ausblicke 1.13 - Innovation: Magazin fuer laendliche Entwicklung

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1.13 Magazin für ländliche Entwicklung Schwerpunkt Innovation Innovation im ländlichen Raum Innovation und Umwelt | Innovation und Gesellschaft | Innovation und Wirtschaft Alpen Kernraum Europas | Strukturwandel | Regionalentwicklung Netzwerk Land Kulturlandschaftspreis Netzwerk Land | Innovationspreis Leader Österreich | Leader-Regionen International Vernetzung für einen blühenden ungarischen ländlichen Raum ausblicke

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ausblicke – Magazin für ländliche Entwicklung ist die zweimal jährlich erscheinende Zeitschrift von Netzwerk Land. Inhalt: Informationen zu Themen der ländlichen Entwicklung und Neuigkeiten von Netzwerk Land und Partnernetzwerken. Netzwerk Land ist die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eingerichtete Servicestelle zur Begleitung und Vernetzung des Österreichischen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013.

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1.13 Magazin für ländliche Entwicklung

Schwerpunkt

InnovationInnovation im ländlichen RaumInnovation und Umwelt | Innovation und Gesellschaft | Innovation und Wirtschaft

AlpenKernraum Europas | Strukturwandel | Regionalentwicklung

Netzwerk LandKulturlandschaftspreis Netzwerk Land | Innovationspreis Leader Österreich | Leader-Regionen

InternationalVernetzung für einen blühenden ungarischen ländlichen Raum

ausblicke

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Prolog ausblicke 1|13 1

Mein Ziel ist es, den ländlichen Raum auch in Zukunft lebensfähigzu erhalten. Durch Unterstützung innovativer Ideen und Aktionenwollen wir zur Stärkung der regionalen Identität und Wertschöpfungsowie zur nachhaltigen Verbesserung der Wettbewerbsfähig keitder Regionen beitragen. Ein starkes Innovationssystem in länd lich -en Regionen ist von wesentlicher Bedeutung für Österreich. Inno-vationsprozesse und innovative Ansätze sind Voraussetzung für dieVerbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und ein intelligentes undnachhaltiges Wachstum in der Land- und Forstwirtschaft. Im Rah-men der ländlichen Entwicklung werden diese Aktivitäten und inno -vativen Vorhaben vor allem auch durch die Lokalen Aktionsgruppender Leader-Regionen vorangetrieben, die hier über lange Erfahrungund Koordinierungsstrukturen verfügen. Diese bereits vorhandeneVielfalt an innovativen Strukturen heißt es auszubauen und vor-handene Synergien zu nützen.

Mir ist es wichtig, die flächendeckende bäuerliche Bewirt-schaf tung in Österreich zu erhalten, damit das Leben am Land attrak tiv bleibt. Dazu brauchen wir leistungsstarke, innovative underfolgreiche Betriebe. Wir müssen diejenigen, die innovative Ideenentwickeln und den ländlichen Raum am Leben erhalten, bestmög-

Innovation im ländlichen RaumNiki Berlakovich, Landwirtschaftsminister

lich motivieren und unterstützen. Daher habe ich die Initiative „Unter nehmen Landwirtschaft 2020“ ins Leben gerufen, um den Unternehmergeist der Bäuerinnen und Bauern zu stärken. Die Land-und Forstwirtschaft hat immer wieder die Fähigkeit bewiesen, auf Marktentwicklungen und Nachfragetrends in vielfältigen Geschäfts feldern zu reagieren und sich durch Qualitäts-, Regional-oder Nischenstrategien erfolgreich am Markt zu positionieren.Durch die Struktur der Land- und Forstwirtschaft sowie die topo-grafischen und klimatischen Bedingungen in Österreich ist eine Ver-breiterung der Einkommensquellen in den Betrieben, wie etwa Ver-knüpfungen der Bewirtschaftung mit touristischen Angeboten oderProduktveredelungen, notwendig und möglich. Der in den letztenJahren sehr stark zunehmende Bereich der biologischen Produk-tion ist ein weiteres Beispiel für richtungsweisende Erfolge durchinnovative Ansätze. Aber auch sektorübergreifend leis ten Innova-tionen im ländlichen Raum einen wichtigen Beitrag zur regionalenWertschöpfung, zur Beschäftigung und zum Umweltschutz. Sieschaffen die Basis für die erfolgreiche Entwicklung zusätzlicher undeinander oft sinnvoll ergänzender Wirtschaftsaktivitäten für die Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Regionen. |||

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ausblicke 1|13 Vorwort2

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser! Sind Sie innovativ? Ach,Sie fangen mit dem Begriff nicht sehr viel an, weil der eine an „er-finderisch“, die andere an „kreativ“ denkt? Dann befinden Sie sichin guter Gesellschaft: So wie Qualität etwas Relatives ist, scheintes sich auch mit Innovation zu verhalten.

Für die einen geht es um Erfindungen, etwas noch nie Dage-wesenes, für die anderen ist eine Verbesserung in einem kleinenTeilbereich (z. B. ein neuer Verschluss für ein Milchpackerl) oderdie Übertragung einer bewährten Lösung in einen anderen Kontextschon innovativ.

Im soziokulturellen Zusammenhang fällt auf, dass Europa, der„alte“ Kontinent, stellvertretend für Tradition, für das Bewahrendeund Konservative steht, während die US-AmerikanerInnen sich wiekleine Kinder über alles (mehr oder weniger) Neue freuen können.Oder auch die JapanerInnen: Da war doch einmal was mit dem Tamagotchi …

So wie „neu“ oder „anders“ nicht immer besser ist, ist „ge-wohnt“ oder „alt“ auch keine Alternative. Doch wie das Maß zwi-schen diesen beiden Polen finden?

Um die Bibel zu zitieren (keine Angst, es ist das einzige Mal):„Prüfet alles, das Gute aber behaltet!“, schreibt Paulus. Dazu pas-send fällt mir als Vorarlberger ein Spruch aus dem Bregenzerwaldein (eine Gegend, die nicht gerade als Vorreiterin des Fortschrittsbekannt ist – im Gegenteil). Dort heißt es: „Mir earod des Olt undgrüezed des Nü und blieban üs seal und dr Hoamat trü!“ Übersetztfür Nichtvorarlberger: „Wir ehren das Alte und begrüßen das Neueund bleiben uns selbst und der Heimat treu!“

Innovation ist eine Frage der Einstellung: Bin ich offen fürNeues/anderes, ohne gleich kritiklos dem neuesten Mainstream oderdem letzten Schrei nachzulaufen? Das kann nur, wer – siehe Zitataus dem Bregenzerwald – sich selbst treu ist und über ein Instru-mentarium verfügt, mit dem das Neue auf Nützlichkeit, ethische Kor-rektheit oder Auswirkungen auf die Zukunft überprüft werden kann.

Wenn es dann um Veränderung, Entwicklung, Anpassung oder Pro-blemlösung geht, gibt es bewährte Vorgangsweisen. Einmal kleinanfangen, eines nach dem anderen, Trial and Error und wie diesebewährten Rezepte sonst noch heißen mögen. Was einem aber nie-mand abnehmen kann, ist der manchmal unangenehme Prozess,einen Schritt nach dem anderen zu setzen, Lehrgeld zu bezahlenoder sich mit der Unsicherheit bei der nächsten Weggabelung aus-einanderzusetzen.

Menschen sind verschieden, so auch die Herangehensweisebei Veränderungen: Die einen stürmen drauf los („zwei Schritte aufeinmal“), andere wollen mit dem übernächsten Schritt beginnen(weil der erste oft der mühsamste ist), andere bleiben stehen undkommen nicht vom Fleck, obwohl der Weg vor ihnen liegt.

Und welcher Typ sind Sie? In dieser Ausgabe der „Ausblicke“wollen wir den verschiedenen Aspekten der Innovation auf denGrund gehen, theoretisch und praktisch. Ich denke, es ist für jede(n)etwas dabei.

Sicher ist, dass in der nächsten Periode der ländlichen Ent-wicklung der Innovation ein deutlich größeres Gewicht eingeräumtwerden soll als derzeit. Die Welt verändert sich und mit ihr die länd-lichen Räume.

Der zweite Schwerpunkt der Ausblicke sind die Alpen. Lebens- und Naturraum, Transithindernis und Wirtschaftsgrund-lage − sie stehen immer wieder im Widerstreit der Interessen. Auchdazu spannen wir einen Bogen von der Raumplanung zur Land-wirtschaft und von der Politik zur kulturhistorischen Betrachtung.

Da passt nur zu gut dazu, dass die EU im Dezember 2012 eineeigene (gesetzlich geschützte) Qualitätskategorie für Lebensmittelmit dem Begriff „Bergerzeugnis“ geschaffen hat. Die Alpen als geis tiges Eigentum? Man wird sehen … |||

Einen entspannten Lesegenuss wünscht IhnenChristian Jochum, Leiter von Netzwerk Land

Innovation beginnt im Kopf!

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Inhalt

1 Prolog2 Vorwort

Innovation im ländlichen Raum 6 Wie kommt das Neue in die Welt? Josef Hochgerner

Innovation und Umwelt10 Naturschutz und Innovation – Zeitlos trifft Zeitgeist!

Michael Proschek-Hauptmann

12 Holzgas: Vision einer dezentralen Stromversorgung Peter Liptay

14 Ist nachhaltige Intensivierung möglich? Maximilian Hardegg und Beate Koller

16 Gedanken zu Naturschutz und Innovation

Innovation und Gesellschaft18 Wie passiert Entwicklung im ländlichen Raum?

Martin Heintel

20 Regionale Innovationssysteme Franz Tödtling22 Kreatives Land: Innovationen aus Kultur- und

Kreativwirtschaft für die ländliche EntwicklungSylvia Amann

23 Leader und Innovation aus der Sicht der Europäischen Kommission Henk Kieft

24 Leader und Innovation

Innovation und Wirtschaft26 Nur der Wandel ist beständig Hermann Schultes

28 Vertrieb als Innovationsfeld der Zukunft Christian Jochum

29 Damit es gut weitergeht Karin Okonkwo-Klampfer

30 Hightech in der Landwirtschaft Heinrich Prankl 32 Wer trägt wie zur Innovation in der Land- und

Forstwirtschaft bei?

34 Was ist Innovation? Leo Baumfeld

36 Ländliche Entwicklung und Innovation: Subventionen als Treiber oder Bremser?Markus F. Hofreither

Alpen40 Die Alpen – Kernraum Europas Hans Heiss42 Kommt eine Makroregion Alpen und wenn ja,

welche? Werner Bätzing

44 Die Alpenkonvention – alt, aber auch bewährt? Peter Haßlacher

45 Die Alpenkonvention und die Plattform „Berglandwirtschaft“ Ewald Galle

46 Regionale Entwicklungsschwerpunkte undtransnationale Kooperation im AlpenraumChristian Salletmaier

Netzwerk Land50 Innovationspreis Leader Österreich Luis Fidlschuster51 Das Arbeitsprogramm 2013 im Themenbereich

„Landwirtschaft und Markt“ Christian Jochum52 Kulturlandschaftspreis 2013 Felicia Lener und

Hemma Burger-Scheidlin

53 Beteiligungsprozess „LE 2020 – Allianz fürs Land“Veronika Madner

54 CIPRA Österreich Christian Baumgartner

55 Agrarische F&E-Einrichtungen in Österreich und in der EU Elfriede Fuhrmann

56 Sonnenparadies kärnten:mitte Teresa Arrieta58 Stiller Reichtum im Mittelburgenland Teresa Arrieta

International60 Vernetzung für einen blühenden ungarischen

ländlichen Raum Agnes Kiss

62 Internationale Termine63 Literatur- und Webtipps64 NWL-Veranstaltungen65 Impressum

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Was bedeutet Innovation? Für die einen geht es um umfassende Neuerungen, um Erfindungen, um noch nie Dagewesenes, für die anderen ist eineVerbesserung in einem kleinen Teilbereich oder die Übertragung einer bewährten Lösung in einen anderen Kontext schon innovativ.

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Innovation im ländlichen Raum

Foto: Festival der Regionen 2011, Projekt „11 days of creation“

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n der Natur entsteht das Neue entweder zyklischoder aus Mutation und Selektion in fortlaufenderEvolution. Werden und Vergehen mit Jahreszeitenoder biologischen Lebenskreisläufen überlagern denGang der Evolution. Drastisch und spektakulär trittdas Neue fallweise nach Katastrophen in Erschei-nung, wenn viel Altes vernichtet wurde und Raum fürNeues entsteht.

In Gesellschaft und Wirtschaft muss Neuesneben oder anstatt von bestehenden Verhaltenswei-sen und Strukturen Platz finden – im übertragenenSinn geboren, zur Welt gebracht, genährt, am Lebenerhalten und entwickelt werden. Krisen und Brüchezwingen mehr zu Erneuerung, als Innovationen durchgeordnete Verhältnisse und Wohlstand prinzipiell be-günstigtwerden. Die kulturelle Evolution „zeigt immerwieder Gabelungen und hervorsprießende Zweige.Eine Gabelung steht für die Eröffnung eines neuenWeges, einer neuen Arbeitsweise. Eine … richtungs-ändernde Abweichung von der bisher üblichen Praxisnenne ich eine Basisinnovation. Technologische Ba-sis innovationen schaffen neue Gewerbe- oder Indus -trie zweige, nichttechnische Basisinnovationen eröff-nen neue Betätigungsfelder in der Kultursphäre, inder öffentlichen Verwaltung, im sozialen Dienst.“ 1 Dieneuere Innovationsforschung bezeichnet Basis - innovationen als „radikale Innovationen“ – gegenüber„inkrementellen Innovationen“, die aus den tragen-den Ästen der Basisinnovationen abzweigen.

Alles Neue wird alt, während das Alte einmalneu war und seinerzeit gegen Altes durchgesetzt wer-den musste. Seit der Antike ist bekannt, dass das Dau-erhafteste in der menschlichen Gesellschaft der per-manente Wandel ist: Alles fließt (panta rhei, Heraklit).Aktuell wird oft darüber gestöhnt, dass alles anders

wird, während doch alles beim Alten zu bleibenscheint. Teile der Gesellschaft wollen mehr Verände-rung, andere meiden den Wandel. Die Ansichten da -rüber, was sich in welche Richtung ändern soll, sindnicht nur unterschiedlich, sondern variieren auch imLauf der Zeit.

Wachsender Bedarf an InnovationenDie stets prekäre Balance zwischen bewahrendenund verändernden Kräften bestimmt den Zustand derGesellschaft. Ob Kultur, Politik, Recht oder Wirtschaft:Keines dieser Systeme strebt von selbst zu einemGleichgewicht, außer es stirbt. Bei Schumpeter 2 bil-det die Ablehnung der ökonomischen Gleichge-wichtstheorie den Hintergrund seiner Analysen überdie Notwendigkeit von Innovationen: „Neue Kombi-nationen von Produktionsfaktoren“ sind nach seinembis heute anerkannten Grundverständnis von Innova-tion unabdingbar für wirtschaftlichen Erfolg: „Die Er-öffnung neuer, fremder oder einheimischer Märkteund die organisatorische Entwicklung vom Hand-werksbetrieb und der Fabrik zu solchen Konzernenwie dem U.S.-Steel illustrieren den gleichen Prozesseiner industriellen Mutation …, der unaufhörlich dieWirtschaftsstruktur von innen heraus revolutioniert,unaufhörlich die alte Struktur zerstört und unaufhör-lich eine neue schafft. Dieser Prozess der ‚schöpferi-schen Zerstörung‘ ist das für den Kapitalismus wesentliche Faktum. Darin besteht der Kapitalismusund darin muss auch jedes kapitalistische Gebildeleben.“ 3

Innovationen sind demnach notwendig, um denBestand von einzelnen Unternehmen bzw. das Funk-tionieren des Gesamtsystems zu gewährleisten: Ver-änderung ist ein Mittel zur Sicherung des Bestehen-

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Wie kommt das Neuein die Welt?

Innovationen im gesellschaftlichen Wandel

„Zwei Gefahren bedrohen unaufhörlichdie Welt: die Ordnung und die Unordnung.“ Paul Valéry

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1 G. Mensch, Das technologischePatt. Innovationen überwindendie Depression, Frankfurt/Main: Fischer 1975, S. 56 f.

2 J. Schumpeter, Theorie derwirtschaftlichen Entwicklung.Eine Untersuchung über Unternehmergewinn, Kapital, Kredit, Zins und denKonjunkturzyklus (1912), Berlin:Duncker & Humblot 2006.

3 J. Schumpeter, Kapitalismus,Sozialismus und Demokratie(1942), Tübingen: UTB 2005, S. 137 f.

Josef Hochgerner

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Innovation im ländlichen Raum ausblicke 1|13 7

den. Es mag paradox klingen; aber der größte Teil von Innovationen ist weniger Ursache als das Ergebnisdes sozialen Wandels. Alle Formen von Innovationsind Teil der kulturellen und sozialen Entwicklung. Diefortschreitende Technisierung und Globalisierungsteigern den Bedarf an Innovation technischer Artwie auch an sozialen Innovationen, wovon Rechts-und Verwaltungsreformen (aktuell etwa die Park-raumbewirtschaftung in Wien) wiederum eine Teil-menge bilden. Zivilgesellschaftliche Netzwerke kön-nen ebenso sozial innovativ sein wie Organisations-entwicklung und Konfliktlösung in Betrieben, DiversityManagement, neue Lernformen oder soziale Dienst-leistungen.

Technische Erfindungen gelten nur dann als Inno -vationen, wenn sie marktfähig werden und kommerziell

erfolgreich sind. Ähnlich müssen soziale Innovatio-nen gesellschaftlich definierten Nutzen für ihre Ziel-gruppen erbringen. Auf soziale Entwicklungen zie-lende Ideen werden zu Innovationen, wenn sie besserwirken als konkurrierende Konzepte, daher Akzeptanzfinden und genutzt werden. Wenn so durch Anwen-dung und Verbreitung aus einer sozialen Idee eine soziale Innovation wird, trägt diese entweder zur Befriedigung konkreter sozialer Bedürfnisse, zur Be-wältigung allgemeiner gesellschaftlicher Heraus for-derungen oder zu systemischen Veränderungen derGesellschaft bei.4

Zielgerichtete VeränderungInnovationen sind Neuerungen, für die individuelleund organisierte Kreativität, Arbeit und Personal,

4 Vgl. A. Hubert et al., Empowering people, drivingchange: Social innovation inthe European Union, Brüssel:BEPA (Bureau of European Policy Advisers) 2010;http://ec.europa.eu/bepa/pdf/publications_pdf/social_innovation.pdf.

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Wissenschaft und Forschung eingesetzt werden, umbestimmte Ziele zu erreichen. Dieses Um-Zu kann aufVerkaufszahlen und Gewinnerzielung ausgerichtetsein, aber auch auf eine Verbesserung von Lebens-qualität oder gesellschaftliche Ideale wie soziale Gerechtigkeit. Schumpeter betonte für den Erfolg vonInnovationen den Aufwand dafür, einschließlich derÜberwindung von Widerständen und der Unverzicht-barkeit persönlicher Führung. Sein Zeitgenosse Horace Kallen bestritt die zentrale Bedeutung von Ab-sichten, weil die Gründe für Innovation viel zu diversseien.5 Von Interesse ist hier aber nicht nur dieserVergleich, sondern v.a. dass Schumpeters auf dieÖkonomie fokussiertes Konzept geradezu geschichts-mächtig wurde, während das umfassendere Innova-tionsverständnis von Kallen ohne Resonanz blieb.

ie zunehmende wirtschaftliche Bedeutung vongezielt durch Forschung geförderten Innovationen istselbst etwas Neues in unserer Welt. Daran zeigt sicheine wichtige Komponente dessen, was Neues in dieWelt bringt: Es gibt begünstigende oder hemmendeBedingungen für jeweils bestimmte Formen von Innovation. Im globalisierten System der kapitalisti-

schen Marktwirtschaft 6 ist es die Dominanz der Ökono mie gegenüber der Gesellschaft, die zu einerInnovationskultur führt, in der primär wirtschaftlich verwertbare Innovationen gefordert und gefördertwerden. Die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellenVeränderungen des 21. Jahrhunderts stellen jedochüber die Wirtschaft hinausweisende Anforderungenan die Analyse und Implementierung von Innovatio-nen im Allgemeinen und von sozialen Innovationen imBesonderen.

Die Bedeutung sozialer InnovationenInnovative Problemlösungen sind nicht nur im Unter-nehmenssektor wichtig, sondern ebenso im öffentli-chen Sektor und in der Zivilgesellschaft. Fundamen-tale Herausforderungen von der alternden Gesell-schaft und Migration über Finanzialisierung 7 nebenArmut und skandalös wachsender sozialer Ungleich-heit bis zu Klimawandel verlangen mehr als techni-sche und wirtschaftlich ertragreiche Innovationen.Als Zeichen und Elemente von Veränderung gewin-nen soziale Innovationen in Krisen an Bedeutung.

Das Spezifikum von sozialen Innovationen sindihre nicht ökonomischen, sondern sozial bestimmtenZwecke: Was traditionell unter Innovation verstandenwird, schafft wirtschaftlichen Mehrwert – und hatauch soziale Effekte; soziale Innovationen hingegenschaffen gesellschaftlichen Mehrwert – und habenauch wirtschaftliche Effekte. Definiert werden sozialeInnovationen als neue Praktiken zur Bewältigung ge-sellschaftlicher Herausforderungen, die von betrof-fenen Personen, Gruppen und Organisationen ange-nommen und genutzt werden.8

Die Durchsetzung einer sozialen Innovation er-fordert umso mehr Aufwand, je höher die Komplexitätder Gesellschaft ist und je ungleicher Macht und Ein-fluss verteilt sind. Theoretisch müssten Innovationenin einfach strukturierten, egalitären Gesellschaftenam leichtesten realisiert werden können. Allerdingsgibt es dem widersprechende Innovations kulturen: einerseits in Gesellschaften, die Innovationen grund-sätzlich ablehnen (etwa die vorindustrielle Hand-werkskultur der Zünfte), andererseits in Gesellschaf-ten, die gerade unter autokratischen bis diktatori-schen Regimen sehr innovativ wirken (z. B. Singapur).Soziale Innovationen zu Zwecken eines guten undselbstbestimmten Lebens gedeihen unter solchen

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5 “The changes or novelties of rites, techniques, customs,manners and mores which constitute innovation are usually thought of as purposive… But the causes of innovationare too complex to be coveredby merely personal intent.” H. Kallen, „Innovation“, in: E. Seligman und A. Johnson(Hg.), Encyclopaedia of the Social Sciences, vol. 8, London:Macmillan 1932, S. 58 f.

6 Vgl. K. Polanyi, The GreatTransformation. Politische und ökonomische Ursprüngevon Gesellschaften und Wirtschaftssystemen (1944),Frankfurt/Main: Suhrkamp1978.

7 Vgl. P. Cetkovic und E. Stock-hammer, „Finanzialisierung und Investitionsverhalten vonIndustrie-Aktiengesellschaftenin Österreich“, in: Wirtschaftund Gesellschaft, Bd. 36/4,2010, S. 453–480; T. I. Palley,Financialisation: What It Is and Why It Matters, 2007,www.levyinstitute.org/pubs/wp_525.pdf.

8 Zentrum für Soziale Innovation,Alle Innovationen sind sozialrelevant, Wien: ZSI DiscussionPaper 13, 2012, S. 2.

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Bedingungen freilich weit weniger als etwa neuePraktiken zur Überwachung und Kontrolle. Die Fragedanach, wie das Neue in die Welt kommt, ist daher zumodifizieren: Welche Neuheiten können unter wel-chen Bedingungen in die soziale Welt kommen?

istorische Beispiele von Innovationen mit großemEinfluss auf die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft sind etwa die extrem folgenreichen Ver-besserungen, die James Watt 1776 an einer Dampf-maschine der Universität Glasgow gelangen. Als so-ziale Innovationen waren die Einführung und allmäh-liche Durchsetzung eines verpflichtenden Unterrichtssowie der Aufbau von Pfeilern des modernen Sozial-staats (von Unfall-, Arbeitslosen-, Renten- und Sozial-versicherung bis zu Familienförderungen) ebensowichtig wie die Institutionalisierung von Interessen-vertretungen und die spezifische Form der österrei-chischen Sozialpartnerschaft. An anderen Beispielen,vom Kindergarten zum Kinderladen, von immer ge-nauer werdenden Verkehrsregeln bis zum neuen Kon-zept des „shared space“, zeigen sich Wellen der Ent-stehung des Neuen aus dem Alten: Alle Innovationendurchlaufen einen Lebenszyklus. Neue und oft unbe-liebte Ideen müssen Widerstände überwinden, bevorsie Verbreitung finden.9 Ohne Erfolg in Märkten oderin sozialen Gruppierungen fehlt jeder noch so großar-tigen Idee oder Erfindung der Schlussstein, der sieerst zur Innovation macht. Ist dieser Stein gesetzt, soschwindet allerdings die Eigenschaft des Novums: DieInnovation gehört dann gerade durch ihren Erfolg zudem, was in einer bestimmten Zeit, Region oder so-zialen Schicht „Stand der Technik“ bzw. „soziale Kon-vention“ (Tradition) ist.

Realisierung und Formen von sozialen InnovationenIn Forschung und Management werden vier Grund -typen von Innovationen unterschieden: neue Pro-dukte, Produktionsverfahren, Marketing und organi-satorische Innovationen in Unternehmen.

In gesellschaftlichen Prozessen entsteht dasNeue in Phasen – von der Wahrnehmung und Analyseeines Problems zur Idee einer möglichen Lösung überdie Suche und Entwicklung von Methoden und die Bil-dung von Netzwerken und Allianzen zur Umsetzung –

und endet in Akzeptanz, Verbreitung und beobacht-baren Folgen. Wie bei allen Innovationen könnenauch hier Zuspruch und Widerspruch aufeinander-prallen: Soziale Innovationen sind nicht generell odernormativ „gut“, weil „sozial“. Ihre Auswirkungen be-treffen in der Regel verschiedene Teile der Gesell-schaft durchaus unterschiedlich.

Als Formen von sozialen Innovationen könnenunterschieden werden: neue Rollen (Aufgaben undVerhaltensweisen), veränderte Beziehungen (Koope-rations- oder Konkurrenzmuster), Normen (informelleund formelle Regeln, in kleinen sozialen Einheiten bishin zu internationalen Verträgen) und neue oder realgelebte Werte.10

Die Kategorie „Werte“ steht hier für das, wasHorace Kallen hauptsächlich als Innovation verstand,nämlich die Veränderung von Bräuchen, Sitten undMoral. Diese Konzepte sind nicht so eindeutig zu beschreiben und mit Indikatoren zu erfassen wie Pro-duktions- und Umsatzziffern bei Produktinnovationen.Werte sind unscharf und variantenreich in ihrer Er -scheinung, blühen oft nur im Verborgenen und schei- nen vielfach wirkungslos. Das liegt vor allem daran,dass Werte in der sozialen Praxis selten direkt und individuell selbstbestimmt, sondern fast ausschließ- lich in gesellschaftlich formierten Referenzrahmenwirksam werden. Referenzrahmen bestehen aus einer„Matrix von ordnenden und organisierenden Deu-tungsvorgaben. [Sie] sind historisch und kul turellhöchst variabel … [und] gewähren Handlungsökono-mie: … Kein Handelnder muss immer wieder bei nullbeginnen und stets aufs Neue die Frage beant worten:Was geht hier eigentlich vor? Der allergrößte Teil derAntworten ist voreingestellt und abrufbar – ausgela-gert in einen kulturellen Orientierungs- und Wissens-bestand, der weite Teile der Aufgaben im Leben inRoutinen, Gewohnheiten, Ge wissheiten auflöst undden Einzelnen kolossal entlastet.“11

as Neue in der Welt ist demnach nicht immerganz so neu wie häufig behauptet, und auch beim Finden seines Platzes in der Welt wirken etablierte soziale Tatsachen 12 prägend mit. |||

Josef Hochgerner, Gründer und Wissenschaftlicher Leiter des

Zentrums für Soziale Innovation in Wien.

Innovation im ländlichen Raum ausblicke 1|13 9

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Weitere Informationen:

www.zsi.at

9 Von Arthur Schopenhauer istals Zitat überliefert: „Erst wirdeine neue Idee belächelt, dannbekämpft, und plötzlich ist sieeine Selbstverständlichkeit.“

10 J. Hochgerner, „New combina-tions of social practices in theknowledge society“, in: H.-W. Franz, J. Hochgernerund J. Howaldt (Hg.), Challenge Social Innovation.Potentials for Business, SocialEntrepreneurship, Welfare and Civil Society, Heidelberg: Springer 2012, S. 87–104.

11 S. Neitzel und H. Welzer, Soldaten. Protokolle vomKämpfen, Töten und Sterben,Frankfurt/Main: S. Fischer2011, S. 17.

12 Eine „soziale Tatsache“ (z.B. ein Referenzrahmen) ist„jede mehr oder minder festgelegte Art des Handelns,die die Fähigkeit besitzt, aufden Einzelnen einen äußerenZwang auszuüben“. E. Durkheim, Die Regeln dersoziologischen Methode(1895), Neuwied-Berlin: Luchterhand 1984, S. 115.

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Zeitlos trifft ZeitgeistNaturschutz und Innovation

Naturschutz hat damit einen konservativen Grundte-nor und steht dem modernen Wirtschaftsmodell gegen über, in dem technische Innovation und wissen -schaftlicher Fortschritt oft als alleinige Recht fer ti-gungskriterien für gesellschaftliches Handeln he ran-gezogen werden. Dabei ist Natur an sich ganz und garnicht konservativ oder konservierend, im Gegenteil:Evolution und Innovation gehören zu den Kernmecha-nis men des Fortschritts in der Natur.

Vorsorge statt FortschrittDer augenscheinliche Konflikt zwischen Naturschutzund Innovation ist also kein grundsätzlicher. Vielmehrscheint die zeitliche Dimension ausschlaggebend zusein: Während Innovation und Fortschritt in der Naturim Rahmen von Jahrzehnten bis Jahrmillionen statt-finden, kommen Innovationen im heutigen politischenVerständnis innerhalb von Legislatur- oder Finanzpe-rioden von wenigen Jahren zum Tragen. Der Mangel

„Nature conservation“, die englische Bezeichnung für Naturschutz, drückt sehr gut aus, worum es beim Schutz unserer natürlichen Lebensressourcen primär geht: Im Mittelpunkt stehen der Erhalt der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und die Bewahrung der Artenvielfalt sowie der Eigenart und Schönheit von Natur, Landschaft und Wildnis. Michael Proschek-Hauptmann

an Zeit und Wille, wirtschaftliche oder politische Inno -vationen hinsichtlich ihrer Wirkung auf die allgemeineUmweltsituation zu hinterfragen und zu analysieren,untermauert den Konflikt zwischen Erhalt der Naturund technischem Fortschritt. Aurelio Peccei, Wirt-schaftsfachmann und Gründer des „Club of Rome“,eröffnet einen alternativen Blickwinkel auf diese Problematik: „Fortschritt kann auch darin beste hen,auf wissenschaftliche Neuerungen zu verzichten.“

Eine politische Absage wurde der unreflektier-ten Fortschrittshörigkeit bereits vor mehr als zwanzigJahren erteilt. So sieht Artikel 35 der Agenda 21 (Vor-sorgeprinzip) vor, dass „angesichts der Gefahr irre-versibler Umweltschäden ein Mangel an vollständi-ger wissenschaftlicher Gewissheit nicht als Ent-schuldigung dafür dienen soll, Maßnahmen hinaus- zuzögern, die in sich selbst gerechtfertigt sind. BeiMaßnahmen, die sich auf komplexe Systeme bezie-hen, die noch nicht voll verstanden worden sind und

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Innovation und Umwelt ausblicke 1|13 11

bei denen die Folgewirkungen von Störungen nochnicht vorausgesagt werden können, könnte der Vor-sorgeansatz als Ausgangsbasis dienen.“ Vor diesemHintergrund wird klar, dass den Anliegen eines kon-servierenden Natur schutzes, wie er vor allem im Be-reich der Kulturlandschaft praktiziert werden muss,absolute Berechtigung zukommt.

Altes Konzept, neuer RahmenHat nun also Innovation in diesem Bereich keinenPlatz? Und ob! Denn wenngleich konkrete Innovati-ons möglichkeiten im Bereich der für ein definiertesGebiet getroffenen Maßnahmen limitiert sind –Schutz gebiete sind Ausschlusszonen für bestimmteEingriffe; Wiesen müssen freigehalten werden, umnicht der Sukzession anheimzufallen, etc. –, so ist dasInnovationspotenzial bei der Gestaltung der Rahmen-bedingungen für den Naturschutz geradezu uner-schöpf lich. Von Naturschutzakteurinnen und -akteu-ren darf und muss man erwarten können, dass siesich intensiv mit der Wirkrichtung getroffener Maß-nahmen auseinandersetzen: Ist die Art und Weise derMaßnahmenumsetzung effektiv, und wird mit den wenigen zur Verfügung stehenden Ressourcen dasOptimum erreicht? Oder sollten zum Beispiel neueModelle der Zusammenarbeit mit Wirtschaftsakteu-rinnen und -akteuren in Betracht gezogen werden, um eine breitere Basis für die Umsetzung von Maß-nahmen herzustellen und die Bewusstseinsbildungbei Landbewirtschafterinnen und -bewirtschafternsowie Landnutzerinnen und -nutzern zu fördern? DieErhaltung und Bewirtschaftung von Natur- und Kul-turlandschaften wieder zu einem Koppelprodukt wirt-schaftlichen Handelns zu machen, wie das in der vor-industriellen Zeit der Fall war, wird unter den derzei-tigen Rahmenbedingungen zwar nicht einfach sein,jedoch sollte vermehrt in diese Richtung gedacht wer-den. Immerhin definiert sich das Selbstverständnisfast aller LandbewirtschafterInnen durch die Nah-rungsmittelproduktion und (noch) nicht durch die Be-reitstellung öffentlicher Güter.

Innovation braucht StrukturenIn diesem Zusammenhang ist die Politik gefordert,Verständnis für die potenziellen Schnittstellen vonNaturschutz und Innovation zu entwickeln. Geradeauch in der Diskussion über die Neuausrichtung der

Förderungen für den ländlichen Raum sind politischeAkzente zu setzen, die Innovationen im Naturschutzmöglich machen. Der Naturschutz ist strukturell nichtgut aufgestellt. Die Vereine sind finanziell ausgehun-gert und zum Teil überaltert; es mangelt auch an Res-sourcen, sich um eine flächendeckende und an fach-lichen Notwendigkeiten orientierte Umsetzung vonMaßnahmen zu bemühen, sowie an der Zeit, sich mittatsächlichen Innovationen auseinanderzusetzen.Auch die Behörden leiden unter personeller und finanzieller Ressourcenknappheit.

Mangelnde Innovation ist also oft ein Kind derNot, doch diese „Ausrede“ ist fehl am Platz. Immerhingeht es um die Lebensgrundlagen und die Lebens-qualität aller BürgerInnen. Daher muss die Politiknicht nur für die Stärkung von Kooperationen und dieErmöglichung von Innovationen – z. B. durch Klein-projektförderung oder eine engere Verschränkung mitden Instrumenten der Regionalentwicklung (Leader)– sorgen, sondern sich vor allem auch der Struktur-frage stellen. Wenn bestehende Strukturen nicht aus-gebaut und strukturelle Lücken nicht gefüllt werden,um Umweltziele zu erreichen, ist auch der Spielraumfür Innovation limitiert. Gleichzeitig wäre die Politikgut beraten, sich im Zusammenhang mit Naturschutzmit neuen Ansätzen wie dem Thema Natur und Ge-sundheit oder der ökonomischen Bewertung vonNatur und Ökosystemleistungen zu beschäftigen.Denn diese „neuen“ innovativen Blickwinkel relati-vieren auch die derzeit untergeordnete Rolle des Natur schutzes im politischen Diskurs.

Naturschutz sichert LebensqualitätDiese Themen sind jedoch nicht nur für die Politik rele vant, sondern auch für die allgemeine Öffentlich-keit. Die Wertschätzung für etwas „Konservatives“und „Uninnovatives“ wie den Naturschutz wird stei-gen, sobald auch der breiten Bevölkerung klar wird,dass es bei Naturschutz nicht um Verhinderung undEinschränkung, sondern in erster Linie um die Siche-rung der Lebensgrundlagen und Lebensqualität füruns und die nachfolgenden Generationen geht. DenHandlungsbedarf in dieser Angelegenheit vor Augen,ist Innovation im Naturschutz möglich und nötig, denndie Verschneidung zeitgeistiger Gesellschaftsthemenmit einer zeitlosen Thematik wie dem Naturschutzbraucht definitiv neue und innovative Ansätze. |||

Michael Proschek-

Hauptmann,

Umweltdachverband/

Netzwerk Land

Foto: Mika Abey – Pixelio.de

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Die Technologie zur Holzgasentwicklung gibt es be-reits seit über 100 Jahren. Im Zweiten Weltkrieg wur-den Kraftfahrzeuge mit einem improvisierten, mitBrennholz befüllten Holzvergaser ausgestattet. DieGeneratoren wurden außen an die Karosserie mon-tiert oder als Anhänger mitgeführt.

Heute bietet die Holzvergasung vor allem inKombination mit Biomasse-Nahwärmeanlagen, aberauch in landwirtschaftlichen Betrieben und kleinerenHolz verarbeitenden Betrieben eine Chance zur öko-logischen Energiegewinnung und Erzielung zusätzli-cher Wertschöpfung. Der wesentliche Vorteil einesHolzvergasers gegenüber anderen Technologien istder hohe elektrische Wirkungsgrad von etwa 23 bis 30 Prozent. Bei einem Stirling-Motor werden zum Bei-spiel 5 bis 8 Prozent an elektrischem Wirkungsgraderzielt, bei kleineren Biomasse-Dampfkraftwerkenetwa 10 bis 15 Prozent.

Das Prinzip der HolzvergasungNach wie vor beherrschen bei der Biomasseverstro-mung weitgehend Großanlagen das Bild. Seit vielenJahren wird jedoch nach Möglichkeiten gesucht,auch in kleinen Anlagen Strom aus fester Biomassemit hohem Wirkungsgrad zu erzeugen. Ein Weg ist diethermochemische Umwandlung von Holz in ein soge-nanntes Produktgas, das anschließend in einem Gas-motor genutzt wird. Das durch die Erhitzung von festerBiomasse (meist Hackschnitzel) hergestellte Produkt-gas wird in der Regel in einem zweiten Schritt gerei-nigt und gekühlt. Schließlich wird aus dem Gas ineinem Blockheizkraftwerk (BHKW) Strom und Wärme

erzeugt. Unter einem BHKW versteht man eine modu-lar aufgebaute Anlage zur Gewinnung elektrischerEnergie und Wärme nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK).

Frühere Holzvergasungssysteme scheiterten oft-mals an ihrer niedrigen Produktgasqualität (zu hoherTeer- und Partikelgehalt). Heute sind die technischeMachbarkeit und Funktionalität bei entsprechenderBetreuung und Beschickung der Anlagen gegeben.Die Technologie befindet sich in Österreich in derMarkteinführung. In Deutschland sind bereits über200 Anlagen mit einer elektrischen Leistung von maximal 250 kW in Betrieb. Holzgasanlagen dieserLeistungsklasse können bei einem gewöhnlichenWärmeabnahmeprofil über 5000 Vollbenutzungsstun-den pro Jahr die Wärme vollständig in Nahwärme-netzen verwerten. In landwirtschaftlichen Betrieben,Sägewerken oder Zimmereibetrieben kann die ausHolzgas gewonnene Wärme zum Beispiel zur Gebäu-deheizung oder zur Trocknung von Schnittholz oderPellets zum Einsatz kommen. Die Deckung des Eigen-strombedarfs hilft mit, Kosten zu sparen.

Pilotprojekte in OberösterreichDurch eine Initiative engagierter Landwirtinnen/-wirte, der Landwirtschaftskammer OÖ, des Biomas-se verbands OÖ und des Landes OÖ konnten in Ober-österreich in den Jahren 2010 und 2011 zwei Holzgas-pilotprojekte realisiert werden. Im landwirtschaftli-chen Betrieb der Familie Hörandner in Geiersbergwurde eine Holzvergaseranlage mit einer elektrischenLeistung von 30 kW und einer thermischen Leistungvon 66 kW aufgebaut. Die Anlage wird ausschließlichwärmegeführt betrieben, das heißt, die Leistungsab-gabe richtet sich nach dem lokalen Wärmebedarf. DieAbwärme wird für die Trocknung von Getreide, Maisund Hackschnitzel sowie für die Beheizung desWohnhauses und der Stallungen verwendet. Umge-rechnet liefert die Anlage Strom für 55 Haushalte und420.000 kWh Abwärme. Die Investitionskosten belau-

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Dieser Artikel basiert auf Vorträgen beim Holzgasseminarvon AGRAR PLUS am 21. Februar 2013 in St. Pölten.

HolzgasVision einer dezentralen Stromversorgung

Eine Dezentralisierung der heimischen Energieerzeugung ist im Sinn der Nachhaltig-keit und Effizienzsteigerung von großer Bedeutung. Holzgasanlagen zur Strom- undWärmeproduktion können dazu einen wertvollen Beitrag leisten. Peter Liptay

Beschickungseinrichtungund Hackguttrocknungs-anlage für einen Pilotholz-vergaser in Neukirchen an der Enknach

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fen sich auf rund 220.000 Euro. Der jährliche Hackgut-verbrauch beträgt etwa 800 Schüttraummeter.

Die zweite Pilotanlage in Neukirchen/Enknachwird von der Holzstrom GmbH betrieben. Mit einerelektrischen Gesamtleistung von 300 kW sowie 600 kW thermisch ist sie wesentlich größer dimensio-niert als der Holzvergaser in Geiersberg. Die Anlagebesteht aus zwei Modulen, die seit 10.000 Stunden(Modul 1) bzw. 7000 Stunden (Modul 2) tadellos ihrenDienst tun.

Wirtschaftlichkeit Die verbrauchsgebundenen Kosten eines Holzverga-sers werden in der Regel von den Hackschnitzel -kosten dominiert. Diese bewegen sich im Vergleich zuden unbeständigen Ölpreisen auf einem relativ kon-stanten Niveau. Dennoch ist bei Waldhackschnitzeln,dem in Holzvergasungsanlagen am meisten einge-setzten Material, in den vergangenen Jahren eindeutlicher Preistrend nach oben festzustellen.

Den Erhöhungen der Brennstoffpreise steht einenach der Ökostrom-Einspeisetarifverordnung über 15 Jahre konstante Einspeisevergütung durch denNetzbetreiber für den produzierten Strom gegenüber.Mit der Erhöhung der Tarife im Jahr 2012 (bei hoch -effizienten Anlagen mit einer Engpassleistung bis500 kW auf 19,90 Cent /kWh) wurde zwar den steigen-den Rohstoffpreisen Rechnung getragen, dennoch

sind die Tarife für einen kostendeckenden Anlagen-betrieb nach wie vor knapp bemessen.

Somit ist beim Betrieb einer Holzvergasungsan-lage nicht nur unter Effizienzgesichtspunkten, son-dern auch aus wirtschaftlichen Gründen ein hohesMaß an Wärmenutzung geboten. Will man durch denWärmeverkauf wichtige Einnahmen schaffen, solltendie Wärmeverluste in Nahwärmenetzen auf maximal10 Prozent begrenzt werden.

Ausblick Biomasse-KWK-Anlagen auf der Basis von Holzgaskönnen eine ideale Ergänzung für Biomasse-Nahwär-meanlagen sein. Durch die große Anzahl geeigneterNahwärmeanlagen und Gewerbebetriebe in Öster-reich ist großes Potenzial vorhanden. WärmegeführteKleinanlagen können in Zukunft auch für landwirt-schaftliche oder Gewerbebetriebe interessant wer-den und bestehende Hackgutkessel ersetzen. Die effiziente Wärmenutzung und eine regionale Roh-stoffversorgung sind Voraussetzungen für ein erfolg-reiches Projekt. Für einen wirtschaftlichen Betrieb be-darf es eines wertgesicherten Einspeisetarifs. Diekünftigen Rahmenbedingungen werden über die Ent-wicklung der Holzgasanlagen entscheiden. |||

Peter Liptay, Bioenergie-Referent, Österreichischer

Biomasse-Verband

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In den 1930er- und 1940er-Jahren entstanden aufgrund des Treibstoff -mangels Fahrzeuge, diemit einem Holzvergaserausgestattet waren.

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Die intensive mediale Auseinandersetzung mit der Landwirtschaftund ihren Nutzungsformen in Österreich und Europa sehe ich äu-ßerst positiv − trotz wiederkehrender Imagekrisen. Die große ge-sellschaftliche Erwartungshaltung im Hinblick auf gute leistbare Le-bensmittel und eine intakte Umwelt ist als Chance zu verstehen. ImFolgenden möchte ich beschreiben, wie sich die Landwirtschaftweiterentwickeln könnte und welche Verantwortungen auf die Be-triebe zukommen werden.

Was wollen eigentlich die Landwirte …Im Jahr 2005 wurde in meinem Auftrag unter 400 öster reichischenLandwirtinnen und Landwirten eine große Karmasin-Umfragedurchgeführt. Unter anderem kam klar zum Ausdruck, dass Land-wirtinnen und Landwirte großen Wert auf freies Unternehmertumlegen, sich aber wirtschaftlich stark eingeschränkt fühlen. Deswe-gen ist ein Drittel der Befragten im Hinblick auf die Ausübung ihresBerufes unglücklich.

Besonders kleinere Produzentinnen und Produzenten (bis30 ha) blicken pessimistisch in die Zukunft, nur knapp 20 Prozentglauben an ein Weiterbestehen ihres Betriebs. Erst bei Betriebenab 70ha landwirtschaftlicher Nutzfläche liegt dieser Wert bei knapp 50 Prozent. Diese Betriebe wollen wachsen und produzieren undbringen Anpassungsfähigkeit und Risiko bereitschaft mit sich. Über80 Prozent sind bereit, Aufgaben von gesellschaftlicher Bedeutungwie Schutz der Grundwasserressourcen, artgerechte Nutztierhal-tung und Landschaftspflege zu erfüllen. Aller dings fühlen sie sichdafür laut Umfrage zu wenig anerkannt und unterbezahlt.

… und deckt sich das mit den Wünschen der Gesellschaft?Eine Umfrage im Auftrag der Gutsverwaltung Hardegg (2010) unter500 Österreicherinnen und Österreichern brachte ein klares Votum

für leistbare Nahrungsmittel und Landschaftspflegeals agrarische Kernaufgaben. Zudem zeigten sich 61Prozent der Befragten verständnisvoll und positiv ge-genüber der öffentlichen Leistungsabgeltung fürLandwirtinnen und Landwirte. Knapp zwei Drittel wol-len einen notwendigen Struktur wandel zu leistungs-fähigeren Betrieben mittragen.

Für eine zeitgemäße LandwirtschaftEine zeitgemäße Landwirtschaft wird also bei gleich-zeitig schonendem und effizientem Umgang mit denRessourcen den Bedarf der Gesellschaft nach leist-baren hochwertigen Lebensmitteln fest im Blickhaben müssen. Diese Umweltökonomie ist in Anbe-tracht eines Flächenverbrauchs in Österreich von täg-lich ca. 10 ha (EU-weit ca. 8,5 km²) bei steigenderNachfrage sowie limitierten Rohstoffweltreservenvernünftig.

Nur einer zeitgemäßen Landwirtschaft kann esgelingen, das Ziel eines geringen Flächenverbrauchszur Erzeugung einer Nahrungsmitteleinheit zu reali-sieren. Ein weiterer Aspekt ist die Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt: Nur wenn wir effizient wirtschaften, können wir Flächen für Wildtiere frei machen.

Eine zeitgemäße Landwirtschaft ist eine Fragevon Wissen und Gewissen. Landwirtinnen und Land-wirte stehen mitten in der Gesellschaft und erfüllenwertvolle Aufgaben. Kommunikation und gezielte undsachlich fundierte Aufklärung werden schließlich da -rüber entscheiden, ob sie auch als wertvolle Mei-nungsbildner anerkannt werden. |||

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Ist nachhaltige Intensivierung möglich?Die Debatte über nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft bewegt sich im Spannungsfeld zwischen der Nachfrage nach natürlichen Ressourcen und der gleichzeitigen Notwendigkeit, die negativen Umweltaus wirkungen der Landwirtschaft deutlich zu reduzieren. Welcher Weg soll in der Landwirtschaft begangen werden? Im Folgenden zwei Beiträge zu diesem Thema.

Zeitgemäße Landwirtschaft zwischen Wissen und GewissenMaximilian Hardegg, Seefeld-Kadolz, www.hardegg.at

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Nachhaltige Intensivierung – das klingt ein wenignach der Quadratur des Kreises. Das Konzept, das inden letzten Jahren Eingang in politische und wissen-schaftliche Debatten gefunden und sich in nationalenund internationalen Strategien niedergeschlagen hat,soll Antwort auf die Frage geben, wie die wachsendeWeltbevölkerung ernährt werden kann. Aber brauchtes für die Ernährungssicherung wirklich eine Intensi-vierung der Landwirtschaft? Wenn ja, wer genaubraucht sie? Mit welchen Methoden könnte einenachhaltige Intensivierung überhaupt erzielt werden?

Die Intensivierung der Landwirtschaft hat in denvergangenen Jahrzehnten massive Schäden an Öko-systemen und dramatische Biodiversitätsverluste ver-ursacht. Allein im Bereich der genetischen Vielfaltlandwirtschaftlich genutzter Pflanzen ist die Bilanzdramatisch: Die Konzentration auf die wenigen markt-wirtschaftlich bedeutenden Arten und Sorten hat zueinem 75-prozentigen Schwund der landwirtschaft -lichen Vielfalt seit 1900 geführt.

Stärkung kleinbäuerlicher BetriebeKönnen Intensivierung und Nachhaltigkeit also über-haupt Hand in Hand gehen? Kann eine Intensivierungden Welthunger stillen? Der 2002 von der Weltbank initiierte Weltagrarrat (IAASTD) hat diese Fragen un-tersucht. In seinem 2008 vorgelegten Bericht benennter ungleiche Entwicklung und Verteilung sowie Ver -luste von Lebensmitteln als Hauptursachen des Welt-hungers. Nicht die Steigerung der Produktivität seidaher der entscheidende Faktor, sondern die Verfüg-barkeit von Lebensmitteln und ihrer Produktionsmittelvor Ort. Der Weltagrarrat empfiehlt eine radikale Neu-ausrichtung der Landwirtschaft und die Stärkungkleinbäuerlicher Betriebe. Denn diese produzierenauch heute 70 Prozent aller Lebensmittel weltweit undernähren somit de facto den Großteil der Welt.

Hier könnten Maßnahmen ansetzen, um die Flä-chenproduktivität ohne hohe Inputs zu verbessern: inForm der Optimierung und Verbreitung agrarökologi-scher Anbausysteme besonders in den sogenannten

Entwicklungsländern und durch den Aufbau vonZüchtungsmodellen, aus denen in Zusammenarbeitmit kleinbäuerlichen Betrieben ertragssichere, lokalangepasste Pflanzen mit breitem genetischem Poten-zial zur Abfederung externer Stressfaktoren hervor-gehen.

Doch entgegen den Empfehlungen des Welt-agrar rats geht ein Gutteil der unter dem Titel der„nachhaltigen Intensivierung“ gewidmeten For-schungs- und Entwicklungsgelder nicht etwa in dieZüchtung und Forschung für agrarökologische Systeme, sondern in biotechnologische Projekte. Sonimmt es auch nicht wunder, dass vor allem die agro-chemische Industrie die nachhaltige Intensivierungmassiv für ihr eigenes Marketing nutzt.

Es ist ein alter Hut: Steigerung der Produktivitätdurch Industrialisierung der Landwirtschaft zwecksErhöhung der Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt.Dies ist nach wie vor das primäre Ziel − auch der EU-Landwirtschaftspolitik. Allein: Hunger muss in Europazum Glück nicht mehr mit Produktivitätssteigerung be-kämpft werden, und der Export von Grundnahrungs-mitteln aus Europa in die Dritte Welt ist sicherlich keinnachhaltiges Konzept, um diese „zu ernähren“.

Nachhaltige Intensivierung ist per se weder eingutes noch ein schlechtes Konzept. Die Frage ist, washerauskommt: Mehr Erträge bei weniger Ressour cen -input („More from less“)? Oder doch nur „More of thesame“ eines Landwirtschaftsmodells, das im End -effekt unser aller Lebensgrundlagen zerstört? |||

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Intensivierung: Eine ThemenverfehlungBeate Koller, Geschäftsführerin des Vereins Arche Noah,

www.arche-noah.at

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Innovation und Naturschutz – ein Gegensatz?

Daniela Pöll, Abteilung Umweltschutz, Amt der Tiroler Landesregierung

Wenn man von Naturschutz spricht,meint man oft die Bewahrung oderWiederherstellung eines natürlichenZustands oder einer kulturell gepräg-ten Landschaft. Zum Schutz einzelnerArten oder Lebensräume müssen aktuelle (land-)wirtschaftliche Ent-wicklungen aufgehalten oder derenAuswirkungen kompensiert werden.Wie lässt sich das mit Innovation verbinden?

Innovation im Naturschutz kannaus meiner Sicht auf mehreren Ebenen stattfinden. Die wohl wichtigste betrifft den Bereich der Kooperationen und Partnerschaften.Wo verschiedene Nutzungsansprücheauf die Natur oder eine Landschafttreffen, braucht es Kreativität und Engagement, um gute Lösungen füralle Beteiligten zu finden. So gelingtes beispielsweise den Naturparken

zunehmend, über neue Partnerschaf-ten und innovative Projekte verschie-dene Interessengruppen einzubindenund damit über Umwege, aber nachhaltig, Schutzziele zu erreichen.

Innovation im Naturschutz findetauch statt, wenn neue Technologienfür alte Kulturtechniken entwickeltwerden. So weckt etwa ein neueslandwirtschaftliches Gerät zur Pflegevon Streuwiesen das Interesse vonJunglandwirten, die Finanzierungüber einen Landschaftspflegevereinmacht die langfristige schonendeNutzung naturkundlich wertvollerFlächen möglich. Auf sogenannten„Streubörsen“ kann das betreffendeProdukt dann wirtschaftlich wiederinteressant werden.

Auch im Bereich Bewusstseinsbil-dung gilt es, neue Ideen umzusetzen.Zum Beispiel kann es mit Geocachinggelingen, Jugendliche mit dem Handy zum Entdecken in die Natur zu locken. Es gibt auch zunehmendUrlaubsangebote, die die aktive Landschafts- oder Biotoppflege alszentralen Inhalt haben und damit Naturerlebnis hautnah vermitteln.

Naturschutz und Innovation sindalso kein Gegensatz. |||

Neuerungen als Notwendigkeit

Daniel Kreiner, Fachbereichs-leiter Naturschutz, Nationalpark Gesäuse

„Not macht erfinderisch“, sagt einaltes Sprichwort. Da sich der Natur-schutz ständig gegen Widerständedurchsetzt, muss er zwangsläufig innovativ sein. Bis 2010 wollten wirden Verlust der Artenvielfalt stoppen. Da dieses Ziel nicht erreicht wurde,haben die Vereinten Nationen eineDekade der Biodiversität ausgerufen.Durch zahlreiche Maßnahmen soll die Biodiversität bis zum Jahr 2020weltweit gesichert werden. Innova-tionen sind gefragt.

Wenn man von Innovation im Naturschutz spricht, dann geht es inden letzten Jahren vor allem um eineErneuerung im Bewusstsein. Es wirdimmer klarer, dass es bei Natur-, aberauch bei Umweltschutz um den Er-halt der Funktionen der Ökosystemegeht. Unser Wohlstand steht in direktem Zusammenhang mit diesen„Ökosystemdienstleistungen“. Aber

Gedanken zu Naturschutzund Innovation

Wo kann im Naturschutz Innovation stattfinden? Auf der Fläche, in den Strukturen, im Bewusstsein? Wo noch? Und wie kann man Altes bewahrenund gleichzeitig Neues umsetzen? Vier kreative Köpfe geben Antwort.

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von Innovation im engeren Sinnekann man erst dann sprechen, wennetwas Neues umgesetzt wird.

Die Begrenzung der dem Natur-schutz zur Verfügung stehendenGeldmittel stellt einerseits eineBremse für Innovationen dar, machtandererseits aber besonders erfinde-risch (innovativ). Mit anderen Worten: Der Mangel bringt innovativeIdeen hervor, was aber nicht heißt,dass diese auch umgesetzt werden können. Es gibt zwar großes öffentli-ches Interesse für Fragen des Natur-schutzes sowie die Bereitschaft, Geld auszugeben – aber in Grenzen.

Eine positive Ausnahme stellenFörderschienen wie „LIFE“, ein Programm der Europäischen Union,dar. Diese Förderung dient der Umsetzung von Projekten, die klareZielsetzungen verfolgen und bereitsin den Förderanträgen innovative Ansätze erkennen lassen. Die strengeÜberwachung der Projektziele führthier meist zu den gewünschten Er-gebnissen. Bei „LIFE“-Naturprojektensind dies tatsächliche Verbesserun-gen für seltene und bedrohte Lebens-räume oder für Vertreter der europa-weit geschützten Tier- und Pflanzen-welt. |||

Modernisierungs -programm Nationalpark

Michael Jungmeier, E.C.O. Institut für Ökologie, Master -programm „Management of Protected Areas“, Universität Klagenfurt

Der Klagenfurter Soziologe Josef Langer hat 1991 den damals jungenNationalpark Hohe Tauern in Kärntenuntersucht. Seine Forschungsarbeiterbrachte einen überraschenden Befund: „Der Nationalpark enthältMomente eines Modernisierungs pro-

gramms“ und ermöglicht es, „die zerfallende ländliche Gesellschaftwieder zusammenzuführen und entscheidungsfähig zu machen.“ Die Erkenntnis fand damals wenigWiderhall.

Heute zeigt die Nationalparkre-gion Hohe Tauern: Die Nationalpark-werdung war auch ein Innovations -impuls. Im Konfliktfeld Naturschutzund Landwirtschaft wurden neueWege gesucht und beschritten. Dietouristischen Angebote in der Regionkönnen sich sehen lassen und sindweit über die Region hinaus Impuls-geber. Intensive Forschung hat eineReihe von neuen Erkenntnissen undMethoden hervorgebracht. Viele neueKooperationen und Partnerschaftenwurden begründet. Der Park ist zum Leitmotiv der gesamten Region geworden.

Nationalparke sind wissens -basierte, meist akademisch geprägteOrganisationen. Wie kaum eine an-dere Institution müssen sie Wissenzur nachhaltigen Entwicklung erarbei-ten, verbreiten und anwenden. Ihrebesondere Bedeutung liegt in derKombination von traditionellen regi-onsbezogenen Kenntnissen und demletzten Stand der internationalen For-schung. Naturschutz und Innovationsind hier keine Gegensätze. Vielmehrermöglicht und erfordert Naturschutzin vielen Bereich neue Einsichten,Verfahren und Entwicklungen. |||

Ab wann ist Naturschutzinnovativ?

Wolfgang Suske,Suske Consulting

Zur Innovation gehören zwei Dinge:erstens eine (neue) gute Idee

und zweitens deren erfolgreiche Um setzung. Erst deren Verknüpfungmacht die Idee zur Innovation. Die Idee muss nicht unbedingt komplett neu sein. Das würde demWesen einer Idee widersprechen.James Webb Young definiert eineIdee so: „Eine Idee ist nicht mehroder weniger als eine neue Kombi -nation alter Elemente.“ Eine Kolleginhat vor Kurzem in einer Sitzung gesagt: „Mir ist etwas Interessantesaufgefallen: Viele gemeinschaftlicheBeweidungsinitiativen finden in Regionen statt, in denen Beweidungüblicherweise gar keine Rolle spielt.“Nicht die Gemeinschaftsbeweidungan sich ist die „neue Idee“, sie ist ein „altes Element“, aber kombiniertmit dem Einsatz in Gebieten, wo Beweidung komplett unüblich ist,wird sie neu.

Letztlich ist es ziemlich egal, wie neu eine Idee ist. Die Idee mussgut sein und greifen. Eine gute Kombi nation alter Elemente sein. Ich möchte alle, die in Sitzungen gern mit dem Killersatz „Das hattenwir doch schon einmal!“ kommen,anregen, genauer hinzuschauen, ob nicht eine Kleinigkeit in der vor -gebrachten Idee anders ist als das, „was wir schon hatten“.

Innovation muss im Naturschutzsehr regional interpretiert werden.Denn das Gelingen oder Scheiterndes Schutzes der Natur hängt sehrvon der Geschichte, der Tradition, von Meinungen, Vorbelastungen,Ängsten, Hoffnungen sowie von äußeren – durch Landschaft, Klimaund Wetter gegebenen – Bedingun-gen ab. Innovativ ist, einen Natur-schutz zu erfinden, der maßgeschnei-dert in diese komplexen Situationenhineinpasst. Wenn dabei etwas ganzNeues herauskommt, dann ist das genial. Aber Innovation beginnt weitfrüher. |||

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Die vorgegebene Fragestellung ist legitim, nicht leichtzu beantworten und gleichermaßen zeitlos. Erinnernwir uns zurück an die 1970er- und 1980er-Jahre unddie Diskussionen rund um die „Eigenständige Regio-nalentwicklung“ in Österreich. Hierbei ging es um dieKritik an traditionellen Sektoralpolitiken, Pilotprojektein ländlich peripheren Regionen, aber auch um ideo-logische Interpretationen, wie Entwicklung stattfindenkann und welche Faktoren sie hemmen.

Einiges hat sich seit dieser Zeit verändert. Öster-reich ist Mitglied der Europäischen Union, vieleswurde gemainstreamt, und die ökonomischen Rah-men bedingungen und Disparitäten haben sich globalbetrachtet vielfach verschärft. Heute geht es nichtmehr um die Frage, ob Top-down- oder Bottom-up-Entwicklung gefördert wird, beides hat Platz, die in-ter mediäre Infrastruktur ist vorhanden, ein Zusam-menspiel ist notwendig und findet auch statt. Auch dieideologischen Interpretationen und Wertrichtungenhaben sich verflacht. Regionalentwicklung ist politi-sches Allgemeingut, gemeinsam mit dem EU-Agrar-budget der größte EU-Haushaltsanteil.

Österreich hatte immer eine große Tradition derRegionalentwicklung in ländlichen Räumen, die ein-heitliche EU-Regionalpolitik gleichzeitig aber auchentsprechenden Einfluss auf das, was seit 1995 inÖsterreich passiert. „Wie passiert Entwicklung?“ im-pliziert auch die Frage, wie Neues in die Regionkommt und wie Innovation möglich ist.

Leader eignet sich gut, um sich dieser Frage-stellung exemplarisch anzunähern. Für die verstärkteIntegration von Frauen in ländlichen Entwicklungs-prozessen war Leader etwa sehr förderlich, sowohlden Arbeitsmarkt als auch die Partizipation an regio-nalen Projekten betreffend. Hier wurde viel neues,

auch qualifiziertes Potenzial für ländliche Räume er-schlossen. Auch die Mitentwicklung von Evaluie-rungsmethoden war vielfach Neuland im Rahmen derLeader-Projektabwicklung. Der Anspruch von Leaderist es, innovativ zu sein – die Asphaltierung von Forst-straßen gehört definitiv nicht dazu. Hier wird auch dasSpannungsfeld greifbar, das sich daraus ergibt, imMainstream aufgehoben zu sein und mittels vorzeig-barer Erfolge gleichzeitig Klientelpolitik zu betreiben.

Auch das Ziel 3, die Europäische territoriale Zu-sammenarbeit, eignet sich als Beispielsfeld. Dient dasProgramm dazu, Grenzen durchlässig zu machen,neue Kommunikationswege zu erschließen und neueinternationale oder transnationale Partnerschaftenaufzubauen, hindert es gleichzeitig durch die Pro-gramm abwicklungslogik (Programmmanagement, Ver-waltung und Controlling) immer mehr potenzielle Pro-jektpartner, an diesen Programmen aktiv zu partizipie-ren. In einer aktuellen Publikation der ÖROK (2013,Schriftenreihe 188) wird bereits von „Closed Shops“gesprochen. Da wie dort werden Entwicklung und In-novation gefördert und gehemmt gleichermaßen.

Sektorale Politiken sind auch heute noch sehrwirksam und blockieren vielfach Innovation und Ent-wicklung. Auch die unterschiedlichen Diskursebenenzwischen EU, Bund und Gemeinden oder zwischenPolitik, Verwaltung und Experten finden nicht immerzusammen. Die Eröffnung einer Infrastruktureinrich-tung durch einen Bürgermeister in seiner jeweiligenZeit, die er als gewählter Politiker zur Verfügung hat,ist mitunter wichtiger als eine Strategie, die Entwick-lung möglich machen könnte.

Regional Governance – die gegenwärtig leitendeQuerschnittspriorität für regionales Handeln – hängtsomit im Sinn einer Geographie alltäglicher Regiona-

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Wie passiert Entwicklungim ländlichen Raum?

„Wie passiert Entwicklung?“ impliziert auch die Frage, wie Neues in die Region kommt und wie Innovation möglich ist. Martin Heintel

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lisierung stark von den Interessen und der Qualität derhandelnden Akteure ab. Besonders sichtbar wird dasbei der Diskussion um sogenannte Transferleistungen.Entwicklung ist doch im Grunde ganz einfach. Ist dasRad einmal erfunden, muss es nicht neu erfundenwerden. Das Problem dabei ist, dass Entwicklung undVeränderung mit handelnden Akteuren zu tun hat.Diese sind in der Regel nicht austauschbar, Regionensind soziale Gebilde mit entsprechenden Ressourcen,Möglichkeiten und diesbezüglichen Schwächen. Gelingt ein Projekt in Region A, muss das noch keinGarant für ein Gelingen in Region B sein. Regionen,Projekte und letztlich regionale Entwicklung werdensehr über die Kommunikation der Akteure bestimmt.

Entwicklung hat viel mit Lernen, auch mit Ver än -de rungsbereitschaft zu tun. In der Literatur vgl. u. a. G. Bateson (19834) sowie C. Argyris und D. A. Schön(1978)1 werden gerne drei Ebenen des Lernens unter-schieden. Umgelegt auf die Entwicklung in ländlichenRäumen könnte sich das folgendermaßen lesen lassen:Lernen I (Wiederholung)Hier geht es um die Professionalisierung von Beste-hendem. Entwicklung braucht eine solide Basis. Auf-bauend auf verfügbarem Know-how, gilt es neue Rah-menvorgaben zu integrieren und auf verfügbaren Res-sourcen aufzubauen, diese auch zu stärken. Beispieledafür wären die Nutzung des LEAD-Partner-Prinzipsund die Nutzung von Anreizsystemen im Wettbewerbbzw. die Festigung laufender Projekte.

Lernen II (Modifikation)Auf dieser Ebene geht es verstärkt um die spezifischeEntdeckung bzw. wirtschaftliche Nutzung von „neuenArrangements“. Das betrifft die Integration neuer Ak-teure in regionale Entwicklungsprozesse ebenso wiedie Entwicklung neuer Partnerschaften (z.B. zwischenStadt und Land) oder auch die Gründung neuer Regio -nalverbände mit neuen Handlungsmöglichkeiten.Lernen III (Rahmenänderungen und Visionen)Hierbei geht es um die (zumindest partielle) Auflösungbestehender Denk- und Handlungsstrukturen im re -gio nalen Kontext. Die Aufhebung bestehender (ad -ministrativer) Grenzen gehört hier ebenso dazu wiedie bislang in vielen Bereichen we nig genutzten zivil-gesellschaftlichen Ressourcen.

Welche Rahmenbedingungen gilt es nun zu erfüllen,um Entwicklung zu fördern? Patentrezepte sind eswohl nicht, aber es gibt schon Hinweise formaler Art,die auch da und dort zu lesen sind. Die Entschlackungder Projektbürokratie, die Öffnung von Calls für brei-tere Teilhabemöglichkeiten aufgrund der Reduktionformaler Anforderungen, auch die Zusammenführungmancher sektoraler wie föderaler Strukturen in Öster-reich wäre zu nennen. Im sozialen Kontext gilt es jeneanzusprechen, die bislang eher außen vor waren.Wegzügler, Motivierte, aber Entmutigte, immer nochFrauen und vor allem Menschen mit neuen Ideen. |||

Innovation und Gesellschaft ausblicke 1|13 19

1 G. Bateson, Ökologie des Geistes, 4. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp 1983; C. Argyris und D. A. Schön, Organizational Learning. A Theory of Action Perspective,Reading, Mass.: Addison-Wesley 1978.

Martin Heintel, Institut für

Geographie und Regional -

forschung (Arbeitsgebiete:

Stadt- und Regional -

forschung), Universität Wien

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Wissen, Lernen und Innovation gelten heute als wich-tige Bestimmungsfaktoren der Wettbewerbsfähigkeitregionaler und nationaler Wirtschaften. Während daslange dominierende lineare Innovationsmodell einensequenziellen Verlauf des Innovationsprozesses be-tont hat, der vor allem von der Forschung und Ent-wicklung angetrieben wird, lenkt der Ansatz regiona-ler Innovationssysteme (RIS) die Aufmerksamkeitstärker auf das gesamte Ensemble regionaler Akteu-rinnen und Akteure und ihres Zusammenspiels.

Konzeption RIS bestehen aus zwei Subsystemen, die in einen re-gio nalen sozio-ökonomischen und kulturellen Kontexteingebettet sind. Das Subsystem der Wissensanwen-dung setzt sich aus den Betrieben, ihren Kunden, Lieferanten und Kooperationspartnern (also den Clu-stern) einer Region zusammen. Das Subsystem derWissensgenerierung besteht aus Organisationen, diefür die Hervorbringung und die Verbreitung von Wis-sen und Fähigkeiten verantwortlich sind. Dazu zählenForschungs-, Aus- und Weiterbildungseinrichtungen,Technologietransfer- und Innovationszentren sowieInstrumente der Finanzierung. Auch Politikakteure derRegion können Einfluss auf das Innovationsgesche-hen nehmen, wenn die Region über entsprechendeKompetenzen und finanzielle Ressourcen verfügt. ImIdealfall bestehen intensive Beziehungen zwischendiesen Akteuren, die einen kontinuierlichen Transfervon Wissen, Ressourcen und Humankapital gewähr-leisten. Neben formalen Regelungen (etwa einschlä-gigen Gesetzen) spielen auch informale Normen, Ein-stellungen und Praktiken, also die „Innovationskultur“der Region, eine wichtige Rolle. Die räumliche Nähevon Akteurinnen und Akteuren ist von Bedeutung, da diese vertrauensbasierte persönliche Kontakteund Zusammenarbeit fördert und kollektives Lernenermöglicht. Auch relevante Politikkompetenzen und

-institutionen sind oft an subnationale Territorien ge-bunden.

RIS sind jedoch keine geschlossenen Systeme,sondern weisen in hohem Maß Beziehungen nachaußen auf. Zum einen spielt vor dem Hintergrundeiner globalisierten Wirtschaft der Wissensaustauschmit Unternehmen und Forschungseinrichtungen ausanderen Regionen und Ländern eine wichtige Rolle,zum anderen beeinflussen nationale und europäischePolitikakteure die Entwicklung von RIS.

Dimensionen und Typen von RISRIS können sehr verschiedenartig ausgeprägt sein: f So wird etwa zwischen institutionellen RIS undunternehmerischen RIS unterschieden. Institutio-nelle RIS zeichnen sich durch gut entwickeltestaatliche und sonstige Unterstützungsstrukturenaus und fördern oft die Entwicklung von einge -sessenen Sektoren, wie etwa im Baskenland. Die Dynamik von unternehmerischen RIS hinge-gen basiert auf Venture Capital, Unternehmertum,wissenschaftlicher Exzellenz und Marktnach-frage, die dynamische Prozesse der Innovationvorantreiben. Sie begünstigen die Entstehung vonHochtechnologiesektoren, wie im Silicon Valleyoder in Cambridge.

f Bezogen auf die Steuerungsdimension finden wir (1) dezentrale RIS – oft von KMU dominiert und „bottom-up“ gesteuert – wie in der Toskanaoder in Katalonien, (2) von Netzwerken geprägteund von Großfirmen und der Forschung bestimmteRIS wie in Baden-Württemberg und Tampere,sowie (3) zentral gesteuerte RIS, bei denen nationale Einrichtungen und Fachpolitiken eineübergeordnete Rolle spielen, wie in Frankreichoder Norwegen. Diese RIS-Typen unterscheidensich stark in Bezug auf wichtige Akteure, Institutionen und Koordinationsmechanismen.

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Regionale InnovationssystemeInnovationssysteme gelten als wichtige Einflussgröße für regionale Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit. Was sind nun die zentralen Elemente regionaler Innovationssysteme,wie sind solche Systeme strukturiert, und welche Rolle können sie für ländliche Regionenspielen? Franz Tödtling

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Rolle der PolitikBesonders in ländlichen oder peripheren Regionensind die Kernelemente eines RIS oft nur schwach ent-wickelt, wodurch die Innovationskapazität entschei-dend untergraben wird. So sind etwa innovationstrei-bende Unternehmen schwach vertreten, es mangeltan Einrichtungen in den Bereichen Forschung, Ent-wicklung und Technologietransfer, und es gibt nurschwach entwickelte Clusterstrukturen. Solche Ge-biete werden auch als „institutionell dünn“ ausge-stattet charakterisiert. Eine geringe Innovationskraftvon Regionen kann aber auch auf eine Überspeziali-sierung in traditionellen Industrien und veraltetenTechnologien zurückzuführen sein („alte Industriege-biete“). Die Innovationssysteme solcher Regionensind oft durch eine zu starke Pfadabhängigkeit ge-prägt („lock-in“). In diesem Fall sind Innovationspro-bleme das Resultat einer zu starken Fokussierung vonForschungs- und Ausbildungseinrichtungen auf obso-lete ökonomische und technologische Strukturen.

Auch mangelhafte Interaktion zwischen ver-schiedenen Personen und Organisationen kann einProblem für RIS darstellen. Einerseits kann das Feh-len von Kommunikation und Kooperation zwischenRIS-Akteuren zu einem unzureichenden Austauschvon Wissen und Technologien führen, wie dies oft in

„fragmentierten RIS“ zu beobachten ist. Andererseitskönnen zu starke Verbindungen zwischen innovati-onsrelevanten Organisationen eine Ursache für dieerwähnten „Lock-in“-Effekte darstellen, welche einausgeprägtes Festhalten an veralteten Strukturen zurFolge haben. Wenn schließlich internationale Wis-sensverflechtungen unzureichend ausgebildet sind,leidet die Region an einem beschränkten Zugang zuglobalen Ressourcen- und Wissenspools.

Aus RIS-Perspektive kann die Innovationsfähig-keit einer Region kaum durch allgemein übliche Best-Practice-Strategien und Maßnahmen wie z. B. die För-derung von Hochtechnologie oder den Bau von Ex-zellenzforschungseinrichtungen gesteigert werden.Notwendig erscheint eine breitere Orientierung amregionalen Innovationssystem und dessen wichtigs -ten Schwachstellen. Die Stärkung von anwendungs-orientierter Forschung, Aus- und Weiterbildung, Wis-senstransfer und Finanzierung sowie die Stimulierungvon regionalen und außerregionalen Netzwerken stel-len dabei wichtige Politikbereiche dar. Der genaueMix sinnvoller Politikinstrumente hängt allerdings vonden jeweiligen Bedingungen ab. Anstatt eines „Onesize fits all“-Ansatzes sind maßgeschneiderte Strate-gien und Instrumente erforderlich, die an den spezifi-schen Herausforderungen und Potenzialen der jewei-ligen Region ansetzen. Ländliche Regionen sind dabeimeist als Teilgebiete übergeordneter Innovationssy-steme zu betrachten. Eine Innovationspolitik für solche Regionen sollte daher stärker auf relevanteAußenbeziehungen und funktionale Verflechtungenausgerichtet werden und somit die Fähigkeit regiona-ler Unternehmen unterstützen, sich externes Wissenund Ressourcen anzueignen und an relevanten Ko-operationen und Netzwerken teilzunehmen. |||

Franz Tödtling, Institut für Regional- und Umweltwirtschaft,

Wirtschaftsuniversität Wien

Innovation und Gesellschaft ausblicke 1|13 21

Technologiezentrum Mittelburgenland

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Kultur- und Kreativwirtschaft – in Architektur, Design,Musik, Medien, Film und Werbung tätige Unterneh-men – können auf eine wirtschaftliche Erfolgsge-schichte zurückblicken. Mehr als jedes zehnte Unter-nehmen in Österreich gehört der Kreativwirtschaft an.4,1% aller Beschäftigten in Österreich sind in solchenBetrieben tätig. Der fünfte österreichische Kreativ-wirtschaftsbericht 1 widmet sich darüber hinaus dem ländlichen Raum: „Die Dynamik der Kreativwirt-schafts unternehmen mit einem Wachstum von bis zu10% ist in den ländlichen Regionen höher als in denurbanen Gebieten (6%).“ Hintergrund ist der fort-schreitende Strukturwandel zum Dienstleistungsbe-reich auch auf dem Land.

Bis zu 10% Wachstum im ländlichen RaumIn der Politik blieben diese Entwicklungsmöglichkei-ten nicht unbemerkt: Kultur- und Kreativwirtschaft istfür die neue EU-Förderperiode als Themenfeld vorge-sehen. Innerösterreichisch hat die Fokusgruppe Kul-tur- und Kreativwirtschaft 2 im Rahmen des STRAT.AT-2020-Prozesses das Thema „Kultur und Kreativwirt-schaft im ländlichen Raum stärken“ als Schwerpunkt-bereich für die Programmierung 2014 –2020 definiert.

Visionäre in ländlichen Regionen setzten in denvergangenen Jahren schon verstärkt auf die Kreativ-wirtschaft: Der Werkraum Bregenzerwald etwa ver-

bindet Handwerk und Design in innovativen Formatenund nutzt mit dem Werkraumhaus zeitgemäße Archi-tektur – unter anderem aus Leader-Mitteln finanziert.Inspiriert von diesen und ähnlichen Erfahrungen be-müht sich zum Beispiel die Leader-Region Oststeiri-sches Kernland um den Aufbau von Kreativnetzwer-ken und Berufsorientierungsmodulen. Erfahrungen imeuropäischen Ausland umfassen die kreative Nutzungvon Leerständen in Dörfern und die Einbindung Krea-tiver in lokale Umstrukturierungsprozesse oder ein-zelbetriebliche Innovationen.

Braingain statt BraindrainKultur- und Kreativwirtschaft bringen jenseits der Ein-zelprojektebene auch Innovation und Mehrwert in dieEntwicklung von Leader-Regionen an sich: Neue Per-sonenkreise mit kreativem Background können in lokale Fragestellungen – temporär oder dauerhaft –integriert werden. Ländliche Regionen, die jetzt inKreativwirtschaft investieren, können maßgeblich zusozialer und wirtschaftlicher Innovation auf lokalerEbene beitragen. Die neue EU-Förderperiode ab 2014bietet einen realistischen Rahmen zur Umsetzungdiesbezüglicher Strategien. |||

Sylvia Amann, inforelais – Beratung für Kreativwirtschaft

und Regionalentwicklung

ausblicke 1|13 Innovation und Gesellschaft22

Weitere Informationen:www.inforelais.org

Kreatives Land

Innovationen aus Kultur- und Kreativwirtschaft für die ländliche Entwicklung

Schon seit Längerem wird das Potenzial der Kreativwirtschaft erfolgreich für innovative Stadtentwicklung genutzt. Nun entdeckt auch der ländliche Raum die Möglichkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Innovation mit Mittelnder Kreativen. Strategien in diesem Themenfeld ermöglichen Leader-Regioneneine Positionierung außerhalb des Mainstreams. Sylvia Amann

1 www.creativwirtschaft.at/document/5KWB-web_2.pdf.

2 www.oerok.gv.at/fileadmin/Bilder/3.Reiter-Regionalpolitik/2.EU-Kohaesionspolitik_2014_/Nationale_Strategie_STRAT.AT2020/Fokusgruppen/Ergebnisdokumentation_Fokusgruppe_Kultur_und_Kreativwirtschaft.pdf.

ModellWerkraumHaus, Andelsbuch/Vorarlberg,EröffnungJuli 2013

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Leader und Innovation aus der Sichtder Europäischen Kommission

Innovation steht für die Europäische Kommission ganz oben auf der Tagesordnung und ist ein Hauptziel der Strategie „Europa 2020“. Europa hat erkannt, dass Forschung und Praxis einander aus den Augen verloren haben, und setzt auf Innovationspartnerschaften, um die beiden Seiten wieder zusammenbringen. Henk Kieft

Die Generaldirektion Landwirtschaft und ländlicheEntwicklung hat soeben einen Ausschuss mit Einrich-tung und Betrieb eines Netzwerks für das Programm„Europäische Innovationspartnerschaft“ (EIP) beauf-tragt, das parallel zum „Europäischen Netzwerk fürländliche Entwicklung“ (ENRD) arbeiten soll. Aufbauund Tätigkeit der sogenannten operativen EIP-Grup-pen werden mit Mitteln des „Programms für die Ent-wicklung des ländlichen Raums“ finanziert. Der Pro-zess wird von „Innovationsmaklern“ unterstützt.

Innovation war von Anfang an eine der siebenHauptsäulen von Leader. Die Kommission hat Leaderzum „Laboratorium“ für die neue Politik der Entwick-lung des ländlichen Raums erklärt. Die Kommissionhat nun vorgeschlagen, dass vier andere europäischeFonds sich die Strategie einer von den örtlichen Ge-meinschaften verfolgten lokalen Entwicklung zu eigenmachen sollen, wobei das Kürzel CLLD (= Community-Led Local Development) als neuer Name für die Lea-der-Strategie steht.

Wir wollen ehrlich sein. Einige LAGs waren wirk-lich innovativ, viele waren es nicht. Daher werdenviele LAGs sich neu erfinden müssen, um innovativ zusein. Zudem müssen sich die LAGs auch neu formie-ren, um gemeinsam mit Bäuerinnen und Bauern dievorrangigen Ziele des Programms für die Entwicklungdes ländlichen Raums 2014–2020 umzusetzen.

Das ENRD hat eine Fokusgruppe zum ThemaWissens transfer und Innovation (KT&I = KnowledgeTransfer & Innovation) eingerichtet, 1. weil Innovationund Wissenstransfer die bereichsübergreifenden vor-rangigen Ziele des Programms für die Entwicklungdes ländlichen Raums sind und 2. weil Einrichtung undTätigkeit der operativen EIP-Gruppen im Bereich

Landwirtschaft aus Mitteln dieses Programms be-stritten werden können.

Die Fokusgruppe hat bereits über 60 Beispieleaus 17 Mitgliedstaaten zusammengetragen. Die wich-tigsten drei Lehren, die sich im Hinblick auf Innovationund Leader ergeben, sind: Den „Innovationsmaklern“sollte einen Schlüsselrolle zukommen. Es ist ent-scheidend, den richtigen Partner zu finden, der für dasbetreffende Thema die entsprechende Motivation, dieFähigkeiten und das Wissen hat und bereit ist, etwaszu investieren. Es bedarf eines lokalen Geschäfts -modells, das wirtschaftliche, gesellschaftliche undkulturelle Besonderheiten der Region berücksichtigt.

Zwei der ersten politischen Empfehlungen be-ziehen sich auf Leader:f CLLD-Gruppen oder LAGs sollen in der nächstenProgrammperiode angehalten werden, Innovatio-nen auf mikroregionaler und transnationalerEbene zu initiieren und zu fördern.

f Bereits 2013 soll begonnen werden, mithilfe der nationalen Netzwerke für ländliche Räumewichtige Akteurinnen und Akteure über die Möglichkeiten der operativen Gruppen der „Europäischen Innovationspartnerschaft“ in der Periode 2014 –2020 zu informieren. |||

Henk Kieft, Berater des ENRD zur Unterstützung

der Fokusgruppe KT&I und Mitglied des holländischen

nationalen Netzwerkteams für ländliche Räume

Innovation ist ein inte-graler Bestandteil derCLLD-Strategie. Artikel28.2.d. lautet: „Im loka-len Kontext bringt die Methode neue Formendes Denkens und Handelns hervor – neueMärkte, neue Produkte,neue Dienstleistungen,neue Formen der Arbeitund soziale Innovation.“Die Kommission sagt:„Strategien lokaler Ent-wicklung sollten daraufabzielen, in der Regionneue Ideen/ Ansätze einzuführen und nichtbloß Positionen zu verteidigen helfen, die einer ‚Business-as-usual‘- Haltung verpflich-tet sind. Innovation gibtes in Form von neuenDienstleistungen/Pro-dukten/Organisations-formen, sozialen Innova-tionen usw. Sie sollte imHinblick auf die lokalenGegebenheiten betrach-tet und auf ihre Wirk-samkeit im Vergleich zu aktuellen Methodenund Lösungen in der betreffenden Region eingeschätzt werden.“

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Leader und InnovationInnovation war und ist ein wesent liches Element von Leader. Was sagen VertreterInnen von Leader-Regionen und Landesstellen dazu? Eine Annäherung in acht Statements.

Mit Glocality am Puls der Zeit Als Leader-Region begleiten wir Projek -t anten von ihren ersten Ideen bis hinzur wirtschaftlichen oder sozialen

Produkt- bzw. Prozessimplementierung. Glocality (= globales Denken + lokales Handeln) ist für unshierbei der Garant für Innovation. Um in einer Region Innovatives zu generieren, muss nichtimmer das Rad neu erfunden werden. Viel wichti-ger ist es, für internationale, regionale und lokaleLernprozesse – „learning by doing“, „learning byusing“, „learning by interacting“ – offen zu seinund das richtige Umfeld für einen umfassendenWissensfluss und -austausch zwischen potenziel-len Innovationsträgern zu schaffen. Offenheit imDenken, eine Kultur der Kooperation, eine hohe regionale Lebensqualität sowie stark verwurzelteregionale Lebenswelten haben sich hier als diewichtigsten Standortfaktoren herauskristallisiert.Vor allem einen Trend, der uns auch darin be-stärkt, in der Aufarbeitung unserer immateriellenKulturgüter aktiv zu bleiben, beobachten wirimmer häufiger: die innovative Kombination von global Neuartigem mit regional Altbewährtem.Sabine Griesmann, Projekt management,

Leader-Region Kulturpark Eisenstraße

Innovation als Erfolgs -faktor für Leader In unserer täglichen Arbeit stellt sich immer

wieder die Frage, in welchem Maßdie Aktionen, die durch Leader unterstützt werden sollen, innovativsind und was unter dem Begriff Innovation an sich zu verstehen ist.Wörtlich heißt Innovation Neuerungoder Erneuerung. Ist etwas neu,wenn es neu in der Region ist? Oder kann etwas auch innovativ sein,wenn es im Nachbarort bereits vor-handen ist? Eines ist sicher: Die Entwicklungeiner Region lebt von der Bereit-schaft und vom Einsatz der unter-

schiedlichen gesellschaftlichen Grup-pen vor Ort. In der ländlichen Ent-wicklung hat sich im Rahmen vonLeader die Beteiligung der Bevölke-rung an allen Schritten der Entwick-lung als wesentlicher Erfolgsfaktorerwiesen. Der Bottom-up-Ansatz bedeutet, bewusst auf das Wissen,Können sowie die Kreativität derMenschen vor Ort zu setzen. Nurdurch die aktive und kreative Beteili-gung der örtlichen Bevölkerung können Regionen zum Motor für Entwicklung und Innovation im länd-lichen Raum werden.Petra Bahar, Land Salzburg,

Fachabteilung Landwirtschaft

und ländlicher Raum

Kreative Lust an Neuem Eine guteIdee, eine Invention allein ist nochkeine Innovation. Vieles, was in derländlichen Entwicklung „erfrischend

gut läuft“, hat einen Innovationskern. Innovatio-nen „passieren“ ständig im Lauf von Entwick-lungsprozessen, oder sie entstehen aus einemGeistesblitz, vielleicht aus der Not, „etwas tun zu müssen“. Innovationen sind selten von Grundauf neu, meist sind bekannte Muster „nur“ neukombiniert, und eine Invention bekommt Flügel –entwickelt sich zur Innovation.Innovationen gedeihen bei kreativer Lust anNeuem, mit Mut und Selbstbewusstsein undguten Nerven, um den Beharrungskräften desWohlgewohnten mit Geschick auszuweichen. Innovationen und Förderungsrichtlinien passenwegen grundsätzlicher Wesensunterschiede nicht zusammen. Ein „Paradoxon“ der ländlichenEntwicklung?Walter Vögel, Land Vorarlberg,

Programmverantwortliche Landesstelle LE07–13

Kreativ-innovative Milieus schaffen Innovationen sind nutzen -orientierte soziale Prozesse. Nach dem Soziologen Richard Flo-rida gelingt die Förderung des kreativ-innovativen Milieus einer Region über drei wesentliche Einflussfaktoren: Technologie,

Toleranz und Talente. Der Talente-Faktor bedeutet etwa die Förderung indivi-dueller Potenziale über Bildungsinitiativen. Die LAG Oststeirisches Kernlandbeschäftigt sich mit dem Thema „Talente für die Kreativwirtschaft“. DiesePositionierung ist zudem der Versuch, die Region nicht über traditionellesAbgrenzungsmarketing, sondern über eine thematische Öffnung zu definie-ren, die neue gebietsübergreifende oder gar transnationale Verbindungenschafft. Innovation heißt in diesem Zusammenhang auch, sich von lieb gewonnenen und idealisierten Hochglanzbildern vom Land zu verabschieden.In einer Zerstörung liegt dem Ökonomen Joseph Schumpeter zufolge auchdie schöpferische Kraft der Innovation.Wolfgang Berger, Leader-Manager, Oststeirisches Kernland

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Das Land braucht Freiräume und urbanes Denken Dort, wohin die jungen Leute, wenn

sie einmal weggegangen sind, nicht mehr zurück -wollen, wo die Daheimgebliebenen sich dem Jammern hingeben, wo Neues und Fremdesimmer noch Fremdwörter sind, dort bröckeln dieMenschen weg. Dann taucht das Wort „Abwande-rungsgemeinde“ auf, und es ist höchst an der Zeit,innezuhalten und hinzuschauen – auf das Unge-wohnte, auf die Experimentierfreudigen, auf die Kreativen. Ein Freund von mir, der unsere Gemeinde und Region mit seinen Visionen undkreativen Konzepten mitprägt, sagte einmal: „Das Denken in den Köpfen auf dem Land mussein wenig urbaner werden“, und er hat recht. DasLand braucht Freiräume, es braucht eine lebendigeSzene – und es braucht vor allem PolitikerInnen,die dieses innovative Potenzial unterstützen, auch wenn nicht gleich etwas dabei herausschaut.Damit Innovation wachsen kann, bedarf es einerguten, offenen Basis. Diese entsteht dann, wennbeide Seiten, die „BewahrerInnen“ und Innovato-rinnen und Innovatoren, zusammenrücken und einander vertrauen. Mut und Vertrauen gehörenkultiviert, darum muss man sich aktiv bemühen.Uli Böker, Bürgermeisterin der Marktgemeinde

Ottensheim

Karin Imlinger, Leader-Managerin, LAG Urfahr West

Neu erfinden, erneuern, anpassen Vielerorts fordert man innova-tive Regionen, Projekte sowie Akteurinnen und Akteure. VieleMenschen haben ein unterschiedliches Bild von Innovation, sofern sie überhaupt eines haben. Sie sprechen oft nicht vom

Gleichen. Das geht auch nicht, wenn von Innovation in der Regionalentwick-lung die Rede ist, und das ist gut so. Gerade die Unterschiedlichkeit der einzelnen Themen, Kompetenzen und Geschwindigkeiten der ablaufendenProzesse macht Regionen aus. Das trifft auch auf Innovation zu.Geht man vom lateinischen Wortursprung „erneuern“ aus, muss also nichtalles neu erfunden und entwickelt werden, es kann auch erneuert, an die jetzige Situation angepasst werden. Der Grad der Neuheit ist oft entschei-dend, und dieser kann in einer Region innovativ und in einer anderen Regionbereits ein alter Hut sein.Friedrich Veider, Regional- und Leader-Manager, LAG Villach – Hermagor

Innovation lässt sich nicht planen Die EU führte Anfang der 1990er-Jahre die Gemeinschaftsinitia-tive Leader als Experimentierfeld für neue Problem -lösungen im ländlichen Raum ein. Nach drei Peri-

oden als Erfolgsmodell geadelt, fand Leader Eingang in dasLändliche Entwicklungsprogramm 2014 –2020. Ist damit auch Innovation als eine der wichtigsten Säulen der Leader-MethodeTeil des Mainstreams geworden? Evaluierungen lassen Zweifelaufkommen. Defizite im Innovationsgehalt dürfen allerdingsnicht allein dem Mainstreaming angelastet werden. Verstehenwir Leader als Instrument der Regionalentwicklung, braucht es einen Perspektivenwechsel weg vom Einzelprojekt hin zu

strategischen Projektclustern. Auf Maßnahmen der Beteiligung,Qualifizierung und Konzeption folgen neue Strukturen von der Infrastruktur bis zu regionalen Marken. Darauf bauen wiederumkooperative Geschäftsmodelle privater Akteurinnen und Akteure auf. Die Dynamik solcher Innovationsspiralen lässt sich nicht planen, weder über die Anzahl der Projekte noch über den Fördermittelbedarf. Innovation ergibt sich aus Versuch und Irrtum innerhalb eines strategischen Korridors. Nur solcheKorridore können tatsächlich Gegenstand lokaler Entwicklungs-strategie sein.Günter Salchner, Regional- und Leader-Manager,

LAG Außerfern

Programmatisch die Unterstützung des Unge- ahnten vorsehen Perso-nen und Organi sationen,

die innovativ tätig sind, ver fügenmeist über Neugierde und Beweglich-keit. Viele Innovationen im Kontextländlicher Entwicklung waren Pro-zesse, die in Produkten, Verfahrenoder Strukturen mündeten, die überdas Gängige hinausreichten. Wieder-kehrend sprengten innovative Ideendas enge Korsett des Bewährten. Leider nicht selten verwelkten Innova-tionskeime, weil zwischen den starrenRichtlinien der Freiraum fehlte. Mainstream und Innovation gehenscheinbar ungern Hand in Hand.

Eine Stärke von Leader sollte es sein,lokal identifizierten Notwendigkeitenmit den Impulsen und Strukturen zu begegnen, die innovative Perso-nen und Organisationen brauchen.Regionen bedürfen einer Strategie,die neben der Erfolgsorientierungdem Wagnis Platz gewährt und eventuelles Scheitern toleriert. Ländliche Entwicklung ist ein Pro-gramm von beachtlichem Ausmaß,der Innovation als Querschnittmate-rie eingeschrieben ist. Es sollte möglich sein, die Unterstützung des Ungeahnten programmatischvorzusehen.Wolfgang Pichler, Leader-Manager,

Leader-Region Wels Land – LEWEL

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Nur der Wandelist beständig

Landwirtinnen und Landwirte in Österreich haben Zukunft, weil sie auf globale Heraus forderungen persönliche Antworten finden. Damit bäuerliche Familien zukunftsfähig wirtschaften können, brauchen sie Möglichkeiten und Freiheiten, Innovationen umzu setzen, die den Bedürfnissen der Märkte entsprechen. Hermann Schultes

Österreichs Bäuerinnen und Bauern müssen sichunter unsicheren Bedingungen auf die Zukunft vorbe-reiten, um die Überlebenssicherung ihrer Betriebeüber Generationen hinweg gewährleisten zu können.Viele globale Entwicklungen haben starke Aus wirkun-gen: ob Klimawandel, Ressourcen- und Bodenverlus -te, Landgrabbing, unterschiedliche Standards, stei -gen de Energiekosten oder sich ändernde globale Er-näh rungsgewohnheiten. Die Weltbevölkerung wächstzudem jährlich um „einmal Deutschland“. Diese globa-len Effekte treffen auch die österreichische Landwirt-schaft. Wir leben in einer „offenen Volkswirtschaft“mit allen Vor- und Nachteilen. Vor diesem Hintergrundentscheiden mögliche HofnachfolgerInnen, ob dieLandwirtschaft für sie die „bessere Alternative“ auseinem Bündel von Möglichkeiten ist. Die entschei-dende Frage ist: Wie können die Familienbetriebe an-ge sichts des größer werdenden globalen Drucks ihreStärken ausbauen und wettbewerbsfähig bleiben?

Die österreichische Landwirtschaft fußt aufeinem Konzept, das regionale Versorgungssicherheitin vitalen ländlichen Räumen schafft. Nirgends auf derWelt ist der Anteil der nach freiwilligen ökologischenKriterien bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutz-

fläche so hoch. Der Agrarsektor ist europaweit einerder wenigen, der bei den CO2-Klimazielen auf demWeg ist, die gesteckten Ziele zu erreichen. Land -bewirtschaftung schafft Ökosystemleistungen, Um-welt und Landschaften werden von Bäuerinnen undBauern entscheidend gestaltet. Dabei liegt es inderen Eigeninteresse, möglichst schonend mit derNatur umzugehen. Österreichs Landwirtschaft ist eineindeutiger Beschäftigungs-, Wertschöpfungs- und Entwicklungsmotor. WIFO-Studien bestätigen das eindrucksvoll. Das Wachstum in ländlichen Bezirkenwar zuletzt mit 3,4 Prozent deutlich höher als in städtischen Ballungsräumen. Betrachtet man zudemdie gesamten Wertschöpfungsketten, von welchendie Landwirtschaft Teil ist, sieht man schwarz aufweiß, wie bedeutend der Beitrag für Wirtschaft undArbeits markt ist.

Welche Weichenstellungen für die Zukunft?Eine wesentliche Antwort auf die sich stellenden Zukunftsfragen ist eine nachhaltige Intensivierungund Professionalisierung. Umweltverträglichkeit, Ressour ceneffizienz und Produktivität sind absolut

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notwendige, einander ergänzende Maßstäbe. Zukunftfunktioniert nur, wenn Bäuerinnen und Bauern ein genügend großes Stück an der Gesamtwertschöp-fung verdienen. Landwirtschaft muss sich für dieMenschen, die tagaus, tagein und bei jeder Witterungsorgsam auf ihren Betrieben arbeiten, lohnen. Betrie -be, die von der Substanz leben, weil sie mit Verlustenwirtschaften, werden um eine Anpassung nicht herumkommen oder langfristig ausscheiden. Ohne - öffent liche Gelder aus der GAP wären 70.000 Betriebein Österreich betroffen – jeder zweite Hof. Und wei-tere Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Sektor.Die anhaltende Technisierung hatte naturgemäßeinen Strukturwandel in der Landwirtschaft zur Folge.Erfindungsgeist und Ideenreichtum werden weiterhinden Arbeitseinsatz reduzieren, die Produktivität stei-gern und immer neue Kundenwünsche befriedigen.Wer der Landwirtschaft unterstellt, sie passe sichnicht an, liegt völlig falsch: Vielmehr hat der Sektorlaufend auf sich ändernde Rahmenbedingungen mitentsprechenden Strukturveränderungen reagiert.Heute orien tiert sich die Landwirtschaft an den Kon-sumentenwünschen. Die Art und Weise der Produk-tion ist kein Selbstzweck, sondern von der Nachfragegesteuert. Dennoch ist in Österreich eine ökosozialeLandwirtschaft, getragen von Familienbetrieben, einwesentliches Gestaltungsprinzip geblieben – undbleibt es hoffentlich auch. Damit bäuerliche Familienzukunftsfähig wirtschaften können, brauchen sieMög lichkeiten und Freiheiten, neue Wege zu gehen,welche die Bedürfnisse der Märkte bedienen. Für eingünstiges Innovationsklima ist ein dementsprechen-des Investitionsprogramm vonnöten. Daher muss dieAgrarpolitik auf Maßnahmen setzen, die innovations-freundlich sind und den bereits hohen Bildungs -standard der Landwirtinnen und Landwirte weiterausbauen.

Die vielfältigen Vorgaben der Natur nutzen dieBäuerinnen und Bauern durch eine geeignete Aus-richtung ihrer Betriebe. Das Ergebnis sind Kulturland-schaften, die das Stammkapital der Tourismusbran-che bilden. Nicht Größe und Quantität der Produktionsind für den wirtschaftlichen Erfolg entscheidend,sondern Qualität, die den Kunden findet – auf allenEbenen, bei allen Betriebsgrößen. Auch kleine Betrie -be oder solche in Ungunstlagen können durch inno-vative Konzepte, die eher auf Wertschöpfungstiefe

und Veredelung setzen, erfolgreich und konkurrenz-fähig sein. Die Entwicklungsmöglichkeiten unter-schiedlichster Betriebe sind vom selbstbewusstenEinsatz von Kapital und Arbeitskräften in der jeweilszutreffenden Intensität getragen. Diese Freiheit mussauch in Zukunft gewährleistet sein. Ergebnis ist dieVielfalt der Landschaft, der regionalen Produkte, derWettbewerbsfähigkeit am offenen Markt, der Beiträgezu Volkskultur und Gemeinschaftswesen, zum Lebens -wert der Dörfer. Viele Menschen sehen es als selbst-verständlich an, in einem Land wunderschöner viel-fältiger Kulturlandschaften mit hohem Nutzen für Lebens qualität, Gesundheit und Tourismus zu leben.Diese Mehrwerte haben nicht nur einen ideellenWert, sondern brauchen einen Preis. Es geht dahernicht um Subventionen, sondern um faire und leis -tungs gerechte Entlohnung von gesellschaftlich er -wün schten Leistungen, die am freien Markt leider keinen Käufer finden können.

Im globalen Umfeld herrscht Uneinigkeit, wieLandwirtschaft produzieren soll. Die österreichischeArt und Weise schafft einen Nutzen für alle Men-schen. Sie ist ein Kontrastprogramm zu einer von derBeliebigkeit des Zeitgeists abhängigen Agrarindustrieanderswo. In Österreich schaut Landwirtschaft anders aus, weil anders gewirtschaftet wird. Land-wirtinnen und Landwirte interpretieren ihre Kultur undTradition offensichtlich modern und verantwortungs-voll – zum Wohle aller. Die Betriebe sind nicht aufkurzfristige Renditen aus: Der insgesamt hohe Eigen-kapitalanteil zeigt, dass es um langfristige Über -lebens fähigkeit geht. Österreichs Landwirtschaft rea-giert flexibler bei Krisen, weil sie findiger ist, wenn esum neue Ideen geht. Unsere Kernforderung richtetsich auf verlässliche rechtliche Rahmenbedingungenund wirtschaftliche Freiheiten. Für uns ist der Hofmehr als ein Arbeitsplatz. Wir haben nur einen, undder soll unsere Lebensgrundlage, unser Lebensraumund der Ort sein, an dem unsere Kinder Heimat erle-ben und wir hoffentlich alt werden dürfen. Wir habennicht die bessere Einstellung, wir haben eine eigene;wir wissen, dass wir mit unserem Lebensbild einer-seits die Sehnsucht vieler wecken, aber doch ande-rerseits täglich um Verständnis für unsere Eigenartwerben müssen. Wertschätzung müssen wir uns täg-lich erarbeiten. Unsere Botschaft ist gut: wir habenvon allem genug, wir haben für alle etwas! |||

Hermann Schultes, Präsident

der Landwirtschaftskammer

Niederösterreich

Exkommissar FranzFischler beschrieb denAnspruch an die EU-Agrarpolitik einmal folgendermaßen: “OurCommon AgriculturalPolicy is everyone’s business: It is social policy, welfare policy,economic policy, and, of course, environmentalpolicy as well as Euro-pean policy. It alsomakes an importantcontribution to globalpolicy, dealing with the question of how 9 billion people are to be fed in the future:while these global challenges can only be solved on a globallevel, Europe has to make an adequatecontribution.”

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Vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt – Der Kunde ist König War man als Konsument jahrhundertelang froh, über-haupt etwas zu bekommen (aus der Zeit stammt derSpruch „Und ist der Handel noch so klein, so trägt ermehr als Arbeit ein!“), so hat sich die Situation grund-legend geändert. Im Zeitalter der überversorgtenMärkte ist der Handel froh, überhaupt etwas zu ver-kaufen. Die Strukturen haben sich den geändertenVerhältnissen angepasst: Shoppingcenter, wo das 21. Haarföhnmodell in der aktuellen Modefarbe unddie neue Kücheneinrichtung auf Superteilzahlung an-geboten werden, Direktvertriebsmodelle, bei deneneine oder zwei Zwischenhandelsstufen übersprungenwerden, bis hin zur Direktorder beim Hersteller, wozwar noch die Vermittlerfunktion existiert, aber keineerkennbare Handelsstruktur.

Die Qual der Wahl„Komplexitätsreduktion“ heißt das Zauberwort imMarketing angesichts der immer unüberschaubarerwerdenden Angebotsvielfalt. Mit einer Kaufentschei-dung werden fünf Produkte gekauft; Beispiel: der All-inclusive-Urlaub. Ein Erfolgsfaktor der Diskonter liegtabgesehen vom Preisargument auch darin, dass mannirgendwo sonst mit einem gefüllten Einkaufswagenso schnell wieder draußen ist. Die viel zitierte (undstrapazierte) Beratung im Fachhandel ist auch einMittel, sich die Entscheidung leichter zu machen.

Das Internet als neue Quelle der WahrheitWas in den 1960er- und 1970er-Jahren der Versand-katalog war, ist heute das Internet. Im Unterschied zu

damals bietet allerdings das Worldwide Web deutlichmehr Möglichkeiten, nämlich sich zu informieren,unter inhaltlichen Vorgaben zu vergleichen und letzt-lich auch zu ordern. Der Erfolg von Amazon speziellbei jüngeren Käuferschichten bestätigt diesen Weg.

Vom stationären Handel zum Onlinehandel: Die Zukunft gehört der Cross-Channel-StrategieEinen Onlineshop hat heute (fast) jeder Installateur.Aber erst mit dem Smartphone bzw. den Tablets er-geben sich neue Synergien zwischen Information undBestellung, Lieferung und Reklamation. Im Non-Food-Bereich macht laut einer aktuellen Untersuchung desKölner Handelsinstituts für Österreich der Online -handel bereits 6% oder 3,2 Mrd. Euro aus, die zurHälfte von ausländischen Internetanbietern abge-deckt werden.

Der Lebensmittelhandel hinkt mit großem Ab-stand hinterher; Lebensmittel will man sehen, riechen,anfassen, bevor man kauft. Aber die Information da -rüber bzw. über ihre Hersteller, das Aufspüren vonSpezialitäten oder besonderen Konsumorten, da bie-tet das Internet neue Möglichkeiten, vor allem wennes in seiner mobilen Applikation am Smartphonespontan und ortsunabhängig zur Verfügung steht. Dasist bequem, weil flexibel und zeitsparend. Ob die aus-gewählten Lebensmittel dann irgendwo abgeholt oderzugestellt werden, ob sie als Koch-Abo oder Gemü-sekiste (Komplexitätsreduktion!) daherkommen odergleich zubereitet werden („Rent a cook!“) ist sekun-där – so lange es praktisch und bequem ist.

Der mobile Internetzugang am Smartphone wirdunsere Welt verändern. |||

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Vertrieb als Innovationsfeld der Zukunft

„Handel im Wandel“ – dieses geflügelte Wort trifft derzeit so direkt zu wie schon lange nicht mehr. Die Aufgabe des Handels war es immer schon, Produkte, die einer hat, dem zukommen zu lassen, der sie brauchen könnte, oder dem, der etwas haben will, die gewünschten Waren zu beschaffen – man denke an den Kolonialwarenimport, mit dem Dynastien begründet wurden. In Anbetracht der Fülle an Dingen und Dienstleistungen, die wir brauchen zu müssen glauben, eine unverzichtbare Funktion. Christian Jochum

Christian Jochum,

Netzwerk Land

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Matthias Schmid 1 wollte immer schon gern in derLandwirtschaft arbeiten. Er stammt von einem Bau-ernhof, den jedoch eines seiner Geschwister über-nommen hat. Beim Einkaufen kam seine Mutter miteiner Bäuerin ins Gespräch: Ihr Bruder suche nacheinem Unfall des Hoferben nach einem Übernehmer.In der weiteren Verwandtschaft ließe sich keiner fin-den. Für Matthias Schmid war die große Chance ge-kommen, und er griff zu.2

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe inÖsterreich sank von 1999 bis 2010 um ca. 44.000 Be-triebe (auf 173.000 Betriebe). Bei wie vielen der ver-bleibenden Bauernhöfe die Hofnachfolge feststeht, iststatistisch kaum erhoben.3 Für kinderlose Hofbewirt-schafterInnen war die Hofübergabe auf Leibrente anFamilienfremde bis in die 1950er-Jahre durchaus üb-liche Praxis. Vielen Bäuerinnen und Bauern ist derFortbestand ihrer Höfe auch heute ein immens wich-tiges Anliegen, unabhängig davon, ob es Erben gibtoder diese andere Lebenswege gewählt haben. Damitrückt die Hofübergabe an jemanden außerhalb derFamilie wieder mehr ins Licht der Aufmerksamkeit.

Die neuen Hofsuchenden 4 sind meist gut ausge-bildet, haben praktische Erfahrungen in der Landwirt-schaft und viele Ideen für neue Formen des Zusam-

menlebens auf einem Bauernhof. Die biologische Be-wirtschaftung ist ihnen ein wichtiges Anliegen. Siehalten Ausschau nach kleinen Höfen, die verschie-dene Standbeine und eine Lebensmittelverarbeitungund -vermarktung am Hof zulassen. Gutes Essen für die von ihnen versorgten Menschen am Hof und außer halb des Hofes steht meist an erster Stelle. Siesind für unkonventionelle Lösungen in vielen Berei-chen offen und setzen damit wichtige Impulse auchfür andere Höfe in der Region.

Solche außerfamiliären HofübernehmerInnenstellen eine soziale Innovation im ländlichen Raumdar. Pro Tag werden in Österreich im statistischenDurchschnitt zehn Betriebe aufgelassen. Anderer-seits gibt es immer mehr junge Leute, oft mit Studien-abschluss, manchmal aus der Stadt, die unbedingteinen Hof bewirtschaften wollen, sich mit Leib undSeele für eine nachhaltige Landbewirtschaftung en-gagieren und Netzwerke für eine regionale Lebens-mittelversorgung aufbauen. Sie stärken damit nichtnur die soziale Infrastruktur im ländlichen Raum, son-dern sie geben auch Hoffnung. Hoffnung, dass es gutweitergehen wird. |||

Karin Okonkwo-Klampfer, ÖBV − Via Campesina Austria

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Damit es gut weitergeht

1 Name von den Studien -autorinnen geändert.

2 Evelyn Klein/Andrea Heistinger,Ich habe mir meine Erbenselbst gesucht. Höfe neu beleben – Möglichkeiten einesEinstiegs in die Landwirtschaft,2011. Diese Studie zu außer -familiärer Hofübergabe kannman über [email protected] bestellen.

3 Stefan Vogel, Hofnachfolge in Österreich. Eine Befragungvon Betriebsleiterinnen undBetriebsleitern, Forschungs -bericht Nr. 1327, Bundesminis-terium für Land- und Forstwirt-schaft, Umwelt und Wasser-wirtschaft, 2006. 11,7% derbefragten Haupt- und 24,2%der be fragten Nebenerwerbs-betriebe haben keinen Hofnachfolger/keine Hof -nachfolgerin in Aussicht.

4 Hofbörsen: www.viacampesina.at,www.hofgruender.de.

Pro Tag werden in Österreich zehn landwirtschaftliche Betriebe aufgelassen. Doch es gibt immer mehr junge Leute, oft mit Studien abschluss, die unbedingt einen Hof bewirtschaften wollen und sich mit Leib und Seele für eine nachhaltige Landbewirtschaftung engagieren − sie sorgen damit auch für soziale Innovation am Land. Karin Okonkwo-Klampfer

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Betrachtet man statistische Kennzahlen der österrei-chischen Landwirtschaft, erkennt man einen besorg-niserregenden Trend. Während im Jahr 1970 nochüber 360.000 Betriebe die Ackerflächen, Wiesen undAlmen bewirtschafteten, waren es 2010 nur mehrknapp über 170.000. Deshalb ist es umso erstaunli-cher, dass der Produktionswert der Land- und Forst-wirtschaft in den letzten Jahrzehnten enorm ange-stiegen ist. Wurden im Jahr 2001 noch Waren im Wertvon 5,8 Mio. Euro hergestellt, waren es zehn Jahrespäter bereits 7,15 Mio. Euro (Quelle: Grüner Bericht2012). Dies konnte nur durch konsequente Investitio-nen in moderne Landtechnik und durch die hohe In-novationskraft der Landmaschinenindustrie erreichtwerden.

Moderne TechnologienDie moderne Landtechnik braucht Vergleiche mit an-deren Technologiebereichen nicht zu scheuen. Früherwaren die Landmaschinen eher einfach gehaltene,mechanisch angetriebene Geräte; in den letzten Jah-ren hat jedoch eine erstaunliche Entwicklung stattge-funden. Ähnlich wie beim PKW ist zwar die Bedienungeines Traktors mit Kupplung, Fahrpedal und Lenkradgleich geblieben, aber im Hintergrund arbeitet einkomplexes elektronisches Steuerungssystem. Egal obMotor, Getriebe, Hydraulik oder Zusatzaggregate: Diehochentwickelten Komponenten werden über elek-tronische Steuergeräte (TECUs = tractor electroniccontrol units) betrieben, die über ein internes Bus -system (CAN-Bus, CAN = controller area network)

kommunizieren. Während in PKWs noch sehr ein -fache Navigationssysteme die Fahrerin/den Fahrer in-formieren, bei welcher Straße man demnächst abbie-gen muss, greift das RTK-GPS-System (RTK = Real-time Kinematics) am Traktor direkt in die Lenkung ein und lenkt den Traktor bei der Feldbearbeitungselbsttätig auf wenige Zentimeter (!) genau. Derartige Parallelfahrsysteme entlasten die Fahrerin/den Fah-rer und sorgen für eine präzise Arbeitserledigung.

Da der Funktionsumfang wie auch die Präzisi-onsanforderungen bei vielen Landmaschinen enormgestiegen sind, verfügen viele Geräte bereits übereine elektronische Steuerung. Zur Kommunikation mitdem Traktor wurde der sogenannte ISOBUS entwick -elt, der eine bequeme Bedienung vom Traktorterminalmit Farbdisplay und Touchscreen ermöglicht. Damitkann zum Beispiel die Düngerausbringmenge exakteingestellt werden. Die Sämaschine kann bei konischverlaufenden Feldformen in der Breite reihenweiseab- oder zugeschaltet werden. Bei der Ernte könnenErtragskarten erstellt werden. Diese technische Aus-stattung ist für die sogenannte Präzisionslandwirt-schaft („precision farming“) notwendig, bei der dieMaschineneinstellungen (z.B. für die Ausbringmen-gen) in Abhängigkeit von der Position und dem loka-len Bedarf der Pflanze geändert werden.

Hochkomplexe und sehr leistungsfähige Ernte-maschinen können mittlerweile über das Internet miteiner Servicezentrale kommunizieren. Mit Telemetrie-systemen werden ständig Maschinenfunktionen, aberauch die momentane Position und Flächenleistung

ausblicke 1|13 Innovation und Wirtschaft30

Hightech in der LandwirtschaftDie Landwirtschaft erbringt eine enorme Entwicklungsleistung. Obwohl die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den letzten vierzig Jahren auf die Hälfte geschrumpft ist, steigt der Produktionswert ständig an. Warum?Durch Innovationen in der Landtechnik. Heinrich Prankl

Parallelfahrsysteme ermöglichen präzises Arbeiten auch bei Nacht.

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übermittelt. Damit können die Fahrzeuge überwachtund der Einsatz mehrerer Fahrzeuge (z.B. Mähdre-scher) optimiert werden.

Elektronik in der TierhaltungAuch in der Tierhaltung hat die Elektronik längst Ein-zug gehalten. In einem modernen Rinderstall könnendie einzelnen Tiere über sogenannte Transponderidentifiziert, automatisch verwogen und zum Teil auchgefüttert werden. Milchkühe werden über einen Melk roboter gemolken. Das bedeutet, dass für dengesamten Ablauf – von der Reinigung des Euters überdas Ansetzen des Melkzeuges bis zum vollständigenMelkvorgang – keine Bedienperson mehr notwendigist. So nebenbei erfolgt auch eine Qualitätskontrolleder Milch. Durch Messung der Temperatur kann früh-zeitig eine etwaige Erkrankung des jeweiligen Tiersfestgestellt werden.

Und in Zukunft?Angesichts dieser Leistungen fragt man sich, welcheInnovationen wohl die Zukunft bringen wird. Unter Be-achtung der enormen technologischen Entwicklungenkann ein vorsichtiger Blick nach vorne gewagt wer-den. Im Prinzip sind moderne Traktoren heute schonfähig, fahrerlos zu fahren. Da aber meist mehrere Ton-nen im Feld bewegt werden, spielt natürlich das Ge-fahrenpotenzial die wichtigste Rolle. Daher wird esnoch einige Zeit dauern, bis Landmaschinen deneinen oder anderen Arbeitsvorgang autonom erledi-gen werden. Ideen wurden aber schon präsentiert:

Am ersten Traktor sitzt eine Fahrerin/ein Fahrer undkontrolliert den Prozess, der folgende Traktor ist fah-rerlos und verrichtet die gleiche Tätigkeit.

Natürlich ist es ein großer Unterschied, obetwas gemacht werden könnte, gemacht werdenkann oder wirklich umgesetzt wird. Die beschriebeneTechnik existiert bereits, wird aber nur dort verwen-det, wo es entsprechend große Flächen und einehohe Schlagkraft erfordern. Technik muss schließlichauch leistbar sein, Investitionen müssen wirtschaft -lichen Erfolg bringen.

Landtechnische Forschung in ÖsterreichDie BLT Wieselburg im Lehr- und ForschungszentrumFrancisco Josephinum beschäftigt sich mit For-schung, Entwicklung und Prüfung im Bereich der mo-dernen Landtechnik. Die hohen Qualitätsansprüchean die österreichische Landwirtschaft, die Erzeugunggesunder Lebensmittel, die Regionalität, aber vorallem der internationale Wettbewerb erfordern stän-dige Innovationen. Seit 2010 betreibt daher die eigeneForschungsorganisation „Josephinum Research“ einKompetenzzentrum für Landtechnik: Im Rahmen von„Future Farm Technology“ arbeiten 19 Partner ausWirtschaft und Wissenschaft in verschiedenen Pro-jekten zusammen; neue Technologien werden ent-wickelt und verbessert sowie Einsatzmöglichkeitenerforscht. Das Ziel? Erfolgreiche Innovationen imDienste der österreichischen Landwirtschaft, Gesell-schaft und Umwelt. |||

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Heinrich Prankl, Leiter

für Forschung und Innovation,

BLT Wieselburg/Lehr- und

Forschungszentrum

Francisco Josephinum

Ein Scanner tastet denFutterschwad ab undsteuert die Geschwindig-keit des Fahrzeuges (li.).

Eine moderne Traktor -kabine mit Hightech aus-stattung (re.)

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ausblicke 1|13 Innovation und Wirtschaft32

Innovative Bildung durchdas LFI Österreich

Bernhard Keiler, Geschäfts führer des LFI Österreich

Innovation heißt wörtlich „Neue-rung“ oder „Erneuerung“ und wirdim allgemeinen Sprachgebrauch für neue Ideen und Erfindungen undderen Umsetzung verwendet. LautWikipedia kann erst dann von Innova-tion gesprochen werden, wenn Ideenin Form von neuen Produkten, Dienst-leistungen oder Verfahren umgesetztwerden und diese dann tatsächlicherfolgreich Anwendung finden.Genau das geschieht seit über 40 Jahren mit dem umfangreichen undvielfältigen Bildungsprogramm desLändlichen Fortbildungsinstitutes(LFI). Mit knapp 320.000 Teilnahmenund rund 13.500 Veranstaltungen in der vergangenen Bildungssaisonist das LFI einer der größten und beliebtesten Bildungsanbieter imländlichen Raum.

Im Sinne des Leitsatzes „Wir grei-fen fachliche und gesellschaftlicheEntwicklungen auf, erarbeiten inno-vative sowie nachhaltige Angeboteund eröffnen Perspektiven mit Weit-blick“ werden vom LFI Österreich(www.lfi.at) laufend neue Schulungs-angebote in innovativen Bildungspro-jekten entwickelt. Besonders erfolg-reich sind die Bildungsoffensiven für

die Almwirtschaft, die Direktvermark-tung, die Waldwirtschaft, das Bio-netzwerk (Bionet) und das Projekt„Lebensqualität am Bauernhof“.

Der Rolls-Royce im LFI-Bildungs-angebot sind die Zertifikatslehrgängezur Höherqualifizierung der Bäuerin-nen und Bauern in neuen und innova-tiven Geschäftsbereichen, wie bei-spielsweise Naturvermittlung, Kräuterpädagogik und Gartenbäuerin.Besonders zu erwähnen ist der im sozialpädagogisch therapeutischenBereich angesiedelte Zertifikatslehr-gang „Tiergestützte Pädagogik und Therapie am Bauernhof“, der ein zentrales Element der Plattform„Green Care“ ist. |||

Technische und soziale Innovationen an der BOKU

Ika Darnhofer, Institut für Agrar- und Forstökonomie, Department für Wirtschafts-und Sozialwissenschaften,BOKU Wien

Eine Universität wie die BOKU trägtin vielfältiger Weise zu Innovationenin der Landwirtschaft bei. Im Labor,am Computer oder auf Versuchs -flächen werden neue Verfahren ent -wickelt und getestet. Dabei handeltes sich z.B. um agrarökologische oder tierfreundliche Produktions -methoden, um die Verarbeitung von Lebensmitteln oder um Energie

aus nachwachsenden Rohstoffen.An diesen Innovationen sind nicht

nur (internationale) WissenschafterIn-nen, sondern auch Studierende, private Firmen und die öffentlicheVerwaltung beteiligt. Diese enge Zusammenarbeit sichert die Umset-zung in die Praxis. Diese technischenInnovationen sind aber nicht der einzige Beitrag. Die BOKU ist auchwesentlich an sozialen Innovationenbeteiligt, wie z.B. neuen Organisa -tions- und Kooperationsformen. Sie bietet einen Raum, in dem neueIdeen präsentiert, diskutiert und innovativ kombiniert werden können,in dem auch „wilde“ Projekte undausgefallene Vorschläge Platz habenund reifen können. Der Bildungsauf-trag hört eben nicht bei den Studie-renden auf. Es geht ganz grundsätz-lich darum, Gesellschaft neu zu den-ken und sich aktiv zu engagieren,damit die Landwirtschaft innovativbleibt und unsere Zukunft sichert. |||

Innovationen in der Milchwirtschaft

Klaus Dillinger, Bundesanstaltfür Alpenländische Milch wirtschaft (BAM) Rotholz

Der Begriff Innovation leitet sich vomlateinischen innovare (erneuern) ab.Im wirtschaftlichen Kontext verstehtman darunter eine neue Idee, die bis

Wer trägt wie zur Innovation in derLand- und Forstwirtschaft bei?VertreterInnen unterschiedlicher Organisationen beschreiben, auf welche Art und Weise Neues in das System Land- und Forstwirtschaft kommt.

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zu ihrer Umsetzung, einem neuenProdukt oder einer Dienstleistungweiter entwickelt wird. Diese Ent-wicklung ist langwierig und kosten -intensiv. Innovation geht meist vom Hersteller aus, wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragen und kann nicht angeordnetwerden. Innovation kann neben direkter finanzieller Unterstützungauch durch entsprechende Rahmen-bedingungen gefördert werden.

Die BAM Rotholz bildet deshalb in Zusammenarbeit mit der TirolerFachberufsschule Wörgl-Rotholzmilchwirtschaftliche FacharbeiterIn-nen und Meister aus, stellt der öster-reichischen Milchwirtschaft Fach -wissen, technologische Einrichtungenund Laborkapazität zur Verfügungund führt selbstständig Forschungs-projekte durch.

Fasst man den Begriff Innovationweiter und versteht darunter auch soziale und politische Erneuerung,stellt man fest, dass in unserer monetär orientierten Gesellschaftwirtschaftlicher Erfolg immer Grundlage jeder Veränderung ist. |||

Forschung und Innovationim LFZ Raumberg- Gumpenstein

Anton Hausleitner, Leiter Forschung und Innovation, LFZ Raumberg-Gumpenstein

Als größte nachgeordnete Dienst-stelle des Lebensministeriums siehtsich das Lehr- und Forschungszen-trum Raumberg-Gumpenstein in denBereichen Forschung und Innovationsowie Bildung und Wissenstransferals die treibende Kraft für die Erarbeitung einer zukunftsweisendenStrategie für den ländlichen Raum in

Innovation und Wirtschaft ausblicke 1|13 33

Allgemeinen und die österreichischeLandwirtschaft im Besonderen.

Aktuell werden in mehr als 100wissenschaftlichen Projekten von denInstituten „Pflanzenbau und Kultur-landschaft“, „Nutztierforschung“,„Artgerechte Tierhaltung und Tierge-sundheit“ sowie „Biologische Land-wirtschaft und Biodiversität der Nutz-tiere“ Ergebnisse für die land- undforstwirtschaftliche Praxis, für Multi-plikatoren und für die Agrarpolitik erarbeitet.

Besonders wichtig ist die rasche,direkte und effiziente Weitergabe des erarbeiteten Wissens mit einersystematischen Durchdringung vonPraxis und Forschung. Allein über Tagungen, Seminare, Workshops undSchulungen werden mehr als 5000 Interessierte jährlich direkt erreicht;bei den Feldtagen noch wesentlichmehr. Für die SchülerInnen werdendie Forschungsinhalte in modularenUnterrichtseinheiten aufbereitet;mehr als 10 Wissenschaftler bietenStudentinnen und Studenten an unterschiedlichen in- und ausländi-schen Universitäten ebenfalls diesesWissen an. Alle außenwirksamenLeistungen des Hauses Raumberg-Gumpenstein stehen unterwww.raumberg-gumpenstein.atin der Forschungsdokumentation der Öffentlichkeit zur Verfügung. |||

Die Hochschule für Agrar-und Umweltpädagogik als Innovationsmotor

Thomas Haase, Rektor der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik

Damit Neues in das System Land-und Forstwirtschaft kommt, ist dasZusammenwirken von agrarischer

Forschung und Entwicklung, derHochschule für Agrar- und Umwelt -pädagogik sowie des Schulsystemsund der Beratung von ausschlag -gebender Bedeutung.

Vorbedingung für Innovation istimmer ein hohes Fachwissen in Ver-bindung mit Vermittlungskompeten-zen. Das beste Forschungsergebnishilft nicht, wenn die Umsetzung indie landwirtschaftliche Praxis nichtgewährleistet ist. Zur methodischenRealisierung sind Kompetenzen in den Bereichen Kommunikation, Motivationspsychologie und Innovati-onsmanagement, des menschlichenVerhaltens bis hin zur Moderation er-forderlich. Dies sind wesentliche In-halte in den Curricula der Hochschulefür Agrar- und Umweltpädagogik.

Die Hochschule initiiert auch Inno-vationen am freien Bildungsmarkt.Am Beginn steht immer die Frage:Wo gibt es Innovationspotenzial inder Qualifikation der Zielgruppen?Nach Marktanalysen und Bedarfsfor-mulierungen wurden marktfähige Bildungsprogramme ausgearbeitet,mit den Stakeholdern abgestimmtund angeboten: Dies sind Bildungs-produkte, welche sich zu hundert Prozent aus den TeilnehmerInnenbei-trägen finanzieren, so zum Beispieldie Hochschullehrgänge: „Betriebs-dienstleistung“, „Beratung und Er-wachsenenbildung“ oder „Obst undGemüse“ sowie die Masterstudien „Bildungsmanagement im ländlichenRaum“ und „Green Care“. |||

Forschung und Entwicklung

Hochschule für Agrar- und UmweltpädagogikAgrarische SchulenAgrarische Beratung

Landwirtschaftliche Praxis

Interaktion

Resultate/Feedback

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Die Frage nach Innovation kann über zwei Zugängebeantwortet werden: Entweder beantwortet man sieals Beobachtende/r, und die Innovation ist das Um-feld, das beobachtet wird. Dieser Modus führt eher zueiner Definition. Oder man begibt sich in die Innova-tion hinein und fragt sich, wie ist es, innovativ zu sein.Dabei wird die Person zum Umfeld der Innovation. Fürbeide, die Innovation und die Person, gibt es ein Drit-tes, nämlich die Rahmenbedingungen und Kontexte,die einerseits die Innovation einer Person (oder einesTeams) fördern und andererseits aus Erfindungen erstInnovationen machen können.

Ich unterscheide drei Arten von Innovation: dasKopieren, das Kombinieren und das Kreieren. Damitstelle ich ein Modell zur Verfügung, das niedrig-schwellig beginnt und hochschwellig endet. Je nach-dem, mit welcher Innovationstiefe man gerade han-tiert, hat das Wissen eine andere Funktion:

Es mag paradox klingen, aber für den hochschwelli-gen Zugang (Kreieren) ist Wissen geradezu störend.Erst wer in der Lage ist, zu sagen: „Ich habe keine Ahnung“, wird die Bereitschaft entwickeln, völligneue Wege zu gehen. Dabei kann es sich um einneues Produkt oder eine Dienstleistung, um einen Er-zeugungsprozess oder ein neues Geschäftsmodellhandeln. Wichtig ist auch die Unterscheidung zwi-schen Erfindung und Innovation. Solange eine Erfin-dung niemand braucht, stiftet sie keinen Nutzen; siekann dadurch auch nicht als Geschäft oder als Nut-zen in Wert gesetzt werden. Erst wenn dies der Fall

ist, überschreitet eine Erfindung die Schwelle zur In-novation.

Der Prozess der InnovationDie Firma IDEO hat den Prozess der Innovation in sie-ben Schritten zusammengefasst. Viele Expertinnenund Experten, die Innovation als Prozess beschreiben,kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Diese siebenSchritte können als Handlungsanleitung gelten. DerProzess wird auch „Design Thinking“ genannt, wobeies beim Design nicht nur ums Aussehen, sondernauch und vor allem um die Funktion und Wirkung vonetwas sowie um den Gestaltungsprozess selbst geht:

1 Verstehe, welche Grenzen unüberwindlich scheinen!

2 Beobachte wirkliche Menschen in realen Situationen!

3 Definiere das Anliegen …, denn die bisherigenLösungen sind nur eine Variante, wie ein Anliegen gelöst werden kann!

4 Entwickle … und visualisiere dabei, nutze kreative Menschen, Methoden und neue

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Was ist Innovation?Klassische Hindernisse für eine innovative Atmosphäre in Regionen und Organisationen sind Hierarchie, Bürokratie, Anonymität, Ordnung und Herrschaft von Experten und Expertinnen. Im Folgenden einige Anregungen,wie man regionale Innovation gezielt fördern kann. Leo Baumfeld

Innovationstiefe Wissen NichtwissenKopieren sehr wichtig, wäre hemmend

praktisch die BasisKombinieren sehr wichtig in in Bezug auf das

Bezug auf die Teile, künftige Ganzedie kombiniert sehr wichtigwerden könnten

Kreieren wäre hemmend sehr wichtig, praktisch die Basis

Design Thinking

Entwickeln

Pre-Test

VerstehenPrototyp

Anliegen definieren

Beobachten

Markt

Page 37: ausblicke 1.13 - Innovation: Magazin fuer laendliche Entwicklung

Instrumente! Lass dich durch Scheitern nicht vom Weitermachen abhalten!

5 Erstelle immer und immer wieder Prototypen …,probiere aus und such dir dazu das Umfeld eines Labors!

6 Probiere … und prüfe, ob dein Modell zweck mäßig und attraktiv ist, ob es marktfähig, realisierbar (über den Prototypen hinaus) und nachhaltig ist!

7 Bringe es auf den Markt, nur so haben andereauch etwas davon!

Innovation braucht VoraussetzungenOb die Voraussetzungen für eine Innovation gegebensind, kann auch daran eingeschätzt werden, wie mansich selbst in Bezug auf Neues verhält. Ist man ehersicherheitsorientiert? Oder eher risikoorientiert? Daslimbische System (eine Funktionseinheit des Gehirns)kennt drei Prägungen: die Dominanz (machtorientiert),die Balance (sicherheitsorientiert) und die Stimulanz(risikoorientiert). Im Gehirn arbeiten diese Prägungenzusammen. Bei den meisten Menschen steht eine be-stimmte Prägung im Vordergrund, und die Werbe-fachleute wissen das.

bestimmte Leute dazu, die auf so etwas aufspringen.In einem Labor gibt es auch Werkzeuge zum Schrei-ben, Visualisieren, Ausschneiden, Kleben, Bauen usw.

Klassische Hindernisse für eine innovative Atmo sphäre in Regionen und Organisationen sindHierarchie, Bürokratie, Anonymität, Ordnung undHerrschaft von Experten und Expertinnen. Sieht sichdie Region mit drei und mehr dieser Hindernisse kon-frontiert, ist immer noch die eher sicherheitsorien-tierte und niedrigschwellige Variante der Innovationmöglich, nämlich später oder sogar früher Kopierer zusein. Die folgende Tabelle listet einige Methoden fürdie drei Innovationstiefen auf.

In Regionen sollten mehrere Formate kombiniert wer-den. Es könnte dies ein offenes Technologielabor(www.OTELO.or.at) sein, wie Martin Hollinetz einesentwickelt hat. Es könnte eine Innovationsassistenzoder ein Innovationspool von Menschen sein, die fürResonanz zur Verfügung stehen. Es könnte auch eineInitiative sein, die dafür sorgt, dass Unternehmen sichmit ihren Innovationsvoraussetzungen beschäftigen(Innovationscheck, Erstellen eines Wissensprofils, Erarbeiten eines Unternehmensentwicklungspro-gramms etc.).

Darüber hinaus meine ich, dass regionale Inno-vation auch dann gefördert werden kann, wenn esdem Regionalmanagement gelingt, zu drei Welten Zu-gang zu haben und diese Welten miteinander zu ver-knüpfen: die regionalen Lebenswelten (Unternehmen,Gemeinden und Schulen, Kulturbereich u. a.), die Institutionen, die in diesen Lebenswelten eine steu-ernde Funktion haben, sowie die Forschung. Idealer-weise entstehen dabei auch Partnerschaften zwi-schen diesen drei Welten, denn keine kann ohne dieanderen ihre Ideen in die Breite und Tiefe bringen. |||

Leo Baumfeld, ÖAR-Regionalberatung GmbH

Innovation ausblicke 1|13 35

Auch in Regionen gibt es Systeme von Akteurinnenund Akteuren, bei denen die eine oder andere Prä-gung überwiegt: Dominanz (Politik), Balance (Verwal-tung) und Stimulanz (die innovativen Menschen undUnternehmen oder Kooperationssysteme). Gelingt es,dass diese drei Akteure gut zusammenarbeiten, kannauch regionale Innovation besser gelingen. Förderedaher die Impulsgebenden, die Querdenkenden, dieMusterbrechenden, diejenigen, welche die Dinge aufden Punkt bringen können! Sie sind meist eine Quellefür Neues. Lade sie in ein „Labor“ ein; verzichte aufSitzungen und Arbeitskreise! Diese lösen meist schonbestimmte Bilder aus, und man denkt sich auch schon

„Den lieb’ ich, der Unmögliches begehrt.“ Johann Wolfgang

von Goethe

Innovationstiefe InstrumenteKopieren Exkursionen, Best-Practice-Workshops,

Recherchen etc.Kombinieren TRITZ (eine in Russland entstandene und Kreieren Theorie des erfinderischen Problemlösens,

eine für den technischen Bereich entwickelte Methode), Design Thinking, regionale Innovationsassistenz, die dreistündige bis mehrtägige Innovationsformate anbietet

Impulse

Muster -brecher/Querdenken

Artikulations-fähigkeit

Ent-wicklungs-labor

Erste Nutzer

Spätere Nutzer

Kreierer,Kombinierer

frühe Kopierer

späte Kopierer

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AusgangssituationIn der Europäischen Union bestehen – nach Jahr-zehnten regional- und strukturpolitischer Eingriffe –immer noch große Unterschiede in den regionalen Le-bens verhältnissen. Entweder ist also die Angleichungder Lebensbedingungen innerhalb der Gemeinschaftein sehr langfristiger Prozess, oder die gewähltenStrategien sind ineffizient. Die aktuelle Finanzkrise hatdas Konvergenzproblem der EU weiter verschärft. DieDiskussion über die EU als „Transferunion“ deutet an,dass die struktur- und kohäsionspolitischen Ziele aufDauer verfehlt werden könnten. Allerdings übersiehtdiese Debatte, dass schon die bestehenden Struktur-programme Transfermechanismen beinhalten, die denzentralen Zielen der Kohäsionspolitik widersprechen.

Herausforderungen ländlicher RäumeLändliche Regionen werden meist nur aus dem Blick-winkel ihrer Defizite betrachtet: rückläufige Beschäf-

tigung, Überalterung der Bevölkerung oder Infra-strukturmängel sind gut messbare Ausprägungen. Diepositiven Aspekte – kaum Agglomerationsprobleme,gute Umweltqualität, überschaubare Strukturen –werden zwar individuell geschätzt, schlagen sich aberwenig in den quantitativen Kennzahlen einer Regionnieder. Damit wird die Milderung der Nachteile länd-licher Gebiete – und nicht die Förderung ihrer Vorzüge– zur dominanten Zielsetzung der EU-Regionalförde-rung. Die Beachtung der Heterogenität ländlicherRäume macht das zu einer schwierigen Aufgabe. DerEntwicklungspfad von Konzepten, Zielen und Instru-menten der EU-Strukturpolitik ähnelt daher einemLearning-by-Doing-Prozess.

Ländliche Räume und InnovationWährend früher Marktversagen – etwa durch Lage-oder Infrastrukturdefizite – im Mittelpunkt stand, be-tont man heute die Rolle innovativer Prozesse als

ausblicke 1|13 Innovation36

In der EU bestehen große Unterschiede in den regionalen Lebensverhältnissen, obwohlseit drei Jahrzehnten ein erheblicher Teil des Budgets auf regionalen Ausgleich abzielt.Eine stärkere Berücksichtigung des institutionellen Umfeldes in Empfängerregionen könnteInnovation und Wachstum fördern. Markus F. Hofreither

Ländliche Entwicklung und Innovation

Subventionen als Treiberoder Bremser?

Foto: Sven Schreyer – Pixelio.de

Page 39: ausblicke 1.13 - Innovation: Magazin fuer laendliche Entwicklung

Innovation ausblicke 1|13 37

Triebkraft wirtschaftlicher Entwicklung. Allerdings istInnovation ein sehr komplexer Prozess, der konstruk-tive Interaktionen zwischen Akteurinnen und Akteu-ren innerhalb von und zwischen Sektoren und Regio-nen voraussetzt. Aktuelle Ansätze zur Förderung vonWissenstransformation und Innovation mit dem Ziel,in einer Region absatzfähige Produkte und Dienst leis -tungen – also Wirtschaftswachstum – zu generieren,zielen auf regionale Cluster und Netzwerke ab. Wis-senstransfer muss aber auch zwischen Regionenstattfinden, was im Zeitraum 2007–2013 der „Europäi-sche Verbund für territoriale Zusammenarbeit“ unter-stützen soll. Trotz dieser laufenden Anpassungenbleibt das Risiko bestehen, dass ein Teil der Förder-mittel als simpler Einkommenstransfer verpufft und regionale Wachstumseffekte ausbleiben bzw. sogarbehindert werden.

Empirische Effekte von EU-Strukturhilfen Ederveen u.a. zeigen mit Daten aus 14 EU-Ländern(1960–1995) auf, dass die Gewährung von EU-Struk-turmitteln nicht automatisch zu mehr Wachstum führt.Die Wirkung dieser Mittel hängt u.a. von der Qualitätder institutionellen Strukturen im Empfängerland ab.Ineffizienzen, Umlenkung von Fördermitteln in unpro-duktive Projekte, geringe politische Transparenz oderillegale Aktivitäten im Rahmen der Umsetzung wirkenklar wachstumshemmend. Zuwendungen an Regio-nen, die inadäquate Strukturen aufweisen, müsstenalso zuerst auf Capacity-Building abzielen, damit spä-ter Wachstum entstehen kann. Bei Griechenland hatz.B. eine Erhöhung der Strukturmittel um 1% zu einerWachstumsreduktion von etwa 1,5% geführt. Etwasgeringere negative Wachstumseffekte ergaben sichauch für Spanien und Portugal, während die nördli-chen EU-Mitglieder durchwegs positive Fördereffekteaufwiesen.

Sichtbare Beispiele für fragwürdige Formen vonRegionalförderung lassen sich etwa bei einem Sizi-lien-Besuch entdecken: In bestimmten Gegenden fin-den sich in gehäufter Anzahl Bauruinen („siziliani-scher Barock“), die ihren Ursprung in öffentlichen Regionalsubventionen haben. Der griechische Wirt-schaftsminister Chrysochoidis sah in den EU-Subven-tionen sogar eine zentrale Ursache für den Nieder-gang seines Landes. Aber auch bei ordnungsgemäß

realisierten Projekten zeigt sich, dass die Programmeprimär die Leistungsfähigkeit der Fördernehmer verbessern, während innovative Kooperationen mit anderen Unternehmungen kaum auftreten (siehe Antonioli u.a.).

Agrarförderung und ländlicher RaumAgrarische Fördermittel haben einen klaren Bezugzum ländlichen Raum. Ihr Beitrag zum Kohäsionszielist aber ähnlich zurückhaltend zu beurteilen wie jenerder Regionalförderung: 1. der Anteil der Landwirt-schaft an Regionaloutput und -beschäftigung ist auchin stark ländlich geprägten Räumen bescheiden; 2. dieVerteilung dieser Mittel ist nur schwach mit regiona-len Entwicklungs- bzw. Innovationserfordernissenverknüpft.

Die von Shucksmith u.a. publizierten Ergebnissebezüglich der territorialen Effekte der GAP dürftenimmer noch zutreffen: 1. die erste Säule der GAP wirktdem Kohäsionsziel entgegen, weil die Gelder über-wiegend in die wirtschaftlich besser gestellten Re-gionen fließen; 2. obwohl bestimmte Elemente derzweiten Säule – z.B. Agrarumweltprogramme oderLeader – geeignet wären, territoriale Konvergenz undInnovationskraft zu stärken, bleibt ihre Wirkung man-gels Budget beschränkt. Das Ziel einer ausgegliche-nen territorialen Entwicklung würde damit eine Stär-kung der zweiten Säule erfordern.

Betriebliche Wertschöpfung oder Lebensqualität?Zu selten gestellt wird die Frage, ob die EU-Kohäsi-onspolitik nicht zu stark auf die betrieblichen und in-frastrukturellen Gegebenheiten einer Region abzielt.Ein von Stiglitz u.a. vorgelegter Bericht liefert inte-ressante Denkanstöße, wie ökonomischer und sozia-ler Fortschritt adäquat erfasst werden sollten. Dieseralternative Blickwinkel könnte innovative Impulse indie EU-Kohäsionsstrategie einbringen. Generell soll-ten Programme zur Förderung regionaler Innovati-onsprozesse stärker als bisher berücksichtigen, dassRisiko und Scheitern immanent mit innovativen Pro-zessen verknüpft sind. |||

Markus F. Hofreither, Institut für Nachhaltige

Wirtschaftsentwicklung, BOKU Wien

Literatur• S. Ederveen, H. de Groot und

R. Nahuis, „Fertile Soil forStructural Funds? A Panel DataAnalysis of the Conditional Effectiveness of European Cohesion Policy“, in: KYKLOS,Bd. 59, 2006, S. 17– 42.

• M. Shucksmith, K. J. Thomsonund D. Roberts, CAP and theRegions. The Territorial Impactof the Common Agricultural Policy, 2005.

• D. Antonioli, A. Marzucchi und S. Montresor, Regional innovation policy and innovative behaviours. A propensity score matchingevaluation, Working Paper2012/05, Universitat Politècnica de València.

• J. E. Stiglitz, A. Sen und J.-P. Fitoussi, Report by the Commission on the Measurement of EconomicPerformance and Social Progress, 2009, www.stiglitz-sen-fitoussi.fr/documents/rapport_anglais.pdf (10. März 2013).

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Die Alpen sind nicht nur ein mächtiger Gebirgszug,sondern bilden einen wichtigen Lebensraum, der seit Jahrtausenden besiedelt wird. Lesen Siemehr im folgenden Kapitel.

Page 41: ausblicke 1.13 - Innovation: Magazin fuer laendliche Entwicklung

Alpen

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ausblicke 1|13 Alpen40

Die Alpen – Kernraum Europas

Was wäre Europa ohne die Alpen? Stellen wir uns den Kontinent ohne die mächtige Gebirgskette vor, die gewissermaßen das Drehkreuz zwischen Ost- und West-, zwischen Nord- und Südeuropa bildet: Europa wäre eine flache Ebene, durchsetzt von Flusstälern, Hügelland und wenig Mittelgebirge, landschaftlich zwar abwechslungsreich,aber ohne die besonderen Welten, welche die Alpen eröffnen. Hans Heiss

Die Alpen verkörpern das andere und die Herausfor-derungen des Kontinents. Ihre aufragenden Gebirgs-züge, ihre Unwegsamkeit und ihre Gefahren, ihre Er-schließung, Nutzung und Übernutzung stehen für dasMögliche, das Machbare und Unmögliche zugleich.

Die Alpen sind ein ungeheurer Kraftquell, siesind Ressource und Reservat, zugleich aber auch einSperrgebiet, das allen Zugriffen definitiv Grenzensetzt. In diesem Doppelcharakter liegt ihre Bedeutungfür Europa.

Zwischen Ausdehnung und VerdichtungDie Alpen sind mit 1200 km Ausdehnung zwischen denfranzösischen Westalpen und der pannonischen Tief-ebene lang gestreckt, aber auch ihre Breite von rund300 km zwischen Kufstein und der Veroneser Klauseist beeindruckend. Ihre Gebirgszüge sind gedehnt undreich gefaltet, auch auf engstem Raum voller Varia-tionen. Das Wechselspiel von Höhenzügen und Ebe-nen bestimmt die Wahrnehmung der Alpen, in denender Gesichtskreis der Beobachter immer wieder vonneu aufragenden Szenarien, von Öffnung und Schlie-ßung gefesselt wird.

13 Millionen Menschen leben in diesem Gebiet,das zu sieben Staaten gehört. Der alpine Kulturreich-tum beweist sich in einer großen Sprachvielfalt, dieneben den neueren Hochsprachen auch durch alteKultursprachen wie das Rätoromanische bestimmt ist.Hinzu kommen Mundarten und Dialekte in großerMannigfaltigkeit, die den Alpenraum zu einem faszi-nierenden Sprachkosmos erheben.

Schutz der Vielfalt! Der eigentliche Schatz der alpinen Täler und Höhen-züge ist aber die Fülle von Arten und Formen pflanzli-chen und tierischen Lebens. Dieser Reichtum ist an-gesichts des globalen Verlusts biologischer Vielfaltbesonders schützens- und fördernswert. Weniger ge-fährdet ist der Reichtum an Landschaftsformen, diesich nicht nur in aufragenden Landschaftsmarken wiedem Matterhorn oder dem Triglav äußern, sondern vorallem in zahllosen kleineren Szenerien von Talweitun-gen, Hochtälern und Almflächen. Auch sie sind kei-neswegs sicher vor dem Zugriff der Übernutzung, dersich oft in Großprojekten für Tourismus und Infra-strukturen wie Hotel- und Liftanlagen oder giganti-schen Stauseen und Tunnelbauten durchsetzt. In vie-len Teilen der Alpen vollziehen sich freilich auch Pro-zesse von Verödung und Abwanderung, sodass sichdie Natur manches von dem zurückholt, was andern-orts zerstört wird.

Drei gefährdete RessourcenDie Alpen sind ein Hort wertvollster Ressourcen. Obwohl sie über keine nennenswerten Bodenschätzemehr verfügen (ihre Silber- und Kupfervorkommensind seit dem 17. Jahrhundert ausgebeutet), ist ihr Reservoir an Wasser, Luft und Boden heute bedeu-tender denn je.

Die Alpen sind ein Wasserschloss des Konti-nents, in dem die drei großen Ströme Westeuropasihren Ursprung haben: Der Rhein, die Donau und derPo bestimmen noch immer die Entwicklung Deutsch-lands, Frankreichs, der Niederlande, Österreichs,

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Alpen ausblicke 1|13 41

Hans Heiss, Institut

für Zeitgeschichte,

Universität Innsbruck

Ungarns und Italiens in grundlegender Weise.Die Quellen des Gebirges werden aus Nieder-

schlägen gespeist, die im Gestein und Gelände ver-sickern und dort gefiltert werden. Auch die Gletschersind wichtige Wasserspeicher, die freilich durch denKlimawandel rasch dahinschrumpfen. Das Wasserder Alpen ist von unerreichbarer Qualität und im Hin-blick auf die weltweit schwindenden Wasservorkom-men mehr denn je kostbares Gemeingut. Jeder Formder Privatisierung ist mit allen Mitteln zu wehren, aufrechtlichem Weg und mit zivilem Widerstand, seineNutzung muss sparsam und respektvoll erfolgen.

Dies gilt ebenso für die Luft, deren europaweitgefährdete Qualität sich über den Alpen immer wie-der erneuert. Die Sauerstoffabgabe der alpinen Wäl-der erfrischt die Luft und entlastet sie vom Smog derangrenzenden Ballungsgebiete; Kohlendioxid und an-dere Schadstoffe werden gebunden. Umso wichtigerist die Eindämmung des transalpinen Schwerver-kehrs, der die Luftqualität in den großen alpinen Talfurchen gefährdet. In den engen Talräumen derSchweiz, des österreichischen Inntals und der italie-nischen Brennerroute, durch die sich Ströme von

LKWs zwängen, ist die Luftqualität oft schlechter alsin Großstädten. Menschen und alpine Lebensräumeatmen auf, wenn der Schwerverkehr auf der Schienegeführt und besser über den Alpenraum verteilt wird.

Die letzte große Ressource ist der Boden, im Ge-birge naturgemäß ein knappes Gut. Lange wurden dieAlpen sparsam besiedelt, ihre Bau- und Kulturflächensorgsam genutzt und bestellt. In den letzten fünfzigJahren ist der Landverbrauch sprunghaft angestie-gen, durch die Ausweitung von Städten und Dörfern,durch wachsenden Wohnbedarf. Hinzu kam der Boomdes Tourismus, der durch Hotels und Zweitwohnun-gen, Parkplätze und Schipisten große Flächen bean-sprucht. Heute ist Boden unter dem Druck der Finanz -krise mehr denn je zu einem begehrten Gut geworden– auch als sichere Kapitalanlage. Potente Investorensehen im einmaligen Umfeld der Alpen eine sichereImmobilienanlage. Warnungen vor Bodenversiege-lung, Landschaftszerstörung und Verdrängung derEinheimischen werden oft nicht gehört. Auch die Alpen schutzkonvention ist trotz vieler Bemühungenein schwaches Instrument geblieben.

Herzstück europäischer Zukunft Die Alpen sind eine überragende Natur- und Kultur-landschaft, in der sich die Geschichte der Menschheitoffenbart. Ihre Berge wurden durch den Druck zweierKontinente gefaltet, die hier aufeinanderprallten. Siesind geformt durch den Schliff der Gletscher, die dasGebirge vor 15.000 Jahren allmählich freigaben. DieAlpen haben Menschen dazu herausgefordert, inihnen zu siedeln und originäre Lösungen zum Über -leben zu entwickeln. Heute sind sie eine großartigeErinnerungs- und Erholungslandschaft, vor allem aberein vitaler Lebensraum. Sie sind ein Mythos, der Emo-tionen weckt, aber auch eine Ressource für die Zu-kunft. Ihr ideeller Wert geht über Nutzen und Profithinaus, ihre Bewahrung und Förderung lohnt alle An-strengungen. |||

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2010 wurde die „Donauraumstrategie“ verabschiedet.Seither sind makroregionale Strategien ein relevan-tes Thema, auch weil daran die Erwartung des Erhaltserheblicher EU-Fördermittel geknüpft wird.

Kein Zufall also, dass diese Idee auch im Alpen-raum diskutiert wird – die Alpen sind ja eine beson-ders exemplarische Makroregion, in der zahlreicheStaats- und Ländergrenzen Probleme verursachen,sodass eine gemeinsame Strategie sinnvoll erscheint.Allerdings besteht mit dem internationalen Vertrags-werk der Alpenkonvention bereits seit 1991 eine gemeinsame Alpenstrategie. Doch dieses Faktumwird bei den Diskussionen über eine makroregionaleAlpen strategie gerne ausgespart. Woran liegt das?Die Alpenkonvention bezieht sich auf das „alpineKerngebiet“ (Arge-Alp-Begriff), die Abgrenzung derAlpen gemäß Alpenkonvention folgt den nationalenBerggebietsgesetzen. Außerdem sind die Alpen einegroße Peripherie ohne bedeutende Metropolen.

Genau hier setzt die neue Diskussion an: Im Rah-men der makroregionalen Alpenstrategie soll das al-pine Kerngebiet mit allen Alpenvorländern zu einergroßen Makroregion zusammengefasst werden, die70 Mio. EinwohnerInnen und eine Reihe starker Me-tro polen (München, Mailand, Wien, Lyon, Marseilleusw.) umfasst. Die Leitidee dahinter ist, dass eine Zu-sammenarbeit zwischen schwachen alpinen Periphe-rien und starken voralpinen Metropolen die wirt-schaftlichen und infrastrukturellen Probleme im alpi-nen Kerngebiet lösen würde. Diese Leitidee entsprichtdem neoliberalen Denken, das sich in den letzten bei-den Jahrzehnten in Europa stärker durch gesetzt hat

und das einzig den Metropolen eine positive Wirt-schaftsentwicklung im globalen Wettbewerb zutraut.

Ein neoliberales Dogma und drei ProblemePeripherien hätten nach diesem Dogma nur dann eine Zukunftschance, wenn ihre Entwicklungsimpulse direkt von einer Metropole und nicht mehr von ihrselbst stammen. Doch die realen Probleme im Alpen-raum gehen dabei unter. Sichtbar wird dies beim Ent-wurf des „Alpine Space“ („Strategy-development forthe Alpine Space“, 19. 4. 2012), wo scheinbar neutraleRegionstypen mit neoliberalen Inhalten belegt wer-den, sodass die Zusammenarbeit zwischen außeral-pinen Metropolen und alpinem Kerngebiet alternativ-los erscheint. Gleiches gilt für den Beschluss der ArgeAlp vom 29. 6. 2012 („Makroregionale Strategie für denAlpenraum – Initiativpapier der Alpenregionen“), des-sen Zielsetzungen auf eine wirtschaftsstarke Metro-polregion, nicht jedoch auf den wirtschaftsschwa-chen Alpenraum ausgerichtet sind.

Nähert man sich diesen Fragen jedoch realitäts-nah, zeigen sich drei große Probleme: 1. Es macht einen Unterschied, ob sich eine Alpen-region mittels Stärkung endogener Potenzialeoder mittels Verflechtung mit einer außeralpinenMetropole entwickelt: Im ersten Fall zielt das Interesse auf den dezentralen Erhalt der Regionals eines multifunktionalen Lebens- und Wirt-schaftsraums, im zweiten Fall lagert die Metro-pole bestimmte sektorale Funktionen (Wohnen,Freizeit, Sport, Umweltschutz) in die Alpen aus,

ausblicke 1|13 Alpen42

Kommt eine Makroregion Alpen und wenn ja, welche?

Zur aktuellen Diskussion über eine makroregionale Alpenstrategie

Mit der Verabschiedung der „Ostseestrategie“ 2009 entstand im Kontext der EU ein neuesPolitikinstrument: die sogenannte makroregionale Strategie. Ihr Ziel ist es, die grenz -überschreitende Zusammenarbeit in Europa zu fördern, Blockaden abzubauen und regionaleEntwicklungsimpulse auszulösen. Werner Bätzing

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wobei die Entscheidungen im Zentrum fallen und die Alpenregion bestenfalls reagieren kann.Wie zugespitzt solche Gegensätze sein können,hat sich bei der Diskussion über die OlympischenWinterspiele in Garmisch-Partenkirchen gezeigt,in der das Interesse der Stadt München (Image-gewinn durch Winterspiele) und das vieler BürgerInnen (kein weiterer Verstädterungsschubdurch die olympischen Infrastrukturen) einanderkonträr gegenüberstanden.

2. Sieht man sich die Kräfteverhältnisse in einer großen Makroregion Alpen mit 70 Mio. Einwohne-rinnen/Einwohnern an, hat der alpine Kernraummit nur 14 Mio. eine Minderheitsposition. Nochstärker tritt dieses Missverhältnis bei der Wirtschaftskraft und der politischen Vertretungzutage, weil die Zentren von Wirtschaft und Politik meist außerhalb der Alpen liegen. Deshalbist die Befürchtung berechtigt, dass der Alpen-raum bei Interessenkonflikten schnell unter dieRäder kommen könnte.

3. Wenn die makroregionale Strategie die Alpenkon-vention ausklammert, negiert sie ein reichhaltigesErfahrungswissen, das die Realität der Alpen ausmacht. Alle Vorschläge für eine bessere Zusammenarbeit innerhalb des alpinen Kernge -bietes wurden bereits im Rahmen der Alpen -konvention konkret angepackt. Wenn man diese

Erfahrungen nicht explizit berücksichtigt, bestehtdie Gefahr, dass man Anfangsfehler der Alpen-konvention wiederholt und sich real nichts ändert.

Entwicklung einer DoppelstrukturBerücksichtigt man die genannten Probleme, ist da -raus Folgendes abzuleiten:f Die Alpenkonvention muss bei einer makroregio-nalen Alpenstrategie aufgrund der langjährigenErfahrungen eine prominente Position einnehmen.

f Die Verflechtungen zwischen den außeralpinenMetropolen und dem alpinen Kerngebiet existieren und müssen auch gezielt politisch gestaltet werden. Dies darf nicht automatisch zur Dominanz der Metropolen gegenüber denAlpen führen.

f Sinnvoll wäre deshalb eine Doppelstruktur: Fürdie Entwicklung des alpinen Kerngebietes sollteallein die Alpenkonvention zuständig sein, für die Gestaltung der Beziehungen und Verflechtun-gen zwischen dem alpinen Kerngebiet und denMetropolen wären Alpenkonvention und Alpen-vorländer gemeinsam verantwortlich.

So könnten die Vorteile einer makroregionalen Alpen-strategie genutzt werden, ohne den Nachteil der Dominanz der außeralpinen Metropolen gegenüberdem alpinen Kerngebiet in Kauf nehmen zu müssen. |||

Alpen ausblicke 1|13 43

Ein ausführlicher Artikel von Werner Bätzing zu diesem Thema findet sich auf:www.raumnachrichten.de/diskussionen/1528-werner-baetzing-makroregion-alpen-und-alpenkonvention.

Werner Bätzing, Institut

für Geographie, Friedrich-

Alexander-Universität

Nürnberg-Erlangen,

Deutschland

Nationalpark-Ranger mit Gruppe am Fuße des Großglockners

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Doch erst bei der VI. Alpenkonferenz der Umweltmi-nisterInnen im Jahr 2000 in Luzern wurden schließlichvon den acht Alpenstaaten und der Europäischen Ge-meinschaft acht Durchführungsprotokolle (Natur-schutz und Landschaftspflege, Berglandwirtschaft,Raumplanung und nachhaltige Entwicklung, Berg-wald, Tourismus, Energie, Verkehr, Bodenschutz) un-terzeichnet. Und: Italien hat die Ratifikationsurkundenerst im Februar 2013 beim Verwahrer Österreich hin-terlegt, die Schweiz hat die Protokolle noch immernicht ratifiziert! Rechnet man die gesamte Dauer desVerhandlungsprozesses bis zum Inkrafttreten der Pro-tokolle am 18. Dezember 2002 ein, scheint diesesAlpen-Vertragswerk tatsächlich alt zu sein.

Nimmt man den überlangen Verhandlungspro-zess und den teils zögerlichen Beitrittswillen einigerVertragsstaaten zum Maßstab der Attraktivität desAlpen-Vertragswerkes, ist die Annahme nicht falsch,dass der alpenpolitische Mehrwert (noch) klein ist.Kein Wunder also, dass die Alpenkonvention nochnicht zu dem politischen Werkzeug geworden ist, dasalpenweit von diesem Vertragswerk erwartet werdenkann.

Potenzial besser nutzen!Tatsache ist, dass es sich bei der Alpenkonvention umein völkerrechtlich verbindliches Instrument der achtVertragsstaaten mit Alpenanteil und der EuropäischenGemeinschaft handelt, das für ihren Geltungsbereichgemeindescharf abgegrenzt ist und das in Bundesge-setzblätter gegossen auf die rechtliche, projektbezo-gene und politische Umsetzung wartet. Dieser Imple-mentierungsprozess verläuft auf allen Ebenen zäh.Schnell wurde dieses umfassende Nachhaltigkeitsin-

strument durch Lobbyisten aus den Bereichen Ver-kehr, Seilbahnen und Wasserkraft in das „Verhinde-rereck“ gedrängt. Peinlich genau wurde darauf ge-achtet, dass in Mehrwert und Akzeptanz stiftendeUmsetzungs maßnahmen gar keine bis verschwindendkleine finanzielle Unterstützungen fließen. Sehr zumNachteil des Alpenraums führen durchaus zeitge-mäße und vorwärtsbringende Inhalte der Durchfüh-rungsprotokolle nicht zu einem gemeinsamen alpen-politischen Handeln.

Dabei hat die Alpenkonvention im vergangenenJahrzehnt seit dem Inkrafttreten der Protokolle eingroßes anwendungsorientiertes Know-how ange-häuft. Die Arbeitsgruppen und Plattformen haben alpen weit relevante Ergebnisse erarbeitet, die vier Alpen zustandsberichte (Verkehr und Mobilität, Was-ser haushalt und Gewässerbewirtschaftung, Nachhal-tige Entwicklung und Innovation im ländlichen Raum,Nachhaltiger Tourismus in den Alpen) enthalten vieleInformationen, Beispiele von guten Praktiken sowiePolitikhinweise für die Entwicklung des ländlichenRaums und von peripheren Alpenregionen. Die mitt-lerweile aktuell vorliegenden Empfehlungen der Platt-form „Berglandwirtschaft“ bilden die Grundlage füreinen alpenweiten Schutz und für eine verbesserteVermarktung von Produkten aus diesem Bereich.

Die Alpenkonvention mit ihren Protokollen birgtgroße Potenziale und viele Ansätze für eine nachhal-tige Alpenraumentwicklung. Aber die für diesen Raumverantwortliche Politik spielt noch nicht auf dem Alpen konventionsklavier. Schade! |||

Peter Haßlacher, Abteilung Raumplanung und Naturschutz,

Österreichischer Alpenverein, Vorsitzender CIPRA Österreich

Die Alpenkonvention – alt, aber auch bewährt?

Schon 1952 erhob die Internationale Alpenschutzkommis -sion CIPRA die Forderung nach einer Magna Chartafür den Alpenraum. Das Europäische Parlament fasste1988 einstimmig den Beschluss zur Aus arbeitung einesEntwurfs für eine „Konvention zumSchutz des Alpen -raumes“ (DOK B2-177/88). Peter Haßlacher

ausblicke 1|13 Alpen44

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Die Berglandwirtschaft rückt angesichts vielfältigerDebatten über künftige Förderkulissen weiter in denVordergrund. Die Stärkung der Berglandwirtschaft istetwa im gleichnamigen Alpen konventionsprotokoll,das seit 2002 in Kraft und in Österreich unmittelbar an-wendbares Recht ist (BGBl. III 231/2002 i. d. F. BGBl.III 115 /2005), ausdrücklich verankert und seit 2006 –aufgrund der Ratifikation dieses Protokolls durch dieEU – auch europäisches Recht (ABl. 128/2006).

Die Berglandwirtschaft wird mit unterschied-lichsten Spannungsfeldern, wie der alpinen Biodiver-sität und dem Naturschutz, dem Tourismus, dem Natur gefahrenmanagement und mit Fragen der Trink-wasserversorgung, konfrontiert, die ausgehend vonjahrelangen strukturellen Umbrüchen in der alpinenLandwirtschaft zu großen Umwälzungen und einemstärkeren Druck von außen geführt haben. Es werdenu.a. Antworten auf Fragen nach der Aufrechterhal-tung der Almnutzung, nach dem Umgang und der Be-wertung ökosystemarer Leistungen sowie auf diemittlerweile sichtbaren klimatischen, gesellschaftli-chen und unbestreitbar auch ökonomischen Verän-derungen gesucht.

Die Zielsetzung der PlattformDie Plattform „Berglandwirtschaft im Alpenraum“ setztsich aus Landwirtschafts- und Umweltexpertinnen und-experten zusammen und baut auf die bereichs über-greifende und integrative Sichtweise der Alpenkon-vention, um die unterschiedlichsten NutzerInnen zu er-fassen und an der Diskussion zu beteiligen.

Die Plattform versucht, die bewährten Struktu-ren der Alpenkonvention zu nutzen und den verant-wortlichen Ministerinnen und Ministern die Ergeb-nisse zumindest als Argumentationsgrundlage oderzusätzlichen Impuls vorzulegen. Damit können die alpinen EU-Staaten sich nicht nur untereinander ab-stimmen, sondern auch proaktiv die Kooperation mitalpinen Nicht-EU-Staaten suchen, um im Idealfall miteiner akkordierten Stimme zu sprechen.

Die Plattform knüpft auch ganz gezielt Kontakte mitEinrichtungen außerhalb der Alpenkonvention, etwaaus dem Forschungsbereich, und bindet diese ein.

Ergebnisse der PlattformDas erste Mandat umfasste folgende drei Bereiche:f die gesellschaftlichen Leistungen der Bergland-wirtschaft und deren Wechselwirkungen,

f den Faktor Mensch in der Berglandwirtschaft,f Vermarktung, Qualität und Kennzeichnung.Auf ausdrücklichen Wunsch des Ständigen Aus-schusses, des Exekutivorgans der Alpenkonvention,wurde der Themenkomplex Vermarktung, Qualität undKennzeichnung zuerst in Angriff genommen und einEmpfehlungstext ausgearbeitet. Leider konnten ver-schiedenste vorgelegte Kompromissvarianten diesehr unterschiedlichen Positionen in Bezug auf dieKennzeichnung von „Alm/Alp“-Produkten nicht verei-nen, sodass sich das Papier auf die zentralen Krite-rien für Vermarktung, Qualität und Kennzeichnung von„Bergprodukten“ beschränkt, die für das Gebiet derAlpenkonvention von großer Bedeutung sind.

Zu den beiden anderen Aufgabenbereichen liegtmittlerweile ein Konzeptpapier vor, das unter dem Titel„Die Berglandwirtschaft heute – morgen. Keine Zu-kunft ohne Berglandwirtschaft!“ erste Visionen undLeitbilder für eine funktionierende Bewirtschaftungdes alpinen Lebensraums umreißt. Überdies wurde imSommer 2011 im Hinblick auf die Finalisierung der Gespräche zur Gemeinsamen EU-Agrarpolitik eine„Deklaration der Alpenkonvention“ als Input und Anregung der Alpenkonvention vorgelegt.

AusblickDie Themen für die weitere Arbeit sindf Nahrungssicherheit und Ernährungssouveränität,f Berglandwirtschaft und Energie (aus Biomasseund anderen erneuerbaren Energieträgern),

f Optimierung der Kooperationen und Partnerschaf-ten sowie Partizipation. |||

Alpen ausblicke 1|13 45

Die Alpenkonvention und die Plattform „Berglandwirtschaft“

Die Plattform „Berglandwirtschaftim Alpenraum“ bietet die einmaligeChance, die Beteilig-ten für die Anliegender Berglandwirt-schaft stärker zu sensibilisieren unddamit auch den Stellenwert der Alpenkonvention zu erhöhen. Ewald Galle

Ewald Galle, Abteilung

Internationale Umwelt -

angelegenheiten, BMLFUW

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Der Alpenraum 1 ist einer der attraktivsten europäi-schen Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsräume. Erhat eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur, eine gutentwickelte polyzentrische Stadtstruktur und beher-bergt renommierte F&E-Einrichtungen. Seine Bergre-gionen weisen jedoch durch ihre geografische Struk-tur besondere Einschränkungen in Bezug auf die Er-reichbarkeit und damit auf den Zugang zu Verkehr,Infrastruktur und Wissen auf. Ebenso vielfältig undkomplex sind die Umweltfaktoren. Sie zählen zu denwichtigsten Werten und Ressourcen des Alpenraums,tragen zur Sicherung einer hohen Lebensqualität beiund dienen als Basis für verschiedene ökonomischeAktivitäten.

Ebenso komplex wie die ökologischen, ökonomi-schen, sozialen und politischen Voraussetzungen,ebenso differenziert wie seine Regionen und ebensostark gegliedert wie seine Bergketten sind die Per-spektiven, Ziele und Strategien für die Entwicklungder Regionen. Natürlich beziehen sich alle auf die EU-2020-Ziele, und wo diese noch nicht in die nationalen,regionalen und lokalen Entwicklungsstrategien Ein-gang gefunden haben, tun sie es spätestens mit derGestaltung der neuen Europäischen Struktur- und In-vestitionsfonds (ESI) 2014 –2020. Neben der Vorberei-tung der neuen Programmgeneration wird im Alpen-raum zudem ein Diskurs über die Möglichkeiten einermakroregionalen Strategie für diesen Raum geführt.Ob eine solche entwickelt wird, soll hier nicht weitererörtert werden. Vielmehr soll dargestellt werden, wie

durch transnationale Kooperationen regionale Ent-wicklungsziele erreicht, verbessert und aufgewertetwerden können. Und wie umgekehrt solche transna-tio nalen Verbindungen neue Möglichkeiten eröffnen,die den Alpenraum insgesamt attraktiver machen unddie einzelnen Projektträger in einen europäischenKontext einbinden können.

Beispiele 2 aus drei unterschiedlichen Bereichenmögen das verdeutlichen und zugleich die Vielfalt derThemen zeigen, die aus den regionalen Handlungs-feldern entsteht.

Das erste Beispiel greift die Situation von KMUim Alpen raum auf. Deren Entwicklungsbedingungensind durch geringe Dichte, schlechte Erreichbarkeitund weit entfernte Märkte eingeschränkt. Auf regio-naler Ebene sind kritische Größen zum Aufbau vonKooperations- und Netzwerkstrukturen häufig nichtvorhanden, Know-how aus dem Forschungsbereichmuss von weither importiert werden, und das Ar-beitskräfteangebot ist stark eingeschränkt. Transna-tionale Kooperationen können einen Hebel bieten, umdiese Situation zu überwinden. Ein Beispiel dafür istdas Projekt Alphouse, in dem Handwerksbetriebe ihrWissen und ihre technischen Kompetenzen für dieenergie effiziente Sanierung traditioneller alpiner Alt -bauten erweitern. So wurden im Projekt das für die Sanierung alpiner Bauten erforderliche Wissen er -arbei tet, traditionelle Bautechniken ausgetauscht, ge-sammelt und aufbereitet. Über regionale Netzwerk-knoten werden die Ergebnisse für die regional tätigen

ausblicke 1|13 Alpen46

Regionale Entwicklungsschwerpunkteund transnationale Kooperation im Alpenraum

Gemeinsame Richtlinien und verbindliche Ziele für energieeffizientes Sanierenalpiner Bauten, ökologische Korridore zur regionenübergreifenden Verbindungvon Schutzgebieten, flächensparende Siedlungsplanung mit Anbindung an den öffentlichen Verkehr: Die regionalpolitischen Herausforderungen des Alpenraums sind umfangreich und vielfältig und verlangen immer mehrnach gemeinsamen Lösungen. Christian Salletmaier

1 „Alpenraum“ verwende ich füreinen über den eigentlichen Bereich der Alpen (in der Ab-grenzung der Alpenkonvention)hinausgehenden, nicht scharfabgrenzbaren Raum, der inetwa der Definition des ETZ-Programms Alpenraum folgt.

2 Aus Platzgründen wird aufQuellenangaben verzichtet.Hintergrundinformationen und Dokumentationen der d ar gestellten Projekte findensich auf der Website des ETZ- Alpenraumprogramms(www.alpine-space.eu).

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Handwerksunternehmen zugänglich gemacht. Ausbil-dungsoffensiven sorgen für die Verbreitung des er-worbenen Wissens. Welche weiteren Wirkungen sol-che Koopera tions projekte entfalten können, zeigt dasProjekt Enerbuild, das sich mit einem ähnlichenThema, der Energie effizienz und dem Einsatz von erneuerbaren Energien im Bausektor, beschäftigt. DieErgebnisse münden in eine Initiative für eine euro -päische Richtlinie.

Zweiter Bereich: In Anbetracht der besonderengeographischen Situation und der spezifischen öko-logischen Sensibilität ist der Erhalt der alpinen Kul-turlandschaft aus europäischer Perspektive einewichtige Aufgabe. Das verlangt nach Ansätzen, diedas Ausufern von Siedlungsflächen verhindern undden sparsamen Umgang mit Grund und Boden propa-gieren. Diese reagieren auf den zunehmenden Sied-lungsdruck, der von einem dichten Ring prosperie-render Metropolregionen rund um den eigentlichenAlpenraum sowie von den Klein- und Mittelstädtendes Kernraums ausgeht. Das Projekt MORECO willWege aufzeigen, wie in Zeiten kontinuierlich steigen-der Energiepreise dennoch Mobilität, gute Versor-gung und ein hohes Maß an Lebensqualität gewähr-leistet werden können. Künftige Standortentschei-dungen von Bürgern, Bauwirtschaft, Behörden undUnternehmen sollen in Richtung einer nachhaltigen,

polyzentrischen Siedlungsentwick-lung gelenkt werden. Bereits vorhan-dene Infrastruktur soll genutzt, um-weltfreundliche Mobilität gefördert,Zersiedelung eingedämmt und der Immobilienwert gesichert werden. DiePartner aus fünf Alpenländern bringenihre unterschiedlichen Anforderungenein und erarbeiten aus differenziertenProblemanalysen bedarfsorientierteLösungsansätze. Und sie sichern dieTransferfähigkeit der Ergebnisse. Der-zeit ist ein Kostenrechner für woh-nungssuchende Haushalte und Pla-nungsbehörden in der Testphase, dernicht nur die Gegenüberstellung vonWohnstandorten sowie des Zeit- undKostenaufwands für unterschiedlicheVerkehrsmittel erlaubt und längerfris -tige Kosten bei verschiedenen Benzin -

preisszenarien simuliert, sondern auch Vergleichevon Siedlungsflächen – etwa anhand einer CO2-Bilanz– ermöglicht.

Im dritten und letzten Beispiel geht es um den Er-halt der Biodiversität im Alpenraum. Schutzgebietesind hier eine – traditionelle – Antwort, aber nicht dieeinzig zielführende, will man den Austausch der Artenund die Durchlässigkeit der Landschaft erhöhen. Diesist besonders vor dem Hintergrund des Klimawandelsvon Bedeutung, damit sich Tier- und Pflanzenarten ansich ändernde Umweltbedingungen anpassen kön-nen. ECONNECT zielt darauf ab, den ökologischenVerbund im Alpenraum zu verbessern. Für das Projekthaben sich internationale Organisationen, wissen-schaftliche Institutionen und lokale Umsetzungspart-ner zusammengeschlossen. Sie arbeiten gemeinsaman Instrumenten zur alpenweit harmonisierten Um-setzung eines ökologischen Verbunds. Zusammenge-fasst bieten die Ergebnisse eine Reihe von Empfeh-lungen an die Politik.

Die Beispiele zeigen, dass eine starke regionaleVerankerung der Projektträger das Um und Auf fürden Erfolg transnationaler Kooperationsprojekte ist,dass Initiative aus und Umsetzung in der Region zen-trale Erfolgsvoraussetzungen sind. Umgekehrt führtaber oft erst die Zusammenarbeit zu umsetzbaren Er-gebnissen und regionalem Mehrwert. |||

Alpen ausblicke 1|13 47

Christian Salletmaier,

Leiter des Fachbereichs

Regionalentwicklung

und EU-Regionalpolitik

beim Amt der Salzburger

Landesregierung

Exkursion im Rahmen des Projekts„Alphouse“ in Selva di Cadore, Region Venetien

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Netzwerk Land

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Netzwerk Land und die Innovation: Netzwerk Landschreibt 2013 – neben dem Kulturlandschaftspreis –den innovativen Innovationspreis Leader Österreich aus. Das Bild zeigt eine Szene vom Innovationsseminar im Herbst 2012.

Page 52: ausblicke 1.13 - Innovation: Magazin fuer laendliche Entwicklung

ausblicke 1|13 Netzwerk Land50

86 Lokale Aktionsgruppen und eine Vielzahl von Pro-jektträgern waren und sind im Rahmen des Pro-gramms für ländliche Entwicklung in Österreich aktiv.Durch das Engagement der Menschen in den Leader-Regionen wurden österreichweit viele beispielhafteinnovative Projekte realisiert, die für die Entwicklungvon Wirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus, Gewerbe,Kultur, sozialer Versorgung, Lebensqualität und ande-ren Bereichen einen positiven Beitrag geleistet haben.

Durch die Verleihung des InnovationspreisesLeader Österreich wird die vielfältige und exzellenteArbeit in den Regionen gewürdigt. AußergewöhnlicheProjekte – im Sinne der Grundsätze von Leader – wer-den der Öffentlichkeit vorgestellt und dienen als Lern-modelle für künftige Vorhaben im ländlichen Raum.

Wer ist teilnahmeberechtigt?Teilnahmeberechtigt sind alle Personen und Organi-sationen, die im Rahmen von Leader innovative Pro-jekte entwickelt und umgesetzt haben: zum BeispielLokale Aktionsgruppen, Vereine, Betriebe, Gemeindenund sonstige ProjektträgerInnen. Eingereicht werdenkönnen alle Projekte, die einen positiven Beitrag zurländlichen Entwicklung leisten und im Rahmen vonLeader 2007–2013 gefördert wurden. Pro Kategoriedürfen maximal drei Projekte aus einer Region mit-machen.

Die Kategorien f Wirtschaftsprojekte: Projekte in den BereichenTourismus, Landwirtschaft, Gewerbe, Energie

usw., die einen Beitrag zur Erhöhung der Wett -bewerbsfähigkeit und Wertschöpfung bzw. zur Entwicklung und/oder Vermarktung neuer Produkte und Angebote leisten

f Kultur-, Sozial- und Naturschutzprojekte: Projekte, welche sich der Entwicklung innovativerAngebote und Dienstleistungen widmen, die zueiner positiven Entwicklung und zur Verbesserungder regionalen Lebensqualität beitragen

Die drei besten Projekte der jeweiligen Kategoriewerden mit einem Geldpreis ausgezeichnet.

Die BewertungskriterienDie eingereichten Projekte werden nach folgenden Kriterien bewertet:f Wirtschaftlichkeit und Nutzen für die Zielgruppenund die Region

f Nachhaltigkeitf Innovation und Originalitätf Chancengleichheitf Vernetzung und Kooperation

Projekteinreichungen sind ausschließlich online unterfolgender Webadresse möglich: www.netzwerk-land.at /lepreisleader2013. Unter diesem Link finden sichauch weitere Informationen zum InnovationspreisLeader Österreich. Die Einreichfrist endet am 28. Juni2013.

Die Preisverleihung wird im Rahmen der Jahres-tagung von Netzwerk Land im Herbst 2013 stattfinden.

|||

Der Innovationspreis Leader Österreich wird im Rahmen des Programms fürländliche Entwicklung 2007–2013 im Auftrag des Lebensministeriums vergeben.Bis 28. Juni 2013 können Projekte in den Bereichen Wirtschaft sowie Kultur, Soziales und Naturschutz eingereicht werden. Luis Fidlschuster

Innovationspreis Leader Österreich

Vorhang auf für außergewöhnliche Leader-Projekte!

Luis Fidlschuster,

Netzwerk Land

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Netzwerk Land ausblicke 1|13 51

Seminar AlmwirtschaftDie Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft ist undbleibt ein Schwerpunkt der ländlichen Entwicklung.Bei dieser Spezialveranstaltung steht die zukünftigegesellschaftliche und agrarpolitische Verankerungder Almwirtschaft im Mittelpunkt. FörderspezifischeDetails, wie die Flächendefinition, werden bewusstausgespart.

Die derzeitige und zukünftige Rolle dieser sehrspeziellen Bewirtschaftungsform soll vor dem Hinter-grund des Generalthemas „Wettbewerbsfähigkeit“aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden.Die Veranstaltung soll mit einem praktischen Teil ver-bunden werden.

„Führen mit Zahlen“ – Workshop zurVerbesserung des Potenzials des Be-triebskonzeptsDas Betriebskonzept spielt eine wichtige Rolle bei In-vestitionsentscheidungen bäuerlicher Betriebe undist ein fixer Bestandteil von Förderungsanträgen.Auch im Rahmen der Initiative „Mein Betrieb, meineZukunft“ kommt ihm ein entscheidender Stellenwertzu. Die praktische Erfahrung zeigt jedoch, dass dasPotenzial dieses ausgefeilten Planungsinstrumentsnicht immer voll zur Geltung kommt. Den Ursachendafür soll nachgegangen werden, Verbesserungs-möglichkeiten werden aufgezeigt.

Der Workshop soll auch den Erfahrungsaus-tausch zwischen den Beteiligten unterschiedlicherBundesländer ermöglichen.

Vielfalt in der LandwirtschaftDie zunehmende Produktdifferenzierung am Markt –

bedingt durch gesellschaftliche Veränderungen beiZielgruppen und Vertriebsschienen – zieht auch einegewisse Vielfalt in der Struktur und Bewirtschaftungder bäuerlichen Betriebe nach sich. Was ist ein bäu-erlicher Betrieb? Wer ist ein „richtiger“ Bauer/eine„richtige“ Bäuerin? Diesen Fragen widmet sich dasSeminar.

Bei der Diskussion um die Vielfalt sollen nebender Art der Bewirtschaftung auch zukünftige alterna-tive Produkte und Dienstleistungen, wie z. B. GreenCare, vorgestellt bzw. diskutiert werden.

Jahreskonferenz 2013Bei der Jahreskonferenz im Herbst 2013 wird an zweiTagen ein „Best of“ geboten: gute und beste Beispieleder LE-Periode 07–13 werden vorgestellt. Weiterswird – je nach Umsetzungsstand bis November 2013– natürlich auf die bevorstehende LE-Periode einge-gangen. Für die Darstellung der Beispiele aus der zuEnde gehenden Periode wird eine Art Marktplatz eingerichtet. Die auszuwählenden Projekte und Vor-haben kommen einerseits aus den beiden Wettbe-werben 2013 (Kulturlandschaftspreis und Leader- Innovationspreis), aus den Reihen der Sieger desAgrar.Projekt.Preises 2009, des Agrar.Preises 2011sowie aus dem Forstbereich.

Tag eins stellt das Programm für ländliche Ent-wicklung und Netzwerk Land in den Mittelpunkt,wobei der Fokus auf einer Bilanz der Erfolge liegensoll. Die Ehrung der Kulturlandschaftspreisträger 2013ist ins Programm eingebettet. Am zweiten Tag findetdas Leader-Forum statt. |||

Christian Jochum, Netzwerk Land

Der Übergang zur nächsten Entwicklungsperiode

Das Arbeitsprogramm 2013 im Themenbereich„Landwirtschaft und Markt“

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ausblicke 1|13 Netzwerk Land52

Auf der Suche nach Erholung strömen jährlich Tau-sende Menschen aus dem In- und Ausland in dieländlichen Gegenden Österreichs und genießen hierBerge, Wälder, Almen und Seen. Was jedoch allzu oftvergessen wird: Nur durch die Arbeit unserer Land-bewirtschafterInnen sind viele dieser Landschaftenentstanden, und nur durch sie wird es langfristig mög-lich sein, diese vielfältigen Kulturlandschaften undNaturschätze auch zu erhalten.

Netzwerk Land möchte die Wertschätzung fürdiese Leistung stärken und schreibt daher zum zwei-ten Mal nach 2010 im Auftrag des Lebensministeriumseinen Netzwerk-Land-Kulturlandschaftspreis aus.Auch diesmal sollen all jene, die vielfältige Kultur-landschaften erhalten und pflegen, vor den Vorhanggeholt und für ihren Einsatz und ihr Engagement ge-würdigt werden. Auch soll nachhaltiges Wirtschaftengefördert und der Reichtum an Tier- und Pflanzenar-ten sichtbar gemacht werden.

Die KategorienDie Preise werden in drei Kategorien vergeben: ge-sucht werden erfolgreiche Projekte, engagierte Natur -schützerInnen und LandschaftspflegerInnen sowieoriginelle Kurzvideos.1. ProjektePrämiert werden Projekte, die das Thema Kulturland-schaft und biologische Vielfalt in den Mittelpunkt stel-len und zu einer positiven Entwicklung des ländlichenRaumes beitragen. Die Projekte müssen durch dasProgramm für ländliche Entwicklung gefördert werden.2. Kulturlandschaftsheldinnen und -heldenAusgezeichnet werden engagierte Akteurinnen undAkteure, die sich jahrelang für den nachhaltigenSchutz der Kultur landschaft eingesetzt haben, alsovon Dritten vorgeschlagene Personen – Ihre persön-lichen Kulturlandschaftsheldinnen und -helden – diebesonderen Dank verdienen.

3. KurzvideosGesucht werden originelle und innovative Videobot-schaften, welche die Besonderheiten der heimischenKulturlandschaft und des Reichtums an Arten und Lebensräumen dokumentieren. Teilnehmen könnenEinzelpersonen sowie ganze Teams (z. B. Schulklas-sen). Bei der Beurteilung der Videos ist nicht die Qua-lität der Produktion ausschlaggebend, vielmehr ent-scheiden Inhalt und Originalität.

Die PreisePro Kategorie werden fünf Beiträge nominiert und ge-ehrt; den Siegerinnen/Siegern winken zudem Preis-gelder in der Höhe von bis zu 1500 Euro.

Alle nominierten Beiträge werden über die Medien präsentiert und auf der Homepage www.netz-werk-land.at vorgestellt. Die feierliche Preisverlei-hung findet im Herbst 2013 im Rahmen der Jahres-konferenz von Netzwerk Land statt.

Mitmachen!Nehmen auch Sie an dem Wettbewerb teil und füllenSie auf www.netzwerk-land.at/umwelt/kulturland-schaftspreis-2013 das Wettbewerbsdatenblatt aus!Hier finden Sie auch nähere Informationen über dieTeilnahmebedingungen, Einreichung, Beurteilungs -kriterien und Preise. Im Falle der Einreichung vonKurzvideos werden dem Lebensministerium formelldie Nutzungsrechte für diese Videos eingeräumt. Ein-sende schluss ist der 30. Juni 2013. |||

Kulturlandschaftspreis 2013Netzwerk Land möchte die Wertschätzung für den Erhalt von Öster-reichs Kulturlandschaften stärken und schreibt daher heuer zumzweiten Mal einen Wettbewerb zum Schwerpunkt Kulturlandschaftund biologische Vielfalt aus. Felicia Lener und Hemma Burger-Scheidlin

Kooperationspartner und SponsorenDer Wettbewerb wird inKooperation mit dem Lehr-und ForschungszentrumRaumberg-Gumpensteindurchgeführt, aus den Mitteln der „LändlichenEntwicklung“ finanziertund von der Hochschulefür Agrar- und Umwelt -pädagogik, der Öster -reichischen Arbeitsgemein-schaft für Grünland undFutterbau, der Österrei-chischen Landwirtschafts-kammer und von Ja! Natürlich unterstützt.

Kontakt Felicia Lener und Hemma Burger-ScheidlinNetzwerk LandUmweltdachverband GmbhTel.: 01/401 [email protected].

Naturlich.

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Während in Brüssel die Verhandlungen zur zukünfti-gen Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitiklaufen, wird auch in Österreich bereits intensiv an derErstellung eines Programms für die ländliche Ent-wicklung im Zeitraum 2014 –2020 gearbeitet. GroßerWert wird auf die Einbeziehung von interessierten undbetroffenen Personen gelegt. Im Rahmen eines breitangelegten und transparenten Arbeitsprozesses unterdem Motto „LE 2020 – Allianz fürs Land“ soll mit Ver-treterinnen und Vertretern aus Politik, Landwirtschaft,Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Beratung einmodernes Programm erarbeitet werden.

Das Lebensministerium hat im Zuge dessen ver-schiedene Möglichkeiten geschaffen, um die Beteili-gung einer breiten Öffentlichkeit zu gewährleisten. Einerseits wurden Gruppen von Expertinnen und Ex-perten für die Erarbeitung von möglichen Programm-inhalten eingerichtet, andererseits werden verschie-dene Veranstaltungen abgehalten und Tools erstellt,sodass für alle Interessierten eine Beteiligungsmög-lichkeit besteht.

FachgruppenZur konkreten Maßnahmenentwicklung und -bearbei-tung wurden für die sechs EU-Prioritäten mehrereGruppen von Expertinnen und Experten gebildet, diesich aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bun-des ministerien und Landes regierungen, Vertreterin-nen und Vertretern der Wirtschafts- und Sozialpart-ner, von NGOs, Landwirtinnen und Landwirten etc. zu-sammensetzen.

Öffentliche BeteiligungDie folgenden Möglichkeiten zur Partizipation einer

größeren Anzahl von interessierten und betroffenenPersonen wurden geschaffen:f Strategie-DialogtageDer Startschuss für die Dialogtage fiel am 22. Mai 2012 in Perchtoldsdorf. Im März und April 2013 folgten weitere Strategiedialoge in Wien, Hohenems, Linz und Graz. Pro Veranstal-tung nahmen zwischen 150 und 450 Akteurinnenund Akteure des ländlichen Raums teil, informier-ten sich aus erster Hand über den aktuellen Stand der Programmplanung und beteiligten sichan den breiten Diskussionen. Für Herbst 2013 ist eine weitere Veranstaltung dieser Art geplant.

f BürgerInnenratIm Zuge der Programmerstellung wurde im Jahr 2012 erstmals auf Bundesebene ein zweitägiger BürgerInnenrat zum Thema „Zukunftder Landwirtschaft“ abgehalten. Überdies gab es einen Workshop für Junglandwirtinnenund Junglandwirte zum Thema ÖPUL.

f Homepage und NewsletterAuf der Homepage www.le2020.lebensministe-rium.at werden laufend aktuelle Informationenzum Programmerstellungsprozess gebracht. Außerdem besteht die Möglichkeit, Stellung -nahmen zu schicken, welche auf der Homepageveröffentlicht werden. Mit einem Newsletter wird über die aktuellen Geschehnisse informiert.

Dieser Prozess schafft eine breite Palette von Betei-ligungsmöglichkeiten. Die erhaltenen Beiträge stellenwichtige Inputs für die Programmgestaltung dar. Gemeinsam wird versucht, das bestmögliche Pro-gramm für die ländliche Entwicklung zu schaffen. |||

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Beteiligungsprozess „LE 2020 – Allianz fürs Land“

Für die Erstellung des Programms fürdie Entwicklung des ländlichen Raums2014–2020 wurdeeine Reihe von Beteiligungsmöglich-keiten geschaffen, um einen offenen und transparenten Arbeitsprozess sicherzustellen. Veronika Madner

Veronika Madner, Abteilung

Koordination ländliche

Entwicklung, BMLFUW

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CIPRA steht für Commission Internationale pour laProtection des Alpes (Internationale Alpenschutz-kommission) und ist eine unabhängige Dachorgani-sation, die sich seit 1952 für den Schutz und die nach-haltige Entwicklung in den Alpen einsetzt. Die CIPRAÖsterreich stellt den österreichischen Arm der CIPRAInternational dar, die ihre Geschäftsstelle in Liech-tenstein hat. Mit den Vertretungen in sieben Alpen-staaten und ihren rund hundert Mitgliedsorganisatio-nen und -institutionen bildet die CIPRA ein wichtigesalpenweites Netzwerk.

Mitglieder der CIPRA Österreich sind Natur-,Umweltschutz- und Alpinorganisationen sowie dieNaturschutzabteilungen der neun Landesregierun-gen. Diese Konstruktion schafft die Basis für kon-struktive, lösungsorientierte Diskussionen, die nichtselten in innovative Lösungen münden. Diese Struk-turen haben Forderungen nach neuen Governance-Modellen vorweggenommen, die erst Jahre nach derCIPRA-Gründung in der politischen Nachhaltigkeits-debatte entwickelt wurden.

Nachhaltigkeit spiegelt sich auch in den zahlrei-chen Themen und Projekten der CIPRA mit alpiner Re-le vanz wider: vom Tourismus über die Wasserversor- gung und Energieproduktion bis hin zur Entsiedelungund der Zukunft peripherer Räume. Die Alpen werdenvon der CIPRA immer als Natur- sowie als Lebens- undWirtschaftsraum der Menschen betrachtet.

Ein Meilenstein: die AlpenkonventionDas wohl wichtigste Resultat der Arbeiten der CIPRAbesteht in der Alpenkonvention, die auf Initiative undnach langer Vorarbeit der CIPRA am 7. November1991 in Salzburg unterzeichnet wurde. Heute stellt dieAlpenkonvention einen wesentlichen Bereich der Arbeit der CIPRA dar: In Innsbruck konnte ein Alpen-konventionsinformationsbüro etabliert werden, dasu.a. mit einem regelmäßigen Newsletter Informa -

tionen streut, aber auch eine Rechtsservicestelle derAlpenkonvention beherbergt. Die Rechtsservicestellesetzt sich mit Fragen der rechtlichen Auslegung derAlpenkonvention, vor allem ihrer Protokolle, ausei -nander. Hier werden für Betroffene Rechtsgutachtenzur Alpenkonventionskonformität von Vorhaben wieetwa Schigebietserweiterungen, der Errichtung vonStromleitungen oder anderen Eingriffen in den Natur-haushalt erstellt.

Die Rechtsdatenbank Alpenkonvention stellteine kostenlos verfügbare Quelle dar, die einerseitsPrivatpersonen die Möglichkeit bietet, in behördlicheErkenntnisse Einsicht zu nehmen, und andererseitsden mit der Umsetzung der Protokolle befassten Be-hörden weitere Kenntnisse zu behördlichen Entschei-dungen mit Alpenkonventionsbezug vermittelt und sodie Anwendung des komplexen Vertragsregimes derAlpenkonvention erleichtert.

Die CIPRA positioniert sich auch in den laufen-den und in Zukunft intensiver werdenden Diskussio-nen über eine eventuelle EU-Makroregion Alpen unddie Einbindung der Alpenkonvention in eine derartigemakroregionale Strategie.

All diese Projekte können nur durch den exzel-lenten Austausch mit dem österreichischen FocalPoint der Alpenkonvention im Lebensministerium unddurch dessen große Unterstützung verwirklicht wer-den. Selbstverständlich gibt es auch eine intensiveund gute Kooperation mit dem Ständigen Sekretariatder Alpenkonvention in Innsbruck.

Fazit: Die CIPRA ist eine ziemlich einzigartigeKonstruktion in der NGO-Szene, die alpenrelevanteThemen aufgreift und bearbeitet. Und wenn es sienicht schon gäbe, müsste man sie dringend erfinden.

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Christian Baumgartner ist Vertreter der Naturfreunde Öster-

reich und stellvertretender Vorsitzender der CIPRA Österreich.

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Weitere Informationen:CIPRA Österreichwww.cipra.atRechtsdatenbank Alpenkonventionwww5.umweltbundesamt.at/alpenkonvention

CIPRA ÖsterreichDie CIPRA Österreichwurde 1975 gegrün-det. Zu ihren wich -tigsten Auf gaben zählen die Verbreitungvon Informationenüber den Alpenraum im Sinn der Nach -haltig keit und die Begleitung der Umsetzung der Alpenkonvention.Christian Baumgartner

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Dem Lebensministerium obliegt gemäß Bundesminis -teriengesetz 1986 i. d.g.F. die angewandte Forschungfür die Bereiche Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Um-welt und Wasserwirtschaft. Das Programm für For-schung und Entwicklung im Lebensministerium 2011–2015 (PFEIL 15) 1 steuert sowohl die Forschungsaktivi-täten der ressorteigenen Dienststellen als auch dieAuftragsforschung. Die Forschungsplattform des Le-bensministeriums trägt den Namen DaFNE (Daten-bank für Forschung zur nachhaltigen Entwicklung).2

Mit BIOS Science Austria3wurde 2011 ein öster-reichisches Netzwerk eingerichtet, das nahezu hun-dert Prozent der agrarischen Forschung abdeckt.Darin sind die Universität für Bodenkultur Wien, dieVeterinärmedizinische Universität Wien, das Lebens-ministerium, die Agentur für Gesundheit und Ernäh-rungssicherheit, das Umweltbundesamt, das Bundes-amt für Wald sowie die Österreichische Vereinigungfür agrar-, lebens- und umweltwissenschaftliche For-schung vernetzt. Neben den beiden Kernuniversitätenim Bereich Life Science kommen wichtige Forschungs -partner aus den Universitäten Innsbruck, Salzburg,Linz, Klagenfurt, Graz und Wien.

Wichtige Forschungseinrichtungen im privatenBereich sind das Austrian Institute of Technology, Joanneum Research, die Institute der Österreichi-schen Akademie der Wissenschaften sowie die Insti-tute der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft. Kleine pri-vate Forschungsinstitutionen und -vereine ergänzendas Spektrum der forschungsaktiven EinrichtungenÖsterreichs. Das IIASA, das International Institute forApplied Systems Analysis, hat seinen Sitz in Laxen-burg bei Wien. Mit der Gründung des Standing Com-mittee on Agricultural Research (SCAR), des Ständi-

gen Agrarforschungsausschusses, am 27. Juni 1974wurde der erste wichtige Schritt für die Koordinierungder Agrarforschung in Europa gesetzt; der Ausschussist seit 2004 in die DG Research and Innovation inte-griert. 1981 wurde das EU-Agrarforschungsprogramm,1984 das erste Forschungsrahmenprogramm verab-schiedet.

Der Foresight-Prozess, der 2007 vom SCAR miteiner Expertengruppe installiert wurde, hat in dreiProzessphasen „major driving forces“ erfasst und mitder Budapester Erklärung 2011 einen wichtigenSchwerpunkt auf Agrarforschung gesetzt.4

Mit dem Instrument der Integration nationalerForschungsprogramme über das „ERA-Net“ (ERA =European Research Area) wurden im 6. und 7. EU-For-schungsrahmenprogramm (2007–2013) wesentlicheAnreize für eine Bündelung der vorhandenen Res-sourcen geschaffen. Auch weitere Strategien wie die„Joint Programming Initiatives“ unterstützen die Zu-sammenführung nationaler Programme. Das SCARhat für die „Joint Programming Initiative on Agricul-ture, Food Security and Climate Change“ (JPI FACCE)einen wesentlichen Anstoß gegeben. Das Lebens -ministerium ist seit 2010 JPI-FACCE-Partner.

Neben seiner Unterstützung transnationalerAusschreibungen war und ist das Lebensministeriumin einer ganzen Reihe anderer ERA-Netzwerke wieSNOWMAN (Sanierung belasteter Böden), CORE Organic (biologischer Landbau I und II), ERA-ARD(Agrarforschung für Entwicklungsländer I und II),CRUE (Naturgefahren), SKEP (Umweltforschung zurPolitikberatung), EUPHRESCO (phytosanitäre Kon-trolle I und II), IWRM (integriertes Wasserressour-cenmanagement) und RURAGRI (nachhaltige Ent-wicklung ländlicher Räume) aktiv.

Die EU-Mitgliedsländer haben sich in „Vision2020“ zu einem Europäischen Forschungsraum be-kannt. Die Wissenschaft und ihre Institutionen, die Industrie wie auch die Forschungsförderer und diePolitik haben den ERA gemeinsam zu gestalten. |||

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Agrarische F&E-Einrichtungenin Österreich und in der EUÖsterreichische und europäische Initiativenbemühen sich um die Koordination und Vernetzung der Anstrengungen in den Bereichen agrarische Forschung und Ent-wicklung ländlicher Räume. Elfriede Fuhrmann

1 www.lebensministerium.at/forst/forst-bbf/Forschung/pfeil15.html.

2 www.dafne.at/dafne_plus_homepage/index.php.

3 www.bios-science.at/index.php/de/.

4 http://ec.europa.eu/research/agriculture/scar/foresight_en.htm.

Elfriede Fuhrmann, Abteilung

Forschung und Entwicklung,

BMLFUW

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Mildes Klima, warme Badeseen, romantische Burgenund Schlösser von welthistorischer Bedeutung, dasGebiet des ehemaligen Noricum mit seinen spektaku-lären Ausgrabungen – die Leader-Region kärnten:mitte hat viel zu bieten. Spirituell Interessierte könnendie malerischen Pilgerwege der heiligen Hemma, derSchutzpatronin Kärntens, entlangwandern, die unteranderem zum Gurker Dom, einem der wichtigsten romanischen Bauwerke Europas, führen. Oder BurgHochosterwitz besichtigen, das Wahrzeichen Kärn-tens. Wen der Kulturgenuss erschöpft hat, der kannsich im Sommer in einem der idyllischen Badeseen er-frischen, im Winter auf Skiern die Saualpe hinunter-flitzen oder mit dem Elektro-Auto eine Shopping Tourdurch die Bezirkshauptstadt St. Veit an der Glanwagen. Die Leader- Region kärnten:mitte erstrecktsich von der Saualpe über die Gurktaler Alpen bis zuden Nockbergen und gliedert sich in die Regionalver-eine Norische Region, Kärntner Holzstraße und Hem-maland. Sie besteht aus dem Bezirk St. Veit an derGlan mit der Bezirkshauptstadt, Gemeinden des Be-zirks Feldkirchen, zwei Gemeinden des politischenBezirks Klagenfurt-Land und zwei steirischen Ge-meinden – also aus insgesamt 34 Gemeinden mit ca.75.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Eine Stadt verschreibt sich der SolarkraftEin Schwerpunkt der lokalen Entwicklungsstrategieist erneuerbare Energie. Flaggschiff ist die „Sonnen-stadt“ St. Veit an der Glan. Sie hat ein ehrgeiziges, von Leader gefördertes Konzept entwickelt. Hier soll Österreichs größtes Sonnenkraftwerk mit rund 3,4 MWp (Megawatt peak) entstehen. Derzeit sind be-reits Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistungvon mehr als 1,5 MWp errichtet: Ein Teil der Paneeleruht auf Hausdächern, weitere Module wurden in -mitten von Rosensträuchern im Naherholungsgebiet„Sonnenpark“ installiert. „Solarenergie zum Angrei-fen als integrierter Bestandteil des Lebens“, so dasMotto. Ein weiteres Kraftwerk mit einer Leistung von2 MWp ist geplant. Bis 2020 möchte man energieau-tark sein. Zum Konzept gehören auch Elektroautosund – ganz neu – E-Bikes sowie eine Dauerausstel-lung zum Thema „Erlebnis Energie“, in der umwelt-freundliche Energie multimedial ins Rampenlicht ge-rückt wird. „Wir sind zum Vorbild für die ganze Regiongeworden“, ist Projektleiterin Nina Schabkar stolz.

Das Engagement in Sachen Sonnenenergiebringt auch Standortvorteile: Marktführer wie GREE-NoneTEC, Kioto, Sonnenkraft, SEG Solar Energy und

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Sonnenparadies kärnten:mitteIdyllische Seen, kulturhistorische Juwele – die Leader-Region kärnten:mitte hattouristisch viel zu bieten, beweist Hightech- Innovationsgeist ebenso wie Mutzur Langsamkeit. Teresa Arrieta

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HSH haben sich in St. Veit angesiedelt und bildeneinen einzigartigen Innovationscluster.

Erfolgreiche BiobrauereiNachhaltigkeit und Mut zur Innovation stehen auch imZentrum eines kleinen, aber feinen Leader-Genuss-projekts: des Schauraums der Biobrauerei Wimitz-bräu. 2011 hatten vier Freunde die Idee, ein Brauwerknahe der abgelegenen Ortschaft Kraig an einer Heil-quelle zu bauen, die wegen ihres weichen Wassersvon jeher für Gesundheits- und Haushaltszwecke ge-nutzt wird. Aus dem verwegenen Vorhaben wurdenach der Devise „gefährlich ehrlich“ eine erfolgrei-che Biobrauerei. Die verwendeten Zutaten sind biolo-gischer und regionaler Herkunft. Das Bier wird wedererhitzt (pasteurisiert) noch filtriert oder stabilisiert undist daher nur drei Monate lang haltbar. „Das handels-übliche erhitzte und chemisch behandelte Bier ist tot,unser Biobier hingegen lebt. Es enthält Minerale undSpurenelemente und ist, in Maßen genossen, ge-sundheitsfördernd“, erklärt Geschäftsführer JosefHabich. Was anfangs als exzentrische Idee galt – dieErrichtung einer Brauerei in der Einöde –, hat sich zueinem Vorzeigeprojekt entwickelt. Das Bier wird auf-grund seiner kurzen Haltbarkeit ausschließlich regio-nal vertrieben, sowohl an Gastwirte als auch an un-abhängige Kaufleute. An die Brauerei ist ein Schau-raum angeschlossen, in dem lokale ProduzentenSchnaps, Käse und Heilkräuter verkaufen. Die Türender Wimitzbrauerei sind immer offen. 3000 Interes-sierte haben sich von Josef Habich bisher durch dieBrauerei führen lassen. „So können wir weitergeben,was es bedeutet, regional zu denken und zu kaufen“,freut sich Habich.

Eine Burg bauen und eine Zeitreise antretenEin weiteres ungewöhnliches Leader-Projekt hat sich der Langsamkeit verschrieben: „Wir bauen eineBurg.“ In Friesach wird auf ca. 4000 m² eine mittel -alterliche Höhenburg errichtet. Verwendet werdennur natürliche Baustoffe und Werkzeug von damals.Auf der Baustelle, die besichtigt werden darf, arbei-ten Handwerker in mittelalterlichen Kutten. Wissenüber die Baukunst des 11. bis 15. Jahrhunderts wirdmithilfe historischer Dokumente wiederentdeckt. Fürdas Dach werden 45.000 Lärchenschindeln von Hand

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Vertrauen ist wichtigIm Gespräch mit Gabriele Meßner-Mitteregger, Leader-Managerin in der Region kärnten:mitte

Frau Meßner-Mitteregger, Sie vereinen in IhremJob viel Gegensätzliches.Einerseits habe ich viele Verwaltungsaufgaben und muss zuverlässig und genau sein; dazu benö-tigt man einen beinahe buchhalterischen Geist.Will man erfolgreiche Projekte initiieren, mussman jedoch auch kreativ sein, auf Menschen zuge-hen und viel Spontaneität unter Beweis stellen.

Wie motivieren Sie jemanden für Projekte?Ich kann niemanden zu etwas motivieren, wasnicht bereits im Keim vorhanden ist. Es gehtdarum, Menschen zu finden, die etwas unterneh-men wollen, und sie dort abzuholen, wo sie sichim Geiste befinden.

Was bedeutet für Sie Erfolg?Akzeptanz in der Region zu spüren. Dass die Menschen mit ihren Anliegen gerne zu mir kommen und mir vertrauen.

gebrannt, Zehntausende Nägel werden in der Burg-schmiede hergestellt. Das Bauteam kooperiert mitdem Denkmalamt, Universitätshistorikern und spezia-lisierten Fachhandwerkern. „Es ist für uns eine Ent-deckung der Langsamkeit“, erklärt Jürgen Freller,Bauingenieur und Projektleiter. „Wir arbeiten imRhythmus der Natur, aber auch im Licht von Kerzenund Fackeln.“ Das Projekt ist auch eine arbeitspoliti-sche Maßnahme: 30 Arbeitsplätze wurden geschaf-fen, ein Drittel davon für Langzeitarbeitslose, die dasArbeitsmarktservice vermittelt hat. Nach Abschlussder ersten Ausbaustufe in drei bis vier Jahren rech-net Friesach mit rund 80.000 Gästen jährlich. Davonwird die gesamte Region profitieren.

Ehrgeizige Nachhaltigkeitsprojekte mit Weitblick undviel Gespür für die Erhaltung der Natur- und Kultur-schätze – kein Wunder, dass der Reiseverlag „LonelyPlanet“ Kärnten unter die zehn besten Reisedestina-tionen 2013 reihte. Die Leader-Projekte in der Regionkärnten:mitte leisten dazu ihren Beitrag. |||

Teresa Arrieta, freie Journa-

listin, Ö1-Sendungsmacherin

und Filmemacherin

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Eine sanft hügelige Landschaft, mildes Klima mit we-nigen Niederschlägen – das Mittelburgenland, diesonnenreichste Region Österreichs, hat das Zeug zurToskana Österreichs. Die weite Landschaft mit ihrenbreiten, einladenden Straßen strahlt Ruhe und Groß-zügigkeit aus. Überall sieht man Weinreben: Hier istdas Zentrum des Blaufränkischen, einer anspruchs-vollen roten Rebsorte, die lehmige Böden und vielSonne braucht. Die hier ansässige Winzerschaft istTeil einer Wende im einst so armen Burgenland. Män-ner waren hier entweder Bauern oder Maurer, dieFrauen tragen seit jeher Kopftuch. Der EU-Beitrittbrachte zwar dem einstigen Ziel-1-Gebiet einen be-achtlichen Entwicklungsschub, aber noch immer wirdder Region mangelnde Innovationsbereitschaft nach-gesagt. Doch dann überrascht das Mittelburgenlandmit modernen Architekturjuwelen wie dem von Irres-berger & Holzbauer gestalteten Arachonkeller, der aufdem Weg nach Horitschon majestätisch in die Land-schaft eingebettet liegt. Auch das einzigartig harmo-nische Zusammenleben der Volksgruppen zeugt vongeistiger Offenheit und Toleranz. Doch die eigenenLeistungen werden hier nicht groß zur Schau gestellt.Das Mittelburgenland ist bescheiden, es pflegt einenstillen Reichtum. Die Leader-Region ist rund 700 km²groß, besteht aus 28 Gemeinden mit der Bezirks-hauptstadt Oberpullendorf und wird vom ÖdenburgerGebirge im Norden, von der Buckligen Welt im Westen und dem Günser Gebirge im Süden begrenzt.Besondere Stärken sind der Freizeitwert, das Ther-

men- und Wellnessangebot und der große Ruf alsBlaufränkischland.

Weinwanderung mit FunfaktorDavon zeugt auch der von Leader geförderte „Blau-fränkischweg Horitschon“. Auf dem über 2 km langenRundweg kann man zwischen Weinreben lustwandelnund sich auf pfiffig gestalteten Infotafeln über dieKunst des Weinbaus informieren. Biowinzer AlfredMoritz schlüpft in die Rolle des Führers und offenbartUnerhörtes: etwa dass Hunnenkönig Attila hier in derGegend an einem noch unbekannten Platz begrabenwurde, man jedoch zuversichtlich sei, dieses Ge-heimnis alsbald zu lüften. Oder dass die Reben vonjedem Winzer anders erzogen werden. Manche Wein-Eltern beschneiden streng, pflanzen eng und bindenregelmäßig, andere hingegen gewähren den Rebenmehr Freiraum.

Hungrige können in der Horitschoner Vinothekeinen Picknickkorb bestellen und das Essen im Schat-ten einer wuchtigen Weinpresse genießen. Nachzwei Stunden ist man zurück am Ausgangspunkt undkann bestens gestimmt in der Vinothek die edlen Ho-ritschoner Weine verkosten. Auch Alfred Moritz’ Bou-teillen werden angeboten. Sie sind mit bunten Filzeti-ketten bekleidet und heißen „Zungenkuss“ oder „Ur-knall“. „Der Blaufränkischweg bringt uns Winzernäher an die Menschen“, erklärt Moritz. „Nachdemsie an unseren Reben entlanggewandert sind, klopfenmanche einfach am Hof an, um uns kennenzulernen.“

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Stiller Reichtum imMittelburgenland Kaum eine andere Leader-Region ist von solch unspektakulärerSchönheit und Bescheidenheit. Teresa Arrieta

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Die Ehre des BauarbeitersFrisch gelabt kann ein weiteres Leader-Erfolgsprojekterkundet werden: das Museum für Baukultur „MUBA“in Neutal. Hier kommt das burgenländische Maurer-handwerk zu Ehren. In den modern gestalteten Räu-men wird die Geschichte der BauarbeiterInnen an-hand der Geschichte des Burgenlandes dokumentiert.Seit mehr als hundert Jahren arbeiten burgenländi-sche Männer, aber auch Frauen am Bau – eine harteund von Pendlertum geprägte Existenz.

Neutal war die Hochburg der Feuerungsmaurer,die in luftigen Höhen schräge Ziegelsteine verfugtenund auch im Ausland gefragte „Schornsteinkünstler“waren. Das Handwerk der Ofen- und Kaminmaurerwurde übrigens aufgrund eines Antrags des MUBA2010 in das nationale Verzeichnis des immateriellenKulturerbes der UNESCO aufgenommen.

Der pensionierte Baumeister Robert Dominkovitsist Obmann des Museumvereins und strahlt dieWürde seines Berufsstandes aus. Er leitet Kinder, dieins Museum kommen, dazu an, selbst Ziegel wie annodazumal zu formen. „Meine früheren Kollegen sindalle stolze Vereinsmitglieder, und die Schulklassen,die uns besuchen, gewinnen nach einem Tag im Museum Interesse an unserem Handwerk. Das ist inZeiten des Facharbeitermangels ein gutes Zeichen“,meint Dominkovits.

Interkulturelles KochenWer nach dem Museumsbesuch hungrig gewordenist, kann sich zu einer „kulinarischen Begegnung“ indie Bezirkshauptstadt Oberpullendorf begeben – fallsder Termin gerade passt. Einmal monatlich findet in den Räumlichkeiten des Bildungs- und Tagungs -zentrums Haus St. Stephan ein von Leader unter-stütztes interkulturelles Treffen mit Genussfaktor statt.Migrantinnen und Burgenländerinnen kochen ge-meinsam. Die Zugewanderten präsentieren ein Menüaus ihrer Heimat und zeigen den Einheimischen, wieman es zubereitet. Es entstehen zum Beispiel afgha-nische „Elefantenohren“ (eine gebackene Süßspeise)oder rumänische Krautrouladen. „Bei uns werdeneinen Abend lang die Rollen vertauscht: Die Migran-tin ist die Expertin, die uns Burgenländerinnen etwasbeibringt. Meist ist es ja umgekehrt“, erklärt Projekt-initiatorin Barbara Buchinger. Im lustvollen Rahmendieser Treffen kommt man sich auch näher. Berührend

ist etwa das Schicksal der Ägypterin R., die sich inÖsterreich von ihrem Mann trennte, mit ihren Kindernins Frauenhaus flüchtete und nun eine Ausbildungzum Integrationscoach absolviert. „Ich bewunderediese starke Frau. Solche Begegnungen bereichernuns alle“, meint Buchinger.

Zum Abschied gibt es für alle BesucherInneneine indigoblaue Stofftasche mit filigranem weißemBlumenmuster, von Hand gefärbt. Auch der burgen-ländische Indigo-Handblaudruck der Familie Koo ausSteinberg, der letzte Betrieb dieser Art, wurde insösterreichische immaterielle UNESCO-Weltkulturerbeaufgenommen. Das Mittelburgenland ist wahrlich einPlatz der Bescheidenheit und stillen Größe. |||

Teresa Arrieta, freie Journalistin, Ö1-Sendungsmacherin

und Filmemacherin

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Leader soll wieder ein Innovationsprogrammwerden!Im Gespräch mit Heidi Drucker, Leader-Managerin in der Region Mittelburgenland

Frau Drucker, Sie sind seit zwölf Jahren Leader-Managerin und zählen sozusagen zum „Urge-stein“. Wohin steuert das Leader-Programm?Derzeit verwalten wir uns zu Tode. Die lokalen Ak-teurinnen und Akteure haben gute Ideen, aber vie-les scheitert an Formalitäten. Ich wünsche mir,dass Leader wieder ein kleines, feines Innovations-programm wird.

Was macht eine gute Leader-Managerin aus?Die Fähigkeit, sich immer wieder auf Neues einzu-lassen, der ideale Mix aus Kampfgeist, Gelassen-heit und Fingerspitzengefühl.

Wie motiviert man jemanden, Projekte umzusetzen?Ich suche immer nach Energieträgern, nach Men-schen, die wirklich motiviert sind, etwas zu tun.Denn aufgesetzte Projekte laufen Gefahr, nicht denBedürfnissen der Zielgruppe zu dienen. Mein Anlie-gen ist es, lebendige Projekte mit nachhaltigerWirkung zu unterstützen.

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Das ungarische Netzwerk für ländliche Entwicklungwurde federführend von den Mitgliedern des Begleit-ausschusses für das ländliche Entwicklungspro-gramm Ungarns Ende 2008 eingerichtet. Es verfügtüber ein 13-köpfiges Präsidium, das den Vernetzungs -prozess in monatlichen Treffen reflektiert und fürseine inhaltliche Ausrichtung verantwortlich ist.Zudem wird das Netzwerk von einem Rat mit über 100 Mitgliedern unterstützt, die aus allen Teilen Ungarns kommen und alle für die ländliche Entwick-lung relevanten Bereiche abdecken. Für das operativeManagement des Netzwerks wurde das „Ständige Sekretariat des ungarischen Netzwerks für ländlicheEntwicklung“ ins Leben gerufen, das beim Bildungs-und Beratungsinstitut für ländliche Entwicklung des Minis teriums für ländliche Entwicklung angesiedelt ist.

In den ersten beiden Arbeitsjahren wirkten im un-garischen Netzwerk vor allem Intellektuelle, akademi- sche ForscherInnen und BeraterInnen für ländlicheEntwicklung mit, die im Rahmen der Vereinigung „Dia-log für den ländlichen Raum“ kooperierten und in er-ster Linie Diskussionsveranstaltungen organisierten.

Im Dezember 2010 wurde der Rahmen für dieAufgaben und Aktivitäten des ungarischen Netzwerksin einem ministeriellen Erlass neu definiert. In dieserPhase wurden vom Präsidium des Netzwerks konkreteAussagen zu Arbeit und Vernetzung in den wichtigstenBereichen der ländlichen Entwicklung erarbeitet.

Die Basis für die Arbeit des ungarischen Netz-werks bilden mehrere tausend Netzwerkmitglieder – Expertinnen, Experten und Organisationen aus un-terschiedlichen Bereichen der ländlichen Entwick-lung –, die sich ab 2008 registrieren lassen konnten.

Themen und MaßnahmenInhaltliche und strategische Grundlage für die Arbeitdes ungarischen Netzwerks ist ein Arbeitsprogramm,für dessen Umsetzung ein Budget von 22 MillionenEuro zur Verfügung steht.

Die Netzwerkarbeit fokussiert auf vier themati-sche Schwerpunkte, die im Wesentlichen den vierAchsen des LE-Programms entsprechen: 1. wettbe-werbsfähige Landwirtschaft, 2. Agrarumweltmaßnah-men, 3. Dorferneuerung, Gemeindeentwicklung undlokale Märkte, 4. Leader. Für jeden Schwerpunkt wirdein eigenes Vernetzungsprogramm entwickelt. Die füreinen Schwerpunkt verantwortlichen Expertinnen undExperten organisieren Trainings, Konferenzen, Exkur-sionen und erstellen Best-Practice-Präsentationen.Thematisch geht es dabei z. B. um ländliche Architek-tur, die Direktvermarktung regionaler Produkte, dieProduktion von Kräutern, erneuerbare Energie, kultu-relles Erbe, Social Farming oder transnationale Kooperation und Erfahrungsaustausch zwischen Lea-der-Regionen.

Ein besonders wichtiger jährlicher Event des un-garischen Netzwerks ist der „Nationale Tag der länd-lichen Entwicklung“, der 2013 im Dezember im Unga-rischen Landwirtschaftsmuseum in Budapest stattfin-den wird.

Das ungarische Netzwerk spielt auch in der Pro-jektanbahnung, -entwicklung und -umsetzung seinerregistrierten Mitglieder- bzw. Partnerorganisationenin allen Teilen Ungarns eine wichtige Rolle. So wer-den z. B. LAGs beim Aufbau transnationaler Koopera-tionsprojekte, Treffen und Foren von sektoralen Ex-pertinnen und Experten und kleinere Forschungs pro-

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Vernetzung für einen blühendenungarischen ländlichen Raum

Tausende Mitglieder, eine differenzierte Struktur, Kooperationen mit einschlägigen nationalen und europäischen Organisationen und ein beachtliches Budget bilden den Rahmen für Vernetzung und Know-how- Transfer in der ungarischen ländlichen Entwicklung. Agnes Kiss

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jekte sowie die daraus resultierenden Projektideenmit Mitteln aus der technischen Hilfe unterstützt.

Die wichtigsten Medien des ungarischen Netz-werks sind die eigene Website, ein Magazin für länd-liche Entwicklung für die breite Öffentlichkeit und einewissenschaftliche Publikation für die Fachöffentlich-keit. Zudem werden regelmäßig Filme über Aktivitätendes Netzwerks und erfolgreiche Projekte auf YouTubeveröffentlicht.

Nationale und europäische KooperationDas ungarische Netzwerk für ländliche Entwicklunghat strategische Kooperationsvereinbarungen mitgroßen nationalen Organisationen unterzeichnet, diesich mit der Entwicklung des ländlichen Raums be-schäftigen. Dazu zählen unter anderem die ungari-sche Akademie der Wissenschaften, die ungarischeVereinigung der Junglandwirte (AGRYA), die Archi-tektenkammer und die Gesellschaft für Stadtplanung.Auf europäischer Ebene hat das ungarische Netzwerkneben der kontinuierlichen Kooperation mit dem Eu-ropean Network for Rural Development bilaterale Ko-operationsverträge mit den nationalen Netzwerkstel-len von Polen, der Slowakei und Rumänien geschlos-sen. Zudem ist das LE-Netzwerk Ungarns mittlerweileauch Mitglied der European Association for Rural Development Institutions (AEIAR) und von ELARD (Eu-ropean Leader Association for Rural Development).

Zur Unterstützung des europäischen Erfah-rungsaustausches organisiert das ungarische Netz-werk auch alljährlich internationale Konferenzen, wiez. B. im Jahr 2012 zu Community-Led Local Develop-

ment (CLLD) und zum internationalen Know-how-Transfer für LAGs, in den auch ein Vertreter aus Öster-reich seine wertvollen Erfahrungen einbrachte.

Im Bereich Leader werden nationale und trans-nationale Kooperationen auch durch eine eigene Daten bank für interterritoriale und internationale Kooperation gefördert.

Vorbereitung LE 2020Das ungarische Netzwerk für ländliche Entwicklungist intensiv in die Gestaltung des LE-Programms 2014–2020 eingebunden. Bereits 2010 wurden regionaleEvents zur EU-2020-Strategie für die ländliche Ent-wicklung und die GAP-Reform organisiert. Der aktuelllaufende Planungsprozess für das künftige LE-Pro-gramm Ungarns wird von den Expertinnen und Exper-ten des Netzwerks inhaltlich unterstützt, vor allem beiden öffentlichen Konsultationen, die eine möglichstbreite Beteiligung aller relevanten Akteurinnen undAkteure der ländlichen Entwicklung sicherstellen sol-len. Ein spezielles Projekt des ungarischen Netzwerksim Zusammenhang mit der Vorbereitung auf LE 2020ist TRANSLEADER. Dabei geht es um die künftige Um-setzung von Leader in Ungarn. Nach Erstellung einerStudie für ein „ungarisches“ Modell für Leader undCLLD, in die auch österreichische Erfahrungen einge-flossen sind, arbeiten seit Februar 2013 vierzehn aus-gewählte LAG-ManagerInnen gemeinsam mit demMinisterium an einer Vereinfachung der Leader- Umsetzung – in der laufenden und künftigen Förder-periode. |||

Agnes Kiss, Ungarisches Netzwerk für ländliche Entwicklung

International ausblicke 1|13 61

Weitere Informationen:www.mnvh.eu

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Internationale Termine

FinnlandLINC 201311.−13. Juni 2013 > Iisalmi Die europäische Leader-Konferenz LINC findetheuer bereits zum vierten Mal statt. Die InitiativeLINC fördert die Vernetzung europäischer Leader-Regionen auf innovative Weise. Jedes Jahr lädt ein anderes Land zu einem mehrtätigen Event, dasSeminare und Workshops, sportliche Wettbewerbeund europäische Kulinarik bietet. 2013 ist Finnlanddas Gastgeberland und widmet das Programm demThema „Wohlbefinden“. Die Beiträge umfassen ver-schiedene Aspekte des ländlichen Wohlbefindensim physischen, sozialen, kulturellen und spirituellenSinn. Ziel der Veranstaltung ist es, Informationenauszutauschen und Erfahrungen aus den ländlichenRegionen Europas zusammenzutragen.www.info-linc.eu

DeutschlandIALB-Tagung16.−19. Juni 2013 > Karlsruhe Die vielfältige Landwirtschaft in der dicht besiedel-ten Region Baden-Württemberg ist von der Nähe zu Konsumentinnen und Konsumenten geprägt. Die heurige Tagung der Internationalen Akademieland- und hauswirtschaftlicher Beraterinnen undBerater (IALB) setzt sich mit den Herausforderun-gen für die Praxis und Beratung im Spannungsfeldzwischen einzelbetrieblichen Interessen und denAnforderungen der Gesellschaft auseinander. Die 52. IALB- Tagung will aufzeigen, mit welchenAnsätzen, Methoden und Vorgehensweisen das Instrument Beratung nachhaltig ökonomische, öko-logische, soziale und kulturelle Wirkungen erzielenkann. Die Tagungsthemen werden im Rahmen von Vorträgen, Workshops und Fach exkursionenvermittelt.www.ialb-tagung2013.info

Deutschland2. Dreiländerdialog RegionalmanagementUnternehmertum und Regiona l management: Ein unterschätztes Team17.−18. Juni 2013 > Lindau Die Weiterentwicklung und Heraus arbeitung der künf-tigen Aufgaben stellungen der Regional managementsin Deutschland, Österreich und der Schweiz sind das Anliegen des 2. Dreiländerdialogs Regionalmana-gement. Der Kongress wird sich vor allem mit den (ungenutzten) Potenzialen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Regionen beschäftigen.Sind es bislang vor allem Privat personen und Kommu-nen, die mit den Regional managements kooperierenund von ihnen profitieren, suchen und nutzen regionale Unternehmen noch viel zu selten eine kontinuierliche Partnerschaft. Wie aus Unternehmenund Regionalmanagements ein „winning team“ wird, ist daher das zentrale Thema dieses Kongresses. Präsentiert und diskutiert werden geeignete Arbeits-bzw. Kooperationsformen sowie praxis erprobte Strategien und Instrumente der Innovations- und Standortentwicklung mit Unternehmen bzw. Unternehmensverbänden und daraus resultierende Konsequenzen für die regionalen Steuerungs- und Organisationsformen.www.neulandplus.de/dreilaenderdialog

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Literaturtipps

Webtipp

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Martin Scharfe, Bilder aus den Alpen. Eine andere Geschichte des Bergsteigens, Böhlau Verlag 2013, ISBN 978-3-205-78918-5Warum steigen Menschen auf die höchsten Berggipfel und setzen sich Risiken aus, die nichtimmer kalkulierbar sind? Am Beispiel von 66 Bildern aus den Beständen der Alpenvereins -museen in Innsbruck und München geht der Autor solchen Fragen nach und liefert damiteine unterhaltsame, abwechslungsreiche und anschauliche Geschichte des Bergsteigens.

Wirtschaftspolitische BlätterDie Wirtschaftspolitischen Blätter werden von der Wirtschaftskammer Österreich heraus -gegeben. Heft 4 /2012 widmet sich dem Thema „Standortpolitik“. Die Standortpolitik in einemLand bzw. in einer Region soll dazu beitragen, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, um Unternehmen zur Ansiedelung anzuregen bzw. von einer Absiedelung abzuhalten.Bezugsquelle: MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Kohlmarkt 16, 1040 Wien, [email protected].

Karl und Florian Buchgraber, Erlebnis Bauernhof – mit Freude und NeugierNatur und Landwirtschaft begegnen, ISBN 978-3-9503562-0-5Die Autoren, Vater und Sohn, nehmen den Leser mit in die Natur und beschreiben mit einfachen Worten und Beispielen, wie Boden, Pflanzen, Tier, Umwelt, Kulturlandschaft, Klimawandel und Bäuerin/Bauer miteinander zusammenhängen. Von dieser Warte aus werden die bäuerliche Arbeit und das Entstehen unserer Lebensmittel dargestellt. Das reich bebilderte Buch macht neugierig auf das Geschehen am Bauernhof, die bäuerliche Lebenswelt sowie auf Brauchtum und Tradition.Zu bestellen unter: Landwirt Agrarmedien GmbH, Hofgasse 5, 8010 Graz, Tel.: +43(0)316-821 636/147, [email protected], Preis: 14,90 €.

Erfolgsfaktor Region – Pilotstudie TriestingtalWie wirken sich mehr Kooperation und Vernetzung in der Region auf den Unternehmens -erfolg von KMU aus? Dieser Frage widmet sich eine in Kooperation mit der ÖAR- Regional -beratung GmbH im Winter 2012/13 in der Leader-Region Triestingtal durchgeführte Pilotstudie der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Mehrheit der befragten Unternehmen erkennt einen hohen Nutzen in der konsequenten Zusammenarbeit mit der Region. Die Studie informiert auch über konkrete Anknüpfungspunkte bei der Umsetzung.Download unter: www.oear.at.

Neu: Schmankerl-Radar „riecht“ Gutes vom BauernhofDie Radarfunktion dieser innovativen App meldet während einer Autofahrt fortlaufend, wo sich die nächsten „Gutes vom Bauernhof“-Betriebe befinden; gewünschte Distanz und Produktgruppe können individuell eingestellt werden. Sobald das Radar anschlägt, kann manmit einem einfachen Knopfdruck beim Betrieb anrufen oder sich zum Betrieb hin navigierenlassen. Somit können Pendler, Außendienstmitarbeiter oder Ausflügler ihre Autofahrten imländlichen Raum zusätzlich zum Schmankerleinkauf in einem der 1600 „Gutes vom Bauern-hof“-Betriebe, in Bauernläden oder Supermärkten mit Bauernregal nutzen.Gratisdownload im Play Store von Google oder im App Store von Apple. Weitere Informationen unter www.gutesvombauernhof.at.

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NWL-Veranstaltungen

Seminar „Auf der Alm, da gibt’s koanMarkt? – Almwirtschaft zwischen Romantik,Förderung und Ökonomie“Diese Veranstaltung will die Zukunft der Almwirt-schaft unter dem Blickwinkel der Wettbewerbs -fähigkeit beleuchten. Nach einem Grundsatzreferat,das die Rolle der Almwirtschaft „gestern, heute undmorgen“ behandelt, sollen nach einem kritischenBlick auf die Entwicklungen der letzten Jahre auchdie positiven Aspekte in der Kooperation mit demTourismus bzw. in der Sehnsucht des Konsumentennach unverfälschten Lebensmitteln aufgezeigt werden. Das Seminar findet Ende August an einem einschlägigen Ort im Westen Österreichs statt.www.netzwerk-land.at /lum

Innovative Werkstatt: „Regionale Standortentwicklung“17.–18. September 2013 > Vöcklabruck, StadtsaalThema dieser Innovativen Werkstatt von NetzwerkLand sind unterschiedliche Ansätze und Strategienfür eine nachhaltige Standortentwicklung, wie z.B.interkommunale Formen der Kooperation bei Be-triebsansiedelungen, Stadt-Umland-Kooperationenund regionalen Wertschöpfungsketten.www.netzwerk-land.at /leader/veranstaltungen/innovative-werkstatt-regionale-standortentwicklung

Tagung „Wasserrahmenrichtlinie und Landwirtschaft – Anknüpfungspunkteund Möglichkeiten im Rahmen der ländlichen Entwicklung“30. September–1. Oktober 2013 > SalzburgZiel der Tagung, die in Kooperation mit der Deut-schen Vernetzungsstelle Ländliche Räume abge -halten wird, ist es, die Zusammenhänge zwischenWasserrahmenrichtlinie und Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums zu erörtern unddabei vor allem die Rolle und Möglichkeiten der Landwirtschaft zu berücksichtigen. Aktuelle Ent-wicklungen und Handlungsspielräume werden analysiert. ExpertInnen aus Österreich, Deutschlandund der europäischen Vertretungen diskutieren.www.netzwerk-land.at /umwelt/veranstaltungen/wrrl-le-2013

NWL-Ausschreibungen

„Innovationspreis Leader Österreich 2013“Eingereicht werden können Wirtschaftsprojekte und Projekte im Bereich Kultur, Soziales und Natur-schutz. Der Innovationspreis Leader Österreich würdigt die vielfältige und exzellente Arbeit in denRegionen.Die Einreichfrist endet am 28. Juni 2013.www.netzwerk-land.at / lepreisleader2013

„Netzwerk-Land-Kulturlandschaftspreis 2013“Es gilt den Reichtum der heimischen Kulturland-schaft sichtbar zu machen und all jene, die Kultur-landschaften erhalten und pflegen, für ihr Engagement zu würdigen. Denn nur durch ihre Arbeit wird es langfristig möglich sein, unsere Naturschätze zu bewahren.Die Einreichfrist endet am 30. Juni 2013.www.netzwerk-land.at /umwelt /kulturlandschaftspreis-2013

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AbbildungsnachweisSeite 1: BMLFUW/Polsterer; Seite 2: © Charles Taylor –Fotolia.com; Seite 3: © simmittorok – Fotolia.com; Seite 4+5:Festival der Regionen/Otto Saxinger; Seite 4, 21 (Bild rechts), 23, 49, 51: © lattesmile – Fotolia.com;Seite 6: Paul Wilke (Foto Hochgerner); Seite 7: © Pavel Losevsky – Fotolia.com; Seite 8: © alphaspirit – Fotolia.com; Seite 10: Mika Abey – Pixelio.de;Seite 12: Danninger/LK OÖ; Seite 13: Bundesarchiv; Seite 15: © Kzenon – Fotolia.com; Seite 16: © Jan Sevcik – Naturfoto.cz,© Nationalpark Gesäuse (Bild Kreiner); Seite 17: E.C.O. /HelgeBauer (Bild Jungmeier); Seite 19: iStockphoto.com – ooyoo; Seite 21: TZ Mittelburgenland (Bild links); Seite 22: Adolf Bereuter; Seite 24: © www.weinfranz.com (Bild Griesmann);Seite 26: LK NÖ/Haiden; Seite 29: Anna Korzenszky; Seite 30:John Deere; Seite 31: © Pöttinger (Bild links), © CNH (Bild rechts); Seite 32: BAM Rotholz (Bild Dillinger); Seite 32+33: © Actomic – Fotolia.com; Seite 33: Hochschule für Agrar- und Umwelt pädagogik (Bild Haase); Seite 34: © Mara Zemgaliete –Fotolia.com; Seite 36: Sven Schreyer – Pixelio.de; Seite 38+39:Oberlesach mit Glödis – NP Hohe Tauern/Lammerhuber; Seite 41: Gradensee – NP Hohe Tauern/Mussnig; Seite 43: NP Hohe Tauern; Seite 44: Detlef Menzel – Pixelio.de; Seite 47:© Arbeitsgruppenmitglied Projekt Alphouse; Seite 48+49: Netzwerk Land; Seite 53: BMLFUW/Rita Newman; Seite 54: © Silvia Hamberger; Seite 56, 57 (Bild links): SEG Solar EnergyGmbH, Ikarus; Seite 58: Weinbauverein; Seite 59: © SonnenlandMittelburgenland (Bild links), Verein mittelburgenland plus (Bild rechts); Seite 61: National Agricultural Educational and Rural Development Institute; Seite 62+63: © artist_as – Fotolia.com; Seite 64: © Amir Kaljikovic – Fotolia.com.Umschlagvorderseite: © contrastwerkstatt – Fotolia.comUmschlaginnenseite: © Pitopia.de – Sonja Witter, 2012Umschlagrückseite: agrarfoto.com

Alle übrigen Bilder wurden von den AutorInnen zur Verfügung gestellt.

ausblicke – Magazin für ländliche Entwicklung ist die zweimaljährlich erscheinende Zeitschrift von Netzwerk Land.Inhalt: Informationen zu Themen der ländlichen Entwicklung und Neuigkeiten von Netzwerk Land und Partnernetzwerken.

Netzwerk Land ist die vom Bundesministerium für Land- undForstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eingerichteteServicestelle zur Begleitung und Vernetzung des Österreichi -schen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums2007–2013. Mit der Durchführung des Vernetzungsauftrageswurde eine Bietergemeinschaft aus den PartnerorganisationenAgrar.Projekt.Verein, Umweltdachverband und ÖAR-Regional -beratung betraut.

© Netzwerk Land, Juni 2013

Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Medieninhaber und HerausgeberAgrar.Projekt.Verein im Auftrag des Bundesministeriums fürLand- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft,Dresdner Straße 68a, A-1200 Wien, Tel. 01/332 13 38-14,[email protected], www.agrarprojektverein.at [email protected], www.netzwerk-land.at

RedaktionHemma Burger-Scheidlin (Umweltdachverband)Luis Fidlschuster (ÖAR-Regionalberatung)Christian Jochum (Agrar.Projekt.Verein)Michael Proschek-Hauptmann (Umweltdachverband)Michaela Rüel (Agrar.Projekt.Verein)

LektoratWolfgang Astelbauer, Karin Astelbauer-Unger

Grafische Konzeptionneuwirth+steinborn

Gestaltung und LayoutAndrea Neuwirth, Büro für visuelle Gestaltungwww.andreaneuwirth.atMitarbeit: Gabriel Fischer

DruckRema-Print-Littera Druck- und VerlagsgmbH, Wien

PapierDieses Magazin ist auf Claro bulk 135 g/m2 und Munken Pure Rough 300 g/m2, PEFC-zertifizierten Papieren, gedruckt.

Impressum

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