Ausgabe 02/2013

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Chemie als Mordwaffe. Leitung: Y. Dubianok

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,auch am „Chemisten“ geht die Zeit

nicht spurlos vorbei, der Herbst des Le-bens hat nun auch uns erreicht. In Euren Händen haltet Ihr eine der letzten Aus-gaben des „Chemisten“. Der Grund da-für ist die schrumpfende Anzahl an Re-dakteuren, bei den meisten neigt sich das Studium dem Ende zu. An Nachwuchs mangelt es bisher. Falls du, lieber Le-ser, den „Chemisten“ ins Herz geschlos-sen hast und ihn vom Ausstrerben schüt-zen möchtest, schreibe an [email protected] und komm zum nächsten Re-daktionstreffen vorbei.

Der Titel dieser „Chemist“-Ausgabe beschäftigt sich mit Chemie etwas an-derer Art. Ob Coniin, Arsen oder Rizin – die Chemie wurde bereits vor Christus als Mordwaffe eingesetzt. Die mysteri-ösesten und rätselhaftesten dieser Ge-schichten haben unsere Redakteure To-bias Bauer und Martin Wolff für Euch zusammengestellt.

Seit eineinhalb Jahren bereichert die Arbeitsgruppe Proteinchemie unsere Fakultät. In dieser Ausgabe nimmt der „Chemist“ das junge Team genauer ins Vi-sier und redet mit ihrem Leiter, Professor Aymelt Itzen. Er spricht über die Schwer-punkte seiner Forschung, die Lehre und sein Leben in München. Mehr dazu auf der Seite 9.

Regelmäßig berichten Studierende unserer Fakultät über ihre Erfahrungen im Studium oder Praktikum weltweit. In dieser Ausgabe erzählt Moritz Ludwig über sein Auslandssemester in der Met-ropole Paris. Was die Unterschiede zum

französischen Hochschulsystem sind, wo man am besten eine Wohnung findet und was man sonst noch als Erasmus-Student in der Stadt an der Seine erlebt, erfahrt Ihr aus seinem Bericht.

James Bond als Gesundheitsfanatiker? Klingt absurd, mag aber ein Körnchen Wahrheit enthalten! Unsere Redakteu-rin Angela Ibler hat den wissenschaft-lichen Grund dafür aufgespürt, warum Agent  007 seinen Martini stets geschüt-telt und nicht gerührt trinkt. Mehr dazu in „Aufdestilliert“ auf der Seite 18.

Verena Fink hat traditionell auch für diese Ausgabe „über den Kolbenrand“ ge-schaut. Dieses Mal geht es um die popu-lären Phänomene wie „Molekulargastro-nomie“ und der „Molekularküche“. Was der Unterschied zwischen den beiden ist, erfahrt Ihr in der entsprechenden Rubrik.

Für alle jung gebliebenen haben wir in dieser Ausgabe eine besondere Überra-schung. In der Rubrik „Kinder-Chemist“ könnt Ihr endlich alles mit unserer Zeit-schrift machen, wonach ihr Euch seit der Kindheit gesehnt habt: Ob Dinosaurier ausmalen, Comics lesen oder Rätsel lö-sen – von jung bis jung geblieben ist für jeden etwas dabei.

Zum Schluss wollen wir noch darauf hinweisen, dass die Bilder zu der Vorstel-lung des Lehrstuhls von Prof. Bach in der letzten Ausgabe von Olaf Ackermann stammen. Vielen Dank dafür!

Viel Spaß mit der neuen Ausgabe!

Eure Chemist-Redaktion

Aufrüsten für die Lehre, Seite 4

In 60 Sekunden, Seite 7

Im Visier: AG Proteinchemie, Seite 9

Dossier: Mordwaffe – Chemie, Seite 12

Über den Kolbenrand: Fusion von Küche und Labor, Seite 15

Biohacking, Seite 16

Aufdestilliert: Geschüttelt, nicht gerührt, Seite 18

Der Kinder-Chemist, Seite 20

Die 10 Dinge, Seite 22

Editorial Inhalt

Impressum Ausgabe 2/2013, 250 Exemplare

Der „Chemist“ ist kein Erzeug-nis im Sinne des Presserechts, sondern ein Rundbrief an alle Studenten der TUM und sonstig interessierten Personen. Mit Na-men gekennzeichnete Artikel ge-ben nur die Meinung des Verfas-sers wieder.

Redaktion: Yuliya Dubianok (YD)Verena Fink (VF)Steffen Georg (SG)Marisa Götzfried (MG)Angela Ibler (AI)Simon Nadal (SN)Martin Wolff (MW)Tobias Bauer (TB)

Freie Mitarbeiter:Alexander Illig (AL)Moritz Ludwig (ML)

Fotos/Zeichnungen:Marisa Götzfried

Kontakt: [email protected]

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Fachschaft

Aufrüsten für gute LehreSN

Viele von Euch haben sich bestimmt gefragt, was die großen Schränke im Auf-enthaltsraum zu suchen haben, die in den letzten Semesterferien auf mysteri-öse Art erschienen sind. Diese sollen ab jetzt die kürzlich von der Fakultät ange-schafften Didaktik-Materialien beher-bergen.

Alles begann mit Tutoren, die für ihre Übungen ein Flipchart oder ein Orbi-talmodell ausleihen wollten. Doch sie merkten schnell, dass es an der Fakultät kein Lehrmaterial gab, das einfach zu-gänglich ist.

Lediglich im Vorbereitungsraum des Hans-Fischer-Hörsaals sind einzelne Kristallmodelle sowie eine Mineralien-sammlung für die ACI-Vorlesungen be-reitgestellt. An diese heranzukommen ist jedoch noch komplizierter als man denkt.

Da kam die Fachschaft ins Spiel und beantragte zusammen mit den Tutoren Studienbeitragsmittel, um solche Mole-külbaukästen, Orbitalmodelle sowie wei-teres Didaktik-Material zu beschaffen. Inzwischen ist ein Großteil der Bestel-lungen eingetroffen, die Materialien neh-men nach und nach ihren Platz in den besagten Schränken.

Die Palette an Materialien reicht vom Flipchart über Periodensystem-Leinwän-de bis zu Kristallmodellen, Orbitalmodel-len und Molekülbaukästen verschiede-ner Arten. Die Materialien stehen jedem Lehrenden und Lernenden an der Fa-kultät zur Verfügung und können gegen Pfand – in der Regel der Studentenaus-

weis – im Fachschaftsbüro ausgeliehen werden. Die Maßnahme zielt nicht nur darauf ab, Tutoren Material einfach zur Verfügung zu stellen, sondern diese auch für Otto-Normalstudenten, Mitarbeiter und Dozenten anzubieten.

Für weitere Informationen könnt Ihr euch gerne an [email protected] wenden.

FederhalterTB

Sieht man den sympathischen Fran-ken mit den lockigen Haaren das ers-te Mal, so weiß man meist nie so recht: Studiert er Design, Architektur oder gar Kunst? Alles falsch, er hat sich den har-ten Naturwissenschaften, genauer gesagt der Biochemie verschrieben, und absol-viert gerade seine Bachelorarbeit. Den-noch liegt man, falls man auf Design getippt hat, gar nicht so falsch: Alex ar-beitet neben seiner Haupttätigkeit als Student in einer namhaften Modekette.

Ganz und gar untypisch für die eher gemütlichen Franken startet Alex sei-nen Uni-Tag gerne einmal dynamisch mit einer Runde Cycling und Zirkeltrai-

ning vor der Uni. Falls er sich wieder ein-mal in der Heimat befindet, betätigt er sich auch gerne mit Rennradfahren oder Mountainbiking.

In seiner Freizeit hört Alex gerne Schallplatten und beweist mit Schallplat-ten des Django-Soundtracks, den Beatles oder gar der „Verklärten Nacht“ des Ex-pressionisten Arnold Schönberg als Ver-treter der Dodekaphonie Geschmack und Liebe zu einer großen Bandbreite musikalischer Genres.

In der aktuellen Ausgabe beschäftigt sich Alex mit Biohacking. Mehr dazu auf der Seite 16.

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Fachschaft

Interview mit dem neuen VorstandYD

Am 21. Januar 2013 hat die Fach-schaft ihren ersten Vorstand gewählt, noch vor der Krönung von Willem-Alex-ander in den Niederlanden. Der Amtsin-haber für das kommende Jahr ist Kons-tantin Krautgrasser. Der Chemie-Student im 4. Semester sprach mit dem „Che-mist“ über sein Engagement in der Fach-schaft, die täglichen Aufgaben des ersten Vorstandes und die Studienbedingungen in Wien und München.

Chemist: Wie hast Du Dich in der Fachschaft engagiert, bevor du zum ers-ten Vorstand gewählt wurdest?

Konstantin: Anfangs war ich beim EDV-Referat und hab vor allem die Druckerwartung erledigt und an der Homepage der Fachschaft gearbeitet. Außerdem war ich auf vielen hochschul-politischen Treffen.

Chemist: Was gehört zu den typi-schen Aufgaben deines Amtes?

Konstantin: Vor allem Entscheidun-gen treffen. Als erster Vorstand ist man der erste Ansprechpartner. Vor Kurzen war beispielsweise der Generator des Pulverdiffraktometers im AC III kaputt. Da ist Prof. Fässler auf mich zugekom-men. Als Vorstand organisiert man bei-spielsweise auch die Fachschafts-Se-minarwochenenden und moderiert die Erstsemestereinführungstage sowie die Fachschaftsvollversammlung (FVV). Im Tagesgeschäft bin ich auch immer dabei, wenn es heißt, Versicherungen und Kittel zu verkaufen.

Chemist: Was gefällt Dir am Amt des

ersten Vorstands am meisten?Konstantin: Schwer zu sagen. Mir

gefällt es, mich mit Professoren zu tref-fen. Da lernt man sie auch anders als in der Vorlesung kennen.

Chemist: Gibt es auch Aspekte, wel-che dich nerven?

Konstantin: Das Engagement kostet schon sehr viel Zeit, wenn man noch ne-benbei studiert [lacht]. Ich würde sagen, die „normale“ Fachschaftsarbeit kann man gut im Semester unterbringen. Als Vorstand hat man schon mehr zu tun: Da sind, zum Beispiel, jede zweite Wo-che reguläre Sitzungen oder Sitzungen für die Unity.

Chemist: Hast Du schon irgendwel-che besondere Pläne für das kommen-de Jahr?

Konstantin: Eines dieser Projekte ist die neue Homepage der Fachschaft. Da müssen auf jeden Fall noch ein paar Dinge gemacht werden. Auch die Hoch-schulwahl gehört dazu. Es würde mich freuen, wenn wir eine höhere Wahlbe-teiligung erzielen würden – auch, wenn sie an der Chemie-Fakultät schon ganz gut ist.

Chemist: Welche der aktuellen Pro-jekte liegen Dir besonders am Herzen?

Konstantin: Da die Studiengebühren weggefallen sind, entstand das Problem mit der Finanzierung der ChemDraw-Li-zenz. Unsere Vertreter in der Studienbei-tragskommission mussten eine Wahl zwi-schen der Finanzierung der Tutorien und Laborausstattung sowie der ChemDraw-Lizenz fällen. Da haben sie sich natürlich für die Tutorien und die Laborausstat-tung entschieden. Momentan versuchen wir aber, das Geld für die Chem-Draw-Lizenz aus anderen Quellen zu bekom-men. An der Fachschaft soll es letztend-lich nicht scheitern.

Chemist: Wie schaffst Du es, Dich für die Fachschaft zu engagieren ohne dabei Dein Studium zu vernachlässigen?

Konstantin: Ich habe mich bisher im Studium relativ leicht getan. Ich habe bisher noch keine einzige Prüfung ge-schoben und habe alles auf Anhieb be-standen. Es geht viel darum, sich die Zeit richtig einzuteilen. Das funktioniert ganz gut, auch wenn die private Freizeit dann ein bisschen zurückgestellt wird.

Chemist: Ursprünglich kommst du aus Österreich. Warum fiel deine Wahl auf München?

Konstantin: Ich habe vorher ein hal-bes Semester an der TU Wien studiert. Mit den Studienbedingungen war ich sehr unzufrieden. Von Vorlesung zu Vor-lesung wurde man vom Ersatzhörsaal zum Ersatzhörsaal geschickt. Die Ton-anlage hat teilweise nicht richtig funk-tioniert, sodass man schon in der fünf-ten Reihe nichts mehr verstanden hat. In manchen Hörsälen gab es genau eine Tafel mit 1,5 Meter-Diagonale. Da war München eine deutlich bessere Wahl. Und bisher bin ich sehr zufrieden hier.

Chemist: Was gefällt dir an Mün-chen?

Konstantin: Die hohen Wohnungs-preise [lacht]. München ist, finde ich, eine wunderschöne Stadt und man kann hier sehr viel machen.

Chemist: Vielen Dank für das Inter-view.

Konstantin Krautgrasser, der neu gewählte erste Vorsitzende der Fachschaft

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Fachschaft

Ab nach Frankreich:Mit Erasmus an die ENSCP in Paris

MLWenn man es nach dem anstrengen-

den Chemie-Bachelor erst mal ins Mas-terstudium geschafft hat, sollte man sich die Zeit gönnen, ins Ausland zu gehen. Eine solche Erfahrung verändert einen mehr als man anfangs erwartet, aber im-mer zum Positiven. Das Masterstudium der Chemie an der TUM bietet zudem eine sehr gute Möglichkeit, ins Ausland zu gehen. Über die Wahlfächer kann man sehr einfach Kurse aus dem Aus-land einbringen, zumindest in der Theorie. Bei mir ist der Prozess noch am Laufen und deswegen kann ich hier keine genaue Aussage machen.

In Frankreich gibt es ei-nige Partneruniversitäten der TUM und deswegen in aller Kürze zum zweigeteilten Sys-tem: Es gibt öffentliche Uni-versitäten und sog. „Grandes Écoles“, welche kein ech-tes deutsches Äquivalent ha-ben, von deutschen Medi-en aber oft als französische Kaderschmieden bezeichnet werden. Von der TUM aus kommend, war es aber ohne größere Umstände möglich an eine solche Eliteuni zu ge-hen.

Ach Paris, wie gerne er-innere ich mich an die Zeit in der Stadt der Liebe zu-rück! Es gibt dort alles, was man sich als Erasmus-Stu-dent, und alles, was man sich als strebsamer Student wün-schen kann. Oder man macht einfach alles! Hier in aller Kürze, was mir so widerfah-ren ist:

Die École nationale supérieure de chi-mie de paris (ENSCP), bietet im dritten Jahr, welches unserem 5. Studienjahr entspricht, Kurse zu allgemeinbilden-den Fächern und chemischen Inhalten an. Da das System der Grandes Écoles um Einiges verschulter ist – selbst als unser Bachelorstudium – hat man dort etwa 50/50 chemische und nicht chemi-sche Kurse auf französisch. Um sich bes-ser zu integrieren, empfiehlt es sich zu den Kursen und den vielen anderen Ak-tivitäten zu gehen. Es gibt dort fast jeden

Abend Programm verschiedenster Clubs zu Themen wie Bier, Wein, Essen, Ski-fahren, Kunst (sie bieten z.B. vergünstigt Karten für Opern und Konzerte an).

Plant man eine Karriere in Frank-reich, ist die ENSCP als eine grand école mit Chemieschwerpunkt an sich schon sehr gut, aber zusätzlich bieten sich jede Menge Möglichkeiten, sich zu vernet-zen. So gibt es zum Beispiel regelmäßige Frühstücke mit CEOs großer französi-

scher Unternehmen (z.B. Sanofi-Aven-tis, Areva uvm.). Dabei können sich etwa 5-10 Studenten einiger weniger Gran-des Écoles anmelden und man sitzt dort mit Personalern an einem Tisch und un-terhält sich über das Unternehmen und die Möglichkeiten, die diese bietet. Der CEO sitzt an einem zentralen Tisch und erzählt über die Unternehmensstrategie und steht danach Fragen zur Verfügung. Mit nicht viel Mühe geht man danach mit einem oder mehreren Kontakt(en) im Unternehmen und deren Visitenkar-te nach Hause. Ich selbst muss zugeben,

dass ich da hingegangen bin, weil das im-posante Gebäude sich sehr majestätisch neben dem Präsidentenpalast und der amerikanischen Botschaft erhebt und es dementsprechend eindrucksvoll ist, dort zu frühstücken. Es hat sich gelohnt, ich bin aber nicht satt geworden.

Paris selbst bietet natürlich auch jede Menge: von hochklassigen Konzerten, über eine ganze Palette an hochkaräti-gen Museen bis hin zu den unglaubli-

chen Erasmus Partys. Eine die-ser Partys ist auf einem Boot auf der Seine. Am Anfang gibt es ein wenig zu Essen, dann fährt das Boot eine romantische Tour über die Seine und anschließend steigt die Party. Wir sind dort vom Regen total durchnässt an-gekommen und hatten trotzdem jede Menge Spaß, indem wir uns wieder trocken getanzt haben.

Es heißt ja immer in Paris findet man keine Wohnung. Es ist aber kein Erasmus-Student von dort abgereist, weil er kei-ne Wohnung gefunden hat. Ich selbst habe in der sog. cité uni-versitaire gewohnt, einer Art Stu-dentenstadt, in der etwa 4500 in-ternationale Studenten pro Jahr wohnen. Die Häuser sind von einzelnen Ländern finanziert: Es gibt also z.B. ein schweizer Haus, ein brasilianisches Haus und auch ein deutsches Haus, in dem ich gewohnt habe. Die Wohnhäuser sind sehr ein-drucksvoll und schön. Ich ver-mute, dass dies darauf zurückzu-führen ist, dass die Häuser in der cité universitaire eindeutig Län-

dern zugeordnet sind. Das Hauptgebäu-de gleicht z.B. eher einem Schloss und hat eine Mensa, ein Theater und auch ein Schwimmbad. Das deutsche Haus gehört organisatorisch zur deutschen Botschaft. Ich habe aber nie herausge-funden, ob ich eventuell rechtlich auf deutschen Boden gewohnt habe. Dort haben etwa 50% Deutsche gewohnt, was die Umgangssprache zwischen Deutsch, English und Französisch schwanken ließ. Neben der Uni bot auch das Wohnheim Programm, sodass ich mich an vielen Abenden zwischen mehreren Möglich-

Stadtführung von der Uni für internationale Studierende

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Fachschaft

keiten entscheiden musste, obwohl ich sie am liebsten alle gemacht hätte. Es gab regelmäßig Konzerte, Podiumsdis-kussionen und sportliche Wettkämpfe und ich habe versucht so viel wie mög-lich mit zu machen und mit zu nehmen.

Da ich jetzt so viel vom Leben dort er-zählt habe, sollte trotzdem nicht der Ein-druck entstehen, ich wäre nicht in der Uni gewesen: Ich habe Kurse mit mehr

als 30 Credits belegt und alle Prüfungen, von denen ich bisher ein Ergebnis habe, sehen gut aus.

Alles in Allem kann ich Euch nur sehr empfehlen, auch für ein Semester ins Ausland zu gehen. Paris ist dabei ein wundervolles Ziel.

PS: Ein ausführlicher Bericht befindet

sich beim International Office.

In 60 SekundenSN

„Meine Arbeitsgruppe macht anorgani-sche Fluorchemie, das heißt, wir stel-len Fluoride von praktisch allen Ele-menten des Periodensystems her – auch von solchen unbeliebten wie Beryllium und Uran. Wir sind natürlich auch auf der Suche nach neuen Fluoriden, die es bisher auf unserem Planeten nicht gab. Dann schauen wir uns an, wie wir solche Fluoride in stickstoffhaltige Verbindun-gen umwandeln können wie beispiels-

weise Nitride oder Nitridfluoride. Nitride sind eine wichtige Substanzklasse, davon gibt es richtige Hartstoffe wie Wolfram-, Tantal- und Titannitrid. Das Problem bei Nitriden ist die Herstellung, welche bei weit oberhalb von 1000°C stattfin-det. Dies ist ziemlich energieaufwändig. Aus diesem Grund untersuchen wir, ob man Fluoride mit Ammoniak bei mög-lichst tiefen Temperaturen zur Reaktion bringen kann – vorzugsweise in flüssigem

Ammoniak zwischen -34 und -80°C. Ein Vorteil ist, dass Fluoride extrem breit ver-fügbar sind. Es gibt vom jedem Element, außer den leichten Edelgasen, mindes-tens ein Fluorid. Ammoniak ist sowieso die industriell wichtigste Stickstoffform. Dann setzen wir die Stoffe um und un-tersuchen, was dabei entsteht. Wir sind sozusagen reine Jäger und Sammler.“

Dozenten erklären persönlich in kompakten 60 Sekunden ihre aktuelle Forschungsar-beit. Diesmal stellt PD Dr. Florian Kraus die Arbeitsgruppe Fluorchemie vor.

Exkursionen fürs Sommersemester 2013

Fahrt zu Andritz KMPT

Andritz KMPT ist Hersteller von Krauss-Maffei Zentrifugen, Filtern, Trocknern und Systemen.

Termin: 23. Mai 2013Abfahrt: 8.15 UhrTreffpunkt: Bushaltestelle vor dem ChemiegebäudeProgramm:

Info über Andritz KMPT GmbH,FFP und deren Produkte und die industrielle Anwendung

Rückfahrt: ca. 13.00 Uhr

Anmeldung per email: [email protected]

Info:www.ch.tum.de/exkursionen

Teilnehmerzahl: bis 40 TNAnmeldeschluss: Es sind noch Plätze frei!

2 Tage Chemiepark Linz

Termin: 18. / 19. Juni 2013Abfahrt: ca. 07.00 Uhr Treffpunkt: Bushaltestelle vor dem ChemiegebäudeProgramm:

18.06.13 Firma Takeda und Borealis19.06.13 Firma DSM Fine Chemicals

Übernachtung: Jugendherberge Schloss Riedegg

Rückfahrt: ca. 13.00 Uhr

Anmeldung per email: [email protected]

Info: www.ch.tum.de/exkursionen

Teilnehmerzahl: bis 20 TNAnmeldeschluss/Einzahlung: 15.05.2013

Beide Fahrten werden aus Studienbeiträgen bezahlt!

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Fachschaft

Was macht eigentlich... das IT-Referat?SN

„Warum sind die Drucker denn schon wieder kaputt? – Das ist mit Abstand die häufigste Frage, die das IT-Referat beant-worten muss. Doch auch andere wichti-ge Komponenten der Computer-Infra-struktur der Fachschaft fallen unter die Obhut des Referats.

Das Referat setzt sich zusammen aus einem kleinen Haufen an computer- und technikinteressierten Studenten. „Wir selbst sind mehr oder weniger Laien. Ei-nige von uns bringen Serverkenntnisse mit, andere wiederum haben bereits pro-grammiert oder Web-Seiten gestaltet“, beschreibt der Referatsleiter Anton Yang sein Team. „Manchmal muss man sich das eine oder andere anlesen, das kann mühsam sein“, gibt er zu.

„Unsere Aufgaben sind für die Öffent-lichkeit nicht sichtbar“ erklärt der Che-mie-Student im 4. Semester. „Was die Studenten am meisten von unserer Ar-beit mitbekommen, sind natürlich die Drucker im CIP-Pool, beziehungsweise wenn sie nicht funktionieren.“ Darüber hinaus pflegen die fünf fleißigen IT’ler die Fachschafts-Homepage, sowie die Fachschaftsbürorechner und den Server. Weiterhin verwalten sie alle Benutzerda-ten und Mailinglisten, welche Euch er-möglichen, innerhalb Eures Semesters oder an alle Studenten der Chemie-Fa-kultät zu schreiben.

Ein aktuelles Projekt des Referats ist die Neugestaltung der Fachschafts-Homepage, die in den kommenden Wo-chen online gestellt wird. Entworfen wurde sie von einem Profi. Das IT-Team hat dafür die Hardware eingerichtet, die Homepage mit Inhalten erweitert sowie die Sammlungen an Materialien über-tragen.

Ein großes Steckenpferd des Referats ist die Wartung der Drucker. „Bei den Druckern ist die Sache nicht so einfach. An der Fakultät gibt es einen Beauftrag-ten für den CIP-Pool. Dabei handelt es sich um eine HiWi-Stelle, sodass die Per-son mit der Fachschaft nicht zwingend etwas zu tun hat“, erklärt der Referatslei-ter. „Im Grunde genommen ist es Aufga-be des CIP-Pool Beauftragten, sich um

die Hardware einschließlich der Drucker zu kümmern. Papier- und Tonerwechsel zählt jedoch ebenso zu den Aufgaben der Fachschaft. Wenn es aber auch ein ande-res Problem gibt, das nicht auf der Hand liegt, kümmert sich ein Mitglied des IT-Referats darum.“ Daher ist es auch für das Referat wichtig, dass nicht Unbefug-te versuchen – zwar in guter Absicht – den Papierstau zu beheben oder sich an anderen Reparaturen versuchen. Meist entstehe dabei mehr Schaden als Nut-zen.

Momentan laufen zwei der drei Dru-cker. „Die Art, wie die Drucker verbun-den sind, ist etwas kompliziert“, erläutert Anton. „Man muss es sich so vorstel-len: Der Server läuft auf einem Unix-Be-triebssystem, sodass man zunächst eine Schnittstelle mit den Windows-Rech-nern des CIP-Pools braucht. Außerdem haben wir einen Druckserver und dazu eine Abrechnungssoftware“, beschreibt Anton. „Das ganze System ist sehr ver-altet. Im letzten Sommer gab es mehre-re Wochen, in denen die Drucker über-haupt nicht mehr funktionierten – es gab ein Update für eine Komponente, was dazu führte, dass diese nicht mehr mit den anderen kompatibel war.“ Das Refe-rat möchte daher in den kommenden Se-mesterferien das Drucksystem vollstän-dig erneuern.

Die Arbeit des Referats manifestiert sich im Hintergrund. „Im Idealfall läuft alles“, erklärt der Referatsleiter, „Wenn allerdings etwas nicht funktioniert, kom-men alle auf das Referat zu.“ Das Team ist mittlerweile gut besetzt. Der compu-terinteressierte Haufen freut sich jedoch immer, wenn ihr Referat um motivierte Neulinge ergänzt wird.

Anton Yang (links) und sein Team

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Fachschaft

Aus dem hohen Norden Deutschlands nach Bayern zu ziehen - ja, das ist gut verständlich bei so vielen schönen Seen und Bergen. Professor Aymelt Itzen hat es genauso gemacht: Mit den Zwischen-stationen Biochemie-Studium in Hanno-ver und einer Promotion am Max-Planck-Institut in Dortmund. Nun hat er die TUM um eine weitere Arbeitsgruppe er-gänzt: Mit der AG Proteinchemie gibt es ein junges Team, das sich im fünften Flur des grünen Turms im Chemiegebäude mit Schaltermolekülen für zelluläre Sig-nalwege beschäftigt.

Die Arbeitsgruppe Proteinchemie um-fasst vier Doktoranden, einen PostDoc und eine technische Assistentin. „Meine Gruppe ist klein und kompakt – und das gefällt mir sehr gut“, erklärt Herr Itzen.

In seinen Forschungsarbeiten werden kleine GTPasen genauer untersucht, ins-besondere die Proteine der Rab-Familie. „Ich habe mich für Schalterproteine in-teressiert und Rab-Proteine wurden bis-her stiefmütterlich behandelt“, erklärt Prof. Itzen. Diese Moleküle bewerkstel-ligen die Übertragung von Signalen au-ßerhalb der Zelle in ihr Inneres und regu-lieren, ob nachfolgende Signale an- oder ausgeschaltet werden. Der zelluläre Ve-sikeltransport – von Membran zu Lyso-som, vom Kern über den Golgi aus der

Zelle hinaus – ist eine wichtige Aufgabe der Rab-Proteine.

Neben dem Transport sind sie auch in die Aufnahme und Verstoffwechselung von Krankheitserregern stark involviert. Die Pathogene, besonders Legionellen, können wiederum nach Aufnahme in eine Wirtszelle deren Proteine modifi -zieren und damit deren eigentliche Sig-nalwege manipulieren. Somit stellen Rab-Proteine ein weiteres Werkzeug zur Manipulation und Schaltung von eukary-otischen Zellen dar.

Das tägliche Handwerk, das in der Arbeitsgruppe Proteinchemie anzutref-fen ist, kennt der Biochemiker schon aus so manchem Praktikum: Anzucht von E. coli, Exprimierung von Genen, Auf-reinigungen, viel Wegschmeißen. Dann kommen auch Massenspektrometrie zur Detektion posttranslationaler Modifi kati-onen, die Suche nach den aktiven Domä-nen und weitere strukturbiologische Fra-gestellungen ins Spiel. Stopped-fl ow und Fluoreszenzspektroskopie helfen, Struk-turen und Dynamiken aufzuklären.

Als Doktorand sollte man Eigenmoti-vation für diese Arbeitsgruppe mitbrin-gen und über den Tellerrand blicken kön-nen. Für Herrn Itzen ist es wichtig, dass Teamplayer mit ihm zusammen arbeiten, die sich gegenseitig mit ihrer Kompetenz weiterhelfen. „Mit einem Doktorand soll-te man aber auch ein Bier trinken oder eine Pizza essen gehen können“, erzählt Herr Itzen.

Genau das gefällt ihm an der TUM und München so gut: Es herrscht ein guter Austausch mit Mikrobiologen und anderen Professoren und Mitarbeitern der Fakultäten. „Einen solchen Zusam-menhalt fi ndet man nicht überall“, fi ndet Prof. Itzen.

Da auch die Lehre zu dem Aufgaben eines Professors gehört, liest Herr Itzen die „Biochemie“ für Chemiker im Bache-lor sowie „Biopolymere“ und „Posttrans-lationale Modifi kationen“ für Chemiker und Biochemiker im Master. Zufrieden ist er dann, wenn die Studenten etwas aus seiner Vorlesung mitnehmen – sonst ist es beiderseits Zeitverschwendung. Und Zeit ist für Herrn Itzen bei einem Tag von 7 bis 19 Uhr und junger Fami-lie sicherlich knapp. Für die Vorlesung

„Biopolymere“ wurde Herr Itzen mit ei-ner sehr guten Evaluierung ausgezeich-net. Dass es nicht immer so ideal funkti-oniert, dieser Schwierigkeit ist Prof. Itzen sich völlig bewusst. Beispielsweise dann, wenn Chemiker auf einen Schlag den „Stryer“ und die Biochemie zwangsweise verstehen müssen.

Allen Studenten kann Prof. Itzen fol-genden Tipp geben: Während der Ausbil-dung sollte man Praktika in unterschied-lichen Bereichen absolvieren und dabei so viel wie möglich über die Chancen und Limits verschiedener Methoden he-rausfi nden. Denn in Vorlesungen wird nur der theoretische Hintergrund dazu vermittelt. Wenn man ein Praktikum an-fängt, sollte man mit seinen Betreuer im Voraus festlegen, was man in der Zeit ger-ne erlernen würde. Auf diesem Weg hat der junge Professor schon als Student gelernt, dass er „bitte nichts mehr“ mit Tierexperimenten und Hefebiologie zu tun haben möchte, sondern lieber Legio-nellen und eventuell auch andere Patho-gene als Laborgenossen hat.

Seit eineinhalb Jahren lebt Herr Itzen in Bayern. Wenn er gerade nicht an der Chemie-Fakultät ist, dann weiß er all die Theater, Kinos, Kunstmuseen und (als Ostfriese ganz besonders) die Alpen in München zu schätzen.

Der „Chemist“ wünscht Herrn Itzen alles Gute für seine Testzeit an der TUM und ist gespannt auf die Projekte seiner Arbeitsgruppe.

Lights off – Spot on! Und es gibt noch mehr Schalter

AI & YD

Im Visier

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Fachschaft

Die Entsorgung an der Fakultät ChemieSN

Wer hat sich nicht im Laufe diver-ser Praktika die Frage gestellt, welches Schicksal die Lösungsmittelkanister er-wartet? Oder weshalb halogenierte Lö-sungsmittel getrennt werden? Der „Che-mist“ sprach mit Stefan Burghofer, Leiter des Ressorts Ver- und Entsorgung an der Fakultät.

Es ist Donnerstagmorgen, 10 Uhr. Am kleinen Lager am Coulombwall hin-ter der Chemie herrscht reger Betrieb. Volle Kanister mit Flüssigabfällen wer-den abgegeben, blaue Tonnen gerollt. Das Sonderabfalllager ist die Schnittstel-le zwischen der Fakultät und der professionellen Entsorgung bzw. Weiterverwertung des chemi-schen Abfalls. Von dort aus eilen Kanister und blaue Tonnen in ei-nem Transport ihrem Schicksal entgegen.

Aus den zahlreichen Grund-praktika kennt man die verschie-denen Kanister, in welchen wäs-serige Lösungen und diverse organische Lösungsmittel zur Entsorgung gesammelt werden. Doch was diese Kanister erwar-tet – darüber sind sich viele Stu-denten sowie Mitarbeiter im Unklaren.

Bei der Entsorgung der Lö-sungsmittelkanister wird zwi-schen den halogenierten und nicht-halogenierten Lösungen unterschieden. Beide werden im Sonderabfalllager gesam-melt, dort landen auch ähnli-che Kanister aus der Physik oder auch dem Maschinenwesen. Anschließend trennen sich ihre Wege.

Nicht halogenierte Lösungs-mittel werden weiter als Ersatzbrennstoff in energieintensiven Industrien verwer-tet. „Man ersetzt damit Öl oder gege-benfalls Gas zum Verbrennen“, erklärt Dipl.-Ing. Stefan Burghofer, Leiter des Ressorts Ver- und Entsorgung an der Fa-kultät. „Industrien wie die Zement- oder Gipsindustrie kaufen dieses Material, um Öl zu sparen. Gerade die Zement-industrie muss den Beton-Zement bei Temperaturen über 1500°C herstellen, dann macht es Sinn, ein solches Materi-al einzusetzen.“

Die halogenierten Lösungen werden zur Gesellschaft zur Sondermüllbeseiti-

gung in Bayern gebracht, kurz GSB. Die GSB ist ein zum Teil staatliches Unter-nehmen, welches 1970 gegründet wurde und für die ordnungsgemäße Entsorgung gefährlicher Abfälle aus Industrie, Ge-werbe und Haushalt in ganz Bayern zu-ständig ist. Ihr größter Standort, an wel-chem die Abfälle der TU auch landen, ist in Ebenhausen, nahe bei Ingolstadt. Dort wird unter hohem Energieeinsatz der Ab-fall in verschiedenen Anlagen vernich-tet. In einer chemisch-physikalischen Behandlungsanlage werden Öl-Wasser-gemische sowie Emulsionen behandelt

und aufbereitet. Das zurückgewonnene Öl kann weiter als Brennstoff verwen-det werden. Die wässerigen Abfälle wer-den nach einer biologischen Reinigung und weiteren Kontrollen in das kommu-nale Abwassernetz geleitet. Schlamm sowie weitere verwendete Materialien werden entweder in einer Deponie end-gültig gelagert oder in dem zweiten gro-ßen Anlagentyp – der Sondermüll-Ver-brennungsanlage – vernichtet. Hier wird der Müll unter extrem hohen Tempera-turen verbrannt, damit auch mögliche giftige Zerfallsprodukte zersetzt werden. Der Rauch wird mehrmals verschiede-

nen Reinigungsprozeduren unterzogen, sodass letztendlich nur Verbrennungs-produkte wie NO2, CO2, CO, H2O, SO2

und HCl entstehen. Die Emissionsdaten sowie der Aufbau der Anlagen sind für je-den Bürger auf der Website der GSB öf-fentlich einsehbar.

„In Bayern unterscheidet man zwi-schen verwerten und beseitigen“, er-läutert Stefan Burghofer die besondere rechtliche Lage im Freistaat. „Ein Abfall, der nur noch beseitigt werden kann, ist andienungspfl ichtig, das heißt, er muss zur GSB“.

Die wässerigen Säure- und Basenkanister werden daher ebenfalls über die GSB besei-tigt, da die wüste Mischung kei-ne Weiterverwertung zulässt. Wie jeder Abfall werden sie nach eingehender Kontrolle nach ih-rer chemischen Eigenschaft ge-kennzeichnet, nach Chargen sor-tiert und in einem Tanklager zur Entsorgung zwischengelagert.

Auch die Feststoff-Abfälle in der blauen Tonne werden zur GSB transportiert und in einer Sondermüllverbrennung ver-nichtet. Dabei werden die Stof-fe in einem Schredder verklei-nert und anschließend in einem Drehrohrofen bei mindestens 1100°C verbrannt. In einer Nachbrennkammer werden die Abgase zusätzlich ausgebrannt. Der feste Verbrennungsrück-stand, die Schlacke, enthält da-bei noch verwertbare Stoffe wie Metalle. Diese werden in einer Prozedur der Schlackeaufberei-tung separiert und der Schrott-verwertung zugeführt. Abfälle,

welche nicht vernichtet werden kön-nen, werden zu einer Deponie gebracht. Diese liegt bei Gallenbach, nahe bei Augsburg. Dabei wird der Sonderabfall sowohl geologisch wie auch technisch abgedichtet und rekultiviert.

Im Jahre 2011 wurden 351.000 Ton-nen Abfall zur Beseitigung und Verwer-tung zur GSB angeliefert, Tendenz stei-gend.

Mehr Wissen: www.ch.tum.de/sicherheit

www.ch.tum.de/entsorg/laborche.htmwww.gsb-mbh.de

Das Werkgelände der Gesellschaft zur Sonderabfall-Entsorgung in Bayern

Die Entsorgung an der Fakultät ChemieNachgefragt

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Dein Chemist liegt im Sterben!

Rette ihn, bevor es zu spät ist!Melde Dich bei

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„Zwölf Sekunden. Wir brauchen ein Gift, das schneller wirkt!“ lautet ein bekanntes Filmzitat. Ein Giftmord läuft allerdings meist anders ab und gerade dadurch ist diese Mordmetho-de seit jeher von Mysterien umgeben. Begangen von hinterhältigen, listigen und feigen Gestalten wurden selbst mächtigste Herrscher und Tyrannen um die Ecke gebracht und die, die davon verschont wurden, mussten in ständiger Vorsicht geeignete Vorkeh-rungen treffen. Da den Menschen al-lerhand umbringt, steht eine Fülle von

Stoffen zur Auswahl. Doch neben der Frage, ob Arsen, Rattengift, Blausäure, Quecksilber oder abgestandenes Stier-blut, musste man es vor allem schaffen das Gift in das Opfer zu bringen und die Tat an sich oder zumindest den Tä-ter zu verschleiern. Starb ein mächti-ger Mensch, kursierten sofort Gerüch-te, ob denn Gift im Spiel war, wie bei Alexander dem Großen oder Josef Sta-lin. Die Chemie zieht ihre Blutspur schon sehr früh. Es beginnt im antiken Griechenland.

Dossier

Mordwaffe Chemievon MW und TB

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Wissenschaft Dossier

Das Philosophengift

Ungefähr gegen 399 vor Christus muss es gewesen sein: Der angeblich sei-nerzeit weiseste Mann Griechenlands blickte seinen Henker ruhig und gefasst an. Gerade hatte der Sklave einen reich verzierten Pokal hereingebracht, welchen der Aufseher nun in den Händen hielt.

„Nun, werter Herr“, soll Sokrates ge-fragt haben. „Sie verstehen sicherlich mehr von diesen Dingen als ich. Was muss ich tun?“.

„Trinken Sie nur und laufen Sie auf und ab, bis sich Ihre Beine schwer füh-len. Dann dauert es nicht mehr lange. Dann setzten Sie sich.“

Mit Ironie und Witz hat der verurteilte Sokrates laut Überlieferung geantwortet:

„Wie kann es nur gerecht sein, einen Mann dazu zu verpflichten diesen Pokal zu leeren?“ Daraufhin nahm er mit den Worten „Dürfte ich wohl bitte?“ den Po-kal, setzte an und leerte ihn.

Im Pokal befand sich das Nervengift Coniin aus dem gefleckten Schierling, C. maculatum. Ob der Schierlingsbe-cher im Fall Sokrates, wie in damaligen Hinrichtungen häufig vorkommend, mit Opium vermischt war, lässt sich nur ver-muten. Der gefleckte Schierling enthält ca. 1 % der Fruchtmasse an Coniin. Für Menschen gilt ca. 10 mg Coniin pro kg Körpergewicht als tödlich. Über das Ge-wicht Sokrates zu diesem Zeitpunkt mag spekuliert werden, in jedem Fall soll-te der Saft von ca. 100 g Früchten aus-gereicht haben. Für Sokrates mag das Leeren der Pokals nicht nur in Angesicht des damit verbundenen Todes eine Über-windung dargestellt haben, auch der ty-pisch nach Mäuseurin riechende Saft der Pflanze mag einen unschönen Aspekt dargestellt haben. Der Geschmack wird als bitter und scharf beschrieben. Der dem Tod geweihte lief im Raum auf und

ab. Wie gefordert setzte er sich nachdem seine Beine schwer wurden. Nach kurzer Zeit kniff der Aufseher kräftig in Sokra-tes Bein. Dieser wurde bei jedem Mal ge-fragt, ob er dies denn spüren würde. Die-se Prozedur wurde wiederholt, wobei die Lähmung nach und nach in die oberen Bereiche des Körpers des Philosophen ausstrahlte. Mit der Lähmung schwand auch die Temperatur in den betroffenen Körperregionen. Wie für Coniin üblich breitet sich die Wirkung progressiv über das periphere, zentrale und autonome Nervensystem aus. Typischerweise sind erste Anzeichen einer Vergiftung durch den gefleckten Schierling Schwäche in den Beinen sowie Übelkeit, Zittern und später fortschreitende Lähmung.

Als es Zeit wurde – die Kälte hatte bereits den Rumpf des Philosophen er-reicht – sprach Sokrates zu einem sei-ner Schüler: „Crito, ich bitte dich: Opfe-re zu Ehren Asclepius einen Hahn“, was sein Schüler aufmerksam beantwortete: „Natürlich. Wünscht Ihr außerdem noch etwas?“. Doch von Sokrates kam keine Antwort mehr. Der Aufseher, der alles beobachtet hatte, nahm die Bedeckung vom Gesicht des Philosophen, dessen Gesicht und Augen schon erstarrt waren und schloss diese für immer. Sokrates war tot. Warum Sokrates genau Asclepi-us, dem Gott der Heilung, in seinen letz-ten Momenten einen Hahn opfern woll-te, bleibt ungewiss. Was jedoch sicher ist, ist, dass das Coniin zu diesem Zeit-punkt schon im Großteil seines Körpers die Erregungsleitung unterbunden hatte, sodass er nicht mehr dazu kam, seinem Schüler zu antworten. Sokrates hatte in

den Augen der Griechen die Hinrich-tung erhalten, welche dem Menschen die größte Würde ließ.

Schlechter erging es in diesem Fall ei-nem zu späterer Zeit lebenden Landesge-nossen Sokrates – Mithridates VI. Dieser versuchte durch den Schierlingsbecher der drohenden Gefangennahme durch die Römer zu entgehen. Dies schlug lei-der Fehl, da der König aus Angst vor Ver-giftungsversuchen über Jahre hinweg ge-ringe Dosen verschiedenster Gifte zu sich genommen hatte, um sich gegen diese zu immunisieren – diese Methode wurde nach ihm Mithrisidation genannt. Die Römer konnten ihn trotzdem nie ge-fangen nehmen – er hatte sich von einem treuen Gefolgsmann erdolchen lassen.

Dauerbrenner Arsen

Die Angst vergiftet zu werden domi-nierte auch weiterhin höfisches Leben. Jahrhunderte lang war Arsen Kampfmit-tel um die Macht in Patrizierfamilien Ita-liens. Monarchen, Päpste und unzählige weitere Aristokraten starben daran. Oft-mals wurde es über langen Zeitraum hin-weg dem Opfer verabreicht. Durch die-sen Trick konnte die Vergiftung auch nicht durch die Beschäftigung eines Ver-kosters verhindert werden. Zahlreiche nachträglich exhumierte Angehörige der Medici wiesen hohe Spuren auf. Selbst Schillers Protagonisten in „Kabale und Liebe“ zählten zu den tragischen Opfern. Attraktiv war das Gift auch deshalb, weil man es lange Zeit nur schwer nachweisen konnte. Dies änderte sich 1836 durch die Marshe Probe von James Marsh, mir der es nun nicht mehr so leicht möglich war,

Der gefleckte Schierling enthält das Nervengift Coniin

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WissenschaftD

ossi

er

den Mord zu verschleiern. Arsen war schon sehr lange bekannt und wurde un-ter anderem in der Medizin, der Malerei und der Metallverarbeitung verwendet. Dadurch war es auch bei natürlichen To-desursachen nicht ungewöhnlich, Spu-ren dieses Giftes im Körper zu finden. So hielt sich Jahrhunderte lang die Theorie von der Vergiftung Napoleons durch Ar-sen im Exil auf Sankt Helena. Erst neu-este Forschung hat ergeben, dass er die Arsenspuren schon Zeit seines Lebens im Körper innehatte. Diktatoren hat-ten natürlich ohnehin allen Grund, um sich vor ausländischen Giftanschlägen zu schützen.

So leistete sich unter anderem Adolf Hitler ein ganzes Regiment an Verkoste-rinnen, die während des Krieges in Bara-cken in der Wolfsschanze eingepfercht wurden. Sie stammten überwiegend aus Familien der Regierungsgegner und ihr Leben war dementsprechend viel Wert. Ihre Aufgabe war nichts anderes, als täg-lich die Speisen des Führers auf Gift zu testen.

Ein Stock, ein Hut und ein Regen-schirm

Auch weniger einflussreiche Personen mussten Geheimdienste durchaus fürch-ten. Geheimdienste sollen schon seit je-her raffinierte Giftmorde verübt haben. Etwas sehr ungewöhnliches ist 2006 in London passiert. Der Regierungskritiker und ehemalige russische Geheimagent Alexander Litwinenko starb infolge ei-ner Vergiftung durch Polonium 210. Als Alpha-Strahler ist es eher ungefährlich, es sei denn, es gelangt oral oder über of-fene Wunden in den Körper. Vermutlich wurde es ihm im Tee serviert. Im Kör-per richtet die Alpha-Strahlung schwe-re Schäden an inneren Organen an. Tage später ist er im Krankenhaus verstorben. Die Wahl des Giftes hat zu wilden Spe-kulationen über die Täter geführt.

Polonium 210 entsteht durch Neut-ronenbeschuss von Bismut. Dieser Vor-

gang erfordert einen hohen Neutro-nenfluss und ist nur in Kernreaktoren möglich. Technisch eingesetzt wird es zum Beispiel als Energiequelle in Satelli-ten. Litwinenko wurde durch die 100-fa-che letale Dosis umgebracht, die einen Marktwert von 29 Millionen Euro gehabt hätte. Daher kommt für viele nur ein Ge-heimdienst (in dem Fall der russische) als Täter in Frage. Andere wiederum glau-ben kaum, dass sich der Geheimdienst so einer offensichtlichen Waffe bedient hätte. Der Verdacht sollte absichtlich auf den russischen Geheimdienst gelegt wer-den. Andere halten diese Argumentation jedoch für ein Ablenkungsmanöver. Wie-der andere halten das mit dem Ablen-kungsmanöver für ein Ablenkungsmanö-ver. Die Katze beißt sich in den Schwanz und die Wahrheit dürfte nie mit Gewiss-heit geklärt werden.

Fast drei Jahrzehnte zuvor, ebenfalls in London, ereignete sich ein Mord wie aus einem Agententhriller. Der bulgarische Schriftsteller und Dissident Georgi Mar-kow wurde ins Krankenhaus eingeliefert und starb Tage darauf an einer Rizinver-giftung. Er berichtete, wie ihm zuvor von einem vorbeigehenden Passanten ein Regenschirm ins Bein gerammt wurde. Ein Druckluft-Mechanismus im Schirm schoss ihm eine winzige Kugel aus Platin und Iridium in den Körper, die eine kon-tinuierliche Rizin-Freisetzung ermög-licht hat. Hier wird heute die Urheber-schaft des bulgarischen Geheimdienstes als gesichert angesehen.

Heutzutage werden oft Überdosen an Medikamenten eingesetzt. Oft werden eher ungefährliche Medikamente über längere Zeit gesammelt und gehortet, um dann daraus einen tödlichen Cocktail zu mixen. Hat das Opfer dieses Medika-ment ohnehin zu sich genommen, wird es noch schwerer werden, einen Mord nachzuweisen. Kriminalgeschichten aus Film, Fernsehen und Literatur verdankt der Giftmord noch heute eine große Fas-zination.

Mehr Wissen:

Marsh’sche Probe

Die von James Marsh entwickelte Probe diente in der Gerichtsmedizin zum Nachweis von Arsen. Der TU-Che-miker lernt diese Probe im 2. Semester des Bachelor-Studiums im AC II Prakti-kum kennen.

Bei dieser Probe wird die zu analy-sierende Substanz mit Zink-Granalien, Kupfersulfat-Lösung sowie verdünnter Schwefelsäure versetzt. Anschließend wird das Reagenzglas mit einem durch-bohrten Gummistopfen verschlossen, in dem eine Kapillare befestigt ist.

Durch die Oxidation der Zink-Ionen durch die Schwefelsäure wird naszieren-der Wasserstoff erzeugt. Dieser reagiert anschließend mit der Arsenverbindung zum Arsenwasserstoff.

As2O3 + 6 Zn +12 H+ → 2 AsH3 + 6 Zn2+ + 3 H2O

Zündet man das austretende Gas-gemisch aus Wasserstoff und Arsen-wasserstoff an, brennt die Flamme bei Anwesenheit von Arsen oder Antimon fahlblau. Hält man eine Abdampfscha-le in die Flamme, dann scheidet sich ein Arsenspiegel bzw. ein Antimonspiegel als schwarzer Belag ab.

4 AsH3 + 3 O2 → 4 As + 6 H2O Die beiden Elemente können anhand

ihrer Löslichkeit in ammoniakalischer Wasserstoffperoxid-Lösung unterschie-den werden: Während Arsen sich in der Lösung schnell auflöst, bleibt der Anti-monspiegel auf der Abdampfschale er-halten.

2 As + 5 H2O2 + 6 NH3 → 2 AsO43- +

6 NH4+ + 2 H2O

Quelle: J. Strähle, E. Schweda „ Jander/Blasius: Lehrbuch der analytischen und präparativen an-organischen Chemie“, 16. Auflage, Hirzel, Stutt-gart, 2006.

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Fusion von Küche und LaborVF

Über den Kolbenrand

Inzwischen hat wohl schon fast jeder einmal von der „Molekulargastronomie“ oder auch der „Molekularküche“ gehört oder sie vielleicht sogar schon einmal selbst ausprobiert. Viele verstehen dar-unter einfach nur eine außergewöhnliche Art des Kochens. Worum genau es sich dabei handelt und was der Ursprung die-ser skurrilen Weise zu kochen ist, wissen hingegen viele nicht.

Fälschlicherweise werden heutzuta-ge häufi g die Begriffe „Molekulargastro-nomie“ und „Molekularküche“ synonym verwendet. Bei der Molekulargastrono-mie handelt es sich eigentlich um eine Wissenschaft, genauer gesagt, eine Fach-richtung der Lebensmittelwissenschaf-ten. Ihr Ziel ist es, die physikalischen und chemischen Veränderungen von Zutaten beim Kochen zu erforschen und daraus Nutzen für die Praxis zu ziehen.

Bereits 1969 referierte der Tieftem-peraturphysiker und Hobbykoch Nicho-las Kurti vor der Royal Institution in Lon-don zum Thema „The Physicist in the Kitchen“. In diesem Vortrag übertrug er physikalische Erkenntnisse in die Küche. Dies war der Beginn einer Reihe von Vor-trägen und Interviews in Radio und Fern-sehen, bei denen Nicholas Kurti wissen-schaftliche Phänomene anhand kleiner Kochexperimente veranschaulichte. Er gilt damit als der Begründer der Moleku-largastronomie.

In den 80er Jahren widmete sich auch der Chemiker Hervé This der Erfor-schung der molekularen Grundlagen des Kochens. Bei ihrer Zusammenarbeit ver-wendeten Nicholas Kurti und Hervé This 1992 erstmals die Bezeichnung „Mole-kulare und physikalische Gastronomie“, verkürzt wurde dieser Name zu dem heu-

te häufig verwendeten Begriff „Mole-kulargastronomie“. Damit bezeichneten Kurti und This die von ihnen begründete, wissenschaftliche Fachrichtung, welche auf der Erforschung des wissenschaft-lichen Hintergrunds von traditionellen Kochmethoden basiert.

Gemäß der derzeitigen Defi nition von Hervé This gibt es drei Ziele in der Mo-lekulargastronomie. Das erste Ziel ist die Erforschung sozialer Phänomene im Zusammenhang mit „kulinarischer Ak-tivität“, das zweite die Untersuchung chemischer und physikalischer Aspekte der künstlerischen Komponente des Ko-chens. Das dritte Ziel der Molekulargas-tronomie ist die Auseinandersetzung mit den technischen Komponenten des Ko-chens.

In der „molekular inspirierten Kü-che“, kurz als „Molekularküche“ bezeich-net, hingegen werden die Forschungs-ergebnisse der Molekulargastronomie sowie die Anwendungstechniken der Lebensmittelindustrie verwendet, um neue Gerichte und ein außergewöhnli-ches Geschmackserlebnis zu schaffen. Die gängigsten Methoden um Gerich-te wie verschiedene Sorbets, perfekt ge-

gartes Fleisch oder Fisch, diverse als „Air“ oder „Espuma“ bezeichnete Schäu-me aus Obst oder Gemüse, Melonen-kaviar oder auch Espressonudeln zu ko-chen, sind die Verwendung von fl üssigem Stickstoff, das Vakuumgaren, das Emul-gieren, die Sphärisierung (Bildung von Kugeln mit einem fl üssigen Kern) und die Gelierung. Dazu werden verschiede-ne natürliche, häufi g aus Pfl anzen stam-mende Grundsubstanzen verwendet, beispielsweise Agar-Agar statt Gelatine, Johannisbrotkernmehl als Verdickungs-mittel, Sojalecthin als Emulgator sowie Guarkernmehl als Geliermittel.

Ein Profi verwendet zur Zubereitung von Gerichten der Molekularküche oft-mals Geräte wie das temperaturkontrol-lierte Wasserbad, das pH-Meter, die Zen-trifuge oder den Rotationsverdampfer, die uns eher aus dem Labor als aus der Küche bekannt sind. In der heimischen Küche lassen sich aber auch ohne all die-se Gerätschaften mit einfacheren Mit-teln wie Spritzen oder Thermometern verschiedenste Gerichte der Moleku-larküche zaubern. In diesem Sinne, viel Spaß beim Kochen und guten Appetit!

Kaffee mal anders genießen: Als Espressonudeln

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Wissenschaft

Biohacking: Wer wird der „Bill Gates“ der Biotechnologie?

AL

Biotechnologie – für manche ein Fluch, für andere ein Segen. Kein ande-rer Wissenschaftszweig steht aufgrund ethischer Bedenken so in der Kritik und wird gleichzeitig als derart vielver-sprechende Technologie des 21. Jahr-hunderts gehandelt. Eine zukunftswei-sende Technologie mit dem Potential, viele Bereiche unseres Alltags grundle-gend zu verändern. Doch während wir in Deutschland noch damit beschäftigt sind, Chancen und Risiken der Biotech-nologie gegeneinander abzuwägen, hat in anderen Teilen der Welt die Gen-Revolu-tion bereits die akademische Welt verlas-sen und ist dabei, die breite Bevölkerung zu infizieren…

Um die Lage und das Potential der Biotechnologie sowie die möglicherweise bevor-stehende Gen-Revolution besser zu verstehen, ist es hilfreich, ei-nen Blick 40 Jahre zurück in die Vergangenheit zu werfen:

Vor 40 Jahren stand eine an-dere Technologie im Fokus der Öffentlichkeit. Eine Technolo-gie, der ähnlich hohes Potenti-al beigemessen wurde wie heute der Gentechnologie, und die das Leben in den vergangenen Jahr-zehnten so nachhaltig revolutio-niert hat, wie es sich davor nie-mand auch nur hätte vorstellen können: die Informationstechnologie (IT). Dabei ist auffällig, dass viele wichtige Schritte auf dem Weg von der zukunftweisenden hin zur revolutionierenden Technologie in der IT-Branche nicht von etablierten, universitären Forschungseinrichtungen gemacht wurden. Das große Potential, das der IT-Branche damals nachgesagt wurde, hat eine Art Goldgräberstim-mung entstehen lassen und ein wichtiger Teil der Entwicklung wurde fortan nicht

mehr nur an Universitäten und Institu-ten getätigt, sondern auch von Tüftlern und Hobbyforschern in der heimischen Garage. Angetrieben von der Faszination dieser neuen Technologie und der Hoff-nung, selbst den ganz großen Wurf zu landen, haben viele Technikbegeisterte die Initiative ergriffen und eigenständig die Informationstechnologie zu dem ge-macht, was sie war: revolutionär. Parade-beispiel hierfür sind Bill Gates, der sein Unternehmen Microsoft buchstäblich in der Garage gegründet hat und damit spä-ter zum reichsten Mann der Welt auf-stieg, oder Steve Jobs, dessen Firma App-le heute als eines der erfolgreichsten und

wertvollsten Unternehmen gilt. Heute hat die Biotechnologie die IT-

Branche als Zukunftstechnologie abge-löst. Und auch wenn Deutschland und andere europäische Staaten der Gen-Revolution noch hinterherhängen, so ist dennoch zu beobachten, wie sich vor allen Dingen in den USA der Ent-wicklungsschwerpunkt der Biotechno-logie langsam zu verschieben bzw. zu erweitern scheint: Gentechnologie fin-det bereits heute nicht mehr nur an aka-demischen und staatlichen Forschungs-laboren statt, sondern auch im privaten Umfeld. Gentechnologie in den Hän-den von Hobbyforschern in der zum La-bor umgebauten Garage: klingt nach Sci-ence-Fiction, ist aber schon Realität!

Aufgrund der Parallelen zwischen Computertüftlern damals und Hobby-forschern heute, wird diese Bewegung allgemein als „Biohacking“ bezeichnet.

Dabei gibt es allein in den USA hunder-te von Biohackern, die sich vom Poten-tial der Biotechnologie haben mitreißen lassen und nun auf eigene Faust in mal mehr, mal weniger professionell ausge-statteten Laboren Gentechnik betrei-ben. Biohacker sind dabei keineswegs nur Studenten, die sich an ihren Univer-sitäten zu eingeschränkt fühlen und des-halb zusätzlich eigenständige, innovative Forschung in „Hackermanier“ betreiben wollen. Auch angesehene Forscher und Forscherinnen schließen sich der Bioha-cking Szene an, denn im Gegensatz zu ihren Tätigkeiten an Forschungsinstitu-ten und Universitäten genießen sie als

Biohacker völlige Freiheit und müssen Projekte vor niemandem rechtfertigen. Biohacking – ein scheinbares Paradies für Freigeis-ter und Visionäre.

Die Arbeit in solchen Laboren unterscheidet sich dabei kaum von regulären Genlaboren: Bak-terien und andere Mikroorganis-men werden zerlegt und gene-tisch modifiziert. Zellen werden zu kleinen Kraftwerken, die nütz-liche Stoffe synthetisieren – vielleicht den Biokraftstoff von morgen? Biohacker können ihr eigenes Genom isolieren und se-quenzieren. Oder aber sie unter-

suchen die DNA aus dem Hundekot im Vorgarten, ermitteln daraus den zugehö-rigen Hund in der Nachbarschaft und stellen den Besitzer zur Rede. Andere re-gen Bakterienkulturen zum Leuchten in verschiedenen Farben an. Forschung in Biohacking-Laboren muss nicht sinnvoll erscheinen, sie soll in erster Linie Spaß machen.

Inzwischen gibt es auch Biohacking-Wettbewerbe, bei denen die innovativs-ten Forschungsansätze mit Preisen aus-gezeichnet werden. Der bekannteste Wettbewerb ist sicherlich iGEM (inter-national Genetically Engineered Ma-chines), der von der Elite-Uni MIT in Boston ausgetragen wird. Dabei treten Teams von Studenten gegeneinander an, die außerhalb von Vorlesungen und Praktika noch an eigenen Forschungs-projekten arbeiten. Auch von der TU München nehmen jährlich Studenten

Gentechnik-Labor in der Garage

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Wissenschaft

an dem Wettbewerb teil und entwickeln z.B. 3-D-Drucker, in denen modifizier-te Bakterienzellen als Reaktion auf ein Lasersignal zielgenau eine knochenarti-ge Substanz (Hydroxylapatit) segregieren und somit eine dreidimensionale Struk-tur aufbauen können. Oder sie verän-dern Hefezellen derartig, dass bei der Gärung von Bier nicht nur Alkohol ent-steht, sondern das entstandene Bier auch noch eine Reihe zusätzlicher Vitamine enthält. Im aktuellsten Projekt unseres iGEM-Teams geht es um genetisch ver-ändertes Moos, das zur Wasserreinigung eingesetzt werden kann. Die Möglich-keiten der Biotechnologie sind nahezu unbegrenzt und in Biohacking-Laboren kann vieles ausprobiert werden, was in akademischen Kreisen belächelt werden würde.

Dem Leser stellen sich aber spätes-tens an dieser Stelle eine Reihe von Fra-gen, mit denen sich auch jeder potenti-elle Biohacker sehr schnell konfrontiert sieht: Wie lässt sich Biohacking über-haupt privat finanzieren? Ist Gentechnik zuhause legal? Wie sieht es mit gesell-schaftlichen, ethischen Aspekten aus?

Die Antwort auf diese Fragen ist zu-nächst einmal genauso einfach wie er-nüchternd: für eine Privatperson lässt sich Biohacking weder finanzieren, noch legal gestalten. Weder in Deutschland, noch in den USA. Und schon gar nicht auf professionellem Niveau. Die Vor-stellung von Biohackern, die zuhause in der Garage alleine Gentechnik betrei-ben, ist zwar angesichts der Bezeich-nung „Hacker“ naheliegend und oftmals wird bei Berichterstattungen über Bioha-cking auch ein genau solcher Eindruck erweckt. Doch schon allein aus finan-ziellen Gründen ist dies nicht realisier-bar. Vielmehr arbeiten Biohacker deshalb in Gemeinschaftslaboren. Diese werden entweder von Stiftungen und öffentli-chen Mitteln finanziert, oder wie im Fal-le von iGEM direkt von Universitäten bereitgestellt, die dadurch hoffen, vom Ideenreichtum der Biohacking-Szene zu profitieren.

Gemeinschaftslabore lösen gleich-zeitig noch ein weiteres Problem: die ermöglichen es auch Hobbyforschern,

die rechtlichen Vorgaben bei gentechni-schen Arbeiten einzuhalten. Diese sind zwar in den USA deutlich weniger streng als zum Beispiel in Deutschland, aber bestimmte Sicherheitsaspekte müssen natürlich auch dort berücksichtigt wer-den, die in Privathaushalten kaum reali-sierbar sind.

Was bleibt, sind die ethischen Be-denken. In diesem Punkt unterschei-det sich das Biohacking vermutlich am stärksten vom IT-Hacking. IT-Hacking hat in der Vergangenheit unser Leben verändert – in einem sehr abstrakten Sinne des Wortes „Leben“. Biohacking hingegen verändert das Leben wortwört-lich. Wenn Forscher mit lebenden Or-ganismen experimentieren, so ist dies grundsätzlich mit einer höheren Vor-sicht zu genießen, als wenn aus Drähten ein Rechner zusammengebaut wird. Sol-che Bedenken sind bei Hobbyforschern scheinbar noch mehr angebracht als bei „professionellen“ Forschern und lassen sich wohl nie vollständig ausräumen. Zur besseren Kontrolle der eigenen Rei-hen, arbeiten die meisten Biohacker in-zwischen unter dem „Dachverband“ von DIY-BIO (Do-It-Yourself-Biologists). Auf der DIY-Homepage erhalten User nütz-liche Informationen zur Laborarbeit so-wie Ansprechpartner bezüglich Rechts- und Sicherheitsaspekten. Im Gegenzug werden durch diese Vernetzung interne „schwarze Schafe“, also mögliche Bio-Terroristen oder Unfallgefahren frühzei-tig erkannt.

Aber ist die Gefahr, die von Bioha-ckern ausgeht, wirklich größer als die Ge-

fahr von professionellen Forschern? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Bioha-cking und Bioterrorismus?

Sorgen allgemein zugängliche Genla-boratorien für ein besseres Verständnis von Genforschung in der Gesellschaft und somit für mehr Akzeptanz dieser Arbeit? Oder schüren sie die Angst vor möglichen Gefahren?

Und zu guter Letzt die Frage: Was bringt uns Biohacking wirklich? Hat Bio-technologie und Biohacking wirklich ähnlich hohe Potentiale wie die Infor-mationstechnologie? Solche Technolo-gien in die Hände der Endnutzer zu le-gen– also der Biohacking-Community – ist prinzipiell eine gute Idee, da so di-rekt nützliche Anwendungen entwickelt werden können. Aber worin liegen solche potentiellen Anwendungen der Biotech-nologie, die unser Leben revolutionieren könnten. Was ist also das Äquivalent zum „Personal Computer“ der IT-Branche in der Biotechnologie?

Solche Fragen lassen sich vermutlich erst in einigen Jahren eindeutig beant-worten. Aber sie lassen sich schon heu-te diskutieren, zum Beispiel auch auf der Facebook-Seite des Chemisten. Was hal-tet Ihr von Biohacking? Wir freuen uns auf Eure Kommentare!

Für weitere Einblicke in ein Bioha-cking-Labor empfehle ich folgendes Vi-deo:http://www.ted.com/talks/ellen_jorgen-sen_biohacking_you_can_do_it_too. html

In unterschiedlichen Farben fluoreszierende Bakterien aus einem Biohacking-Labor

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Wissenschaft

Kristallentstehung an der Grenzschicht

VF

GlyberaTB

Kürzlich untersuchten Kieler For-schungsgruppen um die Physiker Bridget Murphy und Olaf Magnussen chemische Prozesse an Grenzfl ächen zwischen nicht mischbaren Flüssigkei-ten erstmals in atomarer Aufl ösung. Das Ziel ihrer Forschung war es herauszu-fi nden, wie chemische Wachstumspro-zesse an Flüssigkeitsgrenzfl ächen ver-laufen. Sie untersuchten Quecksilber in einer Salzlösung, welche Fluorid-, Bromid- und Bleiionen enthielt. In Ex-perimenten mit einem von der Grup-pe konzipierten Diffraktometer lenkten sie dann am Elektronen-Synchrotron in Hamburg die Röntgenstrahlung des Teilchenbeschleunigers auf die Flüssig-keitsprobe.

Bei diesen Versuchen entdeckten sie, dass sich an der Grenze zwischen bei-den Flüssigkeiten, in denen die Mole-küle jeweils ungeordnet vorlagen, eine 7,6  Å dicke Schicht mit einer kristalli-nen Ordnung bildete. Die Röntgendaten zeigten, dass die Schicht aus fünf Atom-

lagen bestand und zwar einer Atomlage Fluorid-Ionen zwischen zwei Blei- und zwei Bromid-Ionen-Lagen. Auf dieser Kristallschicht erfolgte das anschließen-de Wachstum größerer, perfekt ausge-richteter Kristalle.

Die Entstehung atomarer Ordnun-gen an Flüssigkeitsgrenzen zu verstehen könnte ein erster Schritt für die Ent-wicklung chemischer Prozesse sein, bei denen das Kristallwachstum an Flüssig-keitsgrenzen genutzt wird, um Nanopar-tikel und Materialien wie beispielsweise Halbleiter effi zienter herzustellen.

Als Erstes in der westlichen Welt zu-gelassenes Gentherapeutikum präsen-tiert sich das Medikament Glybera. Es handelt ich hierbei um ein Gentherapeu-tikum, das Patienten mit Lipoproteinli-pase-Defi zienz (LPLD) helfen soll und das entsprechend in den Patienten ge-schädigte Gen nachzuliefern.

Dabei wird als Vektor ein adeno-as-soziiertes Virus verwendet, welches das Gen bevorzugt in Muskelzellen ein-bringt. Natürlicherweise sind besonders Muskelzellen für die Synthese der Li-poproteinlipase zuständig. Eingebracht wird das Virus durch eine intramuskuläre Spritze in die Beinmuskulatur. In Europa sind durchschnittlich 5 von 10000 Men-schen an LPL-Defi zienz erkrankt.

Geschüttelt, nicht gerührt!AI

Aufdestilliert

James Bond bestellt seine Martinis vielleicht aus gesundheitlichen Gründen mit diesem expliziten Zusatz. Die antioxi-dativen Wirkungen in geschüttelten Mar-tinis sind viel stärker als die in gerührten, wie das British Medical Journal in einem Artikel beschreibt. Schon lange gelten Antioxidantien wie zum Beispiel Flavo-noide oder Phenole, wie sie auch in Rot-wein vorkommen, als vorbeugend gegen Arteriosklerose und Herzinfarkt. Jedoch ist der Phenolgehalt in Martini wesent-lich geringer als in Rotwein, sodass sei-

ne antioxidativen Eigenschaften auf an-deren Inhaltsstoffen beruhen müssen. In einem Versuchsansatz bestimmten Marti-ni-Wissenschaftler die antioxidativen Ei-genschaften von Martini mithilfe eines Lumineszenz-Assays. Luminol verursacht bei der Oxidation durch H2O2 Chemo-lumineszenz, die bei den verschiedenen Martinizubereitungen und -komponen-ten unterschiedlich stark verringert wur-de. Daraus kann man dann auf die anti-oxidativen Effekte schließen.

In den Experimenten verminderte Wermut die Lumineszenz mehr als Gin (Reduktion auf 1,9% und 58,3% der Kon-trolllichtemission), doch beide zusammen erweisen sich als viel wirksamer. Dabei ist die Wirksamkeit von geschütteltem Mar-tini mit 0,072% der ursprünglichen count rate sagenhaft höher als bei gerührtem Martini (0,157% Lumineszenz).

Diesen Unterschied im Promille-bereich hat Agent 007 sicherlich intui-tiv gespürt und sichert sein Überleben in seinem so anstrengenden, lebensgefährli-chen Job mit geschüttelten Martinis. Ob die Olive in dem Drink vielleicht eine Rol-le spielt, haben die Autoren des Papers als offene Frage in den Diskussionsteil ge-stellt. Daran können sich Nachwuchswis-senschaftler dann in langweiligen Zeiten versuchen. Na denn: Salute!

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Unterhaltung

Sudoku

Das kleine ABC

1 3

6 2

9 2 6 7

3 9 8 5

7 2 4 3

7 1

1 7 5

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2 8 6 1

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4 1 8 6

7 4

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K… wie Kronenether. Kronenether sind cyclische Polyether, die sich aus mehreren Ethyloxy-Einheiten (-CH2-CH2-O-) zusammensetzen. Die Bezeich-nung ist auf ihre Konformation zurück-zuführen, die an eine gezackte Krone erinnert. Auf Grund der freien Elektro-nenpaare an den Sauerstoff-Atomen sind die Kronenether in der Lage, Kationen zu komplexieren. Die Ringgröße ist dabei entscheidend für die Selektivität der Kro-nenether: So ist 18-Krone-6 für K+-Ionen selektiv, während Na+-Ion den Hohlraum von 15-Krone-5 optimal ausfüllt.

L… wie Lysosom. Das Organell kommt in tierischen Zellen vor und ist von einer Membran umgeben. Die Größe variiert dabei zwischen 0,1 und 1,1 µm. Die Lysosome sind mit zahlreichen Ver-dauungsenzymen, darunter Proteasen, Nucleasen und Lipasen, ausgestattet. Die Hauptaufgabe dieser winzigen Or-ganellen ist die Verdauung des zellfrem-den sowie zelleigenen Materials. Durch Endozytose aufgenommene Endosome verschmelzen mit dem primären Lyso-somen. Nach der Fusion entstehen se-kundäre Lysosome, in denen der hyd-rolytische Abbau der aufgenommenen Verbindungen abläuft.

M… wie Monte-Carlo-Verfahren. In der Chemie ermöglichen sie die Un-tersuchung komplexer makroskopischer Systeme durch die Betrachtung weni-ger Moleküle. Durch periodische Gren-zen wird das betrachtete System in eine Zahl kleiner identischer Subsysteme un-terteilt. Dabei wird die Bewegung der Moleküle der Subsysteme untersucht. Mit Hilfe statistischer Methoden können dann die Verhältnisse im Gesamtsystem berechnet werden. Ob die Bewegung des Teilchens in eine bestimmte Richtung eintritt, hängt von der Energiebilanz ab. Außerdem werden MC-Verfahren in der Konformationsanalyse eingesetzt.

Der Geheimtipp der Woche für die wah-ren RNA-Romantiker:

„The kissing hairpins“

Ab jetzt im Kino!

FilmtippZwei Chemiker beim Streit: „ Ich la-gere dich gleich um – unter Retention der Konfiguration.“

Sie sind unzufrieden mit Ihrer Atommasse?

Dann kommen Sie zum Spinning!

Jetzt neu in NMR-Fitnessstudio Ihrer Wahl.

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Der Zaubertrank von MirakulixSN

Wer wollte nicht schon immer über-menschliche Kräfte besitzen und wie As-terix und Obelix die Römer mit Ohrfei-gen begrüßen? Und welcher Chemiker empfindet nicht eine gewisse Faszination für die Gaben von Mirakulix?

Obwohl die Zusammensetzung des Zaubertranks streng geheim gehalten wird und nur vom Mund eines Druiden zum Ohr eines Druiden weitergegeben wird, konnten wir mittels antiker Spio-nagetechniken einige Zutaten des Tranks ermitteln und dem Geheimnis der Galli-er eine Spur näher kommen.

Die wohl bekannteste Zutat ist die Mistel, welcher mit einer goldenen Si-chel von einer Eiche gepflückt werden muss. Vermutlich hat sich Mirakulix von seinen Druiden-Kollegen inspirieren las-sen, im alten Gallien galt die Pflanze nicht zuletzt aufgrund ihrer therapeuti-schen Wirkungen als heilig. Insbeson-dere bei der Mistel, welche auf Eicheln wächst, kommt eine starke Symbolik zu tragen: Die Eiche galt als Baum der Son-ne und verkörperte Stärke und Macht. Die Mistel galt als Pflanze des Mondes. Daher trifft man Mirakulix gerne auf ei-ner Eiche an.

Auch noch heute finden Mistelextrak-te diverse therapeutische Anwendungen: Bei hohem Blutdruck, Gelenkerkrankun-

gen oder bei Geschwülsterkrankungen. Wirkstoffe sind Mistel-Lektine, welche durch ihre Apoptose-stimulierende Wir-kung bei manchen Krebsarten zur Pro-phylaxe von Metastasen eingesetzt wer-den, Viscotoxine, welche T-Zellen und Granulocyten stimulieren und zu einer besseren Immunantwort führen, sowie weitere biologisch aktive Komponenten.

Es wäre doch gelacht, wenn dies die einzige wichtige Zutat des Zaubertranks wäre. Bis zur „Odyssee“ verwendete Mi-rakulix ein Tropfen Erdöl zur Herstellung des Zaubertranks, die pharmazeutische Industrie macht es ihm in vielen Dingen nach. So werden viele Wirkstoffe und Hilfsstoffe tatsächlich aus Erdölproduk-ten hergestellt. Diese Zutat kann aller-dings auch durch Rote-Beete-Saft ersetzt werden, der wesentlich besser schmeckt und außerdem eine Blutdruck senkende Wirkung besitzt.

Ein Zaubertrank muss auch gut schmecken, sodass das gallische Dorf sich freudig dem Trinkvergnügen vor der Schlacht widmen kann. Sellerie, Karot-ten, weiße Rüben und ein mäßig frischer Fisch sorgen hierfür. Zur Verbesserung des Geschmacks verwendet Mirakulix ei-nen Hummer – für die Vorfahren einer Grande-Gastronomie-Nation ist dieser kreative Einfall wohl kaum verwunder-

lich. Salzen nicht vergessen...Inwiefern das vierblättrige Kleeblatt

und die Waldblumen zur magischen Wir-kung beitragen, bleibt noch Stand der Forschung.

Die Zusammensetzung des Zauber-tranks bleibt noch im Dunklen, weite-re experimentelle Ansätze werden benö-tigt, um das Mysterium zu entschlüsseln. Forschergruppen an der RWTH Aachen und am DECHEMA Institut beschäfti-gen sich aktiv mit dieser Fragestellung. (s. Leuchs et al. Chemie Ingenieur Tech-nik 2012, 427-431)

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Unterhaltung

Male die Dinos in deiner Lieblingsfarbe aus!

Rebus

Pokémons sind nicht nur im tiefen GrasAI

Paperrecherche - spätestens in der Ba-chelorarbeit hat man genügend davon mitbekommen. Diese Arbeit kann ziem-lich ermüdend sein, muss aber nicht. Gibt man zum Beispiel nach einem lan-gen Abend auf der Seite von Nature „Po-kémon“ ein, erhält man genau einen Tref-fer. Wie, eine Fachzeitschrift beschäftigt sich mit kleinen bunten Tieren, die mit besonderen Attacken befähigt sind? Nicht ganz.

Pokemon ist ein Gen, das ausgeschrie-ben POK (für POZ (für Poxyvirus and zinc fi nger) und Krüppel) erythroid my-eloid oncogenic factor heißt. Manchmal muss man eben noch etwas Forschungs-arbeit in die Findung eines guten Na-mens stecken, auch wenn er noch so an den Haaren herbeigezogen ist. Das Gen

kodiert für einen Transkriptionsfaktor, der für die Zelldifferenzierung notwen-dig ist. Knockout-Mäuse ohne dieses Gen waren schon als Embryos nicht le-bensfähig. Pokemon kann direkt an den Genabschnitt eines Tumorsuppressor-gens (p19ARF) binden und dieses somit herunterregeln. Solche Prozesse sind bei starkem Wachstum in der Embryogenese wichtig. Da der Chromosomenabschnitt, auf dem Pokemon liegt, ein Hotspot für Translokalisation ist, kann es passieren, dass das Gen überexprimiert wird. Des-sen Überexpression kann tatsächlich mit Tumoren im Menschen beobach-tet werden. Genau diese negative Asso-ziation mit dem Namen Pokémon pass-te Nintendo gar nicht – so musste der außerordentlich kreative Name für das

Protoonkogen dem neutralen, nur mar-ginal weniger eingängigem Namen Zbtb7 weichen und wieder in seinem Pokéball verschwinden.

Lösungswörter des Rebus: Raman-Streuung, Polymer

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2013

--29. Mai01. JUNI