Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

32
Straßenzeitung für Berlin & Brandenburg 1,50 EUR davon 90 CT für den_die Verkäufer_in No. 19, September 2013 GEKÜNDIGT! mob e.V. und die Prenzlauer Allee 87 (Seite 4) EAST SIDE GALLERY Wie Berlin mit einem Denkmal umgeht (Seite 11) »ARTE POSTALE« Die große Wirkung des kleinen Formats (Seite 16) ORTE

description

Berlin, Straßenzeitung, soziale Straßenzeitung, Zeitung, Berliner Straßenzeitung, Magazin, strassenfeger, Aktuelles, Politik, Soziales, Kultur, Sport, mob e.V., Obdachlosigkeit,

Transcript of Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

Page 1: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

Straßenzeitung für Berlin & Brandenburg

1,50 EURdavon 90 CT für

den_die Verkäufer_in

No. 19, September 2013

GEKÜNDIGT!mob e.V. und die Prenzlauer Allee 87 (Seite 4)

EAST SIDE GALLERYWie Berlin mit einem Denkmal umgeht (Seite 11)

»ARTE POSTALE«Die große Wirkung des kleinen Formats (Seite 16)

ORTE

Page 2: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 20132 | INHALT

strassen|feger Die soziale Straßenzeitung strassenfeger wird vom Verein mob – obdach-lose machen mobil e.V. herausgegeben. Das Grundprinzip des strassenfeger ist: Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe!

Der strassenfeger wird produziert von einem Team ehrenamtlicher Autoren, die aus allen sozialen Schichten kommen. Der Verkauf des stras-senfeger bietet obdachlosen, wohnungslosen und armen Menschen die Möglichkeit zur selbstbestimmten Arbeit. Sie können selbst entschei-den, wo und wann sie den strassenfeger anbieten. Die Verkäufer erhalten einen Verkäuferausweis, der auf Verlangen vorzuzeigen ist.

Der Verein mob e.V. fi nanziert durch den Verkauf des strassenfeger soziale Projekte wie die Notübernachtung und den sozialen Treff punkt »Kaff ee Bankrott « in der Prenzlauer Allee 87. Der Verein erhält keine staatliche Unterstützung.

Liebe Leser_innen,

für die aktuelle Ausgabe haben unsere Autoren sich ganz be-sondere Orte unserer Stadt ausgesucht. Das war keine leichte Aufgabe, denn Berlin ist voll von diesen Plätzen, die etwas ganz Besonderes haben, das gewisse Flair, eine unwiderstehliche An-ziehung, eine große Ausstrahlung, eine spezielle Bedeutung. In der Hauptstadt wird derzeit – aber eigentlich kennen wir das ja gar nicht anders –viel gebaut. Bei den Schacht- und Grabungs-arbeiten kommen ganz erstaunliche archäologische Funde zum Vorschein (S. 3). Ziemlich überraschend ist ganz sicher auch, dass es in Berlin auch den sogenannten Wilden Westen gibt (S. 6/7). Ebenso überraschend, weil der Name etwas anderes verheißt, ist der Umstand, dass im Westhafen Schiffe eher Man-gelware sind (S. 8/9). Ganz und gar nicht mehr überraschend ist, wie Berlin mit dem ganz besonderen Ort East Side Gallery umgeht. Die Gallery ist ein Denkmal. Und doch wird dieses Denkmal, das jedes Jahr Millionen Touristen aus aller Welt be-suchen, zerstört (S. 10/11). Das Gleisdreieck war jahrelang ein verwahrloster Ort. Jetzt wurde die Brache wieder wach geküsst und in einen wunderbaren Ort der Erholung verwandelt (S. 12). Das Fort Hahneberg kennen sicher die wenigsten Berliner. Dabei haben das Fort und der namensgebende Berg eine wechselvolle und überaus interessante Geschichte (S. 13).

Leider müssen wir uns in dieser Ausgabe auch mit unserem ei-genen, ganz besonderen Ort befassen. Die Prenzlauer Allee 87 ist seit elf Jahren Sitz des mob e.V. und seiner Projekte, u. a. der einzigen Notübernachtung für obdachlose Menschen im Groß-bezirk Pankow und der sozialen Straßenzeitung strassenfeger. Nun müssen wir raus. Unsere Vermieterin hat uns gekündigt. Wir erzählen, wie alles begann an diesem Ort (S. 4/5).

In der Akademie der Künste läuft zurzeit die Ausstellung »Arte Postale«. Wir waren als Medienpartner bei der Eröffnung dabei und berichten, was man am Pariser Platz alles bestaunen kann (S. 16/17/18). Im Brennpunkt befragen wir den zuständigen Bezirksstadtrat von Tempelhof-Schöneberg zu den Hintergrün-den der Räumung der obdachlosen Viola V. aus dem öffentli-chen Raum. (S. 20). Außerdem waren wir dabei, als Rot-Grün zur Attacke im Bundestagswahlkampf geblasen hat (S. 24/25). Sportlich geht es auf den Seiten 26 und 27 zu: Wir liefern einen Nachbericht zum ISTAF 2013 und bilanzieren die ersten Spiele der »Füchse«-Handballer in der neuen Saison.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leser_innen, wieder viel Spaß beim Lesen!Andreas Düllick

3

4

6

8

10

12

13

14

15

ORTEZeugnisse der Vergangenheit Berlins

mob e.V. und die Prenzlauer Allee 87 – Wie alles begann und wie alles vielleicht endet (1)

Der wilde Westen beginnt in Haselhorst

Westhafen: Schiff e sind Mangelware

Über den Umgang Berlins mit der East Side Gallery

Die wechselvolle Geschichte des Gleisdreiecks

Fort Hahneberg

Wohnungslosenhilfe: Niedrigschwellige Einrichtungen

Rezension: »Die schönsten Dörfer Berlins«

16

19

20

22

24

2627

28

TAUFRISCH & ANGESAGTa r t s t r a s s e n fe g e r»Arte Postale« in der Akademie der Künste eröff -net. Die große Wirkung des kleinen Formats

K a f fe e B a n k ro t tJocelin B. Smith, Adwoa Hackman & »Wedding« zu Gast im TV-Studio des strassenfeger

B re n n p u n k tBezirksstadtrat Oliver Schworck zu den Hinter-gründen der Räumung der obdachlosen Frau V.

K u l t u r t i p p sskurril, famos und preiswert!

B u n d e s t a g s w a h l 2 0 1 3Duell Steinbrück Merkel völlig off en

S p o r tISTAF: Meetingrekord und drei deutsche Sieger »Füchse«: Berliner Handballer auf Erfolgskurs

S o z i a lTag der Wohnungslosen & Kleiderausgabe bei

mob e.V.

29

30

31

AUS DER REDAKTIONH a r t z I V - R a t g e b e rDarlehen Teil 3

K o l u m n eAus meiner Schnupft abakdose

Vo r l e t z t e S e i t eLeserbriefe, Vorschau, Impressum

Page 3: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

Suche nach Zeugnissen der Vergangenheit BerlinsSchon vor Jahrhunderten waren Menschen durch das heutige Berlin-Mitte unterwegs, wo sich nun täglich Einheimische und Touristen drängeln. Wer waren diese Menschen und wie haben sie gelebt? B E R I C H T : M a n u e l a

Das Herauszufinden haben sich Archäologen und Historiker zur Aufgabe gemacht. Wann immer es sich ergibt, graben sie im Stadtraum nach Überbleibseln vergangener Zeiten und wollen dem Boden und der Vergangenheit Geheimnisse

entlocken. Die Chancen stehen gut, besonders im Bereich der Fischerinsel und der Spreeinsel bis hin zum Roten Rathaus, dem Kern des alten Cölln und Berlins, aus welchem die Stadt in ihrer heutigen Form hervorgegangen ist. Cölln wurde erst-mals im Jahr 1237 urkundlich erwähnt, die Schwesternstadt Berlin im Jahre 1244. Funde im Bereich der Klosterstraße / Stralauer Straße lassen den Schluss zu, dass hier bereits seit der Mittelsteinzeit, vor etwa 8.000 bis 10.000 Jahren, Men-schen gelebt haben.

Archäologische Grabungen werden in der Regel durchgeführt, wenn im Rahmen von Bauarbeiten, etwas entdeckt wird. An dieser Stelle ruhen dann die Arbeiten, bis die Archäologen al-les untersucht und aufgenommen haben. Dies kann zu den un-liebsamen Bauzeitverlängerungen führen. So geschehen z. B. auf der Baustelle zu der Tiefgarage am Alexanderplatz, auf der Bauarbeiter auf Reste einer Exerzierhalle aus dem Jahr 1769 und eines Friedhofs mit zahlreichen Gräbern gestoßen sind. Auf der Baustelle zum Anschluss der Axel-Springer-Straße an die Leipziger Straße stießen Arbeiter ebenfalls auf Gräber. Diese stammten von Insassen des ehemaligen Gertraudenhos-pitals, das von 1405 bis 1739 dort betrieben wurde.

Werden archäologische Funde auf einer Fläche vermutet, fin-den schon vor Beginn der Bauarbeiten Grabungen statt, so z. B. auf dem Schlossplatz. Hier konnten die Archäologen ohne Zeitdruck im Boden nach Zeugnissen der Geschichte Berlins suchen. Und sie wurden fündig. Sie entdeckten das älteste Haus Berlins aus dem Jahr 1183 sowie Reste eines alten Domi-nikanerklosters, welches im Jahr 1294 bis 1297 erbaut wurde. Das Fundament dieses Kloster liegt etwa drei Meter unter un-serem heutigen Straßenniveau. Eine Menge Schutt und Erde haben sich im Laufe der Zeit angesammelt. An der Marienkir-che an der Karl-Liebknecht-Straße/Ecke Spandauer Damm wird das Geländeniveau um etwa 1270 sichtbar. Um in die Kirche hineinzugelangen, muss der Besucher einige Stufen abwärts steigen.

Aktuell findet eine große Grabung an der Breiten Straße auf dem Gelände, auf dem sich früher einmal das Warenhaus Ru-dolph Hertzog, dem ersten Berliner Kaufhausimperium der Familie Hertzog, und später das ehemalige DDR-Bauministe-rium befanden, statt. Dort war bisher ein Spielstein mit Vo-gelmotiv aus dem 13. Jahrhundert der spektakulärste Fund. Solche Steine wurden bisher selten entdeckt.

Was geschieht nun mit all den Ausgrabungsstücken? Meist werden sie erst einmal aufgearbeitet und konserviert. Danach

werden sie in Museen ausgestellt, z. B. im Märkischen Museum, dem Stadtmuseum Berlins oder in einem der Staatlichen Mu-seen zu Berlin. Die Skelette von der Baustelle Axel-Springer-Straße/Leipziger Straße wurden auf dem Friedhof in Fried-richsfelde beigesetzt. Auf dem Petriplatz soll in den nächsten Jahren ein Archäologisches Besucherzentrum mit einem Kno-chenhaus entstehen. Er wird als Gründungszentrum Berlins be-zeichnet. Es befanden sich hier die alte Petrikirche mit Friedhof und eine Lateinschule. Es ist beabsichtigt, an die Stelle der alten Kirche ein Bet- und Lehrhaus für verschiedene Religionen zu errichten. Im Besucherzentrum sollen die während der Gra-bungen von 2007 bis 2009 geborgenen Stücke ausgestellt und die freigelegten Mauern der Schule zugänglich werden. Das Schild steht schon, ein fester Termin für den Baubeginn des Zentrums noch nicht.

Wenn in ferner Zukunft Menschen durch Berlin gehen wer-den, werden wohl auch sie sich fragen, wer die Menschen waren, die hier früher gelebt haben. Wer weiß, was sie dann von uns finden werden?

Kaufhaus Rudolph Hertzog (Foto: Wikipedia)

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 ORTE | 3

Page 4: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

01 Sanierungsarbeiten an der rückseitigen Fassade

02 Diese Räume mussten von mob e.V. völlig saniert werden.

03 Das war der alte Kohleofen, den wir ersetzen mussten

04 Dach und Fenster marode!

05 Bausstelle und Notübernachtung!

01

strassenfeger | Nr. 19 | September 20134 | ORTE

Q U E L L E

Archiv des strassenfeger/Dr. Stefan Schneider, Lothar Markwardt, Edgar Schulze u.a.

Der mob e.V. und die Prenzlauer Allee 87Wie alles begann und wie alles vielleicht endet (1)T E X T : A n d r e a s D ü l l i c k | F O T O S : A r c h i v s t r a s s e n f e g e r / V o l k e r S o n d e r h o f f

Wie alles begannAm 22.04.2002 hat der Verein mob e.V. mit der »format Hausverwaltungen GmbH« ei-nen Mietvertrag für Gewerberäume in der Prenzlauer Allee 87, direkt gegenüber vom

S-Bahnhof Prenzlauer Allee und der Straßenbahnhaltestelle der Linie M4 abgeschlossen. Vermietet wurden uns Räume im Quergebäude/Erdgeschoß (411qm) und im Quergebäude/Keller (365qm) zur Nutzung als Übernachtungsmöglichkeit und Essensausgabe für Bedürftige, Redaktions- und verwal-tungstätigkeit sowie Möbel-/Kleiderverkauf. Am 7. November 2002 haben wir von der »Format« Gewerberäume 56qm im Quergebäude /1.OG rechts zu ebendieser Nutzung angemie-tet. Der Vermieter verpflichtete sich damals, eine völlig veral-tete Heizungsanlage bis zum 01.10.2002 in Betrieb zu setzen und die rückseitigen Fenster des Untergeschosses gang- und schließbar machen sowie neu zu verglasen. Ein Kohle-Heiz-kessel für feste Brennstoffe sollte geprüft und ggfs. reaktiviert werden. Der mob e.V. als Mieter plante laut Mietvertrag die vollständige Instandsetzung und Renovierung der Mieträume, natürlich in vollem Umfang zu eigenen Lasten des Mieters.

» N i e w a r d i e S i t u a t i o n u n ü b e r s i c h t l i c h e r, n o c h n i e h a b e n w i r s o h a r t g e a r b e i t e t w i e i m J a h r 2 0 0 2 . «

Diesen Satz notierte sich der damalige Vereinsvorsitzende Dr. Stefan Schneider für ein Editorial in unserer sozialen Stra-ßenzeitung strassenfeger. Das Jahr 2002 hatte es tatsächlich in sich. Der bisherige Vereinssitz in der Schliemannstraße platzte aus allen Nähten. Notübernachtung, Küche, Büro und Beratung, Dusche, Kleiderkammer und sozialer Treffpunkt – dafür waren die Räumlichkeiten dort einfach zu klein. Des-halb hatte sich der Verein auf die Suche nach neuen und grö-ßeren Räumen gemacht, um seinen selbst gewählten Auftrag der Verbesserung der Lebensumstände wohnungsloser und armer Menschen besser nachkommen zu können. Der Ausbau und Umzug in die Prenzlauer Allee 87 war ein großes und ehrgeiziges Bauvorhaben. Dort sollte der neue Vereinssitz entstehen mit vielen wichtigen Projekten.

E i n e a s b e s t v e r s u c h t e R u i n e

Die größte Herausforderung war der katastrophale Zustand der Räumlichkeiten. Alle Räume mussten erstmal überhaupt für die o.g. Funktionen hergerichtet werden. Die Wände waren unverputzt, der Fußboden roher Beton. Türen gab es nicht. Die Fenster waren alte, marode Werkstattfenster. Eine einzige nutzbare Steckdose war bei Baubeginn vorhanden. Eine funktionierende Heizung gab es natürlich auch nicht. Wer einmal selbst eine Wohnung oder ein Haus ausgebaut

Page 5: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

03

02

04

05

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 ORTE | 5

hat, der kann sich so ungefähr vorstellen, wie es hier damals ausgesehen hat. Dazu war am An-fang noch nicht mal klar, wie wir das alles bewäl-tigen, geschweige denn finanzieren können. Wie Stefan Schneider im strassenfeger weiter berich-tete – war in Wirklichkeit alles noch viel schlim-mer, als der Verein es sich vorgestellt hatte. Hier ein Beispiel: »Nachdem wir im ersten Stock das Problem mit dem Türdurchbruch gelöst und eine Starkstromleitung gelegt hatten, stellte sich her-aus, dass die Ziegeldecke im ersten Stock derart marode war, dass an einen ernsthaften Betrieb nicht zu denken war. Wir mussten also noch mal umplanen und völlig von vorne anfangen – unten im Bereich der Aufenthaltshalle.« Hinzu kam – wie man auf den Fotos sehr gut sehen kann – das fachgerechte Entfernen des Wellasbest-Daches.

B a u e n & S a n i e re n ko s t e t G e l d

Für die umgangreichen Sanierungsarbeiten be-nötigte der Verein diverse Baumaterialien und Wekzeuge wie Zement, Kies, Estrich, Rigips, Holz, Farbe, Schrauben, Nägel etc., alles musste selbst erarbeitet bzw. durch Spenden finanziert werden. Doch teures Material allein verwandelt sich noch nicht in nutzbare Räume. Fitte Bau-arbeiter_innen waren gefragt für die Abriß- und Umbauarbeiten. Und sie fanden sich. Viele Men-schen packten ehrenamtlich mit an. Wer damals dabei war, der weiß: Es war Arbeit ohne Ende. Und es kostete sehr, sehr viel Geld!

We i h n a c h t e n i m n e u e n Ve re i n s s i t z

Vor Weihnachten bereits wurde in der Prenz-lauer Allee 87 unser Treffpunkt mit Küche und fertig ausgebautem Sanitärtrakt auf einer gro-ßen Weihnachtsfeier offiziell eingeweiht. Auch die Notübernachtung im ersten Stock des Quer-gebäudes wurde provisorisch fertig und konnte über die Feiertage die ersten Obdachlosen beher-bergen. Mit dem Umzug waren aber zusätzlich auch noch weitere Kosten verbunden – höhere Miete und höhere Betriebskosten – und die mussten vom Verein selbst erwirtschaftet wer-den. Staatliche Unterstützung Fehlanzeige.

Wie es in den Jahren ab 2003 in der Prenz-lauer Allee 87 weiterging, erzählen wir in der kommenden Ausgabe.

»Die Wohnungssituation hat sich Laufe der letzten Jahre im Prenzlauer Berg so verändert, dass es uns nicht mehr möglich ist, ein Projekt Ihrer Art in unserem Objekt zu halten.« (Aus dem Kündigungsschreiben des Vermieters)

Page 6: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 20136 | ORTE

Der wilde, wilde Westen …… beginnt in Haselhorst an der PaulsternstraßeB E R I C H T & F O T O S : M a n f r e d W o l f f

Mit Old Shatterhand und Sam Hawkings durch die Prärien Nord-amerikas zu Winnetou reiten und sich in dessen Schwester Nscho-

Tschi verlieben: das war für Jungs, die schon lesen konnten, der große Traum vom Wilden Westen. Der war und blieb immer unerreichbar fern. In Berlin ist das nun anders. Mit der U 7 fährt man bequem bis zum Bahnhof Paulstern-straße, geht 200 Meter die Paulsternstraße rauf und steht vor dem großen Tor, durch das man in den Wilden Westen schreitet.

»Old Texas Town« steht in großen Lettern über dem Tor, das einen hohen Palisadenzaun unter-bricht. Dahinter verbirgt sich eine komplette kleine Stadt auf 11.000 Quadratmetern. An der großen Hauptstraße findet man einen Saloon und ein Gefängnis, eine Stellmacherei und einen Kaufladen, eine Druckerei und eine Postkut-schenstation, eine Schmiede, eine Apotheke und sogar einen Friedhof. Das alles ist maßstabsge-treu im Verhältnis 1:1 gebaut, originalgetreu im Stil der Kolonistenstädte vor 150 Jahren.

Im hinteren Teil des Geländes gibt es ein Mu-seum zur Geschichte von Texas und seinen Be-wohnern. Da lernt man etwas über das Leben der Indianer, der Mexikaner (denn ursprünglich war Texas ja ein Teil von Mexiko) und der West-männer, die Texas für die Vereinigten Staaten eroberten. Ein Denkmal erinnert an die Schlacht von Alamo 1836, in der 190 aufständische Texa-ner unter Führung von David Crocket den Tod fanden. Derzeit wird dort auch eine Replik des Forts Alamo errichtet.

Das alles ist kein Museum, wo das Berühren der Gegenstände untersagt ist. In der »Old Texas Town« sind alle Besucher aufgefordert, fröh-lich mitzumachen, wenn der Bürgermeister Jack Hunter alias Rolf Keber zum Tag der offenen Tür einlädt. Dann wird im Saloon und auf den Straßen getanzt. Natürlich Square Dance und Line Dance; die Kinder können auf den Ponys reiten wie einst die Westmänner, und landestypi-sche Verpflegung gibt es auch. Sogar die Kirche ist nicht nur Ausstellungsstück. Sie ist im Kir-chenregister eingetragen, und wer mag, kann

dort den Bund fürs Leben eingehen oder seine Kinder taufen lassen.

Die Hobby-Cowboys können auf eine lange Tra-dition zurückblicken. Schon in den dreißiger Jahren gab es einen Cowboy-Klub in Neukölln, aber seine Mitglieder mussten sich bei den Nazis »Weidereiter« nennen. Nach dem Krieg lebte der Cowboyclub »Old Western Town« wieder auf. Man machte sich historisch getreue Kluften und Kleider, denn Frauen gehörten natürlich immer dazu. Die Cowboys aus Spandau wirkten bei Polizeifesten mit, traten in der Waldbühne auf und waren ein unverzichtbarer Bestandteil des deutsch-amerikanischen Volksfestes. Davon zo-gen sie sich aber wegen der immer stärker wer-denden Kommerzialisierung zurück. Sie wollten keine Fassade sein.

Der erste Anlauf für den Bau einer Westernstadt im Schatten des Kraftwerks Ernst Reuter musste weichen, als das Kraftwerk erweitert wurde. Da traf es sich gut, dass Siemens ganz in der Nähe eine wüstenartige Brache hatte. Die wurde 1968 vom damaligen Vorsitzenden Ben Destry ange-pachtet, und der Wiederaufbau konnte begin-nen. Alles, was wir heute in »Old Texas« sehen, ist das Ergebnis liebevoller und aufopferungsbe-reiter Eigenarbeit der Vereinsmitglieder. Aber wie einst in Amerika wächst die Stadt ständig. Und sie ist auch schon wieder bedroht, denn Sie-mens findet Investoren für diese Ecke, die mehr zahlen können als so ein Verein von Idealisten.

Deshalb sollte man die Chance zu einem Besuch in »Old Texas Town« möglichst bald nutzen. Der nächste Besuchertermin ist der 5. Oktober. Da sind wieder alle Gebäude geöffnet und laden zum Mitmachen ein. Über der Town weht dann die Lonestar-Flagge von Texas. Der Westernstore ist geöffnet, für das leibliche Wohl ist gesorgt. Überall ist was los, nur auf dem Friedhof nicht. Der Ein-trittspreis beträgt acht Euro für Sitzplätze und fünf Euro für Stehplätze. Kinder zahlen 1,50 Euro.

Man erreicht die Westernstadt mit der U-Bahn nach Spandau, Haltestelle Paulsternstraße. Und wer unbedingt mit dem Auto hinfahren will, fin-det auch reichlich Parkplätze.

Gefängnis von »Old Texas Town«

Page 7: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 ORTE | 7

I N FO

› www.old-texas-town.de

Page 8: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

01

02

strassenfeger | Nr. 19 | September 20138 | ORTE

Schiffe sind MangelwareSeit 90 Jahren ist der Westhafen ein zentraler Umschlag- und Lagerort der Hauptstadt. Doch Schiffe sieht man hier heute selten: Was fehlt, sind auch für große Schiffe befahrbare Wasserstraßen.T E X T & F O T O S : J u t t a H .

Die »Lagerhalle 1« liegt direkt an einem der bei-den Hafenbecken. Hier, wo viele Jahrzehnte Waren aus aller Welt lagerten, ist seit kurzem die Verwaltung der Berliner Hafen- und Lager-hausgesellschaft (BEHALA), die Betreiberin

des Binnenhafens ist, untergebracht. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde saniert, moderne Büros sind entstanden, in denen Stil und Flair der ehemaligen Lagerhalle erhalten geblie-ben ist. Die Außenfassade besteht aus dem für die historischen Gebäude des Westhafens charakteristischen dunkelvioletten Klinker. Mit der Umwandlung ihrer Funktion verkörpert die ehemalige Lagerhalle den Wandel, den der zentrale Berliner Hafen im Laufe der Jahrzehnte durchgemacht hat.

Klaus-Günter Lichtfuß ist Chef der Logistik bei der BE-HALA. Die betreibt neben dem Westhafen noch den Südha-fen in Spandau und den kleinen Hafen in Neukölln. Im Ostha-fen findet kein Güterumschlag mehr statt. Bei der Frage nach dem Geburtstag des Westhafens macht sich ein Lächeln auf dem Gesicht von Klaus-Günter Lichtfuß breit. Ja, natürlich habe man den 90. Geburtstag des Hafens Anfang September gefeiert. Bei herrlichstem Wetter habe es eine Feier für Kun-den und Mitarbeiter gegeben.

Ze i t w e i s e D e u t s c h l a n d s z w e i t g rö ß t e r B i n n e n h a fe n

Als der Westhafen am 3. September 1923 in Betrieb genom-men wurde, schloss er eine wichtige Lücke im Bedarf der zum Industriestandort heranwachsenden Hauptstadt. Schnell waren die Kapazitäten ausgeschöpft und man musste die 430 000 Quadratmeter große Hafenfläche weiter ausbauen. Der Westhafen wuchs zeitweise zu Deutschlands zweitgröß-tem Binnenhafen heran. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier ein Teil der sogenannten Senatsreserve gelagert - ein Vor-rat an Grundnahrungsmitteln und Gebrauchsgegenständen, mit dem die West-Berliner Bevölkerung im Falle einer erneu-ten Blockade der Stadt ein halbes Jahr hätte versorgt werden können. Im wiedervereinigten Deutschland musste sich der Hafen dann ganz neu aufstellen. »Wir mussten uns umstruk-turieren, einen Hafenbetrieb schaffen, der sich am Markt be-haupten kann«, sagt Logistiker Lichtfuß. Die BEHALA sei heute ein modernes Dienstleistungsunternehmen mit dem Immobiliengeschäft als zusätzlichem Standbein.

Bei allem Wandel ist jedoch das Kernprinzip des Westhafens heute dasselbe wie vor 90 Jah-ren. Es ist das Kernprinzip jedes Hafens, in dem Güter umgeschlagen werden: Waren werden angeliefert, gelagert und abgeholt. Hier im Ha-fen fließen die Warenströme aus allen Himmels-richtungen zusammen. Der Bedarf der Berliner nach nützlichen und nicht nützlichen Gütern, hier verbildlicht er sich in vollen Speichern und hohen Containertürmen.

Wer das Gelände des Westhafens erkundet, zwischen den lila-roten Gebäuden, Lagerhallen und Speichern entlang wandert, begibt sich mit-ten in den permanenten Warenstrom. Unablässig fahren LKW, beladen oder unbeladen, in den Ha-fen hinein und wieder hinaus, unablässig werden Züge rangiert, unablässig sind Kräne im Einsatz. »Dass ein Hafen ein Knotenpunkt mit viel Ver-kehr ist, das ist ja gerade das Charakteristische an ihm«, sagt Klaus-Günter Lichtfuß. Deshalb gebe es hier auch vergleichsweise höhere Emissi-onen. Diese zu reduzieren, das sei aber die Auf-gabe, der man sich stellen müsse.

Zu t i e fe B r ü c ke n u n d z u k u r z e S c h l e u s e n

Den Gütertransport per Binnenschiff sieht er da als positive Zukunftsoption. Doch zu verwirkli-chen ist diese in nächster Zeit im Westhafen wohl erstmal nicht. Zweimal haben sie hier schon den Versuch gestartet, eine Containerlinie auf Spree und Havel, zwischen Berlin und Hamburg, zu etablieren. Doch es rechnete sich nicht. Die Zahl von 54 Containern in Standardgröße, die auf ein sogenanntes Europaschiff passen, war viel zu ge-ring, um die anfallenden Betriebskosten wieder einzufahren. Rechnen würde sich der Einsatz von Schiffen, die 100 Container fassen. Doch was auf dem Wasserweg nach Hamburg fehlt, sind befahrbare Wasserstraßen für solche Groß-motorschiffe. An einer Stelle der Havel ist eine Brücke zu tief für ein zweilagig mit Containern

Page 9: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

01 Steht heute unter Denkmalschutz: Ein alter Hafenkran

02 Eine Art Wahrzeichen ist das ehemalige Verwaltungsgebäude mit Turm

03 Trimodale Containerbrücke: beladen werden können Schiff, Zug und LKW

04 Kraftstoff für die Hauptstadt: Hier lagern Heizöl, Diesel, und Benzin

05

06

Rohkaffee aus Viertnam gelangt aus dem Container über einen Trichter ins Silo

03

04

05

06

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 ORTE | 9

beladenes Schiff. Und im Elbe-Seiten-Kanal gibt es eine Schleuse, deren Trog zehn Meter zu kurz ist, um ein 110 Meter langes Containerschiff zu fassen.

Dabei hätte die sogenannte Nordtrasse nach Hamburg laut Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 17 bereits 2001 für Großschiffe ausge-baut sein sollen. Im Rahmen dieses Förderpro-jektes ist im Westhafen ein großer Containerter-minal entstanden. Es belädt heute ausschließlich Bahn und LKW. Längst haben die im Westhafen das Schiff als wichtigstes Transportmittel abge-löst. Lichtfuß rechnet erstmal nicht damit, dass sich in der kommenden Zeit an der Nadelöhr-Situation auf dem Weg nach Hamburg etwas ändern wird. »Die nächsten zehn Jahre werden wir mit den großen Schiffen wohl auf der Strecke nicht fahren können«, sagt der BEHALA -Mann und verweist auf »klamme Kassen«.

Etwa 100 000 Container jährlich gelangen deshalb weiter vorrangig auf der Schiene in den Westhafen. Täglich kommt hier ein Container-zug aus Hamburg an, der »hat alles geladen, was man sich vorstellen kann«, sagt Klaus-Günter Lichtfuß. Außerdem erreicht täglich ein Zug aus dem Ruhrgebiet die Hauptstadt. Der brachte mal ausschließlich Waren für die Berliner Karstadt-Kaufhäuser, heute transportiert er auch andere Güter. Seit März dieses Jahres ist zudem einmal wöchentlich ein Zug auf der Strecke Amsterdam-Berlin unterwegs, der Rohkakao in die Haupt-stadt bringt und von den BEHALA -Mitarbeitern »Kakao-Zug« genannt wird.

R o h k a f fe e a u s d e r g a n z e n We l t

Viele Flächen und Gebäude auf dem Hafenge-lände sind vermietet an Firmen, die Geschäfte machen mit Asphalt, Zement, Schrott, aber auch Wein oder Papier. In einem ehemaligen Getreidesilo lagert eine Firma Rohkaffee, der den Westhafen aus der ganzen Welt erreicht und

hier später mit dem LKW zu einer Rösterei in Reinickendorf gefahren wird. Ebenfalls in ei-nem ehemaligen Getreidespeicher ist seit 1997 die Kinderbuch- und Zeitungsarchiv-Abteilung der Berliner Staatsbibliothek untergebracht. Am stärksten ins Auge fallen auf dem Hafengelände die mächtigen weißen Tanksilos der Firma »Uni-tank«. Benzin und Diesel warten hier darauf, zu Berlins Tankstellen zu gelangen.

Eine Art Kind des Hafenbetreibers BEHALA liegt in einem der beiden Hafenbecken: Ein Schwerlastschiff, das den Namen »Ursus« trägt. »Ursus« heißt auf lateinisch »Bär«. Lichtfuß, der gelernter Schiffbau-Ingenieur ist, war wesentlich an der Entwicklung des Schiffes beteiligt. Dieses sei entwickelt worden, um für die nur einige hun-dert Meter entfernte Firma Siemens riesige Gas-turbinen, die bis zu 500 Tonnen schwer seien, zu transportieren. Seit Oktober letzten Jahres habe man etwa 30 Verladungen von Turbinen für Siemens vorgenommen, die vom Westhafen in die ganze Welt verschifft werden. Es wäre Ur-sus sicher recht, kämen demnächst noch ein paar Schiffe mehr in den Hafen.

Page 10: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

01 Diese Dame ist zur Hochzeit ihrer Tochter nach Berlin gekommen, denn die Eltern ihres Schwieger-sohns wohnen hier. Das Ehepaar wird in Los Angeles leben, wo es sich kennen gelernt hat. »Ich bin in Japan geboren und lebe in Seattle. Die Amerikaner sind sehr hößich. Aber die Deutschen sehr korrekt. Tragen auch bei der Arbeit Hemd und Krawatte. Das haben sie mit uns Japanern gemeinsam. Ich bin stolz, einen deutschen Schwie-gersohn zu haben. Dass die Mauer teilweise abgerissen wird, ist in den USA kein großes Thema. Aber ich bin sehr dagegen. Wir Touristen kommen doch auch deswegen hierher.« (Foto: Boris Nowack)

02 Kunst oder Krempel? Was würde Christo sagen? Von der Verhül-lungsaktion aus Protest ist jeden-falls bald nichts mehr übrig. (Foto: Boris Nowack)

03 Bürgerprotest gegen die Zerstörung des Denkmals (Foto: Andreas Düllick ©VG Bild-Kunst)

01

02

strassenfeger | Nr. 19 | September 201310 | ORTE

Denkmal nach!Über den Umgang Berlins mit der East Side GalleryE I N W U R F : B o r i s N o w a c k

Vor der Mauer, auf der Lauer, gewissermaßen, stehen zwei kleine Schildchen: Dass es sich um ein Denkmal handelt, steht darauf, errichtet nach 1961 (noch nicht als Denkmal gedacht), bemalt vom Februar bis September 1990. Kurz

nach dem Fall der Mauer. Und dass »Beschädigungen und Verunreinigungen« verboten sind und strafrechtlich verfolgt werden.

Doch was heißt das eigentlich genau? Dass der Schutz-mann einen beim Schlafittchen packen und mit dem Zeige-finger winken darf, wenn er einen beim Rumkritzeln auf der Mauer erwischt? »Diana liebt Johana«, »Hier war ich und Du nich«, das typische Klassenausflugsgekritzel eben. Oder damit nicht jemand auf die Idee kommt, ein größeres Stück herauszubrechen, um es sich in den Garten zu stellen? Als Andenken an einen angenehmen Aufenthalt, etwa.

Anruf bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Was es denn für Konsequenzen hätte, wenn man ein Denkmal beschädigt oder verunstaltet. »Sie haben also ein Denkmal beschädigt?«, fragt die Dame am Telefon neugierig. Nein, ich habe gar nichts beschädigt. Ich möchte bloß wissen, was die Auszeichnung Denkmal in so einem Fall bedeutet. »Das ist wohl eine Sachbeschädigung wie jede andere«, heißt es etwas allgemein. Aha, dann hat eine Auszeichnung als Denkmal also gar keine Bedeutung?

Nachfrage bei der Stiftung Denkmalschutz Berlin, die sollten doch wissen, wie das mit der Beschädigung von Denk-mälern ist. Die Telefonnummer führt direkt in das Büro der Kanzlei von Lothar de Maizière, einem der Vorstände der Stiftung. Es gibt aber keine Geschäftsstelle mehr, sagt man mir, deswegen könne man mir keine weiteren Auskünfte am Telefon geben. Rechtliche Beratung sowieso nicht. Bitte alles per E-Mail einreichen, es wird dann dem Vorstand vorgelegt. Dauert mir zu lange.

Himmel! Ist es denn so schwer herauszufinden, was bei

Beschädigung eines Denkmals passiert? Zumal einem so bedeutenden wie der Berliner Mauer?

D e n k m ä l e r s t e h e n n i c h t e w i g u n v e r ä n d e r t

Anruf beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuz-berg, der unteren Denkmalschutzbehörde für die Gallery. Leiter Olav Vogt fragt, ob es bei der Beschädigung um die Einhüllung durch die Künstlerinitiative geht. Nein, eher um den Tei-labriss, der durch die Stadt genehmigt wurde. Grundsätzlich sieht auch er die Verunstaltung eines Denkmals als Sachbeschädigung wie jede andere an, unter Umständen mit der Auflage, es wieder in den Urzustand zu versetzen. Das ist so in den Denkmalschutzgesetzen festgelegt. Einen besonderen Schutz bietet die Auszeich-nung Denkmal nicht, nur für den Eigentümer die Verpflichtung, vor einer Veränderung eine Genehmigung einzuholen. »Veränderungen an Denkmälern wird es immer wieder geben. Es ist eine irrige Vorstellung in der Bevölke-rung, dass an Denkmälern für alle Ewigkeit nichts mehr bewegt werden darf«, stellt Vogt klar. Auch eine Auszeichnung als Weltkultur-erbe der UNESCO, wie sie etwa Professor Leo Schmidt vom Lehrstuhl Denkmalpflege der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg für die East Side Gallery vorgeschlagen hat, würde daran nichts ändern. Olav Vogt glaubt aber auch nicht, dass es mehr Teilabrisse für In-vestoren geben wird, zumal die laufenden Ver-fahren auch noch nicht beendet sind. Für die momentane Bebauung jedoch hat der Investor eine rechtsgültige Genehmigung, von der die-ser sicherlich nicht abrücken wird.

To u r i s t e n d i e s e r We l t , s c h a u t a u f d i e s e M a u e r !

Das klingt für den Moment beruhigend. Doch wer weiß schon, was in zehn Jahren sein wird? Die Hure Berlin ist chronisch pleite und wird es immer sein. Vielleicht kommt wieder ein Freier und bietet nur genug Geld für ein Projekt. »Hey Süße, machst Du es auch ohne Mauer?« Heißt es dann wieder »Klar, kostet aber extra«?

Touristen und Denkmalschützer im Aus-land schütteln nur den Kopf über den Umgang der Berliner Politiker mit diesem geschichtli-chen Erbe, das zuerst für die Errichtung einer Veranstaltungshalle und nun für Wohnungen beschädigt wurde. Wer wird sich in Hundert Jahren schon für einen Mobilfunkanbieter O2 und seine Arena interessieren? Wenn es O2 dann noch gibt! Andererseits: Vielleicht heißt die East Side Gallery dann längst Vodafone-Wall. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis und wünschen Ihnen einen angenehmen Auf-enthalt in Berlin.

Page 11: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

03

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 ORTE | 11

Page 12: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

Oben: Das Gleisdreieck heute (Foto: Andreas P.), Unten: Ursprüngliche Gleisführung am Gleisdreieck (Quelle: Wikipedia)

strassenfeger | Nr. 19 | September 201312 | ORTE

Eine Berliner Brache wird wach geküsst!Die wechselvolle Geschichte des GleisdreiecksT E X T : D e t l e f F l i s t e r

Gefühlte Ewigkeiten war das Gelände am Gleisdreieck eine Brache. Seit 1. Juni gibt es auf dieser Fläche einen wunderbaren Freizeitpark. Das jahr-

zehntelang für die Öffentlichkeit unzugäng-liche Areal am Gleisdreieck ist nun wieder in den Stadtraum integriert und kann vielseitig für Sport, Freizeit und Erholung genutzt werden.

B a h n h o f G l e i s d re i e c k

Das Gleisdreieck wurde 1912/1913 in Hoch-lage zwischen den Gleisfächern der Anhalter, Dresdner, Stamm- und Wannseebahn errichtet. Westlich befindet sich das lange Zeit brachlie-gende Areal des ehemaligen Potsdamer Güter-bahnhofs, das vom Fernbahntunnel unterquert wird. Heute hat der Name Gleisdreieck nichts mehr mit der namensgebenden Form und Funk-tion zu tun. Bis 1912 verkehrten die abzweigen-den Züge hier tatsächlich in einem Gleisdrei-eck. Ein Plan von 1907, einen Kreuzbahnhof zu erstellen wurde erst einmal fallengelassen. Am 26. September 1908 gab es schließlich ein Zugunglück, das durch menschliches Versagen verursacht wurde. Zwei Züge waren gleichzeitig vom Potsdamer Platz bzw. von Bhf. Bülowstraße kommend Richtung Möckernbrücke eingebogen und zusammengeprallt. Ein Wagen des Zuges war aus acht Metern Höhe auf den darunter-liegenden Platz abgestürzt, was 17 Tote und 18 Schwerverletzte und das erste große Zugunglück in der noch jungen Berliner U-Bahngeschichte zur Folge hatte. Es wurde bekannt, dass der von Leipziger Platz kommende Zug, die auf »Halt« stehenden Signale überfuhr.

Nach einen weiteren Zugunglück am 17. Mai 1911 wurde vom Sommer 1912 an die Gleis-verzweigung aufgehoben, um weitere Unfälle zu vermeiden. Ein neuer Bahnhof wurde geplant, auf dem sich die Züge übereinander kreuzen und der von Sepp Kaiser entworfen wurde. 1912/13 wurde dieser Plan zwischen den Gleisflächen der Anhalter, Dresdner Stamm- und Wannseebahn realisiert.

Am Gleisdreieck endete nach dem Mauer-bau am 13. August 1961 die Linie A (ab 1966, Linie 2), für die 1950 Wendeanlagen angelegt wurden. Ab 1. Januar 1972 endete diese Linie dann bereits am Wittenbergplatz und der untere Teil des Bahnhofes Gleisdreieck wurde stillge-legt, weil sie ohne Weiterfahrt nach Berlin-Mitte unwirtschaftlich geworden war. Die Linie B (ab 1966, Linie 1, ab 1984 U1) bediente aber wei-terhin den Bahnhof Gleisdreieck. Diese Linie wurde schließlich durch das Stück »Linie 1« vom Gripstheater bekannt, das die Empfehlung gab: »Fahr‘ mal wieder U-Bahn, Linie 1! Tu Dir mal was Gutes an! Fahr‘ mal wieder U-Bahn, Linie 1!

Sieh‘ Dir mal die Menschen an!« Zwischen 1984 und 1991 wurde der stillge-

legte untere Teil des Bahnhofes ein Endbahnhof der Magnetbahn M1, die bis zum Bahnhof Kem-perplatz fuhr. Ich erinnere mich, wie ich strah-lend und mit wachsender Begeisterung dem Tag ihrer Eröffnung sehnsüchtig entgegensah und ihn nicht mehr abwarten konnte. Ich bin am Eröffnungstag die Strecke bestimmt mindestens fünf Mal hin- und wieder zurückgefahren und genoss die Leichtigkeit mit der die Bahn über die Gleise glitt und das damit verbundene Fahrge-fühl. Bis zur Schließung war die Benutzung die-ser Bahn für mich regelrecht ein Ritual an den Nachmittagen Montag, Mittwoch und Freitag und ich war bei ihrer Schließung richtig traurig. Die M1 musste übrigens der Wiederinbetrieb-nahme der U-Bahn weichen, deren Wiederauf-bau zwei Jahre in Anspruch nahm. Die U-Bahn-Linie 2 konnte schließlich ab 13. November 1993 wieder durchgehend von Ruhleben über Gleisdreieck nach Vinetastraße fahren.

D e u t s c h e s Te c h n i k m u s e u m B e r l i n

Dieses Museum hatte und hat noch immer meine große Bewunderung. Viele Tage meines Lebens

verbrachte ich in diesem Museum, das übrigens 2010 von 494.317 Besuchern aus der ganzen Welt frequentiert wurde. Gerne sah ich mir die alten Eisenbahnzüge dort an. Auch die dort sta-tionierten Versuche machten mir das Verstehen der Technik leichter, zumal ich nicht gerade ein Technikfreak war und auch heute noch nicht bin. Es wurde 1983 als Museum für Verkehr und Technik eröffnet, einen Namen den es bis 1996 behielt. Das Museum sieht sich als Nachfolgein-stitution der mehr als 100 technischen Samm-lungen, die es in den vergangenen Jahrhunderten in Berlin gab. Die Ausstellungsfläche ist über 25.000 Quadratmeter groß und befindet sich auf dem Gelände einer Eisfabrikation und des An-halter Güter- und Postbahnhofs.

N e u e r Pa r k a m G l e i s d re i e c k

Der neue Park am Gleisdreieck ist eine öffent-liche Grün- und Erholungsanlage auf rund 26 Hektar Fläche. Das aufwendige Planungsverfah-ren löste Begeisterung und eine große Bürgerbe-teiligung aus. Gleichzeitig stellt der Park einen wichtigen stadtökologischen und stadtklimati-schen Baustein der Berliner Freiraumkonzep-tion dar. Für die Bewohner der angrenzenden Quartiere, die Geschäftsleute, die am Potsdamer Platz oder im benachbarten Technikmuseum ar-beiten, aber auch für Besucher und Touristen ist der Park gleichermaßen attraktiv. Mitten in der Großstadt kann man Abstand vom Alltäglichen gewinnen, neue Energie tanken, eine Runde lau-fen oder einfach nur relaxen. Weite Rasenflächen mit vereinzelten Baumgruppen, ein Wäldchen, lange Holzbänke, Sport- und Spielstätten, breite und vor allem barrierefreie Wege laden zum Ver-weilen ein und machen diese Anlage zum für mich persönlich schönsten Stadtpark in Berlin.

Page 13: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

01

02

03

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 ORTE | 13

01 Fort Hahneberg Kehlkaserne (Quelle: Wikipedia/Norhei)

02 Atemberaubende Landschaft am Hahneberg, Spandau (Quelle: Wikipedia/Norhei)

03 Bei Führungen durch das Fort können Besucher die historischen Anlagen, das spannende Relief mit dem Schluchtwald und die blütenreichen Trocken-rasen auf den Wällen erleben. (Quelle: www.stadtentwicklung.berlin.de)

Fort Hahneberg – geheimnisvoller Ort der KindheitKaserne, Zentralarchiv für Wehrmedizin, Behelfslazarett Rodelbahn und FilmkulisseB E R I C H T : C a D a

Der westlichste Stadtbezirk Berlins ist Spandau, dessen Stadtrand wieder von der Gartenstadt Staaken und dem heutigen Staaken-West gebildet wird.

Das heutige Staaken-West wurde sehr viel früher auch Vorwerk Staaken genannt, was wiederum mit dem Festungsbau in Spandau mit der Zita-delle zusammenhängt. Dort steht bis heute noch das Fort Hahneberg und ist seit der Wende nicht mehr militärisches Sperrgebiet zu Westberlin, wo es zu den Sperranlagen am Grenzübergang Heerstraße (Staaken).

Das Fort Hahneberg wurde nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 in Planungs- und Bauauftrag gegeben. Der Ursprüngliche Zweck seiner Bestimmung war der Schutz Spandaus als Rüstungsstandort des deutschen Kaiserreiches. 1888 war die sechsjährige Bauzeit vorbei und da sich die Waffentechnik seit Baubeginn gerade in weiter reichenden Kanonen weiter entwickelte hatte, wurde der Verwendungszweck somit auf-gehoben. Alle weiteren Bauten dieser Art, die wie dieses Fort noch gebaut werden sollten, wurden verworfen beziehungsweise nicht gebaut.

Das Fort Hahneberg wurde nach seiner Indienst-stellung bis 1945 mehrfach für andere Zwe-cke als dem Ursprünglichen verwendet. So war es nach den Erzählungen meines Großvaters mehrfach Kaserne, Zentralarchiv für Wehrme-dizin und Behelfslazarett. Beim Küstriner Putsch vom 1. Oktober 1923, nach dem Anführer auch Buchrucker-Putsch genannt, wurde das Fort, wie auch die Zitadelle Spandau für eine Zeit von den Putschisten besetzt, die sich selbst nach kurzer im Fort den regulären Reichswehrtruppen erge-ben mussten. Von 1924 bis 1934 wurde es dem »Flugtechnischen Verein Spandau 1924 e.V.« zur Nutzung als Segelflugzeugwerft überlassen. Nach dem Kriegsende wurden viele der gebrannten Zie-gel als Baumaterial genutzt, einige sollen davon auch in Häusern in der Nähe des Forts stehen. Für nicht Ortskundige: Der eigentliche Hahne-berg liegt selbst weiter hinter dem Fort, wenn

man von der Bundesstraße B5 (oder wie von Alteingesessen auch nur »Hamburger« genannt) den Hang hinauf sehen könnte. Für Berliner Verhältnisse ist er im Vergleich zum Fort und seinen Steigungen ein müder Sandhaufen. Dass das Fort Hahneberg mit seiner Aufschüttung so imposant wirkt, liegt daran, dass es fünf Etagen hoch gebaut wurde. Wobei hoch bauen nicht wörtlich zu nehmen ist, denn es wurde, wenn auch nicht ganz, zum größten Teil in die Erde versenkt. Der Aushub des Fundamentes wurde um das Bauwerk herum aufgeschüttet. Durch die große Grundfläche des Gebäudes und der da-mit verbundenen Menge an Aushub wurde Fort Hahneberg höher als sein Namensgeber.

Ich hatte um 1978 das Glück mit meinem Freund, meinem Bruder und meiner Mutter das Fort heimlich zu betreten. Damals war dort noch kein Zaun herum, der Abstieg war recht gefähr-lich, und es konnte auch Patroullien vorbei kom-men mit allen damaligen Konsequenzen. An der Hangseite, abgewandt von den Grenzsperranla-gen, gab es steile Gefälle. Für die Kinder waren das herrliche Rodelbahnen im Winter – eine der gefürchtetsten war die F5. Sie wurde so von ei-nigen Kindern genannt, weil ihr Ende durch eine Stahlblechwand kurz vor dem Bordstein an der Straße markiert wurde. Trotz vieler Ermahnun-gen von Erwachsenen schafften es einige größere Kinder über diese Stahlblechwand zu segeln. Es gab leider auch tödliche Unfälle. Übrigens: Wenn heute ältere Einheimische vom Hahneberg reden, so meinen sie meist die An-höhe des Forts, an derem Fuß auf der einen Seite der Straße die Anhöhe hinauf führt. Dort lag auch der Dorffriedhof. Auf der anderen Seite gab es die Dorfkneipe der Bauern. Fort Hahneberg brachte es mittlerweile schon zu einem gewissem Filmruhm in Hollywood: Kult-Regisseur Quen-tin Tarantino benutzte den Ort für seinen Film »Inglourious Bastards« als Filmkulisse. Heute kümmert sich die »Arbeits- und Schutzgemein-schaft Fort Hahneberg e.V.« um die Anlage, die Führungen etc. anbietet.

Page 14: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 201314 | ORTE

Was machen die mit den Menschen?Niedrigschwellige Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe in BerlinB E R I C H T : J a n M a r k o w s k y | F O T O : A n d r e a s D ü l l i c k © V G B i l d - K u n s t

In den monatlichen Sitzungen der AG Le-ben mit Obdachlosen wird immer wieder mal die niedrigschwellige Arbeit bestimm-ter Einrichtungen der Wohnungslosen-

hilfe in Frage gestellt. Ein Teilnehmer stellte immer wieder mal die Frage, was dort mit den Menschen passiert.

Ü b e r l e b e n s h i l fe f ü r M e n s c h e n o h n e Wo h n u n g - o d e r d o c h m e h r ?

Die Kältehilfe wurde in Berlin 1989 als Überle-benshilfe ins Leben gerufen. Tenor: Obdachlose vor dem Kältetod retten. Das ist auch wieder in der Kältehilfesaison 2013/2014, die in zwei Monaten beginnt, wichtig. Ansonsten scheint sich nicht viel zu tun. Die Gäste werden einge-lassen, versorgt und dann wieder entlassen. Ei-gentlich werden nur die Gäste versorgt. Dass in Notübernachtungen mehr passiert, als nur Hilfe zum Überleben konnte ich ahnen, als ich wegen einer ärztlichen Behandlung eine Nacht im Auf-enthaltsraum der Notübernachtung der Berliner Stadtmission in der Lehrter Straße verbrachte. Ein hochgradig alkoholkranker Mann wandte sich weit nach Mitternacht an die Mitarbeiterin am Ausgabetresen. Er wollte reden. Weit über eine Stunde erzählte er von seiner Zeit als Kind, von seinem Lieblingsessen, von seiner Mutter, von… Diese Annahme, diese Anerkennung als Person scheint wenig für einen Menschen, der in seinem Umfeld anerkannt ist, ist viel für einen Menschen, der von anderen Menschen Verach-tung und Geringschätzung erfährt, der herum-gestoßen wird.

Ein drastisches Beispiel zeigt der Dokumen-tarfilm »Keinen Tag soll es geben«. Den Spruch »Geh doch arbeiten!« hat so mancher Verkäufer von Straßenzeitungen gehört. Die Menschen, die hier gezeigt wurden, erzählten von ihrer Arbeit auf einem Fang- und Verarbeitungsschiff. Sie hatten jahrzehntelang schwer gearbeitet, be-vor die Wende kam und sie erst ihren Job und dann ihre Wohnung verloren. Da nimmt es nicht Wunder, wenn da Misstrauen gegenüber anderen Menschen zu spüren ist.

Die meisten wohnungslosen Menschen ha-ben in den Amtsstuben schlechte Erfahrungen gemacht. Mitarbeiter_innen in Sozialämtern haben sich nicht immer durch Verständnis ge-genüber ihren »Kunden« ausgezeichnet. Das ist in den so genannten Jobcentern nicht besser geworden.

In so einer Gesellschaft ist Annahme und Anerkennung als Mensch verdammt viel wert.

Es geht um Vertrauen, es geht um Beziehung. Das Zusam-menleben verschiedenster Menschen auf engem Raum in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe – auch auf Zeit – ist nicht frei von Konflikten. Hier muss ein Mitarbeiter der Ein-richtung Konflikt entschärfend eingreifen.

Fre i e r W i l l e ko n t r a w o r k fa re

Ein Mensch, der sich in das Leben auf der Straße eingerich-tet hat, sieht gar keine Veranlassung, sein Leben zu ändern. Versuche, hier den Obdachlosen gegen seinen Willen mit Zwang oder Überredung zu brechen, werden nicht von dau-erhaftem Erfolg gekrönt sein. Der Umgang mit arbeitsfähigen wohnungslosen Menschen in Jobcentern zeugt von mangel-hafter Kompetenz der Mitarbeiter in diesen Ämtern. Haben Mitarbeiter, die die Macht haben, das sozialökonomische Existenzminimum eines Menschen aus nichtigen Gründen zu entziehen, überhaupt die Möglichkeiten, wohnungslosen Menschen eine Perspektive zu bieten? Ein Blick zurück zeigt, workfare zeugt nicht von demokratischem Verständnis. Die Arbeitshäuser wurden in Deutschland im Zeitalter des Ab-solutismus eingerichtet. Nach dem Wiener Kongress wurden die Kontrollen gegen Wanderer verschärft. Höhepunkt war die Aktion »Arbeitsscheu Reich« 1938. Die Nazis hatten bei dieser Aktion mehr als 10 000 sogenannte »Asoziale« gefan-gen genommen, in Arbeitshäuser und Konzentrationslager gesteckt.

N i e d r i g s c h w e l l i g e E i n r i c h t u n g e n - e i n H o r t d e s Ve r b re c h e n s ?

In der konservativen Berliner Presse wurde gegen das Ob-dachlosenasyl Wiesenburg gewettert. Den Konservativen missfiel, dass sich die Obdachlosen dort nicht registrieren lassen mussten. In ihrer Arroganz schrieben sie vom »Hort des Verbrechens«. Tatsache ist, dass einige wohnungslose Menschen vor dem Staatsanwalt fliehen. In der Regel sind das kleine Delikte. Ich war jahrelang tagsüber mit einem obdach-losen Mann zusammen, der noch was offen hatte. Nachdem er sich dann durchringen konnte, nachfragen zu lassen, war er erleichtert. Die wenigen Tage saß er auf einer Arschbacke ab. Ich weiß, es gibt auch Gewalt unter Obdachlosen. Das ist aber die Ausnahme.

Wa s b e w i r k t n i e d r i g s c h w e l l i g e Wo h n u n g s l o s e n h i l fe ?

Einrichtungen, die jeder Besucher ohne Zugangsbeschränkung anonym besuchen kann, helfen den oft mehrfach traumatisier-ten wohnungslosen Menschen beim Überleben. Mit einem Men-schen an der Seite, den sie vertrauen, trauen sie sich auch in Äm-ter, sogar in Jobcenter. Ich habe Menschen, die auf der Straße lebten, getroffen, die irgendwann an einen Punkt gekommen sind, an dem sie ihr Leben ändern wollten. Solche Erfolge sind nicht gleich sichtbar. Es geht aber um die Menschen.

Auch mob – obdachlose machen mobil e.V. in der Prenzlauer Allee 87 arbeitet niedrigschwellig.

Page 15: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

I N FO

› www.vergangenheitsverlag.de

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 ORTE | 15

Berlin neu entdecken»Die schönsten Dörfer Berlins« von Edwine Bollmann und Peter RieprichR E Z E N S I O N : A n d r e a s P e t e r s

Berlin war nicht nur eine geteilte Stadt, die in den letzten 24 Jahren wieder zusam-mengewachsen ist. Bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden

viele umliegende Dörfer per Gesetz Berlin zuge-schrieben und eingemeindet. Dies verhalf Berlin zu der Größe, die für eine echte europäische Me-tropole kennzeichnend war und Berlin berühmt und berüchtigt machte. Mittlerweile macht diese Vielfalt die besondere Qualität Berlins aus. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich nach Berlin zog und in den ers-ten Jahren besonders viel Zeit damit verbrachte die verschiedenen Bezirke zu entdecken. Der Reiz bestand für mich darin, dass ich bei jedem Wechsel des Bezirks das Gefühl hatte, in einer anderen Stadt angekommen zu sein. Jeder Be-zirk versprühte einen ganz eigenen Charme, der durch einen Ortskern mit eigenem Marktplatz, Kirche, Gasthäuser und Rathaus geprägt war, wie es halt bei Dörfern so üblich ist.

Als ich dieser Tage das handliche Buch im Ta-schenformat mit dem Titel »Die schönsten Dör-fer in Berlin« in die Hände bekam, wurde ich auf wunderbare Weise an meine eigenen ersten Eindrücke von Berlin erinnert. Edwine Boll-mann und Peter Rieprich haben sich auf eine Entdeckungsreise durch die unterschiedlichen Berliner Bezirke begeben und in Form eines kleinen Reiseführers ihre Eindrücke anschau-lich und übersichtlich dokumentiert. Das Stö-bern durch die einzelnen Buchkapitel weckt die Lust und das Interesse, selbst noch mal genauer hinzuschauen und Berlin in seiner einzigartigen Vielfalt von Neuem zu entdecken.

Diesen kleinen Führer dabei zu haben, ist von besonderem Wert. Informativ mit touristischen Tipps, profund mit Zahlen und geschichtlichem Hintergrund belegt, führen uns die Verfasser kurzweilig von einem Ort zum nächsten. Hin-weise auf Verkehrsanbindung mit dem öffent-lichen Nahverkehr, wiederkehrende Veranstal-tungen und Sehenswürdigkeiten des jeweiligen Berliner Bezirkes werden am Ende eines jeden Kapitels hervorgehoben. Historische und aktu-elle Fotos veranschaulichen, was den charakte-

ristischen Reiz der Orte ausmacht. Dem Leser wird auf unterhaltsame und geistreiche Weise Berlins Geschichte näher gebracht. Dabei findet die in Alt-Lübars noch erhaltene Telefonzelle des Reichspost-Zentralamtes von 1934/35 mit ihrer Geschichte ebenso Erwähnung, wie die Orgel in der nahe gelegenen kleinen Kirche aus dem 18. Jahrhundert. An anderer Stelle werden die Legenden von außergewöhnlichen Men-schen nachgezeichnet und mit Orten verknüpft. Findet man sich zum Beispiel in Köpenick wie-der, dann erfährt man nicht nur von dem be-rühmten Hauptmann von Köpenick, sondern auch von den kriminellen Machenschaften des Serienmörders Bruno Lüdke oder den Gräuel-taten des Sturmbannführers Herbert Plönzke, der für die Ermordung und Verschleppung von vielen Köpenicker verantwortlich zeichnete.

Aufschlussreich ist dieser kleine Führer meines Erachtens durch die Hinweise auf jene Orte, an die wir oft täglich vorbeigehen, ohne uns ihre be-sondere Wirkung zu vergegenwärtigen. Der Hin-weis auf den schönsten U-Bahnhof Europas in Dahlem-Dorf, der einen ökologischen Bauernhof in seiner Nachbarschaft hat, ist so ein Beispiel. Der alte Dorfkern von Marzahn ein weiteres, das in dem Buch mit hintergründigen Geschichten beschrieben wird. Wer sich heute vor Ort über die Geschichte Alt-Marzahn informieren möchte, der weiß anhand des Buches nicht nur, wo er das kann, sondern auch, dass der heutige Informati-onspunkt im letzten Jahrhundert noch die Post- und Milchabholstelle war. Der Aha-Effekt lässt auch an anderer Stelle des Buches nicht lange auf sich warten. Oder hätten Sie gewusst, dass dort in der Nähe, wo sich die Havel zum Kanal verengt, asiatische Wasserbüffel, friedlich, wie es ihre Art ist, für Landschaftspflege sorgen.

Ohne Zweifel, wer das Buch »Die schönsten Dörfer Berlins« gelesen hat, der weiß einfach mehr über Berlin und seine Geschichten. Der wird mit neugierigerem Blick durch andere Be-zirke wandeln und diese Stadt noch ein biss-chen mehr ins Herz schließen. Bollmann und Rieprich sei Dank für diese wunderbare Lek-türe, die im Vergangenheitsverlag erschienen ist und für 9,90 Euro erhältlich ist.

Cover (Quelle: Verlag)

Page 16: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 201316 | TAUFRISCH & ANGESAGT a r t s t r a s s e n fe g e r

K ATA LO G

ARTE POSTALE. Bilderbriefe, Künstlerpostkarten, Mail Art aus der Akademie der Künste und der Sammlung Staeck.

Rosa von der Schulenburg im Auf-trag der AdK (Hrsg.)

AdK, Archiv, Berlin 2013

Preis 20,00 Euro

ARTE POSTALEoder – die große Wirkung des kleinen Formats A U S S T E L L U N G S B E S P R E C H U N G : U r s z u l a U s a k o w s k a - W o l f f

Es ist still, mucksmäuschenstill in den vier spärlich beleuchteten Ausstellungssälen der Akademie der Künste am Pariser Platz 4. Die Menschen beugen sich über den Tischen, versuchen, die an manchen Stellen schon etwas verblassten und vergilbten

handgeschriebenen Botschaften zu entziffern: Papier ist ge-duldig und langlebig, doch es verträgt nur wenig Licht. Die Stimmung ist ernst und konzentriert, denn es bietet sich eine seltene Möglichkeit, Einblicke in das private und intime Le-ben von mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten zu bekommen: in Briefe und Postkarten, die Künstlerinnen und Künstler, Schriftstellerinnen und Schriftsteller sowie andere Intellektuelle geschrieben und mit eigenen Zeichnungen, Aquarellen und Grafiken verziert haben. In der Ausstellung »Arte Postale« verbinden sich die privaten Geschichten der Schreibenden mit der Geschichte ihrer Zeit. » Die Kunst der Post« hat drei Schwerpunkte: den historischen Teil mit »Künstlerpost aus den Akademie-Archiven«, die »Mail Art – per Post über die Grenzen« sowie Postkarten, Postkarten-entwürfe und Künstlerpost aus der Sammlung Staeck. Die 700 Exponate, von denen die meisten zum ersten Mal gezeigt werden, stammen aus den letzten hundert Jahren. Was man da im allgemeinen und einzelnen sehen und lesen kann, ist anrührend und berührend, bewegend und anregend, subver-siv, ironisch und heiter. Die Ausstellung führt vor, welches

schöpferische Potenzial in den selbst gestalteten »Poststücken« steckt und ist zugleich auch eine Schau der Kunstgeschichte im kleinen Format.

A u f d e r H ö h e d e r Ze i t

»Das Spektrum der >Arte Postale< ist groß«, sagt Rosa von der Schulenburg, Leiterin der Akademie-Kunstsammlung und Ausstellungs-kuratorin. »Es reicht vom Anfang des 20. Jahr-hunderts bis heute, von Expressionismus, Dada, Fluxus bis postmodern und brandaktuell, von romantischen Liebesbriefen, die Erich Engel, einer der wichtigsten Brecht-Regisseure, 1907 als Sechzehnjähriger an seine Jugendliebe Annie Triebel schickte, bis zu Wort- und Bildgrüßen von Baby Meese und seiner Mami an >Dady< Klaus Staeck. Brandaktuell sind auch die Grüße, die das Akademiemitglied Joachim John an uns sendet: Aus seinen Papierkorb fischt er Schnipsel von verworfenen Zeichnungen und Aquarellen, die er zu launigen Postkarten montiert. Mit die-ser Kunstwerkschöpfung als Autorecycling ist der achtzigjährige John ganz auf der Höhe der Zeit. >Arte Postale< zeigt halt Künstlerinnen und Künstler aller Sparten und Menschen, die in Wort und Bild etwas zu sagen hatten und dies per Post mitteilten. Es gibt darunter politisch Brisan-tes, aber auch witzig Verspieltes: eben die ganze Bandbreite der künstlerischen Post.«

M e i s t e r w e r ke d e r E p i s t o l o g i e

Die Bandbreite der mit der Post beförderten Kunst ist in der Tat beeindruckend und, trotz der Fülle der Exponate, nicht erdrückend. Das ist zum einen das Ergebnis einer klaren Aus-stellungsstruktur, verbunden mit einer unauf-dringlichen Ausstellungsarchitektur von Simone Schmaus, die sich vor allem dadurch auszeich-net, dass sie eine ungestörte Betrachtung der fragilen Papiere ermöglicht. Der historische Teil von »Arte Postale« ist mit Postkarten und Bilder-briefen bestückt, die aus den Archiven und der Kunstsammlung der Akademie stammen. Es gibt darunter bekannte und etwas in Vergessenheit geratene Namen wie Else Lasker-Schüler, Max

01

Page 17: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

02 03

04

05

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 TAUFRISCH & ANGESAGT | 17 a r t s t r a s s e n fe g e r

P O ST K A RT E N - E D I T I O N

Mit Reprints von ausgewählten Mo-tiven aus der Ausstellung und einer hierfür von Klaus Staeck gestalteten Postkarte

Pechstein, Max Schwimmer, Hans Scharoun, George Grosz, Györgi Ligetti, Gustav Seitz, Sarah Kirsch oder Reinhard Döhl. Vieles, was da auf den lindgrün gestrichenen Holztischen unter Akrylglas präsentiert wird, gehört zu den Meisterwerken der Epistologie und Kalligraphie: der wunderbare Rollbrief, den der Architekt Bruno Taut im November 1933 aus seinem ja-panischen Exil an Emmi Wittich schrieb, Einar Schleefs Briefwechsel (1978-1979) mit seiner in der DDR lebenden Mutter, aus dem der Roman »Gertud« entstand, die auf erlesenen Papieren geschriebenen, mit Siegellack oder fernöstlichen Stempeln, gepressten Blüten und Pflanzen ver-sehenen Briefbotschaften von Horst Drescher. Neben dem unbestrittenen künstlerischen Wert sind diese und andere Exponate der »Arte Pos-tale« Zeugnisse der Zeit, in der sie entstanden, ein Spiegel des 20. Jahrhunderts in Deutschland, Europa und auf der Welt.

N e t z w e r ke d e r K o m m u n i k a t i o n

Die kleinen Formate entfalten langsam ihre Wir-kung. Sie sind nicht für das heute so verbreitete Kunstjogging geeignet, denn sie sollten mit klei-nen Schritten begangen werden. Begangen ist das richtige Wort: Die Ausstellung hat die Form einer begehbaren Installation. Das Publikum umkreist langsam die Tische in einer Bewegung, die der Serpentine gleicht. Dabei kann man inte-ressante Zusammenhänge entdecken: dass zum Beispiel die 1919 von Bruno Taut initiierte Brief-gemeinschaft »Gläserne Kette«, der 14 Architek-ten, Künstler, Kunstkritiker und Schriftsteller angehörten, eines der ersten Netzwerke der Mail Art war, obwohl dieser Begriff viel später, An-fang der 1970er Jahre erfunden wurde. Die Mail Art, eine subversive und grenzüberschreitende Kunst der Kommunikation, war vor allem in den 1970ern und 1980ern in Osteuropa und Süd-amerika stark verbreitetet, also in jenen Teilen der Welt, die unter mehr oder weniger blutigen Diktaturen litten. Die selbst gestalteten und an Künstlerkollegen, die in freien Ländern lebten, adressierten Postkarten, waren häufig die einzige Möglichkeit, versteckte Botschaften zu senden,

Protest zu bekunden, die Zensur zu täuschen und auf Missachtung der Menschenrechte hin-zuweisen. Das führte wiederum zu Protestakti-onen der internationalen Mail-Art-Gemeinde, die bewirkten, dass zwei verhaftete Mailartisten (Clemente Padín und Jorge Caraballo) Ende der 1970er Jahre aus einem Gefängnis in Uruguay vorzeitig entlassen wurden. Ein einzigartiges Denkmal der Mail Art ist das Archiv von Guil-lermo Deisler, eines exilchilenischen Künstlers und Vertreters der Visuellen Poesie, der aus der DDR nach Bulgarien abgeschoben wurde, kurz vor der Wende nach Halle zurückkehren durfte, wo er 1995 frühzeitig starb. Sein Archiv, das der Kunstsammlung der Akademie gehört, besteht aus Kunstwerken von 1249 Mailartisten aus 55 Ländern. Die fünftausend internationalen Kleinodien aus Papier lagern in Kartons, welche kleinere oder größere Stapel bilden. Es ist eine raumgreifende begehbare Skulptur, die wie Wol-kenkratzer einer Stadt aussieht.

I m V i s i e r d e r S t a a t s s i c h e r h e i t

Die südamerikanische Militärjunta in Chile, Argentinien und Uruguay hatte zumindest eine Gemeinsamkeit mit der DDR: die kleinen Kunst-werke der Mail Art, vor allem die Postkarten, be-trachteten ihre »Sicherheitsorgane« mit großem, manchmal sehr gefährlichem Ernst. Postkarten der in Bitterfeld und Heidelberg lebenden Brü-der Rolf und Klaus Staeck waren im Visier der Stasi, was man in den zum ersten Mal gezeig-ten Unterlagen zum »operativen Vorgang Reni« aus dem Jahr 1978 lesen kann. Dort steht zum Beispiel, dass die »Zielperson« Ralf Staeck »Ge-

01 Mail Art-Projekt »Academy/Akademie« (Foto: Urszula Usakowska-Wolff)

02 Fragment der Sammlung Staeck (Foto: Urszula Usakowska-Wolff)

03 Die 100-jährige Fotografin Gerdine Schimpf mit Klaus Staeck (Foto: Andreas Düllick ©VG Bild-Kunst)

04 Stempel (Foto: Urszula Usakowska-Wolff)

05 Rosa von der Schulenburg, Kuratorin von »Arte Postale« (Foto: Urszula Usakowska-Wolff)

Page 18: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 201318 | TAUFRISCH & ANGESAGT a r t s t r a s s e n fe g e r

genstände in Form von Postkarten pseudokünst-lerischen Charakters herstellt, diese in Editio-nen der BRD vervielfältigen lässt und auf dem Postweg zu gleichgesinnten Pseudo-Künstlern im Operationsgebiet und in sozialistischen Län-dern verbreitet.« Damit nicht genug: »Die Per-son Rolf Staeck steht unter dem Verdacht, an der Organisierung eines politischen Untergrunds im Kulturbereich der DDR über seinen in der BRD lebenden Bruder mitzuwirken. « Diesen Berich-ten folgten Taten: Rolf Staeck wurde von der Stasi verhört, die ihn als Inoffiziellen Mitarbeiter anwerben wollte. Um dem zu entgehen, stellte er einen Ausreiseantrag und übersiedelte 1984 nach Heidelberg, wo er seitdem in der Edition Staeck arbeitet.

E t w a s g a n z B e s o n d e re s

Klaus Staeck, der im ersten Saal der »Arte Pos-tale« einen kleinen Einblick in seine Sammlung von Künstlerpost, Postkartenentwürfen und re-alisierten Postkarten gewährt, ist »der kühle Ju-rist« mit einer ungebremsten Postkartenleiden-schaft, weshalb er von der Kunstwelt lange Zeit als »Postkartenonkel« belächelt wurde. Doch das hinderte ihn nicht daran, gleich am Anfang sei-ner Karriere als Verleger alles auf die Postkarte zu setzen. Seit 1968 hat seine edition tangente, Vorläuferin der Edition Staeck, Millionen seiner eigenen sowie von Künstlern entworfenen Post-karten in Umlauf gebracht: die meisten sind aus der Hand von Joseph Beuys. »Die Postkarte ist etwas ganz Besonderes, gerade im digitalen Zeit-alter, wo wir meinen, uns alle im Netz auflösen zu müssen«, sagt der Akademie-Präsident. Eine Be-stätigung seiner Worte ist die von ihm und Lutz Wohlrab ins Leben gerufene Aktion zum Thema »Academy/Akademie«, an der sich 320 Mailar-tisten und Laien aus 38 Ländern beteiligten. Ihre eingesandten Postkarten sind ein Bestandteil der Ausstellung und hängen als Großcollage an einer Wand. Das alles macht die »Arte Postale« zu einer Ausstellung, in der man gern verweilt, weil sie nicht nur so schön ist. Sie zeigt, dass

diese kleinen analogen Schriftstücke Großes leisten können: Trost spenden, Freundschaften aufrechterhalten, Liebende unsterblich machen, Diktaturen in Bedrängnis bringen, Menschen aus Gefängnissen befreien. Das wird ohne über-flüssige Kommentare oder Erläuterungen zur Schau gestellt. Die Exponate im Saal 2 mit der »Künstlerpost aus den Akademie-Archiven« und im Saal 4 mit »Mail Art – per Post über die Gren-zen« sind nummeriert. Erläuterungen findet man in zwei Booklets, die in den beiden Sälen aus-liegen. Sehr gelungen ist auch der Ausstellungs-katalog, ein kurzweilig geschriebenes und reich bebildertes »artepostalisches« Standardwerk.

Dort kann man lesen, dass sechs von den 20 Briefen mit der Nummer 7 der Zeichner und Grafiker Max Schwimmer (1895-1960) an seine große Liebe Gerdine Schimpf geschrieben hat. Als sie 1937 nach Berlin zog, bekam sie von ihm 500 (!) Briefe, in denen er seine Sehnsucht und sein Verlangen in Bilder und unter ande-rem solche Worte fasste: »Unveränderlich und unwandelbar, durch nichts auch nur berührbar ist meine Liebe zu Dir, zu Dir, meiner Engels-gerdine. Ich küsse und umarme Dich immer und ewig. Dein Max. « Zur Ausstellungseröffnung von »Arte Postale« kam eine kleine zierliche Frau mit kurzen weißen Haaren, die Lebensfreunde ausstrahlte und glücklich lächelte: die Adressatin dieser Briefe Gerdine Schimpf, Jahrgang 1913.

AU SST E L LU N G

ARTE POSTALE Bilderbriefe, Künstlerpostkarten, Mail Art

noch bis zum 8. Dezember in der Akademie der Künste am Pariser Platz 4, 10117 Berlin

› www.adk.de

› www.facebook.com/akademiederkuenste

Blog zur Mail Art-Aktion »Academy/Akademie«: › http://mailartacademy.

wordpress.com

Vermittlungsprogramm »Stille Post«: › www.adk.de/de/pro-

jekte/2013/artepostale/ver-mittlungsprogramm.htm

Geöffnet: Di bis So 11-19 Uhr, Eintritt: 6/4 Euro, bis 18 Jahre & am 1. Sonntag im Monat Eintritt frei

07

06

06 strassenfeger-Redakteurin Urszula Usakowska-Wolff präsentiert Klaus Staeck die Ausgabe mit dem Interview mit der Ausstellungs-kuratorin (Foto: Andreas Düllick

©VG Bild-Kunst)

07 Die teilnehmenden Künstler beim Grup-penbild (Foto: Andreas Düllick

©VG Bild-Kunst)

Page 19: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 TAUFRISCH & ANGESAGT | 19 k a f fe e b a n k ro t t

I N FO

kaffeebankrott bei ALEXVoltastraße 5, Haus 10/Treppe 6 13355 Berlin-Wedding

TV-Aufzeichungen25. September 2013 Jocelyn B. Smith › www.jocelyn.de

26. September 2013 Adwoa Hackman › http://adwoa.de

27. September 2013 »Wedding« › www.weddingmusik.de

Einlass: 19.00 UhrBeginn: 19.30 Uhr

EINTRITT FREI!

01 »Wedding«

02 Adwoa Hackman

03 Jocelyn B. Smith

Jocelin B. Smith, Adwoa Hackman & »Wedding«Das neue Konzept hat sich bewährt – 3 x kaffeebankrott im SeptemberV O R B E R I C H T : G u i d o F a h r e n d h o l z

Geboren 1960 in New York, war der Weg der angehenden Musikerin Joce-lyn B. Smith bereits im Alter von fünf Jahren, mit dem Platznehmen am Pi-

ano, vorgezeichnet, die so erfolgreiche Karriere nur eine Frage der Zeit. Es folgten Lenny Whites Funk & Soul-Band »Twennynine«, Auftritte mit der Funkband »Change« im Vorprogramm von »ELO« (Electric Light Orchester), ihr Umzug nach Berlin und die Zusammenarbeit mit »Tan-gerine Dream«, eine Welttournee mit Falco und schließlich 1991 Jocelyn B. Smiths Debütalbum »River«. Weitere Zusammenarbeiten mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern, Mikis Theodorakis, Eloy, Maria Farantouri u.v.a. mehr machten sie weltweit bekannt. Doch spätestens mit ihrer deutschen Version von Elton Johns »Circle of Live«/»Der Kreis des Lebens« für Walt Disneys Filmklassiker König der Löwen ist Jocelyn B. Smith auch dem deutschen Publikum ein Begriff.

Neben der Musik engagiert sich Jocelyn B. Smith aktiv in sozialen Einrichtungen und Pro-jekten ihrer Wahlheimat Berlin. So ist sie Vor-sitzende des Vereins »Yes We Can e.V.«, besucht Schulen im Stadtgebiet, wirbt für Integration, betreut ein Chorprojekt und wird nicht müde weltweit gegen den Einsatz von Land- und/oder Streuminen zu protestieren. Am 6. September erschien ihr neues und inzwischen 13. Album »Here I Am«. Am 25. September stellt sie dieses live in unserer TV-Show kaffeebankrott vor. Mit Sicherheit hat Jocelyn B. Smith auch jede Menge zu erzählen. (www.jocelyn.de)

L ä n g s t ke i n G e h e i m t i p p m e h r – A d w o a H a c k m a n

»Musik war immer präsent bei uns zu Hause. Sie war da, wie die Luft zum Atmen. Meine Eltern hat-ten eine gute Plattensammlung und meine Mutter sang mit Leidenschaft zur Radiomusik, während sie den alltäglichen Arbeiten nachging. Das war ansteckend.« Bereits ab ihrem 15. Lebensjahr machte Adwoa Hackman ihre ersten Banderfah-rungen und wirkte an diversen Studio-Projekten mit. Sie studierte Gesang und Gitarre, später Schlagzeug und erspielte sich im deutschspra-chigen Raum, mit unzähligen Gigs und Festival-

Auftritten eine stetig wachsende Fangemeinde. Von ihrer samtweichen bittersüßen Stimme und dem einzigartig groovenden Gitarrenspiel konnte sich das Publikum von strassenfeger unplugged bereits schon einmal überzeugen. Am 26. Sep-tember gibt es die nächste Gelegenheit dazu. Ad-woa Hackman betritt mit Ihrer Band und einer neuen Scheibe im Gepäck die Bühne des kaffee bankrott. (http://adwoa.de/)

N i c h t n u r e i n i n R u h e g e l a s s e n e r H a u p t s t a d t b e z i r k – » We d d i n g «

Die Musiker Uwe Arens und Peter Behne begeg-nen sich 1994 in der ländlichen Idylle Branden-burgs, dem Wedding entkommen mit der Vorstel-lung von Ruhe, Familienleben, Nachbarschaft, miteinander kochen, essen und trinken. Aber fehlt da nicht noch was? Der Griff zur Gitarre erfolgt instinktiv, das Ergebnis ist jede Menge kreatives Zeug, unvollkommen aber nicht auf-gegeben. Sie kochen weiter, essen, trinken und musizieren. Zu Beginn noch allein bei Bekann-ten, auf Familienfeiern, später mit musikalischen Freunden und am roten Faden entlang 2010 di-rekt ins Studio. Aus Fragmenten der letzten Jahre entstehen auf einem Dachboden im Wedding 16 Songs. Am Ende der Produktion bekommt das Projekt sein Dach, die Band »Wedding«. »Wed-ding« – das ist Berlin ungeschminkt, aber auch das Statement für gemeinsames Tun, der Vorsatz aus mehreren Leben eines zu machen, ohne das Selbe zu werden. »Wedding« ist musikalische Lebenserfahrung. Die bekommen sie geboten am 27. September, ebenfalls bei kaffeebankrott. (www.weddingmusik.de/)

k a f fe e b a n k ro t t a u f A L E X

Alle drei Shows werden wie immer im Studio unseres Haussenders ALEX aufgezeichnet. ALEX befindet sich in der Voltastraße 5, in 13355 Berlin-Wedding und dort auf dem Me-dienhof im Haus 10/Treppe 6. Die Studio-Tore öffnen sich für das geneigte Publikum gegen 19 Uhr und die Show beginnt dann gegen 19.30 Uhr. Der Eintritt ist wie immer frei und das Mitbringen von vor allem Kaltgetränken ist ausdrücklich erwünscht!

03

02

01

Quellen: Bands

Page 20: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 201320 | TAUFRISCH & ANGESAGT B re n n p u n k t

»So was habe ich noch nicht erlebt«Fragen an Bezirksstadtrat Oliver Schworck zu den Hinter-gründen der Räumung des Ortes, an dem die obdachlose Frau V. die letzten Monate über lebteI N T E R V I E W : J u t t a H .

Frau V. hatte seit dem Winter am Innsbrucker Platz inmitten ihres Hausstandes unter der dortigen Au-tobahnbrücke gelebt. Anfang August wurde ihr in einem Schreiben vom Bezirksamt die Räumung ih-res Platzes angedroht, die dann am 19. August er-

folgte. Stadtrat Oliver Schworck ist Leiter des Ordnungsam-tes im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, das für die Räumung verantwortlich war.

Jutta H.: Frau V. hat über ein halbes Jahr am Innsbrucker Platz unter der Autobahnbrücke gelebt. Was war für Sie der Anlass, den Bereich mit ihren Sachen jetzt räumen zu las-sen?

Oliver Schworck: Wir hatten uns redlich bemüht, Frau V. eine andere Unterkunft zu besorgen, auch Bürger aus Friede-nau haben sich engagiert, aber es war nicht erfolgreich. Zu-dem hatten wir Frau V. von Anfang an gesagt, dass wir ihre Bleibe über den Winter dulden, sie danach aber auffordern werden, den Platz zu räumen. Es handelt sich ja um öffentli-ches Straßenland, und das kann nicht herhalten zur dauerhaf-ten Unterbringung und zur räumlichen Einrichtung.

Welche Rolle haben Beschwerden von Anwohnern und Pas-santen bei Ihrer Entscheidung gespielt?

Es waren mehrere Aspekte, die virulenter wurden. Das eine war die Ansammlung von Müll um den Bereich mit Ge-genständen von Frau V.. Gerade über den heißen Sommer entwickelte sich da eine enorme Geruchsbelästigung, die wirklich nicht mehr zumutbar war. Zudem hatte Frau V. ja re-gelmäßigen Besuch. Diese Menschen haben ihre Notdurft in der angrenzenden Grünanlage und auf dem Kinderspielplatz verrichtet und auch durch ihr Verhalten Anlass gegeben, stö-rend aufzufallen. Der dritte Aspekt war schlussendlich der Umgang mit den beiden Hunden beziehungsweise mit deren Hinterlassenschaften. Die wurden nämlich hübsch säuber-lich in Tüten in einem Einkaufswagen deponiert. Sie können sich vorstellen, was das schlussendlich für eine unerträgliche Geruchsentwicklung wurde.

Diese Punkte zusammengenommen haben Sie dann zur Räumung des Platzes veranlasst…

Wir haben dann gesagt: Irgendwann ist mal gut, irgendwann haben wir uns die größte Mühe gegeben, der Frau zu helfen. Aber sie wollte sich nicht helfen lassen. So mussten wir irgendwann konstatieren: Es handelt sich um öffentliches Straßenland und nicht um eine Wohnung. Und so schlimm es dann für Frau V. in dem Augen-blick auch ist, irgendwann müssen wir so einen Zustand auch beenden.

Hatten Sie selber Kontakt zu Frau V.?Nein.

Das heißt, Ihre Schilderungen, dass sich Müll angesammelt, es unerträglich gestunken hat, sind Schilderungen von Anwohnern oder von Kollegen von Ihnen?

Richtig. Es gab für mich aber keinen Anlass, an dem zu zweifeln, was in den Beschwerden stand und man mir berichtete. Ich war allerdings bei der Abräumung dabei. Und ich muss sagen, so was habe ich noch nicht erlebt. Ich hatte das nur mal in Berichten von Messi-Wohnungen gesehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es das in die-sem Ausmaß wirklich gibt. Und dann noch auf öffentlichem Straßenland. Die Männer von der BSR haben dort 30 Kubikmeter Müll abgefahren! Das ist jetzt nicht wenig. Und da war auch nichts mehr zu trennen. Ich bin sicher, dass die Männer von der BSR die schon einiges gewohnt waren, aber das haben die auch noch nicht gesehen.

Frau V. wurden ihre beiden Hunde eine Wo-che vor der Räumung vom Veterinäramt ab-genommen. War das Ihr Amt, das da aktiv geworden ist?

Oliver Schworck (Quelle: Bezirksamt)

Page 21: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 TAUFRISCH & ANGESAGT | 21 B re n n p u n k t

01 Frau V. fühlte sich wohl am Innsbrucker Platz (Foto: Andreas Düllick ©VG Bild-Kunst)

02 An dieser Stelle hatte Frau V. ihre »Open-Air-Wohnung« (Foto: Jutta H.)

03 Frau V. wurde aus ihrem »Heim« vertrieben (Foto: Antje Görner)

Ja, sicher. Die Tierärzte sind regelmäßig rausgefahren und haben sich angeguckt, wie der Zustand der Hunde ist. Es wurde Frau V. oft gesagt, dass die Tiere in einem besseren Zustand sein müssen. Es kam dann in der Woche vor der Abräumung dazu, festzustellen, dass es sich wirklich um Tierschutzfälle handelt. Die Tiere waren jedes Mal – jedenfalls wenn die Tierärzte da waren – angeleint und hatten, nach Auffassung der Tierärzte, auch wenig Bewegung. Sie verfügten nur über einen begrenzten Lebensraum, der vollkommen verkotet war.

Man könnte sagen, dass Ordnungsamt hat seine Arbeit getan…

Das Ordnungsamt ist tatsächlich nicht das Sozialamt. Wir sind leider bei konkreten Ärgernissen immer die letzten in der Verwaltungskette, die quasi aufgefordert werden – ja, aufzuräumen. Im Fall von Frau V. haben sich die Mitarbeiter des Ordnungsamtes sehr um Hilfe bemüht. Und das haben auch Kollegen aus dem Sozialamt und vom Gesundheits-dienst getan. Auch die Mitarbeiter einer Obdachlosenein-richtung haben sich bemüht. Irgendwann konnten wir nur feststellen, für uns ist hier die Arbeit zu Ende, wir können leider nicht helfen.

Es stellt sich die Frage, ob Frau V. überhaupt irgendwelche Hilfe erreichen könnte.

Mich hat wirklich überrascht, dass Frau V. unsere Hilfe so brüsk abgelehnt hat. Sie war auf Personen von Ordnungs-amt und Polizei wirklich gar nicht gut zu sprechen. Aber auch andere Personen wurden abgelehnt mit ihrer Hilfe. Bei denen ging zwar deutlich mehr als bei uns vom Amt, aber auch hier versagte die Hilfe irgendwann. Ich bin kein Sozialarbeiter, aber dass es überhaupt keine Möglichkeit gab, Frau V. zu hel-fen, das war schon sehr betrüblich. 03

01

02

Page 22: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

0301

strassenfeger | Nr. 19 | September 201322 | TAUFRISCH & ANGESAGT K u l t u r t i p p s

skurril, famos und preiswert!Kulturtipps aus unserer RedaktionZ U S A M M E N S T E L L U N G : L a u r a

1 DISKUSSION

DrittmittelforschungDie Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft wird immer enger. Davon profitieren beide Seiten: Die Wirtschaft hat einen Erkenntnisgewinn und die Wissenschaft einen wirtschaftlichen Gewinn. Mit der wachsenden Zusam-menarbeit ist aber auch die Gefahr einer vermehrten Einfluss-nahme der Wirtschaft auf die Hochschulen und womöglich auch auf die Forschungsfreiheit verbunden. Die Informati-onsfreiheitsbeauftragten des Bundes- und der Länder sehen in einer größeren Transparenz der Kooperationsprojekte einen Ausweg. Am 30. September soll das Thema »Der gläserne Elfenbeinturm - Mehr Transparenz in der Drittmittelfor-schung?« auf einer Podiumsdiskussion erörtert werden.

Am 30. September, ab 18 Uhr, Eintritt frei!

Aber eine vorherige Anmeldung bis zum 25. September ist notwendig.Anmeldung: [email protected]

Landesvertretung Rheinland-Pfalz Berlin, In den Ministergärten 6, 10117 Berlin

Info & Bild: www.datenschutz.rlp.de4 LESEBÜHNE

»owul - Ohne Wenn und Laber«»owul - Ohne Wenn und Laber«, das ist die Lesebühne von Thomas Manegold, Daniel Morgenroth und Dirk Bernemann. Thomas Manegold hat er viel über Musik geschrieben, anderen Menschen Musik vorgespielt, in WGs gewohnt, selber Musik gemacht, Alkohol verkauft und ein paar Bücher geschrieben. Aus denen liest er manchmal vor. Daniel Morgenroth verschwendete er erfolgreich seine Jugend und begann recht spät damit, seine ersten Songs zu schreiben. Sein Ziel ist es seitdem, der älteste Newcomer Deutschlands zu werden. Dirk Bernemann wurde als Tochter eines Kriegsveteranen und einer Kosmonautin im westlichen Münsterland geboren. 2005 erschien sein erstes Buch »Ich hab die Unschuld kotzen sehen«. Wenn der Kunstbetrieb eine Firma ist, will Dirk Bernemann nicht sein Angestellter sein.

Am 24. September, um 20.30 Uhr, Eintritt: fünf Euro

Z-Bar, Bergstraße 2, 10115 Berlin

Info & Bild: www.owul.wordpress.com

2 PARTY

»Hungry Monday«Der »Hungry Monday« im »frannz Club«: Das ist Elektro-Floor mit dem DJ Christian Faehrmann, der für finest minimal, tech-house und Elektro-musik verantwortlich ist. Montagsmuffel und Schleckermäuler mit Bewegungsdrang stehen Schlange an der Tür – »Hungry Monday« macht glücklich und nie dick – denn dafür sorgt auch die aufgebaute Tischtennis-platte! Vor dem Eintritt kann die Nennung eines Passwortes notwendig sein. Das Passwort für Montag, den 30. September sei hier ausnahmsweise verraten: Smørrebrød.

Am 30. September, ab 23 Uhr, Eintritt: drei Euro an der Abendkasse

frannz in der Kulturbrauerei, Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin

Info & Bild: www.frannz.com

3 KABARETT

»Josef Hader & Popette Betancor: Spielen sich ihre Lieblingsnummern vor«Hader und Betancor sind selten in derselben Stadt. Und falls doch, treffen sie sich eher tagsüber bei Kaffee und Kuchen. Dadurch wissen sie seit vielen Jahren nichts darüber, was der und die andere am Abend so auf der Bühne macht. Jetzt treffen sie sich privat, denn privat ist modern auf derselben Bühne. Sie bringen sich auf den neuesten Stand. Und zwar im Sitzen. Meistens werden sie sich was vorspielen, aber vielleicht machen sie auch was zusammen. Im Vorhinein lässt sich das schwer sagen. Essen trifft Wien in Kreuzberg. Zwei Muttersprachler sitzen es aus. Die Vatersprach-ler_innen auch. Dramaturgische Stringenz wird den Schwitzern überlas-sen. Stattdessen gibt’s eine kleine Reise ins Mäandertal!

Am 27. September, um 20 Uhr

Eintritt: 24 Euro / 20 Euro / 16 EuroTickethotline: 030 - 2022007

BKA-Theater, Mehringdamm 34, 10961 Berlin

Info & Bild: www.bka-theater.de

Page 23: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

05

07

06

VORSCHLAGENSie haben da einen Tipp? Dann

senden Sie ihn uns an:[email protected]

Je skurriler, famoser und preiswerter, desto besser!

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 TAUFRISCH & ANGESAGT | 23 K u l t u r t i p p s

8 KINO

»Room 237«Für die einen ist Stanley Kubricks Film »The Shining« ein Meilenstein des Horrorfilms, für die anderen ein Werk weit unter den Möglichkeiten des Meisterregisseurs. Dazwischen blühen Verschwörungstheorien von Leuten, die in dem 1980 veröffentlichten Klassiker geheime Botschaften vermuten. Fünf dieser etwas anderen Kubrick-Exegeten kommen in »Room 237« zu Wort. Der Film gleicht ihre skurrilen Mutmaßungen mit Originalszenen aus »The Shining« ab - und geht noch weiter: Er dringt in ihre Köpfe ein und visualisiert ihre Bewusst-seinsströme. Ein Trip durch ein Labyrinth ohne Ausgang, in dem die Grenzen zwischen Wirk-lichkeit und Fiktion fließend sind. Rodney Aschers Dokumentation über »The Shining« ist eine Entmystifizierung, aber auch eine Mystifi-zierung eines Filmklassikers.

Ab 19. September

Eintritt: 7,50 €/ ermäßigt: 6,50 €/montags: 5 €Kontakt: 030 – 2859997Kino Central, Rosenthaler Straße 39, 10178 Berlin

Info & Bild: www.kino-central.de

6 VORGELESEN

»Wahlabend«Eine bessere Alternative zur ermüdenden Endlosanalyse per TV ist nach der Wahl ein Gang ins »Kaffee Burger«, wo jedes Mitglied der Reformbühne eine ihm in der Vorwoche zugeloste Patenpartei vorstellt. Richtig gelesen: »Paten-partei«, nicht Piratenpartei, auch wenn diese zufällig mit dabei sein kann. Oder nicht, eben wie bei der echten Wahl. Unterstützt werden sie dabei von Lichtbildern und den Gästen Marian Loha und Manfred Maurenbrecher.

Am 22. September, 20.15 Uhr, Eintritt: fünf Euro

Kaffee Burger, Torstraße 60, 10119 BerlinInfo: www.kaffeeburger.de, Bild: © Falko Hennig

7 SEMINAR

»Hochbeet anlegen«Mit der Anlage von Hochbeeten verbinden sich viele Vorteile. Rückenschonend kann auf relativ wenig Platz ein gärtnerischer Erfolg erzielt werden. Betonversiegelte Innenhöfe lassen sich qualitativ aufwerten und es entstehen Erho-lungs- und Lebensräume für Anwohner, Pflanzen und Tiere. In diesem Kurs erfahren Sie mehr zum Bau von Hochbeeten, Einsatzmög-lichkeiten und zur Bepflanzung. Teil des Kurses ist es, gemeinsam Hochbeete zu bauen. Festes Schuhwerk und wetterfeste Kleidung sollten mitgebracht werden. Vorherige Anmeldung notwendig!

Am 27. September, 15.30-18.30 Uhr

Teilnahmegebühren bitte selbst erfragen.

Anmeldung: 030-443391-0 oder [email protected]

Grüne Liga Berlin e.V., Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin

Info & Bild: www.grueneliga-berlin.de

5 FESTIVAL

»Black Lux«Das Festival »Black Lux« ist in Heimatfest aus schwarzen Perspektiven. Es gibt mit einer Eigenproduktion, internationa-len Gastspielen sowie szenischen Lesungen, begleitenden Ausstellungen, Videokunst und Klanginstallationen den Startschuss für die neue Spielzeit des »Ballhaus Naunyn-straße«. Dort setzt man jetzt einen besonderen Schwerpunkt auf schwarze und afrodeutsche Perspektiven und will damit die künstlerischen Auseinandersetzungen mit Geschichten und Perspektiven der Postmigration erweitern. Dafür sorgen u.a. die Theaterproduktion »Schwarz tragen« von Elizabeth Blonzen in der Regie von Branwen Okpako. Das Theaterstück beleuchtet ein Ur-Berliner Phänomen: Den Lebensentwurf Wohngemeinschaft, eine alltägliche Utopie, in der zwischen Küchentisch und Altbauwänden die Grenzen von Gemein-schaft verhandelt werden.

Bis 30.9., das Theaterstück »Schwarz tragen« findet am 24.9. um 20 Uhr statt.

Eintritt: 14 Euro / Acht Euro

Kontakt: 030 – 75453725

Ballhaus Naunynstrasse, Naunynstraße 27, 10997 Berlin

Info: www.ballhausnaunynstrasse.deBild: © Ballhaus Naunynstrasse

Page 24: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

B u n d e s t a g s w a h l 2 0 1 3

01

02

01 Winfried Kretschmann

02 Hannelore Kraft

03 Der Kanzlerkandidat kommt

04 Rot-Grünes Gruppen-bild »Signal für den Wechsel«

05 Steinbrücks engste Berater managen den Wahlkampf

06 Peer Steinbrück wie gewohnt kämpferisch

strassenfeger | Nr. 19 | September 201324 | TAUFRISCH & ANGESAGT

Duell Steinbrück Merkel völlig offenRot-Grün setzt im Bundestagswahlkampf »Signal für den Wechsel«B E R I C H T : A n d r e a s D ü l l i c k

Das Rededuell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Herausforderer Peer Stein-brück läutete den Start der heißen Phase im Bundestagswahlkamp ein. Steinbrück ging als knapper Sieger aus der Fernsehdebatte hervor.

So jedenfalls bewerteten die Zuschauer den überzeugenden Auftritt des Kanzlerkandidaten (42:38 Prozent bei Infratest dimap). Klare Kante, deutliche Aussagen zu den Vorhaben in einer neuen rot-grünen Regierung von Steinbrück. Rumlavie-ren, Fragen nicht beantworten, aussitzen in »bester« Kohl-scher Manier dagegen zeichnete den Auftritt der Kanzlerin aus. Ganz schwach dabei die Leistung der vier (!) Gesprächs-leiter von ARD (Anne Will), ZDF (Mabritt Illner), RTL (Peter Klöppl) und PRO7 (Stefan Raab). Viele Zuschauer fragten sich vor den TV-Geräten, warum nicht viel schärfer und qua-lifizierter nachgefragt wurde.

S t e i n b r ü c k h o l t a u f

Peer Steinbrück profitiert in der persönlichen Bewertung von seinem gelungenen Auftritt beim TV-Duell: Nach der TV-Sen-dung äußerten sich 47 Prozent der Deutschen zufrieden mit seiner politischen Arbeit. Damit gewann er gegenüber dem Vormonat um zwölf Punkte hinzu. Hauptursache für die Ver-besserung ist der deutlich größere Rückhalt in den eigenen Reihen. 91 Prozent der SPD-Anhänger sind zufrieden mit Steinbrück, vor vier Wochen waren es gerade mal 69 Prozent. Allerdings bleibt Merkel Spitzenreiter der Politikerliste. Mit ihrer Amtsführung sind 70 Prozent (+3 Punkte) der Bürger einverstanden sind. In der Kanzlerfrage gibt es kurz vor dem Urnengang eine deutliche Mehrheit für Merkel: Sie könnte 54 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen, Herausforderer Peer Steinbrück 34 Prozent. Der Abstand hat sich um 6 auf 20 Punkte verringert.

Generell ist die politische Stimmung weiterhin günstig für die Union: Derzeit käme die CDU/CSU wie in der Vor-woche auf 41 Prozent. Die SPD könnte binnen Wochenfrist einen Punkt auf 27 Prozent zulegen. Die Grünen hingegen müssen erneut einen Punkt abgeben und würden derzeit einen Wähleranteil von zehn Prozent erreichen. Die Linke liegt bei acht Prozent, die FDP bei fünf und die AfD bei drei Prozent. (Quelle Infratest dimpap)

»S i g n a l f ü r d e n We c h s e l «

In Berlin trafen sich am September Winfried Kretschmann, der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs, seine nordrhein-westfälische Kollegin Hannelore Kraft (SPD), der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und die Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin

um ihren starken Willen zu zeigen, die Bundes-tagswahl doch noch zu gewinnen. Peer Stein-brück erläutert zu Beginn die Vorhaben für die nächste Legislaturperiode, die zuvor von den Parteizentralen im Papier mit dem Titel »Signal für den Wechsel« zusammengefasst worden wa-ren: Mindestlohn, höherer Spitzensteuersatz, Abkehr von Massentierhaltung, mehr Ganzta-gesschulen. Das sind die Themen, mit den Rot-Grün bei den Wähler_innen punkten will.

M a n m u s s d i e L e u t e a u c h m a l e r s c h re c ke n

Steinbrück macht auch noch einmal deutlich, dass im Falle eines Wahlsiegs künftig »sehr große Privatvermögen stärker zu Finanzierung wichtiger Staatsaufgaben« herangezogen wür-den. Hannelore Kraft bekräftigt die rot-grüne Übereinstimmung zur Erhöhung von Steuern: »Wir sind uns sicher und einig, dass wir struk-turell mehr Einnahmen brauchen.« Winfried Kretschmann entgegnet auf die Frage, ob die Grünen mit der Absicht, Steuern zu erhöhen, nicht mögliche Wähler erschrecken würden, man könne »nicht Politik machen, ohne dass man ab und zu auch mal Leute erschreckt«. In diesem Moment kann auch der SPD-Kanzler-kandidat mal wieder befreit lachen und wirft munter in die Runde, dass er sich diese Weisheit merken werde.

E r m u n t e r u n g i s t g e f r a g t

Angesichts der jüngsten Umfrageergebnisse geht es den rot-grünen Spitzenpolitikern vor allem auch um die Ermunterung ihrer eige-nen Wählerklientel. Kraft und Kretschmann erinnern deshalb gern daran, dass sie vor ih-ren spektakulären Wahlerfolgen in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Würtemberg in den Umfragen der Meinungsforschungsinstitute auch abgeschlagen hinten gelegen hatten. Kretschmann dazu: »Man sieht es, Wahlen sind immer für Überraschungen gut.« Die wichtigste Aussage des Spitzentreffens aber ist: Rot-Grün glaubt weiter an eine Überraschung am Wahltag. »Wir werden die letzten 17 Tage kämpfen«, sagt Steinbrück und lacht kampfes-freudig in die Kameras.

Page 25: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

B u n d e s t a g s w a h l 2 0 1 3

04

03

05 06

B U N D E STAG SWA H L 2 0 1 3Die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag fi n-det am 22. September 2013 statt . Der stras-senfeger interviewt dazu im Vorfeld in loser Folge die Spitzenkandidaten der Parteien, Gewerkschaft er, Wahlforscher und Bürger

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 TAUFRISCH & ANGESAGT | 25

Page 26: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 201326 | TAUFRISCH & ANGESAGT S p o r t

»Es war ein sehr gutes ISTAF.« Meeting-Direktor Gerhard JanetzkyEin Meetingrekord und drei deutsche SiegerB E R I C H T & F O T O : A n d r e a s D ü l l i c k © V G B i l d - K u n s t

Eine Speerwerferin sorgte für das herausragende Resultat beim 72. Internationalen Stadionfest Ber-lin Anfang September. Es war aber nicht Chris-tina Obergföll, die ein paar Tage zuvor bei den Weltmeisterschaften in Moskau ihre erste Gold-

medaille gewonnen hatte. Sie musste sich der Russin Maria Abakumowa geschlagen geben, die den Speer auf die Welt-jahresbestleistung von 70,53 Meter warf. Das war gleichzeitig Meeting-Rekord, denn noch nie in der Geschichte des ISTAF hatte eine Frau zuvor den Speer so weit geschleudert. Gerade mal 1,75 Meter fehlten Abakumowa damit auf den Weltre-kord der Tschechin Barbora Spotakova von 72,28 Meter. So richtig traurig war Christina Obgergföll über diese Niederlage allerdings nicht. Sie will jetzt ihren Trainer und Lebensgefähr-ten Boris Henry heiraten (und vielleicht auch eine Babypause machen?). Mit solchen Aussichten und einer Goldmedaille um den Hals kann man sich dann auch getrost mal einer an-deren Athletin geschlagen geben.

H a r t i n g , S t o r l u n d R e i f s o rg e n f ü r d re i d e u t s c h e S i e g e

Diskuswerfer Robert Harting gewann nach dem WM-Sieg von 2009 und weiteren drei Siegen beim ISTAF zwischen 2010 und 2012 bereits zum fünften Mal in Folge im Olym-piastadion, »seinem Wohnzimmer«. Allerdings machte er erst im letzten Versuch mit 69,02 Metern alles perfekt. Der Mag-deburger Martin Wierig hatte Harting zuvor mit einem Wurf auf 66,73 Meter ein wenig provoziert. Großes Lob übrigens an die Veranstalter: Sie hatten dem Diskuswurf-Paralympics-sieger Sebastian Dietz die Chance eröffnet, vor großer Kulisse gegen Harting anzutreten. 39,77 Meter warf Dietz den Diskus weit und gewann damit das interne Duell mit Harting. Die beiden hatten ausgemacht, dass derjenige gewinnt, der öfter die Durchschnittsweite seiner fünf letzten Wettkämpfe über-trifft. Dietz gelang das zweimal, Harting nur einmal. Deshalb musste er Dietz am Abend einen ausgeben.

Auch David Storl wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Er gewann das Kugelstoßen mit mäßigen 20,91 Metern vor dem Tschechen Ladislav Prasil (20,79m). Ex-Europameister Ralf Bartels aus Neubrandenburg stieg beim ISTAF zum letz-ten Mal in den Ring und erreichte respektable 19,08 Meter. Auch die Magdeburger Kugelstoßerin Nadine Kleinert, verab-schiedete sich nach einer langen und erfolgreichen Karriere in Berlin vom Leistungssport. Für den dritten deutschen Sieg im Olympiastadion sorgte Weitspringer Christian Reif. Ihm ge-langen in seinem letzten Versuch gute 8,11 Meter. Sprinterin Verena Sailer belegte über 100 Meter Platz zwei.

Weitere herausragende Leistungen waren die 1:43,97 Mi-nuten über 800 Meter von Mohammad Aman aus Äthiopien. Der Kubaner Dayron Robles lief die 110 Meter Hürden in 13,35 Sekunden. Ein echtes Trauerspiel war in diesem Jahr leider der Stabhochsprung der Männer. Ausgerechnet die deutschen Überflieger um Weltmeister Raphael Holzdeppe konnten in Berlin nicht an ihre großen Erfolge anknüpfen.

Holzdeppe verletzte sich bereits beim Aufwärmen. Der WM-Dritte, Björn Otto, und Malte Mohr rissen ihre Anfangshöhe von 5,50 m.

A u c h N a c h w u c h s s p o r t l e r u n d S p o r t l e r m i t H a n d i c a p a m S t a r t

Und noch ein großes Kompliment geht an die Veranstalter: Wie schon in den Jahren zuvor gaben sie dem Nachwuchs und Sportler mit Handicap die einzigartige Chance, sich vor einem nach Leichtathletik verrücktem Riesenpublikum zu präsentieren. Diese Tradition soll in jedem Fall fortgesetzt werden. Insgesamt konnte Meetingchef Martin Seeber eine tolle Bilanz konstatieren: Zwölf Weltmeister von Moskau kamen zum ISTAF 2013. Dazu gab es drei Siege deutscher Athleten, 53 831 begeisterte Zuschauer und eine TV-Quote wie seit Jahren nicht.

I S TA F I N D O O R a m 1 . M ä r z 2 0 1 4

Am 1. März 2014 soll es in der O2 World erstmals seit 1968 wie-der ein großes Hallen-Meeting in Berlin geben. Bislang ist noch nicht klar, welche Disziplinen neben dem Stabhochsprung, dem 60m-Sprint und den Hürdensprints auf dem Programm stehen werden. Eine Rundbahn für lange Läufe kann aus Kos-tengründen nicht eingebaut werden. Eins ist aber sicher: Bei dem Event soll auch Publikumsliebling Harting im Diskuswurf starten. »Ich will eine geile Show liefern«, hat Harting bereits angekündigt. »Das wird auf jeden Fall etwas für Adrenalin-Junkies.« Rund 10 000 Zuschauer werden erwartet.

Die Russin Maria Abakumowa wirft Meetingrekord

Page 27: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

01

02

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 TAUFRISCH & ANGESAGT | 27 S p o r t

01 Geballte Schwedenpower im Angriff der »Füchse«

02 Die jungen Wilden der Füchse voll im Soll

Neu formiertes »Füchse«-Team schlägt sich wackerBerliner Handballer auf ErfolgskursB E R I C H T & F O T O S : A n d r e a s D ü l l i c k © V G B i l d - K u n s t

»Das war heute eine ganz starke Leistung unserer Abwehr, nein, das was eine Welt-klasseleistung!« Mit diesen Worten be-schrieb der überaus zufriedene »Füchse«-

Manager die Leistung seiner Spieler nach dem 28:23 Sieg über Frischauf Göppingen. Gerade mal neun Tore gestatteten ein in der zweiten Halbzeit starker Silvio Heinevetter und seine Vorderleute dem Gegner. Trainer Dagur Sigurds-son freute sich auch über die starke Abwehrleis-tung seines Teams. Noch mehr gefi el ihm aber, dass sich bei den Füschen gleich zehn Spieler als Torschützen auszeichneten. Das mache die Mannschaft für die Gegner noch unberechenba-rer. »Wir sind sehr, sehr glücklich, das war ein hartes Stück Arbeit. Das Ergebnis ist deutlicher als das Spiel wirklich war«, so Sigurdsson.

Dabei sah es lange Zeit gar nicht nach einem klaren Sieg aus. Die Partie wurde äußerst verbis-sen und mit vollem Körpereinsatz geführt. Doch als der Kapitän Iker Romero die Platte betrat und seinen ersten Siebenmeter eiskalt verwandelte, wendete sich das Blatt. Der abgezockte Spanier verwandelte vier Strafwürfe und brachte seine Mannschaft damit auf die Siegerstraße. Die »Füchse« hatten allerdings auch Glück, dass sich die Gäste einen Wechselfehler erlaubten, der zu einer zweiten parallen Zeitstrafe führte. Für den Gästecoach war das der Knackpunkt im Spiel. Zwar kam sein Team noch mal gefährlich ran. Doch zwölf Minuten vor Schluss war die Ent-scheidung gefallen, als die »Füchse« mit 24:19 in Führung gingen.

Am Ende hätten die Berliner sogar viel hö-her gewinnen müssen. Doch u.a. bei schnellen Kontern ließen sie ziemlich fahrlässig selbst hundertprozentige Chancen liegen. Gegen hoch-karätige Gegner wie Kiel, Flensburg oder Ham-burg dürfen sich die »Füchse« so was ganz sicher nicht erlauben. Sehr überzeugend agierte das Schweden-Trio der Füchse. Mattias Zachrisson, Jesper Nielsen, und Fredrik Petersen glänzten im »Fuchsbau« mit vollem Einsatz und schönen To-ren. Und auch Neuzugang Pavel Horak kommt immer besser in Berlin zurecht. Mit drei Siegen in Folge – zuvor gewannen die »Füchse« ihr

Heimspiel mit 34:20-Sieg gegen Aufsteiger Eise-nach, bei Balingen-Weilstetten siegten sie ebenso souverän mit 33:25 – orientieren sie sich die jetzt in Richtung Tabellenspitze.

H o l p r i g e r S t a r t i n d i e S a i s o n

Der Start in die neue Handball-Saison war für die Berliner allerdings alles andere als erfolg-reich: Zwar hatten sich die Berliner mit Platz vier in der Meisterschaft eigentlich die Qualifi -kationsrunde zur Gruppenphase der Champions League gesichert. Weil der »Hamburger Sport Verein« aber die Champions League gewann, war die Internationale Handballförderation in einem Dilemma: Sollte der Titelverteidiger nicht teilnehmen dürfen, weil er die Qualifi ka-tion dafür verpasst hatte? Die von den Berlinern akzeptierte Lösung der Europäischen Handball Förderation (EHF) hieß: Im August, schon vor Beginn der Handball-Bundesliga, mussten zwei Spiele gegen den Champions League–Sieger aus-getragen werden.

Wie erwartet, wurden es zwei an Drama-tik kaum zu überbietende Spiele. Im Heimspiel waren die »Füchse« lange auf der Siegerstraße. Doch in der Endphase versagten den Berlinern die Nerven und sie gaben das Spiel durch Un-konzentriertheiten und Abschlußschwäche noch aus der Hand. Am Ende gab es ein völlig unnötiges 30:30 Unentschieden. In Hamburg unterlagen die Hauptstädter dann mit einem einzigen Tor. In der dramatischen Schlussphase schenkte das Team den sicheren Sieg erneut ab. Mit 26:24 lagen die Berliner in der 56. Mi-nute vorn. Mit 26:27 ging das Spiel verloren, weil wieder einmal in den letzten Minuten die Nerven versagten. Die Berliner müssen nun im zweitklassigen EHF-Cup antreten. Da die Bun-desliga als die beste Handballliga der Welt gilt, zählen »Füchse« automatisch zu den Favoriten im EHF-Cup.

In der Folge verloren indisponierte »Füchse« auswärts auch das erste Spiel der Handballbun-desligasaison 2013/2014 mit 23:28 gegen Mel-sungen. Der Fehlstart war perfekt.

Page 28: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

I N FO

› www.strassenfeger.org › www.onewarmwinter.org › www.friendswbenefits.de › www.groupon.de › www.dojofuckingyeah.de Das Team von mob e.V./strassenfeger (hier Mara Fischer) bei der Kleidungsausgabe

strassenfeger | Nr. 19 | September 201328 | TAUFRISCH & ANGESAGT S o z i a l

Internationaler Tag der Wohnungslosen »ONE WARM WINTER« – Ausgabe von Jacken, T-Shirts, Unterwäsche, Socken und SchlafsäckenT E X T : A n d r e a s D ü l l i c k | F O T O S : M a r a F i s c h e r

Am Mittwoch, 11. September 2013, haben wir im Rahmen der Spendenkampagne »ONE WARM WINTER« am strassenfeger-Vertriebswagen vor der Bahnhofsmission am Zoo in der Jebensstraße wieder gespendete Jacken, T-Shirts, Kapuzenja-

cken, Unterwäsche, Socken und Schlafsäcke ausgeben. Viele bedürftige Menschen haben sich riesig gefreut über diese Ak-tion am International Tag der Wohnungslosen! Anbei ein paar Fotos, die mehr sagen als alle Worte. An dieser Stelle noch ein-mal ein großes Dankeschön an alle Unterstützer und Spender!

Page 29: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 AUS DER REDAKTION | 29 R a t g e b e r

ALLGEMEINE RECHTSBERATUNG

Rechtsanwältin Simone KrauskopfJeden Montag von 11.00 – 15.00 Uhr

im Kaffee Bankrott bei mob e.V.Prenzlauer Allee 87, 10405 Berlin

Bei Bedürftigkeit wird von der Rechtsanwältin ein Beratungsschein beantragt. Bitte die entsprechenden Nachweise mitbringen. (z.B. ALG II-Bescheid)

Darlehen Teil 3R A T G E B E R : J e t t e S t o c k f i s c h

Nach der Unterbrechung der Dar-lehensserie wegen der neuen Mie-tobergrenzen der WAV geht es mit dem Darlehen zur Wohnraumsiche-

rung bei Miet- und Energieschulden und dro-hendem Wohnungsverlust weiter. Heute geht es hier um Prävention, damit keine Miet- oder Stromschulden entstehen.

Nach § 22 Abs. 7 Satz 2 SGB II und § 35 Abs.1 Satz 4 SGB XII sollen vom Amt die Kosten für Miete direkt an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte (z. B. Energieunterneh-men) überwiesen werden, wenn die zweckent-sprechende Verwendung durch den Betroffenen nicht sichergestellt ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn

1. Mietrückstände bestehen, die zu einer au-ßerordentlichen Kündigung des Mietverhältnis-ses berechtigen,

2. Energierückstände bestehen, die zu ei-ner Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,

3. KONKRETE ANHALTSPUNKTE für ein krankheits- oder suchtmittelbedingtes Unvermö-gen des Betroffenen bestehen, die Zahlungen vom Amt zweckentsprechend verwendet oder

4. KONKRETE ANHALTSPUNKTE dafür bestehen, dass der Betroffene, der einen »Schufa-Eintrag«hat, die Zahlungen vom Amt nicht zweck-entsprechend verwendet.

Das Wort »sollen« oben im Text bedeutet z. B. zu Punkt 1 und 2, die Miete und/oder die Ab-schlagszahlungen sollen vom Amt direkt über-wiesen werden. Liegen besondere Umstände vor, kann davon abgewichen werden; das soge-nannte »gebundene Ermessen«. Z. B. wenn das Amt durch rechtswidrig verminderte oder feh-lende Zahlungen die Rückstände selbst verur-sacht hat. Auch bei Trennungen ist es manchmal der Fall, dass der Partner das Konto abräumt. Dann kann man die »Zwangsüberweisung« des Amtes abwenden, wenn die Zahlungen des Am-tes zukünftig nicht mehr auf das gemeinsame Konto, sondern auf das eigene Konto gehen. Dies sind dann Einzelfallentscheidungen.

Punkt 3 und 4 bedeutet: Es gibt sehr wohl z. B. Alkoholiker, Junkies oder Depressive, die immer ihre Miete und die Abschläge an den Energiever-sorger zahlen und auch kein Darlehen nach § 24 (vom Regelsatz umfasster Bedarf) beantragt haben. Dasselbe gilt für Betroffene mit Schufa-Eintrag. Dann gibt es eigentlich auch keine KONKRETEN ANHALTSPUNKTE, dass sie Zahlungen vom Amt nicht zweckentsprechend verwenden. Es besteht dann kein Grund zur »Zwangsdirektüberweisung«.

An dieser Stelle wird sich mancher Leser fra-gen, weshalb ich so darauf bestehe, dass es auch möglich ist, im besonderen Einzelfall, die Miete weiterhin selbst zu zahlen. Es ist doch für Betrof-fene so schön einfach, wenn das Amt das macht. Betroffene müssen sich um solche Dinge nicht mehr selbst kümmern. Diese Sicht unterstreicht auch der folgende Absatz.

Beantragt der Betroffene selbst die Direktüber-weisung (§ 22 Abs.7 Satz 1 SGB II), z. B. weil er nicht sicher ist, dass er dies selbst jeden Monat erledigt, ist die Miete oder die Energieabschläge vom Amt direkt an den Vermieter bzw. den Ener-gieversorger zu zahlen. Das »ist« bedeutet, das Amt hat dies zu erledigen. Es kann sich nicht mehr aussuchen (war früher mal so), ob des das machen möchte oder nicht.

Doch haben diese Direktzahlungen mehrere Nachteile. Der Vermieter z. B. erfährt so erst-malig, dass sein Mieter diese Sozialleistungen bezieht. So zuverlässig, wie viele Betroffene glauben, ist die Direktzahlung vom Amt nicht. Es kommt immer wieder vor, dass das Amt die Miete nicht, nicht pünktlich, nicht vollständig oder auf ein falsches Konto zahlt. Es ist schon zu Zwangsräumungen gekommen, ohne dass Be-troffene eine Schuld traf.

Neben Zwangs- oder freiwilligen Direktüberwei-sungen gibt es noch die Möglichkeiten der Ein-zugsermächtigung z. B. an den (seriösen) Ver-mieter oder den Dauerauftrag, den dann die Bank erledigt. Man kann diese Möglichkeiten dem Amt anbieten. Wenn man nicht völlig handlungsunfä-hig ist, sind die Möglichkeiten von Einzugser-mächtigung oder Dauerauftrag dem Antrag ans Amt auf Direktüberweisung vorzuziehen.

I N FO

Mehr zu ALG II und SozialhilfeDer neue Leitfaden ALG II/Sozialhilfe von A–Z (Stand Juli 2013)

› erhältlich für 11 EUR im Büro des mob e.V., Prenzlauer Allee 87, oder zu bestellen bei: DVS, Schumanstr. 51, 60325 Frankfurt am Main,

› Fax 069 - 740 169

› www.tacheles-sozialhilfe.de › www.erwerbslosenforum.de

Page 30: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

strassenfeger | Nr. 19 | September 201330 | AUS DER REDAKTION K o l u m n e

Karikatur: Andreas Prüstel

Aus meiner SchnupftabakdoseK O L U M N E : K p t n G r a u b ä r

Manchmal bedaure ich, dass es die Sendung über das heitere Beruferaten nicht mehr gibt. »Was bin ich?« war da immer die zentrale Frage, und ein Rateteam musste herausfin-den, was der jeweilige Kandidat tat, um sei-

nen Lebensunterhalt zu verdienen. Jede falsche Frage brachte einen Heiermann in das bereitstehende Schweinderl. Mit der Zeit wurde das aber langweilig, denn so viele ausgefallene Berufe gibt es nicht, und die von den Handwerkskammern erfundenen neuen Berufe gaben nicht so richtig was her. Be-ruferaten geht nicht mehr, aber das Prinzip der Sendung ließe sich doch gut auf andere Themen anwenden.

Wie wäre es zum Beispiel, Bewohner bestimmter Städte zu erraten? Fangen wir doch gleich mit dem Berliner an. Er er-scheint zur Sendung im Trainingsanzug, den er weltläufig als wellness dress bezeichnet. Natürlich berlinert er nicht, denn er ist ja von irgendwoher zugezogen und fühlt sich nur als Berliner. Die Sprache wird ihn also nicht verraten. Dann muss da noch diese typische Handbewegung gemacht werden. Kein Problem für unseren Kandidaten. Mit einem lässigen Schnips befördert er seine Kippe auf den Fußboden des Studios.

Die erste Frage: »Sind Sie ein richtiger Großstadtmensch?« Der Kandidat druckst ein bisschen, ehe er sich zu einem Nein entschließt. Eine ehrliche Antwort, denn die Großstadt ist ihm ziemlich schnuppe. Berliner ist er nur für Nicht-Berliner. Selbst für seinen Bezirk bringt er wenig Lokalpatriotismus auf. Er ist aus Friedenau, aber nicht aus Schöneberg, aus Müg-gelheim aber nicht aus Köpenick. Den Rest von Berlin sieht er nur, wenn ihn unvermeidliche Zwänge beruflicher oder priva-ter Art dorthin verschlagen.

Die zweite Frage: »Wohnen Sie in einer Stadt, die immer grö-ßer wird?« Nein, es soll alles so bleiben, wie es ist. Wenn die Brachen zugebaut werden, verlieren wir doch Lebensqualität und es kommen immer mehr Auswärtige, die nicht wissen, was Berliner Lebensart ist. Ich gucke gerne zu, wenn sich auf dem alten Trümmergrundstücke nebenan Karnickel und Fuchs Gute Nacht sagen. Aber vielleicht könnte man ja Orani-

enburg und Zeuthen eingemeinden, dann gibt es frische Luft und neuen Raum.

Die dritte Frage: »Bietet ihre Stadt ein reiches Kulturange-bot?« Ganz entschieden nein! Neulich die Einweihungsfeier für den frisch gestrichenen S-Bahnhof mit Grillständen und einer Jazzkapelle war schon ganz in Ordnung. Aber so etwas ist viel zu selten. Stattdessen wird das meiste Geld in den Mu-seen verpulvert, wo die Touris sich die alten Scharteken angu-cken. Das ist nichts für einen modernen Berliner. Und in einer Oper war ich auch noch nie.

Die vierte Frage: »Leben Sie in einer grünen Stadt?« Das hört sich nach einer Fangfrage an. Ist gemeint, dass Kreuzberg von den Grünen regiert wird oder dass es Parks und Bäume in der Stadt gibt? So Bäume und Beete kann sich die Stadt doch gar nicht mehr leisten. Also nein, keine grüne Stadt. Grün haben wir in der Laubenkolonie, und da soll die Stadt die Finger von lassen.

Die fünfte Frage: »Leben sie in einer weltoffenen Stadt?« Na klar, wir haben doch in der Schule gelernt »Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!« Gucken kommen können sie ja mal, irgendwo, wo das vorgesehen ist und unsereiner sowieso nie hingeht. Aber in meinem Kiez will ich das Gesocks nicht her-umlaufen sehen. Also doch besser nein.

Die sechste Frage: »Wohnen Sie in einer lauten Stadt?« Nein, bei uns im Kiez ist es immer mucksmäuschenstille, außer wenn wir nach dem Skatabend bei Schweinebacke nach Hause ge-hen und ein Liedchen anstimmen. Und dann natürlich das Geklacker, wenn die jungen Leute ihre Rollkoffer über das Kleinpflaster ziehen. Das muss verboten werden. Die können ihre Koffer doch tragen. Fluglärm haben wir auch nicht, außer an zwei Ecken, aber der wird ja wegdemonstriert.

Einer aus dem Rateteam ist mutig und fragt schon mal: »Fängt Ihre Stadt mit B an?« Ja.

Tuscheln im Rateteam und dann verkündet der Ratefuchs: »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie aus Bitterfeld sind?«

Page 31: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

Vorschau

Foto

: And

reas

Dül

lick

©VG

Bild

-Kun

st

Siebdruck von »Czentrifuga« (Quelle: Jan Markowsky)

MITMACHENDu willst selbst einen Artikel schreiben oder dich anderwei-tig an der Redaktionsarbeit des strassenfeger beteiligen? Dann komm zur öffentlichen Redaktionssitzung!Jeden Dienstag 17 Uhr

Kaffee Bankrott, Prenzlauer Allee 87

Mehr Infos unter: 030 - 419 345 91

strassenfeger | Nr. 19 | September 2013 AUS DER REDAKTION | 31

Mitglied im: Partner: Facebook:

ImpressumH E R AU S G E B E R mob – obdachlose machen mobil e.V.Prenzlauer Allee 87, 10405 BerlinTelefon: 030 - 467 946 11 | Fax.: 030 - 467 946 13

V O R S I TZ E N D E Dr. Dan-Christian Ghatt as, Lothar Markwardt, Andreas Düllick (V.i.S.d.P.)

C H E F R E DA K T E U R Andreas Düllick

R E DA K T I O N E L L E M I TA R B E I TRedaktionelle Mitarbeit: CaDa, Andreas Düllick, Laura F., Guido Fahrendholz, Detlef Flister, rwf, Jutt a H., Jan Markowsky, Christoph Mews, Boris Nowack, OL, Andreas P., Manuela P., Andreas Prüstel, Urzsula-Usakowska-Wolff , Manfred Wolff

T I T E L B I L D Die beiden Münchner Mädels protestie-ren gegen den Teilabriss der Mauer mit Handstand. (Foto: Boris Nowack)

K A R I K AT U R E N Andreas Prüstel, OL

D E S I G N V O R L A G E Thekla Priebst

S ATZ U N D L AYO U T Ins Kromminga

S C H R I F T E N Karmina Sans (mit freundlicher Genehmigung von typetogether), Life

B E L I C H T U N G & D RU C K Union Druckerei Berlin

R E DA K T I O N S S C H LU SS 11. September 2013R E DA K T I O N Prenzlauer Allee 87, 10405 BerlinTelefon: 030 - 419 345 91 | [email protected]

A B O - KO O R D I N AT I O N & A N Z E I G E Nmob – obdachlose machen mobil e.V.Telefon: 030 - 419 345 91

AdressenT R E F F P U N K T K A F F E E B A N K ROT TPrenzlauer Allee 87, 10405 BerlinTelefon: 030 - 447 366 91 Öff nungszeiten: Mo bis So 8.00 – 20.00 UhrZeitungsverkauf: bis 20.00 Uhr

N OT Ü B E R N A C H T U N GPrenzlauer Allee 87, 10405 BerlinTelefon: 030 - 419 345 93Öff nungszeiten: 17.00 – 8.00 UhrAnmeldung: 17.00 – 23.00 Uhr

T RÖ D E L P O I N T B E I M O B E .V.Prenzlauer Allee 87, 10405 BerlinMontag bis Freitag 8.00 – 18.00 UhrTelefon: 030 - 246 279 [email protected]

W W W. ST R A S S E N F EG E R .O RG

Namentlich genannte Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Es war nicht möglich, bei al-len Bildern die Urheber festzustellen. Betroff ene melden sich bitt e bei uns. Für unverlangt eingesandte Fotos, Manuskripte oder Illustrationen übernehmen wir keine Haft ung.Der strassenfeger ist off en für weitere Partner. Interessierte Projekte melden sich bitt e bei den Herausgebern.

Vo r l e t z t e S e i t e

L i e b e Fre u n d e ,

die »Czentrifuga« hat zusammen mit dem »statt la«b und dem sozial-kulturellem Treff punkt für Woh-nungslose »Unter Druck - Kultur von der Straße« mit fi nanzieller Unterstütung des Quartiersma-nagement Pankstraße das Projekt »Camera Obscura« durchgeführt. Die Ergebnisse werden im »statt lab« (»Statt bad Wedding«, 2.OG) ab 19. September präsentiert. Die Theater-gruppe »Unter Druck« hat in ihrer neuen Produktion »Berliner Reigen« ein Poster in einer Szene verwendet. Diese Szene wird bei der Vernissage gezeigt.

Vernissage:19. September um 17 Uhr

Stellvertretend für die Truppe und alle Mitwirkenden lädt mit besten Grüßen herzlich ein

Jan

Aus der Redaktion

s t r a s s e n fe g e r N r. 2 0

DER BESONDERE MOMENTerscheint am 30. September 2013

MEINE GEBURTWAS WIRD AUS MOB E.V./STRASSENFEGER? (TEIL2)

»ARTE POSTALE« IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE

Achtung: Der Kanzlerkandidat kommt!

Page 32: Ausgabe 19 2013 des strassenfeger - ORTE

Ein Dach über dem Kopf

Die Aktion »Ein Dach über dem Kopf« wurde vom Verein mob – obdachlose machen mobil e.V. gestartet, um Menschen, die in tiefer Not und ohne eigene Bleibe sind, wirksam helfen zu können. Damit wir diese Menschen dauerhaft unterstützen können, benötigen wir Ihre Hilfe.

EINMALIG Ja, ich möchte für eine Woche einem Menschen

Ein Dach über dem Kopf ermöglichen und zahle 14 EUR

Ja, ich möchte für zwei Wochen einem Menschen Ein Dach über dem Kopf ermöglichen und zahle 28 EUR

Ja, ich möchte für einen Monat einem Menschen Ein Dach über dem Kopf ermöglichen und zahle 60 EUR

PARTNERSCHAFT Ja, ich möchte einem Menschen dauerhaft

Ein Dach über dem Kopf ermöglichen und zahle monatlich 60 EUR

Ja, ich möchte die Aktion Ein Dach über dem Kopf regelmäßig unterstützen und zahle monatlich EUR (mindestens 3 EUR)

Bitt e schicken Sie mir eine Spendenbestätigung zu.

Name, Vorname

Straße

PLZ, Ort

Einzugsermächtigung (Die Einzugsermächtigung gilt bis auf Widerruf)

Bank BLZ

Konto Inhaber

Unterschrift

Vielen Dank für Ihre Spende!

Bitt e senden Sie den Coupon an : »Ein Dach über dem Kopf« c/o mob e.V.,Prenzlauer Allee 87, 10405 Berlin

Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft BLZ 100 205 00 | Konto 328 38 - 01Kennwort: »Ein Dach über dem Kopf«

Foto: r.Werner Franke

Michael verkauft den strassenfeger und benötigt auch Ihre Hilfe!