Zu ähnlichen Testgütekriterien der

Meßmethode kamen auch Kileny [43] und Mehl [59].

Für die TEOAE-Messung konnten Pröschel und Eysholdt [75] in ihrer Studie eine

akzeptable Testvalidität mit einer Sensitivität von 93 % und einer Spezifität von 67 %

darlegen. Günstigere Validitätskriterien mit einer Sensitivität von 100 % und einer

Spezifität von 93 % konnten Joseph et alt. [37] in einer größeren Probandengruppe für den

gleichen OAE-Gerätetyp wie Pröschel und Eysholdt belegen. Somit erscheinen die

5. Diskussion

133

Verfahren gleichrangig bzw. zeichnet sich die BERA-Methode vor der OAE-Messung bei

der Beurteilung anhand von statistischen Maßstäben aus.

Einige Autoren erörterten den Einsatz einer BERA-OAE-Kombination.

Hall [27] unterstützte ein generelles Hörscreening mit kombinierter OAE und BERA-

Messung, da so mehr Informationen über den Hörstatus gewonnen werden könnten als mit

einer Meßmethode allein.

Nach Ptok [77] stellten BERA und OAEs zwei sich ergänzende, audiometrische

Untersuchungsverfahren dar. Besonders bei sprachauffälligen Kindern sollten sie beide

zum Einsatz kommen. Auf die Ableitung von Hirnstammpotentialen bei unauffälligen

OAEs könnte seiner Meinung nach nur dann verzichtet werden, wenn in

sprachaudiometrischen Untersuchungen eine gute Sprachverständlichkeit zweifelsfrei

gesichert wurde.

Marco [54] befürwortete den simultanen Einsatz von BERA und OAEs für Fälle von

vermuteter, auditorischer Neuropathie und für das Screening von Risikogruppen, z.B. bei

Kindern mit peripartaler Hypoxie und Hyperbilirubinämieperioden in der Anamnese.

Abseits dieser Problemfälle sah er die OAE-Messung als alleinige Screeningmethode als

ausreichend an.

Den Wert einer kombinierten Testung von OAEs und ABR im Hörscreening unterstrich

Madden [53] besonders aufgrund seiner Erfahrungen mit der auditorischen Neuropathie bei

Kindern.

Nach Meinung von Lee [47] sollte in Schulen für hörbeeinträchtigte Kinder ein speziell auf

die auditorische Neuropathie ausgerichtetes Screening erfolgen aufgrund der hohen

Prävalenz in diesem Kollektiv und da bei diesen Kinder alternative Therapieformen in

Betracht gezogen werden müssten.

5. Diskussion

134

Tabelle 6: Screening-Studien

Autor Jahr Fallzahl Kollektiv Methode Ergebnis auffällig

Jacobson et alt.

Lauffer et alt.

Pröschel et alt.

Watkin

Mehl, Thomson

Finckh-Krämer

Lee et alt.

Vatovec et alt.

Yilmaz et alt.

de Hoog et alt.

Joseph et alt.

Hall et alt.

Connolly et alt.

1990

1994

1995

1996

1998

2000

2001

2001

2001

2003

2003

2004 2005

224

78

243

14353

41796

1062

81

110

22

625

4387

300

17602

NICU

NICU

Kinder > 1a*

Neonaten

Neonaten

Risiko-Kind

Kinder **

NICU***

NICU****

NICU

Neonaten

Neonaten

Neonaten

AABR, kon. ABR

OAE, ABR

OAE, VA, ABR

OAE

OAE, AABR,

kon. ABR

OAE, BERA

OAE

OAE

OAE, ABR

AABR

OAE

OAE, ABR

ABR

5%

initial 23%, gesichert 9%

0,1%

initial 6,5%,

gesichert 0,2%

initial 5,3%, gesichert

1,3%

2,5% auditor. Neuropath.

7,3% gesichert

9,1% auditor. Neuropath.

7,2%

initial 7,1%,

gesichert 0,2%

2,0%

0,4%

* nur Kinder mit Normalhörigkeit zugelassen, da Testgütekriterien geklärt werden sollten

** Kinder einer Schwerhörigen-Schule, 6 bis 12 Jahre

*** NICU-Kinder mit Risiko für oder tatsächlichem frühkindlichen Hirnschaden

**** NICU-Kinder mit Hyperbilirubinämie

VA: Verhaltensaudiometrie

AABR: automatisierte ABR

kon. ABR: konventionelle ABR

Testung einseitig oder beidseitig

Während in unserer Studie Kinder beidseitig getestet wurden und zu Kontrollterminen

auch bei nur einseitig auffälligem Testergebnis einbestellt wurden, gibt die Literatur

Auskunft über Studien, in denen dies anders gehandhabt wurde.

Watkin [106] berichtete in seiner Neugeborenen-Studie, nur Kinder mit beidseitig

auffälligen OAE-Ergebnissen zu weiteren Kontrollen einbestellt zu haben. Allerdings war

in seinem Studiendesign aufgrund staatlich reglementierter Vorgaben weitere Testung bei

allen Kindern ab dem siebten Lebensmonat vorgesehen.

5. Diskussion

135

Notwendig erscheint ein beidseitiges Hörscreening, da das Richtungshören auf eine

Binauralität angewiesen ist und ein beidseitiges Hörvermögen eine Verbesserung der

Hörschwelle bedeutet. Therapeutische Maßnahmen könnten bei frühzeitiger Identifikation

der einseitigen Schwerhörigkeit ergriffen werden und könnten einer kortikalen

Reorganisation im Rahmen des Remodellings entgegenwirken. Bei bekannter, einseitiger

Schwerhörigkeit wären sich der Betroffene bzw. die Eltern des besonderen

Protektionsbedürfnisses seines normalhörigen Ohres bewusst.

Auch das deutsche Konsensus-Papier zum universellen Neugeborenen-Hörscreening

sprach sich für ein beidseitiges Hörscreening aus und forderte eine Kontrolluntersuchung

bei einseitig auffälligem Ergebnis [26].

Falsch positive Ergebnisse

Problematisch erweist sich bei jeder Art von Screening eine hohe Rate an falsch positiven

Testergebnissen, da dies zu einer Verunsicherung der Eltern führt und eine niedrige

Akzeptanz des Screeningprogramms unter den Eltern bewirkt. Zudem können sich

Nachfolgeuntersuchungen zeit- und kostenintensiv auf elterlichen und medizinischen

Seiten gestalten.

Im vorliegenden Studienprotokoll wurde als Kriterium für ein auffälliges

Screeningergebnis eine zumindest einseitig kontrollbedürftige BERA-Messung unabhängig

von der OAE-Messung definiert. Diese Kinder wurden sofern möglich im stationären

Verlauf kontrolliert, extern zu Kontrollterminen wieder einbestellt oder es wurde eine

pädaudiologische Betreuung empfohlen.

Es konnte bei den untersuchten Kindern unserer Studie kein falsch positives Ergebnis in

der OAE-Messung festgestellt werden. Allerdings muss einschränkend erwähnt werden,

dass bei 55 Kindern (47 unauffällige und 8 auffällige) eine korrekte OAE-Messsung

aufgrund des Umgebungsschallpegels, Undichtigkeit bzw. Unruhe einseitig oder beidseitig

behindert wurde. Inwiefern sich falsch positive Befunde in der OAE-Testung hierunter

befunden hätten, kann nur spekuliert werden. Für die OAE-Methode wurde als

übergeordnetes Referenzverfahren die automatisierte BERA selbst herangezogen. Das

BERA-Verfahren entzieht sich derzeit noch einer abschließenden Beurteilung hinsichtlich

möglicher falsch positiver Ergebnisse, da die Konfirmationsdiagnostik noch aussteht.

Daher ist der Vergleich mit anderen Screening-Untersuchungen nur bedingt möglich.

5. Diskussion

136

Lauffer [46] gab eine Rate von 22 % an falsch positiven Befunden bei den OAE-

Messungen mit dem „Otodynamic Analyzer ILO 88“ in einem 78 Kinder umfassenden

Kollektiv der NICU an. Die auffälligen OAE-Ergebnisse konnten durch eine

anschließende, unauffällige BERA korrigiert werden.

Für die Screening-BERA konnten Connolly et alt [13] ein akzeptables Level an falsch

positiven Ergebnisse nachweisen. In einer Hörscreening-Studie, an der 17.602

Neugeborene mit und ohne Risikofaktoren teilnahmen, mussten 4,1 % der gescreenten

Kinder aufgrund eines positiven Testergebnisses wieder einbestellt werden. Davon

erwiesen sich 3,6 % der auffällig gescreenten Kinder in der Kontroll-BERA als initial

falsch-positiv getestet.

Bei Hall [27] lag die Rate der Wiedereinbestellungen bei kombinierter BERA- und OAE-

Testung bei 2,0 % und der positive prädikativer Wert bei 83,3 % in einem 300 Kinder

umfassenden Neugeborenenscrening.

Einen deutlich niedrigeren, positiven prädikativen Wert musste mit 26 % Joseph [37]

verzeichnen, dessen Screening sich alleine auf die TEOAE-Messung stützte.

Durch eine alleinige oder zusätzliche BERA-Testung könnte daher die Aussagekraft des

Screenings gesteigert, der positive prädikative Wert erhöht und die Rate an falsch positiven

Ergebnissen vermindert werden. Dadurch könnten langwierige Kontrolltestungen und

Beunruhigungen der Eltern vermieden werden.

Ähnlich wurde auch im Konsensuspapier [26] der deutschen Fachgesellschaften zum

Neugeborenen-Hörscreening argumentiert. Hier wurde eine Kontrollscreening-Rate bei

reifgeborenen Neugeborenen bei optimalen Bedingungen von maximal vier Prozent

gefordert. Insbesondere Unerfahrenheit in der Durchführung und mangelhafte

Untersuchungsbedingungen führten zu vermehrt falsch-positiven Ergebnissen und somit zu

höheren Recall-Raten. Durch die Präferierung des AABR-Verfahrens vor den OAEs

könnten Recall-Raten unter oder gleich einem Prozent erzielt werden. Besonders die

sequenzielle Anwendung von OAEs, gefolgt von AABR bei Auffälligkeiten könnte eine

geringere Rate an falsch-positiven Ergebnissen und konsekutiv weniger erforderliche

Kontrollen gewährleisten.

5. Diskussion

137

Koordinatorische Probleme und Eltern-Kompliance

In unserer Studie zeigten sich alle Eltern mit der Durchführung einer Hörscreening-

Untersuchung in einem zuvor erfolgten Gespräch einverstanden. Dennoch war die

Akzeptanz der Nachfolgeuntersuchungen bei einem initial auffälligen Testergebnis niedrig.

Einige Elternpaare erschienen zu dem vereinbarten Kontrolltermin ohne Absage nicht,

andere lehnten nach erfolgter, weiterhin kontrollbedürftiger Testung eine weitere Kontrolle

ab und wollten weitere Testungen abhängig von ihren eigenen Beobachtungen einleiten.

Hierbei spielten sicherlich zeitliche und organisatorische Gründe für das Versäumen des

Re-Screenings bei den durch die Versorgung ihres Kindes beanspruchten Eltern eine Rolle.

Zudem beeinträchtigte eine positive Erwartungshaltung der Eltern bezüglich des

Hörvermögens ihres Kindes die Problemerkennung. Eltern und auch medizinisches

Personal können durch eigentlich visuell provozierte Reaktionen der Kinder auf akustische

Reize in ihrer Wahrnehmung getäuscht werden. Häufig wird Reiz-Reaktionsverhalten im

akustischen Bereich nicht kritisch genug überprüft.

Die Kontrolltestungen nach Entlassung wurden nach unseren Erfahrungen zusätzlich durch

die Unruhe der Säuglinge - wahrscheinlich durch den längeren Anfahrtsweg bedingt -

erschwert. Bei allen Kontrolltestungen zeigten die Neugeborenen ein waches und

aufmerksames Verhalten und tolerierten die Messungen nur widerwillig. Diese

offensichtlichen, ungünstigen Untersuchungsbedingungen demotivierten einige Eltern, da

auch zukünftig unter denselben Rahmenbedingungen nicht mit einer besser geeigneten

Vigilanzlage der Kinder zu rechnen war. Einige Eltern gaben an, aus organisatorischen

Gründen Kontrollen nicht wahrnehmen zu können (längerer Anfahrtsweg, Kontrollen nicht

außerhalb der Arbeitszeiten des Ehemanns möglich, Versorgung weiterer Kinder).

Zu einer ähnlichen Beobachtung bezüglich der Frequentierung der Kontrolltestungen

kamen auch Mehl und Thomson [59]. In die Multicenter-Studie von Mehl und Thomson

gingen 41.796 Kinder ein, von denen in OAE, A-ABR oder konventioneller ABR-Testung

initial 2.709 Kinder positiv getestet wurden. Nur 1.296 Kinder davon konnten eine

komplette Reevaluation der Hörergebnisse durchlaufen.

Watkin [106] konnte darüber hinaus feststellen, dass nicht nur ein bestimmter Anteil der

Eltern den Kontrolltermin oder das Erstscreening bei auswärtiger Geburt nicht wahrnahm,

sondern auch offensichtlich inkorrekte Angaben zum Auftreten von familiären

Schwerhörigkeiten gemacht wurden. In einem Fall stritt eine Mutter eine offensichtlich

bestehende, eigene Schwerhörigkeit sogar ab. Der Autor beklagte die elterliche Ablehnung

5. Diskussion

138

von rehabilitativen Maßnahmen. Diese sahen in den Therapieformen, wie z.B. einer

Hörgerätversorgung oder einer speziellen auditorischen Schulung und Sprachförderung,

eine Stigmatisierung ihrer Kinder. Ein Unterschied zwischen Kindern mit hochgradiger

und moderater Schwerhörigkeit konnte hier bezüglich des Verhaltens und des

Problembewusstseins auf Seiten der Eltern und des medizinischen Personals bemerkt

werden. Während die hochgradig schwerhörigen Kinder rechtzeitig kontrolliert wurden,

die Diagnose frühzeitig gestellt werden konnte und kaum ein Kontrolltermin verpasst

wurde, verlief die Diagnosestellung und Therapie in der Gruppe der mittel- und

geringgradig schwerhörigen Kinder verzögert. So konnte das Ziel, allen als schwerhörig

diagnostizierten Kindern innerhalb von Wochen eine Therapie, z. B. in Form von

Hörgeräten, anzubieten, nur in der hochgradigen Schwerhörigengruppe verwirklicht

werden. In der mittel- bis geringgradigen Gruppe erfolgte eine Hörgerät-Versorgung

häufig erst mit einem Jahr. Hier spielte sicherlich auch die Unsicherheit der Audiologen

und der Eltern eine Rolle, ob es sich bei der Hörstörung um ein persistierendes Defizit oder

eine vorübergehende Reifungsstörung handelte.

Auch Finckh-Krämer [22] beklagte in ihrer NICU-Studie die Inkompliance der Eltern. So

wurden von 53 auffällig getesteten Kindern 39 nicht zur Kontrolle wiedervorgestellt.

Ökonomische Aspekte des Hörscreenings

Diese Studie verhielt sich aufgrund der durch die Firma Maico zur Verfügung gestellten

Messgeräte und des Dissertationscharakters, wodurch zusätzliche Personalkosten nicht

berücksichtigt werden mussten, kostenneutral.

Nach Ansicht des Konsensus-Papiers der deutschen Fachgesellschaften zur Einrichtung

eines universellen Hörscreenings [26] können zur Zeit die Kosten bzw. die Kosten-

Effizienz-Bilanz eines solchen Screenings noch nicht abschließend beurteilt werden.

In der Literatur wurden unterschiedliche Angaben zu den Kosten eines Neugeborenen-

Hörscreenings gemacht. Der direkte Vergleich ist aber nur bedingt möglich, da die

eingeschlossenen Kostenfaktoren variierten und keine einheitlichen Screeningbedingungen

herrschten. Zum Teil wurden Folgekosten gegen gerechnet.

Das deutsche Joint Committee „Frühkindliches Hören“ [32] rechnete mit einem

Kostenpotential von 16 Euro pro gescreenten Neugeborenen.

5. Diskussion

139

In der Connelly-Studie [13] wurden die Kosten auf 5,074 Dollar pro Screening-Kind

geschätzt.

In einer Untersuchung zum universellen Hörscreening in den USA gab Therrell [103]

bundesstaatlich variierende Kosten von 1 bis 60 Dollar an, jedoch beinhalteten sie zum

Teil Aufwendungen zur Aufklärung der Eltern und für eine erweiterte Diagnostik.

Mehl und Thomson [59] errechneten in ihrer Neugeborenenstudie Screeningkosten von im

Mittel 25 Dollar pro Kind. Eine positive Kosten-Nutzen-Relation eines

Screeningprogramms konnte nach Meinung der beiden Autoren ebenfalls belegt werden.

Sie sahen den finanziellen Aufwand des Hörscreenings durch das Vermeiden von hohen

Therapiefolgekosten bei zu spät erkannten Hörminderungen bereits nach zehn Jahren

ökonomisch aufgewogen.

In einem Vergleich der Kosten-Effizienz-Relation von drei Screeningmodellen anhand

einer Meta-Analyse konnte Hessel [30] die Kosten pro aufgedecktem Fall auf 13.395 € in

einem universellen Screening, 6.715 € in einem Risiko-Screening und 4.125 € in einem

unsystematischen Screening beziffern. Allerdings wurde die Kostenreduktion zu Lasten

der Detektionsrate erzielt, denn mit einem universellen Screening wurden 72 % der

Hörstörungen bis zum 6. Lebensmonat entdeckt, mit dem Risiko-Screening 43 % und mit

dem unsystematischen nur 13 %. Nach Abwägen dieser Aspekte musste einem

universellen Hörscreening-Modell der Vorzug gewährt werden.

Empfehlungen zur Einrichtung eines universellen Neugeborenen-Hörscreenings

In einem kürzlich publizierten, interdisziplinären Konsensus-Papier [26] sprachen sich die

betroffenen Fachgesellschaften und Organisationen in Deutschland für die Einrichtung

eines universellen Neugeborenen-Hörscreenings aus und gaben Empfehlungen zur

Organisation. Das Ziel eines universellen Screenings besteht in der Identifikation einer

Hörstörung und der Einleitung einer Therapie innerhalb der ersten sechs Lebensmonate

durch beidseitige Überprüfung des Hörvermögens aller Neugeborenen. Es wurde ein

dreistufiges Screening- und Konfirmationsmodell favorisiert. Die Basis soll ein

Erstscreening, gegebenenfalls mit Wiederholung, bilden, an das sich bei Testauffälligkeit

auf zumindest einem Ohr ein Kontrollscreening innerhalb von vier Wochen anschließt. Die

dritte Stufe soll eine Konfirmationsdiagnostik umfassen durch eine genaue

Hörschwellenbestimmung. Diese Untersuchung, die dezidiert durch HNO-Ärzte oder

5. Diskussion

140

Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie erfolgen soll, soll innerhalb der ersten drei

Lebensmonate eine Bestätigung oder einen Ausschluss einer vermuteten Hörstörung

erbringen. Auch bei unauffälligem Screeningergebnis sollen Kinder mit Risikofaktoren für

eine Hör-/Sprach- oder Sprechstörung in entsprechenden Kontrollen verbleiben, da diese

Verfahren keine Aussagekraft bezüglich progredienter Störungen besitzen. Zudem wurde

ein adäquates Leitsystem postuliert, das bei nachgewiesener Hörstörung die weitere

Versorgung und Einleitung einer Therapie gewährleisten soll. Die Nachsorge soll neben

der exakten Diagnostik der Hörstörung auch die Suche nach der Ätiologie der Störung

beinhalten und gegebenenfalls weitere interdiziplinäre Untersuchungen - die Neurologie,

Ophthalmologie, Kardiologie, Humangenetik betreffend - nach sich ziehen.

In den USA wurde bereits ein universelles Neugeborenen-Hörscreening von staatlicher

Seite installiert, da in vielen Studien die soziale und gesundheitsökonomische Relevanz,

erfolgreiche Therapieverfahren und eine relativ hohe Prävalenz der Schwerhörigkeit

dargelegt werden konnten. Dennoch differierten Gesetzgebung und Screeningbedingungen

innerhalb der Bundesstaaten [103]. Ein positives Beispiel für ein funktionierendes

Hörscreeningmodell bietet Großbritanien. Seit 2003 gelten hier im staatlich finanzierten

Hörscreeningsystem verbindliche, einheitliche Richtlinien. Professionelle Screening-

Untersucher wurden zur Weiterverfolgung und Klärung der auffälligen Befunde bestellt

[32].

Eine positive Kosten-Nutzen-Relation für die Einrichtung eines universellen Screenings

konnte eine Metaanalyse von Hessels [30] belegen. Der Benefit eines universellen

Screenings drängte vom ökonomischen Standpunkt aus sogar die Alternativen

Risikoscreening und unsystematisches Screening in den Hintergrund. Ein auf Kindern mit

Risikofaktoren beschränktes Hörscreening würde 50 % der Kinder, wie in retrospektiven

Studien bei auditorisch beeinträchtigten Kindern mit und ohne Risikofaktoren

nachgewiesen werden konnte, nicht identifizieren.

Einen anderen Aspekt beleuchtete Kral [44]. Er forderte aufgrund der Existenz von

sensitiven Perioden des auditorischen Kortex die Einrichtung eines neonatalen,

auditorischen Screeningprogramms, da Deprivation während dieser Phasen zum Verlust

von Hör-, Sprach- und Sprachverständnisfähigkeiten führe. Diese Defizite könnten

aufgrund der cerebralen Fähigkeit zur Plastizität im Rahmen einer „cross-modal“-

Reorganisation bei Überschreiten dieser Perioden bei spät implantierten CI-Trägern nicht

5. Diskussion

141

mehr aufgeholt werden. Um diesem Pathomechanismus entgegen zu wirken, müsse eine

Identifizierung der gehörlosen Kinder erfolgen, bevor das cerebrale Remodelling greifen

könnte.

Die Notwendigkeit einer möglichst frühzeitigen Diagnosestellung bei schwerhörigen

Kindern zeigte auch Yoshinaga-Itano [108] auf. Er konnte den durch frühzeitige,

therapeutische Intervention erzielten Benefit bei im Neugeborenen-Hörscreening

identifizierten, schwerhörigen Kindern hinsichtlich der Sprachentwicklung im Vergleich

zu Kindern, deren Hörstörungen erst nach dem sechsten Monat diagnostiziert wurden,

belegen.

Die Ergebnisse eines Multicenter-Hörscreenings in Colorado in den Jahren 1992-1996

fassten Mehl und Thomson [59] zusammen. Nach Berücksichtigung der verschiedenen

Screeningverfahren und der zugehörigen Validitätskriterien, sowie der Kosten kamen sie

zu der Überzeugung, dass ein generelles Hörscreening sowohl durchführbar, effektiv, als

auch ökonomisch gerechtfertigt sei, da durch eine frühzeitige, therapeutische Intervention,

eine Krankheit abgewendet bzw. deren Folgen vermindert werden könnten.

Auffällige Ergebnisse im Screening sollten sorgfältig interpretiert werden, denn es liegen

auch Berichte vor, nach denen sich anfänglich pathologische Befunde in BERA und

subjektiven Hörtests bei Neugeborenen im Verlauf von Monaten nicht mehr bestätigen

ließen und sich das Hörvermögen in den Tests zumindest monaural normalisierte oder

verbesserte. Massinger [56] diskutierte in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer

verzögerten Reifung der Hörbahn bei jungen Kindern und wies auf die Notwendigkeit hin,

auch pathologische, objektive Hörtestungen bei Kindern vor einschneiden Therapien zu

wiederholen.

Über einen ähnlichen Fall von verzögerter, auditorischer Reifung konnten Pröschel und

Eysholdt [75] berichten. Es handelte sich hierbei um ein Kind mit tuberöser Hirnsklerose,

bei dem die TEOAE-Messung trotz Nachweisbarkeitsgrenze der Hirnstammpotentiale bei

90 – 100 dB in der BERA und hochgradiger Schwerhörigkeit in verhaltensaudiometrischen

Testverfahren erfolgreich verlief. Bei diesem Kind normalisierte sich das Hörvermögen in

den objektiven und subjektiven Tests innerhalb eines Jahres. Daraus folgerten die Autoren,

dass zum einen die OAE-Messung zur Topodiagnostik der Hörstörungen besonders bei

mehrfach behinderten Kindern herangezogen werden sollte und dass zum anderen eine

Hörgerätverordnung aufgrund einer einmaligen, pathologischen Testung im Hinblick auf

mögliche, induzierte Lärmtraumata kritisch überdacht werden müsste. Auch sollten

5. Diskussion

142

unauffällige Befunde im Neugeborenen-Screening nicht als Garant für eine normale

auditorische Entwicklung betrachtet werden, denn es handelt sich dabei um ein

Momentaufnahme des Hörstatus. Progressive Hörstörungen entziehen sich diesem

diagnostischen Instrument. Die weitere auditorische Entwicklung des Kindes sollte

insbesondere bei zusätzlichen Risikofaktoren beobachtet werden.

Ein z. Zt. noch nicht gelöstes Problem beim Screening auf Hörstörungen stellt die hohe

Anzahl an auffälligen aber nicht weiter verfolgten Screeningergebnisse dar. Nach

Schätzungen werden 50 % der initial kontrollbedürftigen Neugeborenen keiner weiteren

Anschlussdiagnostik zugeführt. Ursachen sind hierfür auf Seiten des untersuchenden

Personals und der Eltern zu finden.

Diesem Missstand kann durch ein gezieltes Tracking begegnet werden. Damit ist eine

Weiterverfolgung und Klärung der auffälligen Ergebnisse des regionalen Hörscreenings

gemeint. Eine Transparenz für alle Beteiligte könnte die Erstellung eines verbindlichen

Protokolls zur Konfirmationsdiagnostik erzielen. Zudem könnte die Einrichtung einer

zentralen, übergeordneten Instanz, der auffällige Befunde mit zugehörigen, kindlichen

Daten zu geleitet werden und die die weitere Diagnostik nachfragt, eine Kontinuität und

zeitliche Effizienz garantieren.

6. Zusammenfassung

143

6. Zusammenfassung

In der vorliegenden Hörscreening-Studie wurden die verschiedenen

Untersuchungsbedingungen und Einflussfaktoren auf das Screeningergebnis bei

Neugeborenen der Normalstation und Neonatologie untersucht. Die Untersuchung erfolgte

vor dem Hintergrund der aktuell publizierten Fälle von auditorischer Neuropathie, die in

einer vergleichenden Literaturrecherche näher bestimmt wurde.

Unter dem Begriff der auditorischen Neuropathie werden verschiedene Pathologien des

Hörnervens, der Spiralganglienzellen, der Inneren Haarzellen und deren Synapsen

subsumiert. Diesen auditorischen Störungen variabler Ätiologie sind robust nachweisbare

OAEs - als Zeichen einer funktionellen Intaktheit der Äußeren Haarzellen - sowie

abwesende oder pathologische BERA-Potentiale gemeinsam. Neuere Publikationen lassen

vermuten, dass die Prävalenz höher liegt als allgemein angenommen und der Verlauf

unterschiedlich ist. Assoziierte Erkrankungen z.B. im neurologischen Bereich müssen

ausgeschlossen werden. Hinsichtlich der Therapie kristallisiert sich noch kein einheitliches

Handlungskonzept heraus, jedoch sollte eine individuelle Analyse aller Therapieoptionen

erfolgen. Eine CI-Implantation sollte dieser Patientengruppe nicht aus methodisch-

theoretischen Gründen verweigert werden, da eine Vielzahl von Autoren von erfolgreichen

Implantationen berichteten.

Diese Studie zeigte, dass eine Screeningkombination aus automatisierter BERA- und

OAE-Messung in der Lage war, Verdachtsfälle einer ANP zu identifizieren. Die

Konstellation einer ANP ließ sich bei 4,35 % der Neugeborenen nachweisen.

Insgesamt bestand ein auffälliges Screeningergebnis uni- oder bilateral bei 16,5 % des

Gesamtkollektivs. Eine erweiterte Konfirmationsdiagnostik konnte bis zu diesem

Zeitpunkt eine beidseitige, hochgradige Schwerhörigkeit bei einem der auffällig

gescreenten Kinder bestätigen. Damit lag die Rate an gesicherten, persistierenden

Hörstörungen mit 0,9 % in diesem relativ kleinen Kollektiv höher als nach

Literaturangaben mit 0,1 bis 0,3 % erwartet.

Es fiel auf, dass in der Neonatologiegruppe mehr pathologische Testergebnisse zu

verzeichnen waren als in der Normalstationsgruppe. Dies lag sicherlich in dem erhöhten

Risikoprofil der Neonatologiegruppe begründet und deckte sich auch mit der Literatur. Als

weitere Unterschiede zwischen diesen beiden Neugeborenengruppen kristallisierten sich

die längere Untersuchungszeit und das höhere Untersuchungsalter der Neonaten heraus.

6. Zusammenfassung

144

Es konnte in dieser Studie kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem

Auftreten von Risikofaktoren für eine Hörstörung und einem auffälligen Testergebnis

erstellt werden, wenn auch einige Risikofaktoren, wie „Hyperbilirubinämie“ und „virale

Infektion“ in der auffälligen Gruppe häufiger vertreten waren.

Eine Beeinflussung des Screeningergebnisses durch die Vigilanzlage des Kindes und

Unterbrechungen ließ sich demonstrieren. So schnitt ein ruhiges Kind erfolgreicher im Test

ab, während kindliche Unruhe und Unterbrechungen eher mit einem auffälligen Ergebnis

verbunden waren.

Die besten Screeningresultate konnten zwischen dem 4. und 7. Lebenstag erzielt werden,

die schlechtesten fanden sich direkt am Geburtstag und ab dem 15. Lebenstag.

Wie auch in anderen Screeningstudien wurde eine geringe Akzeptanz der Eltern zu

notwendigen Kontrolluntersuchungen bei primär auffälligem Testergebnis bemerkt. So

wurden nach Krankenhausentlassung Termine zum Re-Screening aus verschiedenen

Gründen nicht wahrgenommen.

Die in dieser Screeningstudie gesammelten Erfahrungen lassen einige Empfehlungen für

die zukünftige Einrichtung eines Hörscreenings ableiten.

Ein generelles Hörscreening ist mit einem überschaubaren Maß an Aufwand durchführbar.

Aufgrund der relativ hohen Prävalenz von behandlungsbedürftigen Hörstörungen – ca. 1-2

von 1000 gesund geborenen Neugeborenen und 10-20 von 1000 Kindern mit einem

erhöhten Risiko für Schwerhörigkeit - und der Notwendigkeit von frühzeitigen

Therapieinterventionen sollte das Hörscreening in den Neugeborenenuntersuchungen

etabliert werden. Nur bei einem gleichzeitigen Einsatz von OAE-und BERA-Testung

könnten Kinder mit einer auditorischen Neuropathie identifiziert werden. Ein isoliertes

BERA-Screening würde diese Kinder zwar als auffällig erkennen, aber eine nähere

Differenzierung würde unterbleiben. Bei einem nur auf die OAE-Testung ausgerichteten

Screeningmodell würden diese Kinder durch das Raster fallen und fälschlicherweise den

hörgesunden Neugeborenen zugeordnet werden.

Bei freier Wahl eines Screeningmodells wird eine Kombination aus BERA- und OAE-

Testung bevorzugt. Nachteilig erweist sich der Kosten- und Zeitaufwand eines solchen

Screenings. Bei einem unimodalen Screening erscheint die BERA vorteilhafter als die

OAE-Testung, da sie über bessere Validitätskriterien verfügt, einen umfangreicheren

Prüfungsansatz bietet und die Hörstörung bei ANP diagnostiziert.

6. Zusammenfassung

145

Ein Screening sollte alle Neugeborenen umfassen und beidseitig erfolgen, da bei einem

reinen Risikokinder-Screening nur 50 % der Hörstörungen erfasst würden. Auch

ökonomische Analysen unterstützen ein universelles Neugeborenen-Screening.

Das Neugeborene sollte ein Erstscreening und ein eventuelles Re-Screening nach

Möglichkeit noch in der Geburtsklinik durchlaufen, um den Aufwand für alle Beteiligten

gering zu halten und geeignete Testbedingungen zu garantieren.

Ein Screening kann nur seine Aufgabe erfüllen, wenn eine Nachverfolgung der auffälligen

Kinder gewährleistet ist. Ein Eintrag im Vorsorgeheft in Stempelform oder als Barcode mit

Anlehnung an die Basisdaten des Stoffwechselscreenings, wie z. Zt. in einem Pilotprojekt

getestet, könnte die Kontrollen der auffälligen Kinder gewährleisten. Dazu müssen

allgemein verbindliche Richtlinien, die ein Tracking-Register und eine

Konfirmationsdiagnostik betreffen, installiert werden.

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Semin Hear 16, 115-123

Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h.c. H. Hildmann Neugeborenen-Hörscreening Name des Kindes: Untersucher: Geburtsdatum: Datum: Untersuchungsbedingungen: ☐ ruhig ☐ Hintergrundgeräusch ☐ Unterbrechung

☐ Kind wach ☐ Kind schläft ☐ Kind unruhig Untersuchungszeit insgesamt: Ergebnis: ☐ unauffällig ☐ kontrollbedürftig

☐ Ergebnis Eltern mitgeteilt Bemerkungen/ Kontrolltermin: BERAphon MB12 Ohr re. ☐ unauffällig Ohr li. ☐ unauffällig

☐ kontrollbedürftig ☐ kontrollbedürftig EEG-Qualität: EEG-Qualität: Untersuchungszeit: Untersuchungszeit: Anzahl d. Kontrollen: Anzahl d. Kontrollen: EroScan Ohr re. ☐ unauffällig Ohr li. ☐ unauffällig

☐ kontrollbedürftig ☐ kontrollbedürftig

☐ zu laut/nicht dicht ☐ zu laut/nicht dicht Untersuchungszeit: Untersuchungszeit: Anzahl d. Kontrollen: Anzahl d. Kontrollen:

CI-Zentrum Ruhrgebiet

Klinik für HNO-Krankheiten, Kopf- und Halschirurgie der Ruhr-Universität Bochum

St. Elisabeth Hospital Bleichstr. 15, 44787 Bochum

Tel.: (0234) 612-390 Fax: (0234) 612-391 E-mail: [email protected]

Bochum,

Ergänzende Daten: Kind Geburtsdatum: Geschlecht: Körpergewicht ( in g ): Körperlänge ( in cm ): Kopfumfang ( in cm ): APGAR-Index: pH-Wert Nabelschnurblut: BE: postnatal Neonatologie: ☐ nein ☐ ja, Dauer:

Beatmung: ☐ nein ☐ ja, Dauer:

Sepsis: ☐ nein ☐ ja, Erreger:

virale Infektion: ☐ nein ☐ ja, Erreger:

Meningitis: ☐ nein ☐ ja, Erreger:

Antibiotikum: ☐ nein ☐ ja, Substanz: Therapiedauer: Bilirubin ( in mg/dl ): ototoxische Medikamente: Substanz: Expositionsdauer: Geburt: Risikogeburt: ☐ nein ☐ ja, Ursache:

Frühgeburt: ☐ nein ☐ ja SSW: Geburtsart: ☐ spontan ☐ Sectio

☐ Vakuumextraktion ☐ Zange

Hypoxie perinatal: ☐ nein ☐ ja Schwangerschaft

SS-Vorsorge: ☐ nein ☐ ja

Risiko-SS: ☐ nein ☐ ja, Ursache:

Viral./bakt. Infekt.: ☐ nein ☐ ja, Erreger: Trimenon/SSW: Noxen: ☐ nein ☐ ja, Substanz: Trimenon/SSW: Alter der Eltern: Mutter: Vater: famil. Schwerhörigkeit: ☐ nein ☐ ja

Danksagung

Herrn Professor Dr. med. Dr. h. c. H. Hildmann danke ich für die Überlassung des Themas

und die hilfreichen Denkanstöße.

Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. med. A. Hildmann für die umfangreiche und gute

Betreuung dieser Arbeit und fachliche Beratung.

Ich möchte die Unterstützung von Frau Dr. med. S. Sarantuja bei der Durchführung des

Hörscreenings hervorheben und mich bei ihr dafür bedanken.

Meinem Ehemann danke ich für die Beratung bei der Abfassung der Dissertation.

Lebenslauf Name Gudrun Peters, geb. Kalkofen

Geburtsdatum 13.09.1974

Geburtsort Haltern

Eltern Hedwig Kalkofen, kaufmännische Angestellte

Bernhard Kalkofen, Dachdeckermeister

Familienstand verheiratet

Schulausbildung 1981-1985 Freiherr-von-Eichendorf-Grundschule

1985-1994 Städtisches Gymnasium Haltern

Schulabschluß Allgemeine Hochschulreife

Studium 1994-1996 Studium der Humanmedizin an der Otto-von-

Guericke-Universität Magdeburg

09/1996 Ärztliche Vorprüfung

1996-2001 Studium der Humanmedizin an der Ruhr-Universität-

Bochum

08/1997 Erstes Staatsexamen

03/2000 Zweites Staatesexamen

05/2001 Drittes Staatsexamen

Berufstätigkeit 2001-2002 Arzt im Praktikum, Fachgebiet HNO am St. Elisabeth

Hospital Bochum

2002-2003 Weiterbildungsassistent, Fachgebiet Anästhesie am

St. Elisabeth Hospital Bochum

2003- Weiterbildungsassistent, Fachgebiet HNO am

St.Elisabeth Hospital Bochum