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David Lama, 1990 in Innsbruck als Sohn einer Österrei-cherin und eines nepalesischen Bergführers geboren, schau-te aus seiner Wiege und sah die Alpen. Als Dreijähriger warer zum ersten Mal in Nepal. Als Sechsjähriger machte ereinen Kletterkurs bei Himalaya-Legende Peter Habeler, derSpitzenkletterer Reinhold Scherer wurde sein Trainer.

Mit 14 wird Lama Jugendweltmeister, mit 15 jüngster Welt-cupsieger, mit 16 der jüngste Doppeleuropameister in derGeschichte des Klettersports – jetzt erobert er die Gipfel derWelt. Lama lebt in Götzens/Tirol.

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DaviD Lama

HigHgenial unterwegsan Berg und Fels

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Verlagsgruppe Random House fsc-deu-0100Das für dieses Buch verwendetefsc®-zertifizierte Papier Lux Creamliefert Stora Enso, Finnland.

1. AuflageGenehmigte Taschenbuchausgabe Juli 2012btb Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, MünchenCopyright © 2010 beim Albrecht Knaus Verlag in der VerlagsgruppeRandom House GmbH, MünchenTextfassung: Christian SeilerUmschlaggestaltung: © semper smile, MünchenUmschlagmotive: © Rainer Eder / visualimpact.chSatz: Uhl + Massopust, AalenDruck und Einband: CPI – Clausen & Bosse, LeckMI . Herstellung: BBPrinted in GermanyISBN 978-3-442-74410-7

www.btb-verlag.deBitte Besuchen Sie auch unseren LiteraturBlog www.transatlantik.de.

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Mein Name ist David Lama. Meine Freunde nennen michFuzzy. Ich bin 20 Jahre alt. Mein Vater stammt aus Nepal.Meine Mutter kommt aus Tirol. Ich kann klettern. Nichts aufder Welt macht mir mehr Spaß.

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Eins

Es ist Mitternacht, und Daniels Uhr piepst. Sie hängtüber meinem Kopf vom Dach des Zelts. In fünf Minutengeht meine Uhr los, eine Suunto X6. Sie hängt daneben.Besser jetzt aufstehen, als das digitale Gedudel noch ein-mal anhören zu müssen.

Wir haben drei Stunden geschlafen. Was heißt geschla-fen? Nach dem langen Marsch von El Chaltén zum Camphaben wir uns einfach ins Zelt geworfen und sind weg-gedämmert.

Ich krieche aus dem Schlafsack und strecke die Naseaus dem Zelt. Saukalt. Der Wind hat ziemlich viel Schneean die Wände des Zelts gepresst. Im Schnee pissen ge-hen, dann mache ich Wasser heiß. Zum Frühstück gibtes Steinpilztopf »Schwarzwald«. Unser Proviant ist nichtunbedingt Feinschmeckerware, aber er hat einen Vorteil:Er wiegt nicht viel. Die Jungs von Travellunch wissen,was wir brauchen, wenn wir am Berg unterwegs sind:möglichst wenig Gewicht im Rucksack. Eine Tasse Kaf-fee, Daniel trinkt Tee. Noch einmal checken wir die Aus-rüstung durch. Stirnlampen auf die Helme montieren.Um eins geht’s los.

Es sollte jetzt ganz leise sein hier draußen, aber es istlaut. Der Wind pfeift und heult. Der Sound des Win-

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des ist erstaunlich vielfältig, er brummt in Bass- undpfeift in Tinnitus-Tonlage. Der Berg ist die Orgel desWinds, und uns verpasst er seine Ohrfeigen. Scheiß-wetter.

Wir klettern, weil Charly gesagt hat, dass das Wetter gutwird. Wenn Charly sagt, dass das Wetter gut wird, dannwird das Wetter auch gut. Im Moment weiß das Wetterallerdings noch nichts davon.

Charly Gabl sitzt in Innsbruck. Er leitet die ZAMG,die »Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik«.Seine Prognosen sind verlässlich – fast hätte ich gesagt,wasserdicht, aber das passt ja nun gar nicht für das be-schissene Wetter in Patagonien. Gestern haben wir viaSatellitentelefon mit Charly gesprochen. Er sagte: »Schön-wetterfenster im Anzug. Burschen, schaut’s, was geht.«

Also schauen wir, was geht.

Der Cerro Torre ist wunderschön. Vielleicht der schönsteBerg der Welt, und das sage ich, obwohl ich Superlativehasse. Es ist mein Traum, den Cerro Torre, dieses Denk-mal der Senkrechten, frei zu klettern. Der Freikletterstilfordert, dass sich der Alpinist ohne technische Hilfsmittelfortbewegt und Haken nur in den Fels schlägt, um sichzu sichern. Auf der Route, die wir vorhaben, hat das nochkeiner geschafft.

Die Sache ist auch nicht einfach, die alpinistischen He-rausforderungen sind groß. Der Berg ist im Westen voneiner permanenten Eisschicht überzogen. Auch die Ost-wand ist stellenweise vereist. Sobald es zu warm ist, bre-

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chen riesige Eiskaliber ab und donnern in die Tiefe. Dahängst du besser nicht in der Falllinie.

Die Dimensionen der Wände sind anders als alles, wasman aus den Alpen kennt. Höher. Länger. Abgeschiedener.Komplizierter. Vor allem aber ist das Wetter unberechen-bar. In Patagonien, im äußersten Süden Argentiniens, sinddie Verhältnisse permanent schwierig. Wolken, Sturm,Regen, Schnee. Frühjahr, Sommer und Herbst schiebensich auf nur wenige Monate zusammen: Dezember, Ja-nuar, Februar. Nur dann herrschen die Bedingungen, diedu brauchst, um einen Plan wie den unseren zu verwirkli-chen. Der Plan lautet: Die sogenannte Kompressor-Routefrei zu klettern.

Der freie Kletterstil entspringt einer Schule des Alpi-nismus, die mir gut gefällt. Als Sportkletterer bin ich ge-wöhnt, so zu klettern, und mit der Philosophie, den Bergso wenig wie möglich mit künstlichen Hilfsmitteln zu be-helligen, kann ich durchaus etwas anfangen. Aber ich binkein Purist. Ich habe Respekt vor den Meistern des techni-schen Kletterns, und ich will nicht ausschließen, selbst ge-wisse Routen in diesem Stil zu klettern, wenn freies Klet-tern nicht möglich ist. Ich will mir nicht Regeln auferlegenum der Regeln willen.

Keine Regel soll mir verbieten, großartige Erlebnisse zuhaben.

Freies Klettern ist aufwendig. Um die Route am Torremachen zu können, die wir uns vorgenommen haben,müssen wir zuerst einmal auf den Gipfel und uns einenEindruck verschaffen, ob frei klettern überhaupt mög-

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lich ist. Dann die richtige Linie finden und einrichten,das heißt, jene Haken zu setzen, mit denen wir uns beimfreien Klettern absichern werden. Erst dann kann manüberhaupt an die tatsächliche Begehung denken. Viel-leicht kriegen wir die Chance. Vielleicht kriegen wir sieauch nicht. Nützen wollen wir sie auf jeden Fall.

Die Idee, den Cerro Torre frei zu klettern, war in Chilezur Welt gekommen. Ein Jahr zuvor waren wir, eineGruppe von Freunden, auf Expedition in Cochamó gewe-sen – geniales Klettern. Wände ohne Ende, und viele da-von noch unberührt. Jede Menge Abenteuer. Irgendwannsagte der Ötztaler Hansjörg Auer: »Der Cerro Torre, daswär doch was für dich, oder, Fuzzy? Der Berg, der kannschon was.«

Hansjörg hatte den Cerro Torre vor ein paar Jahrenschon einmal über die Kompressorroute gemacht. Ersteckte mich mit seiner Begeisterung sofort an. Ich selbstkannte den Cerro Torre nur von Fotos, hatte ein paar Ge-schichten gehört und den einen oder anderen Clip aufYouTube gesehen. Aber der Gedanke wuchs. Er keimte.Ich konnte das Abenteuer riechen, wenn ich nur die Au-gen zumachte.

Als ich zurück in Österreich war, fragte ich Daniel beieiner Skitour: »Bist dabei?«

Daniel Steuerer, ein alter Kumpel aus Innsbruck, hattewie üblich kein Geld, aber dafür hatte er Zeit, und ermeinte: »Klar bin ich dabei, wenn du mir ein Flugticketbesorgst.«

Wir kauften uns Bücher über den Torre. Daniel las je-

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des einzelne, er fraß sie geradezu in sich hinein. Ich gingdie Sache langsamer an. Ich las Kapitel für Kapitel, wolltenicht zu schnell fertig sein. Und ich war froh, dass Danielso abfuhr auf das Projekt: Er war der einzige meiner Kol-legen, mit dem ich mir vorstellen konnte, mehrere Mo-nate auf engstem Raum zu verbringen. Es waren schließ-lich nicht nur die alpinistischen Herausforderungen, diewir teilen mussten, es geht auch darum, eine gute Zeit zuhaben.

Daniel ist 22, blond, und die Haare hängen ihm im-mer in die Augen. Er ist zu faul, sich zu rasieren, deshalbwächst ihm am Kinn ein braunblonder Wuschel. So wieer aussieht, käme niemand auf die Idee, dass er Alpinistist, aber Daniel hat jede Menge Energie. Sobald er gewisseDinge angefangen hat, treibt ihn sein Ehrgeiz dazu, sieauch fertig zu machen. Darin sind wir uns sehr ähnlich.Er ist ein Beißer, und das ist gut: Wenn er mit mir unter-wegs ist, muss er nämlich immer beißen – die Zähne zu-sammenbeißen!

Daniel war viele Jahre mein Trainingspartner in derHalle gewesen, als wir gemeinsam an Jugendwettkämpfenteilnahmen. Er war einer meiner stärksten Konkurrenten,bis ihn eine Verletzung am Ellbogen dazu zwang, mit demSpitzensport aufzuhören. Die Liebe zum Klettern verlorDaniel freilich nie. Er war es, der mich für das Alpine be-geisterte. Wir machten Touren in den Alpen, wir reistengemeinsam ins Yosemite Valley und hatten viel Spaß. Undwährend ich auf Wettkämpfen unterwegs war, lag Danielin der Hängematte und las Siddharta.

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Nachts um eins steigen wir in die Tour ein. Die erste Seil-länge: ein schöner, gerader Riss. Was normalerweise einSpaziergang ist, schmeckt mir heute nicht besonders. Inden Rissen klebt Schnee. Der Fels ist vereist. Die Bedin-gungen sind alles andere als gut.

Wir wollen in der Nacht so weit hinauf, wie es nurirgendwie geht. Bei unseren ersten zwei Versuchen hatuns der Eisschlag gezwungen umzudrehen, aber diesesMal wollen wir dieser Gefahr einen Schritt voraus sein.Wenn das Wetterfenster kommt, müssen wir in der Pole-position sein. Das Risiko, bei diesen Verhältnissen zuklettern, wird bereits am späten Vormittag unvertretbarhoch. Der Fels erwärmt sich durch die starke Sonnenein-strahlung extrem schnell, das Eis am Fels beginnt abzu-schmelzen. Immer größere Eisbrocken lösen sich, und dasist dann echt ungemütlich.

Ich steige voraus. Daniel ist zwar ein guter Kletterer,aber in diesem Gelände bewege ich mich sicherer – undvor allem schneller. Das ist wichtig, denn wir haben keineZeit zu verschenken. Aber bei diesen Bedingungen fühleauch ich mich nicht richtig wohl. Der Wind. Der Wind istso stark, dass an freies Klettern nicht zu denken ist.

Wir sagen nichts außer den nötigen Seilkommandos:»Stand« – »Seil aus« – »Kannst kommen«. Wenn ich beimStand ankomme und Daniel nachsichere, sehe ich inder blauen Dunkelheit nur ein Licht, das schnell näher-kommt. Es hat keinen Sinn, mehr zu sagen. Der Windschluckt jedes Wort und trägt es fort.

Es ist mitten in der Nacht. Es ist stockdunkel, saukalt,

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und es stürmt, dass jeder Reihenhausbesitzer Angst umsein Dach kriegen würde. Aber wir sind guter Laune.Wenn alles klappt, klettern wir jetzt bis zur Bolt-Traverse,und dann kommt das Wetterfenster, Charly steht dafürgerade.

In der dritten Länge folge ich einem Riss im Granit.Der Riss ist ein Hund. Ich kann lange keine Sicherunglegen, aber ich denke nicht darüber nach. Wir haben zwarnicht sonderlich viel geschlafen, aber ich fühle mich rechtgut. Wir geben Gas. Wir müssen früh bei der Bolt-Tra-verse sein. Dort beginnt das erleuchtende Klettern, aberauch die richtige Gefahr. Denn wenn Charlys gutes Wet-ter kommt, beginnt zwangsläufig auch der Eisschlag.

Der Cerro Torre ist ein alpinistischer Mythos. Als einefranzösische Seilschaft 1952 die Erstbesteigung des FitzRoy schaffte, berichtete sie, dass der in Sichtweite aufra-gende Cerro Torre »ein unmöglicher Berg« sei. Die Italie-ner Walter Bonatti und Carlo Mauri bezweifelten das underreichten 1958 über die Westwand des Torre eine beacht-liche Höhe. Sie schafften es aber nicht in die eigentlicheGipfelregion – den Turm aus Eis.

Im Jahr darauf, 1959, starteten der Italiener CesareMaestri und der Osttiroler Toni Egger jenen Versuch,über den die Kletterwelt bis heute diskutiert. Maestri undEgger stiegen über Ost- und Nordwand auf und schaff-ten es angeblich bis zum Gipfel. Beweise dafür gibt es kei-ne. Egger, in dessen Rucksack sich der Fotoapparat mitdem Gipfelfoto befunden haben soll, wurde beim Abstieg

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von einer Eislawine erfasst und in die Tiefe gerissen – mitihm verschwand auch der Beweis für die Erstbesteigung.Maestri behauptete konsequent, oben gewesen zu sein,aber die Zweifel wuchsen, und 1970 waren sie so laut ge-worden, dass Maestri keinen anderen Ausweg mehr sah,als die Besteigung zu wiederholen – er kündigte an, denTorre auf einem neuen Weg bezwingen zu wollen.

Diesmal unternahm Maestri den Aufstieg über dieSüdostkante, aber das Wetter war so katastrophal, dasser abbrechen musste. Wenige Monate später kehrte erzurück. Mit einem massiven Kompressor und etwa 300Bohrhaken arbeitete er sich Meter für Meter hinauf.Diesmal erreichte er mit zwei Kollegen das Ende derFelswand unterhalb des Gipfels, verzichtete aber darauf,den »Gipfelschneepilz«, wie er ihn nannte, zu bestei-gen – der werde ohnehin, so Maestri, »eines Tages weg-geblasen«.

Maestri feierte den Gipfelsieg und verließ Patagonien.Sein Kompressor blieb in der Wand, er hängt bis heuteeine Seillänge unter dem Eispilz. Aber die Diskussio-nen, ob der Cerro Torre als bestiegen gelten durfte, wa-ren damit nicht zu Ende. Sicher ist, dass Maestris Routeals »Kompressorroute« ins alpinistische Vokabular einge-gangen ist.

Als unzweifelhafte Erstbesteigung wird unterdessendie erstaunliche Geschichte der Seilschaft von CasimiroFerrari geführt, die 1974 drei Wochen in einem Zelt hochoben in der Wand auf besseres Wetter warten musste underst kurz bevor die Essensreserven knapp wurden, den

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Gipfel doch noch schaffte – inklusive Beweisfoto. Seitherist es nur handverlesenen Bergsteigern gelungen, neueRouten auf den Gipfel des Cerro Torre zu machen. Waswir vorhaben, hat jedoch noch keiner geschafft: die Kom-pressorroute von Maestri frei zu klettern.

Mitte November kamen wir in Patagonien an. Als wir denFlughafen hinter uns gelassen hatten, war da nichts alsGras und eine erstaunliche, verwirrende Weite. Kein Berg.Wo sollten wir hier klettern? Die einzige Straße führte inder einen Richtung nach El Calafate, in der anderen nachEl Chaltén. El Chaltén war unser Ziel. Wir stiegen in denBus, der auf uns gewartet hatte.

Entlang der Straße standen Zäune, damit die Guana-kos nicht auf die Straße laufen. Diese südamerikanischenKamele sind nicht besonders schlau. Sie versuchen überdie Zäune zu hüpfen, bleiben hängen und verenden. Dasbemerkst du schon von Weitem: Wo die Kondore tiefkreisen, hängen Guanakos im Zaun.

In El Chaltén leben vielleicht tausend Menschen.Vor ein paar Jahren waren es angeblich nicht mehr alshundert. Inzwischen hat der Tourismus angezogen, eskommen Trekking-Freunde und Bergwanderer, und fürdie ist El Chaltén der letzte Vorposten der Zivilisation.Hier können sie wohnen, essen, schlafen und Bier trin-ken.

Wir mieteten uns in einem kleinen Zimmer ein, beiEduardo. Daniel konnte vom Bett aus den Himmel sehen.Ich sah von meinem Bett aus Daniel und seine Ausrüs-

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tung, die über dem Bett an der Wand hing. Das Zimmer,gemütlich. Im Haus nebenan ein zehn Quadratmeter gro-ßer Megastore, der täglich bis zwei Uhr früh offen hatte.

Keine Ahnung, wie die Geschäfte überleben. Ich habenie Kunden gesehen, nur Mitarbeiter. Der einzige Laden,der gut geht, ist die Cervecería. Ein paar Holztische un-ter einem offenen Dachstuhl und ein sehr leichtes Bier,das sie selbst brauen. Aber das tranken wir so gut wienie. Wir tranken die argentinische Nationalmarke »Quil-mes«. Nicht so wässrig. In der Cevercería lernte ich üb-rigens Spanisch: »Una cerveza, por favor«. Und: »Unamas«.

Sie spielten genialen Salsa in der Cervecería, so dasssich jede Tageszeit wie später Nachmittag anfühlte. Daspasste zu El Chaltén. Wenn das Wetter schlecht war – unddas Wetter war oft schlecht –, saßen wir meistens an denHolztischen, tranken Bier und unterhielten uns mit denMädels, die in der Cervecería arbeiteten. Eine von ihnenhieß Andrea. Sie war so groß wie ich und hatte bestimmt80 Kilo. Aber ihr Lächeln. Und wenn sie loslachte. Da war,was mich in El Chaltén vom ersten Moment an begeis-terte: die spontane Lebensfreude! Die Menschen hattenSpaß an dem, was sie taten, sie stellten keine Fragen undsie dachten nicht an morgen. Was dir in den Sinn kommt,machst du. Aber vielleicht machst du morgen auch wie-der das Gegenteil, weil du nämlich Lust darauf hast. Nie-mand fragte uns, warum wir plötzlich hier waren und inder Cervecería herumhingen. Niemand fragte uns, wo wirgestern gewesen waren und morgen hingehen würden.

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Das gefiel mir. Die Typen taten nicht so, als ob sie coolwären. Sie waren cool.

Gleich nach der Ankunft war das Wetter genial, und unssaß der Tatendrang im Genick. El Chaltén ist vom Torreetwa 30 Kilometer weit entfernt, das ist zu weit, um beiSchönwetter aus dem Bett zu hüpfen und klettern zu ge-hen.

Noch am ersten Tag marschierten wir in den National-park zum Bridwell Camp und trugen das Kletterzeug hi-nein. Das Bridwell Camp ist das erste Lager auf dem Wegvon El Chaltén zum Torre, es liegt auf der Höhe der letz-ten Bäume und wird heutzutage nur mehr selten benutzt.

Die Alpinisten, die den Cerro Torre besteigen wollten,bauten ihre Lager am Anfang noch möglichst nahe beimBerg. Aber dort hielten sie es nicht lange aus. Der Windist so stark, dass du nichts mehr hörst, nichts mehr spürst,nichts mehr denken kannst. Auf dem Gletscher warendie Böen so wuchtig, dass es mich dreimal umschmiss. Jenäher am Berg, desto stärker der Wind. Klettern kannstdu angeblich bis Windstärke 9, das sind rund 80 Stunden-kilometer. Auf dem Torre bläst es nicht selten mit Wind-stärke 20. Das Bridwell Camp liegt im Windschatten derBäume. Der Mann – Jim Bridwell, eine amerikanischeBig-Wall-Legende – wusste, warum.

Über den Fluss, der den Nationalpark durchquert, ha-ben ein paar Tiroler einen Seilübergang gebaut, er heißtlogischerweise »Tirolese«. Die Strecke bis hierher istsauschön, sie zieht auch eine Menge Touristen an. Auf

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dem Gletscher sahen wir dann noch vereinzelte Ice-Trek-ker. Die zahlen 100 Euro für eine halbe Stunde, in der siemit den Steigeisen auf dem Gletscher herumstapfen. Wirhatten ein paar witzige Begegnungen, als wir in Turnschu-hen im Eilzugtempo über den Gletscher rasten, so dassdie Ice-Trekker ihren Mund vor Staunen nicht mehr zu-kriegten.

Am Anfang gab uns der Ehrgeiz die Sporen. Weiter,Burschen, weiter. Wir kehrten vom Bridwell Camp nachEl Chaltén zurück, übernachteten, und machten uns tagsdarauf sofort wieder auf die Socken, diesmal weit auf denGletscher hinauf, gewaltige Eiswelt, tiefe Spalten, unfass-bares Panorama. Hier trennen sich die Wege derer, die aufden Cerro Torre wollen, von denjenigen, die den Fitz Royanvisieren. Norweger, die auf den Torre wollten, hattenetwas weiter oben ein Camp eröffnet, das seither »Nor-wegercamp« heißt. Eine polnische Seilschaft, die den FitzRoy im Visier hatte, schlug eines auf dem Weg nach Os-ten auf, seither das »Polencamp«. Unser Stützpunkt lagweiter talauswärts und hieß »Nipo Nino«, weder Polennoch Norwegen. Manche nennen den Platz, der ein biss-chen windgeschützt zwischen riesigen Granitblöckenliegt, auch »Sandy Beach«, weil sich zwischen den Blö-cken richtige Sandbänke aus Granitabrieb gebildet haben.In diesem Sand schaufelten wir ebene Flächen, auf denenwir unser Zelt aufstellten.

Als wir abends in El Chaltén ins Bett kippten, warenwir gerädert und fertig. Schon die drei Stunden zum Brid-well Camp waren anstrengend gewesen, weil wir wirklich

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schweineviel Gepäck zu schleppen gehabt hatten, jedergrob geschätzt 25 bis 30 Kilo, und zum Nipo Nino dauertees bei dröhnendem Wind insgesamt etwa sieben Stunden.Daniel brach zweimal in eine kleine Spalte ein, so dass erbis zum Knie im Wasser stand. Das machte den Marschauch nicht komfortabler.

An den ersten Abenden kontrollierte ich vor dem Ein-schlafen immer noch mein iPhone. Ich rief den Kalen-der auf und schaute, was für morgen auf dem Programmstand – als würde dort überraschend ein Treffen mit mei-nem Manager Peter stehen oder eine Trainingseinheit inder Kletterhalle Tivoli. Mein europäisches Pflichtbewusst-sein ließ sich nicht so einfach abstellen. Oder, besser ge-sagt, es brauchte Zeit, bis es sich ganz gemächlich selbstabschaltete. In Argentinien braucht alles seine Zeit.

Wir lernten zu warten. Warten, warten, warten. Warten,dass das Wetter besser wird, warten, dass der Wind nichtmehr so stark bläst, warten, dass Charly von der Wetter-warte einmal etwas anderes meldet als »keine Chance,Burschen«.

Wir lernten die Gegend besser kennen. Wir wandertenin Richtung Cerro Torre, weil wir wandern wollten, undnicht, um einen weiteren Kletterversuch zu starten. Wirentdeckten beim Aufstieg zum Bridwell Camp den altenWeg, der nach einem Waldbrand gesperrt war, und folgtenihm durch ein Labyrinth weißer Stämme mit schwarzenSchmauchspuren, die elegant und unwirklich aussahen.Wir kamen durch Senken, in denen weißer Granitsand

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lag wie in japanischen Gärten, und wir ließen uns manch-mal durch die Schönheiten des Waldes treiben, wie mansie in den Alpen nie und nimmer zu Gesicht bekommt.

Nach dem ersten Aufstieg von El Chaltén zum BridwellCamp, der noch drei Stunden gedauert hatte, meistertenwir die Strecke beim dritten Versuch mit dem 15-Kilo-Rucksack schon in einer Stunde vierzig, und weil die Stre-cke irgendwann fad zu werden drohte, absolvierte ich sienur noch mit strenger Zeitkontrolle: Mein Rekord mitdem Fünf-Kilo-Rucksack belief sich ein paar Wochen spä-ter auf eine Stunde nullzwei, aber dafür musste ich tat-sächlich rennen wie ein Marathonläufer.

Richtig anstrengend wird der Weg erst nach dem NipoNino. Der Weg zur »Schulter«, dem Ausgangspunkt fürsKlettern, dauert sechs Stunden. Zuerst eineinhalb Stun-den durch echt beschissenes Gelände. Eine Geröllhalde,wo du einen Schritt vorwärts gehst und einen halbenSchritt zurückrutschst. Ziemlich steil. Am Ende der Haldekommst du zum Norweger-Biwak. Von hier ist es nichtmehr weit bis »Media Luna«. Media Luna ist ein schö-ner Name für ein imposantes Schneefeld, das sich wie einHalbmond um die gleichnamige Felswand krümmt. Es istetwa 50 Grad steil und 400 Meter lang. Media Luna istgewaltig. Man fühlt sich sehr klein hier.

Du musst sehr zeitig losgehen, damit der Schnee vonMedia Luna noch hart ist. Sonst sinkst du bis zu denKnien ein, und wenn es davor frisch geschneit hat, nochtiefer. Das Gehen wird dann ziemlich anstrengend.

Hinter Media Luna geht es über den Gletscher unter die

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Ostwand des Torre. Ein Schneefeld, vielleicht 120 Meterlang, 50 Grad steil, ein kurzes kombiniertes Stück, einweiteres Schneefeld, dann stehst du auf der Schulter. Wirdeponierten ein kleines Zelt und Ausrüstung im Berg-schrund an der Basis der Granitwand, die hier senk-recht in den Himmel wächst. An dieser Stelle beginnt dieeigentliche Kletterei.

Während der ersten drei Wochen war an etwa sieben ein-zelnen Tagen geniales Wetter. Wir stiegen dreimal ein, umden Berg kennenzulernen und alles für den großen Tagvorzubereiten. Wir hatten einen Fotografen und mehrereKameraleute im Team, weil Red Bull (mein Sponsor) dieExpedition aufwendig dokumentieren wollte. Die Berg-führer des Kamerateams, Markus Pucher aus Kärntenund Peter Ortner aus Lienz, mussten Fixseile spannen,damit die Filmleute bis zur Bolt-Traverse mit aufsteigenkonnten.

Beim ersten Versuch blieben wir drei Tage auf derSchulter und kletterten zweimal. Ein hoher Himmel, dasses dir das Herz zusammendrückt, und der Berg, der sogigantisch ist, so viel größer, als du dir einen Berg bishervorgestellt hast. In den Alpen wäre allein die Tour vomNipo Nino bis zur Schulter eine eigene Tour. Hier beginntdie Tour erst, wo sie in den Alpen längst zu Ende wäre.

Das Wetter war herrlich, als ich einstieg, Sonne, blauerHimmel, aber dann begann es plötzlich zu pfeifen und zudonnern. Aus den »Iced Towers«, die auf den Cerro Torrehinaufwachsen, brachen riesige Trümmer ab und zischten

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senkrecht hinunter. Ich dachte, das muss sich Clint East-wood ausgedacht haben. Granaten aus Schnee. Bombenaus Eis.

Ich glaube, wir hätten an diesem Tag den Gipfel schaf-fen können. Aber genauso gut hätte uns an diesem Tagdas Eis erwischen können. Wir waren relativ spät dran,weil wir auf die Kameraleute hatten warten müssen, undich bin fast sicher, dass wir’s versucht hätten, wenn wirfrüher in der Wand gewesen wären. Jetzt bin ich froh,dass wir es gelassen haben. Das Risiko, dass es nicht gutausgeht, wäre zu groß gewesen.

Als wir nach dem zweiten Mal Klettern zurück nach ElChaltén marschierten, hatte es Pipa, einer der argentini-schen Helfer, die sich um die Kameraleute kümmerten,ganz furchtbar eilig. Er musste einen Funkspruch an dieAgentur absetzen, die um sieben zusperrt, und der letztePunkt, von dem aus man El Chaltén per Funk erreichenkann, ist der Mirador Torre, der vom Dorf drei Kilometerentfernt ist. Wir kamen von der Schulter des Cerro undwaren schon ziemlich fertig, aber Pipa schlug ein geschei-tes Tempo an, und da ich nicht wusste, dass er noch sei-nen Funkspruch absetzen muss, dachte ich, er will unszeigen, wie gut er angasen kann. Und wenn einer angast,muss er damit rechnen, dass ich auch angase. Wir also imLaufschritt in die Ebene hinaus, von dort ist es noch ein-mal ein kurzer Aufstieg zum Mirador Torre, wir warenwirklich platt, als wir dort ankamen, übrigens kurz vorsieben. Pipa funkte, ich begriff und machte Pause.

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Als die anderen nachkamen, feixte Daniel. »Hast dir’swieder besorgen müssen mit dem Pipa. Das schaffen wiraber auch …«

Weg war er. Ich hörte nur noch, wie Daniel rief: »Schaumal, ob du mir nachkommst.«

Ich natürlich möglichst schnell hinterher, überholteihn, Vollgas weiter. Es war nicht besonders steil, aber dochsteil genug, und was wir uns lieferten, war nichts anderesals ein Sprint bergab. Ich sprang über eine Wurzel, dahin-ter ein Absatz, ein Baum, der an einer Felskante klebte, esging ein Stück hinunter, und ich knöchelte mit dem rech-ten Fuß um, und weil ich gedacht hatte, ich würde mitdem rechten Fuß den Sprung nur abfangen und mit demlinken sofort weiterfedern, fuhr mein ganzes Gewicht inden umgeknickten Knöchel und zack – waren die Seiten-bänder ab.

20 Sekunden später war Daniel da und hörte mich flu-chen, und noch lauter hörte er mich fluchen, als ich ver-suchte zu gehen. Als ich sagte, »wird schon wieder, das tutnur am Anfang so weh«, tröstete ich mehr mich als ihn.

Ich humpelte den Rest der Strecke also mehr, als ichging, war aber trotzdem nicht langsam, so weit geht dasLeiden nicht. Als ich ankam, war der Fuß schon ge-schwollen wie ein Luftballon, doch weil ich keinen Blut-erguss sah, dachte ich, die Bänder wären nur überdehnt.Zu Hause bei Eduardo lagerte ich den Fuß hoch undschmierte ihn mit Voltaren ein.

Am nächsten Tag ging gar nichts mehr – außer mit zweiTeleskopstöcken bewaffnet in die Cervecería zu humpeln.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

David Lama

HighGenial unterwegs an Berg und Fels

Taschenbuch, Broschur, 224 Seiten, 11,8 x 18,7 cmISBN: 978-3-442-74410-7

btb

Erscheinungstermin: Juni 2012

»Mein Name ist David Lama. Ich bin 20 Jahre alt. Mein Vater stammt aus Nepal. Meine Mutterkommt aus Tirol. Ich kann klettern.« Und es gibt nicht viele, die das besser können als er. DieGeschichte des Meisterkletterers David Lama ist die Geschichte eines Jungen, der schon frühherausgefunden hat, wofür er lebt: Felsen, Berge, Abenteuer. Beim Klettern muss David niedarüber nachdenken, was zu tun ist. Alles passiert intuitiv – wie atmen. Kirgisistan, Patagonien,im Himalaya, David zieht es überall dort hin, wo es das gibt, was er sucht: geniale Felsen undmaximale Freiheit.