Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische...

35
Ausarbeitung zum Seminarvortrag ¨ uber kosmische Strahlung Gregorio Roper 19. September 2005 Zusammenfassung Es ist bekannt, dass Sterne, Supernova-Remnants und andere aktive astronomische Objekte Licht aussenden. Ein um einen Faktor 4 gr¨ oßerer Anteil der gesamten Energieabstrahlung astronomischer Objekte geschieht allerdings in Form von ionisierender Teilchenstrahlung, der kosmischen Strahlung. Diese Strahlung birgt noch bis heute viele Geheimnisse, die neue Experimente wie AMS-02, KASCADE-Grande und das Pierre Auger Observatorium enth¨ ullen helfen sollen. Von Interesse sind dabei zum einen die Zusammensetzung der kosmischen Strahlung, die bei niedrigen Energi- en bis in den P eV -Bereich ¨ uberwiegend aus Protonen (85%) und Helium- kernen (12%) sowie schweren Kernen (1%) und Elektronen (2%) besteht. Daneben m¨ ochte man auch mehr ¨ uber das Energiespektrum erfahren, das einem eher ungew¨ ohnlichem Potenzspektrum ( Fluß dN dE E -δ ) anstelle einer thermischen Verteilung folgt, und Quellen kosmischer Strahlung im Universum lokalisieren. 1

Transcript of Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische...

Page 1: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber

kosmische Strahlung

Gregorio Roper

19. September 2005

Zusammenfassung

Es ist bekannt, dass Sterne, Supernova-Remnants und andere aktiveastronomische Objekte Licht aussenden. Ein um einen Faktor 4 großererAnteil der gesamten Energieabstrahlung astronomischer Objekte geschiehtallerdings in Form von ionisierender Teilchenstrahlung, der kosmischenStrahlung. Diese Strahlung birgt noch bis heute viele Geheimnisse, dieneue Experimente wie AMS-02, KASCADE-Grande und das Pierre AugerObservatorium enthullen helfen sollen. Von Interesse sind dabei zum einendie Zusammensetzung der kosmischen Strahlung, die bei niedrigen Energi-en bis in den PeV -Bereich uberwiegend aus Protonen (85%) und Helium-kernen (12%) sowie schweren Kernen (1%) und Elektronen (2%) besteht.Daneben mochte man auch mehr uber das Energiespektrum erfahren, daseinem eher ungewohnlichem Potenzspektrum ( Fluß dN

dE∝ E

−δ ) anstelleeiner thermischen Verteilung folgt, und Quellen kosmischer Strahlung imUniversum lokalisieren.

1

Page 2: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 3

2 Eine kurze Geschichte der kosmischen Strahlung 3

3 Kosmische Strahlung und ihr Weg durch den interstellaren

Raum 4

4 Beschleunigungsmodelle fur kosmische Strahlung 5

4.1 Fermibeschleunigung 2. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.2 Fermibeschleunigung 1. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74.3 Das Energiespektrum der kosmischen Strahlung . . . . . . . . . . 8

5 Der GZK-Cutoff und ultrahochenergetische kosmische Teilchen 8

6 Direkte Experimente 10

6.1 Ballonexperimente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116.1.1 BESS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

6.2 Satellitenexperimente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156.2.1 AMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

7 Indirekte Experimente 20

7.1 Luftschauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207.2 KASCADE-Grande und LOPES . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207.3 KASCADE Ereignisrekonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 267.4 Das Pierre Auger Observatorium . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297.5 HESS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

8 Fazit 32

2

Page 3: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

1 Einleitung

Kosmische Strahlung ist eine ionisierende Teilchenstrahlung, uberwiegend ausProtonen (85%) und Heliumkernen (12%) sowie schweren Kernen und Elektro-nen, welche von aktiven astronomischen Objekten, wie zum Beispiel Sternenoder Supernova Remnants, ausgesendet werden. Das Spektrum dieser Strah-lung folgt einem Potenzgesetz dN

dE∝ E−δ mit dem Spektralindex δ und bricht

bis zu Energien von 1020eV nicht ab. Besonders markant im Spektrum undGegenstand von Untersuchungen ist zum einen das sogenannte Knie des Ener-giespektrums bei 1015eV , sowie der Knochel bei 1019eV . Vor dem Knie betragtder Spektralindex δ = 2.7, hinter dem Knie andert er sich zu δ = 3.1. Hinterdem Knochel flacht der Verlauf des Spektrums wieder ab, der Spektralindexbetragt wieder etwa δ = 2.7.

Die Zusammensetzung der kosmischen Strahlung und ihr Energiespektrumwird zum einen durch direkte Experimente wie Satellitenexperimente (z.B. AMS)und diverse Ballonexperimente (z.B. BESS) untersucht und zum anderen durchindirekte Experimente (z.B. KASCADE, Auger). Großes Interesse besteht da-bei in der Suche nach Quellen des hochstenergetischen Anteils der kosmischenStrahlung mit Teilchenenergien oberhalb von 1015eV , der Suche nach kosmischerAntimaterie, dunkler Materie und der Untersuchung des interstellaren Mediums.

2 Eine kurze Geschichte der kosmischen Strah-

lung

Vor der Entdeckung der kosmischen Strahlung selbst lag die Entdeckung derLuftionisation. Bereits 1785 entdeckte Coulomb, dass ein geladener und ansons-ten isolierter Korper sich an der Luft entladt. Diesen Effekt, Elektrizitatszer-streuung genannt, untersuchten um die Jahrhundertwende die deutschen Phy-siker Hans Geitel und Julius Elster, die herausfanden, dass radioaktive Strah-lung diesen Effekt verstarkt. Man schloss daraus, dass radioaktive StrahlungLuft ionisiert und dadurch ihre Leitfahigkeit erhoht wird. Um diese Theorie zuuberprufen, fuhrte Theodor Wulff, bekannt fur seine hochsensiblen Elektrome-ter - dem um diese Zeit fur Messungen der Radioaktivitat gebrauchlichen In-strument, Messungen auf dem Eiffeltum durch. Jedoch konnte er die erwarteteAbnahme der Luftionisation in großer Hohe nicht feststellen, die Luftionisationwar noch immer um Großenordnungen großer als sie mit einer hunderte Meterdicken Abschirmung aus Luft gegen die terrestrische Strahlung hatte sein durfen.Kritiker warfen ihm jedoch vor, dass die Messung durch die Eigenradioaktivitatdes Eiffelturms verfalscht worden sei.

Die kosmische Strahlung wurde dann 1912 von Viktor Hess, anknupfend andas Experiment von Theodor Wulff, bei Messungen der Luftionisation in großerHohe entdeckt. Seine Messapparatur bestand aus einigen Elektrometern, mitdenen er in den Jahren 1911 und 1912 auf sieben Ballonfahrten ging. Auf seinerletzten Ballonfahrt im Jahre 1912, bei der er eine Hohe von 5350m erreichte,maß er ein starkes Ansteigen der Luftionisation und er stellte folgerichtig dieTheorie auf, dass als Ursache nur eine ionisierende Strahlung aus dem Weltall inFrage kommen konnte. Diese Strahlung nannte Hess, der wenige Jahre zuvor dieAbsorption von γ-Strahlung in der Luft gemessen hatte, ultraharte γ-Strahlung.

3

Page 4: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

In den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts gewann die Untersu-chung der kosmischen Strahlung durch mehrere bahnbrechende Entdeckungenan Bedeutung. Grundlage fur diese Entdeckungen war unter anderem die 1911vom britischen Physiker C. T. R. Wilson konstruierte Nebelkammer, die in derLage war Bahnen einzelner Teilchen zu nachzuweisen. Ende der zwanziger Jahrebegann man, die kosmische Strahlung in Gebirgen zu untersuchen. 1932 entdeck-te der amerikanische Physiker Carl D. Anderson, der die von starken Elektro-magneten gekrummten Bahnen geladener Teilchen in der kosmischen Strahlungbeobachtete, das Positron, das nur wenige Jahre zuvor von Paul Dirac vorher-gesagt worden war. Fur diese Entdeckung erhielt er mit Viktor Hess zusammen1936 den Nobelpreis.

Es folgten die Entdeckungen weiterer Teilchen in der kosmischen Strahlung:1936 entdeckten Anderson, Neddermeyer et al. das Myon, Ende der VierzigerJahre wurden Pionen und Kaonen entdeckt, bis die kosmische Strahlung zuBeginn der Funfziger Jahre mit dem Bau der ersten Teilchenbeschleuniger alsQuelle hochrelativistischer Teilchen an Bedeutung verlor.

Eine weitere wichtige Entdeckung hatte Pierre Auger 1938 gemacht. Er hattein den Alpen, 3000m uber dem Meeresspiegel, mehrere bewegliche Geigerzahlerin Entfernungen von bis zu 100m voneinander aufgestellt und Koinzidenzen inder Zahlrate der Geigerzahler festgestellt und gefolgert, dass es in der kosmischenStrahlung ausgedehnte Schauer aus Teilchen geben musste, die exakt zur selbenZeit am Boden eintrafen. Diese Auger-Schauer wurden ab 1946 von Bruno Rossiin den USA und Georgi Zatsepin untersucht, die auch die ersten Arrays auskorrelierten Detektoren bauten.

3 Kosmische Strahlung und ihr Weg durch den

interstellaren Raum

Um Quellen der kosmischen Strahlung lokalisieren zu konnen, ist es entscheidendzu verstehen, welchen Gesetzen der Transport der kosmischen Strahlung bis zuuns unterliegt. Von offensichtlicher Bedeutung ist dabei das galaktische Magnet-feld, das eine Feldstarke B im Bereich zwischen 4 · 10−10T und 10 · 10−10T [1]hat und geladene kosmische Teilchen ablenkt. Der Bahnradius r eines Teilchensin einem Magnetfeld folgt

r =pc

qB(1)

und wachst also mit dem Impuls p. Demzufolge gibt es einen Grenzimpuls pgal.

fur den kosmische Teilchen mit p < pgal. mit großer Wahrscheinlichkeit galak-tischen Ursprungs sind, da ihr Bahnradius sonst großer ware als der Radiusder Milchstraße, wahrend Teilchen mit p > pgal. vorwiegend extragalaktischenUrsprungs sein mussen. Bislang sind weder theoretische Modelle noch experi-mentelle Daten hinreichend, um diesen Grenzimpuls genau zu bestimmen. Alssicher gilt jedoch, dass Teilchen mit Energien unterhalb von 1017eV galaktischenUrsprungs sind und Protonen mit Energien oberhalb von 1018eV bis 1019eVvorwiegend extragalaktischen Ursprungs sind [2].

Der Transport kosmischer Strahlung wird weiterhin durch ihre Wechselwir-kung mit dem interstellaren Medium (ISM) beeinflusst. Es kommt zu Spalla-tionsprozessen bei Stoßen zwischen Kernen aus der kosmischen Strahlung mit

4

Page 5: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Protonen im interstellaren Medium, bei denen leichtere, teilweise radioaktiveKerne, Antiprotonen und Positronen produziert werden. Aus der Isotopenzu-sammensetzung der kosmischen Strahlung versucht man nun, Propagationsmo-delle abzuleiten. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Verhaltnissen zwischensekundaren Spallationsprodukten und besonders dominanten primaren Isotopen(z.B. B/C, 10Be/12C, 36Cl/54Fe), sowie dem Verhaltnis zwischen radioaktivenund nicht-radioaktiven Spallationsprodukten (z.B. 26Al/27Al, 54Mn/56Fe) [3].

Aus den existierenden Propagationsmodellen, der Untersuchung des galak-tischen Magnetfeldes und des Energiespektrums der kosmischen Strahlung be-stimmt man auch mogliche Quellen fur kosmische Strahlung. Niederenergetischekosmische Strahlung bis zu Energien von 1010eV stammt vorwiegend von un-serer eigenen Sonne, bis zu Teilchenenergien von 1015eV scheinen SupernovaRemnants (SNR) Ursprung fur kosmische Strahlung zu sein. Aus welchen Quel-len die kosmische Strahlung mit den hochsten Energien stammt, ist bislang nichtklar zu beantworten, mogliche Kandidaten sind z.B. Pulsare, schwarze Locherund Radiogalaxien.

4 Beschleunigungsmodelle fur kosmische Strah-

lung

Fur ein tieferes Verstandnis von kosmischer Strahlung ist uber den Transporthinaus auch die Beschleunigung der kosmischen Teilchen auf die beobachtetenEnergien von bis zu 1020eV essentiell. Geladene Teilchen konnen durch Gravita-tion (z.B. in Akkretionsscheiben in der Nahe schwarzer Locher) und elektrischeFelder (z.B. in Pulsaren) [4] beschleunigt werden. Die erfolgreichsten Beschleu-nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene Fermi-beschleunigung zweiter Ordnung [5] und ihre Weiterentwicklung, die Fermibe-schleunigung erster Ordnung, die auf der Wechselwirkung zwischen geladenenTeilchen und veranderlichen Magnetfeldern basieren.

4.1 Fermibeschleunigung 2. Ordnung

Man betrachtet ein Teilchen, das im Laborsystem S an einem mit der Geschwin-digkeit β = v

cbewegten Magnetfeld gestreut wird, beispielsweise an einer magne-

tisierten Wolke, einer magnetohydrodynamischen (MHD) Turbulenz oder einerAlven-Welle. Um anschaulich klarzumachen, dass das Teilchen dabei Energiegewinnen oder verlieren kann, fuhrt man eine Lorentztransformation mit demLorentzfaktor γ = 1/

1 − β2 in das Ruhesystem des Magnetfeldes S′ durch.Dabei betrachtet man Energien Ein, Eout und Impulse pin, pout des gestreutenTeilchens vor und nach der Streuung:

E′in = γ (Ein − βpin) (2)

p′in = γ (pin − βEin) (3)

Wird ein geladenes Teilchen an einem Magnetfeld nach einem frontalen Stoßreflektiert, so gewinnt es, solange das Magnetfeld ruht, keine Energie.

E′in = E′

out (4)

p′in = −p′out (5)

5

Page 6: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 1: Ein Teilchen wird an einem ausgedehnten Magnetfeld gestreut.

Damit bestimmt man nun durch die Rucktransformation in das Laborsystem SEnergie und Impuls nach der Streuung am Magnetfeld.

Eout = γ (E′out + βp′out) (6)

= γ (E′in − βp′in) (7)

= Ein − 2γ2(

βpin − β2Ein

)

(8)

⇒∆E

E= −2γ2

(

βpin

Ein

− β2

)

(9)

Entwickelt man dieses Ergebnis in erster Ordnung fur kleine β, fallen die qua-dratischen Terme von β weg, und die Anderung der Energie ergibt sich zu:

∆E

E= −2βMagnetfeldβTeilchen (10)

Das Teilchen erfahrt also gerade dann einen Energiegewinn, wenn Magnetfeldund Teilchen entgegengesetzte Geschwindigkeiten haben, also eine sog. Head-On-Collision durchfuhren. Beim Gegenteil, der Overtaking-Collision, verliertdas Teilchen Energie.

Die bisherige Rechnung wurde ausschließlich fur frontale Stoße mit tota-ler Reflektion durchgefuhrt. Man kann eine analoge Rechung fur ein Teilchenmachen, dessen Impuls eine zur Bewegungsrichtung des Magnetfeldes paralleleKomponente p‖ = p cos θ und eine senkrechte Komponente p⊥ = p sin θ hat(Abb. 1).

Fur die Energieanderung ergibt sich in Abhangigkeit der Winkel θin undθout mit der Naherung βTeilchen = pin/Ein ≈ 1:

∆E

E=

β (cos θout − cos θin) + β2(1 − cos θin cos θout)

1 − β2[6] (11)

Nach einer Mittelung uber diese Winkel findet man, dass ein Teilchen bei einemStoß mit einem bewegten Magnetfeld einen statistischen Energiegewinn von

∆E

E

≈4

3β2 (12)

6

Page 7: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 2: Ein geladenes Teilchen wird an einer ausgedehnten Schockfrontgestreut.

erhalt.Da dieser Energiegewinn quadratisch vom β des Magnetfeldes abhangt, heißt

dieser statistische Prozess auch Fermibeschleunigung 2. Ordnung. Entwickeltman daraus das zu erwartende Energiespektrum, so erhalt man das erwartetePotenzgesetz mit einer energieunabhangigen, positven Konstante a:

dN

dE= E−(1+a) (13)

4.2 Fermibeschleunigung 1. Ordnung

Die Fermibeschleunigung 1. Ordnung betrachtet im speziellen die Beschleuni-gung geladener Teilchen an ausgedehnten Schockfronten, wie man sie beispiels-weise bei SNR findet. Ausgehend von der Fermibeschleunigung 2. Ordnung kannman zeigen, dass ein Teilchen, wenn es auf eine ausgedehnte Schockwelle trifft,viele Male hintereinander die Schockfront uberqueren kann und dabei stets Ener-gie gewinnt.

Man stelle sich hierzu eine unendlich ausgedehnte planare Schockwelle vor,die sich mit einer Geschwindigkeit U durch das ISM bewegt (Abb. 2). Das ISM,angenommen als ideales einatomiges Gas, wird vor der Schockwelle als ruhendangenommen und hinter der Schockfront als mit 3/4U in Richtung der Schock-welle beschleunigt angenommen (dies ergibt sich aus der Thermodynamik).

Turbulenzen durch die Beschleunigung des ISM durch die Schockfront er-zeugen Magnetfelder im geschockten Gas, die sich mit dem Gas fortbewegen

7

Page 8: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

und an denen ein mit cos θin < 0 1 einfallendes geladenes Teilchen, welches dasgeschockte Gas mit 3/4U auf sich zukommen sieht, gestreut werden kann. Mangeht davon aus, dass die entstandenen Magnetfelder hinter der Schockfront starkgenug und homogen genug sind, um das einfallende Teilchen zu reflektieren.Fur den Winkel θout gilt also cos θout > 0, damit wird die Energieanderung desTeilchens (nach Formel 11) positiv. Nach der Reflektion des Teilchens und vorerneutem Uberqueren der Schockfront zuruck in das ungeschockte ISM fuhrtman einen Wechsel des Bezugssystem in das System des geschockten Gasesdurch. Das Teilchen ’sieht’ nun also das ungeschockte Gas mit 3/4U auf sichzukommen. Im ungeschockten ISM wird durch andere kosmische Teilchen, dieebenfalls uber die Schockfront hin- und herwechseln, ebenfalls ein Magnetfelderzeugt, an dem das kosmische Teilchen nun streuen kann. Dabei gewinnt es wiezuvor an Energie. Nach dem Uberqueren der Schockfront und einem erneutenWechsel des Bezugssystems in das System des ungeschockten ISM ist das Teil-chen wieder in seinem Ursprungssystem. Es hat inzwischen jedoch zweimal anEnergie gewonnen, muss also auch in der Summe trotz der Bezugssystemwechselan Energie gewonnen haben.

Der mittlere Energiegewinn beim Uberqueren der Schockfront hangt, andersals die Fermibeschleunigung 2. Ordnung, nur noch in linearer Ordnung von derGeschwindigkeit β des Magnetfeldes ab. Ein Teilchen wird also viel schnellerhohere Energien erreichen.

∆E

E

≈4

3β (14)

4.3 Das Energiespektrum der kosmischen Strahlung

Das Energiespektrum der kosmischen Strahlung (Abb. 3) erklart sich bis zumKnie im Spektrum bei etwa 1015eV durch die Fermibeschleunigung erster undzweiter Ordnung. Es folgt bis zum Knie einem Potenzgesetz mit:

dN

dE∝ E−2.7 (15)

Im Bereich des Knies vermutet man einen Wechsel des Beschleunigungsmecha-nismus, da fur hohere Energien das Spektrum zwar ebenfalls einem Potenzgesetzjedoch mit einem anderen Spektralindex im Exponenten folgt:

dN

dE∝ E−3.1 (16)

Ein weiterer Knick im Energiespektrum bei 1019eV , der sogenannte Knochelist moglicherweise durch den Ubergang zwischen galaktischen und extragalak-tischen kosmischen Teilchen bedingt.

5 Der GZK-Cutoff und ultrahochenergetische kos-

mische Teilchen

Im Jahre 1966 berechneten die Physiker Greisen, Zatsepin und Kuzmin, dassProtonen ab etwa 5 · 1019eV ausreichend Energie haben, um inelastische Stoße

1θin und θout wie in Abb. 1

8

Page 9: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 3: Das Energiespektrum der kosmischen Strahlung in einer doppeltlogarithmischen Auftragung des Teilchenflusses gegen die Teilchenenergie.

mit Photonen des kosmischen Mikrowellenhintergrundes durchzufuhren und da-bei Pionen zu produzieren [7].

p+ + γ → ∆(1232) → π0 + p+ (17)

Bei diesem Prozess verlieren ultrahochenergetische Protonen stark an Energie,so dass sie nur innerhalb weniger Mpc um ihre Quelle Energien oberhalb von1020eV haben konnen (Abb. 4). Ahnlich verlustreiche Prozesse finden auchfur andere kosmische Teilchen statt. Elektronen verlieren Energie bei inver-ser Comptonstreuung am kosmischen Mikrowellenhintergrund. Die Energie vonPhotonen im interstellaren Medium fallt durch Paarbildung, und schwere Kernefuhren Wechselwirkungen mit dem kosmischen Infrarothintergrund durch, beidenen sie bei Photodissoziationsprozessen schnell an Energie verlieren.

Der nach seinen Erfindern benannte GZK-Cutoff legt also eine Grenze fest,wie weit die Quellen ultrahochenergetischer kosmischer Teilchen, die auf derErde nachgewiesen werden, entfernt sein durfen.

Wahrend die HiRes-Experimente [8] den GZK-Cutoff tatsachlich nachzuwei-sen scheinen (Abb. 5), da sie keine kosmische Teilchen mit Energien oberhalbvon 1020eV messen konnten, stehen die Messungen vom AGASA-Experimentscheinbar im Widerspruch zum erwarteten GZK-Cutoff [9].

Verschiedene Theorien sind zur Erklarung der AGASA Daten aufgestelltworden. Es ist denkbar, dass ultrahochenergetische kosmische Strahlung (UHE-CR) den GZK-Cutoff dadurch umgehen, dass sie nicht aus Protonen bestehen.Mogliche Kandidaten sind zum einen Photonen [10] und Neutrinos, aber auchschwere Kerne [11]. Beide Theorien sind allerdings aus verschiedenen Grundenmit Problemen behaftet. Neutrinos beispielsweise wurden nur sehr selten in der

9

Page 10: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 4: Teilchenenergien aufgetragen gegen die durchlaufene Distanz imISM. Das hochstenergetische kosmische Teilchen, das jemals gemessen wurdehatte eine Energie von 320EeV . Fur Startenergien von 1021eV bzw. 1022eVwurde die Energie eines kosmischen Protons nach 20Mpc bzw. 50Mpc unter320EeV fallen.

Erdatmosphare schauern und bislang sind alle UHECR uber Luftschauer nach-gewiesen worden. Inwieweit schwere Kerne uberhaupt den GZK-Cutoff umgehenkonnen, hangt stark von der Energiedichte des Infrarothintergrundes ab.

Daneben konnen UHECR aus relativ nahen Quellen innerhalb von einigenMpc um die Milchstraße stammen. Dies erfordert jedoch neue, bislang nichtnaher beschriebene Beschleunigungsmechanismen, wie man sie zum Beispiel umPulsare finden konnte [12]. Ebenfalls in Frage kommen massive Teilchen mitMassen oberhalb von 1020eV , die beim Zerfall die gemessenen UHECR produ-zieren konnen.

Andere Theorien, wie zum Beispiel magnetische Monopole in der kosmi-schen Strahlung, die in galaktischen Magnetfeldern beschleunigt werden, oderein Bruch der Lorentzinvarianz [13] bei hohen Energien, der eine Anderung derWirkungsquerschnitte fur die Pionproduktion des GZK-Cutoffs zur Folge hatte,stehen im Widerspruch zu etablierten Modellen.

6 Direkte Experimente

Die Experimente zur Messung kosmischer Strahlung lassen sich unterteilen indirekte und indirekte Experimente. Direkte Experimente bestehen aus Detek-toren, die Primarteilchen aus der kosmischen Strahlung auffangen und messen.Die verwendeten Detektoren haben Akzeptanzen in der Großenordnung von1m2sr. Der beobachtbare Teil des Energiespektrums wird durch die stark mitder Energie abfallende Teilchenrate eingeschrankt. Ab 1015eV liegt der Flußbei etwa 1/(m2

· sr · Jahr). Die Messzeit direkter Experimente liegt dagegenoft nur bei Tagen oder Wochen, so dass uber dieser Grenze Teilchen mit direk-

10

Page 11: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 5: Der hochenergetische Teil des Energiespektrums der kosmischenStrahlung mit dem nach dem GZK-Cutoff vorhergesagten Verlauf (schwarzeLinie) und den Messdaten verschiedener Experimente.

ten Experimenten nicht mehr gefunden werden. Um moglichst wenig durch dieWechselwirkung der kosmischen Strahlung mit der Atmosphare beeintrachtigtzu werden, mussen die Experimente in großer Hohe stattfinden und lange Mess-zeiten ermoglichen.

Zwei erfolgreiche Experimenttypen zum Nachweis von kosmischer Strahlungsind einmal Ballonexperimente und zum anderen Satellitenexperimente.

6.1 Ballonexperimente

Fur Ballonexperimente verwendet man Gasballons mit Volumina bis zu 106m3.Sie erreichen auf mehrere Tage bis zu zwei Wochen dauernden Flugen Flughohenbis zu 40km, in denen ein Restduck von 5− 10mbar herrscht. Um niederenerge-tische kosmische Teilchen messen zu konnen, die ansonsten am Erdmagnetfeldabprallen wurden, fuhrt man die Experimente haufig in der Nahe der Pole durch.

Die Nutzlast dieser Ballons liegt bei bis zu 3t, dies ist einer der wichtigenlimitierenden Faktoren fur Ballonexperimente, es ist also nicht moglich sehrleistungsstarke Magneten oder aufwendige Kalorimeter zu verwenden, die einehohe Energieauflosung erlauben wurden, wie man sie bei vielen Beschleuniger-experimenten findet. Auf der anderen Seite ist eine hohe Energieauflosung zwarwunschenswert um das Energiespektrum genau messen zu konnen, viel wichtigerbei Experimenten mit kosmischer Strahlung ist jedoch die Teilchenidentifikation.

Typische Energiebereiche im Spektrum der kosmischen Strahlung, die mitBallonexperimenten beobachtet werden konnen, sind zwischen 108eV und 1015eV .Die durchgefuhrten Experimente dienen der Bestimmung von Massenspektrenund Energiespektren der kosmischen Strahlung sowie dem Nachweis kosmischerAntimaterie. Aus diesen direkt genommenen Daten lassen sich weitere Auf-schlusse uber die Herkunft und den Transport kosmischer Strahlung gewinnen.

11

Page 12: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 6: Der BESS Detektor aus der Messreihe von 2002.

6.1.1 BESS

Ein typisches Ballonexperiment ist das Balloon-born Experiment with Supercon-ducting Spectrometer (BESS) [14]. BESS fuhrte von 1993 bis 2004 neun Mess-reihen durch, zwischen denen der Detektor standig verbessert wurde. Gemessenhat BESS die Energiespektren von Protonen und Antiprotonen sowie Heliumund Antihelium.

Der BESS-Detektor (Abb. 6) besteht aus einer dunnen, supraleitenden Sole-noidspule, die ein Magnetfeld von 1T produziert. In der Spule befindet sich eineVieldrahtproportionalkammer (JET), welche die Proton-Antiproton-Unterschei-dungen fur Energien zwischen 0.1GeV und 4.5GeV ermoglicht. Ein Time-Of-Flight-Detektor (TOF) zur β-Messung sowie Cherenkov-Counter und Plastik-Szintillator zur Unterdruckung von Lepton- und Meson-Signalen vervollstandigenden Detektor.

Uber die Geschwindigkeitsmessung im TOF und die Impulsmessung im JET-Detektor konnte BESS Protonen, Antiprotonen, Deuteriumkerne und Tritium-kerne bis 4.5GeV voneinander trennen (Abb. 7). Das Energiespektrum der Anti-protonen (Abb. 8) wurde mit den bestehenden Propagationsmodellen verglichenund auf Signaturen dunkler Materie untersucht, die in Form eines Abflachensdes Antiprotonenspektrums bei ca. 500MeV , beispielsweise durch Neutralino-Annihilation χ + χ → p + p entstehen konnten. BESS zeigte wie andere Bal-lonexperimente (IMAX [15], CAPRICE [16], MASS [17]) Hinweise auf dunkleMaterie [18], lieferte jedoch kein statistisch relevantes Ergebnis bezuglich derExistenz einer solchen Quelle primarer Antiprotonen.

Aus den gemessenen Heliumkernen und dem Fehlen von Antiheliumsignalenkonnte eine neue untere Grenze fur das Helium-Antihelium-Verhaltnis (Abb. 9)bestimmt werden.

Der Vergleich der BESS-Messungen uber die Zeit mit Daten uber die Son-nenaktivitat (Abb. 10) ergab weitere Informationen uber die Wechselwirkungvon kosmischer Strahlung mit dem Sonnenwind, mit deren Hilfe man genauerePropagationsmodelle fur sekundare kosmische Strahlung entwickeln kann [19].

12

Page 13: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 7: Die gemessenen Protonen- und Antiprotonenverteilungen aus denMessreihen von 1999 und 2000, aufgetragen als 1/β uber der Rigidity R = E/q[20].

Abbildung 8: Das Antiprotonenspektrum, gemessen von BESS sowie weiterenBallonexperimenten IMAX, CAPRICE und MASS [21].

13

Page 14: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 9: Das von BESS 1993 bis 2000 gemessene Antihelium-Helium-Verhaltnis legt eine neue untere Grenze fur Antimaterie im Universum fest.

Abbildung 10: Uber die verschiedenen BESS-Messreihen hinweg findet sich einedeutliche Antikorrelation zwischen der Anzahl der Sonnenflecken (als Maß furdie Sonnenaktivitat) und der Zahlrate des BESS Detektors.

14

Page 15: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

6.2 Satellitenexperimente

Satellitenexeperimente haben mehrere gewichtige Vorteile gegenuber den we-niger aufwendigen Ballonexperimenten. Die Experimente finden in mehreren100km Hohe statt, weit außerhalb der Erdatmosphare, wo die Messung kosmi-scher Strahlung nicht durch deren Wechselwirkung mit Molekulen aus der Luftverfalscht wird. Uberdies erlauben Experimente in stabilen Erdumlaufbahnendeutlich langere Messzeiten als Ballonexperimente von bis zu mehreren Jahren.

6.2.1 AMS

Das Alpha Magnetic Spectrometer (AMS) [22] ist ein Satellitenexperiment, dasnach gegenwartiger Planung 2008 mit einem Space-Shuttle zur internationalenRaumstation ISS gebracht werden soll. Dort soll es drei Jahre lang die Ener-giespektren von kosmischer Strahlung im Bereich 108eV − 1015eV untersuchenund nach kosmischer Antimaterie suchen.

Ein Prototyp fur AMS, der AMS-01 Detektor absolvierte bereits 1998 einenzehntagigen Testflug auf der Raumfahre Discovery. Dabei konnte man innerhalbvon ca. 100 Messstunden 108 geladene Teilchen im Bereich zwischen 100MeVund 100GeV (Abb. 11) detektieren und Erfahrungen mit dem Detektor und denAnforderungen fur Experimente im Weltall sammeln.

Der AMS-01 Detektor (Abb. 12) bestand aus einem Permanentmagneten,der einen 6-lagigen Siliziumstreifendetektor (T1 .. T6) umschloss. Ein Time-Of-Flight Zahler (TOF S1 .. S4) aus Szintillatoren zur β-Messung und zurBestimmung des Energieverlustes dE/dX war in je zwei Lagen oberhalb undunterhalb des Siliziumstreifendetektors angeordnet. Ein Anti-Koinzidenz-Zahler(ACC) an der Innenseite des Magneten gab ein Veto fur Teilchen, die durch denMagneten in den Detektor fliegen. Ein Aerogel-Cherenkov-Zahler zur Proton-Lepton-Unterscheidung schloss den Detektor ab. Der Detektor bestand damitaus Komponenten, wie man sie von Beschleunigerexperimenten kennt, es falltjedoch auf, dass auf ein Kalorimeter verzichtet wurde, das um Teilchen mit Ener-gien bis zu 100GeV zu messen ein erhebliches Gewicht gehabt hatte. Anders alsfur Detektoren fur Beschleunigerexperimente ist die Masse des Detektors starkbegrenzt.

Der AMS-02 Detektor (Abb. 13) unterscheidet sich von dem AMS-01 Pro-totypen vor allem durch den supraleitenden Magneten (B = 0.8T ), der denschwacheren Permanentmagneten ersetzt und eine Impulsauflosung von σp/p ≈

1.5% fur Impulse bis 1TeV erlaubt. Weiterhin ermoglicht ein Transition Radia-tion Detektor (TRD) eine stark verbesserte Elektron-Proton-Separation, die β-Messung des TOF wird durch einen Ring-Imaging-Cherenkov Detektor (RICH)verbessert und ein kleines elektromagnetisches Kalorimeter (EMC) ermoglichteine Energiemessung von e und γ und eine noch bessere Separation von Elek-tronen und Hadronen.

Fur AMS-02 ist die Masse durch die zur Verfugung stehenden Kapazitatendes Space Shuttles auf 7t begrenzt, die maximale Leistungsaufnahme ist uberdie Leistung der Solar-Panele der ISS auf 2kW begrenzt. Eine weitere Heraus-forderung besteht darin, dass auf den Detektor wahrend seiner Betriebszeit keinphysischer Zugriff besteht. Den Heliumvorrat, um den supraleitenden Solenoid-Magneten um den Silizium-Tracker drei Jahre lang zu kuhlen, muss der Detektorselbst zur Verfugung stellen. Desweiteren muss der AMS-02 Detektor ausrei-

15

Page 16: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 11: Die von AMS-01 gemessenen Energiespektren verschiedener Teil-chen.

chend stabil sein um Vibrationen und Beschleunigungen beim Start des SpaceShuttles zu verkraften.

Von AMS-02 werden sehr viel genauere Messungen als von allen bisherigendirekten Experimenten erwartet. Im Positronenspektrum der kosmischen Strah-lung, das nach Messungen des HEAT 94-95 Experimentes [23] Hinweise auf dasSignal von Positronen aus der Neutralinoannihilation enthalt, soll mit AMS-02ein Signal dunkler Materie statistisch relevant nachgewiesen oder ausgeschlossenwerden (Abb. 14). Gleichermaßen soll AMS-02 mit einer genauen Messung desAntiprotonenspektrums der kosmischen Strahlung zwischen 100MeV und 1TeVdas von den Ballonexperimenten BESS, IMAX, CAPRICE und MASS nicht aus-geschlossene Signal einer primaren Antiprotonenquelle entweder bestatigen oderwiderlegen (Abb. 15). Uberdies wird AMS-02 mit der Messung der Spektren se-kundarer und primarer kosmischer Teilchen einen Test fur die etablierten Propa-gationsmodelle kosmischer Strahlung liefern, beispielsweise durch die Messungdes Verhaltnisses von Borkernen zu Kohlenstoffkernen (Abb. 16).

16

Page 17: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 12: Der AMS-01 Detektor.

Abbildung 13: Ein Schema des AMS-02 Detektors.

17

Page 18: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 14: Ein Beispiel fur eine Signatur aus Neutralino-Annihilation imPositronenspektrum und der Genauigkeit, mit der AMS-02 dieses Signal messenkonnte, im Vergleich zur Genauigkeit des HEAT 94-95 Experimentes [24].

Abbildung 15: Das Antiprotonenspektrum mit der Genauigkeit, mit der AMS-02es messen wird, im Vergleich zu den Messungen von BESS, IMAX, CAPRICEund MASS [24].

18

Page 19: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 16: Der Vergleich einer Simulation des von AMS-02 gemessenen Bor-Kohlenstoff-Verhaltnisses aufgetragen uber die Energie pro Nukleon mit denMessungen desselben von vorhergehenden Experimenten [25].

19

Page 20: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 17: Das Schema eines Luftschauers

7 Indirekte Experimente

7.1 Luftschauer

Indirekte Experimente bestehen aus Detektor-Arrays mit Akzeptanzen in derGroßenordnung von km2sr. Sie suchen nach hochenergetischen Teilchen, indemsie Luftschauer messen, die entstehen, wenn hochenergetische Primarteilchenmit Atomen der Atmosphare kollidieren. Dabei wird eine Kaskade von Sekundar-teilchen produziert, vor allem Pionen, Kaonen und Photonen, die weiter in Elek-tronen und Myonen zerfallen (Abb. 17). Ein Primarteilchen mit einer Energievon 1015eV verursacht dabei einen etwa Schauer aus ca. 106 Sekundarteilchen,die am Boden detektiert werden konnen. Neben den Sekundarteilchen mes-sen indirekte Experimente auch Floureszenzstrahlung, die entsteht, wenn Stick-stoffmolekule durch einen Luftschauer angeregt werden und in der Folge Lichtim UV-Bereich abstrahlen, sowie Cherenkov-Strahlung, die dadurch entsteht,dass sich Schauerteilchen mit nahezu Vakuum-Lichtgeschwindigkeit und damitschneller als Licht in der Atmosphare bewegen.

7.2 KASCADE-Grande und LOPES

Der Karlsruhe Shower Core and Array Detector (KASCADE) misst seit 1996kosmische Strahlung zwischen 1014eV und 1016eV mit dem Ziel, Energiespek-tren und Isotopenzusammensetzung der kosmischen Strahlung im Bereich desKnies zu bestimmen, sowie Quellen kosmischer Strahlung zu lokalisieren.

Der KASCADE Array [26] (Abb. 18) besteht in seiner ursprunglichen Formaus 252 Detektorstationen auf einer Flache von 200m×200m im Abstand von je

20

Page 21: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

etwa 13m zueinander, einem zentralen Sampling-Hadronkalorimeter und einemzentralen Myontracker.

Die KASCADE Detektorstationen (Abb. 19) verwenden Szintillatoren undPhotomultiplier, die in zwei Schichten, mit einer trennenden Blei- und Eisen-schicht, angeordnet sind. Die obere Szintillator detektiert dabei sowohl Elek-tronen, Photonen als auch Myonen. Elektronen und Photonen werden in derMetallschicht zwischen den Szintillatorplatten absorbiert, so dass im unterenSzintillator nur noch Myonen und sehr wenige Hadronen registriert werden.Die Detektorstation ist dadurch in der Lage, zwischen Elektronen und Photo-nen auf der einen Seite und Myonen auf der anderen Seite zu differenzieren,was in der Ereignisrekonstruktion vor allem zur Bestimmung der Masse desPrimarteilchens genutzt wird.

Das zentrale Sampling-Kalorimeter (Abb. 20) ist fur Hadronen im Bereichzwischen 20GeV und 25TeV sensitiv mit einer Energieauflosung von 15% −

30% und einer Winkelauflosung von 5◦. Es besteht aus mehreren Lagen vonFlussigionisationskammern, zwischen denen sich Absorberschichten befinden.Unterhalb des Kalorimeters befinden sich Vieldrahtproportionalkammern, umMyonen zu detektieren und ihre Flugbahn zu bestimmen. Weitere Vieldraht-proportionalkammern bilden einen Myontracker im Streamertunnel.

Seit 2004 lauft in Karlsruhe das KASCADE-Grande Experiment [27] mit37 weiteren Szintillator-Detektorstationen vom EAS-TOP Experiment [28], das1987 bis 2000 in Gran Sasso durchgefuhrt wurde. Diese zusatzlichen Detektorenfur geladene Schauerteilchen wurden auf einer Flache von 700m × 700m aufdemselben Gelande wie der KASCADE Array aufgebaut (Abb. 21). Ein kleinerArray von 8 weiteren Detektorstationen des gleichen Typs formt Piccolo, denTrigger fur den KASCADE-Grande Detektor. Der KASCADE-Grande Array istmit seiner vergroßerten Akzeptanz in der Lage, kosmische Strahlung in einemerweiterten Energiebereich bis zu 1018eV zu messen.

Eine weitere Erweiterung des KASCADE-Arrays besteht aus 30 Radioanten-nen des LOPES-Projektes (Abb. 22) [29]. Diese Radioantennen messen Radio-wellen im Bereich von 43MHz bis 76MHz, die als Synchrotronstrahlung vonSchauerelektronen im Erdmagnetfeld erzeugt werden. Fur Primarteilchen mitEnergien großer 1015eV ist diese Synchrotronstrahlung messbar und ermoglichtLOPES eine sehr genaue Richtungsbestimmung des Schauers (Abb. 23).

21

Page 22: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 18: Ein Schema des KASCADE Detektor-Array

Abbildung 19: Ein Schema der KASCADE Detektorstationen.

22

Page 23: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 20: Der Aufbau des zentralen Hadronkalorimeters.

23

Page 24: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 21: Ein Schema des KASCADE-Grande Experimentes. Es umfasstzusatzlich zum KASCADE Array 37 Detektorstationen vom EAS-TOP Experi-ment in Gran Sasso, den Piccolo Trigger und einen in der obigen Skizze fehlendenweiteren Myontracker vom EAS-TOP Experiment.

Abbildung 22: Eine der Radioantennen des LOPES-Projektes

24

Page 25: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 23: Ein von LOPES aufgenommenes Schauerereignis.

25

Page 26: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 24: Ein von KASCADE gemessenes Ereignis. Es enthalt die Ener-gieeintrage der einzelnen Detektoren und die Ankunftszeiten fur die einzelnenDetektorstationen.

7.3 KASCADE Ereignisrekonstruktion

Die Detektoren des KASCADE Arrays messen bei einem Ereignis (Abb. 24) dieEnergieeintrage der Elektronen und Myonen am Boden und die Ankunftszeitender Schauerteilchen an den einzelnen Detektorstationen. Aus den Ankunftszei-ten lasst sich die Schauerrichtung bestimmen. Weiterhin lassen sich aus denEnergieeintragen in den einzelnen Detektorstationen die Anzahl der ElektronenNe und Myonen Nµ des Schauers bestimmen. Aus dem Vergleich der Schauer-großen Ne und Nµ mit Simulationsdaten der CORSIKA Monte-Carlo Simula-tionen [30] [26] kann man Energie und Masse des Primarteilchens bestimmen.

Dazu unterteilt man die gemessenen Gesamtverteilung von Ne und Nµ uberdie aufgezeichneten Luftschauer (Abb. 25) nach der Myonenzahl in sogennannteSlices. Die so gewonnenen Histogramme der gemessenen Elektronenanzahlen furein Bestimmtes Nµ werden mit den von CORSIKA errechneten Histogrammenfur verschiedene Primarkerne (H, He, C, Si, Fe) verglichen (Abb. 26). Die Iso-topenverteilung in der kosmischen Strahlung des untersuchten Energiebereichesund ihre Energieabhangigkeit ergeben sich aus den Fitparametern.

Man stellt fest, dass die Kniestruktur im Energiespektrum, die fur das Ge-samtspektrum der kosmischen Strahlung bei etwa 1015eV anzutreffen ist, furdie einzelnen Isotope bei verschiedenen Energien auftritt (Abb. 27). Mit zuneh-mender Masse tritt der Knick im Energiespektrum erst bei hoheren Energienauf.

26

Page 27: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 25: Die von KASCADE gemessene dreidimensionaleHaufigkeitsverteilung der logarithmisierten Schauergroßen Ne und N tr

µ .N tr

µ entspricht Nµ mit einer Korrektur, die darin besteht, dass die fehler-behafteten Myoneintrage der Detektorstationen im Schauerzentrum und amSchauerrand ignoriert wurden.

Abbildung 26: Histogramme der gemessenen Gesamtelektronenanzahlen Ne

fur zwei verschiedene Myonanzahlen, an die von CORSIKA fur verschiedenePrimarteilchen simulierte Ne-Verteilungen angefittet wurden.

27

Page 28: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 27: Die Energiespektren der kosmischen Strahlung fur die gefittetenKerne (H, He, C, Si, Fe) zeigen eine Massenabhangigkeit der Kniestruktur. DieFehlerbalken zeigen den statistischen Fehler an, die Fehlerbander zeigen densystematischen Fehler.

28

Page 29: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

7.4 Das Pierre Auger Observatorium

Das Pierre Auger Observatorium [31] ist ein neuer Detektor-Array in der argen-tinischen Hochebene 1400m uber dem Meeresspiegel, der seit 2002 erste Messer-gebnisse liefert und der nach ultrahochenergetischen Kosmischen Strahlen mitEnergien uber 1020eV suchen soll. Der Array soll bei Fertigstellung aus 1600Wasser-Cherenkov-Zahlern auf einer Flache von 3000km2, sowie 4 Teleskopsta-tionen mit je 6 Floureszenzlichtteleskopen bestehen. Im Fruhjahr 2005 waren 2Teleskopstationen und etwa ein Drittel der Wasser-Cherenkov-Zahler aufgestellt,und es wurden bis dahin etwa 100 Ereignisse mit Energien großer als 5 · 1018eVaufgezeichnet. Es wird erwartet, dass Auger nach seiner Fertigstellung pro Jahr30 Ereignisse mit Energien großer als 1020eV liefert.

Die Wasser-Cherenkov-Zahler (Abb. 28) registrieren Elektronen, Myonenund Photonen. Sie bestehen aus einem Wassertank mit 10m2 Grundflache gefulltmit 12m3 hochreinem Wasser. Kosmische Teilchen, die den Tank mit annaherndVakuumgeschwindigkeit durchqueren, produzieren in Wasser (nWasser ≈ 1.3)Cherenkovstrahlung, die an den Innenwanden des Tanks diffus gestreut wirdund von den drei Photomultipliern, die von oben in den Tank gehangt werden,aufgefangen wird. Auf diese Weise werden vor allem Schauerelektronen und -myonen von dem Detektor nachgewiesen. Hochenergetische Photonen schauernim Wasser elektromagnetisch und konnen uber die entstehenden hochrelativis-tischen Elektronen und Positronen ebenfalls nachgewiesen werden.

Wie bei der Ereignisrekonstruktion von KASCADE, wird aus den Ankunfts-zeiten der Schauerteilchen bei den einzelnen Detektoren (Abb. 29) die Schau-errichtung bestimmt. Der vollstandige Array wird dabei eine Winkelauflosungvon 1, 1◦ haben. Aus den berechneten Energieeintragen der einzelnen Detek-toren wird weiterhin die Teilchendichte am Boden errechnet und daraus dieEnergie des Primarteilchen mit einer Genauigkeit von etwa 10% berechnet. Auseinzelnen Eintragen weit vom Schauerschwerpunkt entfernt hofft man weiterhinMyonenanzahl und Elektronenanzahl separieren zu konnen und daruber wie beiKASCADE Informationen uber die Masse des Primarteilchens zu erhalten.

Eine von den Wasser-Cherenkov-Zahlern unabhangige Messung des Luft-schauers geschieht uber die Floureszenzlichtteleskope. Ein einzelnes minimalio-nisierendes Schauerteilchen regt etwa 4 Stickstoffmolekule pro m an, ein Photonmit einer Wellenlange zwischen 300nm und 400nm auszusenden. Fur Luftschau-er mit Energien großer als 1017eV konnen die Floureszenzlichtteleskope dadurchLuftschauer in bis zu 30km Entfernungen messen. Da die Produktion des Flou-reszenzlichtes stark abhangig von Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und Temperaturist, mussen zur Energiebestimmung uber die Floureszenzlichtteleskope sehr ge-naue Wettermessungen durchgefuhrt werden [32]. Ein weiterer Nachteil dieserMessmethode steht darin, dass die Messung von Floureszenzlicht nur in dunklenNachten moglich ist, der duty cycle der Floureszenzlichtteleskope liegt andersals bei den Wasser-Cherenkov-Zahlern, die Tag und Nacht messen konnen, bei10% bis 15%.

Die vier Teleskopstationen des Auger Obervatoriums (auch Augen genannt)(Abb. 30) enthalten jeweils sechs Spiegelteleskope aus einem 3.5m×3.5m großenspharischen Spiegel und einer Kamera aus 440 Photomultipliern (angeordnet in20 Zeilen und 22 Spalten). Jedes der Spiegelteleskope hat ein Sichtfeld von etwa30◦. Ein Auge hat also insgesamt ein Sichtfeld von 180◦. Die Floureszenzlicht-teleskope sollen ebenfalls eine Energieauflosung von 10% haben.

29

Page 30: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 28: Schema eines Wasser-Cherenkov-Zahlers des Pierre Auger Ob-servatoriums.

Der Vorteil, uber beide Messmethoden zu verfugen, besteht vor allem darin,dass man systematische Fehler leichter kontrollieren kann. Daneben erlaubenHybridevents auch eine verbesserte Energie-, Massen- und Richtungsbestim-mung des Primarteilchens.

30

Page 31: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 29: Zwei vom Detektor-Array gemessene Ereignisse.

Abbildung 30: Ein Schema der Floureszenzlichtteleskopstationen des Pierre Au-ger Observatoriums.

31

Page 32: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Abbildung 31: Ein Luftschauer in der Atmosphare produziert Cherenkov-Strahlung, die am Boden gemessen werden kann, auch wenn die Schauerteilchenvorher absorbiert werden.

7.5 HESS

Das High Energy Stereoscopic System (HESS) [33] besteht aus 4 Spiegelte-leskopen in Namibia, die nach Luftschauern von hochenergetischen Photonen(E ≈ 1TeV ) uber die produzierte Cherenkov-Strahlung suchen. Da der Bre-chungsindex von Luft (nLuft ≈ 1.02 am Boden) sehr nahe bei 1 liegt, haben dieCherenkov-Kegel einen sehr kleinen Offnungswinkel. Der Durchmesser des Licht-kegels betragt am Boden, den etwa 100 Cherenkov-Photonen pro m2 erreichen,nur wenige hundert Meter. Dies schrankt die Akzeptanz der HESS-Teleskopestark ein. Der Vorteil der Messmethode von HESS besteht allerdings darin,dass man anhand der Form des Lichtkegels zwischen Photonen und anderenPrimarteilchen unterscheiden kann und somit gezielt nach kosmischen Photo-nen suchen kann, die nicht durch das galaktische Magnetfeld abgelenkt werdenund somit die Suche nach Quellen von kosmischer Strahlung ermoglichen.

8 Fazit

Die modernen Teilchenbeschleuniger stossen mit den von LHC und dem ILCerreichbaren Energien im TeV Bereich an die Grenzen dessen, was technischrealisierbar ist. Teilchen mit um viele Großenordnungen hoheren Energien lassensich jedoch in der kosmischen Strahlung beobachten. Neue Experimente mitkosmischer Strahlung wie AMS-02, das Aufschlusse uber dunkle Materie liefernkann, oder KASCADE-Grande und Auger, die Information uber Beschleunigungund Propagation von kosmischen Teilchen im Universum liefern sollen, zeigen,dass die Teilchenastrophysik nicht nur fur die Astronomie, sondern auch fur die

32

Page 33: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

Teilchenphysik eine wichtige Rolle spielen kann.

Literatur

[1] R. Beck, “Galactic and extragalactic magnetic fields”, Space Science Re-views (2000)

[2] T. Wibig, A. Wolfendale, “At what particle energy do extragalactic cosmicrays start to predominate?”, J.Phys. G31 (2005) 255-264

[3] A.W. Strong, I.V. Moskalenko, “Models for Galactic cosmic-ray propaga-tion”, Adv.Space Res. 27 (2001) 717-726

[4] M. Ostrowski, “Mechanisms and sites of ultra high energy cosmic ray ori-gin”, Astropart.Phys. 18 (2002) 229-236

[5] E. Fermi, “On the Origin of the Cosmic Radiation”, Phys. Rev. 75, 1169-1174 (1949)

[6] E. Parizot, “Cosmic-rays and Particle Acceleration”, Vortragsrei-he 23-25. Feb.2005, Universitat Karlsruhe, http://www-ttp.physik.uni-karlsruhe.de/GK/Workshop/parizot.html

[7] K. Greisen, “End to the Cosmic-Ray Spectrum?”, Phys. Rev. Lett. 16,748-750 (1966)

[8] D. Bergman, “Chasing the GZK with HiRes”, Mod.Phys.Lett. A18 (2003)1235-1245

[9] D. de Marco, “The GZK Feature in the Spectrum of Ultra High EnergyCosmic Rays”, astro-ph/0308365

[10] G. Gelmini, O. Kalashev, D. V. Semikoz, “GZK Photons as Ultra HighEnergy Cosmic Rays”, astro-ph/0506128

[11] F.W. Stecker, “Ultrahigh Energy Cosmic Rays: New Physics or Old Phy-sics?”, Nucl. Phys. B, C136 (2004) 309-318

[12] D. F. Torres, L. A. Anchordoqui, “Astrophysical Origins of Ultrahigh Ener-gy Cosmic Rays”, Rept.Prog.Phys. 67 (2004) 1663-1730

[13] F.W. Stecker, S.T. Scully, “Lorentz Invariance Violation and the Spectrumand Source Power of Ultrahigh Energy Cosmic Rays”, Astropart.Phys. 23(2005) 203-209

[14] T. Sanuki, M. Motoki, H. Matsumoto et al., “Precise Measurement ofCosmic-Ray Proton and Helium Spectra with the BESS Spectrometer”,Astrophys.J. 545 (2000) 1135

[15] J. W. Mitchell, L. M. Barbier et al., “Measurement of 0.25–3.2 GeV Anti-protons in the Cosmic Radiation”, Phys. Rev. Lett. 76, 3057-3060 (1996)

[16] CAPRICE Collaboration, “The Cosmic-Ray Proton and Helium Spectrameasured with the CAPRICE98 balloon experiment”, Astropart.Phys. 19(2003) 583-604

33

Page 34: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

[17] J. W. Mitchell, L. M. Barbier, E. R. Christian, J. F. Krizmanic, K. Krombel,J. F. Ormes et al., “Measurement of 0.25–3.2 GeV antiprotons in the cosmicradiation”, Phys. Rev. Lett. 76, 3057–3060 (1996)

[18] A. Bottino, F. Donato, N. Fornengo, P. Salati, “Which fraction of the mea-sured cosmic-ray antiprotons might be due to neutralino annihilation in thegalactic halo?”, Phys.Rev. D58 (1998) 123503

[19] Y. Asaoka, Y. Shikaze, K. Abe et al., “Measurements of Cosmic-ray Low-energy Antiproton and Proton Spectra in a Transient Period of the SolarField Reversal”, Phys.Rev.Lett. 88 (2002) 051101

[20] T. Maeno, S. Orito, H. Matsunaga et al., BESS Collaboration, “Precisi-on Measurement of Cosmic-Ray Antiproton Spectrum”, Phys.Rev.Lett. 84(2000) 1078-1081

[21] T. Maeno, S. Orito, H. Matsunaga et al., BESS Collaboration, “SuccessiveMeasurements of Cosmic-Ray Antiproton Spectrum in a Positive Phase ofthe Solar Cycle”, Astropart.Phys. 16 (2001) 121-128

[22] AMS Collaboration, “The Alpha Magnetic Spectrometer (AMS) on theInternational Space Station, Part I, Results from the test flight on theSpace Shuttle”, Physics Reports, vol. 366/6 (Aug.2002), pp.331-404

[23] S. Coutu, S. W. Barwick, J. J. Beatty et al., “Cosmic-Ray Positrons: AreThere Primary Sources?”, Astropart.Phys. 11 (1999) 429-435

[24] A. Kounine, “Astroparticle Physics with AMS-02”, Proceedings of the 32ndInternational Conference on High Energy Physics (ICHEP 2004) 407-410

[25] M. Sapinski, “Cosmic Ray Astrophysics with the AMS-02 Experiment”,Proceedings of the 29th International Cosmic Ray Conference (ICRC 2005)101-106

[26] T. Antoni, et al, “KASCADE measurements of energy spectra for elementalgroups of cosmic rays: Results and open problems”, astro-ph/0505413

[27] K.-H. Kampert, et al., KASCADE-Grande Collaboration, “Cosmic Raysin the ’Knee’-Region - Recent Results from KASCADE”, Acta Phys.Polon.B35 (2004) 1799-1812

[28] EAS-TOP Collaboration, “Measurement of the cosmic ray hadron spec-trum up to 30 TeV at mountain altitude: the primary proton spectrum”,Astropart.Phys. 19 (2003) 329-338

[29] LOPES Collaboration, “LOPES Detecting Radio Emission from CosmicRay Air Showers”, SPIE 2004 proceedings

[30] D. Heck, “Extensive Air Shower Simulations with CORSIKA and the In-fluence of High-Energy Hadronic Interaction Models”, XXX Int. Symp.Multiparticle Dynamics (ISMD 2000)

[31] J. Swain, “The Pierre Auger Observatory”, Proceedings of CIPANP 2003

34

Page 35: Ausarbeitung zum Seminarvortrag uber¨ kosmische Strahlungweb.physik.rwth-aachen.de/~klein/seminar/GregorioRoper... · nigungsmodelle sind jedoch die von Enrico Fermi 1949 vorgeschlagene

[32] M. Mostafa, Pierre Auger Collaboration, “Atmospheric Monitoring for thePierre Auger Fluorescence Detector”, Proceedings of the 28th InternationalCosmic Ray Conference, Universal Academy Press, Inc. Tokyo, Japan, HE(2003) 465-468

[33] HESS Collaboration, “H.E.S.S. contributions to the 28th International Cos-mic Ray Conference”, Proceedings of the 28th ICRC, Tsukuba, Japan

35