Aus Intention und Zufall entstehen Jazz-Geschichten · bilder wie Lennie Tristano, Lee Ko-nitz oder...

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Die Truppe hat etwas zu erzählen und dabei wird das Publikum mitge- nommen auf eine abwechslungsrei- che Reise zu polyphonen Jazz-Schau- plätzen. Dort werden sprichwörtlich immer wieder Anker geworfen, doch nicht etwa, um angekommen zu sein, sondern um von diesen Fixpunkten aus in die Gefilde der Improvisation abzuschweifen. «Talmor Irniger Counterpoints» – der Name ist Pro- gramm – bedient sich am Phänomen der musikalischen Kontrapunkte. Das ist eine Kompositionstechnik, die ihre Wurzeln im Barock hat und Konso- nanzen und Dissonanzen miteinan- der vereint. «Melodien und Stücke werden zweistimmig komponiert. Im Zusammenspiel der beiden Saxopho- ne von Ohad Talmor und mir entsteht eine Spannung, da wir zugleich im- provisieren. Intention und Zufall sind auf diese Weise eng miteinander ver- woben», sagt Christoph Irniger und ergänzt: «Da wir beide dieselben Vor- bilder wie Lennie Tristano, Lee Ko- nitz oder Warne Marsh haben, die uns stark prägen und geprägt haben, ergänzen wir uns intuitiv.» Und dabei ist es nicht leicht, die beiden Tenoris- ten stilistisch so differenziert zu cha- rakterisieren, dass sie weder un- kenntlich werden, noch sich in die Quere kommen. Beide hegen eine grosse Affinität zu New York und sind beeinflusst von der Jazz-Stilistik, die von dieser Stadt ausgeht. Dabei neigt Talmor dazu, die Töne mehr zu bie- gen, was bluesartig wirkt, wohinge- gen Irniger gerade und auf den Punkt spielt. Die beiden hatten sich erst- mals beim «Lucerne Jazz Orchestra» 2011 getroffen und spielten seitdem immer wieder auf beiden Seiten des Ozeans miteinander. Irniger erklärt: «Mich verknüpft die Zusammenarbeit auch ein Stück weit mit New York und Ohad zugleich mit der Schweiz, wo wir aufgewach- sen sind. Musikalisch und menschlich profitieren Ohad und ich ungemein voneinander. In der Art und Weise, wie wir Dinge anpacken, sind wir uns sehr ähnlich und ergänzen uns.» Christoph Irniger studierte an der Jazzschule Zürich Musikpädagogik und an der Musikhochschule Luzern Performance bei Christoph Grab und Nat Su. In den folgenden Jahren hielt er sich regelmässig in Berlin und New York auf. Er war Gewinner des Förderpreises 2004 der «Friedel Wald Stiftung», erhielt die «borsa di studio» für «Sienajazz 06» und ist Gründer der Bands «Christoph Irni- ger Trio», «Pilgrim», «NoReduce» und den «Cowboys from Hell». Mit Letzteren belegte er 2010 den dritten Platz beim «ZKB Jazzpreis». Ohad Talmor genoss das Studium der Musikwissenschaften in Genf so- wie ein Kompositionsstudium an der «Manhattan School of Music» in New York. In der Folge blieb er im Big Apple und arbeitete dort mit Steve Swallow, Joe Lovano, Joshua Red- man, Kurt Rosenwinkel, Matt Wilson und Bob Bowen zusammen. Komplett wird die Crew mit dem perkussiven Bassisten Bänz Oester und dem umtriebig swingenden Drummer Dominic Egli. Sie sind gleichsam ein eingespieltes Team und untermalen die jazzigen Reisen der «Talmor Irniger Counterpoints». Initiator und Mitbegründer Als Initiator und Mitbegründer von «Jazz im Seefeld» wird der kommen- de Mittwoch für Christoph Irniger Highlight und Heimspiel zugleich: «Es ist natürlich schon speziell und ein schöner Lohn für diese ehrenamt- liche Tätigkeit. Ich «gönne» mir das ja mittlerweile ein Mal pro Saison auch aus diesem Grunde und freue mich immer darauf.» Aus Intention und Zufall entstehen Jazz-Geschichten Christoph Irniger wirft mit seiner Band «Talmor Irniger Counterpoints» den Jazz- anker in seinem Heimat- hafen dem Seefeld. Nicole Seipp-Isele Mittwoch, 21. Februar, 19.30 Uhr, Talmor Irniger Counterpoints, Ohad Talmor, ts; Christoph Irniger, ts; Bänz Oester, b; Do- minic Egli, dr; Grill ab 18.30, Essen ist selbst mitzubringen, Getränkeverkauf an der Bar, Eintritt 5 Franken & Kollekte. GZ Riesbach, Seefeldstr. 93, 8008 Zürich, Mehr Infos www.jazzimseefeld.ch. Zudem Konzert am Do, 22.02.,Bird’s Eye, Basel. Musikalische Kontrapunkte präsentieren «Talmor Irniger Counterpoints» am Mittwoch im GZ Seefeld. Foto: zvg.

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L E T Z T E S E I T E1 2 Züriberg Nr. 7 15. Februar 2018

Jedes Jahr finden an der ETH überdas Jahr verteilt öffentliche Führun-gen statt. Ursprünglich waren diesedazu gedacht, das Archiv der Öffent-lichkeit näher zu bringen. Inzwi-schen ist das Programm ausgebautund auf eine Führung pro Wochedurch Sammlungen, Archive undauch Institute gewachsen. «Wir fra-gen die verschiedenen Departementedazu direkt an. Mit den Führungensoll die Forschungsarbeit der ETHder breiten Öffentlichkeit zugänglichgemacht werden. Wir gewähren so-zusagen einen Blick hinter die Kulis-sen. Natürlich wird immer im Vor-feld abgeklärt, welche Departementesich für Führungen eignen», meintNina Kollegger, Projektleiterin desBesucher- und Informationsmanage-ments.

Viel zu erforschenAuch dieses Jahr gibt es einiges zuentdecken. So haben interessierteBesucher beispielsweise am 27. Fe-bruar Gelegenheit, Bilder in einemvirtuellen Globus zu verorten. Diesgelingt durch die neu lancierte Platt-form «smapshot». Die Plattform er-möglicht es, alte Bilder zu georefe-renzieren, soll heissen; passend inder Landschaft eines Online-3-D-Glo-bus zu verorten. So entsteht mit derZeit ein virtueller Globus der Vergan-genheit.

Am 29. Mai gehen die Besuchermit focusTerra, dem erdkundlichenerdwissenschaftlichen Forschungs-und Informationszentrum der ETH,

auf Entdeckungsreise in unser Son-nensystem. In unterhaltsamen Co-mics gewinnen sie Einblick in die ak-tuelle Weltraumforschung an derETH und Universität Zürich. Sie er-fahren, wie und warum die For-schenden im All unterwegs sind, wiees ihnen gelingt, in die Frühzeit un-seres Sonnensystems hineinzusehenund Signalen vom Anbeginn der Zeitzu lauschen. Der Fokus wird auf die«NASA Mission InSight» gelegt, beider der Mars mit der Hilfe eines sta-tionären Landers untersucht wird.

Das Departement Physik bietetebenfalls Führungen. Die Besuchererfahren am 13. Februar und 3. Juli,wie mit Ionenstahlen das Alter vonbeispielsweise Gemälden bestimmtwerden kann. Mit dem Strahl wer-den erst kleinste Pigment-Proben ab-getragen und dann analysiert. Sokönnen Wissenschaftler beurteilen,

ob die Mona Lisa im Louvre tatsäch-lich aus dem 16. Jahrhundertstammt oder ob eine jüngere «Dop-pelgängerin» ihren Platz eingenom-men hat.

Die Arbeit der ETH mit Hochge-schwindigkeitslasern wird am 19.Juni während der Führung «Blitz-schnelle Spitzenforschung» erläutert.Aufgezeigt wird, wie die Forschungdabei hilft, alternative Energiequel-len zu ergründen oder komplexe Me-dikamente zu entwickeln. Die Füh-rungen durch die räumlich engenPhysik-Labore werden allerdings nurfür kleine Gruppen angeboten.

Für jeden etwas dabeiAuch Architektur-Interessierte kom-men nicht zu kurz. Zweimal findenin diesem Jahr noch Führungendurch das, einst von Semper kreierteHauptgebäude statt. Am 22. Mai

wird über die langfristige baulicheEntwicklung des ETH-Areals aufdem Hönggerberg Aufschluss gege-ben. Die Besichtigung eines experi-mentellen Grossraumlabors ist die-ses Jahr an drei Daten möglich. Andiesen wird erklärt, woran die ETHim Bereich des Bauingenieurwesensgerade experimentiert. Ausserdemwerden im Arch_Tec_Lab am 24. Ap-ril und 16. August robotische Fabri-kationen in der Architektur vorge-stellt.

Nicht nur die Architektur wirdanalysiert, sondern auch das Lebenrund um den Campus. So gibt es ver-schiedene Führungen, die den Besu-chern die Campus-Atmosphärenachempfinden lassen – und eine an-dere, die am 2. Oktober die «wilden68er und die ETH» zum Themamacht.

Literarische Streifzüge werden

ebenfalls geboten. Eine Führungdurch das Max-Frisch-Archiv zur ak-tuellen Ausstellung «60 Jahre ‹HomoFaber›», ist geplant. Hier erfährt derBesucher alles zur Entstehung undWirkung dieses Klassikers. Das Tho-mas-Mann-Archiv lädt auch ein. Dortwird erklärt, wie die Privatsamm-lung zur Forschungsdatenbank wird.

Ein weiteres wertvolles Gut derETH sind die OriginaldokumenteEinsteins, die im Hochschularchiv zufinden sind. Besonders vielseitig seidie Einstein-Sammlung des Ein-stein-Biografen Carl Seelig.

Diese und noch viele weitere The-men gibt es an der ETH zu ergrün-den. Auch für ein englischsprachigesPublikum werden viele Führungenangeboten.

Die ETH lässt hinter ihre Kulissen blickenWie erstellt man einenvirtuellen Globus der Ver-gangenheit? Was hat eineNasa-Mission mit Comicszu tun? Ist die Mona Lisaim Louvre echt? Und:Wer kennt die Antwortenauf diese Fragen?

Sibylle Ledergerber

Jeden Dienstag, 18.15 bis 19.15 Uhr. EinÜbersichtsplan über alle Führungen istunter www.fuehrungen.ethz.ch zu finden.

Die Doktorandin Nadja Hartmann erklärt jungen Gästen das Labor im Departement Physik der ETH Zürich. Foto: ETH Zürich/DPHYS/Heidi Hostettler

Die Truppe hat etwas zu erzählenund dabei wird das Publikum mitge-nommen auf eine abwechslungsrei-che Reise zu polyphonen Jazz-Schau-plätzen. Dort werden sprichwörtlichimmer wieder Anker geworfen, dochnicht etwa, um angekommen zu sein,sondern um von diesen Fixpunktenaus in die Gefilde der Improvisationabzuschweifen. «Talmor IrnigerCounterpoints» – der Name ist Pro-gramm – bedient sich am Phänomender musikalischen Kontrapunkte. Dasist eine Kompositionstechnik, die ihreWurzeln im Barock hat und Konso-nanzen und Dissonanzen miteinan-der vereint. «Melodien und Stückewerden zweistimmig komponiert. ImZusammenspiel der beiden Saxopho-ne von Ohad Talmor und mir entstehteine Spannung, da wir zugleich im-provisieren. Intention und Zufall sindauf diese Weise eng miteinander ver-woben», sagt Christoph Irniger undergänzt: «Da wir beide dieselben Vor-bilder wie Lennie Tristano, Lee Ko-nitz oder Warne Marsh haben, dieuns stark prägen und geprägt haben,ergänzen wir uns intuitiv.» Und dabei

ist es nicht leicht, die beiden Tenoris-ten stilistisch so differenziert zu cha-rakterisieren, dass sie weder un-kenntlich werden, noch sich in dieQuere kommen. Beide hegen einegrosse Affinität zu New York und sindbeeinflusst von der Jazz-Stilistik, dievon dieser Stadt ausgeht. Dabei neigtTalmor dazu, die Töne mehr zu bie-gen, was bluesartig wirkt, wohinge-gen Irniger gerade und auf den Punktspielt. Die beiden hatten sich erst-mals beim «Lucerne Jazz Orchestra»2011 getroffen und spielten seitdemimmer wieder auf beiden Seiten desOzeans miteinander.

Irniger erklärt: «Mich verknüpftdie Zusammenarbeit auch ein Stückweit mit New York und Ohad zugleichmit der Schweiz, wo wir aufgewach-sen sind. Musikalisch und menschlichprofitieren Ohad und ich ungemeinvoneinander. In der Art und Weise,wie wir Dinge anpacken, sind wiruns sehr ähnlich und ergänzen uns.»

Christoph Irniger studierte an derJazzschule Zürich Musikpädagogikund an der Musikhochschule LuzernPerformance bei Christoph Grab undNat Su. In den folgenden Jahren hielter sich regelmässig in Berlin undNew York auf. Er war Gewinner desFörderpreises 2004 der «FriedelWald Stiftung», erhielt die «borsa distudio» für «Sienajazz 06» und istGründer der Bands «Christoph Irni-ger Trio», «Pilgrim», «NoReduce»und den «Cowboys from Hell». Mit

Letzteren belegte er 2010 den drittenPlatz beim «ZKB Jazzpreis».

Ohad Talmor genoss das Studiumder Musikwissenschaften in Genf so-wie ein Kompositionsstudium an der«Manhattan School of Music» in NewYork. In der Folge blieb er im BigApple und arbeitete dort mit SteveSwallow, Joe Lovano, Joshua Red-man, Kurt Rosenwinkel, Matt Wilsonund Bob Bowen zusammen.

Komplett wird die Crew mit demperkussiven Bassisten Bänz Oesterund dem umtriebig swingendenDrummer Dominic Egli. Sie sindgleichsam ein eingespieltes Team unduntermalen die jazzigen Reisen der«Talmor Irniger Counterpoints».

Initiator und MitbegründerAls Initiator und Mitbegründer von«Jazz im Seefeld» wird der kommen-de Mittwoch für Christoph IrnigerHighlight und Heimspiel zugleich:«Es ist natürlich schon speziell undein schöner Lohn für diese ehrenamt-liche Tätigkeit. Ich «gönne» mir dasja mittlerweile ein Mal pro Saisonauch aus diesem Grunde und freuemich immer darauf.»

Aus Intention und Zufall entstehen Jazz-GeschichtenChristoph Irniger wirft mitseiner Band «Talmor IrnigerCounterpoints» den Jazz-anker in seinem Heimat-hafen dem Seefeld.

Nicole Seipp-Isele

Mittwoch, 21. Februar, 19.30 Uhr, TalmorIrniger Counterpoints, Ohad Talmor, ts;Christoph Irniger, ts; Bänz Oester, b; Do-minic Egli, dr; Grill ab 18.30, Essen istselbst mitzubringen, Getränkeverkauf ander Bar, Eintritt 5 Franken & Kollekte. GZRiesbach, Seefeldstr. 93, 8008 Zürich,Mehr Infos www.jazzimseefeld.ch. ZudemKonzert am Do, 22.02.,Bird’s Eye, Basel.

Musikalische Kontrapunkte präsentieren «Talmor Irniger Counterpoints»am Mittwoch im GZ Seefeld. Foto: zvg.