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Wahlpflichtfach Nr. 2 im Verwaltungszweig: Familie heute Ausgewählte kritische Aspekte bei der Umsetzung der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche am Beispiel der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung DIPLOMARBEIT zur Erlangung des Grades einer Diplom-Verwaltungswirtin (FH) vorgelegt von Christina Gärttner Mülbergerstraße 81 73728 Esslingen Studienjahr 2008/2009 Erstgutachterin: Prof. Ute Vondung Zweitgutachterin: Dipl.-Verw.-Wirtin (FH) Regina Lutz

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Wahlpflichtfach Nr. 2 im Verwaltungszweig:

Familie heute

Ausgewählte kritische Aspekte bei der Umsetzung der Eingliederungshilfe

für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche

am Beispiel der

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des Grades einer

Diplom-Verwaltungswirtin (FH)

vorgelegt von

Christina Gärttner

Mülbergerstraße 81

73728 Esslingen

Studienjahr 2008/2009

Erstgutachterin: Prof. Ute Vondung

Zweitgutachterin: Dipl.-Verw.-Wirtin (FH) Regina Lutz

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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................V

Anlagenverzeichnis...........................................................................................................VIII

Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................XI

1 Einleitung................................................................................................................... 1

2 Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche ................. 2

2.1 Eingliederungshilfe als Leistung der Jugendhilfe ......................................... 2

2.2 Seelische Behinderung bei Kindern und Jugendlichen................................ 3

2.2.1 Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand........ 3

2.2.2 Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft...................... 4

2.2.3 Drohende seelische Behinderung................................................................ 6

2.3 Anspruchsberechtigte .................................................................................. 6

2.3.1 Kinder und Jugendliche ............................................................................... 7

2.3.2 Junge Volljährige ......................................................................................... 7

2.4 Leistungen der Eingliederungshilfe.............................................................. 8

2.5 Aufgaben und Ziele der Eingliederungshilfe ................................................ 9

3 Ausgewählte seelische Störungen bei Kindern und Jugendlichen ...................... 9

3.1 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ........................................ 10

3.2 Lese- und Rechtsschreibstörung ............................................................... 11

3.3 Rechenstörung .......................................................................................... 11

3.4 Frühkindlicher Autismus............................................................................. 12

3.5 Ticstörung.................................................................................................. 12

3.6 Störung des Sozialverhaltens .................................................................... 12

4 Verfahren ................................................................................................................. 13

4.1 Rechtliche Vorgaben ................................................................................. 13

4.1.1 Arzt und Psychotherapeut.......................................................................... 14

4.1.2 Wirtschaftliche Jugendhilfe ........................................................................ 15

4.1.3 Fachkraft des Sozialen Dienstes ............................................................... 15

4.1.4 Hilfeplanungsverfahren.............................................................................. 16

4.1.4.1 Hilfeplan..................................................................................................... 16

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4.1.4.2 Wunsch- und Wahlrecht ............................................................................ 16

4.2 Verfahren zur Gewährung einer ambulanten Hilfe am Beispiel des

Landkreises Esslingen............................................................................... 18

5 Leistungen ............................................................................................................... 20

5.1 Hilfemaßnahmen nach § 35a Abs. 2 SGB VIII........................................... 20

5.1.1 Ambulante Hilfen ....................................................................................... 20

5.1.2 Tageseinrichtungen für Kinder oder andere teilstationäre

Einrichtungen............................................................................................. 22

5.1.3 Geeignete Pflegepersonen ........................................................................ 23

5.1.4 Stationäre Hilfen ........................................................................................ 23

5.1.5 Fallzahlen .................................................................................................. 24

5.2 Persönliches Budget.................................................................................. 25

6 Behandlung von Kindern mit ADHS ...................................................................... 26

7 Kosten...................................................................................................................... 27

7.1 Entgeltzahlungen an Hilfeeinrichtungen durch die Jugendhilfe.................. 27

7.2 Kostenbeitrag............................................................................................. 28

7.3 Aufwendungsersatz für selbst beschaffte Leistungen................................ 29

8 Abgrenzung des Jugendhilfeträgers zu anderen Leistungsträgern und der Schule................................................................................................................ 30

8.1 Abgrenzung der Rehabilitationsträger ....................................................... 30

8.2 Verhältnis zu anderen Leistungsträgern und der Schule ........................... 31

9 Ausgewählte kritische Aspekte zur Eingliederungshilfe am Beispiel von ADHS im Landkreis Esslingen ............................................................................... 33

9.1 Abgrenzung der Eingliederungshilfe zur Erziehungshilfe........................... 33

9.2 Schwierigkeiten beim Feststellungsstellungsverfahren einer

seelischen Behinderung............................................................................. 34

9.2.1 Versorgungsgrad von Ärzten und Psychotherapeuten............................... 34

9.2.2 Einbeziehung des Gesundheitsamtes ....................................................... 36

9.2.3 Übernahme der Kosten für das Gutachten ................................................ 38

9.2.4 Aufstellung eines Hilfeplans....................................................................... 39

9.2.5 Trennung von Diagnostik und Therapie ..................................................... 42

9.3 Konflikte des Jugendamtes mit anderen Leistungsträgern ........................ 42

9.3.1 Gesetzliche Krankenversicherung ............................................................. 43

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9.3.2 Gesetzliche Krankenversicherung als medizinischer

Rehabilitationsträger.................................................................................. 46

9.3.3 Schule........................................................................................................ 51

9.3.4 Sozialhilfeträger ......................................................................................... 53

9.4 Einzelmaßnahmen..................................................................................... 54

9.4.1 Hausunterricht ........................................................................................... 54

9.4.2 Integrationshelfer ....................................................................................... 58

9.4.3 Privatschule ............................................................................................... 61

9.5 Ausgleichsansprüche des Jugendhilfeträgers............................................ 63

9.5.1 Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Schule ................................... 63

9.5.2 Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger................... 66

10 Fazit .......................................................................................................................... 67

Anlagen..............................................................................................................................XII

Literaturverzeichnis...................................................................................................... CXXV

Erklärung nach § 36 Abs. 3 S. 2 APrOVw gD ........................................................... CXXXIV

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Abkürzungsverzeichnis a. A. .............................anderer Ansicht

a. F. ..............................alte Fassung

Abs. ..............................Absatz

ADHS ...........................Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

AG SGB XII ..................Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch

Alt. ................................Alternative

APrOVw gD .................Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen

Verwaltungsdienst

Aufl. ..............................Auflage

Az. ................................Aktenzeichen

BAnz ............................Bundesanzeiger

BayLSG .......................Bayerisches Landessozialgericht

Beschl. .........................Beschluss

BGB .............................Bürgerliches Gesetzbuch

BSHG ...........................Bundessozialhilfegesetz

BT-Drs. ........................Bundestags-Drucksache

BVerwG .......................Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE .....................Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes

bzgl. .............................bezüglich

bzw. .............................beziehungsweise

DIJuF ...........................Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V.

DIMDI ...........................Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und

Information

Dr. ................................Doktor

DSM IV .........................Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, vierte

Version

e. V. .............................eingetragener Verein

Erg.-Lfg. .......................Ergänzungslieferung

etc. ...............................et cetera

f., ff. .............................. folgende (Singular/Plural)

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FEVS ...........................Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs- und

Sozialgerichte

Gbl. ..............................Gesetzblatt

gem. .............................gemäß

ggf. ...............................gegebenenfalls

GmbH ..........................Gesellschaft mit beschränkter Haftung

HKS .............................Hyperkinetische Störung

Hrsg. ............................Herausgeber

HS ................................Halbsatz

i. V. m. .......................... in Verbindung mit

ICD ............................... International Statistical Classification of Diseases and Related

Health Problems

ICF ............................... International Classification of Functioning, Disability and Health

JAmt .............................Das Jugendamt (Zeitschrift für Jugendhilfe und Familienrecht)

Jg. ................................Jahrgang

JVEG ...........................Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz

K. u. U. .........................Kultus und Unterricht

KICK ............................Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz

KJHG ...........................Kinder- und Jugendhilfegesetz

KVJS.............................Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg

LPK ..............................Lehr- und Praxiskommentar

LRS ..............................Lese- und Rechtsschreibstörung

MAS .............................multiaxiales Klassifikationsschema

NdsOVG ......................Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht

PSchG .........................Privatschulgesetz

PsychThG ....................Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten

und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

S. .................................Satz

S. .................................Seite

SchG ............................Schulgesetz (für Baden-Württemberg)

SGB I ...........................Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil

SGB II ..........................Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für

Arbeitssuchende

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SGB III .........................Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung

SGB V ..........................Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche

Krankenversicherung

SGB VI .........................Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche

Rentenversicherung

SGB VII ........................Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung

SGB VIII .......................Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe

SGB IX .........................Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe

behinderter Menschen

SGB X ..........................Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren

und Sozialdatenschutz

SGB XII ........................Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe

SPZ ..............................Sozialpädiatrisches Zentrum

u. a. ..............................und andere

u. s. w. .........................und so weiter

VG ................................Verwaltungsgericht

VGH .............................Verwaltungsgerichtshof

vgl. ...............................vergleiche

WHO ............................World Health Organization

z. B. ..............................zum Beispiel

ZfJ ................................Zeitschrift für Jugendrecht

ZFSH/SGB ...................Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch

zit. ................................zitiert

ZKJ ..............................Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe

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Anlagenverzeichnis

Anlage 1: Stellungnahme zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

der Bundesärztekammer ...................................................................................................XII

Anlage 2: Auszug aus ICF .............................................................................................................. XVI

Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle ................................................................................................ XVIII

Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik .............................................................................................. XXI

Anlage 5: Antrag auf Eingliederungshilfe ...................................................................................... XXVI

Anlage 6: Formblatt J .................................................................................................................. XXVIII

Anlage 7: Ermittlungsbogen und Merkblatt zur Kostenheranziehung in der Jugendhilfe .............XXXIV

Anlage 8: Fallzahlen der Jugendhilfe des Landkreises Esslingen .............................................XXXVIII

Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007 ................................................................................XLI

Anlage 10: Interview mit Frau Lutz .....................................................................................................LIV

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Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“ ......................................................LXI

Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge

Menschen mit der Diagnose ADS/ADHS .................................................................... LXVIII

Anlage 13: Interview mit einer Mutter, deren Kind ADHS hat ....................................................... LXXVII

Anlage 14: Ausgefüllter Fragebogen durch Herr Mandel ............................................................. LXXXII

Anlage 15: Infoschreiben des Landkreises Esslingen an Eltern ...................................................LXXXV

Anlage 16: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-11/2007 des KVJS .....................................LXXXVII

Anlage 17: Auszug aus KVJS-Bericht 2008 .................................................................................... XCIII

Anlage 18: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-28/2006 des KVJS ...........................................XCV

Anlage 19: Auszug aus „Hinweise zum Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen nach

§ 35a SGB VIII“ ............................................................................................................XCVII

Anlage 20: Auszug aus dem Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII ...............................................XCVIII

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Anlage 21: Auszug aus dem Verzeichnis individueller Zusatzleistungen ..............................................C

Anlage 22: Auszug aus „Eine Orientierungshilfe für die Jugendhilfe“ ................................................ CIV

Anlage 23: E-Mail von Frau Schreiber ............................................................................................. CVII

Anlage 24: VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2007 ............................................................................. CVIII

Anlage 25: Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte e.V. ..................CXIX

Anlage 26: Telefonat mit Frau Frisch ...............................................................................................CXX

Anlage 27: E-Mail von Frau Schreiber ............................................................................................CXXI

Anlage 28: Auszug aus „Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe“ .................................................CXXII

Anlage 29: Auszug aus dem Beschlussprotokoll des 110. Deutschen Ärztetages ....................... CXXIV

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Fallzahlen der Anspruchsberechtigten des Landkreises Esslingen .................................... 7

Abbildung 2: Fallzahlen der ambulanten Eingliederungshilfen des Landkreises Esslingen 2008 .......... 22

Abbildung 3: Fallzahlen der stationären Eingliederungshilfen des Landkreises Esslingen 2008 ........... 24

Abbildung 4: Fallzahlen der Eingliederungshilfe des Landkreises Esslingen ......................................... 25

Abbildung 5: Ablaufschema für das Verfahren einer Hilfegewährung nach § 35a SGB VIII .................. 17

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1 Einleitung Kinder und Jugendliche mit seelischen Störungen wie beispielsweise

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Lese- und Rechtschreibstörung oder

Ticstörung haben häufig Schwierigkeiten, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Vor allem

im Schulalltag treten durch diese Störungsbilder Probleme auf, die die Kinder1 nicht durch

eigene Kraft bewältigen können. Auch die Hilfestellungen der Eltern reichen meistens nicht

aus. Aus den seelischen Störungen können sich seelische Behinderungen entwickeln.

Deshalb benötigen sie weitere Hilfen.

Im Bereich der seelischen Störungen bietet der Jugendhilfeträger Eingliederungshilfe für

seelisch behinderte Kinder und Jugendliche an, um diesen die Integration in die

Gesellschaft zu erleichtern oder sogar erst zu ermöglichen.

Es gibt aber noch andere Institutionen, die Leistungen für Kinder mit seelischen

Behinderungen vorhalten.

Die Fallzahlen der Jugendhilfe für Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und

Jugendliche steigen von Jahr zu Jahr an2 und in Zeiten knapper Kassen ist zu

untersuchen, ob die anderen Institutionen, die neben dem Jugendhilfeträger Leistungen für

seelisch behinderte Kinder erbringen, vorrangig zuständig sind.

Die betroffenen Kinder leiden unter ihrer Störung und auch die Eltern sind für

Unterstützung dankbar. Daher ist anzustreben, den Kindern und deren Eltern schnell

Hilfemöglichkeiten aufzuzeigen. Um aber gerecht mit den öffentlichen Geldern, die dem

Jugendhilfeträger zur Verfügung stehen, umzugehen, sind einige Voraussetzungen nötig,

um eine Hilfeleistung zu erhalten. Dies nimmt Zeit in Anspruch und die betroffenen Kinder

und deren Eltern müssen verschiedene Anträge stellen und Untersuchungen über sich

ergehen lassen.

Diese Diplomarbeit geht auf diese Aspekte ein. Ich möchte aufzeigen, warum es zu den

Abgrenzungsschwierigkeiten der einzelnen Hilfe-Institutionen kommt. Weiter möchte ich

den Weg des Feststellungsverfahrens und die damit verbundenen Probleme erläutern.

Außerdem soll die rechtliche Stellung des Jugendhilfeträgers dargestellt werden.

1 Wenn von § 35a SGB VIII die Rede ist werden die Worte „Kinder und Jugendliche“ verwendet. Zur

besseren Lesbarkeit wird im übrigen Teil auf den allgemein gebräuchlichen Begriff „Kinder“, der die Jugendlichen mit einschließt, zurück gegriffen.

2 Vgl. Anlage 28: Auszug aus „Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe“.

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Der erste Teil der Diplomarbeit (Kapitel 2 bis 8) befasst sich mit allgemeinen Grundlagen

der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche. Im zweiten Teil

(Kapitel 9) möchte ich mich mit ausgewählten Themen beschäftigen, die in der Praxis zu

Problemen führen. Anhand der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung werden die

Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder

und Jugendliche aufgezeigt. Dabei sollen auch Lösungsmöglichkeiten angedacht werden.

Um ein breites Bild der Praxis widerzuspiegeln, habe ich Interviews mit betroffenen Eltern,

einer Psychologin, die in einer Einrichtung für Kinder mit seelischen Störungen arbeitet,

einem Arzt, der Kinder mit seelischen Störungen und Behinderungen diagnostiziert und

behandelt, sowie mit einer Mitarbeiterin des Jugendamtes geführt. Um mir ein eigenes Bild

von Kindern mit seelischen Störungen/Behinderungen zu machen, habe ich ein

zweitägiges Praktikum in der Hausunterrichtsgruppe der Kindertherapeutischen Zentrum

Esslingen GmbH absolviert.

Eine Eingrenzung des Themas findet dadurch statt, dass ich mich auf das Landesrecht für

Baden-Württemberg beziehe, wie beispielsweise das Schulgesetz für Baden-Württemberg,

und die konkrete Umsetzung der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und

Jugendliche am Beispiel des Landkreises Esslingen darstelle.

2 Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche

2.1 Eingliederungshilfe als Leistung der Jugendhilfe

Seit dem 01.04.1993 ist die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und

Jugendliche ein eigenständiger Leistungstatbestand im Kinder- und Jugendhilferecht.

Zuvor war die Eingliederungshilfe in § 27 Abs. 4 a. F. Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes

Buch (VIII) geregelt, was zur Folge hatte, dass ein Erziehungsmangel Voraussetzung war.

Vor der Regelung in § 27 Abs. 4 a. F. SGB VIII war die Eingliederungshilfe im

Sozialhilferecht (SGB XII) geregelt.3

In den Zuständigkeitsbereich der Jugendhilfe wurde unter anderem die Eingliederungshilfe

für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche aufgenommen, da es in der Praxis

erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Jugendhilfe, als Leistungsträger für

3 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 451.

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verhaltensauffällige Kinder, und der Sozialhilfe, als Leistungsträger für seelisch behinderte

Kinder oder von solch einer Behinderung bedrohte, gab.4

Die letzte Änderung des § 35a SGB VIII erfolgte durch das Kinder- und

Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK), das zum 01.10.2005 in Kraft getreten ist.

Dadurch wurden unter anderem die Bedingungen bezüglich der Stellungnahme eines

Facharztes5 genauer geregelt und die Anspruchsschwelle bei drohender seelischer

Behinderung angehoben.6

2.2 Seelische Behinderung bei Kindern und Jugendlichen

„Eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a SGB VIII liegt bei jungen Menschen vor, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.“7 Der Begriff der seelischen Behinderung ist somit

zweigliedrig aufgebaut.8

2.2.1 Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand

Als erste Voraussetzung für eine seelische Behinderung gemäß § 35a Abs. 1 SGB VIII

muss eine Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand, die

voraussichtlich länger als sechs Monate andauert, vorliegen (§ 35a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB

VIII).

Mit dem Kriterium „dem Lebensalter typischen Zustand“, in § 35a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB

VIII, wird der Erkenntnis Rechnung getragen, dass es bei Kindern und Jugendlichen sehr

wichtig ist, auf ihr Alter und somit auf ihren Entwicklungsstand und ihr daraus

resultierendes Verhalten einzugehen. Dabei ist es schwierig einen idealtypischen Zustand

seelischer Gesundheit für Kinder und Jugendliche festzulegen.9 Der Gesetzgeber fordert

daher in § 35a Abs. 1a S. 1 SGB VIII die Stellungnahme eines Arztes für Kinder- und

Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (Abs. 1a Nr. 1)10, eines Kinder- und

4 Vgl. BT-Drs. 11/5948, S. 53. 5 In dieser Diplomarbeit wird der Einfachheit halber nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form

ist selbstverständlich immer mit eingeschlossen. 6 Vgl. Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 148. 7 Schwengers, 2007, S. 54. 8 Vgl. Wiesner in: Fegert/Schrapper, 2004, S. 180. 9 Vgl. Baving/Späth, Sozialmagazin 05/2005, S. 32. 10 = Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, vgl. Münder u. a., 2006, S. 463.

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Jugendpsychotherapeuten (Abs. 1a Nr. 2)11 oder eines Arztes oder eines psychologischen

Psychotherapeuten12 (Abs. 1a Nr. 3)13, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet

seelischer Störungen verfügt, um die schwierige Diagnose der Abweichung der seelischen

Gesundheit vom alterstypischen Zustand festzustellen.14 Hierbei ist strittig, ob unter den

Kriterien des § 35a Abs. 1a S. 1 Nr. 3 SGB VIII auch ein Amtsarzt des Gesundheitsamtes

zu verstehen ist, da es in § 35a SGB VIII keine spezielle Erwähnung hierzu gibt.15

Als Grundlage für die Stellungnahme soll die „Internationale Klassifikation der

Krankheiten“16 herangezogen werden (§ 35a Abs. 1a S. 2 SGB VIII). Auf einzelne

seelische Störungen (gleichbedeutend wie „Abweichung der seelischen Gesundheit vom

alterstypischen Zustand“) bei Kindern und Jugendlichen wird in Kapitel 3 näher

eingegangen.

Die seelische Gesundheit muss nicht bereits bei der Feststellung seit sechs Monaten vom

alterstypischen Zustand abweichen, sondern es reicht aus, dass mit hoher

Wahrscheinlichkeit die seelische Gesundheit länger als sechs Monate von der Altersnorm

abweichen wird (§ 35a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII).17 Die seelische Störung muss demnach

bei der Feststellung schon vorhanden sein.18

2.2.2 Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

Als zweites muss aus der seelischen Störung eine Beeinträchtigung der Teilhabe am

Leben in der Gesellschaft für das Kind oder den Jugendlichen entstehen (§ 35a Abs. 1 S. 1

Nr. 2 SGB VIII), um die Voraussetzungen für eine seelische Behinderung zu erfüllen. Die

Teilhabebeeinträchtigung muss kausal zu der seelischen Störung sein.19 Eine

Teilhabebeeinträchtigung kann bei Kindern und Jugendlichen in den Lebensbereichen

11 = approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind nichtärztliche Psychotherapeuten. Diese

haben ihre Zulassung nach § 1 Abs. 1 Psychotherapeutengesetz (PsychThG), vgl. Fastabend/Schneider, 2004, S. 194; Münder u. a., 2006, S. 463.

12 Im folgenden Text wird zur besseren Lesbarkeit nur Arzt oder Psychotherapeut verwendet. 13 Approbierte psychologische Psychotherapeuten sind nichtärztlicher Psychotherapeuten auf dem Gebiet

der Erwachsenenpsychotherapie. Diese haben ihre Zulassung nach § 1 Abs. 1 PsychThG, vgl. Fastabend/Schneider, 2004, S. 194; Münder u. a., 2006, S. 463.

14 Vgl. Schwengers, 2007, S. 55. 15 Vgl. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 180; a. A. Münder u. a., 2006, S. 464. 16 Ausführlich: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter

Gesundheitsprobleme (ICD-10). 17 Vgl. Baving/Späth, Sozialmagazin 5/2005, S. 33; ebenso Kunkel, JAmt 01/2007, S. 18. 18 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 18. 19 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 551.

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Familie, Schule, Beruf und Soziales vorkommen. In diesen Lebensbereichen können die

Kinder und Jugendlichen Integrationsschwierigkeiten aufweisen.20

Wichtig ist, dass die Teilhabefähigkeit individuell festgestellt wird, da der

Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen aufgrund ungleich vorhandener

Ressourcen und familiären Strukturen verschieden sein kann und die Kinder und

Jugendlichen unterschiedlich mit ihren seelischen Störungen umgehen.21 Die seelischen

Störungen/Abweichungen vom alterstypischen Zustand müssen nicht unmittelbar zu einer

Teilhabebeeinträchtigung führen. Somit gibt es keine genau festgelegten Kriterien für eine

Teilhabebeeinträchtigung.22 Im Gegensatz zu der Feststellung der Abweichung der

seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand, die auf Grundlage der Internationalen

Klassifikation der Krankheiten erstellt werden muss (§ 35a Abs. 1a S. 2 SGB VIII), gibt es

in § 35a SGB VIII keine genaue Anweisung wie die Beeinträchtigung der Teilhabe am

Leben in der Gesellschaft festgestellt werden soll. Dies hat in der Vergangenheit zu

Problemen geführt, da die Gerichte bemängelten, dass der Weg zur Feststellung des

Teilhabedefizits nicht nachvollziehbar war und/oder zu wenig Standards zur

Diagnostizierung von Teilhabebeeinträchtigungen vorhanden waren.23

Als Grundlage wird in Deutschland häufig das multiaxiale Klassifikationsschema (MAS) für

psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach der ICD-10 der

Weltgesundheitsorganisation (WHO)24 angewandt. Dieses Klassifikationsschema besteht

aus sechs Achsen.25 Für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind die Achsen V und

VI von Bedeutung, da hier „aktuelle abnorme psychosoziale Umstände“ und der Grad der

„psychosozialen Anpassung“ beurteilt werden.26 Ein weiteres Beurteilungsschema ist durch

die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit

(ICF)27 der WHO gegeben.28

Eine Teilhabebeeinträchtigung wirkt sich beispielsweise dadurch aus, dass das Kind oder

der Jugendliche aufgrund von Versagensängsten eine Schulphobie entwickelt oder eine

20 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 350. 21 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 559. 22 Vgl. Anlage 18: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-28/2006 des KVJS, S. 1. 23 Vgl. Kölch/Wolff/Fegert, JAmt 01/2007, S. 1. 24 WHO = World Health Organization, vgl. Anlage 2: Auszug aus ICF. 25 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 12 – 16. 26 Vgl. Baving/Späth, Sozialmagazin 5/2005, S. 33 – 34. 27 ICF = International Classification of Functioning, Disability and Health, deutsche Version herausgegeben

vom DIMDI, Stand Okt. 2005, vgl. Anlage 2: Auszug aus ICF; Graubner, Bundesgesundheitsblatt 07/2007, S. 932.

28 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 460.

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totale Schul- und Lernverweigerung zeigt. Weiter kann auch der Rückzug aus sozialen

Kontakten oder Vereinzelung in der Schule Zeichen für eine Beeinträchtigung der Teilhabe

am Leben in der Gesellschaft sein. Dagegen ist eine Teilhabebeeinträchtigung bei bloßen

Schulproblemen oder auch Schulängsten, die andere Kinder ebenso haben, zu

verneinen.29

Die Teilhabebeeinträchtigung ist durch eine Fachkraft des Jugendamtes festzustellen (§

35a Abs. 1 S. 2 SGB VIII).30 Dies sind Sozialpädagogen, Sozialarbeiter oder

Heilpädagogen des Jugendamtes. Die Fachkraft nimmt als Grundlage für ihre Feststellung

das Gutachten des Arztes oder Psychotherapeuten zur Abweichung der seelischen

Gesundheit.31 Auf das Verfahren wird in Kapitel 4 näher eingegangen.

2.2.3 Drohende seelische Behinderung

Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe ist auch dann gegeben, wenn ein Kind oder ein

Jugendlicher von einer seelischen Behinderung bedroht ist. Dies ist der Fall, wenn mit

hoher Wahrscheinlichkeit eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

zu erwarten ist (§ 35a Abs. 1 S. 2 SGB VIII).32 Die Wahrscheinlichkeit, ob eine

Teilhabebeeinträchtigung zu erwarten ist und aus dieser eine seelische Behinderung

entsteht, ist durch eine fachliche Prognosebeurteilung festzustellen. Diese Prognose muss

beinhalten, ob und wann eine seelische Behinderung eintritt und mit welcher

Wahrscheinlichkeit.33

2.3 Anspruchsberechtigte

Einen Rechtsanspruch auf Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII haben Kinder und

Jugendliche, jedoch auch junge Volljährige gemäß § 41 Abs. 2 SGB VIII.34 Die jungen

Volljährigen machen aber im Gegensatz zu den Kindern und Jugendlichen den kleineren

Anteil aus.35

29 Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.11.1998, ZfS 05/2000, S. 146 (148). 30 Vgl. BT-Drs. 14/5074, S. 121. 31 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 351. 32 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 352. 33 Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.11.1998, ZfS 05/2000, S. 146 (148). 34 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 345. 35 Siehe hierzu Abbildung 1.

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Abbildung 1: Fallzahlen der Anspruchsberechtigten des Landkreises Esslingen36

2.3.1 Kinder und Jugendliche

Einen Rechtsanspruch auf Eingliederungshilfe haben, im Gegensatz zur Hilfe zur

Erziehung (§ 27 SGB VIII), nicht die Personensorgeberechtigten, sondern die Kinder und

Jugendlichen selbst.37 Die Personensorgeberechtigten, in den meisten Fällen die Eltern,

handeln somit als gesetzliche Vertreter für ihre Kinder (§ 1626 BGB).38 Anträge auf

Eingliederungshilfe dürfen Kinder und Jugendliche jedoch erst ab dem 15. Lebensjahr

selbst stellen und verfolgen (§ 36 Abs. 1 SGB I). Diese Handlungsfähigkeit kann wiederum

durch eine schriftliche Erklärung des gesetzlichen Vertreters gegenüber dem

Leistungsträger eingeschränkt werden (§ 36 Abs. 2 S. 1 SGB I).39

2.3.2 Junge Volljährige

Über § 41 Abs. 2 SGB VIII können auch junge Volljährige (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII), die

18 aber noch nicht 27 Jahre alt sind, Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII erhalten. Sie

müssen zusätzlich zu der (drohenden) seelischen Behinderung einen Bedarf an Förderung

der Persönlichkeitsentwicklung und der eigenverantwortlichen Lebensführung haben (§ 41

Abs. 1 S. 1 SGB VIII).40 Weitere Voraussetzung ist, dass die Hilfeleistung eine gewisse

36 Vgl. Anlage 8: Fallzahlen der Jugendhilfe des Landkreises Esslingen. 37 Vgl. Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 149. 38 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 561. 39 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 346. 40 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 345.

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Aussicht auf Verbesserung der Situation ergibt.41 Das Bundesverwaltungsgericht ist der

Meinung, dass ein Fortschritt im Entwicklungsprozess durch die Hilfeleistung ausreichend

ist und somit muss bei Hilfebeginn keine Erfolgsprognose mit Enderfolg vorliegen.42

Die Hilfe soll im Regelfall nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt werden;

darüber hinaus kann in bestimmten Einzelfällen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres

Hilfe genehmigt werden.43 Des Weiteren empfiehlt der Kommunalverband für Jugend und

Soziales Baden-Württemberg, wenn nach § 41 SGB VIII Hilfe in Form von § 35a SGB VIII

genehmigt werden soll, ein Anspruch nach § 35a SGB VIII schon vor Eintritt der

Volljährigkeit bestehen sollte. Durch § 35a SGB VIII können nur Kinder und Jugendliche

bis 17 Jahre direkt Eingliederungshilfe erhalten. Hat der junge Volljährige nach Vollendung

des 18. Lebensjahres einen Bedarf wegen (drohender) seelischer Behinderung, wird

empfohlen, diese Hilfe nach SGB XII zu gewähren.44

2.4 Leistungen der Eingliederungshilfe

§ 35a SGB VIII weist außer Abs. 2 selbst keine genaue Regelung über die Leistungen der

Eingliederungshilfe auf. In § 35a Abs. 2 werden lediglich die Formen der Hilfe aufgezählt.45

Dazu gehören die ambulante (Abs. 2 Nr. 1), teilstationäre (Abs. 2 Nr. 2) und stationäre

Hilfe (Abs. 2 Nr. 4) sowie die Hilfe durch eine geeignete Pflegeperson (Abs. 2 Nr. 3) und

die Tageseinrichtung für Kinder (Abs. 2 Nr. 2).

Die Norm verweist in Abs. 3 über § 53 Abs. 3 und 4 S. 1 SGB XII auf § 54 SGB XII

(Leistungen der Eingliederungshilfe), § 56 SGB XII (Werkstätten für behinderte Menschen)

und § 57 SGB XII (Persönliches Budget), mit dem Vorbehalt, dass diese Bestimmungen

auch auf seelisch behinderte und von solchen Behinderungen bedrohte Personen

Anwendung finden.

Der § 54 SGB XII enthält weitere Verweise auf § 26 SGB IX – Leistungen zur

medizinischen Rehabilitation, § 33 SGB IX – Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, §

41 SGB IX – Leistungen im Arbeitsbereich und auf § 55 SGB IX – Leistungen zur Teilhabe

am Leben in der Gesellschaft.46 In § 54 SGB XII befindet sich eine nicht abgeschlossene

41 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 733. 42 Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999, ZfS 09/2002, S. 279 (281). 43 Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999, ZfS 09/2002, S. 279 (280). 44 Vgl. Anlage 16: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-11/2007 des KVJS, S. 4; zur besseren Lesbarkeit

werden im weiteren Text die Jungen Volljährigen nicht mehr gesondert erwähnt. Diese sind aber immer über § 41 i. V. m. § 35a SGB VIII mit einbezogen.

45 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 469. 46 Vgl. Schwengers, 2007, S. 70.

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Aufzählung von Leistungen. Dies wird in § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII durch das Wort

„insbesondere“ deutlich.47 Dazu gehören unter anderem die Hilfe zu einer angemessenen

Schulbildung (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII) und die Hilfe zur schulischen Ausbildung für

einen Beruf (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB XII).

Nähere Ausführungen zur Art der Leistungen und zu konkreten Hilfemaßnahmen, die für

den Personenkreis des § 35a SGB VIII bedeutend sind, befinden sich in Kapitel 5.

2.5 Aufgaben und Ziele der Eingliederungshilfe

Die Aufgaben der Eingliederungshilfe sind gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 53 Abs.

3 SGB XII eine drohende seelische Behinderung zu vermeiden oder eine vorhandene

seelische Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die seelisch

behinderten Kinder und Jugendlichen in die Gesellschaft einzugliedern. Somit muss für

einen Anspruch auf Eingliederungshilfe noch keine Ausgliederung aus der Gesellschaft

statt gefunden haben.48

Die Integration in die Gesellschaft ist das wesentliche Ziel der Eingliederungshilfe. Kindern

und Jugendlichen mit einer seelischen Behinderung oder von seelischer Behinderung

bedrohten Kindern und Jugendlichen soll dadurch die Möglichkeit gegeben werden, sich in

das öffentliche und kulturelle Leben einzufinden. Dieses soll sich nicht nur auf die Familie

und die nähere Umgebung beziehen, sondern das gesamte Umfeld sollte mit einbezogen

werden.49

Außerdem soll ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufes oder einer sonstigen

angemessenen Tätigkeit ermöglicht werden. Hierzu gehört auch, dass die Qualifikationen

für eine mögliche Berufsausbildung geschaffen werden.50

3 Ausgewählte seelische Störungen bei Kindern und Jugendlichen Gemäß § 35a Abs. 1a SGB VIII müssen Störungen nach der internationalen statistischen

Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10-GM51)

47 Vgl. Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann, 2007, S. 222. 48 Vgl. Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann, 2007, S. 221. 49 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 601. 50 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 601. 51 Die Abkürzung ICD-10-GM steht für “International Statistical Classification of Diseases and Related

Health Problems” in der 10. Revision, entwickelt von der Weltgesundheitsorganisation. Diese Klassifikation wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) ins Deutsche übersetzt (GM = German Modification), vgl. Münder u. a., 2006, S. 454; Graubner, Bundesgesundheitsblatt 07/2007, S. 937.

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diagnostiziert werden. Die für die Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII bedeutenden

Störungen befinden sich in Kapitel V „Psychische und Verhaltensstörungen“ der ICD-10.52

Im Folgenden werden kurz die Störungen beschrieben, die in der Eingliederungshilfe für

seelisch behinderte Kinder und Jugendliche häufig auftreten53 und die Störungen, die

kombiniert mit der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung vorkommen.54

3.1 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

Die Hauptsymptome der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nach dem

Klassifikationssystem DSM IV55 bzw. Hyperkinetische Störung (HKS) nach der ICD-1056

sind „Unaufmerksamkeit, motorische Unruhe und Impulsivität“.57 Kindern mit ADHS (ICD-

10 F90,-) fehlt meistens die Fähigkeit sich selbst zu regulieren. Sie sind impulsiv, haben

einen großen Bewegungsdrang und haben häufig Schwierigkeiten, sich längere Zeit auf

etwas Bestimmtes zu konzentrieren. Durch ihr extremes Verhalten sind sie in der Schulzeit

häufig Außenseiter und zu Hause treten oft Auseinandersetzungen mit den Eltern auf.58

Die Kinder erleben sich selbst als leistungsschwach und fühlen sich abgelehnt.59

Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey zeigen auf, dass bei 4,8 % der

Kinder und Jugendlichen in Deutschland ADHS diagnostiziert wurde. Weitere 4,9 % gelten

als „Verdachtsfälle“. Bei Jungen tritt die Störung häufiger auf als bei Mädchen.60

Kinder mit ADHS ohne das Merkmal der Hyperaktivität (ICD-10 F98.8) werden auch als

„Träumerchen“ bezeichnet. Sie sind häufig abgelenkt, desorganisiert und haben

„Umstellungs- und Umorientierungsschwierigkeiten“.61

Um in der Schule überhaupt mitarbeiten zu können und sich auf etwas Bestimmtes zu

konzentrieren, ist es in vielen Fällen notwendig, dass die Kinder und Jugendlichen ein

Medikament einnehmen. Dadurch soll das eigene Verhalten besser gesteuert werden.62

52 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 347. 53 Vgl. Anlage 8: Fallzahlen der Jugendhilfe des Landkreises Esslingen. 54 Siehe 3.1, vgl. Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“, S. 16. 55 Die Abkürzung DSM IV steht für die vierte Version des “Diagnostic and Statistical Manual of Mental

Disorders” entwickelt von der American Psychiatric Association, vgl. Schlack/Hölling/Kurth u. a., Bundesgesundheitsblatt 05-06/2007, S. 827.

56 Die Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM IV sind in Deutschland gleichwertig anerkannt, vgl. Anlage 1: Stellungnahme zur Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung der Bundesärztekammer. Für die bessere Lesbarkeit wird im Weiteren nur die Bezeichnung ADHS verwendet.

57 Vgl. Anlage 1: Stellungnahme zur Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung der Bundesärztekammer.

58 Vgl. Neuhaus, 2007, S. 29. Der Begriff „Eltern“ ist gleichbedeutend mit Personensorgeberechtigter. 59 Vgl. Lempp, 2006, S. 53. 60 Vgl. Schlack/Hölling/Kurth u. a., Bundesgesundheitsblatt 05-06/2007, S. 829. 61 Vgl. Neuhaus, 2007, S. 35. 62 Vgl. Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“, S. 29.

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Aus dieser Störung folgen häufig weitere Probleme wie Störungen des Sozialverhaltens,

Angststörungen, Depressionen, Tic-Störungen, Rechenstörungen oder Lese- und

Rechtschreibstörungen.63 Die Störung ADHS ist selbst nicht heilbar, jedoch können die

Folgestörungen durch bestimmte Therapieformen gemildert oder behoben werden und die

Kinder und Jugendlichen lernen ihre Störung auszugleichen.64

3.2 Lese- und Rechtsschreibstörung

Die Lese- und Rechtschreibstörung (ICD-10 F81.0), auch bekannt als Legasthenie, gehört

in die Gruppe der umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (ICD-10

F81,-).65 Kinder mit einer Lese- und Rechtschreibstörung haben beim Erlernen der

Lesefertigkeiten und beim Festhalten von Sprachsymbolik (Buchstaben, Wörter) im

Gedächtnis große Schwierigkeiten. Diese Störungen sind nicht auf eine fehlerhafte

Beschulung, Intelligenzminderung oder Schädigung des Gehirns zurückzuführen,66

sondern es wird eine Besonderheit in der Informationsverarbeitung im Zentralen

Nervensystem vermutet.67 Besonders in der Schulzeit können hieraus Auffälligkeiten im

emotionale Bereich und Verhaltensstörungen entstehen.68

3.3 Rechenstörung

Im deutschen Sprachgebrauch werden für die Rechenstörung (ICD-10 F81.2) auch

Dyskalkulie, Rechenschwäche69 oder Arithmasthenie synonym verwendet. Kinder mit einer

Rechenstörung entwickeln kein altersgemäß korrektes Verständnis für den Zahlenbegriff

und die Mengenvorstellung. Weiter haben sie Schwierigkeiten bei den grundlegenden

Rechenarten. Daraus resultiert ein Defizit in Mathematik für höhere Klassenstufen, da

diese auf den Grundkenntnissen aufbauen.70

Die Rechenstörung und die Lese- und Rechtschreibstörung werden auch als

Teilleistungsstörungen beschrieben.71

63 Vgl. Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“, S. 16. 64 Vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik. 65 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 290 ff. 66 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 290. 67 Vgl. Warnke/Hemminger/Roth u. a., 2002, S. 14. 68 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 295. 69 Vgl. Moser Optiz, 2007, S 15. 70 Vgl. Anlage 19: Auszug aus „Hinweise zum Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen nach § 35a SGB

VIII“, Nr. 2.2. 71 Vgl. Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“, S. 17.

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3.4 Frühkindlicher Autismus

Der frühkindliche Autismus (ICD-10 F84.0) gehört in die Gruppe der tiefgreifenden

Entwicklungsstörungen (ICD-10 F84,-).72 Diese erkennbare Entwicklungsstörung beginnt

vor dem dritten Lebensjahr. Der frühkindliche Autismus beinhaltet häufig eine

Intelligenzminderung, eine Störung der Kontaktfähigkeit sowie eine nicht altersgemäße

oder nicht vorhandene Sprachentwicklung.73

Die Kinder führen stereotype Verhaltensweisen aus und viele reagieren panisch und

ängstlich auf Veränderungen im Alltag. All diese Symptome können unterschiedlich stark

ausgeprägt sein oder einzelne Symptome fehlen vollständig.74

Das Asperger-Syndrom (ICD-10 F84.5) ist eine leichtere Form des Autismus.75 Die Kinder

haben eine normale Intelligenz oder sind sogar hochbegabt, haben aber beispielsweise

eine extreme Fixierung auf bemerkenswerte Interessensbereiche und Objekte. Daraus

resultieren oft viele Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit anderen Menschen.76

3.5 Ticstörung

Ein Tic zeichnet sich durch eine unwillkürliche, rasche, wiederholte, nicht rhythmische

motorische Bewegung aus, wie beispielsweise Blinzeln, Kopfschütteln oder

Grimassenziehen.77 Diese Ticstörungen führen meistens nicht zu einer

Teilhabebeeinträchtigung, jedoch gibt es auch sehr schwere Ticstörungen (ICD-10 F 95,-)

wie das Tourette Syndrom (ICD-10 F95.2).78 Hierbei äußern sich die Tics durch heftige

motorische Bewegungen, wie beispielsweise sich selbst schlagen und verbale Tics, wie

das unwillentliche ausrufen obszöner Wörter oder das Vonsichgeben von Grunzlauten.79

Betroffene Kinder sind in der Regel von einer Ausgrenzung bedroht und sind daher in ihrer

Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt.80

3.6 Störung des Sozialverhaltens

Das Störungsbild umfasst bei Störungen des Sozialverhaltens (ICD-10 F91,-) andauerndes

und wiederholendes aggressives und aufsässiges Verhalten. Kinder oder Jugendliche

72 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 21 ff. 73 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 21 – 22. 74 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 22. 75 Vgl. Lempp, 2006, S. 38 – 40. 76 Vgl. Fegert in: Fegert/Schrapper, 2004, S. 293 – 294. 77 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 59. 78 Vgl. Fegert in: Wiesner, 2006, S. 596. 79 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 61. 80 Vgl. Fegert in: Wiesner, 2006, S. 597.

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können sich nicht in die Gesellschaft einordnen, sie verhalten sich dissozial.81 Es ist dabei

nicht mit der normalen Trotzphase eines Zwei- bis Vierjährigen oder der Aufsässigkeit

eines pubertierenden Kindes zu verwechseln. Das Verhalten von Kindern mit Störungen

des Sozialverhaltens unterscheidet sich zum Verhalten von Gleichaltrigen in Ausmaß,

Stärke und Dauer.82

„Wenn sich bei von ADHS betroffenen Kindern diese Verhaltensauffälligkeit zusätzlich zur eigentlichen Problematik entwickelt, spricht man von einer hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens“83 (ICD-10 F90.1)84.

4 Verfahren

4.1 Rechtliche Vorgaben

Nach Eingang des Antrages auf Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII muss das

Jugendamt innerhalb von zwei Wochen eine Stellungnahme gemäß § 35a Abs. 1a SGB

VIII bei einem Arzt oder Psychotherapeuten einholen, falls diese noch nicht dem Antrag

beiliegt.85 Hierzu gehört auch die Prüfung der sachlichen Zuständigkeit (§ 14 Abs. 1 S. 1

SGB IX).86 Daraufhin hat der beauftragte Arzt oder Psychotherapeut innerhalb von zwei

Wochen ein Gutachten über die Voraussetzung des § 35a Abs. 1 S. Nr. 1 SGB VIII zu

erstellen und der Jugendhilfe zu übergeben (§ 14 Abs. 5 S. 5 SGB IX).87 Auf Grundlage

des Gutachtens hat die Fachkraft unverzüglich festzustellen, ob die Voraussetzung des §

35a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII gegeben ist und daraus eine seelische Behinderung droht

oder vorliegt. Parallel hat die Fachkraft die Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII einzuleiten.

Unverzüglich nach der Hilfeplanung muss ein Bescheid erstellt werden.88 Hierzu ist wieder

ein zeitlicher Umfang von zwei Wochen vorgesehen (§ 14 Abs. 2 S. 4 SGB IX).89 Zur

Veranschaulichung zeigt Abbildung 5 ein Ablaufschema zur Gewährung einer

Eingliederungshilfe.90

81 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 37. 82 Vgl. Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“, S. 16. 83 Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“, S. 16. 84 Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka, 2006, S. 37. 85 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 18. 86 Vgl. Götze in: Hauck/Noftz, SGB IX, 2008, K § 14 S. 5. 87 Vgl. Kunkel, 2006, S. 1; Götze in: Hauck/Noftz, SGB IX, 2008, K § 14 S. 6. 88 Vgl. Kunkel, 2006, S. 6. 89 Vgl. Götze in: Hauck/Noftz, SGB IX, 2008, K § 14 S. 6. 90 Abbildung 5 auf Seite 17.

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4.1.1 Arzt und Psychotherapeut

Bei den Anträgen auf Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII, die bei der

Wirtschaftlichen Jugendhilfe91 eingehen, liegt meist schon eine Stellungnahme eines

Arztes oder Psychotherapeuten bei.92 Somit ist nicht das Jugendamt der Auftraggeber der

Stellungnahme, sondern die Eltern. Auch wenn in § 35a Abs. 1a S. 1 SGB VIII steht, dass

der „Träger der Jugendhilfe […] die Stellungnahme einzuholen“ hat, wird nicht zwingend

der Jugendhilfeträger Auftraggeber sein müssen. Der Wortlaut soll verdeutlichen, dass die

Feststellung der seelischen Störung nicht selbst vom Jugendamt getroffen werden darf.93

Die Ärzte oder Psychotherapeuten verwenden für die Stellungnahme das MAS. Dieses aus

sechs Achsen bestehende Klassifikationsschema beinhaltet nicht nur das klinisch-

psychiatrische Syndrom (Achse I), das den psychischen Störungen in Kapitel V der ICD-10

entspricht, sondern es umfasst auch das Intelligenzniveau (Achse III), die körperliche

Symptomatik (Achse IV) und eine Globalbeurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus

(Achse VI). Somit werden auch körperliche oder geistige Behinderungen festgestellt, falls

diese vorhanden sind.94 In Achse VI wird auch durch den Arzt oder Psychotherapeuten

eine Aussage zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gegeben. Diese ist als

Empfehlung für das Jugendamt anzusehen. Das Jugendamt ist nicht daran gebunden,

sondern kann über die Teilhabebeeinträchtigung nach § 35a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII

selbst entscheiden.95 Dennoch sollte obwohl die Bewertung der Teilhabe am Leben in der

Gesellschaft grundsätzlich Aufgabe der Fachkraft des Jugendamtes ist, der Empfehlung

eines Spezialisten nach § 35a Abs. 1a S. 1 Nr. 1, 2 und 3 SGB VIII ein „beachtliches

Gewicht“ zukommen.96

Eine Stellungnahme des Arztes oder Psychotherapeuten muss auch für Nichtmediziner

verständlich, plausibel und nachvollziehbar sein.97 Dessen unbeachtet sollten die

Sachbearbeiter der Wirtschaftlichen Jugendhilfe auch die Grundzüge des ICD-10 kennen,

um die ärztlichen oder psychotherapeutischen Stellungnahmen fachkundig lesen zu

können und somit Fehler zu erkennen.98

91 Die Wirtschaftliche Jugendhilfe ist eine Abteilung des Jugendamtes. 92 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz. 93 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 554. 94 Vgl. Baving/Späth, Sozialmagazin 5/2005, S. 33. 95 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 36; Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 179; Baving/Späth,

Sozialmagazin 5/2005, S.35 – 36. 96 Vgl. NdsOVG, Beschl. vom 23.02.2006, JAmt 04/2006, S. 200 (200); ebenso VGH Baden-Württemberg,

Beschl. vom 12.12.2005, JAmt 04/2006, S. 202 (203). 97 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 553. 98 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 455.

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Um Interessenkollisionen zu vermeiden wird in § 35a Abs. 1a S. 4 SGB VIII bestimmt, dass

der Arzt oder Psychotherapeut, der die Stellungnahme ausstellt nicht derselbe sein sollte,

der die Leistung dann auch erbringt.99

4.1.2 Wirtschaftliche Jugendhilfe

Die Wirtschaftliche Jugendhilfe überprüft den Antrag auf sachliche (85 SGB VIII) und

örtliche (§ 86 SGB VIII) Zuständigkeit.100 Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im

Normalfall nach dem „gewöhnlichen Aufenthalt“ der Eltern (§ 86 Abs. 1 S. 1 SGB VIII). Die

sachliche Zuständigkeit des Jugendamtes ist dann gegeben, wenn die Voraussetzungen

des § 35a SGB VIII vorliegen.101

Zu den Aufgaben der Wirtschaftlichen Jugendhilfe gehört es auch, zu prüfen, ob ein

Kostenbeitrag gemäß § 91 ff. SGB VIII erhoben werden kann. Dies ist aber nur bei

stationären oder teilstationären Hilfen notwendig, da für ambulante Maßnahmen kein

Kostenbeitrag erhoben wird.102 Näheres hierzu in Kapitel 7.2.

4.1.3 Fachkraft des Sozialen Dienstes

Falls es zu einer Gerichtsverhandlung kommen sollte, weil die Personensorgeberechtigten

mit der Entscheidung des Jugendamtes über die geeignete und notwendige Hilfe nicht

einig sind, ist es wichtig, dass die Entscheidung fachlich vertretbar und nachvollziehbar ist.

Allgemeingültige fachliche Maßstäbe müssen beachtet werden, es dürfen keine

sachfremden Erwägungen einfließen sowie die Personensorgeberechtigten und das

betroffene Kind oder der Jugendliche müssen in die Entscheidung mit einbezogen

werden.103 Hierbei soll das Formblatt J104 behilflich sein. Es soll die „Vorgehensweise des

Sozialen Dienstens transparent“ machen, „den Entscheidungsfindungsprozess“

strukturieren und Kooperationen mit anderen Beteiligten an diesem Verfahren aufzeigen.105

99 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 36. 100 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 17. 101 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 17. Eine sachliche Zuständigkeitsprüfung findet auch zwischen dem

örtlichen und überörtlichen Jugendhilfeträger statt (§ 85 SGB VIII). Handelt es sich um eine Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII ist der örtliche Träger gemäß § 85 Abs. 1 und 2 SGB VIII zuständig. Örtliche Träger sind die Stadt- und Landkreise gemäß § 69 Abs. 1 S. 2 SGB VIII.

102 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 19. 103 Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, BVerwGE 109, S. 155 (167); HessVGH, Urteil vom 08.09.2005,

JAmt 01/2006, S. 37 (39). 104 J = Jugendhilfe bzw. Jugendamt, vgl. Anlage 18: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-28/2006 des

KVJS, S. 19. 105 Vgl. Anlage 18: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-28/2006 des KVJS, S. 19.

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Seite 16

4.1.4 Hilfeplanungsverfahren

Das Hilfeplanungsverfahren in § 36 SGB VIII beinhaltet spezielle Vorschriften über die

Mitwirkung und Beteiligung der Eltern und des Kindes oder Jugendlichen.106 Da die

Eingliederungshilfen, besonders die Fremdunterbringung des Kindes oder Jugendlichen

erhebliche Auswirkungen auf die familiären Bindungen haben, sind die Eltern und das Kind

oder der Jugendliche über Art und Umfang der möglichen Hilfen, sowie zu Änderungen der

Hilfe zu beraten (36 Abs. 1 SGB VIII). Hierdurch soll eine Akzeptanz über die „konkrete

Ausgestaltung“ der Hilfe bei den Eltern und Kindern/Jugendlichen erreicht werden.107

4.1.4.1 Hilfeplan

Der Hilfeplan (§ 36 Abs. 2 SGB VIII) ist ein Teil des Hilfeplanungsverfahrens. Dieser

Hilfeplan ist bei Eingliederungshilfen, die voraussichtlich für längere Zeit zu leisten sind,

aufzustellen. Daran sind die Personensorgeberechtigten, das Kind oder der Jugendliche,

der Leistungserbringer, die Fachkraft des Jugendamtes und derjenige, der die

Stellungnahme verfasst hat (§ 36 Abs. 3 SGB VIII) zu beteiligen.108 Der Hilfeplan ist eine

schriftliche Fixierung über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe und die

notwendigen Leistungen (§ 36 Abs. 2 S. 2 SGB VIII).109 Das Jugendamt sollte in

regelmäßigen Abständen, zwischen drei und sechs Monaten, spätestens aber nach einem

Jahr, prüfen, ob die Hilfe noch notwendig und geeignet ist.110 Bei diesen

Hilfeplanfortschreibungen werden der Verlauf der Hilfe, Ziele und Fortschritte festgehalten.

4.1.4.2 Wunsch- und Wahlrecht

Das Wunsch- und Wahlrecht gemäß § 5 SGB VIII besteht auch für die Eingliederungshilfe

für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche. Demnach haben Leistungsberechtigte ein

Wahlrecht zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger unter dem

Mehrkostenvorbehalt. Zuvor muss aber geklärt sein, ob eine Alternativbehandlung ebenso

geeignet ist, um Beeinträchtigungen zu beheben.111

Die Leistung kann auch von privat-gewerblichen Einrichtungen erbracht werden. Dies wird

durch den Ausdruck „verschiedene Träger“ in § 5 Abs. 1 S. 1 SGB VIII deutlich.112 Anderer

106 Vgl. Kunkel in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 371. 107 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 481 – 482. 108 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 19. 109 Vgl. Kunkel in: Kunkel, 2006, S. 371. 110 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 20. 111 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 562; Hinrichs, ZFSH/SGB 07/2004, S. 422. 112 Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 14.02.2006, JAmt 11/2006, S. 513 (515); Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 56.

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Meinung ist Kunkel. Er vertritt die Meinung, dass das Wahlrecht nur für Dienste und

Einrichtungen freier Träger der Jugendhilfe besteht, nicht aber für privat-gewerbliche

Träger gilt. Für ihn können nur die öffentliche und freie Jugendhilfe Träger der Jugendhilfe

sein. Privat-gewerbliche Einrichtungen könnten demnach nur Leistungserbringer und

niemals Träger der freien Jugendhilfe sein. Für ihn besteht das Wahlrecht darin, zwischen

freien Trägern mit verschiedenen Wertorientierungen (§ 3 Abs. 1 SGB VIII) entscheiden zu

können.113

g

Zuständigkeitszw

Voraussetzungen:

• Abweichung der seelischen Gesundheit

• Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

Entscheidung

(drohenBehinderu

Überprüfungspätes

Abbildung 5: Ablaufschema für das Verfa

113 Vgl. Kunkel, ZfJ 10/2004, S. 377 f. 114 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 20.

Antra

prüfung innerhalb von ei Wochen

Ps

über Vorliegen den) seelischen ng durch Fachkr

g

des Hilfeplans ntens einem Jahr

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Stellungnahme des Arztes/ ychotherapeuten innerhalb von

zwei Wochen

Feststellung durch Fachkraft innerhalb von zwei Wochen

einer

aft

Hilfeplanun

Bescheid

Erstellung eines Hilfeplans

ach

währung nach § 35a SGB VIII114

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4.2 Verfahren zur Gewährung einer ambulanten Hilfe am Beispiel des Landkreises Esslingen115

Als erster Verfahrensschritt muss von dem Kind oder dem Jugendlichen, vertreten durch

die Personensorgeberechtigten, ein Antrag116 auf Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB

VIII bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe gestellt werden. Hierin geben sie an, welche

ambulante Hilfemaßnahme (heilpädagogische Behandlung, Legasthenie-Therapie,

Arithmasthenie-Therapie, Autismus-Therapie) sie für ihr Kind in Anspruch nehmen

möchten und ob es sich um einen Erstantrag oder um einen Verlängerungsantrag

handelt.117 Den Anträgen liegt häufig schon ein Gutachten eines Arztes oder

Psychotherapeuten über die Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen

Zustand bei.118 Andernfalls werden die Eltern aufgefordert ein solches Gutachten erstellen

zu lassen und bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe nachzureichen.119

Die Unterlagen werden nach Prüfung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit durch den

Sachbearbeiter der Wirtschaftlichen Jugendhilfe an den Sozialen Dienst gesendet, um die

Teilhabebeeinträchtigung und die geeignete Hilfemaßnahme festzustellen.

Die Fachkräfte des Sozialen Dienstes beauftragen bei Anträgen auf heilpädagogische

Behandlung oder Autismus-Therapie das Gesundheitsamt die seelische Behinderung des

Kindes oder Jugendlichen festzustellen.120

Das Gesundheitsamt stellt auf Grundlage der Diagnose des Arztes oder

Psychotherapeuten und/oder eigenen Tests fest, ob eine seelische Störung und eine

Teilhabebeeinträchtigung vorliegen und somit eine seelische Behinderung droht oder

vorliegt. Bei eindeutigen Gutachten eines Arztes oder Psychotherapeuten wird beim

Gesundheitsamt das Gutachten lediglich auf Plausibilität geprüft.121 Das Gesundheitsamt

nutzt hierzu das Beiblatt „Ärztliches Zeugnis zum Formblatt J“.122

Bei Anträgen auf Legasthenie-Therapie oder Arithmasthenie-Therapie wird das

Gesundheitsamt das Staatliche Schulamt123 beauftragen eine Stellungnahme über die

115 Bei der Beschreibung des Verfahrens wird davon ausgegangen, dass tatsächlich eine Störung nach der

ICD-10 Kapitel V vorliegt. 116 Vgl. Anlage 5: Antrag auf Eingliederungshilfe. 117 Vgl. Anlage 5: Antrag auf Eingliederungshilfe. 118 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4. 119 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4. 120 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4. 121 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 7 und 4. 122 Vgl. Anlage 6: Formblatt J. 123 Seit dem 01.01.2009 ist das Amt für Schule und Bildung als untere Verwaltungsbehörde durch die

Verwaltungsreform ausgegliedert worden und nennt sich jetzt Staatliches Schulamt.

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Feststellung einer Lese- und Rechtschreibstörung oder Rechenstörung zu verfassen. Das

Staatliche Schulamt delegiert die Feststellung weiter an den entsprechenden Lehrer, der

das betroffene Kind unterrichtet bzw. an einen Mitarbeiter des Sonderpädagogischen

Dienstes. Die Stellungnahme dieser Person wird an das Staatliche Schulamt geschickt. Mit

einer weiteren Stellungnahme des pädagogischen Beraters des Staatlichen Schulamtes zu

vorhandenen oder nicht vorhandenen Förderangeboten an der Schule, die von dem

betroffenen Kind zurzeit besucht wird, geht die Stellungnahme des Lehrers bzw. des

Mitarbeiters des Sonderpädagogischen Dienstes zurück zum Sozialen Dienst. Wenn in der

Schule kein geeignetes Förderangebot besteht, wird nun auch hier ein ärztliches

Gutachten zum Formblatt J durch das Gesundheitsamt erstellt. Hierin wird nach einer

Untersuchung des Kindes oder aufgrund eines bestehenden Gutachtens festgestellt, ob

eine Teilhabebeeinträchtigung aus der Lese- und Rechtschreibstörung oder

Rechenstörung entsteht/entstanden ist und somit eine seelische Behinderung droht oder

vorliegt.124

Das ärztliche Gutachten zum Formblatt J wird an den Sozialen Dienst geschickt. Die

Fachkraft des Sozialen Dienstes wertet die Stellungnahmen von Gesundheitsamt, Arzt

oder Psychologen und gegebenenfalls die des Staatlichen Schulamtes aus und trifft eine

Aussage zur geeigneten und notwendigen Hilfemaßnahme.125 Bei Unklarheiten führt die

Fachkraft weitere Gespräche, beispielsweise mit den Eltern oder dem Lehrer.126 Ein

Hilfeplangespräch unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 S. 2 SGB VIII findet nicht

statt.127

Mit einer abschließenden Stellungnahme des Sozialen Dienstes und den anderen

erstellten Gutachten werden die Unterlagen zurück an die Wirtschaftliche Jugendhilfe

gesendet. Der Sachbearbeiter der Wirtschaftlichen Jugendhilfe entscheidet nun auf

Grundlage der Gutachten über die Hilfegewährung und erstellt anschließend einen

Bewilligungs- oder Ablehnungsbescheid.128

124 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4. 125 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 5. 126 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4 und 5. 127 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 5. 128 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4; Anlage 5: Antrag auf Eingliederungshilfe.

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5 Leistungen

5.1 Hilfemaßnahmen nach § 35a Abs. 2 SGB VIII

Die Eingliederungshilfe kann gemäß § 35a Abs. 2 SGB VIII nach Bedarf im Einzelfall in

ambulanter, teilstationärer oder stationärer Form sowie durch eine geeignete Pflegeperson

oder in Tageseinrichtungen für Kinder geleistet werden.129 Weitere Ausführungen hierzu in

Kapitel 2.4.

Die Unterscheidung in ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfemaßnahmen ist

beispielsweise für die Erhebung eines Kostenbeitrages130 gemäß § 91 SGB VIII von

Bedeutung. Auch in Sachen Kostenerstattung bei Zuständigkeitswechsel des örtlichen

Trägers, bei Umzug der Personensorgeberechtigten, in Fragen der Ausübung der

Personensorge und ob Krankenhilfe gemäß § 40 SGB VIII gewährt wird, ist die

Unterscheidung wichtig.131

5.1.1 Ambulante Hilfen

Zu den ambulanten Hilfen (§ 35a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) können alle Beratungs- und

therapeutischen Leistungen zählen, sowie Hilfen in Form der sozialen Gruppenarbeit,

einem Erziehungsbeistand, einem Betreuungshelfer oder sozialpädagogischer

Familienhilfe/Einzelbetreuung.132

Am Beispiel des Landkreises Esslingen aufgezeigt bedeutet dies konkret, dass ambulante

Eingliederungshilfe unter anderem in Form der heilpädagogischen Therapie,

Arithmasthenie-, Legasthenie- und Autismus-Therapie sowie durch Integrationshilfe in

einer Kindertageseinrichtung133, einen Schulbegleiter/Integrationshelfer und in Form des

Hausunterrichtes134 sowie der besonderen Beschulung in einer Privatschule gewährt wird.

129 Vgl. Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann, 2007, S. 221. 130 Näheres zum Kostenbeitrag in Kapitel 7.2. 131 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 606. 132 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 466. 133 Integrationshilfe in einer Kindertageseinrichtung wird im Landkreis Esslingen den ambulanten Hilfen

zugerechnet und ist somit keine teilstationäre Hilfe, da teilstationäre Hilfen nach Schule oder Kindergarten stattfinden. Damit soll eine Fremdunterbringung vermieden werden. Dies ist aber bei Integrationshilfe in eine Kindertageseinrichtung nicht die Intension, vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 6 und 9.

134 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 16, a. A. Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007, S. 10, das VerwG Stuttgart ordnet den Hausunterricht im Sinne des § 35a Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII den teilstationären Einrichtungen zu.

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Bei Kindern oder Jugendlichen mit einer seelischen Behinderung aufgrund von ADHS wird

in den meisten Fällen ein Antrag auf heilpädagogische Therapie gestellt.135 Die

Schulbegleitung/Integrationshilfe kommt bei autistischen Kindern136 und bei Kindern mit

ADHS in Betracht.137 Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe in einer

Kindertageseinrichtung wird in allen Fällen einer seelischen Behinderung in Erwägung

gezogen, zumal in diesem jungen Alter eine genaue Diagnose schwierig ist.138 Der

Hausunterricht139 sowie die besondere Beschulung in einer Privatschule140 für Kinder mit

ADHS sind spezielle Eingliederungshilfen in Form der Hilfe zur angemessenen

Schulbildung (§ 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12

Eingliederungshilfe-Verordnung).141

Die heilpädagogische Therapie, der Integrationshelfer, Legasthenie-, Arithmasthenie-

sowie Autismus-Therapie gehören zu den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung

gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12

Eingliederungshilfe-Verordnung. Den betroffenen Kindern und Jugendlichen soll so die

Möglichkeit gegeben werden eine Regelschule zu besuchen.142

Eine heilpädagogische Therapie kann aber auch als medizinische Rehabilitation nach §

35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i. V. m. § 26 SGB IX durchgeführt

werden.143

Die integrative Förderung in einer Kindertageseinrichtung und die heilpädagogische

Therapie für Kindergartenkinder zählen zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der

Gesellschaft (§ 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i. V. m. § 55 SGB

IX).144

135 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 12. 136 Vgl. NdsOVG, Beschl. vom 23.02.2006, JAmt 04/2006, S. 200 (201). 137 Vgl. VG Dresden, Urteil vom 10.07.2007, Az. 13 K 19/07 – Juris. 138 Vgl. Schwengers, 2007, S. 102. 139 Der Hausunterricht wird in Abbildung 2 den sonstigen ambulanten Eingliederungshilfen zugeordnet, vgl.

Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 16. 140 Die Beschulung in einer Privatschule wird in Abbildung 2 den sonstigen ambulanten Eingliederungshilfe

zugeordnet, vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 21. 141 Vgl. Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007, S. 8. 142 Vgl. Bieritz-Harder in: Münder/Armborst/Berlit, 2008, S. 420 – 421; Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII,

2006, S. 363. 143 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 359. 144 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 362.

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Abbildung 2: Fallzahlen der ambulanten Eingliederungshilfen des Landkreises Esslingen 2008145

5.1.2 Tageseinrichtungen für Kinder oder andere teilstationäre Einrichtungen

Die Eingliederungshilfe in Tageseinrichtungen für Kinder (§ 35a Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII) ist

eine integrative Förderungsmaßnahme.146 In § 35a Abs. 4 S. 2 SGB VIII wird dazu

aufgefordert, im Regelfall Einrichtungen für seelisch behinderte Kinder auszusuchen, in

denen auch nicht behinderte Kinder betreut werden.

Die Förderung von seelisch behinderten Kindern in Kindertageeinrichtungen läuft somit

nicht gemäß §§ 22 ff. SGB VIII, sondern nach § 35a SGB VIII und stellt dadurch sicher,

dass der besondere Förderungsbedarf von seelisch behinderten Kindern mit einbezogen

wird.147

Die Teilstationäre Hilfe (§ 35a Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII) wird in Ausgestaltung des § 32 SGB

VIII (Erziehung in einer Tagesgruppe) gewährt. Hierdurch soll eine

Fremdunterbringung/stationäre Hilfe vermieden werden.148

145 Vgl. Anlage 8: Fallzahlen der Jugendhilfe des Landkreises Esslingen. 146 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 466. 147 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 466. 148 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 9.

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5.1.3 Geeignete Pflegepersonen

Durch die Hilfegewährung in Form der Vollzeitpflege (§ 91 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII) durch

eine geeignete Pflegeperson (§ 35a Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII) wird auf die besonderen

Bedürfnisse eines Kindes/Jugendlichen eingegangen.149

5.1.4 Stationäre Hilfen

Die stationäre Hilfe (§ 35a Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII150) im Bereich der Eingliederungshilfe

umfasst die Heimerziehung, betreutes Jugendwohnen und die intensive

sozialpädagogische Einzelbetreuung. Diese Hilfen richten sich somit an den Hilfen zur

Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII aus.151

In Einzelfällen kann auch ein Internatsbesuch152 gemäß § 35a Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII

genehmigt werden. Voraussetzungen hierfür sind, dass das Internat geeignete

Fördermöglichkeiten bietet, die Eltern diesen Internatsbesuch ausdrücklich wünschen und

die Fördermöglichkeiten an der Regelschule und sonstige ambulante Hilfemaßnahmen

nicht ausreichend sind.153 Der Internatsbesuch ist dann eine Eingliederungshilfe in Form

der Hilfe zur angemessenen Schulbildung (§ 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 S. 1

Nr. 1 SGB XII).154

Eine Studie des Universitätsklinikums Ulm über die Inanspruchnahme der

Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche im Bereich der

stationären Jugendhilfe hat aufgezeigt, dass 59,9 % der Kinder und Jugendlichen, die in

einer stationären Einrichtung leben, diagnostizierte psychische Störungen nach der ICD-10

haben. Davon ist bei nur 12,5 % der Kinder und Jugendlichen die Anspruchsgrundlage der

Jugendhilfemaßnahme § 35a SGB VIII. Die anderen haben für ihre Jugendhilfe § 27 i. V.

m. § 34 SGB VIII als Anspruchsgrundlage. Somit wird kein Arzt oder Psychotherapeut, der

über besondere Erfahrung auf dem Gebiet der seelischen Störungen verfügt, in die

Hilfeplanung mit einbezogen.155 Gerade aber diese Kinder/Jugendlichen benötigen eine

149 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 467. 150 Im Gesetz wird stationäre Hilfe als „Einrichtungen über Tag und Nacht sowie in sonstigen Wohnformen“

beschrieben. 151 Vgl. Anlage 8: Fallzahlen der Jugendhilfe des Landkreises Esslingen. 152 Das Schulgeld für einen Internatsbesuch wird in Abbildung 3 den sonstigen stationären

Eingliederungshilfen zugeordnet, vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 17. 153 Vgl. Anlage 19: Auszug aus „Hinweise zum Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen nach § 35a SGB

VIII“, Nr. 19, VG Dessau, Urteil vom 23.08.2001, ZfJ 11/2002, S. 441 (444 – 445). 154 Vgl. Bieritz-Harder in: Münder/Armborst/Berlit, 2008, S. 421. 155 Vgl. Schmid/Fegert, ZKJ 01/2006, S. 30.

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„intensive pädagogische Förderung“ und eine „adäquate kinder- und jugendpsychiatrische

Behandlung“, um eine Möglichkeit auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu haben.156

Abbildung 3: Fallzahlen der stationären Eingliederungshilfen des Landkreises Esslingen 2008157

5.1.5 Fallzahlen

Die ambulanten Hilfen machen den größten Anteil an Eingliederungshilfen aus.158 Als

Grund hierfür wird aus der Praxis genannt, dass ambulante Hilfen präventiv wirken sollen.

Das Ziel ist es von Anfang an, Hilfebedürftige aufzufangen und somit keine intensiveren

stationären Hilfen erforderlich werden zu lassen. Stationäre Hilfen werden auch vermieden,

um dadurch Familien nicht zu trennen. Außerdem sind die ambulanten Hilfemaßnahmen

kostengünstiger als stationäre und teilstationäre Maßnahmen.159

Eine weitere Erklärung hierfür könnte sein, dass ambulante Hilfen häufig von Eltern aus

der Mittelschicht für ihre Kinder eingefordert werden. Diese kennen ihre Rechte und

würden diese auch vor Gericht einklagen.160

156 Vgl. Schmid/Fegert, ZKJ 01/2006, S. 32. 157 Vgl. Anlage 8: Fallzahlen der Jugendhilfe des Landkreises Esslingen; zu sonstige stationäre

Eingliederungshilfen gehört unter anderem das Schulgeld für einen Internatsbesuch. 158 Siehe hierzu Abbildung 4; Fallzahlen des Landkreises Esslingen stimmen mit den Fallzahlen von Baden-

Württemberg überein, vgl. Anlage 17: Auszug aus KVJS-Bericht 2008. 159 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 8. 160 Vgl. Schmid/Fegert, ZKJ 01/2006, S. 32.

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0

100

200

300

400

500

600

2006 2007 2008

stationäre Hilfe

teilstationäre Hilfe

ambulante Hilfe

Abbildung 4: Fallzahlen der Eingliederungshilfe des Landkreises Esslingen161

5.2 Persönliches Budget

Über § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 57 SGB XII können Leistungsberechtigte auf Antrag

die Leistungen der Eingliederungshilfe auch als Teil eines trägerübergreifenden

Persönlichen Budgets erhalten. Die Umsetzung richtet sich nach § 17 Abs. 2 bis Abs. 4

SGB IX, auf den § 57 S. 2 SGB XII verweist. Hiernach ist das Persönliche Budget in der

Regel eine Geldleistung, die bei laufenden Leistungen monatlich an den

Leistungsberechtigten ausbezahlt wird, damit sich dieser die Leistungen selbstständig

einkaufen kann.162 Der Leistungsberechtigte soll selbst entscheiden können, wann er

welche Hilfe in Anspruch nehmen will und durch wen.163 Im Falle des § 35a SGB VIII sind

die Eltern oder die Personensorgeberechtigten die Leistungsberechtigten.164

Wiesner sieht die Anwendung des Persönlichen Budgets in der Jugendhilfe als kritisch an,

da viele Familien, die Jugendhilfeleistungen erhalten, auch anderweitige soziale und

finanzielle Probleme haben. Somit bestehe die Gefahr des Missbrauchs der erhaltenen

Geldleistungen.165 Dazu wird angemerkt, dass dieser Personenkreis in der Praxis durch

161 Vgl. Anlage 8: Fallzahlen der Jugendhilfe des Landkreises Esslingen. 162 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 471. 163 Vgl. BT-Drs. 15/1514, S. 72. 164 Vgl. Wiesner, ZfJ 08/2001, S. 285. 165 Vgl. Wiesner, ZfJ 08/2001, S. 285; Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 546.

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Unkenntnis der Vorschrift selten die Möglichkeit eines persönlichen Budgets in Anspruch

nehmen wird.166

Im Landkreis Esslingen wird keine Eingliederungshilfe in Form des persönlichen Budgets

gewährt.167

6 Behandlung von Kindern mit ADHS Zur Behandlung von ADHS und komorbiden Störungen168 empfiehlt die Deutsche

Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie die multimodale

Behandlung.169 Diese multimodale Behandlung umfasst immer eine Aufklärung und

Beratung der Eltern, des Kindes/Jugendlichen und des Erziehers bzw. Klassenlehrers.

Weiter kann ein Elterntraining, Interventionen im Kindergarten bzw. in der Schule, eine

medikamentöse Therapie und eine Psychotherapie in Form einer Verhaltenstherapie

(kognitive Therapie) hinzukommen. Zur Behandlung der Begleitstörungen/komorbiden

Störungen kann ergänzend ein soziales Kompetenztraining bei erhöhter Aggressivität und

mangelnder sozialer Kompetenz, Psychotherapie bei geringem Selbstwertgefühl und/oder

Problemen mit Gleichaltrigen und Übungsbehandlungen bei Teilleistungsstörungen

durchgeführt werden.170

Für Kinder mit ADHS gibt es keine bestimmte Therapie, weil die betroffenen Kinder ADHS

in unterschiedlicher Ausprägung und mit unterschiedlichen Begleitstörungen aufweisen.171

Deswegen besteht die Multimodale Behandlung aus verschiedenen Bausteinen, die

individuell auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt, kombiniert werden können.

166 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 471. 167 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 2. 168 Kinder mit ADHS können Begleitstörungen/komorbide Störungen wie Störungen des Sozialverhaltens,

Angststörungen, Depressionen, Tic-Störungen und Teilleistungsstörungen aufweisen. Daraus kann eine Teilhabebeeinträchtigung am Leben in der Gesellschaft resultieren, vgl. Anlage: 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“, S. 16.

169 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie u. a., 2007, S. 244; Jans/Happe/Saubier/Maas, 2003, § 35a S. 37; Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“, S. 23.

170 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie u. a., 2007, S. 244 - 245; Jans/Happe/Saubier/Maas, 2003, § 35a S. 37.

171 Vgl. Neuhaus, 2007, S. 142.

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7 Kosten Wenn eine Eingliederungshilfe in einer stationären oder teilstationären Einrichtung gewährt

wird, entsteht zwischen dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe (Kostenträger), dem freien

Träger der Jugendhilfe oder dem privat-rechtlichen Träger, der die Leistung erbringt, und

dem Kind/Jugendlichen als Leistungsempfänger (Leistungsberechtigter) ein

Leistungsdreieck.172

7.1 Entgeltzahlungen an Hilfeeinrichtungen durch die Jugendhilfe

Das Jugendamt ist zur Zahlung eines Entgeltes an den Leistungserbringer verpflichtet,

wenn zwischen dem Jugendamt und der Einrichtung Vereinbarungen über Leistung,

Entgelt und Qualität bestehen (§ 78b Abs. 1 SGB VIII) oder aber wenn insbesondere nach

Maßgabe der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII im Einzelfall die Übernahme der Kosten

geboten ist (§ 78b Abs. 3 SGB VIII).173 Das bedeutet, die Einrichtungen, mit denen keine

Vereinbarungen getroffen worden sind, sind nur ausnahmsweise vom Jugendamt als

Hilfeeinrichtung zuzulassen, wenn nur dort die geeignete und notwendige Hilfe erbracht

werden kann und diese Einrichtungen von den Personensorgeberechtigten gewünscht

werden (§ 36 Abs. 1 S. 4 SGB VIII).174

Durch die Vereinbarungen sollen für eine Vielzahl von Fällen im Voraus Klarheit über die

Kosten entstehen und somit im konkreten Einzelfall die Abrechnung der Kosten erleichtert

werden.175

Die Regelungen hierfür befinden sich in den §§ 78a bis 78g SGB VIII. Diese Regelungen

gelten gemäß § 78a Abs. 1 Nr. 5 a und b SGB VIII nur für die Erbringung von

teilstationären und stationären Eingliederungshilfen. Somit gilt für die ambulanten

Leistungserbringer der allgemein gefasste § 77 SGB VIII176 und für Eingliederungshilfe in

Form der Tageseinrichtungen für Kinder § 45 SGB VIII177.

Bei ambulanten Hilfemaßnahmen sollten zwischen dem Jugendamt und dem

Leistungserbringer Vereinbarungen über die Höhe der Kosten getroffen werden.178 Somit

muss keine Entgeltvereinbarung, als Voraussetzung zur Zahlung eines Entgeltes an die

Einrichtung, vorliegen. 172 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 896. 173 Vgl. NdsOVG, Urteil vom 19.03.2003, JAmt 10/2003, S. 486 (488). 174 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 484. 175 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 1419. 176 Vgl. Kunkel/Haas, 2005, S. 6. 177 Vgl. Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007, S. 10. 178 Vgl. Anlage 22: Auszug aus „Eine Orientierungshilfe für die Jugendhilfe“, 4.5.

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Seite 28

Eine Orientierungshilfe für die Jugendhilfe empfiehlt dabei die Anwendung des

Verzeichnisses individueller Zusatzleistungen gemäß § 6 Abs. 3 des Rahmenvertrages

nach § 78f SGB VIII für Baden-Württemberg.179 Gemäß § 2 e) des Rahmenvertrages nach

§ 78f SGB VIII für Baden Württemberg sind wieder nur teilstationäre und stationäre

Eingliederungshilfe-Einrichtungen Gegenstände des Rahmenvertrages.180 Das Verzeichnis

über individuelle Zusatzleistungen umfasst therapeutische, heilpädagogische,

psychologische und sozialpädagogische Zusatzleistungen und ist somit ein guter

Ausgangspunkt für Vereinbarungen zwischen Jugendamt und ambulanter

Eingliederungshilfe-Einrichtung.181

Es überwiegt die Meinung, dass in § 77 SGB VIII zu den „Einrichtungen und Dienste[n] der

Träger der freien Jugendhilfe“ auch privat-rechtliche Träger zählen.182

Wenn es sich um Eingliederungshilfe in Form einer Tageseinrichtung für Kinder handelt,

benötigen diese eine Betriebserlaubnis gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 SGB VIII, um Zahlungen

durch das Jugendamt zu erhalten.

7.2 Kostenbeitrag

Genehmigt die Jugendhilfe eine Eingliederungshilfe, so können Hilfeempfänger und deren

Eltern zu den Kosten der Hilfemaßnahme herangezogen werden (§§ 91 ff. SGB VIII).183

Gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII wird ein Kostenbeitrag für vollstationäre

Eingliederungshilfe (§ 35a Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB VIII) und gemäß § 91 Abs. 2 Nr. 3 SGB

VIII für teilstationäre Eingliederungshilfe (§ 35a Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII) erhoben. Dies gilt

auch für Eingliederungshilfen, die in Verbindung mit § 41 Abs. 2 SGB VIII für junge

Volljährige gewährt werden (§ 91 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII). Für ambulante

Hilfemaßnahmen wird kein Kostenbeitrag erhoben.

Die Wirtschaftliche Jugendhilfe hat die Kosten der Hilfe unabhängig von der Erhebung von

Kostenbeiträgen zu übernehmen (§ 91 Abs. 5 SGB VIII). Somit ist die Jugendhilfe

vorleistungspflichtig.184

Kostenbeiträge können von den Kindern/Jugendlichen selbst und von ihren Eltern erhoben

werden (§ 92 Abs. 1 Nr.1 und Nr. 5 SGB VIII). Die Beiträge errechnen sich dabei aus ihrem

179 Vgl. Anlage 22: Auszug aus „Eine Orientierungshilfe für die Jugendhilfe“, 4.5. 180 Vgl. Anlage 20: Auszug aus dem Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII. 181 Vgl. Anlage 21: Auszug aus dem Verzeichnis individueller Zusatzleistungen. 182 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 889; Schellhorn, W. in: Schellhorn/Fischer/Mann, 2007, S. 434; Reichert in:

Jung, 2006, S. 572, a. A. Kunkel/Haas, 2005, S. 6; weitere Ausführung hierzu in Kapitel 4.1.4.2. 183 Vgl. Schwengers, 2007, S. 281. 184 Vgl. Kunkel in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 981.

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Einkommen.185 Bei jungen Volljährigen (§ 92 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII) wird zusätzlich das

Vermögen herangezogen (§ 94 Abs. 6 SGB VIII).186

7.3 Aufwendungsersatz für selbst beschaffte Leistungen

Nach welchen Voraussetzungen eine Übernahme der Kosten (Aufwendungsersatz) durch

das Jugendamt bei Selbstbeschaffung der Leistungen durch den Betroffen erfolgt, richtet

sich nach § 36a Abs. 3 SGB VIII und § 15 SGB IX.

§ 15 SGB IX187 regelt die allgemeine Erstattungspflicht bei selbst beschafften Leistungen

gegenüber Rehabilitationsträgern. Da aber das Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII)

seit Inkrafttreten des KICK eine speziellere Regelung in § 36a Abs. 3 SGB VIII enthält,

geht diese gemäß § 7 SGB IX (Vorbehalt abweichender Regelungen) vor.188

In § 36a Abs. 1 S. 1 SGB VIII wird klargestellt, dass das Jugendamt die Kosten für eine

Hilfemaßnahme nur dann übernehmen muss, wenn es selbst im Voraus auf Grundlage des

SGB VIII und dem dort vorgesehenen Verfahren über die Eignung und Notwendigkeit der

Hilfe entschieden hat.189

Eine Ausnahme hierzu bildet ein mögliches „Systemversagen“.190 Dieses liegt vor, wenn

der Leistungsberechtigte, vertreten durch seine Eltern, rechtzeitig den Jugendhilfeträger

über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (§ 36a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB VIII), die

Voraussetzungen des § 35a SGB VIII gegeben sind (§ 36a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB VIII), die

Eltern und das Kind oder der Jugendliche für die Feststellung der seelischen Behinderung

hinreichend mitwirken und der Jugendhilfeträger eine Eingliederungshilfe nicht rechtzeitig

erbringt (§ 36a Abs. 3 S. 1 Nr. 3a SGB VIII) oder einen Antrag auf Eingliederungshilfe zu

Unrecht ablehnt (§ 36a Abs. 3 S. 1 Nr. 3b SGB VIII). Weiter muss für die

185 Vgl. Anlage 7: Ermittlungsbogen und Merkblatt zur Kostenheranziehung in der Jugendhilfe. 186 Vgl. Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 150. 187 Im Fall von Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung gemäß § 35a

Abs. 3 i. V. m. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII greift nur § 36a Abs. 3 SGB VIII und niemals § 15 SGB IX, da das Jugendamt in diesem Fall nicht Rehabilitationsträger ist, vgl. BVerwG, Urteil vom 11.08.2005, ZKJ 06/2006, S. 301 (303).

188 Vgl. Münder, 2006, S. 475; Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 150; Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann, 2007, S. 227; Kunkel in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 392; a. A. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 653; Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, S. 357.

189 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 36. 190 Vgl. VG Frankfurt a. M., Urteil vom 10.01.2007, JAmt 04/2008, S. 218 (220); vor der Einführung des §

36a SGB VIII wurden vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtssprechung Fallgruppen gebildet, in denen eine Selbstbeschaffung von Leistungen zulässig war. Diese Rechtssprechung sollte nun durch § 36a SGB VIII eine positiv-rechtliche Rechtsgrundlage bekommen, vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 26.

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Selbstbeschaffung einer Hilfemaßnahme eine Dringlichkeit zur Bedarfsdeckung vorliegen,

die es nicht erlaubt, diese Maßnahme aufzuschieben (§ 36a Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII).191

§ 36a Abs. 3 S. 2 SGB VIII enthält eine Ausnahme zum „Systemversagen“.192 Auch ohne

das Jugendamt zu benachrichtigen, kann eine Übernahme der Kosten von der

selbstbeschafften Leistung durch das Jugendamt erfolgen, wenn es dem

Leistungsberechtigten unmöglich war, den Jugendhilfeträger rechtzeitig zu informieren und

er dies unverzüglich193 nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachholt.194

Von der Jugendhilfe kann bei Vorliegen eines Systemversagens als Einwendung gegen

den Aufwendungsersatz nicht der Mehrkostenvorbehalt (§ 5 Abs. 2 S. 1 SGB VIII, § 36

Abs. 1 S. 4 SGB VIII) vorgebracht werden, da von der Jugendhilfe keine Alternative

genannt wurde.195 Dennoch hat der Leistungsberechtigte bei der Auswahl der Einrichtung

eine Pflicht zu wirtschaftlichem Handeln.196

In der Vergangenheit war zu beobachten, dass viele Eltern direkt auf die Einrichtungen für

Eingliederungshilfemaßnahmen zugegangen sind um dort ihr Kind behandeln zu lassen,

ohne zuvor die Entscheidung des Jugendamtes einzuholen. Somit haben sie die

Entscheidungszuständigkeit des Jugendamtes unterlaufen.197 Durch § 36a SGB VIII wird

klargestellt, dass der Jugendhilfeträger nicht ein bloßer „Kostenträger“198 ist, sondern selbst

über Leistungsmaßnahmen entscheiden soll/darf (Steuerverantwortung).

8 Abgrenzung des Jugendhilfeträgers zu anderen Leistungsträgern und der Schule

8.1 Abgrenzung der Rehabilitationsträger

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. § 5 Nr. 1, 2 und 4 SGB IX kann die Jugendhilfe

Rehabilitationsträger für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 SGB IX),

191 Vgl. VG Frankfurt a. M., Urteil vom 10.01.2007, JAmt 04/2008, S. 218 (220). 192 Vgl. Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann, 2007, S. 241. 193 „Unverzüglich bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 [S. 1 1. HS] BGB ohne schuldhaftes

Zögern“, Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann, 2007, S. 245. 194 Vgl. Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann, 2007, S. 245. 195 Vgl. OVG NW, Urteil vom 14.03.2003, S. 479 (482). 196 Vgl. Ständige Fachkonferenz 1 des DIJuF, JAmt 11-12/2002, S. 499. 197 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 26. 198 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 26.

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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SGB IX) und Leistungen zur Teilhabe am

Leben in der Gesellschaft (§ 55 SGB IX) sein.199

Die gesetzliche Krankenkasse kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Nr. 1 SGB IX auch

Rehabilitationsträger für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sein.

Die Bundesagentur für Arbeit umfasst den Bereich der Leistungen zur Teilhabe am

Arbeitsleben als Rehabilitationsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 5 Nr. 2 SGB IX).

Und auch die Sozialhilfe kann Rehabilitationsträger für Leistungen zur medizinischen

Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der

Gesellschaft sein (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 5 Nr. 1, 2 und 4 SGB IX).

Durch diese Doppelzuständigkeiten von Rehabilitationsträgern entstehen

Abgrenzungsschwierigkeiten.200

8.2 Verhältnis zu anderen Leistungsträgern und der Schule

Außer dem Jugendhilfeträger existieren andere Sozialleistungsträger, die

Eingliederungshilfen oder ähnliche Leistungen gewähren. Dazu zählen die Bundesagentur

für Arbeit (SGB III), der Sozialhilfeträger (SGB XII) und die gesetzliche

Krankenversicherung (SGB V). Auch die Schule kann Leistungen im Bereich der

Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche erbringen.201

Unwahrscheinlich ist eine Leistungskonkurrenz im Bereich der Eingliederungshilfe für

seelisch behinderte Kinder und Jugendliche zwischen dem Träger der öffentlichen

Jugendhilfe und dem Rentenversicherungsträger (SGB VI), dem Unfallversicherungsträger

(SGB VII) bzw. dem Pflegeversicherungsträger (XI).202

§ 10 SGB VIII regelt das Verhältnis der einzelnen Leistungsträger untereinander. Die Norm

ordnet an, „welche Leistungen im Verhältnis zu denen im SGB VIII vorrangig und welche nachrangig sind.“203 Abs. 1 S. 1 des § 10 SGB VIII stellt klar, dass kein

Sozialleistungsträger oder die Schule sich seinen/ihren Verpflichtungen gegenüber dem

Hilfesuchenden verwehren kann, mit der Begründung, dass auch der Träger der

Jugendhilfe Leistungen anbietet. Wenn dieser vorrangige Sozialleistungsträger oder die

Schule tatsächlich nicht leistet, gleichwohl ob begründet oder nicht begründet, muss der

199 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 473. 200 Hierzu näheres unter Kapitel 9.3. 201 Vgl. Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 151. 202 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 195 – 196; Kunkel sieht im Bereich der Eingliederungshilfe für seelisch

behinderte Kinder und Jugendliche nur die Zuständigkeiten der Agentur für Arbeit, Sozialhilfeträger, Schule, Krankenkasse und des Jugendhilfeträgers für denkbar, vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 17.

203 Münder u. a., 2006, S. 194.

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Träger der öffentlichen Jugendhilfe gegenüber dem Hilfesuchenden leisten.204 Die

Jugendhilfe tritt als „Ausfallbürge“ ein,205 da sie zwar nachrangig zuständig ist, aber aus §

10 SGB VIII kein Leistungsverweigerungsrecht hat.206

Der Jugendhilfeträger kann als Rehabilitationsträger, wenn er nachrangig zuständig ist und

trotzdem Leistungen erbracht hat, eine Kostenerstattung vom vorrangig zuständigen

Rehabilitationsträger nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X fordern.207 Dieser

Kostenerstattungsanspruch kann auf dem gerichtlichen Rechtsweg in Form einer

allgemeinen Leistungsklage durchgesetzt werden (§ 114 SGB X). Der Rechtsweg richtet

sich nach dem erstattungspflichtigen Leistungsträger (§ 114 S. 2 2. HS SGB X), wodurch

in der Regel die Sozialgerichte (§ 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz) zuständig sind.208

Bei Feststellung der Unzuständigkeit der Jugendhilfe kann diese den Antrag gemäß § 14

Abs. 1 S. 2 SGB IX unverzüglich an den ihrer Ansicht nach zuständigen

Rehabilitationsträger weiterleiten.209 Wenn sich erst nach Gewährung der Hilfe eine

Unzuständigkeit der Jugendhilfe ergibt, kann diese nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX

Kostenerstattung vom zuständigen Rehabilitationsträger verlangen.210 Die Anwendung des

§ 14 SGB IX für die Jugendhilfe wird in den meisten Fällen nicht möglich sein, da der

Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wenn auch nur nachrangig, bei den Leistungen für

seelisch behinderte Kinder und Jugendliche regelmäßig zuständig ist.211

§ 14 SGB IX und §§ 102 ff. SGB X gelten nicht gegenüber Schulen, da sie keine

Rehabilitationsträger im Sinne des § 6 SGB IX und keine Leistungsträger nach §§ 12 i. V.

m. §§ 18 bis 29 SGB I sind.212 Als Möglichkeit, um doch einen Erstattungsanspruch

gegenüber der Schule zu haben, wird in der Literatur die Überleitung des Anspruches auf

den Jugendhilfeträger von dem Kind, das gegenüber der Schule einen subjektiven

Rechtsanspruch auf Förderung bei Schwierigkeiten im Lesen, in der Rechtschreibung, in

204 Vgl. VG Dessau, Urteil vom 23.01.2001, ZfJ 11/2002, S. 441 (446); Münder u. a., 2006, S. 194. 205 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 194. 206 Vgl. VG Dessau, Urteil vom 23.01.2001, ZfJ 11/2002, S. 441 (446). 207 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 02.04.2004, JAmt 2004, S. 306 (308); Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S.

151; a. A. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 544. 208 Vgl. Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 151; Böttinger in: Diering/Timme/Waschull, 2007, S. 704 – 705. 209 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 09.01.2006, JAmt 03/2006, S. 131(131); Münder u. a., 2006, S. 474. 210 Vgl. Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 151. 211 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 09.01.2006, JAmt 03/2006, S. 131 (131); Münder u. a., 2006, S. 474. 212 Vgl. Schwengers, 2007, S. 215.

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Mathematik usw. hat, durch § 95 SGB VIII diskutiert.213 Hierzu weitere Ausführungen in

Kapitel 9.5.1.

Auf einzelne Konflikte zwischen Leistungsträgern und dem Jugendhilfeträger wird in

Kapitel 9.3 näher eingegangen.

9 Ausgewählte kritische Aspekte zur Eingliederungshilfe am Beispiel von ADHS im Landkreis Esslingen

9.1 Abgrenzung der Eingliederungshilfe zur Erziehungshilfe

Es ist möglich, dass das Kind oder der Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe nach

§ 35a SGB VIII und gleichzeitig dessen Personensorgeberechtigten einen Anspruch auf

Hilfe zur Erziehung nach § 27 SGB VIII haben. Dies liegt vor, wenn beispielweise die

seelische Behinderung unter anderem auf Grund eines Erziehungsdefizits entstanden ist

oder aber eine erhöhte Anforderung an die Erziehung aufgrund der seelischen

Behinderung besteht.214 Die Hilfen können sich überschneiden, sie sind aber nicht

identisch. In der Praxis wird empfohlen, einen Schwerpunkt zu legen,215 da es nicht sinnvoll

ist, zwei Hilfen zu bewilligen und somit zwei Bescheide zu erlassen. Bei gleichzeitigem

Vorliegen der beiden Hilfen sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch

genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu

erfüllen, als auch den erzieherischen Bedarf zu decken (§ 35a Abs. 4 S. 1 SGB VIII).216

Über § 27 Abs. 2 (i. V. m. Abs. 3 S. 1) SGB VIII kann eine Legasthenie-Therapie gewährt

werden. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg führt in seiner Begründung dazu

auf, dass die Aufzählung der §§ 28 bis 35 SGB VIII in § 27 Abs. 2 SGB VIII nicht

abschließend ist. Dies wird durch das Wort „insbesondere“ deutlich. Wenn eine

Teilleistungsstörung wie eine Lese- und Rechtschreibstörung besteht, aber noch keine

seelische Behinderung droht oder vorliegt, somit kein Anspruch auf § 35a SGB VIII

gegeben ist, sieht es das Gericht nicht als sinnvoll an, abzuwarten, bis eine

Verschlechterung des Zustandes, also eine seelische Behinderung, eintritt. Weiter führt

das Gericht auf, dass nicht die familiäre Erziehung defizitär sein muss, sondern ein 213 Bejahend: Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 151, Münder u. a., 2006, S. 200, Wiesner in: Wiesner, 2006, S.

172; a. A. Sidortschuk, JAmt 12/2005, S. 552 – 553; VG Göttingen, Urteil vom 25.05.2005, JAmt 12/2005, S. 584 (585).

214 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 367. 215 Vgl. Anlage 22: Auszug aus „Eine Orientierungshilfe für die Jugendhilfe“, 2.3.1. 216 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 367.

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generelles Defizit des Kindeswohls, was durch die Teilleistungsstörung gegeben ist,

ausreicht. Diese Störung kann nicht aus eigener Kraft durch die Familie beseitigt werden,

weshalb das Kind eine spezielle, professionelle pädagogische Therapie benötigt, durch die

die Voraussetzungen für eine Hilfe zur Erziehung gegeben sind.217

Im Gegensatz dazu sieht das Bundesverwaltungsgericht den § 27 SGB VIII nur

einschlägig, wenn infolge einer erzieherischen Mangelsituation ein erzieherischer Bedarf

entsteht, wofür eine einfache Mangelsituation im „Sozialisationsumfeld“, wie beispielsweise

im schulischen Leistungsbereich, nicht ausreicht. Der Gesetzgeber habe den § 35a SGB

VIII geschaffen, um gerade die seelische Behinderung nicht in jedem Fall von einem

erzieherischen Defizit, wie es bei § 27 SGB VIII wesentliche Leistungsvoraussetzung ist,

abhängig zu machen.218 Folglich sollen die Leistungsvoraussetzungen des § 35a Abs. 1

SGB VIII nicht durch die Anwendung des § 27 SGB VIII umgangen werden.

9.2 Schwierigkeiten beim Feststellungsstellungsverfahren einer seelischen Behinderung

Die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche „ist sowohl in der Diagnostik als auch in der Umsetzung eine interdisziplinäre Aufgabe.“219 Somit sind viele

verschiedene Ämter wie beispielsweise die Wirtschaftliche Jugendhilfe, der Soziale Dienst,

das Gesundheitsamt und Fachkräfte wie beispielsweise Ärzte und Psychotherapeuten

beteiligt. Dies führt zu Problemen, die im Weiteren näher erörtert werden.

9.2.1 Versorgungsgrad von Ärzten und Psychotherapeuten

Am besten geeignet für Multimodale Behandlungen (siehe Kapitel 6) von Kindern und

Jugendlichen mit ADHS sind in erster Linie Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie

und -psychotherapie.220 Da es zu wenig Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -

psychotherapie gibt,221 können auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten222, wenn

sie eine Approbation nach § 1 i. V. m. § 2 PsychThG besitzen, gemäß § 28 Abs. 3

217 Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.05.2005, 7 S 2445/02 – Juris. 218 Vgl. BVerwG, Beschl. vom 12.07.2005, JAmt 11/2005, S. 524 (524). 219 Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 177. 220 Vgl. Wender, 2002, S. 195; in vielen Fällen ist eine Psychotherapie zur Behandlung angebracht, vgl.

Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle, Frage 4. 221 Vgl. Fastabend/Schneider, 2004, S. 194 – 195; Wender, 2002, S. 196. 222 Bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten handelt es sich um heilkundliche Psychotherapeuten (§

1 Abs. 1 PsychThG), somit sind dies nichtärztliche Psychotherapeuten. Eine Behandlung von gesetzlich krankenversicherten Patienten durch einen zugelassenen nichtärztlichen Psychotherapeuten stellt eine Durchbrechung des Ärztevorbehaltes des § 15 Abs. 1 SGB V dar, vgl. Fastabend/Schneider, 2004, S. 194.

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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V)223 – Gesetzliche Krankenversicherung –

psychotherapeutische Behandlungen durchführen. Fachärzte für Kinder- und

Jugendpsychiatrie und –psychotherapie224 und die Kinder- und

Jugendlichenpsychotherapeuten benötigen eine Zulassung zur vertragsärztlichen

Versorgung (Zulassung als Vertragsarzt) gemäß §§ 95, 95a, 95c SGB V, um gesetzlich

krankenversicherte Patienten nach den Rahmenbedingungen des SGB V zu behandeln

und dafür Vergütungen von den gesetzlichen Krankenversicherungen zu erhalten.

Es gibt im Landkreis Esslingen225 generell zu wenig Ärzte und Psychotherapeuten mit dem

Fachbereich Kinder- und Jugendpsychotherapie226 und zu wenige mit einer Zulassung zur

vertragsärztlichen Versorgung (Vertragsärzte), um den Bedarf an psychotherapeutischen

Behandlungen für Kinder und Jugendliche abzudecken.227 Um dieses Defizit auszugleichen

können auch heilpädagogische Therapien oder Ergo-Therapien zur Behandlung von ADHS

eingesetzt werden, da diese ebenfalls verhaltenstherapeutische Elemente beinhalten.228

Dies ist insbesondere dann angebracht, wenn die Teilhabebeeinträchtigung im

Vordergrund steht, da dann besonders auf die Integration des Kindes in die Gesellschaft

Wert gelegt wird.229 Bei der Behandlung von ADHS und deren Folgebeeinträchtigungen

kommt es auf die Inhalte der Therapie an. Solch eine Therapie kann ebenso gut von einem

Heilpädagogen mit einer Zusatzqualifizierung durchgeführt werden.230

Da es bei den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Kinder- und

Jugendlichenpsychotherapeuten und den Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie

und -psychotherapie sehr lange Wartezeiten für Therapieplätze aber auch für Termine zur

Feststellung einer Störung231 von bis zu einem Jahr232 gibt, weichen viele Eltern auf

223 Anstatt der gesetzlichen Krankenversicherungen können auch private Krankenversicherungen

Leistungen erbringen. Diese Leistungen richten sich aber nicht nach SGB V, wie es bei den gesetzlichen Krankenversicherungen der Fall ist, sondern nach privatrechtlichen Versicherungsverträgen. Im Folgenden soll nur auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung eingegangen werden.

224 Im weiteren Text nur als Arzt bezeichnet. 225 Wie auch in anderen Landkreisen, vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und

Leistungsgewährung für junge Menschen mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 6; Anlage 29: Auszug aus dem Beschlussprotokoll des 110. Deutschen Ärztetages.

226 Vgl. Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle, Frage 4; Kölch/Wolff/Fegert, JAmt 01/2007, S. 1. 227 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4; die Zulassung der Psychotherapeuten hängt auch vom Bedarf des Bezirkes gemäß § 101 Abs. 4 und § 103 Abs. 1 SGB V ab, vgl. Fastabend/Scheider, 2004, S. 195.

228 Anlage 25: Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte e.V. 229 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 465. 230 Vgl. Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle, Frage 4. 231 Vgl. Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle, Frage 4; Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und

Leistungsgewährung für junge Menschen mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4. 232 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 08.01.2003, JAmt 02/2003, S. 73 (73).

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Heilpädagogen und nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene

Psychotherapeuten aus. Viele Eltern haben eine Abneigung davor, ihr Kind von einem

Psychiater (Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie) behandeln

zu lassen, da die Behandlung durch einen Psychiater in der Gesellschaft fälschlicherweise

ausschließlich in Verbindung mit schwer gestörten Personen gebracht wird. Dazu möchten

sie ihr Kind nicht zählen.233

Auch wenn der Gesetzgeber die Interessenkollision durch die Trennung von Diagnostikern

und Therapeuten (§ 35a Abs. 1a S. 4 SGB VIII) vermeiden wollte, wird doch ein

Heilpädagoge, der die Begutachtung durchführt, den Eltern eine heilpädagogische

Therapie anstelle einer Psychotherapie zur Behandlung der Störung und deren

Begleitstörungen empfehlen.234

Die Behandlungsform und durch wen die Behandlung durchgeführt wird, ist für die Klärung

der Frage der Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung oder den

Träger der öffentlichen Jugendhilfe bedeutend. Näheres hierzu in Kapitel 9.3.1. und 9.3.2.

9.2.2 Einbeziehung des Gesundheitsamtes

Im Jugendamt des Landkreises Esslingen und auch bei anderen Jugendämtern wird das

Gesundheitsamt in die Begutachtung, ob eine seelische Behinderung vorliegt, in

unterschiedlicher Weise einbezogen.235 Das interne Verfahren des Jugendamtes beinhaltet

eine zusätzliche Begutachtung durch einen Amtsarzt des Gesundheitsamtes. Diese

Begutachtung kann in Form einer eigenen erstellten Diagnose oder aber nur aufgrund der

Stellungnahme des Arztes oder Psychotherapeuten erfolgen.236 Als Grund für die

Einschaltung des Gesundheitsamtes wird die Prüfung der Plausibilität der Stellungnahme

des Arztes oder Psychotherapeuten genannt.237 Hierbei stellt sich die Frage, ob es für die

Einbeziehung eines Amtsarztes eine gesetzliche Ermächtigung gibt.

Im neu eingefügten Abs. 1a des § 35a SGB VIII wird genau geregelt, wer eine Abweichung

der seelischen Gesundheit feststellen darf und auch in § 35a Abs. 1 SGB VIII ist die

Trennung der Feststellung einer Abweichung von der seelischen Gesundheit und der

233 Vgl. Wender, 2002, S. 196. 234 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4. 235 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4; Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4; Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 180.

236 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4; Anlage 6: Formblatt J. 237 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4 und 7.

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Teilhabebeeinträchtigung genau geregelt.238 Weiter befindet sich in § 35a SGB VIII keine

Erwähnung eines Amtsarztes.239 Unter dem Begriff „fachlicher Erkenntnis“ in § 35a Abs. 1

S. 2 SGB VIII wird in der Fachliteratur eine Begutachtung durch einen Sozialpädagogen

oder Sozialarbeiter verstanden.240 Es könnte dennoch sein, dass der Amtsarzt unter Nr. 3

des Abs. 1a fällt,241 ein Arzt also, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet

seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt, denn Amtsärzte erhalten eine

Schulung zur ICD-10.242 In der Literatur wird hingegen angemerkt, dass die Fachärzte auf

dem Gebiet der seelischen Behinderung von Kindern und Jugendlichen den Jugendämtern

in der Regel nicht zur Verfügung stehen, weshalb Amtsärzte nicht den Vorgaben des § 35a

Abs. 1a SGB VIII entsprechen.243 Selbst wenn die Amtsärzte hinzu gezählt würden, bleibt

ungeklärt, ob die zusätzliche Einbindung des Gesundheitsamtes in das

Feststellungsverfahren gerechtfertigt ist.

In § 35a SGB VIII befindet sich kein Hinweis darauf, dass die Stellungnahme von Ärzten

oder Psychotherapeuten, welche nach Abs. 1a Spezialisten auf dem Gebiet der Kinder-

und Jugendmedizin sind, angezweifelt werden soll.244 Der Gesetzgeber hat durch den neu

eingefügten Abs. 1a S. 4 in § 35a SGB VIII eine Trennung von Diagnostiker und Therapeut

geregelt, da es in der Vergangenheit zu fragwürdigen Gutachten kam.245 Dabei hat der

Gesetzgeber aber nicht die Kontrolle der fachärztlichen Stellungnahmen gefordert.246 Auf

der anderen Seite muss dem Jugendamt eine gewisse Kontrolle verbleiben.247

Durch die nochmalige Begutachtung werden die Gutachten der Fachärzte für Kinder- und

Jugendpsychotherapie und der Psychotherapeuten in einzelnen Fällen angezweifelt248 und

auch von Seiten der Eltern besteht oftmals ein Unverständnis249, da schon ein Gutachten

eines Facharztes vorliegt und die nochmalige Begutachtung, durch die knappen

238 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 36. 239 Vgl. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 180. 240 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 351; Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 558; Kunkel, JAmt

01/2007, S. 18. 241 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 464; a. A. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 180. 242 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4. 243 Vgl. Meysen, JAmt 04/2008, S. IV; Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 180; a. A.

Münder u. a., 2006, S. 464. 244 Vgl. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 180. 245 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 36; Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 179. 246 Die ärztliche Begutachtung zur Feststellung einer Behinderung durch das Gesundheitsamt wie früher in §

39 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i. V. m. § 2 Abs. 1 SGB IX wird nicht mehr gefordert, vgl. Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 2002, S. 364; Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 180.

247 Vgl. Fegert in: Fegert/Schrapper, 2004, S. 216. 248 Vgl. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 179. 249 Vgl. Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle, Frage 2.

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Ressourcen des Gesundheitsamtes, viel Zeit in Anspruch nimmt.250 Somit vergeht viel Zeit,

bis das Kind oder der Jugendliche, vertreten durch seine Eltern, eine Bewilligung oder

Ablehnung des Antrages erhält.251 Um diese unnötige Verzögerung bis zur

Antragsbewilligung oder -ablehnung zu umgehen, ohne dem Jugendamt seine

Steuerungsverantwortung abzuerkennen, könnte die Stellungnahme durch eine

Einrichtung erfolgen, die auf dem Gebiet der seelischen Behinderung besondere

Kenntnisse hat und die vom Jugendamt anerkannt ist, aber nicht eine Einrichtung des

Landratsamtes ist. In Frage kämen beispielsweise Sozialpädiatrische Zentren (SPZ).252

Dadurch würde die nochmalige Begutachtung durch einen Amtsarzt des

Gesundheitsamtes entfallen. Da aber viele Eltern beim Bemerken der Störung an ihrem

Kind zuerst einen Arzt konsultieren, anstelle sich beim Jugendamt über spezielle

Leistungsvoraussetzungen zu informieren, wird eine nochmalige Begutachtung durch das

SPZ notwendig sein.253

9.2.3 Übernahme der Kosten für das Gutachten

Gemäß § 35a Abs. 1a SGB VIII hat das Jugendamt die Pflicht, eine Stellungnahme von

einem Arzt oder Psychotherapeuten einzuholen. Hierbei stellt sich die Frage, wer die

daraus entstehenden Kosten trägt.

Alle Personen, die krankenversichert sind, haben Anspruch auf Leistungen nach SGB V.

Hierzu gehört auch die Diagnostik beziehungsweise Ausschlussdiagnostik einer

psychischen Krankheit nach der ICD-10 (§ 301 Abs. 2 S. 1 SGB V), da diese

Voraussetzung für die weitere Behandlung/Therapie ist.254 Wenn das Kind oder der

Jugendliche, vertreten durch seine Eltern, vor Beantragung der Eingliederungshilfe für

seelisch behinderte Kinder und Jugendliche beim Jugendamt eine Begutachtung durch

einen Arzt oder Psychotherapeuten durchführen lässt, wird die Krankenversicherung die

Kosten für die Diagnostik übernehmen, da zwischen dem Arzt oder Psychotherapeuten

und dem Patienten/Krankenversicherten ein Behandlungsvertrag zustande gekommen

ist.255 Wird jedoch vom Jugendamt ein Arzt oder Psychotherapeut nach Antragstellung

250 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 14; Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle, Frage 3. 251 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4. 252 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4. 253 Vgl. Anlage 13: Interview mit einer Mutter, deren Kind ADHS hat, Frage 3; Anlage 14: Ausgefüllter

Fragebogen durch Herr Mandel, Frage 2; Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4. 254 Vgl. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 181. 255 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 465; Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4.

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durch die Eltern beauftragt eine Stellungnahme über die Voraussetzungen des § 35a Abs.

1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII zu verfassen, so kommt es darauf an, ob es sich lediglich um einen

Arztbericht bzw. eine Dokumentation, die an das Jugendamt gesendet wird, oder um eine

Stellungnahme nach einem bestimmten Muster oder mit Beantwortung von bestimmten,

vorgegebenen Fragen handelt.256

Die Kosten für den Arztbericht beziehungsweise für die Dokumentation sollten von der

Krankenversicherung übernommen werden, da dies, wie bereits erwähnt, zur

Behandlung/Therapie gehört.257 Handelt es sich aber um eine besondere Stellungnahme,

so sollten zwischen dem Jugendamt als Auftraggeber und dem Arzt oder

Psychotherapeuten Vereinbarungen getroffen werden, da diese Art von Stellungnahme

momentan nicht zum Leistungskatalog der Krankenversicherung gehört.258 Als Grundlage

für eine solche Vereinbarung könnte das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz

(JVEG)259 mit dem dort angegebenen Honorarsatz für „einfache gutachterliche

Beurteilungen“ gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 i. V m. § 9 Abs. 1 i. V. m. Anlage 1260 JVEG in Höhe

von 50 Euro pro Stunde herangezogen werden.261

Da auf Grundlage dieser Stellungnahme die weitere Feststellung der

Teilhabebeeinträchtigung durch eine Fachkraft des Jugendamtes durchgeführt wird, wäre

es lohnenswert, eine ausführliche Stellungnahme eines Arztes oder Psychotherapeuten

anzufordern und dafür die zusätzlichen Kosten zu übernehmen, zumal die

Krankenversicherung nur die Kosten für einen Arztbericht übernehmen wird, der von einem

zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt oder Psychotherapeuten erstellt

worden ist.

9.2.4 Aufstellung eines Hilfeplans

Im Landkreis Esslingen wird bei ambulanten Maßnahmen kein Hilfeplan aufgestellt.262 Es

wird davon ausgegangen, dass die Eltern genaue Vorstellungen über die Hilfemaßnahme

haben.263 Fraglich ist hierbei, ob die gesetzliche „Soll-Vorschrift“ zur Erstellung von

256 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 465; DIJuF-Rechtsgutachten vom 09.01.2006, JAmt 02/2006, S. 85 (85). 257 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 554; Münder u. a., 2006, S. 465. 258 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 465; DIJuF-Rechtsgutachten vom 09.01.2006, JAmt 02/2006, S. 85 (85). 259 Vollständiger Titel: Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern,

Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten.

260 Honorargruppe M1 für medizinische und psychologische Gutachten. 261 Vgl. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 181. 262 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 5. 263 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 5.

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Hilfeplänen nach § 36 Abs. 2 SGB VIII im Fall von ambulanten Hilfen, die in den meisten

Fällen für ein Jahr gewährt werden, umgangen werden kann.

Laut Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes handelt es sich bei der Erstellung

eines Hilfeplans um keine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, da es sich um eine

„Soll-Vorschrift“ handelt.264 Für die Rechtmäßigkeit einer Gewährung einer

Eingliederungshilfe ist es wichtig, dass die Notwendigkeit und Eignung der Hilfemaßnahme

auch ohne die Erstellung eines schriftlichen Hilfeplans ersichtlich wird.265

Ein Hilfeplan soll bei Eingliederungshilfen, die „voraussichtlich für längere Zeit zu leisten“

sind, laut § 36 Abs. 2 S. 1 SGB VIII aufgestellt werden.266 Zu untersuchen ist hierbei,

welche Zeitdauer bei dem unbestimmten Rechtsbegriff „für längere Zeit“ zu verstehen ist.

In der Literatur findet sich einerseits die Auffassung, dass bei einem voraussichtlichen

Hilfebedarf von mehr als sechs Monaten ein Hilfeplan aufzustellen ist.267 Anderer Meinung

zufolge, kann keine genaue Zeitangabe vorgegeben werden, da die einzelnen Hilfen nach

§§ 27 ff. SGB VIII268 und § 35a SGB VIII unterschiedliche Intensitäten und Qualitäten

aufweisen.269 Somit sollten Zeitangaben speziell auf die einzelnen Hilfen zugeschnitten

werden.270 Bei Eingliederungshilfe in Form der Fremdunterbringung ist regelmäßig eine

Aufstellung eines Hilfeplans angebracht, da die Fremdunterbringung eine große Belastung

für Kind und Eltern darstellt.271

Um alle Beteiligten an einen runden Tisch zu bekommen, vergeht erfahrungsgemäß eine

gewisse Zeit. Dadurch bedingt kann oft die Zeitvorgabe von zwei Wochen des § 14 Abs. 2

S. 4 SGB IX nicht eingehalten werden. Andererseits möchte man das Verfahren so zügig

wie möglich durchführen, um schnell mit der Hilfeleistung für das seelisch behinderte oder

von solch einer Behinderung bedrohte Kind zu beginnen.

Weiter stellt sich die Frage, wie ein Hilfeplan ausgestaltet werden sollte. Laut

Rechtsprechung ist es ausreichend, wenn das Ergebnis, also welche Hilfe geeignet und

notwendig ist, aus einem „kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozess“

hervorgeht.272 Dabei sollen die Eltern und das Kind oder der Jugendliche mitwirken.273 Die

264 Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, BVErwGE 109, 155 (166-167). 265 Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, BVErwGE 109, 155 (167). 266 Näheres siehe hierzu Kapitel 4.1.4.1. 267 Vgl. Kunkel, JAmt 01/2007, S. 19; Münder u. a., 2006, S. 492. 268 § 36 SGB VIII ist eine gemeinsame Vorschrift für die Hilfen zur Erziehung und die Eingliederungshilfe für

seelisch behinderte Kinder und Jugendliche. 269 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 490; Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 632. 270 Vgl. Wiesner in: Wiesner, 2006, S. 633. 271 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 490. 272 Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, BVErwGE 109, 155 (167).

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Mitwirkung wäre dadurch gegeben, dass die Eltern bei Antragsstellung die Hilfeform, die

sie sich vorstellen, im Antragsformular ankreuzen können.274 Bei Unklarheiten wird bei den

Eltern durch das Jugendamt nachgefragt.275

Eine höhere Akzeptanz der Bescheide, auch wenn die bewilligte Maßnahme von der

ursprünglich gewünschten abweicht, wird durch das aktive Einbeziehen der Eltern erreicht,

zumal für die Eltern das Vorgehen des Jugendamtes transparenter wird. Die Eltern und

das Jugendamt würden gemeinsam entscheiden, die Meinung der Eltern würde

berücksichtigt werden276 und offene Fragen könnten vor Ort von Fachleuten beantwortet

werden. Es kann auch Eltern geben, die nicht konkret wissen, welche Hilfe für ihr Kind die

richtige ist und allgemein beim Jugendamt nach einer Hilfe fragen.277

Gemäß § 36 Abs. 3 S. 1 SGB VIII soll bei Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII der

Facharzt, der die Stellungnahme abgegeben hat, bei der Aufstellung und Änderung des

Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe beteiligt werden. Wie die Beteiligung des

Arztes oder Psychotherapeuten konkret umgesetzt werden muss, wird im Gesetz offen

gelassen. Für die Beteiligung kann somit ausreichend sein, dass der Facharzt in seiner

schriftlichen Stellungnahme eine „Empfehlung zur Art der Hilfe und zur Ausgestaltung der jeweiligen Leistungen abgibt“ oder aber persönlich an dem Hilfeplangespräch teilnimmt.278

Des Weiteren wäre vorstellbar, dass der Arzt oder Psychotherapeut in seiner

Stellungnahme angibt, ob er eine persönliche Beteiligung für notwendig hält und daraufhin

die Teilnahme des Arztes oder Psychotherapeuten erfolgt.279

Die Erstellung des Hilfeplans ist keine gesetzliche „Muss-Voraussetzung“ für die

rechtmäßige Gewährung einer Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und

Jugendliche. Der Hilfeplan kann jedoch zu einer besseren Verständigung zwischen

Jugendamt, Eltern und der Einrichtung, die die Eingliederungshilfe durchführt, beitragen

und im Falle einer Gerichtsverhandlung zur einfacheren Überprüfung des Hilfeverfahrens

dienen.

273 Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, BVErwGE 109, 155 (167). 274 Vgl. Anlage 5: Antrag auf Eingliederungshilfe. 275 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4. 276 Vgl. Anlage 13: Interview mit einer Mutter, deren Kind ADHS hat, Frage 7 und 9. 277 Vgl. Anlage 13: Interview mit einer Mutter, deren Kind ADHS hat, Frage 6. 278 Vgl. Baving/Späth, Sozialmagazin 5/2005, S. 37. 279 Vgl. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 186.

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9.2.5 Trennung von Diagnostik und Therapie

Seit Inkrafttreten des KICK sollte eine Trennung zwischen dem Arzt oder

Psychotherapeuten, der die Stellungnahme gemäß § 35a Abs. 1a S. 1 SGB VIII erstellt

und dem Arzt oder Psychotherapeuten, der nach Antragsgenehmigung die Therapie

durchführt (§ 35a Abs. 1a S. 4 SGB VIII), erfolgen.

Der Gesetzgeber möchte durch die Trennung von Diagnostikern und Leistungserbringern

eine Interessenkollision vermeiden.280 Doch bedeutet dies für das Kind und dessen Eltern

zu einem weiteren Arzt oder Psychotherapeuten Vertrauen aufbauen zu müssen.

Anamnese und Diagnostik sind stets mit emotionalem Stress für die ganze Familie

verbunden. Das Kind und die Eltern haben bis zur Feststellung der psychischen Störungen

in den meisten Fällen schon mehrere Ärzte besucht, bis die richtige Diagnose gestellt

worden ist.281 Die Teilhabebeeinträchtigung bedeutet für die Familie eine zusätzlich

Belastung, da beispielsweise Probleme im sozialen Bereich, der Schule oder im

Kindergarten als komorbide Störung zu ADHS auftreten können.

Außer der Untersuchung des Arztes oder Psychotherapeuten kommt in manchen Fällen

ein Termin beim Gesundheitsamt oder/und bei einer Teilleistungsstörung ein Test an der

Schule dazu.282 Hinzu kommt, dass die Untersuchung beim Arzt oder Psychotherapeuten,

der die Stellungnahme erstellt, in den meisten Fällen nicht nach einem Termin

abgeschlossen ist. Zur kinder- und jugendpsychiatrischen Diagnostik gehört unter anderem

eine Intelligenzdiagnostik, beispielsweise zur Klärung, ob eine geistige Behinderung

vorliegt, eine ausführliche Exploration, eine Anamnese und eine Erhebung des

psychopathologischen Befunds.283 Dies benötigt Zeit und ist für einige Kinder eine

Belastung, da sie stark mit ihrer Störung konfrontiert werden.284

9.3 Konflikte des Jugendamtes mit anderen Leistungsträgern

Da es auf dem Gebiet der Hilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche mehrere

Leistungsträger sowie Leistungen durch die Schule gibt, kann es zu

Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den einzelnen Leistungsträgern und der Schule

kommen, zumal es auch bei den Rehabilitationsleistungen Überschneidungen gibt. Im

280 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 36. 281 Vgl. Anlage 13: Interview mit einer Mutter, deren Kind ADHS hat, Frage 8. 282 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4; Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 4. 283 Vgl. Fegert/Roosen-Runge/Thoms u. a., JAmt 04/2008, S. 181. 284 Vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik, Frage 10.

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Folgenden soll nun speziell auf die Konflikte bei Leistungen für Kinder und Jugendliche mit

ADHS eingegangen werden.

9.3.1 Gesetzliche Krankenversicherung

Der allgemeine Nachrang gemäß § 10 Abs. 1 SGB VIII, der die Leistungen der Jugendhilfe

gegenüber den Leistungen der Sozialleistungsträger regelt, gilt auch gegenüber der

Krankenversicherung, wenn durch diese bereits der behinderungsbedingte oder

krankheitsbedingte Bedarf gedeckt wurde.285 Im Falle der Krankenversicherungen bedeutet

dies, dass eine behandlungsbedürftige Krankheit nach SGB V vorliegen muss, um eine

Leistungsverpflichtung entstehen zu lassen.286 Dies ist regelmäßig der Fall, wenn eine

Störung nach der ICD-10 vorliegt,287 da unter Krankheit ein regelwidriger körperlicher oder

geistiger Zustand, der entweder eine Heilbehandlung notwendig macht und/oder zu einer

Arbeitsunfähigkeit führt, zu verstehen ist.288 Bei der Feststellung einer Abweichung der

seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand wird als Diagnosegrundlage die ICD-

10 (§ 35a Abs. 1a S. 2 SGB VIII) verwendet.289 Dies bedeutet, dass die erste

Voraussetzung einer seelischen Behinderung, die Abweichung der seelischen Gesundheit

vom alterstypischen Zustand, mit dem Begriff der Krankheit nach SGB V gleichzusetzen

ist.290

Weitere Voraussetzung ist, wenn eine behandlungsbedürfte Krankheit vorliegt, dass die

Behandlung durch einen Vertragsarzt durchgeführt wird (§ 76 Abs. 1 S. 1 SGB V). Ein

Ablehnungsgrund des Antrages auf Psychotherapie für die Krankenkassen liegt vor,291

wenn die Behandlung durch einen Nichtvertragsarzt, also ein Arzt der nicht zur

vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, erfolgen soll (§ 76 Abs. 1 S. 1 SGB V). Nur

in Notfällen dürfen Nichtvertragsärzte in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs. 1 S. 2

SGB V). Ein solcher Notfall würde beispielsweise vorliegen, wenn heftige Schmerzen

vorhanden wären und ein Vertragsarzt nicht rechtzeitig herbeigerufen oder aufgesucht

werden kann.292 Ein Notfall liegt bei einem Kind mit seelischer Behinderung nicht vor.

285 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 354. 286 Vgl. VG Dessau, Urteil vom 23.01.2001, ZfJ 11/2002, S. 441 (446); Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII,

2006, S. 354. 287 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 452. 288 Vgl. Dalichau/Grüner, 2008, § 27 S. 48. 289 Siehe Kapitel 2.2.1. 290 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 465. 291 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 3. 292 Vgl. Fastabend/Schneider, 2004, S. 86 – 87.

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Wie bereits dargestellt, ist für die Behandlung von Kindern mit ADHS (ICD-10 F90,-) und

deren Begleitstörungen eine Psychotherapie in Form der Verhaltenstherapie, die zum

multimodalen Behandlungskonzept gehört, in den meisten Fällen vorrangig geeignet.293

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist die Psychotherapie294,

welche zur Krankenbehandlung von Versicherten gehört, eine Leistung der gesetzlichen

Krankenversicherung. Somit wäre vorrangig gemäß § 10 Abs. 1 SGB VIII die

Krankenversicherung leistungspflichtig.

Wenn nur eine Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand ohne

eine Teilhabebeeinträchtigung nach § 35a Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII vorliegen würde, und

somit keine seelische Behinderung im Sinne von § 35a SGB VIII gegeben ist, ist die

gesetzliche Krankenversicherung ausschließlich zuständig.295

Für die Durchführung einer Psychotherapie gibt es vom Gemeinsamen

Bundesausschuss296 eine Psychotherapie-Richtlinie.297 Hierin werden heilpädagogische

Therapien aber auch heilpädagogische Therapien unter verhaltenstherapeutischen

Prämissen als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen (§ 1

Abs. 2 Psychotherapie-Richtlinie).298 Die Psychotherapie in Form der Verhaltenstherapie ist

im Leistungskatalog der Krankenversicherung erfasst (§ 13 i. V. m. § 15 Psychotherapie-

Richtlinie).

Da es aber zu wenig Ärzte und Psychotherapeuten für den Fachbereich der Kinder und

Jugendpsychotherapie gibt, die Verhaltenstherapien durchführen, und dadurch lange

Wartezeiten entstehen, weichen manche Eltern auf eine heilpädagogische Therapie aus,

die von der Jugendhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe gewährt wird, aber nicht im

Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten ist.299

Nachdem von den Eltern ein Antrag auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII in Form

einer heilpädagogischen Therapie im Fall von ADHS beim Landkreis Esslingen gestellt 293 Vgl. Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle, Frage 4. 294 Psychotherapie kann von der gesetzlichen Krankenkasse auch als medizinische Rehabilitationsleistung

gemäß § 11 Abs. 2 i. V. m. § 40 Abs. 1 SGB V (i. V. m. § 26 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX) erbracht werden. Die ambulante Krankenbehandlung ist aber vorrangig (§ 40 Abs. 1 S. 1 SGB V) gegenüber Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

295 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 354. 296 Früher hieß der Gemeinsame Bundesausschuss „Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen“. 297 Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie

(Psychotherapie-Richtlinie) vom 17.07.2008 in der Fassung vom 16.10.2008, in Kraft getreten am 17.01.2009, BAnz 2009 Nr. 8, S. 212.

298 Auch im Fall einer heilpädagogischen Therapie könnte die Krankenversicherung zuständig sein, wenn es sich um eine medizinische Rehabilitation handelt. Hierzu näheres in Kapitel 9.3.2.

299 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 3 und 4.

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wurde, fordert das Jugendamt die Eltern auf bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf

Kostenübernahme einer Verhaltenstherapie zu stellen. Die Eltern sollen bei drei zur

vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten und Psychotherapeuten für den

Fachbereich Kinder- und Jugendpsychotherapie anfragen, ob ein Verhaltenstherapieplatz

für ihr Kind in einem angemessenen Zeitrahmen zur Verfügung steht.300 Hierdurch soll die

vorrangige Zuständigkeit der Krankenversicherung gemäß § 10 Abs. 1 SGB VIII nicht

durch eine heilpädagogische Therapie umgangen werden.

Viele Eltern fragen bei den Krankenversicherungen aber nicht nach Psychotherapien,

sondern nach heilpädagogischen Behandlungen, da diese Therapieform vom

Therapeuten, der die Stellungnahme erstellt hat, empfohlen wurde.301 Oft besteht

Unverständnis darüber, weshalb zusätzlich zum Antrag bei der Jugendhilfe ein Antrag bei

der Krankenversicherung gestellt werden soll.302 Die Eltern haben die Pflicht, ihre

vorrangigen Ansprüche gegenüber ihrer Krankenversicherung geltend zu machen.303 Wenn

die Möglichkeit besteht die Therapie durch einen Arzt oder Psychotherapeuten

durchführen zu lassen, der eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung hat, muss

diese Leistung auch vorrangig in Anspruch genommen werden.304

Wenn die Behandlung des Kindes nicht durch die vorherigen Anfragen bei Ärzten und

Psychotherapeuten verzögert werden darf, kann durch einen Kinderarzt eine

Dringlichkeitsbescheinigung ausgestellt werden. Wenn solch eine

Dringlichkeitsbescheinigung vorliegt oder die Krankenversicherung nicht reagiert, tritt das

Jugendamt des Landkreises Esslingen in Vorleistung.305

Einerseits regelt § 10 Abs. 1 SGB VIII zwar den Nachrang der Jugendhilfe, die Vorschrift

bietet jedoch kein Leistungsverweigerungsrecht und die Jugendhilfe muss bei tatsächlicher

Nichtleistung der Krankenversicherung eintreten.

Fraglich ist dabei, ob für die Jugendhilfe die Möglichkeit besteht, den Antrag gemäß § 14

Abs. 1 S. 2 SGB IX bei Unzuständigkeit an die Krankenversicherung weiterzuleiten.

Voraussetzung hierfür wäre, dass beide Rehabilitationsträger sind und die Jugendhilfe

300 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4; Anlage 15: Infoschreiben des Landkreises Esslingen an Eltern. 301 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4. 302 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 4. 303 Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 19.02.2008, JAmt 04/2008, S. 221 (222). 304 Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 19.02.2008, JAmt 04/2008, S. 221 (222). 305 Vgl. Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen

mit der Diagnose ADS/ADHS, Nr. 3.

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nicht nachrangig zuständig ist. Eine Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen

Therapie für Kinder oder Jugendliche mit ADHS kann eine medizinische

Rehabilitationsmaßnahme sein, wofür die Jugendhilfe Rehabilitationsträger ist oder eine

Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII), wofür der

Jugendhilfeträger nicht Rehabilitationsträger ist.306 Bei Psychotherapie als Leistung der

Krankenversicherung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist die

Krankenversicherung nicht medizinischer Rehabilitationsträger. Somit greift § 14 SGB IX

zur Weiterleitung nicht, zumal die Jugendhilfe bei Eingliederungshilfemaßnahmen

regelmäßig nachrangig zuständig ist.

Hinzu kommt, dass zwar in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und

Jugendpsychiatrie und -psychotherapie eine Psychotherapie in Form einer

Verhaltenstherapie empfohlen wird,307 dies aber nur eine Empfehlung darstellt. Für ADHS

gibt es eben nicht ausschließlich diese eine Therapie und somit kann das Jugendamt,

wenn zusätzlich zu ADHS eine Teilhabebeeinträchtigung und dadurch eine seelische

Behinderung vorliegt, nicht in jedem Fall von ADHS von einer Verhaltenstherapie

ausgehen, zumal keine ausreichenden Kapazitäten hierfür vorhanden sind.

9.3.2 Gesetzliche Krankenversicherung als medizinischer Rehabilitationsträger

Die ambulante Eingliederungshilfe in Form der heilpädagogischen Therapie für

schulpflichtige Kinder mit ADHS kann sowohl eine Leistung zur medizinischen

Rehabilitation (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB IX) als auch eine Hilfe zur

angemessenen Schulbildung (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII) sein. Die Abgrenzung

zwischen medizinischer Rehabilitation als Eingliederungshilfemaßnahme und die

allgemeine soziale Eingliederung ist schwierig und kann daher in manchen Fällen nicht

eindeutig festgestellt werden.308

Wenn es sich um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation handelt, kann sowohl die

Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung oder aber vom Träger der öffentlichen

Jugendhilfe erbracht werden, da beide medizinische Rehabilitationsträger (siehe Kapitel

8.1) sind. Somit ergibt sich eine Überschneidung der Leistung zur medizinischen

Rehabilitation zwischen der Jugendhilfe und der Krankenversicherung.309 Durch § 10 Abs.

1 SGB VIII soll im Fall von identischen Leistungen die Jugendhilfe nachrangig gegenüber 306 BVerwG, Urteil vom 11.08.2005, ZKJ 06/2006, S. 301 (303). 307 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie u. a., 2007, S. 245. 308 Vgl. Jans/Happe/Saubier/Maas, 2003, § 35a S. 73 – 74; Dalichau/Grüner, 2008, § 40 S. 7. 309 Vgl. Schwengers, 2007, S. 151.

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Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sein.310 Der Jugendhilfeträger ist

leistungsverpflichtet, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher nicht krankenversichert ist,311

sowie wenn die Leistungen der Krankenversicherung zu spät, nicht ausreichend oder gar

nicht erbracht werden.312 Die Jugendhilfe tritt also als „Ausfallbürge“ ein.

Fraglich ist, ob die heilpädagogische Therapie tatsächlich eine Leistung der gesetzlichen

Krankenversicherung zur medizinischen Rehabilitation ist.

Das Gesetz der gesetzlichen Krankenversicherung bietet nach (§ 11 Abs. 2 i. V. m.) § 27

Abs. 1 S. 1 Nr. 6 i. V. m. § 40 SGB V bzw. i. V. m. § 43 SGB V für Versicherte eine

Anspruchsgrundlage für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende

Leistungen.313 Die medizinischen und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation sind

strukturell-formal eigenständige Leistungen und diese Leistungen sind unabhängig

gegenüber den Leistungsarten in § 11 Abs. 1 SGB V.314 Die allgemeinen

Krankenbehandlungs-Grundsätze werden dennoch nicht ausgeschlossen (§ 27 Abs. 1 S. 1

Nr. 6 SGB V).315

Der Versicherte hat Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf

andere ergänzende Leistungen, die aus medizinischen Gründen notwendig sind, um eine

Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre

Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 11 Abs. 2 S. 1 SGB V).316

Grundvoraussetzung ist demnach das Vorliegen einer Behinderung. Eine Behinderung

liegt dann vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit

mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter

typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 S. 1 SGB XI).317 Dies entspricht dem Behinderungsbegriff

nach § 35a Abs. 1 SGB VIII für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche.

310 Vgl. Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 151; Mrozynski sieht die medizinische Rehabilitation bei Behinderung

und Pflegebedürftigkeit nach § 26 SGB IX als Aufgabe von Krankenversicherung und Rentenversicherung an, da die Leistungsziele in § 26 Abs. 1 SGB IX mit denen in § 11 Abs. 2 SGB V und §§ 9, 10 SGB VI relativ übereinstimmen, vgl. Mrozynski, 2002, S. 285.

311 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 12.04.2006, JAmt 05/2006, S. 241 (242). 312 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 08.01.2003, JAmt 02/2003, S. 73 (74). 313 Vgl. Schwengers, 2007, S. 152. 314 Die Erwähnung der medizinischen Rehabilitation in § 27 Abs. 1 Nr. 6 SGB V hat keine Auswirkung auf

die Unabhängigkeit dieser Leistungen, vgl. Fastabend/Schneider, 2004, S. 285; Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, 2008, § 11 S. 5; Dalichau/Grüner, 2008, § 40 S. 6; a. A. Kunkel, JAmt 07/2003, S. 329.

315 Vgl. Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, 2008; § 11 S. 5. 316 Vgl. Fastabend/Schneider, 2004, S. 258. 317 Das SGB V hat keine eigene Definition von Behinderung, daher ist auf § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX

zurückzugreifen (§ 7 SGB IX – Vorbehalt abweichender Regelungen), vgl. Fastabend/Schneider, 2004, S. 258 – 259.

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Weitere Voraussetzungen sind gemäß § 7 der Richtlinien des Gemeinsamen

Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Rehabilitations-

Richtlinie) eine Rehabilitationsbedürftigkeit, eine Rehabilitationsfähigkeit und eine positive

Rehabilitationsprognose.318 Außerdem muss die Rehabilitationsmaßnahme aus

medizinischen Gründen erforderlich sein,319 was bedeutet, dass keine sozialen oder

beruflichen Gründe vorliegen dürfen. Ziel der medizinischen Rehabilitation ist somit nicht

die soziale oder berufliche Eingliederung des Menschen, sondern die in § 11 Abs. 2 S. 1

SGB V genannten Ziele.320

Die Leistungen zur ambulanten und stationären medizinischen Rehabilitation befinden sich

in § 40 Abs. 1 und 2 SGB V,321 die ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation sind in § 43

SGB V aufgeführt.322 In diesen sind aber keine genauen Angaben zur Ausgestaltung der

Hilfeleistungen genannt.323 In den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über

die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-

Richtlinien)324 und der Psychotherapie-Richtlinie325 befinden sich Formen der Leistungen. In

diesen Richtlinien werden heilpädagogische Maßnahmen ausgeschlossen (§ 1 Abs. 2

Psychotherapie-Richtlinie, Abschnitt II Grundsätze der Heilmittelverordnung 16.3 (S. 8)

Heilmittel-Richtlinien). Somit wäre die Krankenversicherung nicht vorrangig zuständig, da

sie heilpädagogische Leistungen nicht durch § 40 SGB V abdeckt. Es ist zu klären, ob die

Leistungen in § 26 SGB IX ergänzend zu denen des § 40 Abs. 1 und 2 SGB V gelten und

wie die ergänzenden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 43 SGB V)

einzubeziehen sind.

§ 7 SGB IX regelt den Vorbehalt abweichender Regelungen in den jeweiligen

„Hausgesetzen“ der Rehabilitationsträger. § 7 S. 2 SGB IX bestimmt, dass die

Zuständigkeit der Leistungsträger und die Voraussetzungen der Leistungsgewährung sich

nach den Vorschriften der einzelnen „Hausgesetze“ richtet. „Im Übrigen, also insbesondere 318 Rehabilitations-Richtlinie vom 16.03.2004 in der Fassung vom 20.12.2007, in Kraft getreten am

20.03.2008, BAnz 2008, S. 999 – 1000. Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses haben den Charakter einer untergesetzlichen Norm und sind daher verbindlich für gesetzliche Krankenversichungen, Versicherte, behandelnde Ärzte und andere Leistungsträger sowie für die Sozialgerichte, vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 12.04.2006, JAmt 05/2006, S. 241 (242).

319 Vgl. Dalichau/Grüner, 2008, § 40 S. 50. 320 Vgl. Dalichau/Grüner, 2008, § 40 S. 11 und S. 50. 321 Zusätzlich gibt es noch § 41 SGB V, der medizinische Rehabilitation für Mütter und Väter regelt. 322 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 12.04.2006, JAmt 05/2006, 241 (242). 323 Vgl. Schwengers, 2007, S. 161. 324 Heilmittel-Richtlinien vom 16.03.2004 in der Fassung vom 21.12.2004, in Kraft getreten am 02.04.2005,

BAnz 2005, S. 4995. 325 Psychotherapie-Richtlinie vom 17.07.2008 in der Fassung vom 16.10.2008, in Kraft getreten am

17.01.2009, BAnz 2009 Nr. 8, S. 212.

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in Bezug auf den Inhalt der Leistungen, kommt es aber auf die Vorschriften des SGB IX an, sofern sich nicht aus den für den jeweiligen Leistungsträger speziell geltenden Gesetzen etwas anderes ergibt (§ 7 S. 1 SGB IX).“326 Auch in § 11 Abs. 2 S. 2 SGB V

steht, dass Rehabilitationsleistungen unter Beachtung des SGB IX erbracht werden, soweit

das SGB V nichts anderes bestimmt. Somit werden die Vorschriften des SGB V zur

medizinischen Rehabilitation durch die Vorschrift des § 26 SGB IX ergänzt,327 soweit das

materielle Recht im SGB V nicht im Gegensatz dazu steht.328

Andere Stimmen in der Literatur vertreten die Meinung, dass der Leistungsumfang des

SGB V nicht durch das SGB IX erweitert wird.329 Dieser Ansicht nach sind die einzelnen

Ausführungen des § 26 SGB IX nur für die Krankenversicherung anzuwenden, wenn in

den §§ 27 ff. SGB V diese Leistungen vorgeschrieben wären. Diese Gesetzesauslegung

würde durch § 7 S. 2 SGB IX entstehen.330

§ 7 S. 2 SGB IX bezieht sich lediglich auf die Zuständigkeit für Leistungen und

Voraussetzungen von Leistungen. Der § 26 SGB IX regelt aber keine Zuständigkeiten oder

Voraussetzungen von Leistungen, sondern er regelt Art und Umfang von Leistungen.331 In

§ 26 SGB IX wird somit die Rechtsfolge geklärt und nicht die

Tatbestandvoraussetzungen.332 Die Anwendung des § 26 SGB IX als Ergänzung bei

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Krankenversicherung ist damit

erlaubt.

Durch § 43 SGB V können ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, die unter

Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung erforderlich sind, durch die

Krankenversicherung ganz oder teilweise erbracht oder gefördert werden, um das Ziel der

Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern. Ausgeschlossen sind Leistungen zur Teilhabe

am Arbeitsleben oder Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung (§ 43 Abs. 1 Nr.

1 SGB V).

Auch eine heilpädagogische Therapie gehört zu den Rehabilitationsleistungen der

Krankenversicherung. Das Problem hierbei ist, dass die Krankenversicherung verlangt,

dass bei einer Behandlung durch einen Heilpädagogen eine „Krankheitsbekämpfung“ im

326 Fastabend/Schneider, 2004, S. 259. 327 Vgl. DIJuF-Rechtgutachten vom 12.04.2006, JAmt 05/2006, S. 241 (242); Stähler in:

Lachwitz/Schellhorn/Welti, 2006, S. 194; Kunkel/Haas, ZKJ 03/2006, S. 151. 328 Vgl. Dalichau/Grüner, 2008, § 40 S. 39. 329 Vgl. BayLSG, Urteil vom 23.03.2006, JAmt 06-07/2006, S. 314 (316). 330 Vgl. BayLSG, Urteil vom 23.03.2006, JAmt 06-07/2006, S. 314 (316). 331 Vgl. Kunkel, JAmt 07/2003, S. 331. 332 Vgl. Kunkel, JAmt 07/2003, S. 331.

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Vordergrund steht.333 Die Therapieform muss in unmittelbarem Zusammenhang zu der

Krankheit/Behinderung stehen, da eine Therapie zum Zweck einer sozialen Eingliederung

oder zur Verbesserung schulischer beziehungsweise beruflicher Fähigkeiten nicht von der

Krankenversicherung übernommen wird (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).334 Dies ist aber, wie

bereits erwähnt, in den meisten Fällen nicht machbar. Heilpädagogische Therapien werden

in den meisten Fällen dazu durchgeführt, um dem Kind oder dem Jugendlichen die

Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Wenn Eingliederungshilfe nach §

35a SGB VIII gewährt wird, liegt eine drohende oder bestehende Teilhabebeeinträchtigung

vor. Die betroffenen Kinder oder Jugendlichen müssen wieder in die Gesellschaft integriert

werden. Eine heilpädagogische Therapie für Kinder mit ADHS kann somit nicht nur unter

medizinischen Gründen durchgeführt werden, sondern es bestehen auch Intensionen, dem

Kind oder dem Jugendlichen in sozialen Bereichen zu helfen. Aus diesen Gründen ist eine

Leistungsgewährung durch die Krankenversicherung gemäß § 43 SGB V nicht gegeben. §

26 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 SGB IX ist nicht anwendbar, da die Voraussetzung des

unmittelbaren Krankheitsbezuges auf der Tatbestandsseite nicht erfüllt ist.

Zusätzlich zu den ergänzenden Leistungen in § 43 SGB V gibt es für Kinder den § 43a

SGB V – Nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen. Demnach haben versicherte Kinder

Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen, denen auch die

heilpädagogischen Leistungen angehören, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung

erbracht werden, um eine Krankheit zu erkennen und frühestmöglich einen

Behandlungsplan aufzustellen (§ 43a SGB V). § 43a SGB V bezieht sich somit nicht auf

die Behandlung einer Krankheit/Behinderung.335 Die heilpädagogische Therapie ist deshalb

nicht als Behandlung mit einbezogen.

Auch wenn die gesetzliche Krankenversicherung Rehabilitationsträger ist, liegt der

Schwerpunkt ihrer Arbeit auf der Krankenbehandlung. Dazu kommt, dass sich die

Krankenversicherungen über Beiträge finanzieren.

Der Jugendhilfeträger ist somit in den Fällen zuständig, in denen nicht eindeutig ein

medizinischer Rehabilitationsbedarf, sondern auch ein Bedarf zur sozialen Eingliederung

333 Vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.09.2006. L 1 KR 65/04 – Juris; psychologische

oder pädagogische Leistungen müssen sich in die medizinische Leistung integrieren lassen, um eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme darzustellen, vgl. Mrozynski, 2002, S. 283.

334 Vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.09.2006. L 1 KR 65/04 – Juris. 335 Vgl. Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, 2008, § 43a S. 3; BayLSG, Urteil vom 23.03.2006, JAmt 06-07/2006,

S. 314 (316).

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besteht. Bei einer rein medizinischen Rehabilitationsmaßnahme wäre die gesetzliche

Krankenversicherung vorrangig zuständig.

9.3.3 Schule

Bei Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54

Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII ist die Jugendhilfe nur dann Leistungsträger, wenn die

vorrangige Zuständigkeit der Schule336 gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 SGB VIII nicht greift. Diese

vorrangige Zuständigkeit der Schule wird noch einmal in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. HS SGB

XII verdeutlicht.337 Gemäß § 1 Abs. 1 Schulgesetz für Baden Württemberg (SchG) hat jeder

junge Mensch das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Bildung.

Die Schule hat den Auftrag diesen Rechtsanspruch des jungen Menschen umzusetzen (§

1 Abs. 1 SchG). Auf die Förderung von behinderten Schülern wird speziell in § 15 SchG

eingegangen. Demnach ist die Förderung von behinderten Schülern nicht nur Aufgabe der

Sonderschulen, sondern auch der anderen Schularten wie Grundschule, Hauptschule,

Realschule und Gymnasium (§ 15 Abs. 4 S. 1 SchG). Diese Förderung in allgemeinen

Schulen richtet sich nach den „gegebenen Verhältnissen“ (§ 15 Abs. 4 S. 2 SchG).338 Der

unbestimmte Rechtsbegriff enthält einen Ressourcenvorbehalt. Dieser

Ressourcenvorbehalt bezieht sich auf die personellen und finanziellen Mittel sowie auf

sächliche und pädagogische Möglichkeiten, die der Schulverwaltung und dem Schulträger

zur Verfügung stehen. Die Schule kann daher für das Kind, das einen besonderen

Förderbedarf hat, an der Regelschule „nur im finanziell vertretbaren Rahmen Ressourcen“ zur Förderung dieses Kindes bereitstellen.339

Es findet somit eine Begrenzung statt und das Kind hat nur einen Anspruch auf besondere

Förderung nach den „gegebenen Verhältnissen“ der Schule.

Die Konkretisierung des SchG findet in Baden-Württemberg durch die

Verwaltungsvorschrift vom 22.08.2008 des Kultusministeriums „Kinder und Jugendliche mit

besonderem Förderbedarf und Behinderungen“340 statt. Förderbedarf kann sich bei

Schwierigkeiten im Lesen, Rechtschreiben und in der Mathematik sowie bei besonderen

336 In den Begriff „Schule“ sind die Schulverwaltung, die Stammschule (Regelschule/allgemeine Schule) und

der Schulträger (beispielsweise Gemeinden) eingeschlossen. 337 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 363; Münder u. a., 2006, S. 469. 338 Vgl. Lambert/Müller/Sutor, 2008, S. 98. 339 Vgl. Lambert/Müller/Sutor, 2008, S. 98. 340 Verwaltungsvorschrift vom 22.08.2008 des Kultusministeriums zur Änderung der Verwaltungsvorschrift

„Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und besonderem Förderbedarf“ vom 08.03.1999, abgedruckt unter: Kultusministerium, K. u. U. 14-15/2008, S. 149 – 152. Im Weiteren abgekürzt mit Verwaltungsvorschrift.

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Problemen im Verhalten und in der Aufmerksamkeit, bei chronischen Erkrankungen, bei

Behinderungen oder bei einer Hochbegabung ergeben (1. der Verwaltungsvorschrift). Die

fortlaufende Beobachtung der Lernentwicklung, Lernstandsdiagnosen, Elternberatungen,

Erstellung von Förderplänen und die Durchführung von Fördermaßnahmen sind Aufgabe

der Schule (1. der Verwaltungsvorschrift). Gemäß 2.1 der Verwaltungsvorschrift findet an

Regelschulen eine Förderung des Schülers in der Klasse statt und wenn ein weiterer

Förderbedarf besteht „können allgemeine Stütz- und Förderkurse eingerichtet werden.“ Bei

besonderem Förderbedarf kann sogar außerhalb der Regelklasse in Fördergruppen

beziehungsweise Förderklassen und in Ausnahmefällen auch Einzelunterricht

stattfinden.341 Wie auch bei Maßnahmen gemäß § 35a SGB VIII ist bei der Förderung

durch die Schule ein Hilfeplanverfahren durchzuführen.342

Es ist somit Aufgabe der Schule, Kinder mit einer Lese- und Rechtschreibstörung,

Rechenstörung, ADHS, Hochbegabung u. s. w. angemessen zu fördern. Auch bei sich

daraus ergebenden Folgebeeinträchtigungen wie Schulunlust, Gehemmtheit und

Versagensängsten ist die Schule zuständig.343

Nicht nur in § 15 Abs. 4 S. 1 SchG befindet sich eine Einschränkung der Leistungspflicht

der Schule, sondern auch in der Verwaltungsvorschrift wird die einzelne Schule, wenn die

Fördermaßnahme nicht leistbar ist, an die Träger der Jugendhilfe und der Sozialhilfe

verwiesen.344

Die Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII umfasst, wie in Kapitel 5.1.1 erwähnt, als

Leistungen Arithmasthenie- und Legasthenie-Therapien, sowie Hilfen für Kinder mit ADHS

und Autismus. Die Schulen sollten, wie es in der Verwaltungsvorschrift des

Kultusministeriums vorgeschrieben ist, in diesen Bereichen ebenfalls Hilfen anbieten. An

manchen Schulen fehlen beispielsweise Förderangebote komplett345 oder aber das

Förderangebot der Schule ist nicht ausreichend.346 Wenn die Schulen ihrer

Leistungsverpflichtungen nicht nachkommen, tritt der Jugendhilfeträger als „Ausfallbürge“

ein, da er nachrangig zuständig ist.

Eine Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand/seelische

Störung muss nicht unbedingt zu einer seelischen Behinderung führen. Besonders im

341 Vgl. Kultusministerium, K. u. U. 14-15/2008, S. 149. 342 Vgl. 2.1 der Verwaltungsvorschrift. 343 Vgl. Jans/Happe/Saubier/Maas, 2003, § 35a S. 42. 344 Vgl. 2.1 der Verwaltungsvorschrift. 345 Vgl. Sidortschuk, JAmt 12/2005, S. 552; Wiesner, 2006, S. 172 und S. 557. 346 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 363; Jans/Happe/Saubier/Maas, 2003, § 35a S. 43.

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Bereich der Teilleistungsstörung könnte durch eine rechtzeitige Förderung des Kindes

durch die Schule eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und

somit eine seelische Behinderung verhindert werden. Es würde dann kein Anspruch auf

Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII entstehen, da die Voraussetzung der

Teilhabebeeinträchtigung nicht vorliegen würde.347

Im Gegensatz zu den genauen Leistungsbeschreibungen durch § 54 SGB XII, §§ 26, 33,

41 und 55 SGB IX der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII sind die Leistungen der

Schule im SchG sehr schwammig formuliert. Des Weiteren kennt die Jugendhilfe keinen

Ressourcenvorbehalt, analog zu dem Bestehenden in der Schule.

9.3.4 Sozialhilfeträger

Für die Abgrenzung zwischen Jugendhilfe und Sozialhilfe ist als Rechtsgrundlage § 10

Abs. 4 S. 1 und 2 SGB VIII heran zu ziehen. Hiernach sind Leistungen der Jugendhilfe

vorrangig vor den Leistungen der Sozialhilfe (§ 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII). Die Ausnahme

hierzu befindet sich in S. 2. Bei jungen Menschen mit einer körperlichen oder geistigen

Behinderung oder von solch einer Behinderung bedrohten, sind Leistungen der Sozialhilfe

nach § 53 SGB XII vorrangig (§ 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII).348

Abgrenzungsschwierigkeiten kann es in den Fällen von Mehrfachbehinderungen, soweit

eine seelische und geistige/körperliche Mehrfachbehinderung vorliegt, geben.349 Dies ist

häufig bei Kindern mit frühkindlichem Autismus der Fall, da sie zusätzlich zu ihren

Beeinträchtigungen auch eine Intelligenzminderung aufweisen können.350 Des Weiteren ist

bei Kleinkindern mit Entwicklungsstörungen oder mit Verhaltensauffälligkeiten die

Abgrenzung und Diagnose von Behinderungen schwierig.351

Vondung sieht die Lösung darin, dass ein Schwerpunkt auf eine Behinderung gelegt wird

und danach die Zuständigkeit der Jugendhilfe oder Sozialhilfe geklärt wird.352 Dem

widerspricht das Bundesverwaltungsgericht.353 Es sieht die Zuständigkeitsabgrenzung

allein darin, dass auf die Art der miteinander konkurrierenden Leistungen von Jugendhilfe

und Sozialhilfe eingegangen wird. Konkurrieren Jugendhilfeleistungen mit den in Satz 2

347 Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25.01.2005, JAmt 05/2005, S. 246 (248). 348 Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999, ZfS 09/2002, S. 279 (281). 349 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 353; Anlage 16: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-

11/2007 des KVJS, S. 2. 350 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 353; Anlage 16: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-

11/2007 des KVJS, S. 3. 351 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 459. 352 Vgl. Vondung in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 2006, S. 353. 353 Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999, ZfS 09/2002, S. 279 (281).

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genannten Maßnahmen der Sozialhilfe, so ist nach Satz 2 die Sozialhilfe vorrangig.

Konkurrieren Jugendhilfeleistungen mit anderen als den in Satz 2 genannten

Sozialhilfeleistungen, so ist nach Satz 1 die Jugendhilfe vorrangig.354

Der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg ist der Meinung,

dass generell bei Vorliegen einer Mehrfachbehinderung die Zuständigkeit der Sozialhilfe

gegeben ist.355

Zu Bedenken ist hierbei, dass § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII (Eingliederungshilfe für behinderte

Menschen) im Gegensatz zu § 35a SGB VIII eine „wesentliche Behinderung“ als

Voraussetzung zum Erhalt einer Eingliederungshilfe fordert. Somit besteht bei der

Sozialhilfe eine „höhere Schwelle der Anspruchsvoraussetzungen“.356 Seit dem

Inkrafttreten des KICK besteht aber auch für den Anspruch nach § 35a SGB VIII die

Voraussetzung, dass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft mit „hoher

Wahrscheinlichkeit“ zu erwarten ist.357 Somit besteht auch hier eine erhöhte

Anspruchsvoraussetzung.

9.4 Einzelmaßnahmen

Im Folgenden werden drei Eingliederungshilfemaßnahmen beschrieben, die in der Praxis

problematisch sind. Es soll geklärt werden, ob die Schule oder der Jugendhilfeträger die

Kosten für den Hausunterricht, den Integrationshelfer und die Privatschule übernehmen

muss.

9.4.1 Hausunterricht

Die Kindertherapeutische Zentrum Esslingen GmbH bietet für Kinder mit ADHS eine

besondere Art von Unterricht an, die sogenannte ADHS-Mini-Notschule

(Hausunterrichtsgruppe). Kindern, die sonst nicht beschulbar wären, soll hier eine

Möglichkeit zu einem Schulbesuch mit dem Ziel einer Rückintegration in die Regelschule

gegeben werden.358

354 Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999, ZfS 09/2002, S. 279 (281); ebenso DIJuF-Rechtsgutachten vom

09.01.2006, JAmt 03/2006, S. 130 (130). 355 Vgl. Anlage 16: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-11/2007 des KVJS, S. 3; so auch Münder u. a.,

2006, S. 459. 356 Vgl. Tammen in: Münder/Wiesner, 2007, S. 282. 357 Vgl. Tammen in: Münder/Wiesner, 2007, S. 282. 358 Vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik.

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Der Unterricht findet in privaten Räumen statt. Es handelt sich dabei nicht um eine

Privatschule, sondern um Hausunterricht in besonderer Form359 gemäß § 21 S. 1 Nr. 2 und

S. 2 SchG i. V. m. der Hausunterrichtsverordnung.360 Der Hausunterricht muss vom

Regierungspräsidium (Abteilung Schule und Bildung) genehmigt werden (§ 21 S. 2 SchG i.

V. m. § 5 der Hausunterrichtsverordnung361) und die Kinder müssen von einem Arzt eine

Schulunfähigkeitsbescheinigung erhalten (§ 21 S. 1 Nr. 2 SchG).362

Die Kinder werden in kleinen Gruppen von Psychologen und Lehrkräften unterrichtet363 und

nicht jeweils einzeln im häuslichen Bereich. Die Lehrkräfte werden vom

Regierungspräsidium bezahlt.364

Seit diese Art von Unterricht für Kinder mit ADHS angeboten wird, kam es bei den

Jugendämtern zu vermehrten Eingliederungshilfe-Anträgen auf Übernahme des

Schulgeldes365 für den Hausunterricht.

Als erste Voraussetzung zur Gewährung einer Eingliederungshilfe durch das Jugendamt

muss eine (drohende) seelische Behinderung vorliegen (§ 35a Abs. 1 SGB VIII).366 Wenn

dies der Fall ist, dann muss zur Beseitigung oder Verhütung der (drohenden) seelischen

Behinderung und zur Eingliederung des behinderten Kindes/Jugendlichen eine geeignete

und erforderliche Maßnahme durchgeführt werden. Dies könnte bei Kindern/Jugendlichen

mit einer seelischen Behinderung aufgrund von ADHS eine Hilfe zur angemessenen

Schulbildung gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII sein.

Hierbei stellt sich die Frage, ob der Hausunterricht eine Leistung gemäß § 54 Abs. 1 S. 1

Nr. 1 SGB XII darstellt. Eine Konkretisierung des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII findet in §

12 Eingliederungshilfe-Verordnung367 statt. Hiernach umfasst die Hilfe zur angemessenen

Schulbildung auch Maßnahmen, die erforderlich und geeignet sind, seelisch behinderten

Kindern den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen (§ 12

Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung).368 Durch die Genehmigung des Hausunterrichtes

359 Vgl. Anlage 23: E-Mail von Frau Schreiber. 360 Vgl. Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007, S. 9. 361 Verordnung des Ministeriums für Kultus und Sport über den Hausunterricht vom 08.08.1983, K. u. U.,

21/1983, S. 625 - 626. 362 Vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik, Frage 10; Anlage 23: E-Mail von Frau Schreiber. 363 Vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik, Frage 2, 3 und 4. 364 Vgl. Anlage 23: E-Mail von Frau Schreiber. 365 Das Schulgeld beträgt für jedes Kind im Monat 250 Euro. Zusätzlich wird von der ADHS-Mini-Notschule

eine Hausaufgabenbetreuung in Höhe von 100 Euro angeboten, vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik, Frage 11.

366 Vgl. Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007, S. 7. 367 Eingliederungshilfe-Verordnung gemäß § 60 SGB XII. 368 Vgl. Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007, S. 8.

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durch das Regierungspräsidium wurde eine generelle Eignung und Erforderlichkeit des

Hausunterrichtes für Kinder mit ADHS festgestellt. Kinder, die den Hausunterricht

besuchen, wurden vom Staatlichen Schulamt von der normalen Schulpflicht befreit und

das Staatliche Schulamt sieht den Hausunterricht als Ersatzbeschulung für geeignet und

erforderlich an.369 Generell wird die richtige Beschulung eines Kindes durch die

Schulbehörde festgelegt. An diese Vorgaben hat sich das Jugendamt zu halten und bei der

Entscheidungsfindung über die richtige Beschulung eines Kindes muss die Fachbehörde

niemanden beteiligen.370

Der Hausunterricht gehört somit zum Leistungsumfang der Eingliederungshilfe, da der

Hausunterricht erforderlich und geeignet ist, um Kindern mit ADHS einen Schulbesuch und

eine Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen.

Die Voraussetzungen des § 35a SGB VIII sind gegeben, aber es könnte ein Problem sein,

dass die Kindertherapeutische Zentrum Esslingen GmbH keine jugendhilferechtliche

Betriebserlaubnis gemäß § 45 SGB VIII hat und keine Entgeltvereinbarung gemäß § 78b

SGB VIII zwischen Jugendhilfe und der Kindertherapeutische Zentrum Esslingen GmbH

besteht.371

Zuerst aber muss geklärt werden, ob der Hausunterricht eine ambulante, teilstationäre

oder stationäre Eingliederungshilfemaßnahme (§ 35a Abs. 2 Nr. 1, 2 2. Alt. und Nr. 3 SGB

VIII) oder eine Eingliederungshilfe in Form der Tageseinrichtung für Kinder (§ 35a Abs. 2

Nr. 2 1. Alt. SGB VIII) ist, da sich danach entscheidet, ob eine Betriebserlaubnis oder eine

Entgeltvereinbarung benötigt wird. Die stationäre Form scheidet aus, da die Kinder nicht

Tag und Nacht in der ADHS-Mini-Notschule betreut werden. Es handelt sich nicht um eine

Tageseinrichtung für Kinder, da unter diesem Begriff eine integrative

Kindertageseinrichtung im Sinne von §§ 22 ff. SGB VIII zu verstehen ist.372

Unter ambulanten Hilfen sind im engeren Sinne Beratungs- und therapeutische Leistungen

zu verstehen.373 Bei teilstationären Maßnahmen handelt es sich um besondere

Betreuungsformen. Sie finden außerhalb vom Elternhaus in einem festen räumlichen

Umfeld statt.374 Da die Kinder in der ADHS-Mini-Notschule einen Ersatz für den Besuch

einer Regelschule haben und zusätzlich zum Unterricht eine besondere Betreuung jedes

369 Vgl. Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007, S. 8. 370 Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2005, JAmt 12/2005, S. 586 (587). 371 Siehe hierzu Kapitel 7.1. 372 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 466. 373 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 466. 374 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 1024.

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einzelnen Kindes durch die Psychologen erfolgt, kann in der Hausunterrichtsgruppe eine

teilstationäre Leistung gesehen werden.

Für die Genehmigung der Anträge auf Eingliederungshilfe in Form des Hausunterrichtes

bedeutet dies, dass eine Entgeltvereinbarung gemäß § 78b Abs. 1 i. V. m. § 78a Abs. 1 Nr.

5a SGB VIII vorliegen muss oder wenn keine Entgeltvereinbarung besteht, nach Maßgabe

der Hilfeplanung im Einzelfall die Übernahme des Entgeltes geboten ist (§ 78b Abs. 3 SGB

VIII). Dadurch, dass das Staatliche Schulamt den Hausunterricht für einzelne Kinder

genehmigt hat und somit als angemessene Maßnahme ansieht, muss hier von einer

gebotenen Leistung durch das Jugendamt ausgegangen werden.

Die Jugendhilfe muss insofern das Schulgeld für den Hausunterricht übernehmen,375 auch

wenn sie gemäß § 10 Abs. 1 SGB VIII nur nachrangig zuständig ist. Der Jugendhilfeträger

hat keine Möglichkeit den Antrag gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX weiterzuleiten, da die

Schule nicht Rehabilitationsträger ist. Im Fall von Hilfen zur angemessenen Schulbildung

ist die Jugendhilfe selbst nicht Rehabilitationsträger.

Der Hausunterricht stellt eine Einzelbetreuung eines Schülers dar und wird am

Aufenthaltsort des Schülers durchgeführt (§ 4 Hausunterrichtsverordnung).376 Die

Hausunterrichtsverordnung regelt nichts Spezielles über den Ort.377 Das

Regierungspräsidium hat dennoch den Hausunterricht in kleinen Gruppen in der ADHS-

Mini-Notschule genehmigt. Da die ADHS-Mini-Notschule vom Regierungspräsidium

genehmigt wurde und da auch das Staatliche Schulamt den einzelnen Kindern, die die

ADHS-Mini-Notschule besuchen, den Hausunterricht genehmigt hat, anstelle einer

Beschulung in einer allgemeinen Schule oder einer Sonderschule, ist es nicht konsequent,

wenn die Schule, die vorrangig für die Förderung von Kindern im schulischen Bereich

zuständig und für eine angemessene Schulbildung verantwortlich ist (§ 1 Abs. 2 i. V. m. §

15 Abs. 1 und 4 SchG), eine Kostenübernahme des Schulgeldes ablehnt. In dieser

speziellen Form des Hausunterrichtes fallen nicht nur Kosten für Lehrkräfte, sondern auch

Kosten für die Unterhaltung des Gebäudes (Heizkosten, Strom, Mobiliar, u. s. w.) und für

die psychologische Betreuung während des Unterrichtes an.378

375 Vgl. Anlage 24: VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2007, S. 10; Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom

12.01.2007, S. 12. 376 Vgl. Lambert/Müller/Sutor, 2008, S. 115. 377 Vgl. Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007, S. 9. 378 Vgl. Anlage 24: VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2007, S. 8; Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007,

S. 9.

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Weiter ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber im SchG keine besondere Schulform für

Kinder mit ADHS anbietet, wie vergleichsweise für Hörgeschädigte oder

Geistigbehinderte.379 Deshalb ist es unverständlich, dass von der Schule die Kosten für

den Hausunterricht nicht komplett übernommen werden, zumal sie selbst keine Alternative

hierzu anbietet.

Die Jugendhilfe könnte somit von der Schule eine Kostenerstattung verlangen. Dies ist

aber nicht durch § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX oder §§ 102 ff. SGB XII möglich.380 Zur

Möglichkeit, ob der Jugendhilfeträger doch einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber

der Schule hat, findet sich Näheres in Kapitel 9.5.1.

9.4.2 Integrationshelfer

Gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 1

Eingliederungshilfe-Verordnung kann die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch

durch einen Integrationshelfer erfolgen.381 Anträge auf Eingliederungshilfe durch einen

Integrationshelfer zum Besuch einer Regelschule werden häufig durch die

Personensorgeberechtigten der Kinder/Jugendlichen mit Autismus382 und ADHS383 gestellt.

Voraussetzung hierfür ist, dass diese Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem

seelisch behinderten Kind den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu

ermöglichen oder zu erleichtern (§ 12 Nr. 1 Eingliederungs-Verordnung).

Grundvoraussetzung ist natürlich, dass eine seelische Behinderung gemäß § 35a SGB VIII

vorliegt oder droht.

Gemäß § 15 SchG ist die sonderpädagogische Förderung von behinderten Kindern

Aufgabe der Sonderschulen und der allgemeinen Schulen. Es gilt somit für den Träger der

öffentlichen Jugendhilfe der Nachranggrundsatz gemäß § 10 Abs. 1 SGB VIII gegenüber

der vorrangig zuständigen Schule.384

Ein sonderpädagogischer Förderungsbedarf wird von der unteren Schulaufsichtsbehörde

im Einvernehmen mit den Sorgeberechtigten festgestellt (§ 82 Abs. 2 SchG, 3.1 der

Verwaltungsvorschrift). Die integrative Förderung des behinderten Kindes oder die

besondere Förderung von Kindern, bei denen noch kein sonderpädagogischer

Förderungsbedarf festgestellt wurde, findet an allgemeinen Schulen statt, „wenn sie dort 379 Vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik, Frage 14. 380 Siehe hierzu Kapitel 8.2. 381 Vgl. Bieritz-Harder in Münder/Armborst/Berlit, 2008, S. 421. 382 Vgl. NdsOVG, Beschl. vom 23.02.2006, JAmt 04/2006, S. 200 (201). 383 Vgl. VG Dresden, Urteil vom 10.07.2007, Az. 13 K 19/07 – Juris. 384 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 199.

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nach den pädagogischen, finanziellen, personellen und organisatorischen Möglichkeiten dem Bildungsgang folgen können“ 385 (§ 15 Abs. 4 SchG, 3.1 der Verwaltungsvorschrift).

Somit stellt sich die Frage, ob eine Beschulung an einer Sonderschule oder an einer

allgemeinen Schule mit Unterstützung durch einen Integrationshelfer stattfinden soll, da an

Regelschulen die personellen Möglichkeiten zur Betreuung eines behinderten Kindes

meistens nicht ausreichend sind.

Die Definition zu „angemessene Schulbildung“ darf nicht durch den Jugendhilfeträger

erfolgen, sondern ist alleinige Aufgabe der Schule.386 Die angemessene Beschulung für ein

behindertes Kind wird durch die Schule festgestellt und der Jugendhilfeträger muss dieser

Feststellung folgen.387

Weitere Voraussetzung ist, dass die Maßnahme zur Ermöglichung oder Erleichterung des

Schulbesuchs geeignet und erforderlich ist. Auch diese Entscheidung darf nicht das

Jugendamt treffen, sondern die Schulaufsichtsbehörde, die in diesem Fall als Fachbehörde

fungiert. Sie stellt fest, ob für den Besuch einer allgemeinen Schule besondere

Maßnahmen, wie beispielsweise ein Integrationshelfer, nötig sind.388 „Das Jugendamt kann die Bereitstellung dieser besonderen Maßnahme oder die Übernahme ihrer Kosten im Wege der Eingliederungshilfe daher nicht mehr mit dem Argument ablehnen, die Unterrichtung in einer allgemeinen Schule sei dem behinderten Schüler nicht angemessen oder die besondere Maßnahme sei zur Ermöglichung des Besuchs der allgemeinen Schule nicht erforderlich oder nicht geeignet.“389 Somit darf das Jugendamt nicht über die

Angemessenheit, Erforderlichkeit und Eignung einer Maßnahme entscheiden.

Wurde durch die Schule festgestellt, dass im Einzelfall eine integrative Beschulung mit

Unterstützung eines Integrationshelfers an einer allgemeinen Schule aber auch eine

Beschulung in einer Sonderschule gleichermaßen geeignet sind, und entscheiden sich die

Personensorgeberechtigten für die allgemeine Schule, kann das Jugendamt den Antrag

auf Eingliederungshilfe durch einen Integrationshelfer nicht deswegen ablehnen, weil dies

Mehrkosten verursacht oder die Eingliederungshilfe durch einen Integrationshelfer dann

nicht mehr erforderlich wäre.390 Durch die Beschulung in einer allgemeinen Schule anstatt

385 VGH Mannheim, Beschl. vom 14.01.2003, FEVS 54/2003, S. 218 (219). 386 Vgl. VGH Mannheim, Beschl. vom 14.01.2003, FEVS 54/2003, S. 218 (219). 387 Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2005, JAmt 12/2005, S. 586 (587); NdsOVG, Beschl. vom 23.02.2006,

JAmt 04/2006, S. 200 (201). 388 Vgl. VGH Mannheim, Beschl. vom 14.01.2003, FEVS 54/2003, S. 218 (220). 389 VGH Mannheim, Beschl. vom 14.01.2003, FEVS 54/2003, S. 218 (221). 390 Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2007, Az. 5 C 34/06 – Juris; BVerwG, Urteil vom 26.10.2007, BVerwGE

130, S. 1 (5); a. A. VGH Mannheim, Beschl. vom 14.01.2003, FEVS 54/2003, S. 218 (221).

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in einer Sonderschule werden die Kinder/Jugendlichen in die Gesellschaft integriert und

gerade das ist Hauptaufgabe der Eingliederungshilfe.391 Eingliederungshilfe ist auf die

Integration von behinderten Kindern und Jugendlichen ausgerichtet. Somit ist ein

Integrationshelfer generell geeignet, dem Kind/Jugendlichen eine angemessene

Schulbildung zu ermöglichen und dadurch in die Gesellschaft zu integrieren.392 Das

bedeutet, wenn beide Schulformen zur Auswahl stehen, sollte im Bezug auf die Integration

des Kindes/Jugendlichen in die Gesellschaft eine integrative Beschulung vorgezogen

werden.

Der Integrationshelfer könnte auch eine Leistungsmaßnahme der Schule sein,393 da das

SchG keine genauen Ausführungen zu den Leistungen der Schule aufführt und dies auch

nicht aus der Verwaltungsvorschrift hervorgeht, sondern nur ein Ressourcenvorbehalt

aufgeführt wird. Sollte die Schule die Kosten für einen Integrationshelfer tatsächlich nicht

übernehmen, muss das Jugendamt als „Ausfallbürge“ eintreten.394 Das Jugendamt könnte

jetzt vielleicht einen Erstattungsanspruch gegen die Schule haben.395 Fakt ist, dass das

Kind oder der Jugendliche einen Anspruch auf Eingliederungshilfe hat und somit das

Jugendamt in der Pflicht steht, zu leisten.

Wie auch bei der Eingliederungshilfe in Form des Hausunterrichtes hat sich das

Jugendamt bei Eingliederungshilfe in Form des Integrationshelfers an die Prüfungen und

Feststellungen der Schule zu halten. Das Jugendamt stellt zwar die seelische Behinderung

gemäß § 35a SGB VIII fest, aber was die Ausführung der Leistung betrifft, hat das

Jugendamt kein Mitspracherecht. Dies widerspricht der Steuerverantwortung gemäß § 36a

SGB VIII des Jugendamtes. Demnach muss der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nur

dann die Kosten einer Hilfe übernehmen, wenn er selbst im Voraus auf Grundlage des

SGB VIII und dem dort vorgesehenen Verfahren über die Eignung und Notwendigkeit der

Hilfe entschieden hat.396 Die Schule entscheidet und der Jugendhilfeträger soll für die

Kosten aufkommen. Das Bundesverwaltungsgericht397 schreibt sogar in seiner

Begründung, dass die Entscheidung der Eltern und der Schule vom Träger der

391 Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2007, Az. 5 C 34/06 – Juris. 392 Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2005, JAmt 12/2005, S. 586 (587). 393 Vgl. VGH Mannheim, Beschl. vom 14.01.2003, FEVS 54/2003, S. 218 (221). 394 Vgl. NdsOVG, Beschl. vom 23.02.2006, JAmt 04/2006, S. 200 (201); BVerwG, Urteil vom 28.04.2005,

JAmt 12/2005, S. 586 (588). 395 Hierzu mehr in Kapitel 9.5.1. 396 Vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 36. 397 BVerwG, Urteil vom 26.10.2007, BVerwGE 130, S. 1 (5).

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Jugendhilfe398 „hinzunehmen“ ist. Andererseits kann das Jugendamt in den meisten Fällen

keine Alternative benennen und die Fachbehörde im Bereich der schulischen Förderung ist

die Schule. Es sollten ihr auch die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt

werden, um die Leistungen, die sie für richtig hält, auch umsetzen zu können. Ansonsten

bleibt das Jugendamt ein reiner „Kostenträger“.

9.4.3 Privatschule

Das „Private Gymnasium Esslingen“399 bietet ein spezielles pädagogisches Förderangebot

für Kinder mit ADHS und einer relativ hohen (gymnasialen) Begabung400 an. Diese Schule

basiert auf dem gleichen Konzept wie der Hausunterricht der Kindertherapeutisches

Zentrum Esslingen GmbH. In einem reizarmen Klassenzimmer werden zwölf bis fünfzehn

Kinder unterrichtet.401

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Privatschulen in Baden-Württemberg befinden

sich im Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz – PSchG).402 Beim

„Privaten Gymnasium Esslingen“ handelt es sich um eine Ersatzschule gemäß § 3 Abs. 1

PSchG, da die Privatschule nach dem Bildungsplan für öffentliche Gymnasien lehrt.403

Gemäß § 4 Abs. 1 PSchG müssen Ersatzschulen von der oberen Schulaufsichtsbehörde

(Regierungspräsidium) genehmigt werden.

Bei den Jugendämtern kam es zu Anträgen auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII in

Form der Übernahme des Schulgeldes404 für die Privatschule.

Erste Voraussetzung zur Bewilligung des Antrages ist das Vorliegen oder Drohen einer

seelischen Behinderung. Wenn diese vorliegt, muss geprüft werden, ob die Beschulung in

einer Privatschule geeignet und erforderlich ist, um dem seelisch behinderten Kind den

Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern

398 Das BVerwG hat seine Begründung auf den Träger der Sozialhilfe bezogen, da aber sowohl das

Jugendamt als auch die Sozialhilfe Sozialleistungsträger sind und beide Eingliederungshilfen für Kinder gewähren, kann die Ausführung auf die Jugendhilfe übertragen werden.

399 Ehemals „Münsinger Schule – Privates Gymnasium Esslingen“. Seit dem 12.01.2009 steht die Privatschule unter einer neuen Trägerschaft (Trägerverein Privates Gymnasium Esslingen e. V.).

400 Unter relativ hoher Begabung ist zu verstehen, dass das Kind mit seinem Leistungsvermögen dem Bildungsgang eines Gymnasiums folgen kann. Gemäß § 8 SchG muss zur Aufnahme in ein Gymnasium nach dem Abschluss der Grundschule eine entsprechende Empfehlung vorliegen, vgl. Lambert/Müller/Sutor, 2008, S. 78.

401 Vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik, Frage 8, Frage 5. 402 PSchG vom 19.07.1979 in der Fassung vom 07.03.2006, GBl. 03/2006, S. 71. 403 Vgl. Anlage 26: Telefonat mit Frau Frisch. Das PSchG unterscheidet bei Schulen in freier Trägerschaft

zwischen Ersatzschulen (§§ 3 ff. PSchG) und Ergänzungsschulen (§§ 13 ff. PSchG). 404 Das Schulgeld beträgt monatlich 934,00 Euro, vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 20.

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(§ 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 1

Eingliederungshilfe-Verordnung).

Die Beschulung eines Kindes mit ADHS im Privaten Gymnasium Esslingen ist prinzipiell

geeignet, da diese in Kleinstklassen erfolgt. Für manche Kinder mit ADHS ist es wichtig,

dass die Klassen nicht zu groß sind, da dadurch die Ablenkbarkeit minimiert wird und eine

bessere Einzelbetreuung durch den Lehrer erfolgen kann.405

Da es sich bei der Privatschule um eine Ersatzschule in Form eines Gymnasiums handelt,

ist weitere Voraussetzung, dass das Kind mit seinen kognitiven Fähigkeiten dem

Bildungsgang eines Gymnasiums folgen kann.406 Dies wird durch die Fachbehörde des

Staatlichen Schulamtes festgestellt.

Als weitere Voraussetzung zur Gewährung einer Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII

in Form der Beschulung in einer Privatschule muss festgestellt werden, dass das bisherige

Leistungsangebot nicht ausreichend ist.407 Vor der Inanspruchnahme von

Eingliederungshilfe zur Ermöglichung eines Besuches einer Privatschule muss somit

abgeklärt werden, ob der spezielle Hilfebedarf, den ein Kind mit ADHS benötigt, nicht

durch die Förderung in einer allgemeinen Schule abgedeckt werden kann, beispielsweise

auch kombiniert mit einer Therapie.408

Für Kinder mit ADHS kann nicht eine allgemeingültige Art der Beschulung festgelegt

werden, da manche Kinder mit ADHS zusätzlich zu ihrer Störung beispielsweise eine

Teilleistungsstörung aufweisen. Wiederum andere Kinder mit ADHS sind hochbegabt. Es

kann somit je nach Einzelfall jede Schulform von Sonderschule, beispielsweise in Form der

Förderschule, bis zum Gymnasium in Frage kommen.

Die Beschulung des Kindes in einer Privatschule ist eine freiwillige Entscheidung der

Eltern. Die Kinder müssen hierzu nicht wie bei der Hausunterrichtung von der allgemeinen

Schulpflicht entbunden werden, sondern sie besuchen anstelle einer staatlichen Schule

eine Privatschule und können dort einen gleichwertigen Abschluss erhalten.409 Durch die

Unterrichtung in einer Privatschule erhoffen sich die Eltern eine bessere Ausbildung ihres

Kindes. Für diese freiwillige Entscheidung der Eltern muss die Schulverwaltung nicht

finanziell einspringen. Zu bedenken ist aber, dass bei Kindern mit ADHS und einer relativ

hohen (gymnasialen) Begabung durch den Ressourcenvorbehalt der Schulen (§ 15 Abs. 4

405 Vgl. Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik, Frage 12. 406 Vgl. Anlage 10: Interview mit Frau Lutz, Frage 19. 407 Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 21.03.2002, Az. 6 K 1098/01 – Juris. 408 Vgl. OVG NW, Beschl. vom 16.07.2004, JAmt 09/2004, S. 437 (437). 409 Vgl. Anlage 27: E-Mail von Frau Schreiber.

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S. 2 SchG) eine besondere Förderung und kleine Klassen in einem öffentlichen

Gymnasium in aller Regel nicht umgesetzt werden können. In den Sonderschulen wird

zwar eine sonderpädagogische Förderung angeboten aber für Kinder mit ADHS nicht

unbedingt eine gymnasiale Beschulung. Gymnasialzüge sind nur im Bereich der

Sonderschulen für Hörgeschädigte, Körperbehinderte oder Sehbehinderte vorgesehen.410

Somit gibt es für Kinder mit ADHS und einer gymnasialen Begabung im öffentlichen

Schulsystem keine Alternative zur Privatschule, was jedoch angebracht wäre, da die

Schule für die Erziehung und Bildung von Kindern verantwortlich ist (§ 1 Abs. 1 SchG). Der

Jugendhilfeträger kann auf keine Alternative zurückgreifen und hat, wenn die

Voraussetzungen des § 35a SGB VIII erfüllt sind, eine Eingliederungshilfe in Form des

Besuches einer Privatschule zu gewähren. Der Jugendhilfeträger ist für die angemessene

Beschulung von Kindern mit psychologischen oder erzieherischen Besonderheiten

verantwortlich, um die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu sichern, solange das

Schulsystem diese Kinder nicht auffangen kann.411

9.5 Ausgleichsansprüche des Jugendhilfeträgers

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, wenn auch nur nachrangig, zu Leistungen von

Eingliederungshilfemaßnahmen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gemäß §

35a SGB VIII, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, verpflichtet.412 Im Nachfolgenden

wird geklärt, ob tatsächlich Ausgleichsansprüche gegenüber der vorrangig

leistungsverpflichteten Schule und dem Sozialhilfeträger bestehen.

9.5.1 Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Schule

Leistet der Jugendhilfeträger für eine Eingliederungshilfemaßnahme, für die er nachrangig

gegenüber der Schule zuständig ist, so ist fraglich, nach welcher Vorschrift die Jugendhilfe

einen Erstattungsanspruch gegenüber der Schule besitzt.

Ein Erstattungsanspruch aus § 14 Abs. 4 SGB IX ist ausgeschlossen, da die Schule kein

Rehabilitationsträger ist. §§ 102 ff. SGB X sind ebenfalls nicht anwendbar, da die Schule

kein Leistungsträger im Sinne der § 12 i. V. m. §§ 18 bis 29 SGB I ist.

Der Jugendhilfeträger hat insofern selbst keinen direkten Anspruch gegenüber der Schule.

Es ist fraglich, ob der Jugendhilfeträger einen Anspruch aus den Rechten, die das Kind

410 Vgl. Hochstetter/Muser, 2005, S. 35. 411 Vgl. VG Aachen, Beschl. vom 18.11.2004, ZfJ 07-08/2005, S. 328 (329). 412 Vgl. VGH Mannheim, Beschl. vom 14.01.2003, FEVS 54/2003, S. 218 (221); VG Dessau, Urteil vom

23.08.2001, ZfJ 11/2002, S. 441 (446).

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oder der Jugendliche gegenüber der Schule hat, nach § 95 SGB VIII (Überleitung von

Ansprüchen) auf sich überleiten könnte.

„§ 95 [SGB VIII] ist die Ermächtigungsgrundlage für die Überleitung von Ansprüchen gegen Dritte.“413 Die Überleitung von Ansprüchen ist für den Jugendhilfeträger ein Instrument, „um den Nachrang der Jugendhilfe gegenüber Leistungen anderer herzustellen. Dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe wird mit der Überleitung eine eigene Anspruchsgrundlage zur Durchsetzung vorrangiger Ansprüche verschafft.“414

Wenn die Ansprüche auf den Jugendhilfeträger übergeleitet sind, kann er durch schriftliche

Anzeige gegenüber dem Dritten die Ansprüche geltend machen (§ 95 Abs. 1 SGB VIII).415

Nach der Überleitung ist zu untersuchen, ob die Jugendhilfe Ersatz für ihre Aufwendungen

verlangen kann.

Zur Überleitung eines Anspruches gemäß § 95 SGB VIII muss die Person, von der der

Anspruch auf die Jugendhilfe übergeleitet wird, einen eigenen subjektiven Rechtsanspruch

haben.416 Ob Kinder aufgrund des SchG einen Anspruch auf besondere oder

sonderpädagogische Förderung in der allgemeinen Schule haben, ist sehr fraglich.417

Durch Abs. 4 des § 15 SchG wird den Kindern ein Anspruch auf Förderung in allgemeinen

Schulen gegeben.418 Dieser Anspruch steht aber unter einem Ressourcenvorbehalt.419

„Der Ressourcenvorbehalt in Abs. 4 bezieht sich sowohl auf die Ressourcen des Landes als auch auf die des Schulträgers und stellt auf die gegebenen Verhältnisse ab, das heißt darauf, wieviel Ressourcen der Landtag bzw. der Gemeinderat oder Kreistag für die Zwecke der sonderpädagogischen Förderung allgemeinen Schulen in der Praxis haushaltsrechtlich verbindlich zur Verfügung gestellt haben. Es ist nämlich Sache der jeweiligen Volksvertretung zu entscheiden, wieviel der insgesamt begrenzten Mittel unter Berücksichtigung der anderen Aufgaben der öffentlichen Hand für diesen Zweck angemessen sind.“420

Durch diesen Ressourcenvorbehalt kann in Baden-Württemberg in den meisten

Einzelfällen nicht von einem subjektiven Rechtsanspruch auf besondere oder

413 Münder u. a., 2006, S. 1063. 414 Münder u. a., 2006, S. 1063. 415 Vgl. Münder u. a., 2006, S. 1065. Bei der Überleitungsanzeige handelt es sich um einen Verwaltungsakt

(§ 95 Abs. 4 SGB VIII), vgl. Münder u. a., 2006, S. 1066. 416 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 15.06.2004, JAmt 06-07/2004, S. 305 (305). 417 Vgl. Meysen, JAmt 02/2003, S. 54. 418 Vgl. Drucksache 12/1854 des Landtages von Baden-Württemberg, S. 35. 419 Vgl. Drucksache 12/1854 des Landtages von Baden-Württemberg, S. 35. 420 Drucksache 12/1854 des Landtages von Baden-Württemberg, S. 35.

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sonderpädagogische Förderung in allgemeinen Schulen ausgegangen werden.421 Eine

Überleitung ist daher nicht rechtmäßig.422

Wenn davon ausgegangen wird, dass ein Anspruch auf Förderung in einer allgemeinen

Schule besteht, ist zu untersuchen, welche Art von Ansprüchen gemäß § 95 SGB VIII an

die Jugendhilfe übergeleitet werden können. Nach § 95 Abs. 1 SGB VIII geht der

„Anspruch bis zur Höhe“ der Aufwendungen des Jugendhilfeträgers über. Durch diese

Wortwahl kann davon ausgegangen werden, dass von Geldleistungen die Rede ist.423

Somit können an den Jugendhilfeträger Ansprüche auf Geldleistungen übergehen. Das

Kind hat aber einen Anspruch auf Förderung. Diesem Anspruch ist kein „wirtschaftlicher, in Geld ausdrücklicher Wert beizumessen.“424 Durch die Überleitung eines Anspruches

gemäß § 95 SGB VIII erfolgt ein Gläubigerwechsel.425 Anstelle des Kindes hat nun die

Jugendhilfe einen Anspruch gegenüber der Schule. Der Anspruch selbst verändert sich

dadurch nicht. Der Jugendhilfeträger könnte somit von der Schule lediglich seine eigene

Beschulung verlangen,426 aber nicht eine Erstattung der entstandenen Kosten für die

Eingliederungshilfemaßnahme.

Auch wenn die Jugendhilfe den Anspruch überleiten könnte, kann sie keinen

Schadenersatz, beispielsweise nach § 839 BGB, von der Schule verlangen, da die

Eingliederungshilfe eine „eigene, originäre Aufgabe“ der Jugendhilfe ist.427

Weiter ist bei der Überleitung von Ansprüchen nach § 95 SGB VIII bedenklich, dass der

Anspruchsübergang nur erfolgen darf, wenn bei rechtzeitiger Leistung des anderen

entweder Jugendhilfeleistungen nicht gewährt worden wären oder ein Kostenbeitrag zu

leisten wäre (§ 95 Abs. 2 S. 1 SGB VIII).428 Die Leistungen der Jugendhilfe müssen den

Leistungen der Schule entsprechen. Es muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der

unterlassenen Leistung der Schule und der erbrachten Leistung des Jugendhilfeträgers

bestehen.429 Eine schulische Förderung im Bereich einer Lese- und Rechtschreibstörung,

einer Rechenstörung oder eine Förderung von Kindern mit ADHS ist nicht zu vergleichen

421 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 15.06.2004, JAmt 06-07/2004, S. 305 (305); Meysen, JAmt 02/2003, S.

54. 422 Vgl. Sidortschuk, JAmt 12/2005, S. 553. 423 Vgl. VG Göttingen, Urteil vom 25.05.2005, JAmt 12/2005, S. 584 (585); DIJuF-Rechtsgutachten vom

15.06.2004, JAmt 06-07/2004, S. 305 (305); Sidortschuk, JAmt 12/2005, S. 553. 424 VG Göttingen, Urteil vom 25.05.2005, JAmt 12/2005, S. 584 (585). 425 Vgl. VG Göttingen, Urteil vom 25.05.2005, JAmt 12/2005, S. 584 (585). 426 Vgl. VG Göttingen, Urteil vom 25.05.2005, JAmt 12/2005, S. 584 (585). 427 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 15.06.2004, JAmt 06-07/2004, S. 305 (305-306). 428 Vgl. VG Göttingen, Urteil vom 25.05.2005, JAmt 12/2005, S. 584 (585). 429 Vgl. Sidortschuk, JAmt 12/2005, S. 553; VG Göttingen, Urteil vom 25.05.2005, JAmt 12/2005, S. 584

(585 – 586).

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mit einer Legasthenie- oder Arithmasthenie-Therapie oder mit einer heilpädagogischen

Therapie. Somit wäre auch hier eine Anspruchsüberleitung ausgeschlossen.

Vorstellbar wäre somit nur, dass der Jugendhilfeträger die Schule dazu auffordert, den

besonderen Bedarf oder den sonderpädagogischen Bedarf an der allgemeinen Schule für

ein Kind anzubieten.430 Einen Kostenerstattungsanspruch hat der Jugendhilfeträger

gegenüber der Schule jedoch nicht und die Schule um eine Förderung „zu bitten“ ist nicht

wirklich ein Instrument, um die Nachrangigkeit der Jugendhilfeleistungen gegenüber der

Schule durchzusetzen, zumal in den meisten Fällen kein subjektiver Rechtsanspruch des

Kindes auf sonderpädagogische oder besondere Förderung an allgemeinen Schulen

bestehen wird.

9.5.2 Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger

In Baden-Württemberg ist gemäß § 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches

Sozialgesetzbuch (AG SGB XII) i. V. m. § 8 Nr. 4 SGB XII der örtliche Sozialhilfeträger für

die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach SGB XII zuständig.

Örtliche Träger sind die Stadt- und Landkreise (§ 1 AG SGB XII).

Zuständig für die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder nach SGB VIII sind

ebenfalls die Stadt- und Landkreise (§ 85 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 69 Abs. 1 S. 1 SGB VIII).

Das Jugendamt und das Sozialamt befinden sich demnach unter der gleichen örtlichen

Trägerschaft.431 Würde das Jugendamt, vertreten durch den Landrat,432 einen

Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Sozialamt, ebenfalls vertreten durch den

Landrat, erheben, so würde sich der Landkreis selbst verklagen, was in der Realität nicht

gemacht wird.

Die Stadt- und Landkreise „handeln auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts“433 (weisungsfreie Pflichtaufgabe) und

ebenso auf dem Gebiet der Sozialhilfe.434 Für die Umsetzung dieser Pflichtaufgaben und

weiteren Aufgaben besteht bei Stadt- und Landkreisen nur ein Kreishaushalt.435 Das

Jugendamt und das Sozialamt werden somit aus den selben Geldern finanziert.

430 Vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 15.06.2004, JAmt 06-07/2004, S. 305 (306). 431 Vgl. Schwengers, 2007, S. 210. 432 Gemäß § 37 Abs. 1 S. 2 Landkreisordnung für Baden-Württemberg vertritt der Landrat den Landkreis,

vgl. Gern, 2005, S. 407. Im Fall von Stadtkreisen, werden die Ämter durch den Oberbürgermeister (§ 42 Abs. 4 Gemeindeordnung (GemO)) gemäß § 42 Abs. 1 S. 2 GemO vertreten.

433 Münder in: Münder/Wiesner, 2007, S. 400. 434 Vgl. Kunkel in: Klinger/Kunkel/Peters, 2007, S. 39. 435 Vgl. Gern, 2005, S. 409.

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Zwischen Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, die vom

Jugendamt gemäß § 35a SGB VIII gewährt wird und Eingliederungshilfe für geistig und

körperlich behinderte Kinder und Jugendliche, die vom Sozialamt gemäß § 53 SGB XII

gewährt wird, kommt es immer wieder zu Abgrenzungsschwierigkeiten der

Zuständigkeit.436 Als Lösungsmöglichkeit, um diese Abgrenzungsschwierigkeiten zu

umgehen und somit keine Ausgleichsansprüche entstehen zu lassen, wäre es sinnvoll, im

Bereich der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche einen gemeinsamen

Finanzierungspool in jedem Stadt- und Landkreis einzurichten.

10 Fazit Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hätte deutlich weniger Fälle von

Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche zu finanzieren und zu

bearbeiten, wenn die vorrangig zuständigen Schulen oder die Krankenversicherungen

ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen würden. Da § 10 SGB VIII den Nachrang

der Jugendhilfe regelt, ihr aber tatsächlich keine Möglichkeit bietet eine Leistung

abzulehnen, wird die Jugendhilfe weiterhin, wenn auch nicht vorrangig zuständig, für die

anderen Leistungsträger und die Schule als „Ausfallbürge“ eintreten müssen. Dies ist für

die betroffenen Kinder und deren Eltern eine Erleichterung, da sie in den meisten Fällen

nicht in die Zuständigkeitsstreitigkeiten der Leistungsträger mit hineingezogen werden. Auf

der anderen Seite werden die Ausgaben der Jugendhilfe weiterhin ansteigen.

Dennoch kann es nicht sein, dass die Schulen und die Krankenversicherungen nicht zu

ihren Verpflichtungen stehen. Auch die ausdrückliche Erwähnung der Schule in § 10 Abs.

1 S. 1 SGB VIII seit dem Inkrafttreten des KICK hat daran nichts geändert.437 Bei den

Krankenversicherungen wird durch die begrenzte Zulassung zur vertragsärztlichen

Versorgung von Ärzten und Psychotherapeuten auf dem Gebiet der Kinder- und

Jugendpsychotherapie eine künstliche Knappheit erzeugt, die nicht wirklich ein Argument

ist, um Kostenübernahmen einer Leistungsmaßnahme abzulehnen.

Daher wäre es wünschenswert, wenn der Jugendhilfe außer der Nachrangsstellung, die ja

anscheinend keine Bedeutung hat, ein rechtliches Instrument in die Hände gegeben wird,

mit dem sie tatsächlich ihre Rechte durchsetzen kann.

436 Siehe hierzu Kapitel 9.3.4. 437 Vgl. NdsOVG, Beschl. vom 23.02.2006, JAmt 04/2006, S. 200 (201).

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Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen und deren Eltern ist es wichtig, dass die

Hilfeleistungen so schnell wie möglich beginnen. Die Kinder sind in ihrer Entwicklung durch

ihre seelische Behinderung eingeschränkt und daher sollte versucht werden, das

Feststellungsverfahren zu verkürzen. Es geht viel Zeit durch die Einbeziehung der

einzelnen Fachleute, beispielsweise von der Wirtschaftlichen Jugendhilfe, dem Sozialen

Dienst, dem Gesundheitsamt, der Regelschule und dem Staatlichen Schulamt sowie des

Arztes oder Psychotherapeuten verloren. Dadurch entstehen viele Schnittstellen, an denen

das Feststellungsverfahren krankheits- oder urlaubsbedingt ins Stocken geraten kann. So

wäre zu überlegen, ob die Personen, die nicht unmittelbar nötig sind, um eine seelische

Behinderung festzustellen, übergangen werden könnten. Dies wäre beispielsweise bei den

Fachkräften des Staatlichen Schulamts denkbar, da von diesen der Vorgang weiter an den

unterrichtenden Lehrer gesendet wird. Des Weiteren sollte die Einbeziehung des

Gesundheitsamtes überdacht werden, da es hier meistens zu Verzögerungen durch

Personalknappheit kommt.

Der Hilfebedarf für Kinder mit seelischen Behinderungen ist sehr komplex, da die

seelischen Störungen sehr unterschiedlich sein können und auch die

Teilhabebeeinträchtigungen sich sehr individuell zeigen. Es muss daher für jeden Einzelfall

die richtige Lösung gefunden werden. Das erfordert eine hohe Flexibilität des

Jugendhilfeträgers und von jedem einzelnen Mitarbeiter des Jugendamtes ein hohes

Engagement sowie eine ausgewogene Kooperation mit den Ärzten und

Psychotherapeuten.

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Seite XII

Anlagen

Anlage 1: Stellungnahme zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung der Bundesärztekammer

Quelle: Bundesärztekammer (Hrsg.): Stellungnahme zur Aufmerksamkeitsdefizit-

/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Berlin 2006, Internetabruf vom 08.11.2008:

http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.7.47.3161.3163.3164

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Seite XVI

Anlage 2: Auszug aus ICF

Quelle: Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (Hrsg.): ICF.

Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, Köln

2005, Internetabruf vom 10.12.2008: http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/

downloadcenter/icf/endfassung/icf_endfassung-2005-10-01.pdf

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Anlage 3: Interview mit Dr. Oberle

Interview wurde geführt mit:

Dr. Andreas Oberle Ärztlicher Direktor

Klinikum Stuttgart

Sozialpädiatrisches Zentrum

Olgahospital, Haus 3

Bismarckstr. 8, 70176 Stuttgart

Tel.: +49 (0)711/ 992 2760

Termin: 15.01.2009 von 19.15 Uhr bis 19.30 Uhr

1. Die Mutter eines Kindes mit ADHS erzählte mir, dass das Verfahren zur Gewährung einer Eingliederungshilfe für Kinder auf Grund der vielen Termine zur Erstellung von Gutachten sehr belastend sei. Können Sie dies bestätigen? Dr. Oberle: Es ist in der Tat schwierig und eine deutliche Belastung der Familien. Ja, ich

muss der Mutter recht geben.

2. Was denken Sie über das Gutachten des Gesundheitsamtes? Dr. Oberle: Das Gutachten ist mit großem Aufwand verbunden. Dies verstehen die

Familien nicht, da bereits viele Gutachten vorliegen. Sie haben deshalb oft den Eindruck,

dass dies dazu dienen soll, sie von der Beantragung von Hilfen abzuschrecken. Es ist oft

schwer vermittelbar, dass es Vorschriften gibt, die von Seiten der Behörden einzuhalten

sind.

3. Ist für Sie das Verfahren zur Gewährung der Eingliederungshilfe beim Jugendamt nachvollziehbar? Dr. Oberle: Es ist für mich nachvollziehbar. Man muss die gesetzlichen

Rahmenbedingungen berücksichtigen und danach haben die Eltern nicht nur die

Möglichkeit Eingliederungshilfe für ihre Kinder zu erhalten, sondern auch die Jugendämter

die Pflicht, wenn eine seelische Behinderung vorliegt, entsprechend zu handeln. Somit

sollten die Jugendämter sich auch ein adäquates Bild machen.

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Man tut dem Jugendamt unrecht, wenn man diese Behörde in den Mittelpunkt der Kritik

rückt. Es gibt gesetzliche Bestimmungen, die erfüllt werden müssen. Diese werden

natürlich beim einen Jugendamt liberaler und beim anderen weniger liberal ausgelegt.

Was ich schade finde ist, dass die strenge Trennung zwischen Therapeut und Diagnostiker

erfolgen muss und dies aufgrund eines bestehenden Misstrauens. Es wäre für mich

zielführender, wenn man dieses verfügbare Gutachten nimmt und es jemandem vom

Jugendamt gibt, der dessen Plausibilität prüfen würde. So entstehen in der Regel zwei

Gutachten. Durch die engen Ressourcen beim Gesundheitsamt entsteht eine

Zeitverzögerung, die für alle Beteiligten zusätzlich belastend wirkt. Eine Erklärung hierfür

könnte sein, dass man ein künstliches Nadelöhr aufbauen möchte.

4. Was ist für seelisch behinderte Kinder auf Grund von ADHS die richtige Therapieform? Dr. Oberle: Also das ist ein Streit, der niemals enden wird. Das Problem liegt darin, dass

man das einmal inhaltlich oder strukturell angehen kann. Da ist es nicht die Frage, welche

Therapieform die richtige ist, sondern welche Therapieinhalte notwendig sind. Wichtig ist,

sich zu überlegen, was das Kind braucht und was ist neben einer gegebenenfalls

durchzuführenden medikamentösen Therapie notwendig. Dies muss für jedes Kind sehr

individuell festgelegt werden. Es gibt Kinder, bei denen eine gute Medikation plus eine gute

Lehreranleitung und Elternanleitung ausreichend adäquat sind.

Wenn ein Therapeut sich weiterqualifiziert hat, kann er durchaus qualifizierte

Therapieangebote anbieten.

In vielen Fällen würden wir uns eine Psychotherapie wünschen, die aber aus strukturellen

Gründen nicht möglich ist. Es gibt zu wenig Psychotherapeuten und die vorhandenen

haben zu lange Wartezeiten (in manchen Fällen bis zu zwei Jahren).

Des Weiteren erscheinen berufspolitische und finanzielle Argumente die Überlegungen

sehr zu dominieren.

Es wäre sicherlich einfacher, wenn man sich über inhaltliche Aspekte und Qualifizierungen

unterhalten würde, anstatt auf berufspolitischer Diskussionsebene.

5. Was sind die Probleme, die Sie oder die Eltern mit dem Jugendamt haben? Dr. Oberle: Ich habe zum Teil gute Erfahrungen mit dem Jugendamt gemacht. Ich hatte

beispielsweise in Stuttgart ein Seminar über ADHS abgehalten, welches gut von den

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Mitarbeitern des Jugendamts besucht wurde und diese gute Diskussionsbeiträge

einbrachten. Mein Hauptproblem ist, wenn eine geringe Informiertheit vorhanden ist und wenn ich den

Eindruck habe, es geht nur ums Sparen und um ökonomische Begrenzung. Meine

Erfahrung ist, dass engagiertes, bemühtes und auch ein kooperatives Miteinander besteht.

Es gibt überall Leute, die besser oder schlechter sind.

Die Situation hängt sehr von den zuständigen Personen ab, deren Fachkompetenz und

Bemühen um konstruktive Zusammenarbeit.

6. Ist es für die Eltern ein Problem, dass ihr Kind plötzlich „seelisch behindert“ ist? Dr. Oberle: Das kann man erklären. Das ist in der Regel kein Problem.

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Anlage 4: Interview mit Frau Czieslik

Interview wurde geführt mit:

Dipl. Psych. Anja Czieslik Kindertherapeutischen Zentrum Esslingen GmbH

Hausunterrichtsgruppe – ADHS-Mini-Notschule e.V.

Alleenstrasse 29

73730 Esslingen

Tel.: 0711/367014

Termin: 27.11.2008 von 12.45 Uhr bis 13.30 Uhr

Frau Czieslik unterrichtet in der Mini-Notschule und betreut die Kinder psychologisch.

1. Was ist das Konzept der ADHS-Mini-Notschule? Frau Czieslik: Die Kinder kommen zu uns, nachdem sie beispielsweise die Schule

verweigert haben oder massive Schulängste haben. Unser Ziel ist, es diese Kinder und

Jugendlichen mit ADHS und Komorbiditäten (Sekundärstörungen) in schwierigen

Situationen zu stabilisieren und sie kompetent im Umgang mit ADHS zu machen. Konkret

bedeutet das, dass die Kinder lernen, wie man die Aufmerksamkeitsspanne verlängert,

Impulskontrolle, Einhalten von Regeln, Erledigen von lästigen Aufgaben,

Kompetenzerwerb im sozialen Miteinander und im schulischen Bereich.

2. Wie viele Gruppen gibt es in der Mini-Notschule? Frau Czieslik: Es gibt zurzeit drei Gruppen in der Mini-Notschule. Sie sind unterteilt in

Realschule/Gymnasium und Hauptschule/Förderschule.

3. Wie viele Kinder sind in einer Gruppe? Frau Czieslik: Vier Kinder, maximal fünf Kinder pro Gruppe.

4. Wer unterrichtet die Kinder? Frau Czieslik: Der Unterricht wird von Psychologen durchgeführt. Wenn ein Lehrer

unterrichtet, dann sind wir Psychologen zur Unterstützung mit im Unterricht dabei. Wir sind

mit den Kindern per du. Dies schafft eine freundschaftlichere Atmosphäre.

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5. Wo werden die Kinder unterrichtet? Frau Czieslik: Sie werden in reizarmen Klassenzimmer unterrichtet. Der Unterricht ist

frontal zur Tafel an Einzeltischen ausgerichtet und es findet kein Platzwechsel statt.

6. Wie lange bleiben die Kinder in der Mini-Notschule? Frau Czieslik: Im Durchschnitt bleiben die Kinder zwei bis drei Jahre in der Mini-Notschule.

Je älter sie sind, umso länger bleiben sie auch im Hausunterricht, da sie eine längere

Leidensgeschichte hinter sich haben. Die Kinder können in der Mini-Notschule keinen

staatlich anerkannten Schulabschluss absolvieren. Das Ziel ist es, die Kinder wieder

zurück in eine Regelschule zu führen, wenn sie dafür bereit sind.

Die Kinder gehen nicht mehr in ihre alten Schulen zurück. Zu groß war dort der

Leidensdruck. Die meisten Kinder sprechen auch nicht gerne über diese für sie

schreckliche Zeit. Die Kinder kommen meistens mit großen Lücken in der Mini-Notschule

an. Viele haben viel Zeit mit Nachsitzen und Vor-der-Türe-stehen verbracht, anstatt den

Unterricht zu besuchen. Manche von ihnen waren auch das Jahr, bevor sie hierher kamen,

gar nicht mehr an ihrer Schule. Zu groß waren dort die Probleme für sie mit Lehrern und

Mitschülern.

7. Wie läuft die Rückführung an die Regelschule ab? Frau Czieslik: Es wird gemeinsam nach einer passenden Schule geschaut. Die zukünftigen

Lehrer werden über den Umgang mit ADHS-Kindern aufgeklärt und beraten. Es findet eine

weitere Begleitung durch das Team der Mini-Notschule nach erfolgreicher Rückintegration

in die Regelschule statt, um neuen Schwierigkeiten und Problemen rechtzeitig

entgegensteuern zu können.

8. Was ist der Unterschied zur Münsinger Schule in Esslingen, welche Kinder mit ADHS aufnimmt? Frau Czieslik: Die Münsinger Schule ist ein Gymnasium und die Mini-Notschule nimmt

auch Kinder mit Förderschulbedarf auf. Beide Schulen arbeiten nach demselben Konzept.

In der Münsinger Schule gibt es aber größere Klassen. Hier werden 12 bis 15 Kinder

gemeinsam unterrichtet. In der Münsinger Schule ist es auch möglich, einen

Schulabschluss zu machen. Bei der Münsinger Schule ist keine Rückführung an

Regelschulen geplant.

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9. Wie alt sind die Kinder in der Mini-Notschule? Frau Czieslik: In meiner Gruppe sind die Kinder zwölf und dreizehn Jahre alt.

Aufgenommen werden aber Kinder und Jugendliche zwischen sechs und achtzehn Jahren,

wobei meistens die Störung im Grundschulalter festgestellt wird.

10. Welche Voraussetzungen gibt es, um in der Mini-Notschule aufgenommen zu werden? Frau Czieslik: Die Bedingungen sind eine Stellungnahme der Regelschule, dass das Kind

für die Schule nicht mehr tragbar ist. Dies geschieht, nachdem ein Antrag auf Gewährung

von Hausunterricht beim Amt für Schule und Bildung gestellt wurde. Weiter muss von

einem Kinderpsychiater festgestellt werden, dass das Kind nicht beschulbar ist und ein

Hausarzt oder Kinderarzt muss das Kind krankschreiben. Somit ist das Kind nicht

schulpflichtig. Die Stellungnahme vom Kinderpsychiater wird zusätzlich zur Diagnose

ADHS gestellt. Diese Stellungnahme darf auch nicht von uns durchgeführt werden,

sondern von einem externen Psychiater. Dies bedeutet für das Kind viel Stress, da für die

Stellungnahmen mindestens zwei bis drei Sitzungen notwendig sind. Sie stehen also

permanent unter Beobachtung. Sie merken, dass etwas nicht mit ihnen stimmt und das ist

für sie eine große Belastung.

11. Wie viel müssen die Eltern im Monat für den Hausunterricht bezahlen? Frau Czieslik: Die Lehrer, die hier unterrichten, werden vom Schulamt bezahlt. Die Eltern

zahlen im Monat ein Betreuungsgeld in Höhe von 250 Euro für die Psychologen, die wie

ich den Unterricht abhalten. Zusätzlich gibt es bei uns eine Hausaufgabenbetreuung, die

im Monat 100 Euro kostet.

12. Aus welchen Gründen kommen Kinder zur Mini-Notschule? In der Regelschule sind die Klassen im Gegensatz zu hier sehr groß. Die Lehrer haben

keine Zeit, sich für jeden einzelnen Schüler so viel Zeit zu nehmen, wie wir es tun. Die

Kinder mit ADHS ohne Hyperaktivität gehen in solchen Klassen völlig unter. Die Grund-

und Hauptschullehrer haben im Gegensatz zu Realschul- und Gymnasiallehrer eine

pädagogische Ausbildung. Sie können meistens ein bisschen besser mit der Störung

ADHS umgehen, aber bei den vielen Schülern in einer Klasse ist dies schwer umsetzbar.

Zum Beispiel empfehlen wir Stillarbeit. In dieser Zeit bekommt jeder Schüler von mir

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Einzelbetreuung. Jeder wird dort abgeholt, wo er gerade steht. Daher machen sie

beispielsweise in Mathe auch nicht dieselben Aufgaben. Jeder darf in seinem eigenen

Tempo arbeiten. Ich kontrolliere jede Hausaufgabe meiner vier Schüler. Weiter schaue ich

immer, ob jeder der vier die Überschriften von der Tafel abgeschrieben hat. Bei uns geht

es darum, dass jeder mitkommt im Lernstoff, somit jeder es verstanden hat und nicht, dass

wir einen bestimmten Lernstoff in einer vorgegebenen Zeit erarbeitet haben. Dadurch

bekommen die Kinder wieder Sicherheit und trauen sich auch wieder mehr zu. In den

Regelschulen ist keine Zeit für individuelle Einzelbetreuung. Bei uns hat auch jeder Schüler

bei einer Klausur soviel Zeit, wie er braucht. Am Anfang brauchen sie meistens viel Zeit,

aber es wird besser, da sie Sicherheit gewinnen und einen Erfolg erleben. Natürlich ist dies

in einer Regelschule nicht möglich. Die Lehrer müssen hier einen Lehrplan einhalten und

stehen somit unter Druck. Dazu kommt, dass im Durchschnitt etwa vier Kinder in einer

Klasse eine Aufmerksamkeitsstörung haben. Davon sind meistens nicht alle diagnostiziert

worden und bekommen somit keine Medikamente. Diese Kinder sind sehr schwierig und

unberechenbar. Dazu kommt, dass sie meistens noch zusätzliche Störungen haben wie

beispielsweise das Asperger-Syndrom (Autismus) oder eine Teilleistungsstörung wie

Legasthenie. Für einen Lehrer an der Regelschule mit ca. 28 Schülern ist es nicht

machbar, diesen Kindern gerecht zu werden.

13. Ist ADHS heilbar? Frau Czieslik: Bei ADHS gibt es keine Heilung. Die Menschen mit ADHS lernen damit

umzugehen. Im Erwachsenenalter wird es besser, da sie ihre Störung besser

kompensieren können. Beispielsweise werden den Kindern durch die heilpädagogische

Entwicklungstherapie Verhaltensweisen aufgezeigt und die Kinder erhalten ein

Strategietraining.

14. Was sollte ihrer Meinung nach von staatlicher Seite aus für ADHS-Kinder getan werden? Frau Czieslik: Es wäre toll, wenn es für ADHS Kinder eine staatlich geförderte Schule wie

für die Hörgeschädigten geben würde, eine Schule individuell auf ihre Störungen

abgestimmt. Die Sonderschule hat zwar kleine Klassen (zwölf Kinder), aber der Lernstoff

wird für die meistens ADHS Kinder zu langsam vermittelt, da viele von ihnen hochbegabt

sind. Noch besser wäre, wenn man unser deutsches Schulsystem besser an ADHS Kinder

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Seite XXV

anpassen würde. Heute wird in Schulen viel Wert auf Gruppenarbeit, selbst strukturiertes

Lernen gelegt und somit sollen die Kinder schon früh sehr selbstständig werden. Kinder mit

ADHS schwimmen in solchen für sie unstrukturierten Systemen.

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Seite XXVI

Anlage 5: Antrag auf Eingliederungshilfe

Quelle: Landratsamt Esslingen am Neckar: Antrag auf Eingliederungshilfe gemäß § 35a

KJHG. Heilpädagogische Entwicklungstherapie/Autismus-Therapie/Legasthenie-

Therapie/Arithmasthenie-Therapie

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Seite XXVII

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Seite XXVIII

Anlage 6: Formblatt J

Quelle: Landratsamt Esslingen am Neckar: Formblatt J mit Beiblatt Ärztliches Zeugnis zum

Formblatt J

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Seite XXIX

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Seite XXX

Landratsamt Esslingen

Dezernat 2 – Gesundheitsamt

SG Arzt:

Telefon: 0711/3902-

Ärztliches Zeugnis

zum Formblatt J

Name, Vorname, Geburtsdatum, Adresse

Erstellt aufgrund eigener ärztlicher Untersuchung am:

Erstellt aufgrund vorliegender Unterlagen:

1. Vorgeschichte ( insbesondere auch Beginn der Erkrankung), bisheriger Verlauf, ursächliche Faktoren, durchgeführte Behandlungen, aktuelle Betreuungssituation (ggf. auch Beschreibung der familiären oder sozialen Situation, soweit diese für die Betreuungssituation erforderlich ist):

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Seite XXXI

2. Befund und Diagnosen (medizinische Diagnosen, wenn möglich entsprechend ICD 10/DSM IV):

3. Organisch-funktionelle Störungen, Fähigkeitsstörungen und

Beeinträchtigungen (entsprechend ICIDH):

4. a) Art der vorrangigen Behinderung in Bezug auf den aus Sicht des

Arztes bestehenden Hilfebedarf (im Sinne der Eingliederungshilfe-Verordnung):

Vorrangige Behinderung: Zusätzliche Behinderung:

Körperliche Behinderung Körperliche Behinderung

Geistige Behinderung Geistige Behinderung

Seelische Behinderung Seelische Behinderung

Bei vorliegender Mehrfachbehinderung ist ausdrücklich zu

begründen, warum welche Behinderung in Bezug auf den

Hilfebedarf vorrangig ist. Bitte Begründung nachfolgend angeben:

b) Geht die Krankheit/Behinderung auf einen Unfall zurück (auch Unfall der Mutter während der Schwangerschaft) oder ist sie die Folge einer Wehrdienst- bzw. Zivildienstbeschädigung, eines Impfschadens oder einer Gewalttat?

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Seite XXXII

c) Dauer der Behinderung:

bis zu 6 Monate

länger als 6 Monate

5. a) Ziele einer Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII aus Sicht des

Arztes:

b) Empfehlenswerte Eingliederungshilfe aus der Sicht des Arztes: (Die vorgeschlagene Eingliederungshilfe soll auf die unter den Ziffern 2 – 4 gegebenen Darstellung Bezug nehmen bzw. dadurch begründet sein).

stationäre Hilfe

betreutes Wohnen

teilstationäre Hilfe

Legasthenie-Therapie

Arithmasthenie-Therapie

Heilpädagogische Behandlung

Sonstiges:

c) Voraussichtliche Dauer und Intensität der Eingliederungshilfe:

6. Erforderliche sonstige Hilfen:

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Seite XXXIII

Stellungnahme des Gesundheitsamtes und ggf. der Landesärzte für

Behinderte:

Eine

seelische Behinderung

drohende seelische Behinderung im Sinne des § 35 a SGB VIII

(Kinder und Jugendliche, die seelisch behindert oder von einer solchen

Behinderung bedroht sind, haben Anspruch auf Eingliederungshilfe. Für

Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie

die Art der Maßnahmen gelten § 53 und § 54 des SGB XII)

liegt vor

liegt nicht vor

Ergänzende Stellungnahme:

Esslingen,

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Seite XXXIV

Anlage 7: Ermittlungsbogen und Merkblatt zur Kostenheranziehung in der Jugendhilfe

Quelle: Landratsamt Esslingen am Neckar: Ermittlungsbogen und Merkblatt zur

Kostenheranziehung in der Jugendhilfe

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Seite XXXV

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Seite XXXVI

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Seite XXXVII

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Seite XXXVIII

Anlage 8: Fallzahlen der Jugendhilfe des Landkreises Esslingen

Quelle: Lutz, Regina: Fallzahlen der Jugendhilfe der Jahre 2006, 2007, 2008

Fallzahlen 2006

Jugendhilfe

Jan Feb Mär April Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez Tagespflege § 23 120 113 119 114 125 130 129 123 119 115 130 128

Tagespflege ALG II § 23 13 14 13 15 15 23 25 24 25 26 37 45

Tageseinrichtung § 22 97 95 120 120 122 127 125 123 130 127 144 146

Tageseinrichtung ALG II § 22 519 522 577 581 615 641 615 594 589 591 629 681

EH Arithmasthenie § 35a 24 24 28 26 26 27 24 24 27 29 30 37

EH Autismus § 35a 7 7 8 7 9 8 8 8 9 9 11 10

EH heilpädagogische T. § 35a 180 163 188 183 179 174 169 169 179 172 182 195

EH Integration KiGa § 35a 24 25 27 29 30 33 33 22 20 20 27 31

EH LRS § 35a 56 55 57 54 53 60 56 56 57 55 72 79

EH Schulbegleitung § 35a 1 1 1 1 1 1 2 2 1 1 1 1

EH ambulante sonstige§ 35a 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

Betreuungshelfer MJ § 30 216 209 219 216 221 235 232 218 215 213 234 232

Betreuungshelfer VJ § 41 28 30 28 27 23 30 31 30 30 30 29 31

SGA MJ § 29 366 376 369 375 373 380 378 380 338 339 336 325

JSA VJ § 13 17 17 17 16 16 17 17 11 12 12 13 14

Heimerziehung MJ § 34 177 173 169 170 165 162 159 151 149 150 145 137

Heimerziehung MJ EH § 35a 65 67 65 69 68 68 68 62 65 66 66 62

Heimerziehung VJ § 41 21 21 24 21 20 24 23 23 27 27 27 30

Heimerziehung VH EH § 41 18 18 18 18 20 19 18 18 15 15 16 18

BJW MJ § 34 10 9 8 9 8 6 6 7 9 8 9 8

BJW MJ EH § 35a 0 0 0 0 1 0 0 0 1 1 0 1

BJW VJ § 41 51 52 54 54 53 52 54 44 40 38 36 41

BJW VJ EH § 41 3 2 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0

VZP MJ § 33 210 209 212 218 216 221 220 216 219 221 227 226

VZP MJ EH § 35a 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

VZP VJ § 41 11 12 12 12 13 13 13 10 8 9 12 13

VZP VJ EH § 41 0 0 0 0 1 0 0 1 1 1 1 1

ISE MJ § 35 43 46 44 45 44 45 43 42 44 46 53 48

ISE MJ EH § 35a 3 3 2 2 2 2 2 2 3 3 3 4

ISE VJ § 41 10 9 12 13 13 15 15 16 18 19 20 25

teilstationär MJ § 32 90 89 94 96 87 86 86 83 58 53 49 51

teilstationär MJ EH § 35a 27 26 26 26 25 26 27 26 30 30 33 31

Gemeins. Wohnformen VJ §19 8 9 10 10 10 11 11 12 11 10 10 11

HZE sonstige MJ 16 16 15 15 15 16 17 20 17 13 14 16

HZE sonstige VJ 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

Notsituationen § 20 1 1 3 3 4 2 2 2 2 6 3 3

IO § 42 6 5 8 6 9 5 7 4 7 1 9 2

Gesamthilfen 2441 2420 2551 2555 2586 2663 2619 2526 2478 2459 2611 2686 Erzieherische Hilfen 1692 1646 1722 1725 1709 1742 1725 1662 1615 1600 1671 1686 Tagesbetreuungen 749 774 829 830 877 921 894 864 863 859 940 1000

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Fallzahlen 2007

Jugendhilfe

Einzelfallhilfen Jan Feb Mär April Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez Tagespflege § 23 124 124 124 122 124 123 126 127 131 135 133 130

Tagespflege ALG II § 23 46 47 46 45 46 44 46 45 40 39 41 42

Tageseinrichtung § 22 156 151 151 179 187 189 191 186 177 177 173 174

Tageseinrichtung ALG II § 22 719 744 763 791 797 790 764 738 671 656 658 638

EH Arithmasthenie § 35a 36 37 38 42 39 39 39 38 37 45 46 46

EH Autismus § 35a 10 10 10 10 9 9 9 8 8 10 11 10

EH heilpäd. Ther. § 35a 191 182 177 182 184 183 182 183 185 188 184 183

EH Integration KiGa § 35a 32 34 34 35 37 38 40 36 28 29 29 34

EH LRS § 35a 76 72 70 70 68 68 69 68 67 69 70 69

EH Schulbegleitung § 35a 0 0 0 0 0 0 0 0 1 3 3 1

EH ambulante sonstige§35a 1 1 1 2 3 3 3 3 4 4 4 4

Betreuungshelfer MJ § 30 227 234 235 241 255 248 258 248 233 250 248 241

Betreuungshelfer VJ § 41 31 35 34 34 29 24 23 25 24 27 25 26

SGA MJ § 29 308 310 308 315 316 311 291 159 112 96 96 100

JSA VJ § 13 13 13 13 12 12 12 12 12 13 10 10 10

Heimerziehung MJ § 34 139 141 146 146 144 143 140 140 155 158 162 163

Heimerziehung MJ EH § 35a 66 70 69 68 70 70 64 65 68 72 72 72

Heimerziehung VJ § 41 29 29 26 25 27 29 28 29 25 23 21 22

Heimerziehung VH EH § 41 19 16 17 19 19 19 18 15 15 15 15 16

BJW MJ § 34 9 7 7 8 7 7 10 10 5 5 7 8

BJW MJ EH § 35a 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

BJW VJ § 41 41 41 40 41 42 40 37 37 40 38 36 35

BJW VJ EH § 41 0 2 2 2 2 2 2 1 2 2 2 2

VZP MJ § 34 233 234 231 242 239 245 242 239 235 237 239 241

VZP MJ EH § 35a 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

VZP VJ § 41 13 13 15 15 15 15 19 20 20 17 16 15

VZP VJ EH § 41 1 1 1 1 1 1 1 1 0 0 1 1

ISE MJ § 35 43 41 45 44 47 49 44 40 39 40 40 41

ISE MJ EH § 35a 4 4 4 4 3 3 3 3 3 3 3 4

ISE VJ § 41 27 29 30 33 35 34 33 32 35 35 34 35

ISE VJ EH § 41 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

teilstationär MJ § 32 48 50 49 50 51 52 51 25 20 21 19 17

teilstationär MJ EH § 35a 30 30 29 29 29 29 26 19 16 17 17 18

Gemein. Wohnformen VJ §19 12 12 12 12 10 10 9 9 8 9 9 11

HZE sonstige MJ 11 11 12 13 20 20 27 26 28 34 29 35

HZE sonstige VJ 1 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2

Notsituationen § 20 3 3 3 3 3 3 3 3 2 1 1 1

IO § 42 11 12 12 8 10 11 11 11 14 12 8 11

EH sonstige (Stationär) 2 2 2 2 1 1 1 1 1 1 1 1

Gesamthilfen 2714 2746 2760 2850 2886 2869 2827 2607 2467 2483 2468 2462Davon Erzieherische Hilfen 1669 1680 1676 1713 1732 1723 1700 1511 1448 1476 1463 1478Davon Tagesbetreuungen 1045 1066 1084 1137 1154 1146 1127 1096 1019 1007 1005 984

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Seite XL

Fallzahlen 2008

Jugendhilfe

Einzelfallhilfen Jan Feb Mär April Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez Tagespflege § 23 137 140 143 145 149 155 160 159 145 139 144

Tagespflege ALG II § 23 46 46 48 47 46 45 48 46 50 47 53

Tageseinrichtung § 22 197 202 211 227 233 257 264 251 227 222 247

Tageseinrichtung ALG II § 22 735 743 773 799 842 872 890 850 772 779 802

EH Arithmasthenie § 35a 50 52 57 59 59 58 55 55 52 54 50

EH Autismus § 35a 12 12 14 14 16 17 16 16 17 17 18

EH heilpäd. Ther. § 35a 195 201 204 199 210 206 197 196 193 195 187

EH Integration KiGa § 35a 35 36 37 43 45 45 52 46 45 45 49

EH LRS § 35a 82 85 89 91 99 98 96 96 95 97 102

EH Schulbegleitung § 35a 1 2 2 2 2 2 2 2 3 4 5

EH ambulante sonstige§35a 4 4 4 4 2 2 1 1 2 2 3

Betreuungshelfer MJ § 30 262 266 269 268 266 261 252 241 241 229 234

Betreuungshelfer VJ § 41 25 24 32 28 26 24 32 32 30 29 32

SGA MJ § 29 100 100 99 102 99 98 96 82 8 5 2

JSA VJ § 13 9 9 9 9 9 9 8 7 8 8 8

Heimerziehung MJ § 34 164 162 158 161 164 163 163 163 162 163 177

Heimerziehung MJ EH § 35a 71 70 70 73 72 73 72 68 82 86 89

Heimerziehung VJ § 41 20 21 22 22 22 24 23 18 16 14 16

Heimerziehung VH EH § 41 17 15 14 17 17 17 17 15 14 15 17

BJW MJ § 34 7 7 10 9 8 9 7 8 6 5 4

BJW MJ EH § 35a 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

BJW VJ § 41 30 31 31 30 34 33 33 30 30 31 30

BJW VJ EH § 41 2 3 3 3 4 4 3 5 5 4 3

VZP MJ § 33 247 243 243 249 249 251 254 251 252 254 255

VZP MJ EH § 35a 1 1 1 1 2 2 2 2 2 2 2

VZP VJ § 41 15 14 14 15 14 15 20 20 18 18 19

VZP VJ EH § 41 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

ISE MJ § 35 48 46 45 50 56 58 60 55 59 59 60

ISE MJ EH § 35a 4 5 5 3 3 3 3 3 3 4 4

ISE VJ § 41 31 28 27 28 26 26 28 27 26 27 25

ISE VJ EH § 41 1 1 1 1 1 1 1 1 2 1 1

teilstationär MJ § 32 13 14 16 15 13 11 12 14 15 15 14

teilstationär MJ EH § 35a 19 19 19 19 19 20 20 18 19 18 19

Gemein. Wohnformen VJ §19 13 13 12 11 10 11 12 13 13 13 14

HZE sonstige MJ 36 36 35 34 30 33 34 31 32 36 39

HZE sonstige VJ 2 3 4 4 4 4 3 2 2 2 1

Notsituationen § 20 2 1 1 3 3 4 4 4 3 3 3

IO § 42 16 14 12 14 10 13 11 9 13 12 11

EH sonstige (Stationär) 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2

Gesamthilfen 2651 2670 2736 2801 2866 2926 2953 2839 2664 2656 2741 0 Davon Erzieherische Hilfen 1536 1539 1561 1583 1596 1597 1591 1533 1470 1469 1495 Davon Tagesbetreuungen 1115 1131 1175 1218 1270 1329 1362 1306 1194 1187 1246

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Anlage 9: VG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2007

Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart 9. Kammer: Eingliederungshilfe – Hilfe zur

angemessenen schulischen Bildung, Az. 9 K 2577/05, 12.01.2007

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Anlage 10: Interview mit Frau Lutz

Interview wurde geführt mit:

Dipl. Verwaltungswirtin Regina Lutz Landratsamt Esslingen

Wirtschaftliche Jugendhilfe

Pulverwiesen 11

73726 Esslingen

Tel.: 0711/3902-2557

Termin: 08.01.2009 von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr

Frau Lutz ist Sachgebietsleiterin der Wirtschaftlichen Jugendhilfe des Landratsamtes

Esslingen

1. Gewähren Sie Eingliederungshilfen für Internatsbesuche wie zum Beispiel die Münsinger Schule in Münsingen? Frau Lutz: Ja, es gibt bei uns Eingliederungshilfen in Form des Internatsbesuches für

Kinder mit ADHS. Dies sind aber Einzelfälle und werden nur dann genehmigt, wenn der

Bedarf vorliegt, wir aber keine passende Hilfe in einer anderen Einrichtung anbieten

können. Die Anspruchsprüfung läuft nach einem engen Raster ab und beinhaltet in jedem

Einzelfall die Abklärung einer (drohenden) seelischen Behinderung, der kognitiven

Fähigkeiten, die den Schluss zulassen, das Ziel des Gymnasiums zu erreichen und einer

erforderlichen Beschulung in einer Kleinstklasse. Nur wenn dieses erfüllt ist und keine

anderen Möglichkeiten vorhanden sind, gehen wir in die Leistungsgewährung.

Grundsätzlich sehen wir dies als einen schulischen Bedarf an. Wir können aber nicht

sagen „nicht“ zuständig zu sein, da § 35a Abs. 3 SGB VIII, der auf §§ 53 ff. SGB XII

hinweist, uns verpflichtet.

2. Gibt es Fälle, in denen ein persönliches Budget bezahlt wird? Frau Lutz: Nein. Es gab vereinzelte Nachfragen diesbezüglich, aber das persönliche

Budget wird bei uns nicht umgesetzt.

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3. Gibt es Entgeltvereinbarungen für ambulante Hilfeangebote? Frau Lutz: Ja, es gibt Entgeltvereinbarungen. Diese werden im Landkreis Esslingen

besonders im Hinblick auf flexible Hilfen nach § 27 Abs. 2 SGB VIII abgeschlossen und

orientieren sich am passgenauen Bedarf des jungen Menschen und werden, über den

Landkreis verteilt, mit verschiedenen freien Trägern der Jugendhilfe pauschal finanziert.

Dies dient dem Ziel „ambulant vor stationär“; dies bedeutet, frühzeitig ambulante Hilfe zu

leisten, um spätere intensive Hilfen zu vermeiden.

4. Wie ist das Verfahren beim Landkreis Esslingen bei der Eingliederungshilfe? Gibt es Schwierigkeiten bei der Übernahme der Kosten für die Stellungnahme des Arztes oder eines Psychotherapeuten? Frau Lutz: Bei uns gehen zahlreiche Anträge z. B. für heilpädagogische Therapien ein.

Diesen Anträgen liegt meist schon ein Gutachten/Diagnostik bei und wird vor

Antragstellung von den Eltern veranlasst. Diese Gutachten/Diagnostiken bedeuten für uns

kein Problem. Anders sieht es natürlich aus, wenn wir die Eltern auffordern, ein solches Gutachten zu

veranlassen. Dann wenden sich die Ärzte mit den Kosten an uns. Diese sind dann auch

von uns zu begleichen.

Wegen der Feststellung der seelischen Behinderung und Teilhabebeeinträchtigung gehen

wir wie folgt vor:

Wenn ein Antrag bei uns eingeht, senden wir die Unterlagen an den Sozialen Dienst

(Sozialarbeiter) mit der Bitte um Klärung der Anspruchsvoraussetzungen. Der soziale

Dienst bindet das Gesundheitsamt ein. Dieses testet das Abweichen der seelischen

Gesundheit vom für das Lebensalter typischen Zustand und sendet das Ergebnis zurück

an den Sozialen Dienst. Sofern bereits ein fachärztliches Gutachten vorliegt, wird das

Gesundheitsamt nur wegen der Plausibilität dieses Gutachtens „ins Boot“ geholt. Der

Soziale Dienst beurteilt dann die Teilhabebeeinträchtigung und sendet das

Gesamtergebnis zurück an die Wirtschaftliche Jugendhilfe.

Unsere Kollegen/-innen vom Gesundheitsamt sind bezüglich dieser Aufgabe speziell

weitergebildet (WHO ICD-10).

Die Kollegin vom Sozialen Dienst, die die Teilhabebeeinträchtigung feststellt, tut dies unter

Einbeziehung z.B. von Schulberichten etc. Im Zweifelsfall finden zusätzliche Gespräche

mit Eltern, Lehrern etc. statt.

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5. Werden bei ambulanten Eingliederungshilfen Hilfepläne aufgestellt, wobei Eltern, Leistungserbringer und Arzt, der die Stellungnahme erstellt hat, beteiligt werden? Frau Lutz: Die Eltern haben bei der Abgabe des Antrages auf Eingliederungshilfe konkrete

Vorstellungen, wie die Hilfemaßnahme aussehen soll. Bei dem Termin im Gesundheitsamt

sind die Eltern auch mit dabei und können dort, falls es offene Fragen geben sollte, diese

abklären.

Die Hilfen werden immer auf ein Jahr begrenzt. Wenn die Hilfe weiterhin durchgeführt

werden soll, muss vom behandelten Therapeuten ein Therapiebericht erstellt werden,

indem die Fortgewährung der Hilfe als notwendig beschrieben wird. Nach zwei Jahren wird

das komplette Verfahren wiederholt, das bedeutet, dass auch wieder das Gesundheitsamt

ein Gutachten erstellen muss. Somit wird gewährleistet, dass die Hilfeform die richtige

Hilfemaßnahme ist und die Notwendigkeit der Eingliederungshilfe weiterhin besteht.

Der Soziale Dienst fasst in seiner Stellungnahme die Ergebnisse der Fachämter

zusammen. Aus diesem Zusammenwirken der Eltern und Fachämter kommt dann die

Entscheidung zustande.

Probleme gibt es oft, wenn mit Antragstellung bereits ein fachärztlichen Gutachten

eingereicht wird, in welchem schon die „richtige“ Hilfemaßnahme angeben ist. Dies ist für

das Jugendamt in keinster Weise verbindlich. Das fachärztliche Gutachten dient lediglich

der Diagnostik.

Sieht das Jugendamt zusammen mit den Fachämtern aber eine andere Hilfe als indizierte

Maßnahme an, sind die Eltern, unwissend darüber, dass der Arzt der das Gutachten

erstellt hat, keine Stellungnahme zur Maßnahme abgeben darf, meist aufgebracht und

berufen sich auf die Aussage dieses Arztes.

6. Welcher Hilfeform ist die Integrationshilfe in der Kindertageseinrichtung zugeordnet? Frau Lutz: Integrationshilfe in eine Kindertageseinrichtung ist eine ambulante

Hilfemaßnahme gem. § 35a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII.

7. Warum ist das Gesundheitsamt bei der Feststellung einer seelischen Behinderung beteiligt, obwohl schon eine Stellungnahme eines Facharztes besteht? Was für eine Ausbildung (Qualifizierung) haben diese Ärzte?

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Frau Lutz: Beim Gesundheitsamt findet eine Plausibilitätsprüfung der Gutachten statt.

Zusammen mit dem Sozialen Dienst wird die geeignete und erforderliche Maßnahme für

den jungen Menschen festgelegt. Die Ärzte des Gesundheitsamtes sind speziell im Sinne

von § 35a Abs. 1a Nr. 3 SGB VIII geschult.

8. Warum gibt es mehr ambulante als stationäre Hilfen? Frau Lutz: Die ambulanten Hilfen sind vorzugsweise vor stationären Hilfen zu gewähren.

Ambulante Hilfen sind präventive Angebote, durch die eine stationäre Hilfe vermieden

werden soll. Außerdem versucht man immer eine Fremdunterbringung zu vermeiden, da

man die Familien nicht trennen möchte. Es ist auch zu bedenken, dass ambulante Hilfen

kostengünstiger sind.

9. Was sind Eingliederungshilfen in Form von teilstationären Maßnahmen? Frau Lutz: Bei teilstationären Hilfen handelt es sich um eine Zwischenform der ambulanten

und stationären Hilfe. Auch hierdurch soll eine Fremdunterbringung vermieden werden und

das Kind in seiner Familie verbleiben. Die Ausgestaltung findet zumeist in Form des § 32

SGB VIII (Erziehung in einer Tagesgruppe) statt. Teilstationäre Hilfen finden nach der

Schule oder dem Kindergarten statt und stellen eine intensive Betreuung des Kindes in

einer speziellen Einrichtung dar. Eine wesentliche Aufgabe ist es den jungen Menschen

eine Tagesstruktur zu vermitteln. Die Elternarbeit ist dabei eine wesentliche Aufgabe. Nur

wenn diese ihre Verhaltensweisen verändern, kann sich in der Familie etwas verändern.

10. Wenn noch keine Stellungnahme gem. § 35a Abs. 1a SGB VIII vorliegt, werden dann immer die Kosten für das Gutachten vom Jugendamt übernommen? In welcher Höhe? Frau Lutz: Wenn das Jugendamt eine Stellungnahme anfordert übernimmt es die Kosten

dafür.

Grundsätzlich werden aber, sofern noch keine Gutachten vorliegen, diese über das

Gesundheitsamt angefordert, da die dortigen Mitarbeiter, wie erwähnt, über die

notwendige Qualifizierung verfügen (§ 35a Abs. 1a Nr. 3 SGB VIII).

Wenn ein Gutachten angefordert wird, weichen die Kosten ab. Je nachdem, welche

Testung erfolgen soll.

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11. Finden Sie die „kleine Lösung“ sinnvoll? Frau Lutz: Aus Sicht der Wirtschaftlichen Jugendhilfe ist es wichtig, den Fachbereichen der

Jugendhilfe und Sozialhilfe Aufgaben eindeutig zuzuordnen. Die aktuellen

Zuständigkeitsklärungen gehen zu Lasten der jungen Menschen, da diese sehr viel Zeit in

Anspruch nehmen. Die Ämter vertreten sehr unterschiedliche Ansichten, z. B. zur Frage

der Vollzeitpflege bzw. Familienpflege. Je nach der Fallübernahme durch das Jugendamt

oder des Sozialamtes fallen sehr unterschiedliche Kostenbeteiligungen für die Eltern an.

12. Was ist das Problem bei der Verhaltenstherapie/Psychotherapie bei ADHS? Frau Lutz: Es gibt im Landkreis Esslingen zu wenige Therapieplätze für

Verhaltenstherapie; vor allem haben sich von diesen auch nur sehr wenige auf die

Therapie für Kinder und Jugendliche spezialisiert (im Landkreis Esslingen sind dies fünf).

Für diese Therapien sind die Krankenversicherungen als Kostenträger sachlich zuständig.

Bei der Verhaltenstherapie handelt es sich um eine medizinische Leistung, da ADHS als

Krankheit anerkannt ist und somit in den Katalog der Krankenkassen fällt. Für

medizinische Rehabilitation sind die Krankenkassen und die Jugendämter zuständig; die

Jugendämter allerdings im Nachrang (§ 10 SGB VIII). Da diese ADHS-Fälle meist sehr

dringend therapiert werden müssen, treten wir in Vorleistung, wenn uns die Dringlichkeit

ärztlich bestätigt wurde und die Krankenkassen nicht rechtzeitig ihrer Leistungspflicht

nachkommen, da nicht ausreichend Verhaltenstherapieplätze vorhanden sind und sie die

Verpflichtung, dann auch außervertragliche Angebote zu akzeptieren, nicht

berücksichtigen. Es wird dann eine heilpädagogische Entwicklungstherapie unter

verhaltenstherapeutischen Prämissen durchgeführt. Dies geschieht um Schaden von den

jungen Menschen abzuwenden.

Wir treten in diesen Fällen mit einer Kostenerstattungspflicht an die jeweiligen

Krankenkassen heran.

13. Gibt es Kostenerstattungen von Krankenversicherungen? Frau Lutz: Nein. Kein einziger Fall wurde von den Krankenversicherungen erstattet,

obwohl sie zuständig gewesen sind. Auf unsere Aufforderungsschreiben reagieren die

meisten Krankenversicherungen nicht oder sie lehnen die Kostenerstattung aus den

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verschiedensten Gründen ab. Wir sind nicht abgeneigt in Einzelfällen ein Klageverfahren

einzuleiten.

14. Wie lange dauert der Prozess beim Jugendamt vom Antragseingang bis zur Gewährung der Hilfe? Frau Lutz: Die Fristen sind schwierig einzuhalten, da fast immer Stellungnahmen und

Gutachten einzuholen sind und diese die Bearbeitung verzögern. Das Einhalten der Frist

für die Zuständigkeitsklärung nach § 14 SGB IX ist jedoch wichtig. Die Mitarbeiter der

Wirtschaftlichen Jugendhilfe klären diese im Rahmen der vorgegebenen zwei Wochen ab.

Die Wartezeiten beim Gesundheitsamt betragen meistens über einen Monat. Die

gesetzliche Vorgabe von sechs Wochen ist somit nicht realisierbar.

15. Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit mit Sozialem Dienst und Gesundheitsamt? Frau Lutz: Die Zusammenarbeit funktioniert gut. Wie haben eine gemeinsame

Arbeitsgruppe zum Thema „ambulante Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder

und Jugendliche“ gebildet.

16. Wenn Eingliederungshilfe für den Besuch der Mini-Notschule genehmigt wird, ist das eine ambulante oder teilstationäre Hilfe? Frau Lutz: Es ist eine ambulante Eingliederungshilfe.

17. In den Fallzahlen gibt es eine Position die „EH sonstige (Stationär)“ lautet. Sind dies die Eingliederungshilfen in Form des Internatsbesuches? Frau Lutz: Diese Hilfen beinhalten Eingliederungshilfen, für die keine spezielle

Ausgestaltungsform vorgesehen ist, die wir aber dennoch nicht einfach ablehnen können.

Wie Sie richtig vermutet haben, ist das Schulgeld für die Münsinger Schule einer dieser

Hilfen.

18. Müssen die Kinder, die die Münsinger Schule besuchen, auch von der allgemeinen Schulpflicht befreit werden, wie bei der Mini-Notschule? Frau Lutz: Nein, es handelt sich dabei lediglich um eine Privatschule. Die können dort auch

Kinder aufnehmen, die von der staatlichen Schule keine Gymnasialempfehlung haben (ist

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bei ADHS-Kindern oft nicht der Fall, da sie verhaltensauffällig sind und durch ihr Verhalten

nicht in der Lage sind ihre Fähigkeiten richtig einzubringen).

19. Wird das Amt für Schule und Bildung zur „richtigen“ Beschulung eines Kindes herangezogen?

Frau Lutz: Wir prüfen in 3 Schritten.1. Es muss eine seelische Behinderung vorliegen oder

drohen; 2. die kognitiven Fähigkeiten müssen abgeklärt sein und 3. Eine Beschulung muss

definitiv in einer Kleinstklasse erfolgen. Punkt 2 und 3 prüft bei uns derzeit das Staatliche

Schulamt (Schulpsychologische Beratungsstelle).

20. Wie viel wird monatlich an Eingliederungshilfe für den Besuch der Münsinger Schule vom Jugendamt bezahlt? Frau Lutz: Das Schulgeld beträgt im Höchstfall 934,00 Euro.

21. Ist der Besuch der Münsinger Schule eine ambulante Eingliederungshilfemaßnahme?

Frau Lutz: Ja, es wird kein Kostenbeitrag erhoben.

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Anlage 11: Auszug aus Broschüre „ADHS – was bedeutet das?“

Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): adhs.

aufmerksamkeitsdefizit/hyperaktivitätsstörung…was bedeutet das?, Ausgabe 5.70.10.07,

Druckerei Evers, Meldorf 2006

(…)

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Anlage 12: Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge Menschen mit der Diagnose ADS/ADHS

Quelle: Lutz, Regina: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche

gemäß § 35a Sozialgesetzbuch, Achtes Buch (SGB VIII), 2008

323.1-457.1/Lutz 21.10.2008 Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gemäß § 35a Sozialgesetzbuch, Achtes Buch (SGB VIII) Problematik der Diagnose, Zuständigkeit und Leistungsgewährung für junge

Menschen mit der Diagnose ADS/ADHS

1. Was ist ADS/ADHS

ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit/-Hyperaktivitätsstörung. Sie

zählt zu den häufigsten diagnostizierten Störungen im Kinder- und

Jugendbereich.

Aufmerksamkeitsstörungen beschreiben ein unaufmerksames Verhalten wodurch

die Betroffenen in ihrer Leistungsfähigkeit und ihrem psychosozialen Verhalten

deutlich eingeschränkt sind. Kinder mit einer entsprechenden Störung weisen

häufig schlechte Schulleistungen auf, erreichen teilweise nicht das Klassenziel,

die Interaktion zwischen Eltern und Kindern ist oft sehr stark belastet und im

unbehandelten Zustand kommt es regelmäßig zur Entwicklung von weiteren

psychischen Störungen. Neben dem Symptomkomplex der geringen

Aufmerksamkeit und Ausdauer gehört zu den Aufmerksamkeitsstörungen häufig

auch hyperaktives und impulsives Verhalten.

2. Rechtliche Zuordnung von ADS/ADHS

Beim Kreisjugendamt werden bei der Diagnose „ADS/ADHS“ von den

Betroffenen, vertreten durch die sorgeberechtigten Eltern, zahlreiche Anträge auf

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Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a

SGB VIII gestellt. Diese Störung ist jedoch in der internationalen Klassifikation

von Krankheiten (ICD 10) aufgeführt und stellt eine übergeordnete psychische

Krankheit dar. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie sieht

für die Behandlung dieser Störung psychotherapeutische Maßnahmen vor. Die

Psychotherapie/Verhaltenstherapie ist eine Leistung der Krankenkasse nach §

28 Abs. 3 SGB V.

Viele der Betroffenen entwickeln ohne entsprechende Behandlung mittels

Verhaltenstherapie psychotherapeutische Auffälligkeiten wie Depressionen und

Persönlichkeitsstörungen mit Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der

Gemeinschaft. Bei Vorliegen oder Drohen einer seelischen Behinderung handelt

es sich dann gleichzeitig um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation

gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX.

Für Leistungen der Krankenbehandlung ist die im Einzelfall die maßgebliche

Krankenkasse zuständig; für medizinische Rehabilitationsleistungen sind nach §

6 Abs. 1 Nr. 1) und 6) i.V.m. § 5 Nr. 1 SGB IX die Krankenkasse und das

Kreisjugendamt sachlich zuständig; wobei die Leistungen der Krankenkasse

entsprechend § 10 Abs. 1 SGB IIIV vorrangig zu erbringen sind.

3. Verfahren der Leistungsgewährung seit 01.01.2007 Die Krankenkassen übernehmen die Kosten nach dem SGB V bislang nur dann,

wenn ein Psychologe mit Kassenzulassung für die Psychotherapie zur Verfügung

steht. Ist dies nicht der Fall, lehnen diese in der Regel die Kostenübernahme ab.

Zwar ist der Versorgungsgrad für Psychotherapeuten im Landkreis Esslingen

grundsätzlich auskömmlich, davon sind aber nur sehr wenige im Bereich der

Kinder- und Jugendpsychotherapie tätig und decken nur knapp 1/3 des Bedarfs

der ambulanten Hilfen für Kinder und Jugendliche (Aussage Frau Longen vom

20.02.2008).

Steht ein Therapeut mit Kassenzulassung nicht zur Verfügung lehnen die

Krankenkassen in der Regel die Kostenübernahme ab. Dies widerspricht § 13

Abs. 3 SGB V. Sofern eine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht

rechtzeitig erbringen kann oder sie eine Leistung zu unrecht abgelehnt hat und

dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, sind

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diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die

Leistung notwendig war.

Das Jugendamt gewährt auf Antrag Leistungen für seelisch behinderte oder von

einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche nach § 35a SGB

VIII. Die Hilfe nach dieser Rechtsgrundlage ist dann zu leisten, wenn es sich um

eine heilpädagogische Maßnahme handelt, welche die sozialen Folgen der

Krankheit durch Integration in die Schule und das soziale Umfeld abmildern soll.

Die Maßnahmen, die im Rahmen von zahlreichen statt findenden

heilpädagogischen Maßnahmen erbracht werden, entsprechen aber aus unserer

Sicht denen der Psychotherapie; auch wenn die Therapeuten keine

kassenärztliche Zulassung besitzen. Zielsetzung ist auch hier durch den Einsatz

psychotherapeutischer Verfahren (z.B. Verhaltenstherapie,

Selbstinduktionstraining, Training sozialer Kompetenz) die krankheitsbedingte

Behinderung selbst zu verbessern und nicht nur die Folgen der Krankheit

abzumildern. Es handelt sich somit um medizinische Rehabilitationsleistungen,

deren Zuständigkeit bereits unter Punkt 2. erläutert wurde.

Damit allerdings die Klärung der Zuständigkeit nicht zu Lasten der jungen

Menschen geht, wird, sofern die Krankenkasse in einer angemessenen Frist kein

angemessenes Angebot für einen Psychotherapeuten mit Kassenzulassung

macht, die Hilfe seitens des Kreisjugendamtes weiter geprüft und gegebenenfalls

im Rahmen des § 35a SGB VIII erbracht und unter Bezugnahme von § 13 Abs. 3

SGB V und § 15 Abs. 1 SGB IX (Erstattung selbst beschaffter Leistungen) durch

Kostenerstattung nach §§ 102 ff SGB X gegenüber der zuständigen

Krankenkasse geltend gemacht.

4. Bisheriger Verlauf des Verfahrens seit 01.01.2007

Das Vorgehen des Kreisjugendamtes ist hinsichtlich der rechtlichen Vorgaben

der Sozialgesetzbücher V, IIIV, IX und X abgesichert und auch mit Blick auf die

Zielsetzung, junge Menschen nicht wegen der Klärung der Zuständigkeit zu

benachteiligen, sehr sinnvoll.

Nachdem das Verfahren nun seit einiger Zeit angewandt wird, werden allerdings

bei der Umsetzung zahlreiche Probleme bei verschiedenen Verfahrensbeteiligten

deutlich:

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• Die sorgeberechtigten Eltern

Die Eltern, die zur Antragstellung berechtigt sind, können nicht verstehen bzw.

wollen es nicht akzeptieren, dass Sie sich parallel zur Antragsstellung beim

Kreisjugendamt an die zuständige Krankenkasse wenden müssen, um dort den

Anspruch auf die medizinische Leistung durch die Inanspruchnahme einer

Psychotherapie bzw. Verhaltenstherapie geltend zu machen. Dies ist allerdings

unerlässlich, da sonst eine Leistungsgewährung durch das Kreisjugendamt nicht

möglich ist bzw. bei Leistungserbringung keine Kostenerstattung gegenüber der

Krankenkasse geltend gemacht werden kann.

Die Eltern sind dazu verpflichtet vor der Leistungsgewährung durch das

Kreisjugendamt nachzuweisen, dass Sie sich an einige kassenzugelassenen

Psychotherapeuten gewandt haben und dort keine freien Therapieplätze

vorhanden sind. Ferner muss ärztlich belegt sein, dass eine Maßnahme dringend

angezeigt ist.

Diese Nachweise sind auch der Krankenkasse vorzulegen und es ist dort deutlich

zu machen, dass der Wunsch eine Psychotherapie bzw. Verhaltenstherapie

aufzunehmen besteht und dies in einer angemessenen Frist erfolgen soll.

Bei fehlender Mitwirkung der Eltern, müssen die Leistungen nach §§ 60 und 66

SGB I abgelehnt werden. Dies führt dann wiederum zu Beschwerden und

Widersprüchen. Das Vorgehen wird seitens der Eltern als Schikane erlebt.

Der rechtliche Hintergrund, die Kosten dem zuständigen Sozialleistungsträger

zuzuordnen und vorrangige Angebote anzunehmen, ist den Eltern teilweise nur

sehr schwer zu vermitteln. Auch nach zahlreichen persönlichen Gesprächen

funktioniert die Zusammenarbeit mangels Kooperation und Verständnis der

Eltern nicht zufriedenstellend.

• Die Therapeuten

Wie bereits erwähnt gibt es für Psychotherapien zu wenig kassenzugelassene

Therapeuten, die im Bereich der Kinder- und Jugendpsychotherapie tätig sind.

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Bei diesen wird nun vermehrt wegen freien Plätzen angefragt, worauf sie

verärgert reagieren, da sie keine Angebotsmöglichkeiten haben und sich durch

die zahlreichen Anrufe belästigt sehen.

Einige Therapeuten, die keine Kassenzulassung haben und auf dem Gebiet der

heilpädagogischen Maßnahmen tätig sind, beeinflussen die Eltern in der Weise,

dass sie Ihnen auf den Weg geben, eine Psychotherapie wäre nicht die

Maßnahme für ihr Kind und es käme lediglich eine heiltherapeutische Maßnahme

in Frage. Dies erschwert die Zusammenarbeit des Kreisjugendamtes mit den

Eltern zusätzlich, da dies die Akzeptanz sich an die Krankenkassen zu wenden,

nochmals verringert und die Eltern auch verunsichert.

Die richtige Maßnahme ist allerdings vom Kreisjugendamt festzustellen und nicht

von den Ärzten, welche die Diagnose „ADS/ADHS“ stellen und auch nicht von

den Therapeuten.

• Die Krankenkassen

Ihrer Verpflichtung, Maßnahmen der Krankenbehandlung für ADS/ADHS-kranke

Kinder zu leisten, kommen die Krankenkassen nur in sehr eingeschränkter Form

nach. Die Beratung den Eltern gegenüber ist sehr mangelhaft. So werden diese

z.B. nicht darauf hingewiesen, dass auch außervertragliche Therapeuten für die

Behandlung in Frage kommen, wenn sie die entsprechende Qualifizierung

vorweisen können und kassenzugelassene Therapeuten nicht zur Verfügung

stehen.

Wenn das Kreisjugendamt in Vorleistung geht, da nach angemessener Frist

durch die Krankenkasse keine Leistung erfolgt ist und daraufhin Kostenerstattung

geltend macht, werden diese Erstattungsanzeigen zu 100% abgelehnt mit dem

Hinweis darauf, dass heilpädagogische Maßnahmen nicht in den

Zuständigkeitskatalog der Krankenkassen fallen. Dies geschieht auch dann,

wenn auf die Beantragung bzgl. Leistungen nach § 35a SGB VIII hingewiesen

wird und die Krankenkasse bereits im Vorfeld auf ihre vorrangige und zeitnahe

Leistungsverpflichtung hingewiesen wurde und sie diese nicht erfüllt hat.

Der Verfahrensweg wird durch die Krankenkassen absichtlich hinausgezögert.

Auf unser Argument, dass die Leistungen der heilpädagogischen Maßnahmen

unter verhaltenstherapeutischen Prämissen denen der Psychotherapie bzw.

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Verhaltenstherapie entsprechen, wird gar nicht eingegangen. Nachfragen, warum

die Krankenkassen keine außervertraglichen Leistungen erbringen, werden nicht

beantwortet.

Auf Schreiben die im Vorfeld der Leistungsgewährung durch das Kreisjugendamt

an die Krankenkassen gerichtet werden, erfolgt teilweise keine Reaktion. Erst

nach mehrmaliger Anmahnung erhalten wir Auskunft über den Verfahrensstand

bei den Krankenkassen.

• Das Gesundheitsamt

Wenn wegen ADS/ADHS eine Eingliederungshilfe beim Kreisjugendamt

beantragt wird ist in jedem Fall abzuklären, ob eine seelische Behinderung

vorliegt oder droht.

Voraussetzung hierfür ist, dass die seelische Gesundheit mir hoher

Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen

Zustand abweicht und dadurch die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

beeinträchtigt ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzung prüft das Gesundheitsamt

im Benehmen mit dem Sozialen Dienst.

Durch die hohe Auslastung des Gesundheitsamtes ist eine zeitnahe

Terminvergabe zur Feststellung der seelischen Gesundheit oft nicht möglich, was

sich auf die Zeitdauer bis zur Entscheidung über den Antrag auswirkt.

Bei den Fällen mit ADHS stellt das Gesundheitsamt zu einem hohen Prozentsatz

eine (zumindest drohende) seelische Behinderung fest. Allerdings geht aus der

Stellungnahme wegen verschiedener zusätzlicher Beeinträchtigungen, die

vorhanden sein können, z.B. Schulphobie, oppositionelles Verhalten oder ADHS-

Mischtyp nicht immer eindeutig hervor, welche Therapie nun die Richtige ist.

Wenn das Gutachten des Gesundheitsamtes bezüglich der indizierten Therapie

von einer fachärztlichen Diagnose abweicht, in der bereits ein Vorschlag zur

Therapieform gemacht wurde, bedingt dies zusätzliches Unverständnis seitens

der Eltern.

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Fazit All diese nun genannten Faktoren bedingen einen enormen

Verwaltungsaufwand, der sehr viel Arbeitszeit bindet und letzten Endes nicht zu

einem zufriedenstellenden Ergebnis führt, da:

- zeitnahe Entscheidungen oft nicht möglich sind, obwohl dies Zielsetzung des Vorgehens ist

- die Zusammenarbeit mit den betroffenen Kindern und deren Eltern erschwert ist und zu Unzufriedenheit und mangelnder Akzeptanz führt, was letzten Endes dem Ansehen unsere Hauses schadet

- die Krankenkassen sich auch weiterhin auf vielfältige Weise aus Ihrer Verantwortung ziehen

5. Fallzahlenentwicklung Aktuell gewährt das Kreisjugendamt an 193 junge Menschen heilpädagogische

Maßnahmen im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. Bei

ca.100 Fällen ist eine ADS/ADHS in Reinform festgestellt. Fälle, bei denen die

Psychotherapie bzw. Verhaltenstherapie eindeutig die vorrangig indizierte Hilfe

ist. Die Diagnose ADS/ADHS wird in den letzten Jahren immer häufiger gestellt,

so dass die Problematik auf künftig vermehrt auftreten wird. Die Kosten pro Fall

und Jahr liegen bei ca. 3.000,00 Euro.

6. Vorgehen anderer Landkreise Das Kreisjugendamt Rems-Murr wickelt seine Antragsbearbeitung analog der

Bearbeitung des Kreisjugendamtes Esslingen ab. Allerdings ist die Problematik

des Versorgungsgrades mit kassenzugelassenen Psychotherapeuten für Kinder

und Jugendliche sowohl im Rems-Murr-Kreis als auch im Landkreis Göppingen

und Böblingen besser als im Landkreis Esslingen, was das Fallzahlenaufkommen

bei den jeweiligen Jugendämtern entschärft. Der Landkreis Ludwigsburg hat

allerdings eine ähnliche unzureichende Versorgungslage wie der Landkreis

Esslingen (Aussage Frau Longen 20.02.2008).

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Im Landkreis Esslingen kommt allerdings erschwerend hinzu, dass eine hohe

Anzahl von Praxen für heilpädagogische Maßnahmen besteht (z.B. Frau

Neuhaus, Frau Binzer).

Entgegen unserem Vorgehen haben die Landkreise Rems-Murr, Ludwigsburg

und die Stadt Stuttgart zur Prüfung der Abweichung der seelischen Gesundheit

Vereinbarungen mit der Gutachterstelle der Klinik für Kinder- und

Jugendpsychiatrie am Olgahospital in Stuttgart bzw. der ZfP Weinsberg

geschlossen.

Aussagen des Rems-Murr-Kreises, der Stadt Stuttgart und des Landkreises

Ludwigsbug zufolge funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut.

Das Kreisjugendamt Rems-Murr berichtete über die Ergebnisse der

Gutachterstelle der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Olgahospital Stuttgart,

dass bei den zum Gutachten vorstelligen jungen Menschen bei ca. 95% zwar

eine ADS/ADHS-Erkrankung diagnostiziert wurde, aber nur bei ca. 40% dieser

Fälle eine seelische Behinderung daraus resultiert.

Die Kosten für ein kleines Gutachten (Typ A) das die Anamnese, die

Psychopathologie, den Schweregrad, die Diagnose nach ICD 10 und die

Feststellung zum Anspruch auf Eingliederungshilfe beinhaltet, belaufen sich auf

150,00 Euro pro Fall.

7. Rechtmäßigkeit der Vereinbarung zwischen Kreisjugendamt und Gutachterstelle

Im Rems-Murr-Kreis wurde bereits über eine Klage vor dem Verwaltungsgericht

Stuttgart entschieden, die § 35a SGB VIII bzgl. der beauftragten Gutachterstelle

zum Inhalt hatte.

Grund der Klage war, dass das Kreisjugendamt Rems-Murr die

Leistungsgewährung wegen fehlender Mitwirkung nach §§ 60 und 66 SGB I

abgelehnt hat. Die Antragsteller, Eltern eines Kindes mit ADHS, sind in diesem

Fall nicht zum Termin bei der Gutachterstelle erschienen.

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Als Begründung wurde damit argumentiert, dass es sich dort um

Gefälligkeitsgutachten handeln würde, da diese vom Rems-Murr-Kreis bezahlt

würden.

Seitens des Gerichts wurde das Kreisjugendamt Rems-Murr aufgefordert

folgende Stellungnahme bei der Gutachterstelle im Olgahospital einzuholen und

einzureichen:

- Welche Qualifikation haben die in der Gutachterstelle beteiligten Personen

- Welche fachlichen Grundlagen und Erkenntnisse sind für die Stellungnahme maßgeblich

- Ist die Mitwirkung der Antragsteller/Kläger erforderlich

Nach Eingang dieser Stellungnahme sah das Verwaltungsgericht Stuttgart

keine

Punkte, die gegen die Vereinbarung sprechen.

8. Vorschlag

Das Kreisjugendamt schlägt daher vor, sich dem Vorgehen der Landkreise

Rems-Murr, Ludwigsburg und der Stadt Stuttgart anzuschließen und ebenfalls

eine Vereinbarung mit dem für den Landkreis Esslingen örtlichen zuständigen

Träger, der Gutachterstelle der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Olgahospital in

Stuttgart, abzuschließen.

Dieses Vorgehen ist geeignet um von einem unabhängigen Arzt für Kinder- und

Jugendpsychiatrie ein fachlich fundiertes Gutachten zu erhalten.

Nur bei Fällen, bei denen eine seelische Behinderung vorliegt, ist eine Prüfung

nach

§ 35a SGB VIII erforderlich. Sofern diese nicht festgestellt wird, müssen sich

Eltern und Krankenkassen intensiver um Lösungen kümmern, da der Weg über

das Kreisjugendamt, mangels Tatbestandsvoraussetzungen, ausgeschlossen ist.

Auf diese Weise kann erreicht werden, dass die vorrangig verpflichteten Träger,

die Krankenkassen, inhaltlich und finanziell Ihre Aufgaben übernehmen müssen.

Regina Lutz

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Anlage 13: Interview mit einer Mutter, deren Kind ADHS hat

Interview wurde geführt mit:

Interview wurde anonymisiert,

da das Kind der Befragten zur

Zeit Eingliederungshilfe vom

Landratsamt Esslingen erhält

Termin: 20.01.2009 von 09.30 Uhr bis 11.00 Uhr

Das Kind der Befragten besucht die Mini-Notschule und macht eine Verhaltenstherapie bei

Frau Neuhaus (vgl. Anlage 4: Interview mit Anja Czieslik). Die Familie ist öfters

umgezogen, daher war nicht nur das Jugendamt Esslingen zuständig.

1. Welche Form von ADHS hat ihr Kind? Mein Sohn hat ADHS mit Hyperaktivität, aber auch das Asperger-Syndrom und eine leichte

Form des Tourette-Syndroms.

2. Wie und in welchem Alter wurde die Störung bemerkt? Bereits in der ersten Klasse hatte mein Sohn bis zum ersten Schulhalbjahr schon vier

Schulen besucht. Dann kam er auf eine Erziehungshilfeschule, aber dort hat mein Sohn

große Ängste entwickelt. Er wollte nicht mehr alleine in die Schule, hatte große Angst vor

den Pausen. Daraufhin habe ich das Jugendamt um Hilfe gebeten. Aber leider habe ich

keine Hilfe erhalten. Das Jugendamt konnte nicht einmal eine Betreuungsperson, die

meinen Sohn zum Unterricht begleitet, stellen. Das Problem war hier, dass er nicht an

einer Regelschule unterrichtet wurde, hier hätte man einen Integrationshelfer bekommen.

3. Wie wurde die Störung diagnostiziert? Bei der Einschulung hatte man sich schon gedacht, dass mein Sohn ADHS hat, aber

ärztlich diagnostiziert wurde es dann Anfang des zweiten Schuljahres durch einen

Facharzt aus Stuttgart.

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4. Erhalten Sie eine Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII? Mein Sohn besucht seit September 2008 die Mini-Notschule und macht auch seit diesem

Zeitpunkt eine Verhaltenstherapie bei Frau Neuhaus.

Ich habe im September 2008 einen Antrag zur Übernahme des Schulgeldes der Mini-

Notschule gestellt. Bis heute habe ich aber noch keine Zusage oder Absage erhalten.

Wenn das Schulgeld nicht übernommen wird, dann bin ich ruiniert, da ich bis jetzt in

Vorleistung getreten bin und mein Erspartes dazu benutze.

Die Therapeutische Behandlung bei Frau Neuhaus wird vom Jugendamt übernommen.

Der Antrag wurde nach vier Monaten genehmigt.

5. Woher haben Sie erfahren, dass es beim Jugendamt Eingliederungshilfen gibt? Ich habe nicht gewusst, dass es beim Jugendamt Eingliederungshilfen gibt. Nach der

Diagnose des Facharztes habe ich ihn nach Therapien gefragt und dieser hat dann auf das

Jugendamt verwiesen. Daraufhin habe ich beim Jugendamt nachgefragt und dort hieß es,

es gäbe nur Spieltherapien.

6. Fühlen Sie sich gut informiert und beraten (über ihre Rechte und Möglichkeiten)? Nein, ich wurde nicht gut beraten. Ich habe beim Jugendamt ganz unbedarft nachgefragt,

da ich keine Ahnung hatte, welche Hilfen vom Jugendamt gewährt werden, aber leider

hatte man mir damals nicht mitgeteilt, dass es Eingliederungshilfen gibt. Mir waren lediglich

teilstationäre und stationäre Erziehungshilfen ein Begriff. Ich habe gehofft, dass das

Jugendamt mich über die verschiedenen Möglichkeiten und Therapieformen aufklärt, aber

dies ist leider nicht geschehen.

7. Ist das Verfahren zur Gewährung einer Eingliederungshilfe für Sie nachvollziehbar? Nein. Man hat mir nur mitgeteilt, dass die Informationen über uns vom Sozialen Dienst an

das Jugendamt weiter geben werden.

8. War das Verfahren für ihr Kind schwierig bezogen auf die vielen Gutachten, Befragungen, Termine? Ja, es wurden viele Gutachten erstellt. Das ständige Irgendwo-hin-gehen und ständig

irgendwelche Tests über sich ergehen zu lassen, ist für die Kinder eine große Belastung.

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9. Was finden sie problematisch beim Vorgehen des Jugendamtes? Das Problematischste, finde ich ist, dass die Mitarbeiter des Jugendamtes sich nicht selbst

einen Eindruck über das Kind machen. Sie hören sich Meinungen von irgendwelchen

Erziehern oder von anderen Leuten an, die nur hinter ihrem Schreibtisch hocken, und

treffen danach Entscheidungen über das Kind, obwohl sie es noch nie gesehen haben. Die

Mitarbeiter vom Jugendamt veranlassen etwas, ohne mit mir oder meinem Sohn darüber

gesprochen zu haben.

10. Hat ein Hilfeplangespräch mit allen Beteiligten statt gefunden? Nein, solch ein Gespräch hat nie statt gefunden.

Und ich glaube auch in unserem Fall ist dem Jugendamt Stuttgart ein Fehler unterlaufen.

Es hat gemeinsam mit der Therapeutin, die die Spieltherapie durchgeführt hat, ohne mich

zu Fragen entschieden, dass mein Sohn auf eine teilstationäre Schule gehen soll. Es hat

auch nicht das Gutachten von Frau Neuhaus beachtet, das damals schon vorlag und

indem für eine ambulante Therapie eine Empfehlung bescheinigt wurde. Ich hatte das

Gefühl, ich habe keine Alternative und deshalb habe ich unterschrieben. Heute weiß ich,

dass das Richtige damals schon eine Therapie bei Frau Neuhaus gewesen wäre. Es hätte

damals seine Situation gerettet. Die Schule, in die mein Sohn geschickt wurde, war

überhaupt nicht geeignet für autistische Kinder. Die Mitarbeiter konnten damit überhaupt

nicht umgehen. Seine Probleme wurden immer größer. Daraufhin musste er für

zweieinhalb Wochen in die Psychiatrie des Olgahospitals. Ich habe gespürt, dass es

meinem Sohn immer schlechter geht, aber man hat mir nicht geglaubt, sondern nur den

Mitarbeitern der teilstationären Schule. Man hat dann über mich behauptet, ich wäre

alkoholsüchtig und ich würde meinem Sohn die Probleme einreden. Mein Sohn kam dann

in eine stationäre Einrichtung, nachdem man mir gesagt hatte, ich soll einen Antrag auf

Erziehungshilfe stellen. In dieser Einrichtung sollte er wieder lernen, wie man in eine

Schule geht und pro Tag könnte er nur eine Stunde Unterricht erhalten. Erst später habe

ich erfahren, dass ambulante Hilfen eigentlich vor stationären Hilfen kommen sollten.

Meinem Kind ging es auch nicht in der stationären Einrichtung besser. Mein Sohn hat

beispielsweise noch Tics bekommen und körperlich ging es ihm immer schlechter. Dann

bekam ich eine Vorladung des Gerichts. Mir wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht

entzogen. Ich durfte meinen Sohn ein dreiviertel Jahr nicht sehen. Warum ich meinen

Sohn am Wochenende nicht abhole, hat man ihm nicht erklärt. Man hat ihn im Ungewissen

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gelassen. In dieser Zeit hat mein Sohn nichts vom Unterricht mitbekommen. Ein Lehrer hat

in einem Protokoll niedergeschrieben, dass er stundenlange Schreianfälle hatte und

obszöne Sachen gesagt hätte. Schulisch ging in dieser Zeit nichts voran. Trotzdem hat das

Jugendamt diese Einrichtung für gut empfunden.

Jetzt in der Mini-Notschule kam heraus, dass er in manchen Dingen auf dem Standpunkt

eines Zweitklässlers oder Drittklässlers ist, obwohl er eigentlich die siebte Klasse

besuchen würde.

Ich hoffe einfach, dass mein Sohn noch irgendeinen Schulabschluss machen kann. Zum

ersten Mal bei den vielen Schulen, die mein Sohn schon besucht hat, kann ich bei

Problemen auf die Schule zugehen und es kommt dabei was raus. Die Probleme können

gelöst werden. Dies ist eine ganz neue Erfahrung für mich.

11. Was würden Sie anders machen, wenn Sie das Verfahren steuern würden? Ich würde mir wünschen, dass einem die einzelnen Hilfen aufgezeigt werden, woher soll

man das alles auch wissen.

Vor Kurzem habe ich eine neue Sachbearbeiterin bekommen, die sehr engagiert ist und

diese hat aufgezeigt, was es auch für finanzielle Hilfen gibt. Nach so langer Zeit habe ich

Tipps erhalten.

12. War es schwierig, die richtige Hilfe für Ihr Kind zu finden? Ja, ganz eindeutig. Damals hatte man mir gesagt, es würde nur noch ein Heim für

Erziehungshilfe in Frage kommen.

13. Hat die Zusammenarbeit Schule und Jugendamt geklappt? Die Lehrer haben Beurteilungen geschrieben, diese wurden aber nicht berücksichtigt.

Aber bei Beendigung der stationären Unterbringung hat ein Lehrer der dortigen Schule den

Anstoß für den Wechsel der Hilfemaßnahme gegeben, welcher durch das Jugendamt

berücksichtigt wurde.

14. Ist es schwierig einen Therapeuten zu finden? Nein, in meinem Fall nicht. Frau Neuhaus hatte schon in ihrem Gutachten einen

Therapieplatz bestätigt.

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15. Haben Sie einen Antrag auf Kostenerstattung bei Ihrer Krankenversicherung gestellt? Ich hatte bei meiner Krankenkasse angefragt, aber diese teilte mir mit, es sei das

Jugendamt zuständig.

16. Erhalten Sie noch zusätzliche Hilfen? Nein. Vor zwei Jahren habe ich selbst herausgefunden, dass ich wahrscheinlich Pflegegeld

erhalten würde, da mein Sohn sehr wahrscheinlich in Pflegestufe eins eingestuft werden

würde. Ich habe es aber nicht beantragt. Es hätte bedeutet, dass schon wieder ein Arzt

mein Kind untersucht und wir hätten aufzeigen müssen, wie viel Schwierigkeiten wir zu

Hause haben. Es wird einem wieder vor Augen geführt wie unnormal das eigene Kind ist.

Und da diese Hilfe wahrscheinlich sehr gering sein wird, habe ich mich jetzt nicht mehr

weiter darum gekümmert.

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Anlage 14: Ausgefüllter Fragebogen durch Herr Mandel

Fragebogen Wurde ausgefüllt von:

Klaus-Dieter Mandel

Am Ring 22

71686 Remseck

Tel.: 07146/979273

1. Welche Form von ADHS hat ihr Kind? Daniel hat ADHS mit Hyperaktivität und extremer Angststörung, da er schon sehr viel in

anderen Schulen mitgemacht hat.

2. In welchem Alter wurde die Störung bemerkt? Wir Eltern haben es eigentlich schon im Alter von ca. 3,5 Jahren bemerkt. Ärztlich

festgestellt wurde es bei Daniel in der 1. Klasse im Alter von ca. 6 Jahren.

3. Erhalten Sie eine Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz)? Welche Eingliederungshilfe erhalten Sie? Wir kämpfen seit ca. 3 Jahren das uns das Jugendamt die Schule (Mini-Notschule) in

Esslingen bezahlt.

4. Wie lange hat es gedauert bis ihr Antrag genehmigt wurde? Nach über 3 Jahren Kampf mit Anwalt etc. haben wir das Jugendamt soweit, dass es uns

die Schule und die Therapie bezahlt. Es ist, denke ich, nur noch das Formelle.

5. Hat ein Hilfeplangespräch mit allen Beteiligten statt gefunden? Finden diese regelmäßig statt? Seit Daniel in Esslingen ist, ist der Lehrer-Elternkontakt sehr intensiv. Die Zusammenarbeit

ist super.

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6. Woher haben Sie erfahren, dass es beim Jugendamt Eingliederungshilfen gibt? Von meinen (Daniels) Ärzten vom SPZ Stuttgart, Olgahospital.

7. Fühlen Sie sich gut informiert und beraten (über ihre Rechte und Möglichkeiten)? Vom Jugendamt nicht, aber von unseren Ärzten finde ich mich sehr gut beraten. Und vor

allem von der Praxis Neuhaus bekommen wir immer wieder sehr gute Informationen.

8. War das Verfahren zur Gewährung einer Eingliederungshilfe für Sie nachvollziehbar? Nein, denn das Jugendamt hat sich immer wieder quergestellt, bis wir einen Anwalt

eingeschaltet haben.

9. War das Verfahren für ihr Kind schwierig bezogen auf die vielen Gutachten, Befragungen und Termine? Teilweise.

10. Was finden sie problematisch beim Vorgehen des Jugendamtes (bezogen auf Gutachten des Gesundheitsamts, Diagnostiker darf nicht der Therapeut sein) Was uns aufgefallen ist, aus eigener Erfahrung und auch von anderen Eltern und

Zeitungsberichten, dass das Jugendamt keine Ahnung von ADS/ADHS hat.

11. Was würden Sie anders machen, wenn Sie das Verfahren steuern würden? (Verbesserungsvorschläge) Ich würde auf die Eltern hören (die ihr Kind kennen) und vor allem auf die Fachärzte, die

die Diagnose stellen.

12. Ist die Fortgewährung der Hilfe problematisch?

Von der Praxis Neuhaus aus nicht. Vom Jugendamt weiß ich noch nicht. Es läuft alles

noch über den Anwalt.

13. War es schwierig die richtige Hilfe für ihr Kind zu finden? Wurde die Hilfe vom Jugendamt vorgeschlagen oder war es ihre eigene Idee?

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Das Jugendamt wollte mein Kind in ein Heim stecken, weil er ADHS hat. Dann habe ich

dank anderer Eltern und Ärzte die Praxis Neuhaus gefunden.

14. Hat die Zusammenarbeit Schule und Jugendamt geklappt? Nein, nicht wirklich.

15. War/ist es schwierig einen Therapeuten zu finden (lange Wartezeiten)? Nein. Schwierig nicht und die Wartezeiten gingen auch.

16. Haben Sie einen Antrag auf Kostenerstattung (medizinische Rehabilitation) bei Ihrer Krankenversicherung gestellt? Wir haben schon zwei Mal einen Kurantrag gestellt, der auch immer wieder abgelehnt

wurde, weil ADHS angeblich keine Auswirkung auf seine spätere Berufszukunft hat.

Anmerkung von Herrn Mandel Leider wird in Deutschland viel zu wenig für ADS/ADHS-Kinder getan.

Zum Glück gibt es Leute wie Frau Cordula Neuhaus und ihr Team die sich für ADS/ADHS

Kinder einsetzen mit all ihren Kräften.

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Anlage 15: Infoschreiben des Landkreises Esslingen an Eltern

Quelle: Landratsamt Esslingen am Neckar: Erstes Infoschreiben an Eltern nach Eingang

des Antrages

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Anlage 16: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-11/2007 des KVJS

Quelle: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg: Rundschreiben-

Nr. Dez. 4-11/2007. Abgrenzung der Eingliederungshilfe für körperlich und geistig

behinderte junge Menschen gem. § 53 ff. SGB XII gegenüber den Hilfen zur Erziehung und

Eingliederungshilfe gem. §§ 27, 35a, 41 SGB VIII, 2007, Internetabruf vom 29.01.2009:

http://www.kvjs.de/fileadmin/user_upload/fachoeffentlich/jugendhilfe/allgemein/RS-11-

2007.pdf

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Anlage 17: Auszug aus KVJS-Bericht 2008

Quelle: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg: Bericht zu

Entwicklungen und Rahmenbedingungen der Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen in

Baden-Württemberg 2008, Internetabruf vom 30.01.2009:

http://www.kvjs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Jugendhilfe/Bericht_HzE_2008.pdf

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Anlage 18: Auszug aus Rundschreiben-Nr. Dez. 4-28/2006 des KVJS

Quelle: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg: Rundschreiben-

Nr. Dez. 4-28/2006. Feststellung der Teilhabe bzw. Teilhabebeeinträchtigung gem. § 35a

SGB VIII – Orientierungshilfe/Checkliste für die Praxis der Jugendhilfe, 2006, Internetabruf

vom 30.01.2009: http://www.kvjs.de/fileadmin/user_upload/fachoeffentlich/jugendhilfe/

allgemein/RS-28-2006_01.pdf

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Anlage 19: Auszug aus „Hinweise zum Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen nach § 35a SGB VIII“

Quelle: Zentrum Bayern Familie und Soziales (Hrsg.)/Sauter, Robert: Eingliederungshilfe

für seelisch behinderte junge Menschen als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe.

Hinweise zum Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen nach § 35a SGB VIII, 2. Aufl., Aldi-

Verlag, München 2005

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Anlage 20: Auszug aus dem Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII

Quelle: Landkreistag Baden-Württemberg u. a.: Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII,

Stand 08.12.2006, Internetabruf vom 03.02.2009: http://www.kvjs.de/fileadmin/user_

upload/fachoeffentlich/jugendhilfe/rahmenvertrag/RVBW_2007.pdf

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Anlage 21: Auszug aus dem Verzeichnis individueller Zusatzleistungen

Quelle: Landkreistag Baden-Württemberg u. a.: Verzeichnis individueller Zusatzleistungen

gemäß § 6 Abs. 3 des Rahmenvertrages nach § 78f SGB VIII. Stand 07.03.2008,

Internetabruf vom 03.02.2009: http://www.kvjs.de/fileadmin/user_upload/fachoeffentlich/

jugendhilfe/rahmenvertrag/Anlage_2_zum_RV_SGB_VIII_Aktuell.pdf

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Anlage 22: Auszug aus „Eine Orientierungshilfe für die Jugendhilfe“

Quelle: Landkreistag Baden-Württemberg/Städtetag Baden-Württemberg u. a.: Eine

Orientierungshilfe für die Jugendhilfe zum Umgang mit Lese-, Rechtschreib-,

Rechenstörung und dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS),

15.10.2003, Internetabruf vom 03.02.2009: http://www.kvjs.de/fileadmin/user_upload/

fachoeffentlich/jugendhilfe/eingliederungshilfe/arbeitshilfen/orientierungshilfe-fuer-die-

jugendhilfe.pdf

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Anlage 23: E-Mail von Frau Schreiber

Quelle: Waltraud Schreiber, Amt für Schule und Bildung beim Landratsamt Esslingen, E-

Mail vom 28.10.2008

Sehr geehrte Frau Gärttner,

gerne antworte ich auf Ihre Anfrage. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Schule.

Der Name Mini-Notschule wird fälschlicherweise immer wieder ins Spiel gebracht und ist

nur der Name für den Förderverein den Frau Neuhaus ins Leben gerufen hat. Die Kinder

und Jugendliche die in den Räumen von Kindertherapeutischen Zentrum unterrichtet

werden, bekommen dies durch die Hausunterrichtsverordnung. D.h. wir, das Amt für

Schule und Bildung nimmt die Schüler gemäß der Hausunterrichtsverordnung auf. Im

Unterschied zum normalen Hausunterricht werden die Schüler hier in einer Gruppe

unterrichtet und nicht im häuslichen Bereich. Es ist kein Privatunterricht, weil das

Regierungspräsidium Stuttgart hierfür die Lehrkräfte stellt. D.h. die Lehrkräfte werden

durch das Land bezahlt und nicht privat finanziert.

Bitte kommen Sie bei weiteren Rückfragen auf mich zu.

Herzlichen Gruß

Waltraud Schreiber

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: Christina Gärttner [mailto:[email protected]] Gesendet: Montag, 27. Oktober 2008 15:43 An: Schreiber Waltraud Betreff: Mini-Notschule Sehr geehrte Frau Schreiber, im Rahmen meines Studiums der Innenverwaltung befasse ich mich zurzeit mit der Stoffsammlung zu meiner

Diplomarbeit mit dem Thema Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche mit dem auf

AD(H)S gelegten Schwerpunkt. Von Frau Lutz vom Jugendamt habe ich erfahren, dass Sie im Januar 2007

am Gerichtsverfahren (9 K 2577/05) über die Mini-Notschule involviert waren.

Das Gerichtsurteil hierzu liegt mir vor, jedoch ist mir noch unklar, auf welcher Grundlage der Besuch der

Mini-Notschule durch das Schulamt bewilligt wurde. Außerdem würde mich interessieren weshalb der in der

Mini-Notschule angebotene Unterricht als Hausunterricht deklariert wird und nicht als Privatunterricht.

Über Ihre Antwort würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Christina Gärttner

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Anlage 24: VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2007

Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart 9. Kammer: Leistungen nach dem SGB VIII, Az. 9 K

1278/06, 23.03.2007

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Anlage 25: Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung der Kinder

und Jugendärzte e. V.: Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und

Jugendärzte e. V. ADHS bei Kindern und Jugendlichen (Aufmerksamkeits-Defizit-

Hyperaktivitäts-Störung), Forchheim 2007, Internetabruf vom 14.02.2009:

http://www.agadhs.de/img/file/CAT_241/Leitlinie1-09.pdf

(…)

(…)

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Anlage 26: Telefonat mit Frau Frisch

Frau Frisch ist für die Genehmigungen von Schulen in freier Trägerschaft im

Regierungspräsidium Stuttgart, Abteilung 7 Amt für Schule und Bildung, zuständig.

Telefonat vom 19.02.2009 um 09.00 Uhr.

Gesprächsnotiz:

Bei dem „Privaten Gymnasium Esslingen“ handelt es sich um eine Ersatzschule gemäß §

3 Abs. 1 PSchG. Die Privatschule unterrichtet nach dem Bildungsplan für öffentliche

Gymnasien und erhält staatliche Zuschüsse.

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Anlage 27: E-Mail von Frau Schreiber

Quelle: Waltraud Schreiber, Staatliches Schulamt Nürtingen, E-Mail vom 16.02.2009

Sehr geehrte Frau Gärttner,

Kinder die das Münsinger Gymnasium besuchen werden von der allg. Schulpflicht nicht

befreit. Sie besuchen einfach statt der staatlichen Schule eine private Schule. Den Antrag

zur Aufnahme im Münsinger Gymnasium geht von den jeweiligen Erziehungsberechtigten

aus und die Schulleitung entscheidet über die Aufnahmen. Wir sind in dieses Verfahren

nicht involviert. Zudem sind die Gymnasien nicht dem Staatlichen Schulamt unterstellt

sondern dem Regierungspräsidium.

Herzliche Grüße

Waltraud Schreiber

Von: Christina Gärttner [mailto:[email protected]] Gesendet: Montag, 16. Februar 2009 12:10 An: Schreiber, Waltraud (SSA Nürtingen) Betreff: Diplomarbeit

Sehr geehrter Frau Schreiber,

vor einiger Zeit habe ich Sie bezüglich der Hausunterrichtsgruppe im Kindertherapeutischen Zentrum

angeschrieben.

Da meine Diplomarbeit sich nicht nur auf die Beschulung von Kindern mit ADHS in der Mini-Notschule

bezieht, wollte ich Sie fragen, ob die Kinder die das Münsinger Gymnasium in Esslingen besuchen, auch von

der allgemeinen Schulpflicht befreit werden müssen? Müssen diese Kinder auch einen Antrag beim

Staatlichen Schulamt stellen?

Und dann ist mir nicht klar, was der Unterschied zwischen einem Internat und einer Privatschule ist, da ich

denke, beides dürfte nicht zur Regelbeschulung gehören. Natürlich muss nicht jede Privatschule ein Internat

sein aber ich denke, die meisten Internate werden private Organisationen sein.

Über Ihre Antwort würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Christina Gärttner

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Seite CXXII

Anlage 28: Auszug aus „Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe“

Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Ausgaben und

Einnahmen 2007. Revidierte Ergebnisse, Wiesbaden 2009, Internetabruf vom 21.02.2009:

https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,

vollanzeige.csp&ID=1023235

(…)

Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Ausgaben und

Einnahmen 2000, Wiesbaden 2005, Internetabruf vom 21.02.2009: https://www-

ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,vollanzeige.csp&I

D=1016918

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Seite CXXIII

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Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Ausgaben und

Einnahmen 1998, Wiesbaden 2005, Internetabruf vom 21.02.2009: https://www-

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(…)

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Anlage 29: Auszug aus dem Beschlussprotokoll des 110. Deutschen Ärztetages

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Seite CXXXIV

Erklärung nach § 36 Abs. 3 S. 2 APrOVw gD

„Ich versichere, dass ich diese Diplomarbeit selbstständig und nur unter Verwendung der

angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt habe.“

Christin r

Esslingen, den 26.02.2009

a Gärttne