Ausgabe 5 | 2012 IN:TEAM · Juni 2012 SCHLESWIG- HOLSTEIN-TAG in Norderstedt auf dem Gelände der...

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IN: TEAM Das Magazin der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe Gruppe Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie Ausgabe 5 | 2012 Schwerpunkt: Sexualität Selbstbestimmt Leben und das Recht auf Sexualität Elternschaft trotz Handicap? Behinderte Sexualität Termine

Transcript of Ausgabe 5 | 2012 IN:TEAM · Juni 2012 SCHLESWIG- HOLSTEIN-TAG in Norderstedt auf dem Gelände der...

  • IN: TEAM Das Magazin der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe

    GruppeNorddeutsche Gesellschaft für Diakonie

    Ausgabe 5 | 2012

    Schwerpunkt: Sexualität

    Selbstbestimmt Leben und das Recht auf Sexualität

    Elternschaft trotz Handicap?

    Behinderte Sexualität

    Termine

  • Liebe Leserinnen und Leser!

    Sexualität gilt nach biblischem Verständnis als eine Gottesgabe, die ein lustbetontes, sinnenfreudiges sexuelles Erleben einschließt – es soll selbstbestimmt und gleichzeitig sich selbst und dem anderen / der anderen gegenüber verantwortlich gelebt werden.Ja, gilt denn das etwa auch für behinderte Menschen und wenn ja: etwa auch für Menschen mit einer geistigen Behinderung?? Und wieso ist das Thema „Sexualität“ eins für die Werkstatt??

    Vor einigen Jahren kam ein Kollege – etwas aufgebracht – in mein Büro und legte los: „Sie müssen jetzt unbedingt mal was unternehmen! Ständig hän-gen behinderte Mitarbeiter/innen im Eingangsbereich unserer Werkstatt rum und knutschen, was das Zeug hält! Das geht doch nicht!!“ Auf die Frage, was ich denn jetzt unternehmen müsse, antwortete er: „Sie sind doch der Chef! Sie müssen das unterbinden!!“ Weitergehende Fragen von mir (etwa: was genau gilt es denn zu unterbinden und warum?) dienten nicht etwa einer Klärung oder Verständigung und beru-higten auch nicht. Mein Hinweis, dass ich da nicht viel machen würde, weil das „Knutschverhalten“ für mich erst mal nicht problematisch sei, stieß eher auf Unverständnis.

    Ich nahm mich dann tatsächlich des „Problems“ an, sprach im erweiterten Kollegenkreis darüber und – siehe da: der „Disput“ zwischen meinem Kollegen und mir hatte ein Spiegelbild im gesam-ten Kollegium: auf einer Dienstbespre-chung der Mitarbeiterschaft wurde das Thema vertieft, und es stellte sich her-aus, dass manche Kollegen ein Problem mit der oben geschilderten Situation hatten, viele andere wiederum gar nicht und das eher als „normal“ betrachteten, einige sogar sahen Handlungsbedarf, weil „Geistigbehinderte Sexualität auf-grund ihrer Behinderung doch gar nicht leben können“ und ein Kollege meinte sogar: „Schlafende Hunde soll man nicht wecken!“

    Getreu diesem Motto wurde und wird Sexualität für Menschen mit einer Behinderung seit langer, langer Zeit tabuisiert – die Verhinderung sexueller Betätigung insbesondere bei Menschen mit einer geistigen Behinderung galt als wichtiges pädagogisches Ziel; entspre-chend sexualfeindlich gestalteten sich die Rahmenbedingungen und – zumin-dest vordergründig bzw. unsichtbar – die Beziehungen im systemischen Kontext, nämlich in Elternhaus, Heim, Schule und auch Werkstatt und sorgten zusätzlich für eine soziale Behinderung.

    Inzwischen hat sich zumindest theo-retisch gesellschaftlich durchgesetzt, dass beeinträchtigte und behinderte Menschen keine Menschen zweiter Klasse sind und deshalb selbstverständ-lich auch im Bereich der Sexualität die gleichen Persönlichkeitsrechte besitzen wie in der Gesellschaft allgemein üblich.

    Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung fordert in Artikel 1 „den vollen und gleichberech-tigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu för-dern.“ Für den Umgang mit behinderten Menschen heißt das auch im Bereich der Sexualität: weg von der Betreuung hin zur Assistenz.

  • Dieser „behindertenpädagogische“ Paradigmenwechsel auch auf dem Gebiet der Sexualität ist verbunden mit der Umsetzung von Standards bzw. Rechten, die in der Arbeit mit behinderten Men-schen zum Teil lange umstritten waren; hierzu gehören:• das Recht auf eigene Intimsphäre• das Recht auf individuelles Sexual-

    leben• das Recht auf Sexualpädagogik

    und Sexualberatung• das Recht auf Elternschaft• das Recht auf Rahmenbedingungen

    in den Einrichtungen, die das Recht auf individuelles Sexualleben im „normalen“ Rahmen ermöglichen.

    Insbesondere der Punkt „Sexualpäda-gogik“ und „Sexualberatung“ scheint ein außerordentlich wichtiger zu sein, weil die lange Zeit gültige Tabuisierung von Sexualität behinderter Menschen sexuelle Gewalt an ihnen und von ihnen ausgehend begünstigt und sogar herausgefordert hat. Das, was darüber bekannt ist, verlangt durchgehend nach Beratung und Konzepten, die präventive Gegenstrategien darstellen.

    Auch aus diesem Grund haben wir vor einigen Jahren beschlossen, das Thema „Sexualität“ aufzugreifen (siehe oben!) und als Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter mit und ohne Handicap gemeinsam Leitlinien zu erarbeiten, die die Vor-aussetzungen für einen guten Umgang mit Sexualität in unserem Leben und in unserer Einrichtung beschreiben und deren Umsetzung unterstützen sollen. Hierzu gab es • drei Mitarbeiter/innentage, die

    - sich mit dem Thema „Sexualität bei uns selbst und bei anderen“ befassten,

    - das Recht auf selbstbestimmtes Erleben von Sexualität beleuch-teten,

    - das Problem von „Nähe und Distanz im Umgang miteinander“ thematisierten,

    - die Themen „Recht auf Eltern-schaft“ und „ Sexuelle Gewalt“ behandelten.

    • parallele Gespräche und Diskussio-nen mit den Mitarbeiterinnen mit Handicap während der wöchentli-chen Gespräche in den Arbeitsgrup-pen. Diese Treffen wurden begleitet und moderiert von Mitarbeiterinnen von „pro familia Lübeck“ und einem sexualpädagogischen Berater des Gesundheitsamtes Bad Oldesloe.

    Resultat dieser intensiven Auseinan-dersetzung mit dem wichtigen Thema Sexualität waren die „Leitlinien zum Umgang mit Sexualität und Behinde-rung in den Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe“ und deren Umsetzung in unserer täglichen Arbeit. Hierzu gehört insbesondere die Ausbildung einer Mitarbeiterin zur Sexualpädagogin und die Implementierung ihrer Arbeit in den Werkstattalltag, etwa in Gruppen- und Einzelgesprächen, in arbeitsbegleiten-den Maßnahmen oder in Fortbildungs-angeboten unseres Bildungszentrums.

    Lesen Sie bitte über diese Bemühungen auf den folgenden Seiten.

    Stephan Bruns, Einrichtungsleiter

    Resultat einer intensiven Auseinandersetzung

    mit dem Thema Sexualität – unsere Leitlinien.

  • Selbstbestimmt Leben und das Recht auf SexualitätEin Beitrag von Claudia Altrock, Sozialpädagogin im begleitenden Dienst

    und Arne Laß, Teamleiter Bildungszentrum

    Sexualität und Werkstatt für behinderte Menschen. Man könnte meinen, die beiden Dinge haben soviel miteinander zu tun wie Fischstäbchen und Fahrrad. Viele von uns Fachkräften haben bei Eintritt in den Werkstattalltag mög-licherweise so oder ähnlich gedacht. Ich tat es jedenfalls. Ausgestattet mit unseren Werten und Moralvorstellungen war da wenig Raum für die Vorstellung, Menschen mit Handicap würden mit ihrer individuellen Sexualität im Werk-stattalltag Raum einnehmen können.

    Doch weit gefehlt. Das Thema trat in unserer Einrichtung in den Vordegrund. Warum das so war – keine Ahnung. Vielleicht war es der Zeitgeist, viel-leicht die Medien, vielleicht die sich entwickelnde professionelle Haltung der Mitarbeiter/innen ohne Handicap, vielleicht das Gefühl der Mitarbeiter mit Handicap, sich mit allem an die Fachkräfte wenden zu können oder vielleicht war es nur ein Fass, das überlief? Jedenfalls war das Thema auf einmal da und wir mussten uns damit auseinandersetzen. Eines ist klar: Menschen mit Handicap haben eine Sexualität, genau wie Sie, wie du oder wie ich. Wie alle anderen Menschen haben sie eine individuelle Art sie zu leben, zu erleben oder eben auch nicht. Manche bringen Geschichten mit, oder müssen mit Gegebenhei- ten zurecht kommen, die wir uns kaum vorstellen können:

    • Da sind zunächst Mitarbeiter/innen, die in ihrer Beweglichkeit sehr eingeschränkt und manchmal sogar auf Rollstühle angewiesen sind;

    • Einige Mitarbeiter/innen mit Handi-cap nehmen Medikamente, die sexu-elle Aktivitäten unmöglich machen

    • Einige haben, warum auch immer, noch nicht gelernt, mit ihren Ge-fühlen und ihrer Sexualität ange-messen umzugehen.

    • Manche haben eine Sorglosigkeit, die für andere beängstigend sein oder auch einen Aufforderungs-charakter haben kann

    • Einige müssen mit Erlebtem klar-kommen, andere mit etwas, das sie getan haben und beide in der Werkstatt miteinander

    Selbstbestimmt leben und das Recht auf Sexualität. An dieser Stelle kann man das Grundgesetz zitieren, die UN-Menschenrechtskonventionen, die ICF und wahrscheinlich sogar die Bibel. Im „Großen Kontext“ ist alles klar und das ist auch gut so. Die Heraus-forderung liegt im Detail.

    Das gesamte Kollegium wie auch jeder Einzelne werden immer wieder aufge-fordert sich zu positionieren. Sei es, wenn Beziehungen nicht funktionieren, Übergriffe gemeldet werden, Fragen auftauchen, wir auf Bildungsfreizeiten fahren, jemand sich bedrängt fühlt oder ... dann müssen wir professionell handeln – vor dem Hintergrund unserer eigenen Werte, unserer Moral, dem was Angehörige,

    Betreuer oder andere für richtig halten und dem was gesellschaftlich gewollt ist, ohne das Recht auf selbstbestimm-tes Leben und auf selbstbestimmte Sexualität einzuschränken. Nicht selten gilt es, sehr kontroverse Verhaltenswei-sen oder Wünsche auszugleichen, denn das Recht auf sexuelle Selbstbestim-mung darf natürlich nicht die Persön-lichkeitsrechte anderer Mitarbeiter/innen einschränken.

    Wir, die Mitarbeiter/innen der Stormar-ner Werkstätten Bad Oldesloe, haben lernen müssen, wertfrei mit diesen Themen umzugehen und wir haben es gelernt. Als Einrichtung aber auch als einzelne Personen, die hier arbeiten haben wir uns mit unserer Haltung zu Sexualität auseinandergesetzt. In der Folge sind wir vernetzt mit Be-ratungsstellen, halten Fachpersonal vor wie z.B. eine Sexualpädagogin und eine Psychologin, die auch in ihrer Funktion als Traumatherapeutin immer wieder mit den Schattenseiten des (Er-) Lebens von Sexualität konfrontiert wird; wir bieten in Kooperation mit versierten Fachkräften sexualpädago-gische Fortbildungen und Kurse zur Abgrenzung und Selbstbehauptung an. Selbstbestimmt leben schließt das Recht auf Sexualität ein und manchmal auch das Recht darauf sie zu entdecken und zu entwickeln. In einigen europäi-schen Ländern ist Sexualassistenz eine Selbstverständlichkeit ...

  • Stefan Voss, Ausbilder in der Küche der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe und Vorsitzender des Vereins Lübecker Köche e.V. hatte zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen mit und ohne Handicap die Idee zu einem Fünf-Gänge-Benefi zessen zugunsten des Kinder-Hospiz „Sternenbrücke“ in Hamburg.Ein voller Erfolg! Als um 22.00 Uhr unter großem Applaus der Scheck übergeben wurde, waren 56 Gäste mit haus-gemachten kulinarischen Köstlich-keiten verwöhnt und durch ein musikalisches Rahmen programm blendend unter halten worden.Die stolzen Mitarbeiter/innen mit und ohne Handicap der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe hatten am Ende des schönen Abends 2.553,88 Euro für Familien mit schwerkranken Kindern beisam-men. Wir danken allen Spenderinnen und Spendern ganz herzlich.

    Benefi z fürs Kinder-Hospiz – Essen ist fertig!

    e

    Bad Oldesloer Markt, 31. März 2012

    Gaumenfreuden der

    Küchen-

    gruppe – Das Menü

    Hausgebeizter Grave

    dlachs

    mit Honig-Dillsauce

    Kartoffelrösti

    Klare Tomatenbrühe

    Basilikumklösschen

    Chesterstange

    Schweinefi let im Pil

    zmantel

    Rotweinsauce

    Mediterranes Gemüse

    Rosmarinkartoffeln

    Vanillehalbgefrorene

    s

    Warmes Birnenkomp

    ott

    Schokoladenroulade

    Käseauswahl

    Einladung

    Benefiz fürs Kinder-Hospiz – Essen ist fertig!

  • Mit und ohne Handicap – kommt herbei!

    FLOHMARKT Stormarner Werk-

    stätten Bad Oldesloe

    13. Mai 2012

    SOMMERFEST

    der Stormarner We

    rk-

    stätten Bad Oldesl

    oe

    16. Juni 2012

    SPORTFEST in Lübeck

    9. Juni 2012

    SCHLESWIG- HOLSTEIN-TAG

    in Norderstedt

    auf dem Gelände der

    Landesgartenschau

    8./10. Juni 2012

    www.shtag.de

  • SKODA VELOTHONBERLINTeilnahme am Radrennen für Profi s und Jedermann

    09./10. Juni 2012

    INTEGRATIVER

    SPORTTAG

    IN KÖLN

    Teilnahme an der

    Ruderregatta

    am Fühlinger See

    22.06.2012

  • Elternschaft trotz Handicap?

    Ich bin 25 Jahre alt. Seit einigen Jahren arbeite ich in der Werkstatt, weil ich ein Handicap habe. Zuletzt habe ich auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz gearbeitet, vielleicht wäre das eine Chance für eine Arbeit „draußen“ gewesen. Aber jetzt bin ich schwanger. Wie es mir damit geht?

    Am Anfang war alles noch ganz ent-spannt. Die monatliche Blutung kam nicht so wie sie normalerweise kommt, kein Problem, das hat Frau mal, kein Grund zur Sorge. Doch als es weiterhin andauerte, musste ein Test her. Eigent-lich konnte ja nichts sein, wir hatten ja verhütetet, aber ein bisschen Panik war schon dabei. Der Schwangerschaftstest wurde dann sehr eindeutig positiv. Zu erst war ich sehr geschockt. Ich musste auch weinen. Meine größte Angst war: wie reagiert mein Umfeld: meine Pfl egeeltern, meine Freunde, meine Arbeit und natürlich: wie wird es mit meinem Freund? Ich musste mir jetzt überlegen, wie ich die Schwangerschaft meiner Umwelt mitteile. Als erstes fand ich den Mut, in der Werkstatt über die Schwangerschaft zu sprechen. Die Kollegen da bestärkten mich, boten mir Unterstützung an und erzählten mir, wo ich Beratung erhalten könne. Als nächstes sprachen mein Freund und ich mit seinen Eltern. Diese hatten zwar einige Zweifel, versprachen aber Unterstützung.

    Doch das schwierigste war: Wie sollte ich meinen Pfl egeeltern die Nachricht überbringen. Vor diesem Gespräch hatte ich am meisten Angst. Wie werden sie wohl reagieren? Als ich mich dann überwand und mit meiner Mutter sprach, war alles ganz anders: sie stellte zwar auch kritische Fragen wie: Was willst Du jetzt machen? Schaffst Du das alles? usw., aber sie freute sich riesig, und ganz schön war, dass sie mich mit diesen Fragen nicht alleine ließ. Auch die Besuche bei der Frau-enärztin fanden in Begleitung meiner Pfl egemutter statt. Als die Frauenärztin die Schwangerschaft bestätigte, freute sich die frische gebackene Oma so, dass sie meinen Freund und mich umarmte. Die Frauenärztin stellte natürlich die erste kritische Frage nach Abtreibung oder Austragen. Doch dazu hatte ich mir schon Gedanken gemacht. Eine Ab-treibung kam nicht in Frage, dass ist ja irgendwie Mord. Nein, so etwas würde mich mein ganzes Leben begleiten und ich würde mir Vorwürfe machen. Also war die Entscheidung klar: ich will das Kind austragen. Mir ist schon klar, dass sich mein Leben ändert, und ich habe Hoffnung auf etwas Schönes. In der letzten Zeit habe ich viele Gespräche mit meiner Pfl e-gemutter, Betreuerin, pro familia und dem Jugendamt geführt. Bei all diesen Personen bzw. Einrichtungen bekam ich Unterstützung. Nur die Gespräche mit meinem Freund waren schwierig und es wurde so kompliziert, dass wir es eine Zeit lang ohne einander probierten. Zu-sätzlich zu diesen Problemen musste ich nun auch ihre Außenarbeitstelle infor-mieren. Hier und auch in der Werkstatt

    „Ich als Mutter will mein Kind großziehen, ich als Mutter will die Verantwortung tragen und das schaffen! Ich will das gut machen!“

  • haben die Kollegen die Neuigkeit positiv auf genommen. In Zusammenarbeit mit pro familia und dem Jugendamt habe ich einen Wohnplatz in einer Mutter-Kind Einrichtung erhalten. In dieser Einrichtung kann ich mich zu drei Jahre unterstützen lassen. Das nimmt mir ein bisschen von meiner Angst, vielleicht doch nicht mit der neuen Herausfor-derung klarzukommen. Mein Umzug in diese Einrichtung ist bereits auf den 1. Juni festgelegt. Auch eine Hebam-me habe ich schon für die Nachsorge

    organisiert und bereits kennengelernt. Entbinden möchte ich gerne in Sege-berg, den Kontakt habe ich schon hergestellt. Bald beginnt der Schwan-gerschaftskurs. Es scheint, als habe ich bereits einen Plan für alles entwickelt, was alles so kommen kann. Ein bisschen Unsicherheit bleibt aber trotzdem. Ich habe soviel Unterstützung von allen bekommen, das hilft mir.

    Bald ist es so weit. Wie fühle ich mich jetzt? Am Anfang war alles wie immer, nur im Kopf ging es rund. Es war ja auch noch nicht viel zu spüren. Als die Frauenärztin die Schwangerschaft bestätigt hat und meine Pfl egemutter sich so gefreut hat und mich umarmt hat, war ich sehr glücklich. Auf dem ersten Ultraschall war nur ein kleiner Punkt zu sehen. Da war schwanger sein immer noch nicht so begreifbar. Aber jetzt ! Anfang März habe ich die ersten Kindsbewegungen gespürt. Das war zwar zuerst ein bisschen komisch. Aber sehr schnell konnte ich die Bewegungen genießen, jetzt habe ich richtig das

    Gefühl, schwanger zu sein. Mittlerwei-le spreche ich mit meinem Baby und freue mich über jede Bewegung, die ich spüre. Ein tolles Gefühl! Auf den nächsten Arzt besuch freue ich mich schon, denn auf dem Ultraschall kann man ja jetzt schon richtig was sehen und wir wollen heraus fi nden was es wird, ein Mädchen oder ein Junge. Ich wünsche mir ein Mädchen, weil ich selber eines bin und das stelle ich mir leichter vor, später. Jetzt gucken immer alle auf meinen Bauch. Das ist auf der einen Seite ein komisches Gefühl und auf der anderen Seite macht es mich irgendwie stolz. Stolz, dass ich eine Mama werde. Ich als Mutter will mein Kind großziehen, ich als Mutter will die Verantwortung tragen und das schaffen!! Ich will das gut machen! Und mit all der Unterstützung die ich habe schaffe ich das auch. Nur vor der Geburt habe ich ein wenig Angst, wegen der Schmerzen, aber meine Pfl egemama wird da sein.

    Aufgeschrieben von Torben Zacharias.

    Torben Zacharias

    Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung

    Die Pfl egemutter betrachtet die Situation so

    Als sie mich anrief und fragte, ob ich am kommenden Tag Zeit für sie hät-te, da wusste ich irgendwie gleich Bescheid und fragte ob sie schwanger wäre. Da wurde es still am Telefon. Zuerst war da Freude, doch ziemlich schnell machte ich mir Sorgen. Wie soll sie das bloß alles schaffen? Inzwischen sehe ich, wie sie Hilfen annimmt und umsetzt. Sie macht jetzt schon viele Termine selbständig und ist richtig gewachsen an der Schwan-gerschaft. Es beruhigt mich sehr, dass Sie einen Plan hat wie alles voran gehen soll. Als Jugendliche hat sie mir mal gesagt, sie hätte gar keine richtige eigene Familie. Jetzt bekommt sie eine eigene kleine Familie, das freut mich am meisten für meine Pfl egetochter.

  • Behinderte SexualitätDie Erarbeitung der Leitlinien zum Umgang mit Sexualität und Behinderung in unserer Werkstatt

    Sexualität ist ein natürlicher Bestandteil der Persönlichkeit des Menschen. Ihre positive Entfaltung hängt von Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse ab – wie der Wunsch nach Nähe, Berührung, Inti-mität, Lust, Zärtlichkeit und Liebe. Sexuelle Rechte behinderter Men-schen sind grundlegende Menschen-rechte, die sich auf die Freiheit, Gleichheit und Würde aller Menschen gründen.

    Mit diesen beiden Sätzen im Kopf und im Herzen gingen wir in die Startphase des Projektes „Behinderte Sexualität“. Im August 2005 auf der Dienstbespre-chung der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe. Zusammen mit Günter Frank/Sexualberatung Kreis Stormarn und Gabi Rüger/ pro familia Lübeck warben wir für dieses Vorhaben, das dieser Werbung in der Tat bedurfte. Denn die Thematisierung des Themas Sexualität und Behinderung bedingt die Auseinan-dersetzung mit der eigenen Sexualität.

    Arbeitsgruppen von MitarbeiterIn-nen mit und ohne Handicap, Klau-surtagungen, Grobkonzipierungen, Sonderbesprechungen, workshops, Themenbewertungen, Rückmeldungen aus den Arbeitsgruppen der Werkstatt, Gruppenfortbildungs- und Mitarbeiter-tage, Verlaufsrefl exionen, viele Treffen im Kreishaus, Nähe, Distanz, Werte, Normen, sexuelle Gewalt, Abschluss, Feinarbeit, Umsetzung und Weiterent-wicklung – bis zur Drucklegung der Leitlinien vergingen 2 ½ Jahre.Alles braucht seine Zeit – und diese war gut angelegt! Ein Schwerpunkt un-serer Erarbeitung der Leitlinien wurde immer deutlich, die Rückmeldungen aus der Werkstatt, die Rückmeldungen der MitarbeiterInnen mit Handicap in den

    Konzeptionsvorschlag einzuarbeiten. Es gab Phasen, in denen die Zeit sich in sich selbst drehte, die Zähfl üssigkeit und Länge der Arbeiten uns fast den Mut und die Motivation nahmen.

    Im März 2008 schob der Büroservice der Stormarner Werkstätten Bad Oldes-loe unsere gemeinsame Arbeit in die Druckmaschine. Als Einrichtung zur be-rufl ichen Rehabilitation tragen wir zur Normalisierung von Lebensbedingungen behinderter Menschen bei. Dazu gehört die Vermittlung sozialer und gesell-schaftlicher Normen, deren Kontrolle und die Entwicklung pädagogischer Interventionen. Gleichermaßen ist es uns wichtig, die Selbstbestimmung aller Menschen zu unterstützen.

    • Wir möchten jeden Menschen wert-schätzen, indem wir ihn mit seinen Eigenschaften und Lebensfragen ernst nehmen, ihn grundsätzlich akzeptieren und ihm respektvoll begegnen, gerade auch im Feld der Sexualität.

    • Die Ausdrucksformen der mensch-lichen Sexualität sind so vielfältig wie die Menschen selbst. In jeder Gemeinschaft bedarf es einer Über-einkunft, welche dieser Ausdrucks-formen lebbar, bzw. darstellbar sein dürfen, was gefördert, akzeptiert, bzw. verboten werden soll. Dieses gilt auch für die Stormarner Werk-stätten Bad Oldesloe.

    • So transportieren auch MmH (Mit-arbeiterInnen mit Handicap) das Thema Sexualität in die tägliche Interaktion mit den MoH (Mitarbei-terInnen ohne Handicap). Diese sind damit als AnsprechpartnerInnen und Orientierungshilfen gefordert,

    müssen adäquat reagieren, sich positionieren und authentisch sein. Diese besondere Herausforderung fordert Fachkompetenz und großes Refl exionsvermögen von den MoH. Die schließt die Bereitschaft und Fä-higkeit zur kritischen Refl exion auch hinsichtlich der eigenen Sexualität ein. Hierfür stellt die Einrichtung die notwendigen Mittel für Fortbil-dung und Supervision nach Bedarf zur Verfügung. Die MoH und die Einrichtung tragen dafür Sorge, die entsprechenden Fachkompetenzen zu erlangen.

    • Sexualität ist ein lebenslanger Lernprozess auch auf der Ebene von Wissen. Es geht u.a. um die Verantwortung unserer Einrichtung, hier günstige Lernbedingungen zu schaffen und unserem Bildungsauf-trag für MmH nachzukommen. Dazu gehört auch die Enttabuisierung des Themas.

    • Zur Professionalität gehört, die Grenzen unserer Kompetenzen im Blick zu behalten und mit externen Fachstellen zu kooperieren. Wir vernetzen uns mit:

    • TherapeutInnen • Frauen helfen Frauen e.V. • Stormarner Beratungsstellen/ Aids- und Sexualberatung • Fachdienst soziale Dienste Kreis Stormarn • Fachberatung zur Gewalt/ sexueller Gewalt in Familien • pro familia e.V. • Sozialpsychatrischer Dienst/Fach- dienst Gesundheit Kreis Stormarn • GynäkologInnen,UrologInnen, DermatologInnen u.a.

    Ich möchte so gern einmal bei meiner Freundin in der Wohnstätte übernachten aber Papa sagt: „So‘n Schweinkram machen wir nicht!“ M., 44 Jahre

  • Wir beziehen Position und überarbeiten diese regelmäßig, denn das Projekt wird nie abgeschlossen sein. Keine Po-sitionen sind statisch, sie unterliegen alle der gesellschaftlichen Entwicklung und Wandlung.

    Carsten Schmidt-Diercks

    Leitlinien zum Umgang mit Sexualität und Behinderung in den Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe, Eigendruck Betriebsstätte Elmenhorst

    Das Interview

    Carsten Schmidt-Diercks: Was hat das Thema Sexualität mit Arbeit und Förde-rung in einer Werkstatt für Menschen mit Handicap zu suchen?Magdalena Stoffers: Sexuelle Aufklä-rung ist wichtig, weil alle Menschen das Recht auf ein eigenes Sexualleben haben. Sexualität ist positiv und gehört zu unserem Leben. Behinderten Frauen und Männern wird dieses Recht oft abgesprochen.

    Willst Du jetzt einen Kontaktraum in der Werkstatt einrichten?Nein, ich möchte präventiv arbei-ten, d.h. aufklären und informieren. Während meiner Ausbildung habe ich gemerkt, wie hoch der Bedarf und die Neugierde in der Werkstatt ist. Zu-gleich aber auch, wie wenig die eigene Meinung gefragt ist, wie fremdbestimmt die Beschäftigten oft in ihren Normen leben. Ich erfahre Dankbarkeit für kleinste Hilfestellungen und Ratschläge.

    Präventation als Kernaufgabe der Sexualpädagogik?Nicht nur, sondern ich möchte, dass

    Menschen über Sexualität reden und sie auch leben können. Sie werden lernen, selbstbestimmt zu handeln, sich zu informieren und Selbstvertrauen aufzu-bauen. Das bedeutet ganz schlicht, den Unterschied zwischen Mann und Frau, die Bedeutung von Homosexualität und das Recht auf eigene Grenzen, wenn andere diese überschreiten wollen. Selbstbestimmung ist mein Thema, „NEIN“ sagen und das zu lernen.

    Gibt es auch Lust in der Sexualität und deren Pädagogik?Ja, natürlich. Deshalb reden wir ausgiebig über Verhütungsmittel, Frauenthemen, Beziehung, Treue, Schwangerschaft, Wechseljahre. Das Interesse der Beschäftigten ist schier unbegrenzt. Und ich greife deren Ideen und Vorschläge auf. Ich biete Seminare, Projekte, Fortbildungstage, Paar- und Einzelgespräche an. Alles wird visuali-siert. In einfacher Sprache und zum An-fassen dargestellt. Erstaunlich, welche Eigendynamik die Gruppen entwickeln, wie viel Spaß entsteht – bei einem The-ma, das mit vielen Tabus behaftet ist.

    Wie reagieren Eltern, Angehörige und Betreuerinnen auf Deine Tabu brüche?Sehr unterschiedlich, sehr abhängig von ihrer eigenen Haltung zur Sexualität. Ablehnung, Verunglimpfung – aber auch Zuspruch und Unterstützung. Darin zeigt sich sehr deutlich, welche Gruppen in diesem Wandlungsprozess von Aufklärung, der Überprüfung von Werten und Orientierung mitgenommen werden müssen.

    Siehst Du einen Schnittpunkt zu den Leitlinien „Behinderte Sexu-alität“, die wir für unsere Werkstatt entwickelt haben?Ich bin der Schnittpunkt, durch meine Arbeit werden die Leitlinien in die prak-tische Arbeit umgesetzt und durch die Rückmeldungen wiederum die Leitlinien verändert. Ich bin die Ansprechpartne-rin, an mich wenden sich MitarbeiterIn-nen mit und ohne Handicap.

    Magdalena, wir wünschen Dir viele neugierige KollegInnen und danken für das Gespräch!

    Magdalena Stoffers

    Sexualpädagogin

    Carsten Schmidt-Diercks

    Mitarbeiter im

    Begleitenden Dienst

  • Kurz & Gut

    Persönliche Zukunftsplanungeine inklusive Weiterbildung im Bildungszentrum der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe

    Das Konzept der „Persönlichen Zu-kunftsplanung“ (PZP) wurde in den 1980er in den USA entwickelt. PZP dient zur individuellen und personen-zentrierten Zukunftsplanung, welche alle Lebensbereiche (Wohnen, Arbeit, Bildung und Freizeit) einer Person mit einbezieht. Der Ansatz von Persön-licher Zukunftsplanung bietet für diese Planungen spezielle, kreative und vielseitige Methoden an. Durch

    Visualisierungen des Planungsprozesses ist es für Menschen, die Schwierigkei-ten haben Schriftbilder und Sprache zu verstehen, möglich, eigene Ziele und Wünsche zu benennen und somit selbstbestimmt wirken zu können. Persönliche Zukunftsplanung richtet sich somit an alle Menschen, mit und ohne Beeinträchtigungen. Das Ziel von PZP ist die Verbesserung der eigenen Lebensqualität, unter Berücksichtigung der personellen und umfeldbedingten Ressourcen.Gemeinsam mit den Stormarner Werk-stätten Ahrensburg, der Neue Arbeit

    gGmbH und der Volkshochschule Bad Oldesloe haben wir den Intitiativkreis „Stormarn bewegt“ initiiert, um auch im Kreis Stormarn eine Weiterbildung „Persönliche Zukunftsplanung“ durch-zuführen. Zurzeit gehen wir davon aus, dass die Weiterbildung im April 2012 mit 20 Personen beginnt. Auch Mitarbeiter der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe werden teilnehmen. Das Bildungszentrum Sandkamp wird u.a. seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, die Unterbringung der Teilneh-mer organisieren und die Bewirtung gewährleisten. Arne Laß

    IMPRESSUM

    KontaktStormarner Werkstätten Bad OldesloeRögen 56–58 | 23843 Bad Oldesloe www.stormarner-werkstaetten-bad-oldesloe.de

    Redaktion Stephan Bruns und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

    Gestaltung www.conrat.org

    Fotos Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe;muro / Fotolia.com; vandalay / Photocase.de

    April 2012

    Wir, die Gartengruppe der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe, übernehmen gern die fachgerech-te Ausführung und Pfl ege Ihres Grundstücks zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.Mit unserem neuen Rasentraktor mit Frontmähwerk sind wir auch in der Lage große Rasenfl ächen zu bearbeiten.

    Gewerbekunden können nach § 140 SGB IX bis zu 50% der erbrachten Arbeits-leistung auf die Ausgleichs-ab gabe anrechnen.

    Der Frühling ist da, die Gartensaison ist eröffnet!

    Ihr Ansprechpartner: Marek DahmsTel: 045 31 | 889 115Mobil: 01 62 | 13 36 [email protected]