Aus Fehlern lernen. Qualitätsmanagement im Kinderschutz
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Aus Fehlern lernen. Qualitätsmanagement im KinderschutzEin Forschungs- und Qualitätsentwicklungsprojekt im Auftrag
des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen
Alice Salomon Hochschule Berlin & Kronberger Kreis für Qualitätsentwicklung e. V.
in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Ostvorpommern
3. Kinderschutzkonferenz Mecklenburg-Vorpommern – 15.10.2009; Irene Paul & Kay Biesel
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Thematische Übersicht
1. Der Ausgangspunkt
2. Die Projektarchitektur
3. Methoden der Qualitätsentwicklung
4. Unsere Qualitätsentwicklungsthemen
5. Unsere geplanten Produkte
6. Unsere momentanen Herausforderungen
7. Die zu erwartenden Qualitätsentwicklungseffekte
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1. Der Ausgangspunkt
Im gemeinsamen Beschluss der Konferenz derRegierungschefs der Länder und der Bundeskanzlerin vom 12.Juni 2008 wurde das Nationale Zentrum Frühe Hilfen(NZFH) mit einem neuen Aufgabenbereich beauftragt:
Lernen aus problematischen Kinderschutzverläufen
a) Analyse von kommunalen Kinderschutzsystemen und deren qualitative Weiterentwicklung („Aus Fehlern lernen. Qualitätsmanagement im Kinderschutz“)
b) Aufbau eines Analysesystems zur Untersuchung von „Beinahe-Fehlern“ und folgenschweren Fehlern bei Kinderschutzfällen
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2. Die Projektarchitektur
Initiierung und Durchführung einer dialogischen, mehrseitigen und multiprofessionellen, in der Mitte der kommunalen Kinderschutzorganisation ansetzenden und wissenschaftlich begleiteten Qualitätsentwicklung in 43 Kommunen (Modul I)
Entwicklung und Implementierung eines Partner-Konzepts zum Erfahrungs- und Wissenstransfer und zur Bildung und Stärkung regional vernetzter Kinderschutzcluster (Modul II)
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2. Die Projektarchitektur
Modell-Kommunen:
6 Modell-Kommunen mit Schwerpunkt-Base-Line-Erhebung
6 Modell-Kommunen mit wissenschaftlich begleiteter Selbstevaluation
= 12 Modell-Kommunen
Partner-Kommunen:
Jede Modell-Kommune fungiert als Partner für max. 3 weitere Partner-
Kommunen
= 31 Partner-Kommunen
Eine Modell-Kommune mit den weitere Partner-Kommunen bilden jeweils einen Kinderschutzcluster, die über einen regionalen Bezug zueinander oder über ein gemeinsam geteiltes Qualitätsentwicklungsinteresse verfügen.
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2. Die Projektarchitektur
Die Kinderschutzcluster sind:
Karlsruhe mit Düsseldorf, Köln und Leipzig
Bremen mit Bremerhaven, Osnabrück und Nürnberg
Limburg-Weilburg mit Darmstadt, Oberursel und Pfungstadt
Schwerin mit Ostvorpommern, Parchim und Uecker-Randow
Wolfsburg mit Salzwedel, Gifhorn und Helmstedt
Bonn mit Lohmar, Meckenheim und Sankt Augustin
Iserlohn mit Ahlen, Lippstadt und Oer-Erkenschwick
Bad-Kreuznach mit Ludwigshafen und Mainz-Bingen
Rendsburg-Eckernförde mit Lauenburg und Segeberg
Wartburgkreis mit Haßberge und Saalfeld-Rudoldstadt
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2. Die Projektarchitektur
Im Kinderschutzcluster (Schwerin mit Ostvorpommern, Parchim und Uecker-Randow) wurde bereits mit der gemeinsamen Arbeit begonnen.
Dafür haben sich am 05.Oktober 2009 und 06. Oktober 2009 die Teilnehmer/innen zur einer ersten Qualitätsentwicklungs-Werkstatt getroffen.
Die nächsten Treffen sind am
03.12. - 04.12.2009
19.01. - 20.01.2010
02.03. – 03.03.2010
18.05. – 19.05.2010
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2. Die Projektarchitektur
Bei der Qualitätsentwicklung wird viel Wert auf die Partizipation der am Kinderschutz
Beteiligten gelegt. Die Teilnehmenden sollen dabei, gestützt durch eine
wissenschaftliche Begleitung, an der Weiterentwicklung einer Kinder fördernden Kultur des Aufwachsens
und eines achtsamen, fehleroffenen und Fehler reflektierenden Kinderschutzsystems mitwirken.
Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Fachkräfte des Gesundheits- und des Bildungssystems, Fachkräfte der Polizei und der Feuerwehr, Fachkräfte des Familiengerichts,
sowie eingeladene Klienten/innen der sozialen Dienste, am besten aus sogenannten
„langwierigen“ und „komplizierten“, aber auch aus „erfolgreichen“ Fallverläufen.
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2. Die Projektarchitektur
An den Qualitätsentwicklungs-Werkstätten
nehmen etwa 45 Fachkräfte sowie ausgewählte Klienten/innen eines regionalen und interorganisationalen Kinderschutzsystems, des Kinderschutzclusters, teil.
Davon kommen ca. 12 Teilnehmer/innen aus den drei regionalen Partner-Kommunen.
Jeweils zwei Qualitätsentwickler/innen bilden zusammen mit 3-4 lokalen Werkstatt-Teilnehmern/innen eine Steuerungsgruppe der QE-Werkstatt.
Ab dem III. Quartal 2009 finden in allen 12 Modell-Kommunen etwa alle 2 Monate 2-tägige Werkstatt-Treffen (insgesamt 5 x 2 Tage) statt.
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3. Methoden der Qualitätsentwicklung
Methoden der Qualitätsentwicklung:Die QE-Werkstatt ist das Zentrumder Dialogischen Qualitätsentwicklung.
Eine Qualitäts-Entwicklungswerkstatt ist eine „Untersuchungsgemeinschaft“ (Community of Inquiry –
John Dewey), ein offener Raum dialogisch-kollektiver Reflexion, der quer zu den alltäglichen Handlungsrationalitäten
der Akteure ansetzt.
R. Horn
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3. Methoden der Qualitätsentwicklung
Hier treffen Akteure mit unterschiedlichen Hintergründen
zusammen, um ihre Haltungen und Einstellungen gemeinsam zu
reflektieren,
vorhandene Grenzen ihres Denkens zu öffnen
und ein gemeinsames Sinnkonzept für eine nachhaltige Kinderschutzpraxis zu entdecken und zu entwickeln.
Denn nur so können die latenten und manifest gewordenen Professions- und Systemfehler erkannt und überwunden werden.
In einem kollektiven Prozess werden Qualitätsstandards, Qualitätskriterien und –indikatoren für gute Fachpraxis bestimmt und Methoden und Verfahren des Qualitätsmanagements entwickelt, präzisiert, erprobt und dokumentiert.
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3. Methoden der Qualitätsentwicklung
In den QE-Werkstätten nutzen wir:
Dialogrunden im Plenum,
SWOT-Analysen
Inputreferate / dialogische Vorlesungen (Praxisuniversität),
Arbeitsgruppen / Open Space-Verfahren zu speziellen Untersuchungsthemen und
Fall-Labore zur Erprobung multiperspektivischer Assessment-Rahmen zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen, familialen Belastungen und von fachlichen und organisationalen Risiken.
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4. Unsere Qualitätsentwicklungsthemen
1. Im Zentrum der Erwartungen und Zielvorstellungen – aber auch der von uns durchgeführten SWOT-Analyse – thematisieren wir uns selbst.
Dabei geht es um unsere Rolle und unsere Identität als Kinderschutzfachkräfte, um unsere Haltung, um unser Selbstverständnis und unser Arbeitsverständnis als auch um die Verbesserung unserer Qualifikation und unserer methodischen Kompetenzen im Umgang mit KW-Gefährdungen, in der Zusammenarbeit mit Eltern u. Kindern, anstatt vor lauter Verunsicherung auf das „Pferd der Angst zu springen“.
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4. Unsere Qualitätsentwicklungsthemen
2. Wollen wir die Qualität im Kinderschutz optimieren, wollen besser werden, Qualitätsstandards weiterentwickeln.
Wir wollen lernen, wie man aus Fehlern lernen, Betriebsblindheit und Schwachstellen überwinden und wie man schwierige und gescheiterte Fälle gewinnbringend untersuchen kann und auch: wie man aus Erfolgen lernen kann.
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4. Unsere Qualitätsentwicklungsthemen
3. Wollen wir schließlich untersuchen, wie man die Zusammenarbeit, die Vernetzung, die Kommunikation, den Austausch
1. mit dem Familiensystem
2. in der eigenen Organisation und
3. im gesamten multiprofessionellen Kinderschutz-System
verbessern und wie man sie auf Dauer stellen kann.
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4. Unsere geplanten Produkte
In den einzelnen Qualitätsentwicklungs-Werkstätten werdenwir außerdem an der Entwicklung von gemeinsamenProdukten arbeiten. Wir haben vor
(1)ein multiprofessionelles Kinderschutz-Leitbild zu verfassen,
(2) ein methodisches Manual zur
Kindeswohlgefährdungseinschätzung herzustellen (nach
genauer Untersuchung der von uns bereits verwendeten
Melde- und Einschätzungsbögen),
(3) ein Fort- und Weiterbildungskonzept zu entwickeln
(4) und ein Falleinschätzungs-Verfahren zur Untersuchung von problematischen Kinderschutzverläufen zu etablieren.
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5. Unsere momentanen Herausforderungen
Momentan haben wir Schwierigkeiten mit den Familien in Kontakt zu kommen, also Klientinnen und Klienten für die Mitarbeit an dem Qualitätsentwicklungsprozess zu gewinnen.
Gleiches lässt sich auch für die anderen Berufsysteme sagen: Kinderärzte, Familienrichter und Lehrer waren bei unserem 1. Treffen noch nicht anwesend.
Aber wir alle sind momentan dabei, andere Wege der Zusammenarbeit zu erfinden und sind sehr zuversichtlich, auch noch diese Teilnehmergruppen für das Projekt zu gewinnen.
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5. Die zu erwartenden Qualitätsentwicklungseffekte
Das Projekt unterstützt die Kinderschutzfachkräfte bei der Entwicklung eines selbstbewussten, demokratischen und ambivalenztoleranten Rollenprofils, um das Negativ-Image von Kinderschutz-Einrichtungen (nicht zuletzt der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe) zu überwinden.
Das Projekt hilft, die programmatischen und methodischen Kompetenzen in der Kinderschutz-Fallarbeit zu stärken.
Das Projekt ermöglicht das Erkennen von strukturellen Schwächen und Problemen in der Kooperation.
Es stärkt das intra- und das interorganisationale Qualitäts-, Fehler- und Risikomanagement.
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5. Die zu erwartenden Qualitätsentwicklungseffekte
Das Projekt fördert also im Kern eine sich selbst reflektierende, achtsame Kinderschutzpraxis, in der die Fachkräfte der unterschiedlichen Professionssysteme gelernt haben:
evaluativ zu denken,
sich selbst und andere kollegial und kritisch in den Blick zu nehmen und
Risiken und Gefährdungen ohne Vorverurteilungen und Ressentiments professionsübergreifend zu untersuchen, d.h. aus Fehlern und zugleich aus Erfolgen zu lernen.
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5. Die zu erwartenden Qualitätsentwicklungseffekte
Hierfür unterstützen wir die Fachkräfte der lokalen Kinderschutzsysteme bei der Nutzung und Weiterentwicklung von praktikablen Evaluations- und Selbstevaluationsverfahren zur nachhaltigen Weiterentwicklung ihrer Kinderschutzpraxis.
Das Projekt ermöglicht den an den Qualitätsentwicklungs-Werkstätten teilnehmenden Fachkräften den Erwerb von Fortbildungspunkten sowie eine zertifizierte Qualifizierung als „Qualitätsmanager/innen im Kinderschutz“.
Unser Motto: Wir schützen Kinder gemeinsam und gern!