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Institut für Hydrologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Nadja Nickol Auswirkungen der Veränderung der Schnee- und Eisspeicher auf die Wasserversorgung alpiner Täler Diplomarbeit unter der Leitung von Prof. Dr. Ch. Leibundgut Freiburg im Breisgau, August 2007

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Institut für Hydrologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

Nadja Nickol Auswirkungen der Veränderung der Schnee- und Eisspeicher

auf die Wasserversorgung alpiner Täler

Diplomarbeit unter der Leitung von Prof. Dr. Ch. Leibundgut

Freiburg im Breisgau, August 2007

Institut für Hydrologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

Auswirkungen der Veränderung der Schnee- und Eisspeicher

auf die Wasserversorgung alpiner Täler

Referent: Prof. Dr. Ch. Leibundgut

Koreferent: Dr. J. Lange

Diplomarbeit unter der Leitung von Prof. Dr. Ch. Leibundgut

Freiburg im Breisgau, August 2007

Vielen Dank,

an meinen Betreuer Prof. Dr. Christian Leibundgut für die Bereitstellung dieses interessanten und

aktuellen Themas.

an Dr. Jens Lange für die Übernahme des Koreferats.

an Dr. Jochen Wenninger für die Durchführung der Isotopenanalyse und für interessante und

hilfreiche Diskussionen.

an Dipl.-Hyd. Andrea Schmitz für die hingebungsvolle Betreuung der Ionenanalyse.

an Anne Gunkel und Volker Abraham für hilfreiche Tipps hinsichtlich der Arbeit mit dem GIS.

an Dr. Roberto Dinale vom Hydrographischen Amt Bozen für die freundliche Bereitstellung von

zahlreichem Datenmaterial für das Untersuchungsgebiet Vinschgau.

an David Keller für die tatkräftige Unterstützung bei beiden Probennahmen.

an Annette Trippler, Christian Birkel und Walter Nickol für die Zeit, die sie in das Korrekturlesen

dieser Arbeit investiert haben.

an meine Freunde für die seelische und moralische Unterstützung.

an meine Eltern, die durch ihre persönliche und finanzielle Unterstützung mein Studium und die

Anfertigung dieser Arbeit überhaupt ermöglicht haben.

Non scholae, sed vitae discimus.

„Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.“

Lucius Annaeus Seneca (Epistulae 106, 12)

…In doppelter Hinsicht. Denn Hydrologie ist „die Lehre vom Wasser“ und Wasser ist Leben.

I INHALTSVERZEICHNIS ii

I. Inhaltsverzeichnis

I. Inhaltsverzeichnis......................................................................................................... ii

II. Verzeichnis der Abbildungen..................................................................................... iv

III. Verzeichnis der Tabellen ........................................................................................... vii

IV. Liste der verwendeten Abkürzungen und Symbole............................................... viii

V. Zusammenfassung........................................................................................................ x

VI. Extended English Summary...................................................................................... xii

1 Einleitung...................................................................................................................... 1

2 Problemstellung und Zielsetzung ............................................................................... 3

3 Stand der Forschung.................................................................................................... 5

3.1 Bewässerung in inneralpinen Tälern .................................................................... 5

3.2 Schnee- und Eisverhältnisse in den Alpen ........................................................... 7

3.3 Literaturstudie zu Szenarien ............................................................................... 13

3.4 Fazit .................................................................................................................... 20

4 Die Untersuchungsgebiete ......................................................................................... 23

4.1 Wallis, Rhônetal ................................................................................................. 24

4.1.1 Schnee und Eis (Schneegrenze/Gletscher) ............................................. 28

4.1.2 Hydrologische Verhältnisse.................................................................... 28

4.2 Tirol, Inntal......................................................................................................... 37

4.2.1 Schnee und Eis (Schneegrenze/Gletscher) ............................................. 40

4.2.2 Hydrologische Verhältnisse.................................................................... 41

4.3 Vinschgau, oberes Etschtal................................................................................. 44

4.3.1 Schnee und Eis (Schneegrenze/Gletscher) ............................................. 48

4.3.2 Hydrologische Verhältnisse.................................................................... 49

4.4 Fazit: ................................................................................................................... 52

5 Ergebnisse der experimentellen Arbeiten................................................................ 54

5.1 Methodik............................................................................................................. 54

5.1.1 Probennahme .......................................................................................... 54

5.1.2 Physikalische Parameter ......................................................................... 64

5.1.3 Hauptionen.............................................................................................. 64

I INHALTSVERZEICHNIS iii

5.1.4 Silikat...................................................................................................... 65

5.1.5 Stabile Isotope (18O und 2H)................................................................... 66

5.2 Wallis.................................................................................................................. 67

5.3 Tirol .................................................................................................................... 74

5.4 Vinschgau ........................................................................................................... 82

5.5 Fazit .................................................................................................................... 87

6 Schlussfolgerung/Synthese ........................................................................................ 90

6.1 Konzeptmodelle/ Abflussregime-Änderung....................................................... 90

6.1.1 Wallis:..................................................................................................... 90

6.1.2 Tirol ........................................................................................................ 93

6.1.3 Vinschgau ............................................................................................... 95

6.1.4 Fazit ........................................................................................................ 99

6.2 Abschätzung der Auswirkungen....................................................................... 100

6.3 Entwurf des Messprogramms ........................................................................... 100

7 Ausblick..................................................................................................................... 103

8 Literatur.................................................................................................................... 104

II VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN iv

II. Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1.1: Das hydrologische System und die Lage von Wasserspeichern in einem

temperierten Gletscher (modifiziert nach Röthlisberger & Lang, 1997. In: Jansson

et al., 2003)...................................................................................................................1

Abb. 1.2: Schematische Darstellung der unterschiedlichen Speicher von Gletschern mit

zugehöriger Zeitskala (modifiziert nach Jansson et al., 2003).....................................2

Abb. 3.1 Fassung Stanzer Waal ....................................................................................................5

Abb. 3.2: Schematische Darstellung der positiven Rückkopplung zwischen Schnee- bzw.

Gletscherschmelze und Albedo (Albedowerte aus: Häckel, 1999)..............................7

Abb. 3.3: Schematische Darstellung des Massenhaushalts eines temperierten Gletschers ..........9

Abb. 3.4 Der Vernagtferner (Ötztaler Alpen, Tirol) (URL 2) ......................................................13

Abb. 3.5: Die jährliche Abweichung der Frühlings-Temperatur (März - Mai) in der Schweiz

vom langjährigen Durchschnitt (Norm 1961-1990).....................................................15

Abb. 3.6: Lage der GWL der schweizerischen Gletscherregionen in Funktion von

Temperatur und Niederschlag (Kryosphärenmodell) (nach Maisch M. et al., 2004.

In: Spreafico & Weingartner, 2005) ............................................................................16

Abb. 3.7: Schematische Darstellung der langfristigen Auswirkung einer negativen Netto-

Gletschermassenbilanz (modifiziert, nach Jansson et al., 2003)..................................20

Abb. 4.1: Übersichtskarte zur Lage der Untersuchungsgebiete....................................................23

Abb. 4.2: Lage der Testgebiete im Untersuchungsgebiet Wallis..................................................24

Abb. 4.3: Monatsmitteltemperatur Sion und Bern, Messperiode 1977 – 2006 ............................25

Abb. 4.4: Niederschlag Sion und Bern, Messperiode 1864 – 2006 ..............................................25

Abb. 4.5: Vergleich der Monatsmittel- .........................................................................................25

Abb. 4.6: Geologie des Untersuchungsgebietes Wallis ................................................................26

Abb. 4.7: rezente potentielle Akkumulationsfläche Wallis (Höhenlage der GWL: 3000 m).......28

Abb. 4.8: Gebietsabfluss Untersuchungsgebiet Wallis (Zahlenwerte in mm/500*500 m)...........30

Abb. 4.9: rezentes Abflussregime Baltschiedertal mit Wertetabelle ............................................34

Abb. 4.10: rezentes Abflussregime Bietschtal mit Wertetabelle ..................................................35

Abb. 4.11: rezentes Abflussregime Gredetschtal mit Wertetabelle ..............................................36

Abb. 4.12: rezentes Abflussregime Jolital mit Wertetabelle ........................................................36

Abb. 4.13: Lage der Testgebiete im Untersuchungsgebiet Tirol ..................................................37

Abb. 4.14: Monatsmitteltemperatur Landeck und Imst, ...............................................................38

Abb. 4.15: mittlerer Niederschlag Landeck, .................................................................................38

II VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN v

Abb. 4.16: Geologie des Untersuchungsgebietes Tirol.................................................................39

Abb. 4.17: rezente potentielle Akkumulationsfläche Tirol (Höhenlage der GWL: 2800 m) .......40

Abb. 4.18: Hypothetisches rezentes Abflussregime des Untersuchungsgebietes Tirol mit

Wertetabelle .................................................................................................................43

Abb. 4.19: Lage der Testgebiete im Untersuchungsgebiet Vinschgau .........................................44

Abb. 4.20: Monatsmitteltemperatur Matsch .................................................................................45

Abb. 4.21: Mittlerer Niederschlag Matsch....................................................................................45

Abb. 4.22: Geologie des Untersuchungsgebietes Vinschgau .......................................................47

Abb. 4.23: Mittlere Jahresschneehöhen an der Station Karlinbach (Langtauferer Tal) ...............48

Abb. 4.24: Flächen-Höhenverteilung und hypsometrische Summenkurve der Südtiroler

Gletscher von 1997 (Gletscherinventar Südtirols, 1997).............................................48

Abb. 4.25: Matscherferner, Gesamtfläche 3,04 km², höchster Punkt 3693 m

(Gletscherinventar Südtirols, 1997) .............................................................................48

Abb. 4.26: rezente potentielle Akkumulationsfläche Vinschgau..................................................49

Abb. 4.27: Verteilung der Niederschlagstage und Niederschlagsmengen in %, Station

Matsch..........................................................................................................................51

Abb. 4.28: Hypothetisches rezentes Abflussregime Plawenn (nach Aschwanden

&Weingartner, 1985) ...................................................................................................51

Abb. 5.1: Untersuchungsgebiet Wallis, Lage der Probennahmestellen........................................55

Abb. 5.2: Probennahmestelle CH11 (links) und CH20 (rechts) (aufgenommen im April

2007) ............................................................................................................................56

Abb. 5.3: Probennahmestelle CH12, Bietschtal (aufgenommen im April 2007) .........................57

Abb. 5.4: Probennahmestelle CH17 („Undra Suon“), Baltschiedertal (aufgenommen im

April 2007)...................................................................................................................57

Abb. 5.5: Probennahmestelle CH18, oberes Gredetschtal (aufgenommen im April 2007)..........58

Abb. 5.6: Untersuchungsgebiet Tirol, Lage der Probennahmestellen ..........................................59

Abb. 5.7: Blick von unten ins EZG des Gasillbaches, A04 (links) und Blick von A03 ...............59

Abb. 5.8: Probennahmestelle A09, A19 .......................................................................................60

Abb. 5.9: Probennahmestellen A12, A13, A14 im Mühlbach-EZG.............................................60

Abb. 5.10: Probennahmestelle A++..............................................................................................61

Abb. 5.11: Untersuchungsgebiet Vinschgau, Lage der Probennahmestellen ...............................62

Abb. 5.12: Probennahmestellen Plawenntal .................................................................................63

II VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN vi

Abb. 5.13: Verhältnis von δ18O zu δ2H aller genommenen Proben, in Relation gesetzt zur

GMWL und zum Mittelwert der Input-Daten Grimsel von 1993-2005 (Daten aus

ISOT BAFU, 2007)......................................................................................................70

Abb. 5.14: Relation der im Wallis gemessenen δ18O -Werte zur jahreszeitabhängigen Input-

Kurve (13-jährige Mittelwerte) der Station Grimsel....................................................71

Abb. 5.15: Verhältnis von δ18O zu δ2H, Wallis ............................................................................72

Abb. 5.16: Bestimmung der mittleren Höhe, in der das beprobte Wasser gebildet wurde, mit 18O ................................................................................................................................73

Abb. 5.17: Piperdiagramm Tirol, Proben A01, A03, A04 und A07 .............................................75

Abb. 5.18: Piperdiagramm Tirol, Proben A05, A08, A09, A10 ...................................................75

Abb. 5.19: Piperdiagramm Tirol, alle Proben Dez 2006 ..............................................................76

Abb. 5.20: Relation der gemessenen δ18O-Werte zur jahreszeitabhängigen Input-Kurve (13-

jährige Mittelwerte) der Station Grimsel .....................................................................78

Abb. 5.21: Verhältnis von δ18O zu δ2H, Tirol...............................................................................79

Abb. 5.22: Bestimmung der mittleren Höhe, in der das beprobte Wasser gebildet wurde...........80

Abb. 5.23: Piperdiagramm Vinschgau..........................................................................................83

Abb. 5.24: Relation der gemessenen δ18O-Werte zur jahreszeitabhängigen Input-Kurve (13-

jährige Mittelwerte) der Station Grimsel .....................................................................84

Abb. 5.25: Verhältnis von δ18O zu δ2H, Vinschgau......................................................................85

Abb. 5.26: Bestimmung der mittleren Höhe, in der das beprobte Wasser gebildet wurde...........86

Abb. 6.1: Konzeptmodell zur Abflussbildung, Wallis..................................................................91

Abb. 6.2: Änderung der Akkumulationsgebiete mit ansteigender Schneegrenze/GWL, Wallis ..91

Abb. 6.3: Veränderung der Abflussregime, Untersuchungsgebiet Wallis ....................................92

Abb. 6.4: Konzeptmodell zur Abflussbildung, Tirol ....................................................................94

Abb. 6.5: Änderung der Akkumulationsgebiete mit ansteigender Schneegrenze/GWL, Tirol ....94

Abb. 6.6: Veränderung der Abflussregime, Untersuchungsgebiet Tirol .....................................95

Abb. 6.7: Blick ins Plawenntal und auf das Dorf Plawenn...........................................................96

Abb. 6.8: Konzeptmodell Plawenntal, Vinschgau ........................................................................96

Abb. 6.9: Änderung der Akkumulationsgebiete mit ansteigender Schneegrenze/GWL,

Vinschgau.....................................................................................................................97

Abb. 6.10: Veränderung der Abflussregime, Untersuchungsgebiet Vinschgau ..........................98

III VERZEICHNIS DER TABELLEN vii

III. Verzeichnis der Tabellen

Tab. 3.1: Temperaturtrends pro 100 Jahre in der Periode 1864-2001 (vereinfacht, aus Bader

& Bantle, 2004)............................................................................................................14

Tab. 3.2: Abschätzung der Temperaturänderung zwischen 1990 und 2050 für die

Nordschweiz (erstellt nach Angaben aus Frei, 2004); .................................................17

Tab. 3.3: Abschätzung der Temperaturänderung (mit Ausgangslage ~1990, ohne Angabe für

Winterwerte) (zusammengefasst nach Maisch et al., 2000); .......................................17

Tab. 3.4: Prognose des Anstiegs der GWL ab 1990 (Zeithorizonte basierend auf dem IPCC-

Szenario A von 1992 (nach Maisch et al., 2000):........................................................17

Tab. 3.5 Abschätzung der zwischen 1990 und 2050 zu erwartenden Änderung der

Niederschlagsmenge (erstellt nach Angaben aus Frei, 2004); .....................................18

Tab. 3.6 Änderung der Niederschlagsmenge in der Jahresbilanz verglichen mit der

vorindustriellen Periode von 1750-1800 (zusammengefasst nach Maisch et al.,

2000); ...........................................................................................................................18

Tab. 4.1: Einzugsgebietsparameter der Testgebiete Wallis ..........................................................27

Tab. 4.2: Die vier alpinen Regimetypen mit charakteristischer Rangfolge der relevanten

Monate (Aschwanden & Weingartner, 1985) ..............................................................33

Tab. 4.3: Gliederung der glazial und glazio-nival geprägten Regime in Untertypen ...................33

Tab. 4.4: Mittlere EZG-Höhe und Vergletscherung der Testgebiete Wallis ................................34

Tab. 4.5: Mittlere EZG-Höhe und Vergletscherung der Testgebiete Tirol...................................42

Tab. 4.6: Einzugsgebietsparameter der Testgebiete Vinschgau ...................................................46

Tab. 5.1: Gemessene Parameter im Untersuchungsgebiet Wallis ................................................67

Tab. 5.2: Ergebnis der Bestimmung der mittleren EZG-Höhe mit 18O nach (Gl. 5.3) .................73

Tab. 5.3: Gemessene Parameter im Untersuchungsgebiet Tirol ...................................................74

Tab. 5.4: Ergebnis der Bestimmung der mittleren EZG-Höhe mit 18O nach (Gl. 5.3) .................81

Tab. 5.5: Gemessene Parameter im Untersuchungsgebiet Vinschgau..........................................82

Tab. 5.6: Ergebnis der Bestimmung der mittleren EZG-Höhe Vinschgau mit 18O nach (Gl.

5.3) ...............................................................................................................................87

Tab. 6.1: Anteil der Gletscherfläche (Stand 1999) und der potentiellen

Akkumulationsgebiete an der Einzugsgebietsfläche (in %), Wallis ............................92

Tab. 6.2: Abschätzung der hydrologischen Eigenschaften der Aquifere im EZG Mühlbach ......93

Tab. 6.3: Anteil der Gletscherfläche (Stand 1999) und der potentiellen

Akkumulationsgebiete an der Einzugsgebietsfläche (in %), Vinschgau .....................97

IV LISTE DER VERWENDETEN ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE viii

IV. Liste der verwendeten Abkürzungen und Symbole

A Atmosphärische Gegenstrahlung (W m-2)

a Ablation (m³)

a Albedo (%)

α Wärmeübergangszahl (W m-2·K-1)

b Massenbilanz (m³)

BAFU Bundesamt für Umwelt (Schweiz)

c Akkumulation (m³)

CGIAR Consultative Group on International Agricultural Research

DHM Digitales Höhenmodell

E Langwellige Emission der Oberfläche (W m-2)

ESRI Environmental Systems Research Institute (W m-2)

ET Evapotranspiration (mm d-1)

EZG Einzugsgebiet (km²)

G Globalstrahlung (W m-2)

GIS Geographisches Informationssystem

Gl. Gleichung

GMWL Global Mean Water Line

GW Grundwasser

GWL Gleichgewichtslinie

h Höhe (m)

HADES Hydrologischer Atlas der Schweiz

IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change

kf Durchlässigkeitsbeiwert (m s-1)

L Schmelzwärme von Eis (333 J g-1)

LF elektrische Leitfähigkeit (µS cm-1)

M zum Schmelzen der Schneedecke benötigter Energiestrom (W m-2)

MQ mittlerer Abfluss (m³ s-1)

MQsimuliert Geschätzte Abflussmenge (m³ s-1)

m ü. M. Meter über Meer (topographische Höhe) (m)

IV LISTE DER VERWENDETEN ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE ix

N Niederschlag/Schneeschmelze (mm)

PKi monatliche Abflusskoeffizienten

Q Abfluss oder Durchfluss (m³ s-1)

Q Energiebilanz (m³ s-1)

q Abflussspende (l s-1 km-2)

Qo Oberflächenabfluss (m³ s-1)

Qw Abflusswert der Rasterzelle W (mm)

R Strahlungsbilanz (W m-2)

RProbe 18O/16O- Isotopenverhältnis in der Probe (δ)

RStandard 18O/16O-Isotopenverhältnis V-SMOV (δ)

SG Schneegrenze (°C)

SRTM Shuttle Radar Topography Mission

Ta Lufttemperatur

Tab. Tabelle

Tw Wassertemperatur (°C)

τ Dauer der Ablation (d)

USGS United States Geological Survey

V-SMOW Vienna Standard Mean Ocean Water

W zur Temperaturänderung der Schneedecke verbrauchter Energiestrom (W m-2)

WGS World Geodetic System

V ZUSAMMENFASSUNG x

V. Zusammenfassung

Gegenstand dieser Arbeit war die Gewinnung von Daten zur hydrologischen Situation in

inneralpinen Trockenregionen und auf deren Basis die Erstellung einer Prognose über die zu

erwartenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserversorgung der untersuchten

Regionen.

Untersucht wurden inneralpine Trockentäler im Wallis (Schweiz), in Tirol (Österreich) und im

Vinschgau (Italien). Hier existiert ein historisch bäuerlich gewachsenes Bewässerungssystem,

welches über Jahrhunderte hinweg im Einklang mit den natürlichen Gegebenheiten eine spezielle

Kulturlandschaft auf dem Boden gezielter Wiesenbewässerungsmaßnahmen hervorgebracht hat.

Das Bewässerungssystem wird nach wie vor genutzt.

Es galt, die Auswirkungen der veränderten Schnee- und Eisspeicher auf die Verfügbarkeit von

Wasser in den untersuchten Gebieten abzuschätzen. Methodisch wurde, basierend auf

Literaturrecherche, zunächst ein prognostisches Szenario für den Anstieg der Schneegrenze

entworfen, deren Höhenlage für das Ausmaß der Schnee- und Eisspeicheränderung unmittelbar

verantwortlich ist. Es folgte die Bestimmung und Analyse der rezenten Abflussregime um die

zeitliche Verteilung und die Verfügbarkeit von Wasser abzuschätzen, da Wasser in den

untersuchten Gebieten über den Abfluss für die Bewässerung verfügbar wird. Zur Validierung der

Hauptsteuerungsfaktoren der Abflussregime wurden zwei Probennahmen, im Dezember 2006 und

im April 2007 durchgeführt.

Basierend auf dem erstellten Szenario für den Anstieg der Schneegrenze wurden die potentiellen

Akkumulationsgebiete in den Jahren 2035 und 2080 berechnet und dargestellt. Abschließend

wurden die zu erwartenden Abflussregime für die genannten Jahre prognostiziert um die

veränderten jahreszeitlichen Verteilungen der Abflüsse, welche die Verfügbarkeit von Wasser zu

Bewässerungszwecken repräsentiert, zu bewerten.

Die Abflussregime wurden über die Parameter „mittlere Einzugsgebietshöhe) und „prozentualer

Vergletscherungsgrad“ mit Hilfe der Klassifikation nach Aschwanden & Weingartner (1985)

bestimmt. Daraus ergaben sich rezente Abflussregime mit den Hauptsteuerungsfaktoren „Schnee-„

und „Eisschmelze“, die ein Abflussmaximum in den warmen Monaten bewirken - zur gleichen

Zeit also, zu der der Wasserbedarf für Bewässerungszwecke akut ist.

Die Ergebnisse der Probennahme haben die Schneeschmelze als Hauptsteuerungsfaktor im

Frühjahr bestätigt.

Für das Untersuchungsgebiet Vinschgau konnte anhand der Probenanalyse die Existenz von

bedeutenderen Grundwasserkörpern nicht ausgeschlossen werden. Daher werden in diesem Gebiet

V ZUSAMMENFASSUNG xi

weitere Untersuchungen bezüglich der Abflusskomponenten und Fließwege für sinnvoll erachtet.

Es wurde ein Messprogramm erstellt, das Vorschläge für die Herangehensweise an die

Untersuchung inneralpiner Trockentäler enthält, zusammen mit konkreten Vorschlägen zu

weiteren Messungen in den Untersuchungsgebieten.

Die Gletscher und die Schneedecke sind die beiden bedeutendsten Wasserspeicher der Alpen. Die

Kapazitäten dieser Speicher werden durch die Höhenlage der langjährigen Schneegrenze

determiniert, die von der Jahresmitteltemperatur abhängt. Die langjährige Schneegrenze kann mit

der Gleichgewichtslinie gleichgesetzt werden, die einen Gletscher in Akkumulations- und

Ablationsgebiet trennt. Sobald ein Gletscher kein Akkumulationsgebiet mehr aufweist, muss

davon ausgegangen werden, dass er beim nächsten prognostizierten Zeitpunkt nicht mehr existent

ist.

Das sich aus den vorliegenden Daten ergebende prognostische Szenario besagt, dass die

Schneegrenze ausgehend von ihrer rezenten Höhenlage um 300 m bis zum Jahr 2035 und um 600

m bis zum Jahr 2080 ansteigen wird.

Die Berechnung und graphische Darstellung der potentiellen Akkumulationsflächen hat ergeben,

dass bis spätestens im Jahr 2080 keines der Untersuchungsgebiete mehr bedeutende

Gletschervorkommen aufzuweisen haben wird.

Die Prognose der Abflussregime erfolgte mit Hilfe einer modifizierten Anwendungsmethode der

Klassifikation nach Aschwanden & Weingartner (1985). Die Ergebnisse zeigen, dass in der

Zukunft die Schneeschmelze und pluviale Prozesse Hauptsteuerungsfaktoren der Abflussregime

sein werden. Gebiete mit einer niedrigeren mittleren Einzugsgebietshöhe reagieren schneller auf

den Anstieg der Schneegrenze als solche mit einer höheren mittleren Einzugsgebietshöhe. Der

Einfluss der Eisschmelze, die rezent die Wasserverfügbarkeit in der warmen Jahreszeit sicherstellt,

nimmt ab und fällt schließlich ganz aus. Dies gilt insbesondere für Einzugsgebiete mit einer

mittleren Höhe < 2300 m. Die Gesamtabflussmenge wird abnehmen, während die Verfügbarkeit

von Wasser in den kalten Monaten zunimmt. Das Abflussmaximum wird gedämpft und vom

Sommer ins Frühjahr verschoben.

In der Konsequenz wird sich ein erhebliches Wasserdefizit zur wärmsten Zeit des Jahres, mitten in

der Vegetationszeit, einstellen und somit gravierende und limitierende Auswirkungen auf die

Bewässerungsmöglichkeiten inneralpiner Trockentäler haben.

Gletscherrückgang, Anstieg der Schneegrenze, Abfluss, Abflussregime, Wiesenbewässerung

VI EXTENDED ENGLISH SUMMARY xii

VI. Extended English Summary

Study areas situated in Wallis (Switzerland), Tyrol (Austria) and Vinschgau (Italy) were chosen

because they have two aspects in common: First, they use an ancient watering channel system to

direct water for irrigation purposes; second, the three regions are situated in inner-alpine dry

valleys. The task of this thesis was to estimate the future impact the changing snow and ice

storage areas will have on the water supply, essential for meadow irrigational purposes in inner-

alpine dry valleys. In order to achieve this goal, the following method was developed: First, a

prognostic scenario for the climbing snow line was designed based on literature research for

estimating the change of snow coverage and glaciers; both representing important seasonal and

long-term water storages, respectively. Second, the study areas were analyzed and the recent

runoff regimes were determined, in order to identify the chronological distribution and availability

of water supply represented by the runoff, together with the dominant runoff controlling factors.

Third, two sample-taking campaigns in December 2006 and in April 2007 were made to evaluate

the controlling factors. Fourth, predictions were made for the future potential accumulation areas

for the years 2035, and 2080. The concluding step was evaluating the future runoff regimes in

order to illustrate how they will affect the water availability for meadow irrigation in inner-alpine

dry valleys.

The two main water storages in the Alps are glaciers and snow coverage. The capacity of glaciers

and snow coverage is determined by the elevation level of the snow line dependent on the air

temperature. The long-term average elevation level of the snow line departs the glacier into an

accumulation zone and an ablation zone. Once a glacier loses its accumulation zone it will begin

to melt and, in time, vanish. In the prognostic scenario for the climbing snow line it is assumed

that the snowline is going to climb 300 m until the year 2035, and 600 m until 2080, based on its

recent elevation.

Water availability, determined by the water-input, can be modified by runoff pathways. Important

ground water bodies were not expected. Therefore, the water availability depends solely on the

water stored in the seasonal snow coverage as well as in the long term storage in the form of

glacier ice. Since measured runoff data is not yet available for the study areas, characteristics of

the runoff were estimated by applying the classification of the runoff regimes after Aschwanden &

Weingartner (1985). The recent runoff regimes suppose the snow melt as well as the glacier melt

to be the dominant controlling factors for the runoff. These factors cause a runoff peak in the

warmer months of the year, precisely when water availability for meadow irrigation is required.

VI EXTENDED ENGLISH SUMMARY xiii

The results of the sample-taking campaigns in which natural tracers were investigated confirm the

snow melt process being the dominant runoff controlling factor in spring. For “Vinschgau” the

absence of important groundwater bodies could not be confirmed. Therefore, further investigation

on the runoff components and the runoff pathways in “Vinschgau” is necessary on order to modify

the estimated runoff regimes.

A measurement programme was developed to obtain data necessary in facilitating research of the

inner-alpine valleys, as well as providing a more detailed plan for the study areas.

In order to illustrate the immense decrease of the area covered by glaciers, the future potential

accumulation areas for the years 2035, and 2080, were calculated. The results show that by 2080,

the study areas will be almost entirely free of ice.

In addition, a new method of determining future runoff regimes was developed. Modifications

concerning the way of implementing Aschwanden and Weingartner’s (1985) classification of the

runoff regimes were made and applied. The results show snow melt and pluvial processes

becoming the dominant control factors of the runoff curve. Areas with a lower mean height

expansion react faster on the climbing snow line level than such with a higher mean height

expansion. Thus, the availability of water in summer for irrigational purposes will be considerably

affected, especially in catchments with an average mean height below 2300 m. The total amount of

runoff will decrease while the amount of water available in cold months will increase. The runoff

peak is going to be curbed and shifted from summer into springtime.

This results in a water deficit occurring during the warm vegetation season. In conclusion, due to

changing snow and ice storages inner-alpine dry valleys stand in eminent danger of not having

water needed for irrigational purposes available in summer, which then has a negative impact on

the ability to protect these specific vulnerable and unique areas.

Glacier decrease, increasing snowline elevation level, runoff, runoff regime, meadow irrigation

1 EINLEITUNG 1

1 Einleitung

Der aktuelle Klimawandel ist ein tief greifendes globales Elementarproblem, existentiell

bedeutsam für Funktion und Dynamik biologischer Systeme, Schicksal bestimmend für Fauna

und Flora dieses Planeten.

Auch Veränderungen von globaler Tragweite vollziehen sich im Detail. Sie lassen sich somit

segmental und regional studieren und sind exemplarisch auf der Grundlage prognostizierter

Szenarien analysierbar. Insbesondere die alpine Region stellt mit ihren vielen faszinierenden und

komplexen, sowohl klimatischen als auch geologischen Besonderheiten und unterschiedlichsten

Lebensräumen, ein interessantes Untersuchungsobjekt dar.

Sowohl aufgrund des höheren Niederschlags an den Alpenrändern, als auch wegen der

Speicherung von Wasser in Form von Schnee und Eis werden die Alpen häufig als „das

Wasserschloss Europas“ bezeichnet.

Abb. 1.1: Das hydrologische System und die Lage von Wasserspeichern in einem temperierten Gletscher (modifiziert nach Röthlisberger & Lang, 1997. In: Jansson et al., 2003)

In stark vergletscherten Einzugsgebieten stellt die Speicheränderung in Form von Speicherung des

Niederschlags bzw. Abschmelzen von Eis, eine wichtige Einflussgröße auf den Wasserhaushalt

dar. Die Gletscher wirken ausgleichend auf die Jahreswerte des Abflusses eines Einzugsgebietes,

verstärken aber die Schwankungen im Abfluss. Das, durch die Gletscherschmelze erzeugte,

Hochwasser fällt in die warme Jahreszeit (Vegetationsperiode), Niedrigwasser tritt in der kalten

Jahreszeit auf.

1 EINLEITUNG 2

Abb. 1.2: Schematische Darstellung der unterschiedlichen Speicher von Gletschern mit zugehöriger Zeitskala (modifiziert nach Jansson et al., 2003)

Niederschlags-, Schnee- und insbesondere Gletscherschmelzwasser werden nicht nur zur

Trinkwasserversorgung von Millionen von Menschen genutzt, sondern auch zur Stromversorgung

und zur Bewässerung landwirtschaftlicher Produktionsflächen.

Bewässerung im „Wasserschloss Europas“ mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, ist aber

besonders in inneralpinen Tälern, die von hohen Gebirgsketten ringsum gegen Niederschlag

bringende Wetterlagen weitgehend abgeschirmt sind, für die landwirtschaftliche Nutzung

essentiell.

Das hochempfindliche und komplexe Wasser- bzw. Abflusssteuerungssystem der Alpentäler mit

ihren regulierenden Schnee- und Gletschereisspeichern ist derzeit in einem geradezu dramatischen

Wandel begriffen und somit ein hochinteressantes und aktuelles Thema, welches gleichermaßen

fasziniert wie betroffen macht.

2 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG 3

2 Problemstellung und Zielsetzung

In inneralpinen Trockentälern herrscht ein, in Relation zum umgebenden Gebirgsraum, sehr mildes

Klima, welches insbesondere zum Obstanbau und zur Wiesenbewirtschaftung genutzt wird.

Dabei macht die, besonders in der sommerlichen Vegetationsperiode, durch Regenarmut in

Kombination mit einem hohen Strahlungsgenuss auftretende Trockenheit

Bewässerungsmaßnahmen unumgänglich. Hier wird die Abhängigkeit von den, größtenteils aus

Schnee- und Gletscherschmelzwasser generierten Abflussmengen offensichtlich.

Die Abflussdynamik der betreffenden Gebirgsbäche unterliegt bislang Regimen, die durch die

Schnee- und Gletscherschmelze gesteuert sind, wodurch die Wasserversorgung in den warmen

Monaten sichergestellt wird.

Die Einschätzung der Beeinflussung der Schneedeckenentwicklung und der Gletscherausdehnung

auf die Wasserverfügbarkeit in inneralpinen Trockentälern ist Ziel dieser Arbeit.

In Anbetracht des Klimawandels, der sich unter anderem in einer beginnenden globalen

Erwärmung bemerkbar macht, verändert sich die Gletscherdynamik dahingehend, dass die

Wasserspeicher in Form von Gletschereis leer laufen. Gleiches gilt auf einer kleineren Skale für

die saisonalen Schneespeicher, deren Kapazität ebenfalls abnimmt (Escher-Vetter, 1998), da

Niederschlag statt als Schnee zunehmend als Regen fällt.

Im Rahmen dieser Arbeit soll:

1) in ersten Schritten untersucht werden, wie sich der Rückzug der Gletscher auf die

Wasserverfügbarkeit in den inneralpinen Trockentälern zukünftig auswirken wird.

2) von Gletscherschmelzwasser beeinflusste Einzugsgebiete ausgewählter Wasserfassungen

im Wallis (Rhônetal), in Tirol (Inntal) und im Vinschgau (oberes Etschtal) insbesondere

unter zwei Aspekten betrachtet werden:

a) die räumliche und zeitliche Entwicklung der Gletscher (Änderung der Ausdehnung und

deren Geschwindigkeit, was einer Speicheränderung entspricht )

b) die hydrogeologischen Gegebenheiten, die determinieren, von wo, wohin und mit welcher

Geschwindigkeit Wasser sowohl ober- als auch unterirdisch fließt und fließen wird.

3) die, aus den Aspekten der Schneedeckenentwicklung und der Gletscherentwicklung,

verschnitten mit der Hydrogeologie, gewonnene Erkenntnis kombiniert werden zu einer

Einschätzung, ob, und wenn ja, wann welche Wasserfassung(en) in einem solchen Ausmaß

2 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG 4

gefährdet sein könnten, dass die Wasserkapazität nicht mehr zur Versorgung der

angeschlossenen Bewässerungsareale ausreicht.

4) die Verschiebung der Schneegrenze und die zu erwartende Gletscherausdehnung mit Hilfe

von Literaturdaten abgeschätzt werden, um so ein prognostisches Szenario zu entwickeln.

5) aus hydrometrischen und hydrochemischen Voruntersuchungen sowie aus Untersuchungen

zur isotopischen Zusammensetzung der gefassten Fließgewässer in den

Untersuchungsgebieten weitere Erkenntnisse zum Herkunftsraum und insbesondere zur

(Höhen)Lage der Einzugsgebiete gewonnen werden.

6) die Grundzüge einer Methodik erarbeitet werden, die ein Eingehen auf die Problematik der

zukünftigen Wasserversorgung im Untersuchungsraum und generell in gleichartigen

Gebirgsräumen erlauben.

3 STAND DER FORSCHUNG 5

3 Stand der Forschung

3.1 Bewässerung in inneralpinen Tälern

Die Wiesenbewässerung ist eine traditionelle und arbeitsintensive Form der

Grünlandbewirtschaftung, die vor allem auf den flachen Talböden der größeren Talbäche und –

flüsse und an Hängen betrieben wurde (Leibundgut, 1993).

Die Notwendigkeit der Bewässerung ist keineswegs eine Erscheinung der Neuzeit, sondern hat in

diesen Gebieten bereits eine mehrere hundert Jahre alte Tradition.

Bewässerung war außerdem häufig nicht nur Teil der Gesellschaft und Wirtschaft, sondern sie

bildete die Grundlage dafür (Leibundgut, 2003).

Die traditionelle landwirtschaftliche Nutzungsform der Wiesenbewässerung prägt in

bezeichnender Weise den Charakter einer Landschaft.

Es lassen sich vier Grundtypen von Wiesenbewässerung unterscheiden, die in ihrer Form und

Entwicklung gewisse Modifikationen aufweisen: der Flachlandtyp, der Mittelgebirgetyp, der

Alpenvorlandtyp und der Alpine Typ (Leibundgut, 1993). Die Bewässerungssysteme in den

betrachteten Untersuchungsgebieten gehören dem Alpinen Typ an. Während die

Bewässerungstechnik beim Alpenvorlandtyp aus Grabennetzen und Verteilereinrichtungen

bestehen (Leibundgut, 1993) ist bei dem

Alpinen Typ ein „Zubringer-Kanal“

vorgeschaltet, der regional bedingt als

„Waal“ (Südtirol), „Leiten“ (Tirol),

„Suon“ oder „Biss“ (Wallis) bezeichnet

wird. Gebirgsbachwasser wird in

höheren Lagen (meist zwischen 1000

und 2000 m ü. M.) gefasst und über

einen Waal in die bewässerungs-

bedürftigen Talböden und Hänge

geleitet.

Normalerweise musste Anfang April mit

dem Bewässern der Wiesen (im Wallis) begonnen werden, bei den höher gelegenen

Wasserleitungen jedoch vielfach erst im Juni, weil noch zu viel Lawinenschnee in den Tälern lag

(Schmid, 1997). Im Schnitt wurde 4-6 Mal pro Sommer (je nach Witterung) bewässert (Schmid,

1997). Für Bau und Pflege waren fast immer Gemeinschaften zuständig. Ihre Mitglieder

Abb. 3.1 Fassung Stanzer Waal (aufgenommen im Dez 2006)

3 STAND DER FORSCHUNG 6

unterstanden einem „Wasservogt“, der sie zur Fronarbeit aufrief (Schmid, 1997). Die Nutzung des

Waalwassers war und ist streng geregelt.

Diese Bewässerungssysteme (und Nutzungsrechte) sind über eine lange Zeit gewachsen. Heute

würden wir sie als „nachhaltig“ bezeichnen (Leibundgut, 2003).

Allgemein beinhaltet die Wiesenbewässerung neben der reinen Wasserzufuhr während der

Vegetationsperiode noch andere traditionelle Vorteile, wie z.B. Verbesserung der Bodenqualität

und -struktur durch Ausbringung und Sedimentation mitgeführter Schwebstoffe, Regulation der

Bodentemperatur, Beschleunigung der Schneeschmelze und somit eine Verlängerung der

Vegetationszeit und Erzielung einer zusätzlichen Frühjahrsernte (Leibundgut, 2003).

Das Wasser wird fächerförmig auf die weite Fläche der Wiesen geleitet. So erhalten die

Wässermatten eine typische Gestalt in Form von Aufschüttungen und lang gezogenen Rippen

(Rampold, 1974). So hat die Akkumulation von Feinmaterial im Laufe der Zeit auf den Wiesen ein

sanftwelliges Kleinrelief entstehen lassen (Leibundgut, 1993). Derartige Landschaftsformen

verschwinden heute zunehmend aus dem Landschaftsbild, da das von den Waalen angelieferte

Wasser heute meist über Beregnungsanlagen ausgebracht wird (Rampold, 1974).

Wenn die Bewässerung gestoppt wird, wird auch die durch sie bedingte intensive Bodenbildung

gestoppt, was zu negativen Langzeitfolgen führen kann (Leibundgut, 2003).

Auch wenn die künstlichen Wasserleitungen längst nicht mehr im gleichen Umfang wie früher

verwendet werden, gehören sie zum alpinen Erbe (URL 1). Ein kleiner Teil der

Bewässerungssysteme in den Alpen (Wallis und Tirol) steht unter Schutz und wird wieder

hergestellt, um Funktionen wie „künstliche Grundwasseranreicherung“, extensiv genutzte Wiesen,

Überflutungsflächen, wertvolle ökologische Einheiten des natürlichen Landschaftsschutzes,

Standort von Sonderkulturen, Weinanbau und Erhaltung kultureller Monumente zu übernehmen

(Leibundgut, 2003). Entlang der Waale werden von den Tourismusämtern Wanderwege markiert.

Die Wiesenbewässerung war schon immer ein sehr verletzliches und gefährdetes

Landnutzungssystem, das sehr empfindlich auf sozioökonomische und landwirtschaftliche

Entwicklungen reagiert, sogar, wenn die ursprünglichen und natürlichen Gegebenheiten

einigermaßen konstant bleiben (Leibundgut, 2003).

In den inneralpinen Trockenregionen kommt diese Verletzlichkeit besonders zum Tragen, da sich

diese Regionen nicht nur im sozioökonomischen Wandel befinden; auch die ursprünglichen und

3 STAND DER FORSCHUNG 7

natürlichen Gegebenheiten seitens der Resourcenverfügbarkeit verändern sich. Die Gletscher, die

bislang in der Vegetationsperiode lebensspendendes Wasser liefern, sind bedroht und mit ihnen

die Grundlage der Wiesenbewässerung, die Einkommensgrundlage vieler Menschen, denn in den

untersuchten Gebieten ist die Wiesenbewässerung nach wie vor von großer Bedeutung.

Die offenen Kanäle werden großteils in Stand gehalten. Der durchflossene Querschnitt der

„Wasserleitungen“ ist sehr variabel, da die Waale teilweise ins Festgestein gemeißelt sind, aber

auch aus unterschiedlich konstruierten Holrinnen bestehen oder verrohrt sind. Bewässert wird nach

Bedarf und die benötigte Wassermenge ist von der Witterung abhängig, was eine genaue

Abschätzung des zur Bewässerung nötigen Abflussvolumens problematisch macht.

3.2 Schnee- und Eisverhältnisse in den Alpen

Schnee:

Die Schneegrenze bezeichnet die Höhenlage, oberhalb welcher Niederschlag als Schnee fällt.

Sowohl die Höhenlage der Schneegrenze als auch die Ausprägung der alpinen Schneedecke sind

hauptsächlich klimatisch, jahreszeitlich und topographisch über Temperatur und Niederschlag

gesteuert und somit auch von Faktoren wie Relief oder Exposition abhängig. Daher können beide

sowohl räumlich als auch zeitlich sehr stark variieren.

Abb. 3.2: Schematische Darstellung der positiven Rückkopplung zwischen Schnee- bzw. Gletscherschmelze und Albedo (Albedowerte aus: Häckel, 1999)

3 STAND DER FORSCHUNG 8

Die Schneedecke ist ein wichtiger Index für klimatische Bedingungen (Lang et al., 1997). Über

Ablation besteht eine starke Rückkopplung auf das Klimasystem.ihre hohe Albedo und ihren

hohen Verbrauch von Schmelz- und Verdunstungswärme bei der

Durch diese Eigenschaften fällt der Schneedecke eine wichtige Kontrollfunktion über den

Wärmehaushalt der schneebedeckten Teile der Erdoberfläche zu (Lang et al., 1997).

Wasserverluste durch Schneeverdunstung sind aufgrund des hohen Energiebedarfs für

Sublimation, bzw. die Verdunstung von Schmelzwasser gering. In temperiertem Schnee, wie er in

den Alpen vorkommt beträgt die Schneeverdunstung nur einen Bruchteil der Schmelzverluste

(Baumgartner & Liebscher, 1996).

Die Schneedecke stellt einen wichtigen saisonalen Wasserspeicher dar (Escher-Vetter, 1998).

In den letzten Jahren wurde beobachtet, dass die Frühwinter zunehmend schneeärmer geworden

sind, die Entwicklung der gesamten Schneemenge eines Winters zeigt aber keinen Trend (Wipf,

1999).

Gletscher:

Definition: „Ein Strom aus einer Eismasse, der mit langsamer Bewegung talwärts fließt und dabei

im unteren Teil durch Abschmelzen gleichzeitig aufgezehrt wird“ (Leser, 1997).

Gletscher bestehen aus Eis, das sich durch Metamorphose aus Schnee über Firn gebildet hat. Firn

ist durch Gefrieren und Wiederauftauen körnig gewordener und verdichteter Schnee (Leser, 1997).

Ein Gletscher kann nur dort entstehen und vor allem bestehen, wo im langjährigen Mittel die

Akkumulation (der Eintrag) größer ist als die Ablation (der Abtrag). Die Linie, an welcher die

Akkumulation gleich der Ablation ist, wird als Gleichgewichtslinie (GWL) bezeichnet.

Unter der Voraussetzung der Betrachtung längerer Zeiträume und der Annahmen stationärer

Verhältnisse kann die Schneegrenze im Sinne einer zeitlich gemittelten GWL verwendet werden

(Kerschner, 2002).

Formulierung der Massenbilanz b:

b = a + c = 0 (Gl. 3.1) b : Massenbilanz

a: Ablation

c: Akkumulation

3 STAND DER FORSCHUNG 9

Die Formulierung der Massenbilanz b muss sich nach Hoinkes (1970) auf Schnee und Eis des

laufenden Haushaltsjahres beziehen.

Wird einer der die Akkumulation oder die Ablation bestimmenden Faktoren um einen kleinen

Betrag gestört, so wird das Gleichgewicht in einer neuen Höhe h erreicht, die sich von der

mittleren GWL im stationären Fall h0 um den Betrag ∆h unterscheidet (Kuhn, 1980):

∆h = h – h0 (Gl. 3.2)

Der Massenhaushalt eines Gletschers setzt sich zusammen aus der Akkumulation einerseits,

bestehend aus dem festen Niederschlag, der Reifbildung und dem Anfrieren von Schmelz- und

Regenwasser (was zusammen annähernd dem Gesamtniederschlag entspricht) und dem von

Gletscher zu Gletscher stark variierenden Gewinn aus Schneeverwehungen und Lawinen, und der

Ablation andererseits, die aus Verlusten durch Schmelzen, Verdunstung, Schneeverwehungen,

abgehenden Lawinen und Kalbung besteht (Kuhn, 1980).

Reifbildung und Verdunstung tragen in den Alpen so wenig zum jährlichen Massenhaushalt bei,

dass sie gegenüber dem Niederschlag und dem Schmelzen vernachlässigt werden können

(Hoinkes, 1964. In: Kuhn, 1980). Wenn schon die Verdunstung von Schmelzwasser mit einem

Energiebedarf von 2503 J/g als vernachlässigbar angesehen wird, so ist auch die Sublimation, die

einen noch höheren Energiebedarf von 2838 J/g hat, vernachlässigbar, da sie, wie bereits erwähnt

bei temperierten Gletschern nur einen Bruchteil der Schmelzverluste beträgt. Die Kalbung ist, bis

auf wenige Ausnahmen, nur in den höheren Breiten von Bedeutung (Kuhn, 1980). Zuwachs und

Abtrag durch Lawinen und Schneeverwehungen sind stark von der Geländeform abhängig und

können daher allgemein nicht immer vernachlässigt werden (Kuhn, 1980).

Abb. 3.3: Schematische Darstellung des Massenhaushalts eines temperierten Gletschers

3 STAND DER FORSCHUNG 10

Vereinfachend für den Massenhaushalt ergibt sich also:

c = Gesamtniederschlag (+ Schneeverwehungen + Lawinen)

a = Schmelzen

Die Ablation durch Schmelzen stellt das Bindeglied zwischen Massen- und Energiebilanz dar.

Energiebilanz Q:

Q = R + V + H + M + W = 0 (Gl. 3.3)

R: Strahlungsbilanz

V: turbulenter Strom latenter Wärme

H: turbulenter Strom fühlbarer Wärme

M: Energiestrom, der zum Schmelzen der Schneedecke benötigt wird

W: Energiestrom, der zur Erwärmung oder Abkühlung der Schneedecke verbraucht wird

(Bezugspunkt ist die betrachtete Oberfläche, die Vorzeichen der Energieströme sind positiv, wenn

sie, egal ob von oben oder von unten, zu der Oberfläche hin gerichtet sind.)

Strahlungsbilanz R:

R = (1-a) G + A – E (Gl. 3.4)

a: Albedo

G: Globalstrahlung

A: atmosphärische Gegenstrahlung

E: langwellige Emission der Oberfläche

Kuhn M. (1980) hat mit Hilfe von (Gl. 3.1), (Gl. 3.3) und (Gl. 3.4) hergeleitet, dass die

Massenbilanz b an jeder Stelle der Höhe z des Gletschers vereinfacht

b(z) = c(z) – τ/L * [R(z) + αTa(h0)] (Gl. 3.5)

3 STAND DER FORSCHUNG 11

und in der Höhe der GWL im stationären Fall

c(h0) = τ/L * [R(z) + αTa(h0)] (Gl. 3.6)

τ: Dauer der Ablation

L: Schmelzwärme des Eises (333,6 kJ kg-1)

R: Strahlungsbilanz

α: Wärmeübergangszahl

Ta: Lufttemperatur außerhalb des thermischen Einflussbereichs des Gletschers in °C

beträgt (Kuhn, 1980).

(Explizite Herleitung siehe Kuhn, 1980: 245-247).

Diese Gleichung beschreibt einen stark vereinfachten linearen Zusammenhang zwischen den drei

klimatisch wichtigen Parametern Akkumulation, Strahlungsbilanz und Lufttemperatur, bei dem die

Gleichgewichtslinie implizit enthalten ist (Kuhn, 1980).

Die Veränderung der Höhe der Schneegrenze bzw. GWL kann also als Folge von Änderungen des

Energie- und Massenhaushalts mit den Variablen Temperatur, Niederschlag und Strahlungsbilanz

dargestellt werden.

Eine Überschlagsrechnung hat gezeigt, dass die Strahlungsbilanz von schmelzendem Eis oder Firn

in Höhe der Gleichgewichtslinie am Alpennordrand nicht wesentlich von der in den zentralen

Alpen abweicht. Eine höhere Globalstrahlung in der Alpenmitte wird am Nordrand der Ostalpen

durch eine dort im gleichen Maße größere atmosphärische Gegenstrahlung ausgeglichen (Kuhn,

1980). Lagebedingte Unterschiede in der Strahlungsbilanz sind also zu vernachlässigen.

Die wichtigsten Parameter für die Veränderung der Gleichgewichtslinie sind somit Ta und der

Eintrag durch festen Niederschlag (und Schneeverwehungen und Lawinen).

Der Massenhaushalt der Gletscher und insbesondere die Lage der GWL wird hauptsächlich durch

die Sommertemperaturen beeinflusst (Maisch et al., 2000).

Bei den in den Alpen vorkommenden Gletschern handelt es sich um so genannte temperierte

Gletscher. Diese Gletscher haben eine Basistemperatur, die nahe am Druckschmelzpunkt des Eises

3 STAND DER FORSCHUNG 12

liegt. Daher bewegt sich das Gletschereis in Form von plastischem Fließen, dem Höhengradienten

folgend, vom Akkumulations- ins Ablationsgebiet. Dabei wird ständig Abfluss generiert.

Gletscher wirken als Langzeitspeicher von Wasser und können bei überwiegend positiver

Massenbilanz große Wassermengen zurückhalten.

Zwischen Gletscherlänge und Gletscherfläche besteht ein ursächlicher Zusammenhang (große

Alpengletscher weisen in der Regel auch eine größere Länge auf als kleine Gletscher) (Wipf,

1999). Bei einer Analyse dieser beiden Parameter fand Wipf (1999) einen starken Zusammenhang

mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,91.

Abschätzung des Flächenverhältnisses von Akkumulations- zu Ablationsgebiet:

Die Lage der Gleichgewichtslinie gibt Auskunft über die Größe des Nähr- und des Zehrgebietes.

Die Flächenteilungsmethode nach G. Groß, H. Kerschner und G. Patzelt 1977 nimmt ein

Flächenverhältnis von Akkumulations- zu Ablationsgebiet von 2:1 an. Diese Methode ist die am

häufigsten verwendete Methode zur näherungsweisen Bestimmung der Schneegrenze im

Alpenraum (Damm, 1996).

Faktoren, die nur Akkumulations- oder Ablationsgebiet begünstigen oder benachteiligen, führen

allerdings zu veränderten Flächenverhältnissen, die zu Unsicherheiten in der

Schneegrenzberechnung mit diesem Verfahren führen (Gross et al., 1977).

Daneben existieren Untersuchungen, die auf ein eher gleichverteiltes Verhältnis von etwa 1:1

hindeuten (Haeberli & Herren, 1991. In: Ehrler C., 1998).

Ansätze zur Erfassung von Gletschervolumen:

Eine von Müller et al. (1976), unter Zuhilfenahme der Daten von 16 rezenten Gletschern,

abgeleitete Formel basiert auf der mittleren Eisdicke des Gletschers und der Gletscherfläche.

Diese Formel wurde von Damm (1996) zur Abschätzung des Gletschervolumens von 1973

angewendet. Die in der Formel enthaltenen Konstanten wurden von Maisch (1981) unter

Hinzunahme der Parameter weiterer 63 spätglazialer Gletscherstände rezenter Gletscher etwas

modifiziert.

Des Weiteren existiert ein eisdynamischer, sehr physikalisch basierter Ansatz nach Hoelzle (1994)

unter Einbeziehung von Parametern wie der basalen Schubspannung, der Gletschereisdichte und

der mittleren Eisdicke entlang der zentralen Fliesslinie.

3 STAND DER FORSCHUNG 13

Auf diese Ansätze soll hier nur hingewiesen werden, da für deren Anwendung im Rahmen dieser

Arbeit die benötigten Parameter fehlen.

3.3 Literaturstudie zu Szenarien

Abb. 3.4 Der Vernagtferner (Ötztaler Alpen, Tirol) (URL 2)

Die Gletscherentwicklung ist, wie in Kapitel 4.2 bereits gezeigt, stark von den Parametern

Lufttemperatur und Niederschlag, die Ablation und Akkumulation determinieren, gesteuert. Um

die zukünftige Gletscherentwicklung abschätzen zu können, muss zunächst das Verhalten dieser

Hauptsteuerparameter und ihrer Auswirkungen betrachtet werden:

Temperatur-, Niederschlags- und Gletscherentwicklung bis Status Quo:

Seit dem Gletscherhochstand 1850 haben sich die Alpengletscher, unterbrochen von einer kurzen

Vorstoßphase in den 1980er Jahren, zurückgezogen.

3 STAND DER FORSCHUNG 14

Im 20. Jahrhundert ist es auf der Erde ungefähr 0,6°C wärmer geworden (IPCC, 2001).

In der Schweiz war der Temperaturanstieg deutlich stärker: Auf der Alpennordseite betrug die

Erwärmung ca. 1,3°C (Deutschschweiz) bis 1,6°C (Westschweiz), auf der Alpensüdseite wurde es

ungefähr 1°C wärmer. Die Erwärmung hat sich seit Beginn der 1980er Jahre in der ganzen

Schweiz stark beschleunigt (Bader & Bantle, 2004).

Tab. 3.1: Temperaturtrends pro 100 Jahre in der Periode 1864-2001 (vereinfacht, aus Bader & Bantle, 2004) (Alle angegebenen Trends sind auf dem 1%-Niveau signifikant. Es wird auf die zum Teil sehr tiefen Bestimmtheitsmaße hingewiesen (Bader & Bantle, 2004)

Region m ü.M. Winterhalbjahr r² Sommerhalbjahr r² Jahr r² Alpennordhang

Säntis

2490

+1,4°C

0,26

+0,7°C

0,09

+1,1°C

0,29Innere Alpen

Sion

482

+1,6°C

0,34

+0,9°C

0,18

+1,3°C

0,42 Aus Tab. 3.1 geht hervor, dass sich in der betrachteten Periode 1864-2001 bereits steigende

Temperaturtrends bemerkbar machen. Auffällig ist, dass der Temperaturanstiegstrend im

Winterhalbjahr fast doppelt so groß wie der im Sommerhalbjahr ist.

3 STAND DER FORSCHUNG 15

Abb. 3.5: Die jährliche Abweichung der Frühlings-Temperatur (März - Mai) in der Schweiz vom langjährigen Durchschnitt (Norm 1961-1990)

In Abb. 3.5 ist zu erkennen, dass seit 1988 der Frühling in der Schweiz wärmer geworden ist und

sämtliche Frühjahrstemperaturen über dem langjährigen Durchschnitt liegen. Obwohl bereits in

der Vergangenheit, besonders in den 1940er Jahren, Phasen mit anhaltend hohen

Frühjahrstemperaturen auffallen, ist die aktuelle, rund 20-jährige Phase überdurchschnittlicher

Frühlingstemperaturen einmalig in der Messreihe seit 1864. Das global feststellbare deutliche

Erwärmungssignal ist damit in starker Ausprägung auch in den Frühjahrstemperaturen wieder zu

finden (URL 3).

Bezüglich der Niederschlagsentwicklung in der Vergangenheit ist kein aktueller Trend zu

erkennen (Bader & Bantle, 2004). (Berechnet mit Niederschlagszeitreihen der Station Sion von

MeteoSchweiz.)

Hinsichtlich der Gletscher lag 1972 die Höhe der Schneegrenze randalpin bei ca. 2600 m und in

den Zentralalpen bei ca. 3100 m (Nagl, 1972).

Die zu warmen Jahre sind rot, die zu kalten Jahre blau dargestellt. Ausgewertet wurden die Frühlingsmonate von 1864 bis 2006 (URL 3)

3 STAND DER FORSCHUNG 16

In den letzten 22 Jahren ist die Schneefallgrenze in den Alpen im Mittel um 150 m gestiegen

(Föhn aus Broschüre "Bedrohte Alpengletscher, bestellbar beim Österreichischen Alpenverein auf

URL 2).

Mit einer 30-jährigen Messreihe am Hintereisferner wurde der Einfluss einer Temperaturerhöhung

von 1°C auf die Verschiebung der Gleichgewichtslinie berechnet (Kuhn, 1990. In: Wipf, 1999):

Eine Temperaturerhöhung um 1°C bewirkte einen Anstieg der GWL um 170 m, was umgekehrt

einem Anstieg der GWL um 100 m bei einer Temperaturerhöhung von 0,6°C entspricht (Kuhn,

1990. In: Wipf, 1999).

Die Temperaturerhöhung von 1850-1973 beträgt ca. 0,6°C, was bei Gletschern mit einem

regelmäßigen Längsprofil einen Anstieg der GWL um 90 m bewirkte (Wipf, 1999). Das heißt,

dass im Vergleich zu den von Kuhn (1990) berechneten Werten die Gletscher etwas weniger

empfindlich reagierten.

Rezente GWL:

In den schweizerischen Regionen liegt die GWL durchweg oberhalb von 2000 m (Spreafico &

Weingartner, 2005).

Abb. 3.6: Lage der GWL der schweizerischen Gletscherregionen in Funktion von Temperatur und Niederschlag (Kryosphärenmodell) (nach Maisch M. et al., 2004. In: Spreafico & Weingartner, 2005)

3 STAND DER FORSCHUNG 17

Zukünftige Temperatur-, Niederschlags- und Gletscherentwicklung:

Auch im 21. Jahrhundert wird es auf der Erde wärmer werden. Die mittlere globale Temperatur

wird von 1990 bis 2100 zwischen 1,4°C und 5,8°C zunehmen (IPCC, 2001). Die Schätzung des

Anstiegs der Weltmitteltemperatur in den kommenden 100 Jahren liegt zwischen 1,5° C und 4,5°

C, im Extremfall zwischen 3,9° und 6° (URL 2).

Tab. 3.2: Abschätzung der Temperaturänderung zwischen 1990 und 2050 für die Nordschweiz (erstellt nach Angaben aus Frei, 2004); orange hinterlegt: Angaben für Sommer, blau hinterlegt: Angaben für Winter

Wahrscheinlichste Änderung Schwankungsbereich Nord- und Südschweiz +2,7°C +1,4°C bis +4,7°C

+1,8°C +0,9°C bis +3,4°C

Die Unterschiede in den Resultaten zwischen Nord- und Südschweiz betragen nur mehrere Zehntel

Grad und für die Übergangsjahreszeiten ist die Erwärmung in beiden Fällen vergleichbar mit der

Erwärmung im Winter (Frei, 2004).

Tab. 3.3: Abschätzung der Temperaturänderung (mit Ausgangslage ~1990, ohne Angabe für Winterwerte) (zusammengefasst nach Maisch et al., 2000); orange hinterlegt: Angaben für Sommer, blau hinterlegt: Angaben für Winter

Bis 2030 Bis 2100 Wallis +1,1°C +3,3°C

k.A. k.A. Zentral- und Südalpen +1,3°C +3,5°C

k.A. k.A. Vinschgau +1,2°C +3,4°C

k.A. k.A.

Tab. 3.4: Prognose des Anstiegs der GWL ab 1990 (Zeithorizonte basierend auf dem IPCC-Szenario A von 1992 (nach Maisch et al., 2000):

Anstieg der Sommer-Temperatur GWL-Anstieg Zeithorizonte

+0,7°C +100m 2015 +1,4°C +200m 2035 +2,1°C +300m 2060 +2,8°C +400m 2080 +3,5°C +500m 2105 +4,2°C +600m +4,9°C +700m +5,6°C +800m +6,3°C +900m +7,0°C +1000m

Extrem spekulativ

Der

Spe

kula

tions

grad

n

imm

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obe

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nten

zu

.

3 STAND DER FORSCHUNG 18

Unter Beibehaltung zukünftiger temperaturabhängiger GWL-Anstiegs-Szenarien kann der Faktor

Zeit variiert werden (Maisch et al., 2000). Mögliche Änderungen oder künftige Neuanpassungen

der Klimavorhersagen können so ohne größere Probleme lediglich als Verschiebungen entlang der

Zeitachse betrachtet werden (Maisch et al., 2000).

Bei der Abschätzung der Veränderung der Niederschlagsmengen ist die Unsicherheit größer. Je

nach Jahreszeit ist mit einer unterschiedlichen Entwicklung zu rechnen (Frei, 2004).

Tab. 3.5 Abschätzung der zwischen 1990 und 2050 zu erwartenden Änderung der Niederschlagsmenge (erstellt nach Angaben aus Frei, 2004); orange hinterlegt: Angaben für Sommer, blau hinterlegt: Angaben für Winter

Wahrscheinlichste Änderung Schwankungsbereich Nordschweiz -17% -30% bis -7%

+8% 0% bis +20% Südschweiz -19% -35 bis -6%

+11% +1% bis +26%

In den Übergangsjahreszeiten Frühling und Herbst sind sowohl Zu- als auch Abnahmen möglich,

wobei die besten Schätzungen Abnahmen um wenige Prozent zeigen (Frei, 2004).

Tab. 3.6 Änderung der Niederschlagsmenge in der Jahresbilanz verglichen mit der vorindustriellen Periode von 1750-1800 (zusammengefasst nach Maisch et al., 2000); orange hinterlegt: Angaben für Sommer, blau hinterlegt: Angaben für Winter

Bis 2030 Ende 2100 Wallis, Zentral-, Südalpen, -7,5% -10%

+5% +10% Vinschgau -10% -12,5%

+5% +10%

Grundsätzlich bedeuten die in Tab. 3.5 und Tab. 3.6 dargestellten Abschätzungen eine

Beeinflussung des Gletscherhaushalts, im Winter positiv und im Sommer negativ, und somit auch

eine Beeinflussung der Höhenlage der GWL.

In welchem Maße sich eine Niederschlagsänderung auf die Verschiebung der GWL auswirken

würde, wurde von Maisch (1992) mit Hilfe einer empirischen Auswertung der GWL-

Niederschlagsbeziehung im Gebiet des Bündner Landes quantifiziert.

3 STAND DER FORSCHUNG 19

Ergebnis der Quantifizierung (für eine Bezugshöhe von 2000 m ü. M) nach Maisch (1992):

- Für eine Verlagerung der GWL um durchschnittlich 100 m wäre eine Änderung des

Jahresniederschlags von durchschnittlich 530mm notwendig.

- Eine Änderung des Jahresniederschlags um durchschnittlich 100mm würde zu einer GWL-

Verlagerung von durchschnittlich knapp 20 m führen.

Allerdings ist es sehr schwierig, den Einfluss des Niederschlagsangebotes auf die Massenbilanz

von Gletschern jahreszeitlich aufzuschlüsseln (Maisch et al., 2000).

Abschätzung der Folgen einer GWL-Verschiebung:

Eine Verschiebung der GWL von +120 bis +150 m hätte zur Folge, dass Gletscher unter 2900-

3000 m Höhenlage ganz verschwinden. Bei einer Erhöhung der Temperatur um 3°C wird es

Gletscher nur noch ab einer Höhe von ca. 3300 m ü. M. geben (Kuhn. In: URL 2, Broschüre

bedrohte Gletscher).

Somit würde ein Anstieg der Sommertemperatur um 3°C die alpine Gletscherbedeckung auf 10%

der Gletscherausdehnung von 1850 reduzieren. Das entspräche einer Reduktion um ca. 80% der

Gletscherausdehnung der Periode 1971-1990 (Zemp, 2006).

Stiege die 2:1-GWL um 100m an, so würden insgesamt ein Fünftel der Gletscher und ein Viertel

der Gletscherfläche der Schweizer Alpen verschwinden. Davon dürften zunächst vor allem die

kleinen Gletscher betroffen sein (Maisch et al., 2000).

Aus einem Modell zur Simulation des Gletscherschwundes auf Basis des zu erwartenden Anstiegs

der GWL geht hervor, dass der zukünftige Gletscherschwund nicht linear verläuft (Wipf, 1999).

Insbesondere in einem Bereich bis etwa +300 m/ +400 m Anstieg der GWL nimmt die

Vergletscherung überdurchschnittlich stark ab (Wipf, 1999). Dementsprechend dürfte eine

zukünftige Entgletscherung mit abnehmendem Vergletscherungsgrad beschleunigt ablaufen (Wipf,

1999). Es zeichnet sich auch ab, dass die stärker vergletscherten Regionen meist unempfindlicher

auf einen Anstieg der 2:1-Gleichgewichtslinie reagieren und somit ihre Eisflächen länger

überdauern (Wipf, 1999). Besonders anfällig auf einen Anstieg der 2:1-GWL reagieren in erster

Linie Regionen mit einer geringen Höhenerstreckung der Eisflächen, da dort die GWL schon bei

einer leichten Anhebung über den höchsten vereisten Gebieten zu liegen kommt (Wipf, 1999).

Die Empfindlichkeit, mit der Gletscher auf eine Erwärmung reagieren, hängt außer von den

klimatischen Einflüssen auch von der Topographie ab. Die Topographie ändert zwar nicht den

endgültigen GWL-Zustand, aber die Geschwindigkeit mit der dieser erreicht wird (Kuhn, 1990. In:

Wipf, 1999). Demzufolge sind Gletscher mit einer Konzentration der Eisflächen in den

3 STAND DER FORSCHUNG 20

Gipfelhöhen weniger anfällig als solche mit großflächigen Zungenbereichen. Ein Gletscher

reagiert also in Abhängigkeit von seiner Geometrie.

Das Ansteigen der GWL vermindert auch den Einfluss des Schneedeckenspeichers, je nach

Flächen-Höhenverteilung des Einzugsgebietes, beträchtlich. Der durch flüssigen Niederschlag

verursachte Anteil des Abflusses wird zu- und der durch Schneeschmelze gespeiste abnehmen.

Aus vergletscherten Bereichen von Einzugsgebieten wird der Abfluss bis zum vollständigen

Verschwinden der Gletscher zunächst ansteigen und anschließend gar keinen Beitrag zum Abfluss

mehr liefern (vgl. Abb. 3.7).

Der Abfluss reagiert zeitverzögert auf die negative

Gletschermassenbilanz, da das Abschmelzen der Gletscher

nicht schlagartig passiert. Mit dem Ansteigen der GWL

verringert sich die Größe der Akkumulationsgebiete der

Gletscher, bis alle Gletscher nur noch Ablationsgebiete

aufweisen. Zu diesem Zeitpunkt wird ein absolutes

Abflussmaximum erreicht. Kurz darauf nimmt der Abfluss

rapide ab, bis der vom Gletscher gespendete Wasseranteil

aufgrund nicht mehr vorhandener Gletscher auf Null sinkt.

Je länger die Schmelzprozesse andauern, desto geringer wird

die Albedo des Gletschers. Es wird also weniger eingestrahlte

Energie reflektiert und die Schmelzprozesse verstärken bzw.

beschleunigen sich.

Entsprechend dieser veränderten Abflussbildung werden sich auch der Abflussverlauf und das

Abflussregime ändern, da auch sie durch gletscherbedingte Änderungen der hydrologischen und

geomorphologisch-physiographischen Eigenschaften des Einzugsgebietes beeinflusst werden

(Escher-Vetter et al., 1998).

3.4 Fazit

Die Schneedecke bildet mit ihrem periodischen jahreszeitlichen Auf- und Abbau in der Hydrologie

und Glaziologie den grundlegenden Prozess der Wasserreservenbildung und -speicherung und

prägt entsprechend die Abflussregime beteiligter Flussgebiete. Langfristige Veränderungen der

Schneeverhältnisse führen schließlich zu Veränderungen der Gletscher (Lang et al., 1997).

Dementsprechend liegt der Schlüssel zur Abschätzung der Veränderungen der Gletscher in der

Abschätzung der langfristigen Veränderungen der Schneeverhältnisse über die Höhenlage der

Schneegrenze.

Abb. 3.7: Schematische Darstellung der langfristigen Auswirkung einer negativen Netto-Gletschermassenbilanz (modifiziert, nach Jansson et al., 2003)

3 STAND DER FORSCHUNG 21

Die Massen- und Längenänderungen von Gletschern sind vergleichsweise schlechte

Klimaindikatoren, da die Gletschermasse eine sehr langsame Reaktionszeit aufweist und daher

Vorstöße und Rückzüge zeitverzögert zur Ursache auftreten.

Dahingegen ist die, mit der klimatischen Schneegrenze gleichzusetzenden, GWL ein

hervorragendes Instrument zur Verfolgung kurzfristiger Klimaschwankungen, da an der GWL kein

Massentransport beteiligt ist und sich so die Lage der GWL ohne zeitliche Verzögerung den

jährlichen Schwankungen der beteiligten Klimafaktoren anpasst (Kuhn, 1980).

Über die direkte Abhängigkeit von Temperatur und Niederschlag (wie in Kapitel 4.2 erläutert) ist

die Verschiebung der Schneegrenze bzw. GWL direkt an Klimaparameter gekoppelt.

Die Korrelation mit diesen beiden Parametern ist sogar so stark, dass einfache „Black-Box“-artige,

statistische Modelle mit der Sommertemperatur und dem Winterniederschlag als Input, äußerst

zufrieden stellende Massenbilanzen von Gletschern errechnen (u.a. Braithwaite & Zhang, 2000. In:

Kaser et al., 2002).

Zur Abschätzung der Gletscherreaktion wird als methodischer Ansatz die Verwendung der

Höhenlage, bzw. die Verschiebung der 2:1 GWL verwendet. Diese Methodik wurde bereits von

Maisch 1992 als geeignet erachtet und angewendet. Dabei wird von der Annahme ausgegangen,

dass ein Gletscher grundsätzlich nur so lange existieren kann, wie sich seine GWL längerfristig im

Höhenintervall zwischen rezenter GWL und dem oberen Eisrand befindet. Wird dieses Intervall

von der neuen GWL überschritten, wird der betreffende Gletscher als nicht mehr bestehend

gewertet, da er kein Akkumulationsgebiet mehr besitzt.

Da dem aktuellsten IPCC Report zufolge die Erwärmung stärker ist als zuvor angenommen, wird

in dieser Arbeit von einem schnelleren Schneegrenz-Anstiegs-Szenario ausgegangen als in

Tab. 3.4 dargestellt:

Anstieg der Schneegrenze in den Testgebieten Wallis, Vinschgau, Tirol:

+ 300 m bis 2035

+ 600 m bis 2080

Die prognostizierten Niederschlagsänderungen für die betrachteten Alpenregionen sind sehr

unsicher und schwanken stark (vgl. Tab. 3.5). Unter Betrachtung der Quantifizierung der GWL-

Niederschlagsbeziehung nach Maisch (1992) (vgl. Kapitel 4.3) umfassen die prognostizierten

Niederschlagsänderungen lediglich einen geringen Prozentsatz des in dieser Arbeit zu

verwendenden GWL-Anstiegs.

3 STAND DER FORSCHUNG 22

Daher sind die Faktoren Niederschlag und Temperatur in der Erstellung des hier verwendeten

Szenarios nicht explizit aufgeführt, sondern im empirischen GWL-Anstiegsgradienten quasi

inbegriffen, was auch von Maisch et al. (2000) so angewendet wurde.

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 23

4 Die Untersuchungsgebiete

Abb. 4.1: Übersichtskarte zur Lage der Untersuchungsgebiete (Projektion: WGS 1984) (Alle Karten und Einzugsgebiete wurden mit dem Programm ArcGIS9 der Firma ESRI dargestellt, bzw. berechnet. Sie sind, soweit nicht anders vermerkt, mit dem Geodätischen Datum:“CH1903“, Erdellipsoid von Bessel 1841 dargestellt.)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 24

4.1 Wallis, Rhônetal

(Grundlage der Einzugsgebietsberechnungen bildet ein digitales Höhenmodell (Auflösung 90x90m), basierend auf SRTM (Shuttle Radar Topographic Mission)-Daten des USGS, prozessiert und zur freien Verfügung gestellt vom CGIAR (Jarvis et al. 2006). Der Gebietsauslass wird durch die am weitesten im Tal gelegene beprobte Fassung repräsentiert.)

Die Testgebiete (Joli-, Bietsch-, Baltschieder- und Gredetschtal, von West nach Ost) befinden sich

in den Berner Alpen in der Südwest-Schweiz im Kanton Wallis. Sie verlaufen nahezu in Nord-Süd

Richtung und sind nördliche Teileinzugsgebiete der Rhône. Gegen von Süden kommende

Regenwetterlagen sind sie durch die Walliser Alpen und das Mt. Blanc Massiv abgeschottet, im

Westen und Süden durch die Savoyen und im Norden durch die Berner Alpen. Im Osten sind den

Testgebieten die Tessiner Alpen vorgelagert.

In den Testgebieten findet sich auf engem Raum zusammengefasst die klassische inneralpine

Höhenstufung: Zu unterst Mischwälder mit Föhren, Weiden, Erlen und Birken, im mittleren

Abschnitt Fichten-, Lärchen und Arvenwälder, in den höheren Lagen alpine Weiden, subglaziale

und -nivale Schuttgesellschaften und zu oberst glaziale und nivale Gebiete (URL 4). Aufgrund der

lokalen Beschaffenheit herrscht besonders im Baltschiedertal starke Lawinengefahr (URL 4).

Abb. 4.2: Lage der Testgebiete im Untersuchungsgebiet Wallis

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 25

Die Täler des Wallis, insbesondere das Haupttal der Rhône, sind außerordentlich

niederschlagsarm. Der mittlere Jahresniederschlag von dem ca. 40 km westlich von Visp

gelegenen Sion beträgt lediglich 570,1 mm (mittlere Jahressumme 1864 – 2006, berechnet mit

Datensatz der MeteoSchweiz).

Das Klima des Wallis ist kontinental geprägt. Die Temperaturverhältnisse spiegeln dies wider.

Der Vergleich zwischen den auf etwa gleicher Höhe liegenden Messstationen Sion im Rhônetal

und Bern auf der Alpennordseite zeigt, dass die mittleren Monatstemperaturen im Wallis im

Jahresverlauf über denen von Bern liegen, die Winterzeit ausgenommen.

In Abb. 4.5 sind die Monatsmitteltemperaturen

der letzten 30 Jahre der Messstation Sion

vergleichend mit den Monatsmittelwerten der

gesamten Messperiode 1864-2006 dargestellt

(berechnet mit Datenreihen der MeteoSchweiz).

Es ist erkennbar, dass die Monatsmittel der

letzten 30 Jahre um ca. 1° C höher liegen als die

der Vergleichsperiode und somit deutlich

angestiegen sind. Auch die

Jahresmitteltemperatur ist von 8,9 °C in der

Gesamtbeobachtungszeit auf 9,9 °C in der

Messperiode 1977-2006 angestiegen.

Abb. 4.3: Monatsmitteltemperatur Sion undBern, Messperiode 1977 – 2006 (Quelle der Datenreihen: MeteoSchweiz)

Abb. 4.4: Niederschlag Sion und Bern, Messperiode 1864 – 2006 (Quelle der Datenreihen: MeteoSchweiz)

Abb. 4.5: Vergleich der Monatsmittel- temperaturen unterschiedlicher Mess- perioden der Station Sion

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 26

Geologische Verhältnisse:

Die Walliser Testgebiete befinden sich im Aarmassiv, das überwiegend aus kristallinem

Grundgebirge und zentralem Aaregranit besteht. Außerdem findet sich Altkristallin, meist mit

Augengneis, stellenweise auch mit Amphibolit (Labhart, 2005). Die Gesteine weisen Alter bis zu 2

Millionen Jahre auf (Labhart, 2005) und wurden somit von mehreren Gebirgsbildungsphasen

erfasst. Infolge der ehemaligen, heute abgetragenen, Überlagerung durch die helvetischen,

penninischen und ostalpinen Decken sind alle Gesteine des Aarmassivs schwach metamorph

(Grünschieferfazies) (Labhart, 2005). Diese kristallinen Gesteine tragen Reste einer

Sedimentbedeckung, die an Ort und Stelle zur Ablagerung gelangt war, also eine autochtone

Sedimentbedeckung (Koenig, 1978). Im Zentrum des Massivs finden sich Granitstöcke, denen sich

andererseits Gneis- bzw. Glimmerschieferzonen anschmiegen (Koenig, 1978). Die autochtone

Sedimentbedeckung wird nicht zum Massiv im eigentlichen Sinn gerechnet (Koenig, 1978).

Durch die Intrusion des Zentralen Aaregranites wurde der altkristalline Körper in zwei Teile

aufgeteilt: einen nördlichen Teil, der sich vom Lötschental in nordöstlicher Richtung bis nach

Guttannen erstreckt und einen zweiten Bereich nördlich der Rhône von Visp bis nach Gletsch

(Labhart, 1977).

Abb. 4.6: Geologie des Untersuchungsgebietes Wallis

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 27

Der Granit zeigt größtenteils eine massige bis deutlich parallel textuierte, gleichkörnige oder

schwach porphyrische Ausprägung (Labhart, 1977). Eine Folge der metamorphen Überprägung

und der gleichzeitigen Verschieferung sind die alpinen Zerrklüfte und ihre mineralische

Beschaffenheit. Im Aarmassiv finden sich im Baltschiedertal auch Molybdänerze (Labhart, 2005).

Im Lötschental, am Wendnjoch und am Tödi sind Karbongesteine eingefaltet (Labhart, 2005). Das

Aarmassiv taucht, mit Ausnahme des Südrandes, allseitig kuppelartig ab.

Die Schieferung im Lötschental läuft von Nordosten nach Südwesten parallel zur Gebirgskette und

fällt gegen Südosten ab. Als Konsequenz fallen die Platten auf der Südseite des Tales gegen den

Berg ein, was zu steilen Nordflanken geführt hat (Labhart, 1994. In: Wipf, 1999). Auf der

Nordseite des Lötschentals und der Südseite des Gebirgszuges vom Wiler- zum Aletschhorn

bilden die plattigen Felsrücken ausgedehnte Akkumulationsgebiete für die Gletscher und liefern

somit die Basis für größere Gletscher, z.B. Baltschiedergletscher (Wipf, 1999).

Tab. 4.1: Einzugsgebietsparameter der Testgebiete Wallis

EZG EZG-Größe in km²

Höchster Punkt in m

Tiefster Punkt in m Mittlere Höhe in m

Jolital 11,3 3252 983 2338 Bietschtal 18,9 3666 1120 2391

Baltschiedertal 36,5 3856 1117 2508 Gredetschtal 20,4 3503 1378 2400

(Die in Tab. 4.1 dargestellten Werte wurden mit dem „Zonal Statistics as Table“-Tool auf Grundlage der „Bessel 1841 Hotine Oblique Mercator-Projektion“ berechnet. Die Genauigkeit der Berechnungen konnte anhand von zwei der, aus dem HADES (Hydrologischer Atlas der Schweiz) bekannten, Einzugsgebietsflächen zweier, sehr hoch oben im Baltschiedertal gelegenen und seit 1961 stillgelegten, Pegel validiert werden. Die berechneten Pegeleinzugsgebiete stimmen mit den im HADES angegebenen EZG-Größen gut überein (Abweichung 1,54 - 1,87%). Es wurde mit der von ArcMap optimierten Eingangszellgröße gerechnet. Die berechneten Flächenwerte sind im Rahmen des ArcMap-Resampling Fehlers reproduzierbar.)

Die Talformen des Untersuchungsgebietes:

Während des Hochstandes der Würmeiszeit waren die gesamten Alpen in der Schweiz von Eis

bedeckt. Die typische Talform im ehemals vergletscherten Gebiet ist das Trogtal mit breitem

Talboden und steilen, konkav geformten Hängen. Die Nebentäler sind weniger stark eingetieft. Da

das Haupttal (Rhônetal) bereits mit Eis gefüllt war, vereinigten sich die Eisströme der

Nebengletscher nicht im Niveau des heutigen Talbodens der Rhône mit dem Hauptgletscher,

sondern mehrere hundert Meter weiter oben. Nach dem Rückzug des Eises mündeten die

Nebentäler als Hängetäler in entsprechender Höhenlage über dem Rhônetal, was meist durch

rückwärtige Erosion, ausgehend von der so entstandenen Geländestufe, eine grundlegende

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 28

fluviatile Umgestaltung der Nebentäler zur Folge hatte (Schröder, 1994). In die ehemals weiten

Talböden hat das Wasser enge, teils schwer zugängliche Schluchten geschnitten (Schröder, 1994).

4.1.1 Schnee und Eis (Schneegrenze/Gletscher)

Für das Wallis wird von einer rezenten Höhenlage der GWL von 3000 m ausgegangen.

Abb. 4.7: rezente potentielle Akkumulationsfläche Wallis (Höhenlage der GWL: 3000 m)

In dieser Arbeit wird die Veränderung der Größe der potentiellen, nur durch die Höhenlage determinierten Akkumulationsgebiete betrachtet.

4.1.2 Hydrologische Verhältnisse

Jolibach (Jolital), Bietschbach (Bietschtal), Baltschiederbach (Baltschiedertal) und Mundbach

(Gredetschtal) entspringen in den Gletschervorfeldern der Gebiete. Die zufließenden Seitenarme

münden als kleine Wasserfälle, die ein weitaus geringeres Wasservolumen führen als das

Hauptgewässer (gesehen im April 2007). Alle Hauptvorfluter münden in die Rhône, mit

Ausnahme des Jolibaches, der in den Bietschbach mündet.

Basierend auf dem Rasterdatensatz „mittlere Abflüsse der Schweiz für die Periode 1981-2000" des

BAFU und WSL (Pfaundler & Zappa, 2006) sind die mittleren monatlichen Abflussspenden in den

Untersuchungsgebieten graphisch in mm pro 500*500 m großen Rasterzelle dargestellt (Abb. 4.8).

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 29

Der nördliche Teil der Testgebiete ist der höchste und vergletscherte Teil.

Im Januar und Februar sind die Abflussspenden aller Höhenlagen sehr gering (Niedrigwasserzeit)

(Abb. 4.8). Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesen kalten Monaten der Niederschlag

überwiegend als Schnee fällt und somit nicht direkt zum Abfluss kommt; Schmelzprozesse finden,

wenn überhaupt, nur in einem sehr geringen Maße statt.

Im März nimmt die Abflussspende der tiefer gelegenen Flächen in der Nähe der Gebietsauslässe

zu, da mit steigenden Temperaturen zunächst in den niederen Lagen die Schneeschmelze beginnt,

während in den höheren Lagen sowohl der Abfluss als auch die Temperatur immer noch sehr

gering bleiben (Abb. 4.8).

Im April weisen zunehmend höher gelegene Flächen wachsende Abflussspenden auf (Abb. 4.8),

denn die Temperaturen steigen weiter und mit ihnen die Schneegrenze, also die Höhenlage,

unterhalb welcher Schneeschmelze stattfindet. Nur der höchste Teil der Einzugsgebiete ist noch

nicht von den Schmelzprozessen erfasst.

In Mai und Juni verlagern sich die viel Abfluss spendenden Flächen bis an den nördlichsten Rand

der Einzugsgebiete (Abb. 4.8). Gleichzeitig nimmt die Abflussspende der tiefstgelegenen Flächen

bereits ab, da sich mit weiter steigenden Temperaturen die Schneegrenze immer weiter nach oben

verlagert. Während in den Niederungen ist die Schneedecke bereits abgeschmolzen ist, wird in den

nördlichen Hochlagen die dort liegende Schneedecke erst jetzt in den Schmelzprozess mit

einbezogen.

In den wärmsten Monaten Juli und August tragen die höchstgelegenen Bereiche der

Einzugsgebiete am meisten zum Abfluss bei (Abb. 4.8). Die Gletscherschmelze setzt ein, während

die Schneeschmelze zunehmend in den Hintergrund tritt, da die Schneereserven aufgebraucht sind.

Im September und besonders im Oktober sind die Abflussspenden relativ gleichmäßig über alle

Höhenstufen der Gebiete verteilt. Dies erklärt sich durch die in dieser Zeit abnehmenden mittleren

Monatstemperaturen. Die Gletscherschmelze wird geringer, und Herbstniederschläge, die nicht als

Schnee zwischengespeichert werden, tragen zum Abfluss bei.

November und Dezember bilden den Übergang zur abflussarmen Niedrigwasserzeit. Die

Temperaturen sinken, die Niederschläge werden zunehmend als Schnee gespeichert, und die

Gletscherschmelze geht stark zurück.

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 30

Abb. 4.8: Gebietsabfluss Untersuchungsgebiet Wallis (Zahlenwerte in mm/500*500 m)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 31

4.1.2.1 Abflussbildung

Die wichtigsten Prozesse der Abflussbildung sind in diesem Untersuchungsgebiet die Schnee- und

Gletscherschmelze, gesteuert über die Lufttemperatur, die einem „Auslaufen“ des Schnee- und

Gletscherwasserspeichers entsprechen. Da die Lufttemperatur sowohl einen Jahres- als auch einen

Tagesgang aufweist, weist ebenso der Abfluss einen Jahresgang und, während der

Hauptschmelzperiode, einen Tagesgang auf. Verglichen mit dem großen Schmelzwasseranfall ist

die Verdunstung vernachlässigbar klein.

Weitere Abflussbildungsprozesse, die von Bedeutung sein könnten:

Infiltration: Die südwestexponierten Talflanken sind so steil (Frostsprengung), dass größtenteils

gar keine Bodenbildung, bzw. Akkumulation von Geröll o.ä. stattfinden konnte, die eine

Infiltration ermöglichen würde. Sie bestehen überwiegend aus nacktem Fels. Die

südostexponierten Talflanken sind etwas weniger steil und der Höhenstufe entsprechend mit

Mischwald, Lärchenwald oder alpinen Weiden bedeckt. In der Regel ist in alpinen Gebirgslagen

die Bodenbildung aufgrund von Bodenerosion und verkürzter Vegetationsperiode nicht besonders

tiefgründig. Wo eine Pflanzendecke existiert, mindert sie die Erosion, unterstützt die Infiltration

von Wasser in den Boden/das Gestein und unterstützt die Bodenbildung. Das heißt, dass auf

vegetationsbedeckten Flächen Infiltration durch Makroporen zu erwarten ist. Auch im

Gletschervorfeld oder an anderen Stellen, wo sich verwittertes Gesteinsmaterial, z.B. durch

Erdrutsche, Steinlawinen, Sedimentation etc. auf dem Grundgestein abgelagert hat, kann

Infiltration stattfinden.

Interflow: Interflow ist hangparalleler unterirdischer Abfluss in gesättigten oder ungesättigten

Bodenzonen (Uhlenbrook, 1999). Vernetzte Makroporen führen zu schnellen lateralen Fließwegen

in einem Hang. Diese Form der Abflussbildung ist von den unter Infiltration beschriebenen

Flächen zu erwarten, da solche Infiltrationsflächen in diesem Untersuchungsgebiet eine eher

geringe Mächtigkeit aufweisen und dem anstehenden Gestein aufgelagert sind. Der Abfluss findet

dann auf der Schichtgrenze Boden/Gestein statt. In diesem Fall ist es von den Eigenschaften des

anstehenden Gesteins abhängig, ob zusätzlich eine Infiltration ins Gestein stattfindet.

Oberflächenabfluss: In den betrachteten alpinen Einzugsgebieten kann Horton´scher

Oberflächenabfluss auf dem nackten Felsgestein entstehen, wenn das Gestein nicht zu stark

geklüftetet/angewittert ist. Solche Voraussetzungen sind allenfalls an Steilwänden gegeben, die in

der Draufsicht nur einen sehr geringen Flächenanteil am Einzugsgebiet ausmachen. Anthropogen

versiegelte Flächen sind in den kaum besiedelten Tälern rar.

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 32

Return-Flow könnte auftreten, wenn Wasser nach einer kurzen unterirdischen (Interflow)Passage

wieder an der Oberfläche austritt und dann als Oberflächenabfluss abfließt.

Sättigungsflächenabfluss ist vernachlässigbar.

Grundwasserabfluss: Grundwasserabfluss ist der Teil des Abflusses aus der gesättigten Zone. Wo

sich im Untersuchungsgebiet eine gesättigte Zone ausbilden kann, ist sehr stark von der Geologie

abhängig. Die Porosität der Schichten und Gesteine spielt eine ebenso große Rolle wie

Verwerfungen, Überschiebungen und jede andere Art von Störung. Die gesättigte Zone kann sich

in den betrachteten Gebieten nur dort befinden, wo eine wenig poröse Schicht

(Grundwasserstauer/Aquiklude) das in einer porösen Schicht enthaltene Wasser aufstaut. Das

Groundwater Ridging wird als vernachlässigbar angesehen, da die betrachteten Vorfluter

Wildbachcharakter und keine Talauen besitzen. Der Piston-Flow-Effekt (Grundwasser in

vorfluternahen Bereichen wird durch eine Potentialerhöhung in vorfluterfernen Bereichen

ausgedrückt) könnte stellenweise von Bedeutung sein.

4.1.2.2 Abflussregime

Das Abflussregime bezeichnet nach Pardé (1933) die Abfolge der monatlichen

Abflusskoeffizienten PKi im Jahr, wobei MQJahr einer längeren Beobachtungsreihe entstammen

muss.

Jahr

Monati

MQMQ PK = ; i = Jan, Feb, … Dez (Gl. 4.1)

Es wird zur Interpretation und Kategorisierung der berechneten rezenten Abflussregime der

Regimetypisierungsansatz (nord)alpiner Einzugsgebiete nach Aschwanden & Weingartner (1985)

verwendet, der für die Einzugsgebiete des Rheins, der Limmat, der Reuss, der Aare, der Rhône

und des Inn gilt.

Die Voraussetzungen

- mittlere Einzugsgebietshöhe liegt über 1550 m

- Abflusskurven weisen einen eingipfeligen Kurvenverlauf auf

sind erfüllt.

Grundidee des Ansatzes ist, dass in alpinen Einzugsgebieten die entscheidenden Prozesse in den

Monaten Mai-September ablaufen (70-90% der Jahresabflussfracht). Die Typisierung beruht

primär auf diesen Monaten, die Minimalabflüsse zwischen Dezember und März tragen nicht zur

Unterscheidung der Regime bei.

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 33

Die Abflusskoeffizienten der Monate Mai bis September werden der Größe nach geordnet, so dass

charakteristische Rangfolgen entstehen, welche die vier alpinen Regimetypen ergeben.

Tab. 4.2: Die vier alpinen Regimetypen mit charakteristischer Rangfolge der relevanten Monate (Aschwanden & Weingartner, 1985)

Glaciaire Juli-August-Juni-September

Glacio-Nival Juli-Juni-August-Mai Juni-Juli-August-Mai

nivo-glaciaire Juni-Juli-Mai-August

nival alpin Juni-Mai-Juli-August Mai-Juni-Juli-August

Die glazial und glazio-nival geprägten Regime werden zusätzlich in Untertypen gegliedert:

Tab. 4.3: Gliederung der glazial und glazio-nival geprägten Regime in Untertypen Regime(unter)typ mittlere Höhe Vergletscherung

a-glaciaire b-glaciaire

>2400m >2100m

>36% 22-40%

a-glazio-nival b-glazio-nival

>2000m >2300m

1900-2300m

12-22% 1-12% 6-12%

nivo-glaciaire 1900-2300m 1550-1900m

1-6% 3-12%

nival alpin >1900m 1550-1900m

0-1% 0-3%

Bei der Klassifikation der Untertypen spielen auch die PKi der Monate mit Niedrigwasserabfluss

eine Rolle.

Basierend auf dem bereits genannten Rasterdatensatz (Pfaundler & Zappa, 2006) wurden mit

ArcGIS9 die mittleren monatlichen Abflüsse und der mittlere Jahresabfluss der

Untersuchungsgebiete zur Erstellung der Abflussregime berechnet:

WW

n

w

WWsimuliert MQAreakMQAnkQAkMQ ⋅⋅=⋅⋅⋅∑ =⋅⋅==1

(Gl. 4.2)

MQsimuliert: geschätzte Abflussmenge

n: Anzahl der Rasterzellen im untersuchten Einzugsgebiet

AW = konst. = A: Fläche der Rasterzelle W = 500 m * 500 m

Area: Einzugsgebietsfläche in m²

QW: Abflusswert der Rasterzelle W in mm

MQW: Mittelwert des Abflusswertes der Rasterzellen im untersuchten EZG

in mm

k: Umrechnungsfaktor

(Pfaundler & Zappa, 2006)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 34

Tab. 4.4: Mittlere EZG-Höhe und Vergletscherung der Testgebiete Wallis Mittlere EZG-Höhe in m Vergletscherte Fläche in %

Jolital 2338 10,4 Bietschtal 2391 8,1

Baltschiedertal 2508 21,0 Gredetschtal 2400 6,5

Abflussregime Baltschieder:

Abb. 4.9: rezentes Abflussregime Baltschiedertal mit Wertetabelle

Der Regimetyp des Einzugsgebiets Baltschieder weist die Rangfolge der Pardé-Koeffizienten

PKJul>PKJun>PKAug>PKSep der Monate mit dem größten PKi auf. Damit liegt es zwischen den

Typen glaciaire und glacio-nival; nahe an glaciaire, da sich der September noch unter den vier

ranghöchsten Monaten befindet, und nahe an glacio-nival, da der Juni, nicht der August, auf dem

zweiten Rang steht. Die mittlere Einzugsgebietshöhe von 2508 m erfüllt sowohl das Kriterium des

glaciairen als auch des glacio-nivalen Typs. Beim glaciairen Typ erstrecken sich die

Minimalabflüsse von Dezember bis März und unterscheiden sich kaum, was sich von den Pki der

betreffenden Monate für das Baltschieder-Einzugsgebiet nicht behaupten lässt, da sich die

Minimalabflüsse auf die Monate Januar bis März erstrecken, und somit in dieser Hinsicht das

Kriterium für den glacio-nivalen Regimetyp erfüllen. Da aber der maximale mittlere

Monatsabfluss im Juli auftritt und die Vergletscherung mit 21% zwischen 12% und 22% liegt,

wird das Einzugsgebiet Baltschiedertal dem a-glacio-nivalen Regimetyp zugeordnet.

Mittlerer

Abfluss in m³/s

Pardé- Koeffizient

Jan 0,213 0,16 Feb 0,150 0,11 Mrz 0,131 0,10 Apr 0,337 0,25 Mai 1,651 1,21 Jun 3,592 2,63 Jul 3,803 2,79

Aug 3,053 2,24 Sep 1,907 1,40 Okt 1,079 0,79 Nov 0,588 0,43 Dez 0,327 0,24 Jahr 1,364

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 35

Abflussregime Bietschtal:

Abb. 4.10: rezentes Abflussregime Bietschtal mit Wertetabelle

Die größten Pardé-Koeffizienten treten in der Rangfolge PKJun>PKJul>PKMai>PKAug auf, wonach

das Bietschtal dem nivo-glaciairen Regimetyp zuzuordnen ist. Die führende Rolle des nival

geprägten Monats Juni ist eindeutig, und die Minimalabflussperiode umfasst nur die Monate

Januar bis März. Nach den Kriterien der arealen Vergletscherung und der mittleren

Einzugsgebietshöhe von 2391 m würde das Gebiet allerdings ebenso in die Kategorie b-glacio-

nival passen.

Die Tatsache, dass trotz einer arealen Vergletscherung von 8,14% der nivale Einfluss so stark

überwiegt, könnte ein Hinweis darauf sein, dass entweder Gletscherschmelzwasser aus dem

System in ein anderes Gebiet fließt oder dass ein Schneeschmelzwassereintrag aus anderen

Einzugsgebieten besteht.

Abflussregime Gredetschtal:

Die Rangfolge der Pardé-Koeffizienten mit PKJun>PKJul>PKAug>PKMai, die Minimalabflüsse in

den Monaten Januar bis März, die Vergletscherung von 6,49% und die mittlere

Einzugsgebietshöhe von 2400 m erfüllen konsistent die Kriterien des b-glacio-nivalen

Regimetyps (Abb. 4.11).

Mittlerer

Abfluss in m³/s

Pardé- Koeffizient

Jan 0,154 0,18 Feb 0,134 0,16 Mrz 0,193 0,23 Apr 0,502 0,60 Mai 1,720 2,06 Jun 2,147 2,57 Jul 1,895 2,27

Aug 1,309 1,57 Sep 0,849 1,02 Okt 0,565 0,68 Nov 0,408 0,49 Dez 0,244 0,29 Jahr 0,835

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 36

Abb. 4.11: rezentes Abflussregime Gredetschtal mit Wertetabelle

Abflussregime Jolital:

Die Rangfolge der größten Pardé-Koeffizienten PKJun>PKJul>PKMai>PKAug ordnet das

Einzugsgebietes dem nivo-glaciairen Regimetyp zu. Der Monat Juni übernimmt klar die Position

des abflussstärksten Monats, was sehr eindeutig von der Dominanz der Schneeschmelze gegenüber

der Gletscherschmelze als Steuerfaktor zeugt. Wie beim Bietschtal weisen hier die mittlere

Einzugsgebietshöhe mit 2337 m und die areale Vergletscherung mit 10,36% auf den b-glacio-

Mittlerer

Abfluss in m³/s

Pardé- Koeffizient

Jan 0,123 0,16 Feb 0,089 0,12 Mrz 0,092 0,12 Apr 0,252 0,33 Mai 1,143 1,49 Jun 2,228 2,91 Jul 1,985 2,60

Aug 1,196 1,56 Sep 0,874 1,14 Okt 0,611 0,80 Nov 0,352 0,46 Dez 0,196 0,26 Jahr 0,765

Mittlerer Abfluss in

m³/s

Pardé- Koeffizient

Jan 0,085 0,19 Feb 0,077 0,18 Mrz 0,104 0,24 Apr 0,249 0,57 Mai 0,899 2,07 Jun 1,163 2,67 Jul 0,946 2,17

Aug 0,637 1,47 Sep 0,433 0,99 Okt 0,301 0,69 Nov 0,218 0,50 Dez 0,130 0,30 Jahr 0,435

Abb. 4.12: rezentes Abflussregime Jolital mit Wertetabelle

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 37

nivalen Typ hin und könnten somit hier ein Hinweis entweder auf Gletscherschmelzwasserverlust

an benachbarte Einzugsgebiete oder auf Schneeschmelzwasserzustrom sein.

4.2 Tirol, Inntal

(Grundlage der Einzugsgebietsberechnungen bildet ein digitales Höhenmodell (Auflösung 90 m x 90 m), basierend auf SRTM (Shuttle Radar Topographic Mission)-Daten des USGS, prozessiert und zur freien Verfügung gestellt vom CGIAR (Jarvis et al., 2006). Der Gebietsauslass wird durch die am weitesten im Tal gelegene Probennahmestelle repräsentiert. Im Vergleich mit den Testgebieten im Wallis sind die Testgebiete in Tirol eher klein. Für die Berechnung ist es problematisch, dass das Höhenmodell keine feinere Auflösung besitzt, denn je gröber die Auflösung des zu Grunde liegenden Höhenmodells und je kleiner das Einzugsgebiet, desto größer wird die Ungenauigkeit der Berechnung der EZG-Parameter. Das Einzugsgebiet Gasillbach (westliches Teileinzugsgebiet des Mühlbachs) konnte aufgrund des grob gerasterten Höhenmodells nicht mit den „Hydrology Tiools“ berechnet werden, sondern wurde von Hand bestimmt.)

Das Untersuchungsgebiet Tirol ist in den Ostalpen, in der Mitte der Nordtiroler Kalkalpen,

genauer in den südlichen Lechtaler Alpen gelegen und gehört zum EZG des oberen Inns.

Abb. 4.13: Lage der Testgebiete im Untersuchungsgebiet Tirol

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 38

Es ist eingerahmt durch die im Norden vorgelagerten Allgäuer und Bayrischen Alpen, im Osten

durch die Zillertaler Alpen, im Süden durch die Stubaier und Ötztaler Alpen und im Westen durch

den Arlberg im Zuge der Nordtiroler Kalkalpen. Demzufolge gehört das Untersuchungsgebiet zum

trockensten Teil Nordtirols. Der Jahresniederschlag im Oberinntal beträgt ca. 770 mm, wovon ca.

16,9% im Frühjahr, 42,8% im Sommer, 20,8% im Herbst und 19,5 % im Winter fallen (Fliri,

1962). In Landeck beträgt der Jahresniederschlag 774 mm (Messperiode 1931-1969) (Fliri, 1975).

Verhältnismäßig gering wirkt sich die Abschirmung auf die Niederschlagshäufigkeit aus, denn im

Oberinntal beträgt die Anzahl der Regentage immerhin 85% der am Alpennordrand gezählten

Regentage (Fliri, 1962).

Bezüglich der Temperaturverhältnisse weist Landeck in Vergleich mit dem auf gleicher Höhe ü.

M. gelegenen Imst (außer in den kalten Monaten Januar und Dezember) eine höhere

Monatsmitteltemperatur auf (Abb. 4.14) (Stationshöhen: 825 m). Die Vegetation besteht in den

niederen Lagen der Einzugsgebiete aus Wiesen und Obstbaum-Plantagen. Weiter oben finden sich

Nadelwälder (überwiegend Fichten und Kiefern) und einige Lärchen, teilweise durchsetzt mit

Birken. Oberhalb der Baumgrenze finden sich wenige alpine Weiden, bevor anschließend nivale

Gebiete und Schuttgesellschaften das Gebiet bestimmen.

Abb. 4.14: Monatsmitteltemperatur Landeck und Imst, Messperiode 1931 – 1960 (erstellt mit Werten aus Fliri, 1975)

Abb. 4.15: mittlerer Niederschlag Landeck, Messperiode 1931 – 1960 (erstellt mit Werten aus Fliri, 1975)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 39

Geologische Verhältnisse:

(basierend auf einer geologischen Karte mit dem Maßstab 1:300000 des Instituts für Geographie/Abteilung Landeskunde der Universität Innsbruck)

Die nördlichen Kalkalpen bestehen zum größten Teil aus Gesteinen der mesozoischen

Formationen (Trias, Jura und Kreide), wobei die Triasgesteine weitaus überwiegen. Die

mesozoischen Gesteine der Nordalpen sind, bis auf wenige Ausnahmen, Meeresablagerungen.

Infolge von Überschiebungen liegen gleich alte Gesteine mehrmals übereinander (Spengler, 1951).

Der paläozoische Untergrund der Kalkalpen tritt als „Grauwackenzone“ an deren Südseite unter

der Trias hervor. In Westtirol und Vorarlberg erscheinen teils Quarzite, teils Konglomerate an der

Basis der Trias, die auch veraltet als „Verrucano“ bezeichnet werden. Gegen Ende der skythischen

Zeit (ältester Abschnitt der Trias) wandelte sich das Meer an vielen Stellen in Salzseen um, die

dann austrockneten, so dass es zur Ausscheidung von Gips und Steinsalz kam. Gips ist im oberen

Teil des Skyth in den ganzen Nordalpen verbreitet (Spengler, 1951).

Die Raibler Schichten bestehen meist aus einer sehr unregelmäßigen Wechsellagerung von Mergel

mit Kalk, Dolomit und Rauhwacke (Spengler, 1951). Der in der Trias abgelagerte Kalk wurde oft

Abb. 4.16: Geologie des Untersuchungsgebietes Tirol

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 40

nachträglich in Dolomit umgewandelt. Ist das Gestein in der Normalfazies Dolomit, so wird es als

Hauptdolomit bezeichnet. Dieser Hauptdolomit ist geschichtet, hat in den Kalkalpen eine riesige

Verbreitung und erreicht eine Mächtigkeit von mehr als 1000 m, die nach Norden hin abnimmt

(Spengler, 1951). Gegen oben geht der Hauptdolomit durch Wechsellagerung in einen

dünnplattigen Kalk über, der als Plattenkalk bezeichnet wird (Spengler, 1951).

In den kalkalpinen Gesteinen des Untersuchungsgebietes, die an das zentralalpine Kristallin der

Landecker Quarzphyllite grenzen, herrscht steile Tektonik mit erheblicher Einengung. (Westrup,

1970).

Der Grenzbereich kalkalpin/kristallin zeigt allgemein steiles Süd-Fallen bis senkrechte Lage

(Westrup, 1970).

4.2.1 Schnee und Eis (Schneegrenze/Gletscher)

Die Schneegrenze in Österreich liegt derzeit zwischen 2500 m und 3200 m, je nach Lage und

Geländeform (URL 5).

Die Höhenlage der klimatischen Schneegrenze in den Ostalpen ist für das Gebiet der südlichen

Lechtaler Alpen mit 2800 m angegeben (Klebelsberg, 1949. In: Westrup, 1970).

Abb. 4.17: rezente potentielle Akkumulationsfläche Tirol (Höhenlage der GWL: 2800 m)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 41

(Es sind nur die für die Testgebiete relevanten Gerinne eingezeichnet.)

Schon heute ist keines der Tiroler Testgebiete mehr vergletschert. Abb. 4.17 ist zu entnehmen,

dass vergletscherte Flächen an das Teil-EZG Gasillbach heranreichen. Da die GWL bereits

oberhalb der oberen Gletschergrenze liegt, bedeutet das, dass sich diese Gletscher bereits im

Abschmelzen befinden.

4.2.2 Hydrologische Verhältnisse

Da das Untersuchungsgebiet in den Kalkalpen liegt, ist eine Verkarstung zu erwarten. Das

bedeutet, dass diese Gebiete durch Gletscherschmelzwasser beeinflusst sein können, obwohl sie

selbst einen Vergletscherungsgrad von 0% aufweisen. Die Gewässernetzdichte ist sehr gering.

Besonders im EZG Mühlbach sind die Gerinne im oberen Bereich nicht perennierend.

Fast alle Quellen zeigen im Herbst eine starke Abnahme ihrer Schüttung. Ein großer Teil von

ihnen (auch größere, z.B. jene nördlich vom Steinbruch oberhalb von Grins mit ca. 30 l/s im

Frühsommer) versiegt sogar (Westrup, 1970).

4.2.2.1 Abflussbildung

Die Lage der Einzugsgebiete in den Kalkalpen lässt eine hohe und schnelle Versickerungsrate und

Verkarstung erwarten. Zudem bietet Hangschutt noch einmal verbesserte

Infiltrationsmöglichkeiten. Bereits nach dem Abschmelzen der Würm-Gletscher begann sich

Verwitterungsschutt an den Hängen anzuhäufen. Schutthalden, bzw. Trocken-Schuttkegel werden

heute noch gebildet. Der dominante Schuttlieferant ist der weit verbreitete Hauptdolomit; alle

anderen Gesteine treten in ihrer Neigung Schutthalden aufzubauen dagegen deutlich zurück

(Westrup, 1970).

In solchen Einzugsgebieten überwiegt in der Regel der Grundwasserabfluss. An Schichtgrenzen,

Verwerfungen u.ä. tritt dieses Wasser zutage und fließt oberirdisch weiter. Im Gebiet wurden

keine Totalversickerungen bereits oberirdisch fließender Gewässer beobachtet.

Sowohl in klüftigen als auch in verkarsteten Gebieten kann sich selbst in Mittel- und

Hochgebirgslage ein größerer zusammenhängender GW-Speicher ausbilden, der insbesondere die

Wasserführung in der niederschlagsärmeren Zeit steuert. Sind im Übergangsbereich von Locker-

und dem Festgesteinsbereich Makroporen vorhanden, so kann sich selbst in steileren Hanglagen

kaum Zwischenabfluss bilden, da Sickerwasser durch die Klüfte in das GW eintritt (Baumgartner

& Liebscher, 1996).

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 42

4.2.2.2 Abflussregime

Durch die Abflussregimetypisierung ist es möglich, in Einzugsgebieten (10-500 km²) ohne

Direktmessung eine Abschätzung des mittleren Abflussverhaltens und der damit verbundenen

Richtwerte zu erhalten. Die räumliche Umsetzung gelingt in den alpinen Gebieten mittels der

arealen Vergletscherung und der mittleren Einzugsgebietshöhe (Aschwanden & Weingartner,

1985).

Tab. 4.5: Mittlere EZG-Höhe und Vergletscherung der Testgebiete Tirol Mittlere EZG-Höhe in m Vergletscherte Fläche in %

Teil-EZG Gasill 2083 0 EZG Mühlbach 2042 0

Stanzer Waal West 2095 0 Stanzer Waal Ost 1967 0

In Anwendung der beiden in Tab. 4.5 dargestellten Parameter sind die Testgebiete nach

Aschwanden & Weingartner (1985) dem nordalpinen Regimetyp nival-alpin zuzuordnen (mittlere

EZG-Höhe 1550 m – 2300 m bei einer Vergletscherung von 0-3%).

Für die Gebiete sind keine Abflussdaten vorhanden. Es sind in Aschwanden & Weingartner (1985)

typische Bereiche der Pardé-Koeffizienten angegeben, die mit Hilfe von repräsentativen Stationen

bestimmt wurden. In

Abb. 4.18 ist das durch Berechnung der Mittelwerte dieser Bereiche erstellte Regime dargestellt,

um eine Idee vom Abflussregime dieser Gebiete zu bekommen.

Die typischen Rangfolgen für diesen Regimetyp sind PKJun-Mai>PKJul>PKAug und

PKMai-Jun>PKJul>PKAug (Aschwanden & Weingartner, 1985). Die Minimalabflüsse konzentrieren

sich auf die Monate Januar und Februar. Im Allgemeinen sind die Niedrigwasserabflüsse größer

als bei den anderen alpinen Regimetypen.

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 43

Abb. 4.18: Hypothetisches rezentes Abflussregime des Untersuchungsgebietes Tirol mit Wertetabelle

Pardé- Koeffizient (nach Aschwanden

& Weingartner (1985)

Jan 0,275 Feb 0,33 Mrz 0,49 Apr 1,11 Mai 2,24 Jun 2,315 Jul 1,67

Aug 1,27 Sep 0,885 Okt 0,625 Nov 0,54 Dez 0,38

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 44

4.3 Vinschgau, oberes Etschtal

(Grundlage der Einzugsgebietsberechnungen bildet ein digitales Höhenmodell (Auflösung 30x30m), freundlicher Weise zur Verfügung gestellt vom Hydrographischen Amt Bozen, von dem auch die Gletscher- und Gewässer-Shapefiles stammen. Der Gebietsauslass wird durch die am weitesten im Tal genommene Probe repräsentiert.)

Der Vinschgau in Südtirol ist der obere Teil des Etschtals und erstreckt sich vom Reschenpass bis

fast nach Meran.

Im Norden wird er von den Ötztaler Alpen und der Texelgruppe begrenzt, im Süden liegt die

Ortler-Cevedale Gruppe, im Osten die Texelgruppe und die Stubaier Alpen, im Westen das Veltlin

und Graubünden. So ist der Vinschgau auf allen Seiten von hohen Bergen umschlossen, was die

Charakteristiken eines inneralpinen Trockentals mit sich bringt.

Der Vinschgau gehört zum regenärmsten Teil der Ostalpen, und die Schneegrenze auf der

Sonnenseite ist extrem hoch hinaufgerückt (Schenk, 1951).

Abb. 4.19: Lage der Testgebiete im Untersuchungsgebiet Vinschgau

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 45

Niedriger jährlicher Niederschlag von 440-530 mm in Kombination mit häufigem Wind bewirkt

ein semiarides Klima mit Steppenvegetation entlang der Südhänge (Spötl et al., 2002). Das Relief

weist nur wenige Hangverebnungen auf. Auch auf dem Talboden sind kaum ebene Abschnitte zu

finden. Solche sind eher in der Gipfelregion vorhanden (Spötl et al., 2002).

(Beide Abbildungen wurden basierend auf Datensätzen des Hydrographischen Amts Bozen berechnet. Wo keine 30-jährige Zeitreihe verfügbar war, wurde die längste aktuellste Zeitreihe verwendet.)

Aus der zentralen Ortlergruppe und dem Königsspitz lösten sich nach der letzten Eiszeit die für

den Vinschgau typischen Murkegel, die der gesamten Tallandschaft Unterteilung, Charakter und

Differenzierung in landschaftlich sehr unterschiedliche Abschnitte geben (Rampold, 1974).

Die Testgebiete sind das Plawenntal, das Planeiltal und das Matscher Tal, die im Wesentlichen

einen Verlauf von Nordost nach Südwest aufweisen.

Das Plawenntal ist ein relativ kurzes Tal, mit einem riesigen Hangschuttkegel. Das Dorf Plawenn

befindet sich auf 1730 m ü.M. auf dem oberen Teil des Schuttkegels. Im Plawenntal finden sich in

der Talsohle Reste von ursprünglich ausgedehnten Auwäldern (Loose, 2003). Darüber folgen

Laubmischwälder, Nadelwälder, alpine Rasen und die Fels- und Eisregion. Durch menschliche

Einflussnahme kamen weitere Lebensräume wie Bergwiesen und Hecken, Almen und Weiderasen

hinzu (Loose, 2003). Natur- und Kulturlandschaften bilden so ein vielfältiges Landschafts- und

Lebensraumgefüge.

Das Planeiltal beginnt mit einem großen Schuttkegel (Schenk, 1951).

Abb. 4.20: Monatsmitteltemperatur Matsch Abb. 4.21: Mittlerer Niederschlag Matsch

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 46

In diesem Tal fehlt der Wald auf dem Sonnenhang bis auf wenige Reste, die zum Schutz des

Dorfes Planeil als Bannwald ausgewiesen sind. Er ist licht und grasreich und setzt sich vorwiegend

aus Lärchen zusammen. Auf der gegenüberliegenden Schattenseite hingegen bildet er größere

zusammenhängende Partien, oft unterbrochen von, in den Hang tief eingeschnittenen Tobeln. Im

Waldbau dominieren hier Fichten, Kiefern und Zirben (Loose, 2003).

Das Matschertal zieht sich, bei Schluderns beginnend, bis zur Gruppe der Weisskugel hinauf, ist

im Talabschluss durch den Matscherferner vergletschert und ist eines der größten Täler des oberen

Vinschgaus. Es wurde durch Erosion des Saldurbaches gebildet (Schenk, 1951). Die Malser Haide

ist mit 13,25 km2 Ausdehnung und einem Volumen von 1550 Mio m3 „der größte Murkegel der

Ostalpen überhaupt“ (Fischer, 1966. In: Rampold, 1974).

Die Malser Haide wird vom Nordwestwind beherrscht, der im Winter starke Schneeverwehungen

erzeugt; vollkommen blank gefegte Stellen wechseln sich dann mit Schneemauern ab (Rampold,

1974). Dies gilt jedoch weniger für die Seitentäler Plawenn- und Planeiltal, die zwar sehr kalte

Winter haben, dem Wind aber nicht so stark ausgesetzt sind (Rampold, 1974). Im Sommer sind die

Gebiete von Trockenheit und Starkregen geprägt, was Erosions- und Murgangvoraussetzungen

begünstigt (Rampold, 1974).

Tab. 4.6: Einzugsgebietsparameter der Testgebiete Vinschgau

EZG EZG-Größe in km²

Höchster Punkt in m

Tiefster Punkt in m

Mittlere Höhe in m

Gletscher-bedeckung

in % Plawenntal 5,6 2908 1729 2283 0 Planeiltal 40,3 3378 1368 2480 2,36

Matscher Tal 81,6 3698 1356 2536 5,73

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 47

Geologische Verhältnisse:

Abb. 4.22: Geologie des Untersuchungsgebietes Vinschgau Transverse Mercator Projektion WGS 1984 UTM Zone 32N. (basierend auf vom Hydrographischen Amt Bozen zur Verfügung gestellten Shape-Files), Die Geologie des Untersuchungsgebietes besteht aus metamorphen Gesteinen des Ötztaler

Kristallins (Muskowit, Augen- und Flasergneis, Phyllitgneis und gimmerreichem

Biotitplagioklasgneis, das heißt, es sind unter den eiszeitlichen Moränen- und Schuttablagerungen

leicht verwitterbare Phyllite und Gneise anstehend, die große Schutt- und Geröllmengen liefern

(Loose, 2003).

Aufgrund klimatischer Gegebenheiten treten auf der Südseite des Alpenhauptkamms oder in

Föhnlagen besonders große Schwemmkegel auf. Einer der größten ist vermutlich der der Malser

Haide im oberen Vinschgau, der den Haider See aufgestaut hat. Das Volumen dieses Kegels liegt

in der Größenordnung von km³, und er ist von Mals bis zu seinem Ursprung in Plawenn über 800

m mächtig (URL 6).

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 48

4.3.1 Schnee und Eis (Schneegrenze/Gletscher)

Aus Abb. 4.23 ist ein leicht abnehmender Trend der mittleren Jahresschneehöhen abzulesen. Die

Flächen-Höhenverteilung der gesamten Gletscherfläche von 1997 in Südtirol (Abb. 4.24) zeigt ein

Maximum der Flächen in der Höhenstufe von 3000 m, das Minimum liegt in der Höhenstufe 2100

m (Gletscherinventar Südtirols, 1997).

Ausgedehnte und sehr hoch gelegene Gletscher befinden sich auf der Weisskugel (3736m), welche

strahlenförmig vier lange Kämme in die Täler von Schnals, Matsch, Planeil und Langtaufers

aussendet.

Abb. 4.25: Matscherferner, Gesamtfläche 3,04 km², höchster Punkt 3693 m (Gletscherinventar Südtirols, 1997)

Abb. 4.23: Mittlere Jahresschneehöhen an der Station Karlinbach (Langtauferer Tal)

Abb. 4.24: Flächen-Höhenverteilung und hypsometrische Summenkurve der Südtiroler Gletscher von 1997 (Gletscherinventar Südtirols, 1997)

(Erstellt auf Basis des Datensatzes der Schneehöhe im Tagesmittel, der vom Hydro-graphischen Amt Bozen zur Verfügung gestellt wurde.)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 49

Die rezente GWL im Vinschgau wird mit 3100 m angesetzt, was sehr gut mit den, im

Geltscherinventar Südtirols (1997), angegebenen Werten von 3116 m für die GWL des

Matscherferners und 3102 m für die GWL des Planailferners korreliert.

Wie in Abb. 4.26 zu erkennen ist, weisen die Gletscher der Untersuchungsgebiete Planeiltal und

Matschertal noch verhältnismäßig große potentielle Akkumulationsgebiete auf. Augenfällig ist

jedoch auch die Expositionsabhängigkeit der Gletscherbildung. Die nord- und nordwest-

exponierten Höhenlagen sind stärker vergletschert als die süd- und insbesondere die südost-

exponierten Lagen. Die dunkelblau dargestellten Gletscherflächen, die nicht von der hellblau

dargestellten potentiellen Akkumulationsfläche überlagert sind, werden in absehbarer Zeit der

Ablation zum Opfer fallen.

4.3.2 Hydrologische Verhältnisse

Punibach (Planeiltal) und Saldurbach (Matscher Tal) gehören zu den wichtigsten Nebenflüssen der

jungen Etsch.

So wie fast alle Nebenflüsse der Etsch sind sie von Gletschern gespeist. Mit zunehmender Höhe ü.

M. schwellen die Bäche zeitlich später an, da in größeren Höhen die Schneeschmelze aufgrund des

Abb. 4.26: rezente potentielle Akkumulationsfläche Vinschgau (Höhenlage der GWL: 3100 m)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 50

Temperatur-Höhen-Gradienten erst bei vorgerückter Jahreszeit eintritt. Daher weist das Vinschgau

den höchsten Wasserstand erst gegen Ende Juli auf (Schenk, 1951).

4.3.2.1 Abfluss

Die Höhenlagen des Plawenntals sind zwar nicht vergletschert, liegen aber hoch genug um die

Schneeschmelze als Hauptprozess der Abflussbildung zu werten. Die anderen beiden Testgebiete

weisen Vergletscherung auf, so dass hier Schnee- und Gletscherschmelze als Hauptprozesse der

Abflussbildung zu erwarten sind.

Alle drei Testgebiete liegen im Kristallin, was Infiltration als Abflussbildungsprozess als gering

bedeutend vermuten lässt. Ausnahmen bestehen auf Geröll- und Schutthalden und dort, wo das

anstehende Kristallin bereits stark verwittert ist. Plawenn- und Planeiltal sind kaum durch

asphaltierte Straßen erschlossen, so dass anthropogen verursachter Oberflächenabfluss kaum von

Bedeutung ist. Nur das Matscher Tal verfügt über mehrere gut ausgebaute asphaltierte Straßen, die

relativ weit in das Tal hinein führen und mehrere Dörfer miteinander verbinden. Hier könnte der

Oberflächenabfluss eine diskrete Rolle spielen.

Dort, wo die Testgebiete mit dem riesigen Schwemmkegel, der die Malser Haide bildet, angefüllt

sind, ist mit Interflow zu rechnen. Dabei handelt es sich um Wasser, welches an der Oberfläche

des alten Schwemmkegels versickert bis es auf eine Schicht undurchlässiger Ablagerungen trifft,

entlang welcher es dann, dem Gefälle folgend, an einem tiefer gelegenen Teil der

Schwemmkegeloberfläche wieder hervortritt. Diffuser Grundwasseraustritt auf einer mehr oder

weniger quer zum Tal verlaufenden Linie oberhalb des Dorfes Plawenn wurde beobachtet.

Je nach Verlauf der stauenden Schichten könnten auch kleine Grundwasservorkommen innerhalb

des Schwemmkegels möglich sein. Ob Wasser in bedeutender Größenordnung in kristallines

Festgestein infiltriert und ob sich in diesem Gestein Grundwasserkörper bilden, hängt sehr stark

von ihrem Verwitterungszustand, ihrer Lagerung und von ihrer Klüftung ab.

4.3.2.2 Abflussregime

Auch in diesem Untersuchungsgebiet fehlen Abflussmessungen der relevanten Vorfluter. Daher

wird zur Abschätzung des Abflussverhaltens eine Einteilung in die Regimeklassifikation nach

Aschwanden & Weingartner (1985) vorgenommen (mit Hilfe der Parameter „mittlere EZG-Höhe“

und „prozentuale vergletscherte Fläche“).

Bei einer mittleren EZG-Höhe bis zu 2300 m sind die Gebiete dem Südalpinen Typ zuzuordnen

(Aschwanden & Weingartner, 1985), was auf das EZG Plawenntal zutrifft, welches demnach in

die Kategorie nival-méridional (mittlere EZG-Höhe 1800-2300 m, Vergletscherung 0-6%) fällt.

Das Regime nival-méridional weist ein Maximum im Sommer mit der Rangfolge

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 51

PKJun>PKJul>PKMai oder PKJun>PKMAI>PKJul auf. Im Herbst, wo die pluviale Abflusssteuerung

vorherrscht, können sekundäre Maxima auftreten, und die Minimalabflüsse konzentrieren sich auf

die Monate Januar bis März (Aschwanden & Weingartner, 1985).

Um abzuschätzen, ob das

Einzugsgebiet Plawenntal ein solches

Maximum aufweist, wird die

Verteilung der Niederschlagstage und

der Anteil der mittleren monatlichen

Niederschlagsmengen an der

mittleren Jahresniederschlagsmenge

betrachtet (vgl. Abb. 4.27).

Insbesondere an der Verteilung der

Niederschlagsmengen lässt sich ein

sekundäres Herbstmaximum ablesen.

Dementsprechend erhält auch das

hypothetische Abflussregime des

Plawenntals ein kleines sekundäres

Maximum im Herbst (vgl. Abb. 4.28).

Abb. 4.28: Hypothetisches rezentes Abflussregime Plawenn (nach Aschwanden &Weingartner, 1985)

Abb. 4.27: Verteilung der Niederschlagstage und Niederschlagsmengen in %, Station Matsch

Pardé- Koeffizient (nach Aschwanden & Weingartner (1985)

Jan 0,4 Feb 0,35 Mrz 0,35 Apr 0,7 Mai 1,75 Jun 2,5 Jul 2,25

Aug 1,45 Sep 1,15 Okt 1,15 Nov 0,65 Dez 0,35

(basierend auf Daten des Hydrographischen Amts Bozen)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 52

Lokale und regionale Besonderheiten (Karst, Exposition etc.) können die klimatische

Abflussteuerung in südalpinen Einzugsgebieten entscheidend modifizieren (Aschwanden &

Weingartner, 1985).

Bei Einzugsgebieten mit mittlerer Höhe über 2300 m und einer Vergletscherung von mehr als 6%

werden die alpinen Kriterien übernommen (Aschwanden & Weingartner, 1985). Dementsprechend

ergeben sich für die Einzugsgebiete Planeiltal und Matscher Tal hypothetisch b-glacio-nivale

Regime (vgl. Tab. 4.6 und Tab. 4.3).

4.4 Fazit:

Die drei Untersuchungsgebiete liegen in drei inneralpinen Regionen in Tirol, im Vinschgau und im

Wallis. Jedes Gebiet umfasst jeweils drei, bzw. vier, Täler.

Auf der Luv-Seite der umgebenden Bergketten kommt es zu orographischen Niederschlägen und

als Konsequenz auf der Lee-Seite zu sehr geringem Niederschlag und geringer Bewölkung. Durch

den reduzierten Bewölkungsgrad kommen solche inneralpinen Trockentäler zu einem hohen

Strahlungsgenuss, woraus, im Vergleich mit ihrer Umgebung, eine höhere Jahresmitteltemperatur

resultieret. Die ohnehin schon hohe Verdunstungsrate wird im Sommer durch die

Pflanzentranspiration während der Vegetationsperiode noch verstärkt.

Pardé- Koeffizient (nach Aschwanden & Weingartner (1985)

Jan 0,4 Feb 0,35 Mrz 0,35 Apr 0,7 Mai 1,75 Jun 2,5 Jul 2,25

Aug 1,45 Sep 1,15 Okt 1,15 Nov 0,65 Dez 0,35

Abb. 4.29: Hypothetisches rezentes Abflussregime der Testgebiete Planeiltal und Matscher Tal mit Wertetabelle (nach Aschwanden & Weingartner, 1985)

4 DIE UNTERSUCHUNGSGEBIETE 53

Demzufolge wird in derartig charakterisierten Regionen ein, durch den Klimawandel bedingter

Anstieg der Temperatur bereits frühzeitig Auswirkungen auf die Wasserspeicher und somit auf

den Abfluss zeigen.

Der Abfluss ist die wichtigste Wasserhaushaltskomponente alpiner Einzugsgebiete und stellt die

Reaktion des hydrologischen Systems auf die Gesamtheit aller Einflussgrößen dar (Escher-Vetter

et al., 1998). Abflussmengenmessungen aus den Gebieten sind nicht verfügbar, als Reaktion des

hydrologischen Systems werden daher die Abflussregime betrachtet. Ein Abflussregime ist der

charakteristische mittlere Jahresgang des Abflusses eines Fließgewässers.

Die, in den Tälern der Untersuchungsgebiete vorzufindenden, Vorfluter weisen Abflussregime auf,

die in unterschiedlichem Maße durch Schnee- und Gletscherschmelze beeinflusst sind. Ihre

Einzugsgebiete weisen unterschiedliche Höhenerstreckungen, Höhenverteilungen und

Vergletscherungsgrade auf, außerdem grundlegende Unterschiede in den geologischen

Gegebenheiten.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 54

5 Ergebnisse der experimentellen Arbeiten

5.1 Methodik

Um die Auswirkung der Veränderung der Schnee- und Eisspeicher auf den Abfluss abschätzen zu

können, muss zunächst ihr aktueller Einfluss auf den Abfluss bestimmt werden. Zu diesem Zweck

wird der, zu den Disaggregationsverfahren gehörende, Konvergenzansatz nach Leibundgut

verwendet, der besagt, dass „die an einem Punkt gewonnenen Informationen aufgeschlüsselt und

Teilräumen, bzw. Subspeichern zugeordnet werden können. Mit dem Konvergenzansatz können

auch hydrologisch heterogene Räume bearbeitet werden.“ (Leibundgut, 1987). Der Abfluss enthält

also über das gesamte Einzugsgebiet integrierte Informationen.

Über die Interpretation der natürlichen Wasserinhaltsstoffe im Abfluss können Aussagen über die

Beteiligungen verschiedener Wasserherkunftsräume gemacht werden (Leibundgut & Uhlenbrook,

1997).

In dieser Arbeit werden die natürlichen Tracer Leitfähigkeit, Wassertemperatur zum Zeitpunkt der

Probennahme, Konzentration der enthaltenen Hauptionen sowie Silikatgehalt und isotopische

Zusammensetzung betrachtet.

Anschließend werden die gemessenen Parameter der Winter- und Frühjahrsproben verglichen um

Rückschlüsse auf das Ausmaß des Einflusses von Schmelzwasser zu ziehen.

Künstliche Tracer wurden nicht eingesetzt.

5.1.1 Probennahme

Im Dezember 2006 und im April 2007 wurden Oberflächengewässer in den

Untersuchungsgebieten beprobt. Die Beprobung von Quellen wäre theoretischer Weise ideal

gewesen, konnte aber aufgrund des Problems der Zugänglichkeit der relevanten Quellen nicht

durchgeführt werden.

In der kalten Jahreszeit (Niedrigwasserzeit) wird damit gerechnet, dass überwiegend

grundwasserbürtiges Wasser zum Abfluss kommt. Im Frühling wird eine Beeinflussung durch

Schnee und evtl. Gletscherschmelzwasser erwartet. Ein Einfluss von direktem

Niederschlagswasser auf die Proben ist unerwünscht.

Im Dezember 2006 herrschten trockene, überwiegend sonnige Wetterkonditionen und die

Lufttemperatur betrug tagsüber ca. 9°C. Die Probennahme wurde im Untersuchungsgebiet Tirol

begonnen und im Untersuchungsgebiet Vinschgau weitergeführt. Vom Untersuchungsgebiet

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 55

Wallis existieren keine Dezemberproben, da sich die Witterungsbedingungen verschlechterten (die

letzte Probe im Vinschgau wurde genommen, nachdem es bereits ca. 8-10 Stunden geregnet hatte).

Im Wallis sank die Schneegrenze sehr weit nach unten, was ein Erreichen der dortigen

Probennahmestellen unmöglich machte.

Die zweite Probennahme im April 2007 verlief unter perfekten Bedingungen. Hoch Peggy

beherrschte die Wetterlage mit sehr trockenem und sonnigem Wetter und einer Lufttemperatur um

die 20°C in einer Höhenlage von ca. 1500 m.

Die Probenbezeichnung setzt sich aus einem, dem Land der Probennahme entsprechenden,

Akronym („A“ für Tirol, „I“ für Vinschgau und „CH“ für Wallis) und einer laufenden Nummer

zusammen. Bei allen Proben mit einer laufenden Nummer von 01 bis 10 handelt es sich um

Dezemberproben, bei solchen mit einer laufenden Nummer größer/gleich 11 um Aprilproben. Das

Pendant zur Dezemberprobe „A02“ wäre die an der gleichen Stelle im April genommene Probe

„A12“. Proben, die in Tirol im April an einer Stelle entnommen wurden, die im Dezember zuvor

nicht beprobt wurde, enthalten ein „+“ in der Bezeichnung.

Probennahmestellen:

Abb. 5.1: Untersuchungsgebiet Wallis, Lage der Probennahmestellen (WGS 1984 Darstellung)

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 56

Beschreibung der Probennahmestellen Wallis (Reihenfolge der Täler von west nach ost):

Jolital:

Abb. 5.2: Probennahmestelle CH11 (links) und CH20 (rechts) (aufgenommen im April 2007)

CH 11: Das Wasser dieser Probe stammt aus der Fassung des Seebaches (Zufluss des Jolibaches).

Zumindest das oberirdische EZG besteht aus kristallinem Gestein. Ab Höhe der Fassung aufwärts

waren mehrere tauende Schneeflecken zu sehen.

CH20 (Fassung): repräsentiert die am niedrigsten gelegene Probennahmestelle im Jolital und des

Untersuchungsgebietes (963 m ü. M.). Das Einzugsgebiet des Jolibaches besteht in den niederen

Lagen aus Schichten des Jura-Gesteins, welches in der Regel kalkhaltig ist.

Bietschtal:

CH12: ist der höchste Probennahmepunkt im Bietschtal. Oberhalb war der beprobte Bietschbach

von nicht mehr frischem Lawinenschnee bedeckt.

CH13: ist eine Probe des „Ängs Bächi“, das ein östlicher Zufluss des Bietschbaches ist.

CH14 (Fassung „Eschji“): Der „Eschji“-Waal versorgt die Matten westlich des Bietschbaches

unterhalb von ca. 1000 m ü. M. mit Wasser.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 57

Abb. 5.3: Probennahmestelle CH12, Bietschtal (aufgenommen im April 2007)

Baltschiedertal:

Abb. 5.4: Probennahmestelle CH17 („Undra Suon“), Baltschiedertal (aufgenommen im April 2007)

CH15 (einige Meter unterhalb der Fassung „Niwärch“): höchster beprobbarer Punkt im

Baltschiedertal (1294 m). Ab dieser Höhe ü. M. waren das Tal und der Bach unter altem

Lawinenschnee begraben. Von der Fassung aus wird Wasser zur Wiesenbewässerung zu den

oberen Matten westlich des Baltschiederbaches geleitet.

CH16 (Fassung „Gorperi Suon“): Von der, auf 1211 m ü. M. gelegenen beprobten Fassung wird

Wasser zur Versorgung der östlich des Baltschiederbaches gelegenen Matten abgeleitet

CH17 (Fassung „Undra Suon“): ist die am niedrigsten gelegene Probennahmestelle im

Baltschiedertal (1109 m), von wo aus Wasser zu den unteren Matten westlich des

Baltschiederbaches, oberhalb des Ortes Baltschieder, geleitet wird.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 58

Gredetschtal:

Abb. 5.5: Probennahmestelle CH18, oberes Gredetschtal (aufgenommen im April 2007)

CH18 (wenige Meter unterhalb der Fassung „Wyssa“): mit 1529 m ü. M. höchste erreichbare

Probennahmestelle im Gredetschtal (Mundbach). Oberhalb waren sowohl Weg als auch Mundbach

unter Lawinenschnee begraben. Das gefasste Wasser dient der Bewässerung der Matten westlich

des Mundbaches, oberhalb der Ortschaft Mund, ebenso das bei CH19 gefasste Wasser.

CH19 (Fassung „Stigwasser“, ca. 20 m weiter talwärts befindet sich auch die Fassung

„Obersta“) ist die am niedrigsten gelegene beprobte Stelle des Mundbaches (1343 m ü. M.).

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 59

Abb. 5.6: Untersuchungsgebiet Tirol, Lage der Probennahmestellen (WGS 1984 Darstellung)

Abb. 5.7: Blick von unten ins EZG des Gasillbaches, A04 (links) und Blick von A03 bergauf ins Mühlbach-EZG (aufgenommen im Dezember 2006)

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 60

Beschreibung der Probennahmestellen Tirol (Reihenfolge der Einzugsgebiete von west nach ost):

EZG Gasillbach (Teil-EZG des Mühlbaches):

A04, A14: Probe aus dem Gasillbach kurz vor der Mündung in den Mühlbach (vgl. Abb. 5.9)

EZG Mühlbach

A01, A11(Fassung, oberes Mühlbach-EZG): Die Probennahmestelle befindet sich auf knapp 1400

m ü. M. und repräsentiert die höchste Probennahmestelle im Untersuchungsgebiet Tirol.

A02, A12 („Wildbad“-Quelle): Bei dieser Probennahmestelle handelt es sich um eine gefasste

Thermalquelle (vgl. Abb. 5.9). Ein Teil des Wassers wird unterirdisch zu einem Brunnen im Dorf

Grins geleitet. Der Rest des Wassers fließt in den Mühlbach. Die Gemeinde Grins hat im Winter

2006/07 eine zweite, tiefere Bohrung durchgeführt. Seitdem gelangt weniger Quellwasser in den

Mühlbach. Das Wasser dieser Quelle ist für die Wiesenbewässerung allerdings unrelevant und

wird daher in der weiteren Betrachtung außer Acht gelassen.

A+: kleines Gewässer nahe der „Wildbad“-Quelle mit geringem Abflussvolumen

A03, A13: Beprobung des oberen Mühlbach-EZG vor Mündung des Gasillbaches und der

„Wildbad“-Quelle (siehe Abb. 5.9).

A05, A15 (Fassung Lärchibach): ist die am niedrigsten gelegene beprobte Fassung im

Untersuchungsgebiet Tirol. Das Abflussvolumen an dieser Probennahmestelle war bei beiden

Probennahmen geringer als das des Gasillbaches (Augenmaß).

Abb. 5.8: Probennahmestelle A09, A19 Abb. 5.9: Probennahmestellen A12, A13, A14 im Mühlbach-EZG

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 61

EZG Stanzer Waal:

A07, A17: untere Fassung Stanzer Waal

A08, A18: Hier wurde Wasser beprobt, das ca. 20 m unterhalb von zwei in den Hang gebauten

Wasserhäuschen aus dem Hang austritt.

A09, A19: Bei der Probennahmestelle handelt es sich um ein Bewässerungs-Rückhaltebecken, das

auch Oberflächenabfluss und Interflow-Komponenten aufnimmt (am „Beckenrand“ ist

Moosbewuchs sichtbar an Stellen, wo regelmäßig Wasser eintritt) (siehe Abb. 5.8).

A10, A20: obere Fassung Stanzer Waal

A++: Bei dieser Probennahmestelle handelt

es sich um eine Fassung, die in einem

Bachbett liegt, das zur Zeit der Probennahme

trocken war. Lediglich knapp unterhalb der

Fassung, wo kristallines Gestein zwischen

dem Kalkstein sichtbar ist, tritt Wasser aus

(vgl. Abb. 5.10). Für Bewässerungszwecke im

Frühjahr stellt diese Fassung daher kein

Wasser zur Verfügung. Hier wäre eine

Begehung im Hochsommer ratsam, um festzustellen, ob zur Sommerzeit mehr Abfluss vorhanden

ist.

Abb. 5.10: Probennahmestelle A++

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 62

Abb. 5.11: Untersuchungsgebiet Vinschgau, Lage der Probennahmestellen (WGS 1984 Darstellung)

Beschreibung der Probennahmestellen Vinschgau (Reihenfolge der Einzugsgebiete von west nach

ost):

Plawenntal: Beide Probennahmestellen befinden sich am Rand einer Viehweide. Auf der westlich

des Bachbettes des Plawennbachs gelegenen Viehweide waren viele kleine Hangschichtquellen zu

sehen, die in einer ungefähren Linie quer zum Talquerschnitt austreten (Abb. 5.12). Am Fuß des

ostexponierten Hanges auf Höhe der in Abb. 5.12 blau eingezeichneten „Quelllinie“ befindet sich

ein Wasserhäuschen. Oberhalb dieser Höhenlage führte keines der in der Karte eingezeichneten

Gerinne Wasser.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 63

Abb. 5.12: Probennahmestellen Plawenntal

I01, I11: Die Wasserproben stammen aus einer Fassung, die sich am unteren Ende der Viehweide,

oberhalb des Ortes Plawenn, befindet.

I02: Diese Probennahmestelle befindet sich im Bachbett des Plawennbaches, der oberhalb der

Probennahmestelle trocken war. Im April 2007 konnte dort keine Probe mehr genommen werden,

da kein Abfluss vorhanden war.

Planeiltal:

I03, I13: Beprobung des Punibaches bei einer Wasserfassung. Bei dieser Probennahmestelle

handelt es sich um die am höchsten gelegene im Planeiltal (auf 1974 m ü. M.).

I04, I14: Beprobung des östlichen Punibach-Zulaufs auf 1905 m ü. M. Im Bachbett wurden rostige

Ablagerungen gefunden.

I05, I15: Probennahmestelle unterhalb des Dorfes Planeil.

Matscher Tal:

I06, I16: Die beprobte Stelle liegt ca. 10 m oberhalb der Brücke, die zum Glieshof (Hotel-

Restaurant) führt, auf ca. 1803 m ü. M. Die Luft roch „rostig“. Manche Steine im Bachbett hatten

einen rostigen Überzug aufzuweisen.

I07, I17: Die genommenen Proben entstammen dem Upibach kurz vor dessen Mündung in den

Saldurbach (auf ca. 1768 m ü. M.). Das Wasser scheint nährstoffreich zu sein, da viele braune

Algen im Bachbett zu sehen sind.

I08, I18: Die Proben wurden der Fassung des „Leitenwaal“, Saldurbach, entnommen, auf einer

Höhe von 1205 m ü. M. Im April wurde im Bereich der Fassung eine Hangquelle beobachtet (TW

4,0°C, LF 383µS/cm), die im Dezember kein Wasser führte.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 64

5.1.2 Physikalische Parameter

Die Wassertemperatur (Tw) und die elektrische Leitfähigkeit (LF) als Integral aller gelösten Ionen

wurden an jeder Probennahmestelle in-situ mit dem Gerät „LF 92“ der Firma „WTW“ gemessen.

Aufgrund eines Defektes der Messsonde des pH-Messgerätes sind keine pH-Werte verfügbar.

Die Leitfähigkeit ist zur Mineralisierung der beprobten Vorfluter direkt proportional und lässt

daher im Vergleich der Dezember- mit den Aprilproben Rückschlüsse auf den Zutritt von gering-

bzw. höher mineralisiertem Wasser zu.

Quellen reagieren oft auf wechselnde thermische Inputverhältnisse, die von unterschiedlichen

thermischen Faktoren bestimmt werden, z.B. von dem saisonalen Effekt, der den Jahresgang

bestimmt, von Kälte- und Wärmeeinbrüchen, die zu plötzlichen Änderungen führen und vom

regulierenden Einfluss des Grundwasserspeichers (Leibundgut, 1995). Eine im Jahresverlauf

konstante Quelltemperatur lässt auf einen bedeutenden ausgleichenden Grundwasserspeicher

schließen (Leibundgut, 1995). Demzufolge kann auch die Tw ein guter natürlicher Tracer sein;

allerdings nur dann, wenn sie nicht zu stark von der, zur Zeit der Probennahme herrschenden

Lufttemperatur (Ta) überprägt ist.

Die gemessene Tw entspricht in dieser Arbeit nicht der Temperatur des ursprünglichen

Quellwassers, sondern unterliegt sowohl der Mischung unterschiedlicher

Quellwässer/Abflusskomponenten als auch der Beeinflussung durch Ta. Trotzdem kann Tw einen

Hinweis auf die Herkunft des Wassers geben. Zum Beispiel ist Schmelzwasser kälter als Wasser,

das hoch mineralisiert aus großer Tiefe kommt.

5.1.3 Hauptionen

Mit Hilfe hydrochemischer Tracer ist es möglich, einzelne Wasserherkunftsräume und Fließwege

anzusprechen (Prozeß-orientierte Abflusskomponentenseparation) (Leibundgut & Uhlenbrook,

1997).

An den beprobten Stellen ist von einer guten und vollständigen Durchmischung der

kontributierenden Wässer auszugehen und somit auch von einer, für die Hydrochemie des

Einzugsgebietes repräsentativen, Zusammensetzung.

Es wurden die Konzentrationen der gelösten Hauptkationen (Na+, K+, Mg2+ und Ca2+) und

Hauptanionen (Cl-, NO32-, HCO3

- und SO42-) gemessen. Quelle dieser Ionen ist hauptsächlich die

Verwitterung des Ausgangsgesteins. Bei der Verwendung hydrochemischer Tracer ist es

notwendig, alle natürlichen und anthropogenen Eintragsquellen zu berücksichtigen, um die

Stoffumsätze in den Speichersystemen korrekt abschätzen zu können (Tilch et al., 2003).Dabei ist

zu beachten, dass Nitrat ein „zivilisatorischer“ Tracer ist, der ein Hinweis auf Verschmutzung

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 65

durch anthropogene Einleitung in das Gewässer (Punktquelle) sein kann. Es kann auch flächig

durch Auswaschung aus gedüngten Böden und Oberflächen und über die Atmosphäre ins System

eingetragen werden. Da im Rahmen der Aufgabenstellung primär die geogenen Tracer

interessieren, wird Nitrat in der Auswertung und Interpretation der Hauptionenkonzentrationen

nicht berücksichtigt.

Bei Chlorid ist zu beachten, dass es sowohl ein geogener als auch ein anthropogener Tracer sein

kann.

Die Ionenanalyse wurde am Institut für Hydrologie der Universität Freiburg mit einem

Ionenchromatographen des Typs „DX 500“ der Firma „Dionex“ durchgeführt. Aufgrund eines

schwerwiegenden Defektes des Ionenchromatographen kurz vor Fertigstellung dieser Arbeit

konnte die Kationenanalyse der Aprilproben nicht durchgeführt werden. Aus diesem Grund

fehlende Werte sind in den Tabellen unter Kapitel 5.2-5.4 grau dargestellt. Nicht genommene

Proben sind mit einem durchgestrichenen Kästchen gekennzeichnet.

Den angegebenen Ionenkonzentrationen kann ab einer Konzentration >0,5 mg/l vertraut werden.

Darunter können die Werte lediglich ein Hinweis darauf sein, dass eine geringe Menge des

betreffenden Ions detektiert wurde. Bei Konzentrationen >0,5 mg/l liegt der Fehlerbereich bei 5%-

10%.

Die Erstellung der Piperdiagramme zur Identifizierung und Charakterisierung unterschiedlicher

Wassertypen erfolgte mit dem Programm „AquaChem 3.70“.

5.1.4 Silikat

Die Verwendung von Silikat, das in der Regel als Ortho-Kieselsäure (H4SiO4) gelöst vorliegt,

ermöglicht eine herkunftsraum- und fließwegspezifische Abschätzung. Passiert

Niederschlagswasser den Boden, verändert sich dessen Silikatgehalt. Verschiedene unterirdische

Komponenten haben häufig unterschiedliche Silikatkonzentrationen (Uhlenbrook et al., 2002. In:

Tilch et al., 2003). Der Silikatgehalt im Wasser hängt sowohl vom pH-Wert als auch von der

Temperatur, der Oberfläche und der Kontaktzeit des Wassers mit dem durchflossenen Gestein ab,

da diese Faktoren über das Erreichen des Lösungsgleichgewichtes entscheiden. Quelle des

gelösten Silikats ist die Verwitterung siliziumhaltiger Minerale (z.B. Feldspäte, Glimmer, Augite,

Hornblenden, etc.) (Tilch et al., 2003). Allerdings ist die Verwitterungsgeschwindigkeit außerdem

abhängig von der Gesteinsstruktur. Feldspäte, Glimmer, Augite und Hornblenden sind zum

Beispiel sehr viel verwitterungsanfälliger als Si-Oxide. Si-Oxide, insbesondere Quarz, sind zwar

Hauptbestandteil von Gneisen und vielen Meta- und Anatexiten, aber trotzdem spielt die

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 66

Verwitterung dieser Minerale eine untergeordnete Rolle bei der Lieferung von gelöstem Silikat, da

sie sehr verwitterungsbeständig sind.

Der dominanteste, den Silikatgehalt bestimmter Abflusskomponenten bestimmende, Faktor ist die

Kontaktzeit des Wassers mit der verwitternden Gesteinsoberfläche.

Die Analyse erfolgte mit dem Photometer AquaMate der Firma SpectronicUnicam am Institut für

Hydrologie der Universität Freiburg. Der Fehlerbereich der Messungen beträgt ± 0,02 mg/l.

5.1.5 Stabile Isotope (18O und 2H)

Zur Abschätzung der Einzugsgebietshöhe im Hochgebirge wurden die im Wassermolekül

enthaltenen natürlichen stabilen Umweltisotope 18O („Sauerstoff-18“) und 2H („Deuterium“)

verwendet. Der isotopenhydrologische Ansatz basiert in erster Linie auf der räumlichen und

zeitlichen Variabilität des Inputs, da die Verteilung der Umweltisotope einer flächenhaften

natürlichen Einspeisung ins System über den Niederschlag entspricht.

Die für hydrologische Fragestellungen interessanten Schwankungen der Isotopenkonzentrationen

werden für die stabilen Isotope 18O und 2H über die Isotopenverhältnisse der Probe gegenüber dem

Isotopenverhältnis eines Standards angegeben.

Als Maß wird der δ -Wert verwendet:

δ 2H bzw. δ 18O = (RProbe - RStandard)/RStandard · 1000 [‰] (Gl. 5.1) RProbe = Isotopenverhältnis in der zu untersuchenden Probe

RStandard = Isotopenverhältnisse im Standard.

Zu Schwankungen der Isotopenkonzentrationen und somit zu einer systemcharakteristischen

Isotopenverteilung kommt es durch so genannte Isotopenfraktionierung in der Hydrosphäre.

So werden die Niederschläge zeitlich und räumlich in charakteristischer Weise durch

Kontinentaleffekt, jahreszeitliche Schwankungen, Temperatureffekt und Höheneffekt markiert.

Die räumliche und zeitliche Variabilität der δ2H- und δ18O-Werte im Eintrag kann zur zeitlichen

Differenzierung und Typisierung von Grundwässern, zur Separation von einzelnen Abflussanteilen

und zur Lokalisierung von Grundwassereinzugsgebieten beitragen. Schlüsselprozess der

Isotopenfraktionierung ist ihre Temperaturabhängigkeit, da die schweren Isotope einen niedrigeren

Sättigungsdampfdruck haben als die leichteren. Daher hat δ18O im Wasserdampf der Atmosphäre

negative Werte. Diese Fraktionierung wird bei der Kondensation in den Wolken fortgesetzt und

wird umso stärker, je länger die Kondensation dauert und je niedriger die Temperatur bei den

Phasenübergängen ist. Als Faustregel gilt dabei eine Abnahme von δ18O um 1‰ pro 1°C

(Baumgartner & Liebscher, 1996). Mit dieser Temperaturabhängigkeit kann sowohl zur warmen

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 67

und zur kalten Jahreszeit gebildetes Wasser unterschieden werden. Wie im Regen tritt auch im

Schneefall ein jahreszeitlicher Gang der Isotopengehalte von 2H und 18O auf, der in der

Schneedecke erhalten bleibt (Moser & Rauert, 1980). Außerdem kann mit Hilfe des, durch die

Abnahme der Temperatur mit der Höhe, bedingten Höheneffekts Wasser unterschieden werden,

das in unterschiedlichen Höhengebildet wurde. Bei Untersuchungen in den Alpen wurden

Schwankungen des Höheneffekts im Neuschnee von 2 bis 6 δ2H-‰ pro 100 m Höhendifferenz

beobachtet (Moser & Rauert, 1980). Weiterhin wird in manchen Gebieten der Höheneffekt von

anderen Fraktionierungseffekten (z.B. vom Kontinentaleffekt) überlagert (Moser & Rauert, 1980).

Der Höhenbereich zwischen 860 und 1610 m ü. M. ist in unserem Klima als sensitiv in Bezug auf

den Temperatureinfluss auf die Schneedecke im Winterhalbjahr einzustufen, d.h. dass auch in

diesem Bereich im Hochwinter Schmelze und Regen vorkommen können (Lang et al., 1997). Dass

der Abbau der Schneedecke durch Abschmelzen der jeweils obersten Schicht erfolgt, wurde durch

fast alle Untersuchungen im alpinen Raum bestätigt (Moser & Rauert, 1980).

2H zeigt in den untersuchten Proben etwa die gleichen Muster wie die δ18O-Werte. Die

Interpretation der Isotopendaten in dieser Arbeit basiert hauptsächlich auf den δ18O-Werten.

Die Isotopenanalyse wurde am Institut für Hydrologie der Universität Freiburg durchgeführt. Der

Fehlerbereich für den bestimmten δ18O-Wert beträgt ±0,2 und für δ2H ±1.

Zur Abschätzung des Input wurden freundlicher Weise Isotopen-Daten vom Schweizer Bundesamt

für Umwelt (BAFU) zur Verfügung gestellt (ISOT BAFU, 2007).

5.2 Wallis

Tab. 5.1: Gemessene Parameter im Untersuchungsgebiet Wallis

(Leitfähigkeit LF in µS/cm, Wassertemperatur TW in °C, Ionenkonzentrationen in mg/l, 2H und 18O in δ V-SMOW)

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 68

Insgesamt ist auffällig, dass die gemessenen Silikatkonzentrationen im gesamten

Untersuchungsgebiet angesichts der Tatsache, dass sich das Gebiet im Kristallin befindet, sehr

gering sind. Dies bedeutet, dass das Wasser insgesamt entweder eine kurze Kontaktzeit mit dem

Gestein hatte oder dass älteres Wasser mit ursprünglich höheren Silikatkonzentrationen durch

silikatarmes Wasser verdünnt wird. Die Daten der Kationenanalyse lagen (wie in Kapitel 5.1.3

erwähnt) zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit nicht vor.

Beschreibung der Probenparameter:

Jolital:

CH 11: Die Chloridkonzentration ist sehr gering, was auf eine geringe anthropogene

Verschmutzung schließen lässt. Die niedrige Tw von 3,5°C kann sowohl durch die morgendliche

Uhrzeit zum Zeitpunkt der Probennahme als auch durch einen starken Einfluss von kaltem

Schneeschmelzwasser bedingt sein. Die sehr niedrige LF unterstützt letztere These.

CH20 (Fassung): Die Tw scheint durch die Ta beeinflusst zu sein, die zum Zeitpunkt der

Probennahme ca. 25°C betrug. Die LF ist ca. doppelt so groß wie die in CH11 gemessene, obwohl

der Sulfatgehalt nur um 1,5 mg/l gestiegen ist. Die Tatsache, dass das untere EZG des Jolibaches

aus Gesteinsschichten des Jura besteht, die meist kalkhaltig sind, lässt vermuten, dass bei der

Erzeugung der LF Mg, Ca und HCO3 beteiligt sind. Allerdings ist die LF insgesamt gesehen eher

gering, was sich als Hinweis darauf verstehen lässt, dass ein Großteil des Wassers kaum

Kontaktzeit mit anstehendem Gestein hatte. Das beprobte Wasser besteht demzufolge

hauptsächlich aus oberirdisch oder oberflächennah schnell abfließendem Wasser.

Bietschtal:

CH12: Die LF ist sehr gering und die genommene Probe weist praktisch keine Hauptanionen auf,

lediglich einen geringen Silikatgehalt. Zur wärmsten Zeit des Tages (späte Mittagszeit) hatte das

Wasser eine Temperatur von lediglich 5,4°C bei einer Ta von ca. 18°C). Zusammen mit der ,durch

eine geringe Menge gelöster Ionen bedingten, geringen Leitfähigkeit ist zu schließen, dass das

Wasser an dieser Stelle fast zu 100% aus jungem Wasser besteht, das wenig Kontaktzeit mit dem

anstehenden Gestein hatte.

CH13 („Ängs Bächi“): Mit einer gemessenen Konzentration von weniger als 0,5 mg/l ist so gut

wie kein Chlorid enthalten. Silikat ist mit 1,62 mg/l vertreten, und es besteht eine leichte

Beeinflussung durch Sulfat mit 2,84 mg/l. Von den hier gemessenen Parametern sticht die

vergleichsweise hohe LF von 151,3 µS/cm ins Auge. Das bedeutet, dass eine ausreichende

Kontaktzeit des Wassers mit dem Gestein vorgelegen haben muss. Sulfat kann allerdings nicht der

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 69

die LF bestimmende Faktor sein, da CH11 mit einem höheren SO4-Gehalt eine weitaus geringere

LF aufweist. Dies lässt vermuten, dass eine vergleichsweise hohe Konzentration von einem oder

mehreren der Kationen vorliegt.

CH14 (Fassung „Eschji“): Das beprobte Wasser weist eine etwas geringere Silikat- und

Sulfatkonzentration, aber nur ein Fünftel der LF von CH13 auf.

Baltschiedertal:

CH15 (etwas unterhalb der Fassung „Niwärch“): Den Umstand berücksichtigend, dass das

Wasser unter Lawinenschnee austritt, ist die LF mit 104,6 µS/cm vergleichsweise hoch, ebenso

wie der Sulfatgehalt von 11,51 mg/l. Der Silikatgehalt liegt mit 1,64 mg/l in der gleichen

Größenordnung wie bei CH13. Der Sulfatgehalt lässt eine gewisse Kontaktzeit mit Festgestein

vermuten.

CH16 (Fassung „Gorperi Suon“): Die Probe weist einen geringen Einfluss von Sulfat auf und

eine Nitratbelastung von 1,44 mg/l. Die LF ist mit 55,4 µS/cm sehr gering, was auf eine kurze

Kontaktzeit des Wassers mit angrenzendem Gestein schließen lässt.

CH17 (Fassung „Undra Suon“): Die LF ist, verglichen mit CH16, erhöht, die Sulfatkonzentration

steigt um etwas mehr als 2 mg/l auf 6,77 mg/l bei gleich bleibender Silikatkonzentration.

Gredetschtal:

CH18 (wenige Meter unterhalb der Fassung „Wyssa“): Die gemessenen Parameter ähneln stark

den in Probe CH 17 gemessenen.

CH19 (Fassung „Stigwasser“: Die LF steigt verglichen mit CH18 an, der Sulfatgehalt steigt auf

28,33 mg/l. Dies ist ein Hinweis auf stärkere Beeinflussung durch höher mineralisiertes

(Grund-)Wasser.

Isotopen:

In Abb. 5.13 ist zu erkennen, dass die isotopisch leichtesten Proben aus dem Wallis stammen

(dargestellt sind für das Wallis nur die April-Proben, da aus dem Testgebiet keine Dezember-

Proben vorhanden sind), die Werte der Tirol-Proben streuen stark, und die Proben aus dem

Vinschgau liegen im isotopisch leichten und mittleren Drittel dieses Streuungsbereichs.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 70

Abb. 5.13: Verhältnis von δ18O zu δ2H aller genommenen Proben, in Relation gesetzt zur GMWL und zum Mittelwert der Input-Daten Grimsel von 1993-2005 (Daten aus ISOT BAFU, 2007)

Alle Proben liegen eher oberhalb der GMWL, ebenso wie die Ausgleichsgerade durch die Input-

Werte an der Messstation Grimsel (Wallis, 1950 m), was auf einen höheren Deuterium-Exzess in

den Alpenregionen zurückzuführen ist.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 71

Abb. 5.14: Relation der im Wallis gemessenen δ18O -Werte zur jahreszeitabhängigen Input-Kurve (13-jährige Mittelwerte) der Station Grimsel (Schwankungsbereich bestimmt durch Extremwerte) Da die Isotopen-Verteilung von der Temperatur zur Zeit der Niederschlagsbildung beeinflusst ist,

lässt sich in der Input-Kurve ein deutlicher Jahresgang erkennen (Abb. 5.14). In den warmen

Monaten werden eher schwere Isotopen eingetragen und in den kalten Wintermonaten eher leichte.

Die gemessenen Aprilwerte streuen vom Input-Mittelwert April der Station Grimsel in den

isotopisch leichteren Bereich (Abb. 5.14). Das bedeutet, dass die beprobten Gewässer eher von in

der kalten Jahreszeit gebildetem Wasser beeinflusst sind.

Bei den beiden isotopisch schwersten Proben handelt es sich um CH13 (Bietschtal, „Ängs Bächi“)

und CH15 (Fassung „Niwärch“, oberes Baltschiedertal), Abb. 5.14).

Der Steuerungsfaktor Temperatur ist nicht nur jahreszeit- sondern auch höhenabhängig. Mit

zunehmender Höhe nimmt die Temperatur ab. Demzufolge herrscht in größerer Höhe eine

geringere Temperatur, so dass in größeren Höhen eher leichte Isotopen ins System eingetragen

werden. Diese Tatsache kann genutzt werden, um die mittlere Einzugsgebietshöhe abzuschätzen,

in der der Niederschlag gebildet wurde.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 72

Abb. 5.15: Verhältnis von δ18O zu δ2H, Wallis

Der in Abb. 5.16 dargestellte Höhengradient basiert auf dem Gesamtmittelwert von 1993-2005 des 18O-Inputs der Station Grimsel (1950 m) und dem des 18O-Inputs von 1994-2005 der Station Sion

(482 m). Die Koordinaten der Probenpunkte setzen sich zusammen aus dem gemessenen δ18O-

Wert und der Höhe ü. M. in m, auf welcher die Proben dem Gewässer entnommen wurden. Die

Höhe der Probennahmestelle entspricht jedoch nicht der Höhe, in der das Wasser gebildet wurde.

Daher werden die δ18O -Werte auf die Linie, die den Höhengradient darstellt, projiziert und so die

mittlere Höhe bestimmt, in der das Wasser gebildet wurde (Bestimmung der mittleren EZG-Höhe

mit 18O).

Geradengleichung des Höhengradienten:

y = δ18O = -0.0023x - 8.8232 (Gl. 5.2)

Nach der mittleren EZG-Höhe x aufgelöst ergibt sich (Gl. 5.3), nach welcher die mittlere Höhe, in

der das Niederschlagswasser gebildet wurde, berechnet wird.

0023.08232.8

−+

=yx (Gl. 5.3)

Zu beachten ist, dass es sich nur um eine Abschätzung handelt, da der verwendete Höhengradient

nicht direkt in den betreffenden Gebieten bestimmt wurde.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 73

Abb. 5.16: Bestimmung der mittleren Höhe, in der das beprobte Wasser gebildet wurde, mit 18O

Tab. 5.2: Ergebnis der Bestimmung der mittleren EZG-Höhe mit 18O nach (Gl. 5.3)

Die unterschiedlichen Höhenlagen des oberirdischen EZG leisten einen unterschiedlich großen

Beitrag bei der Abflussbildung. Eine positive Differenz in Tab. 5.2 deutet darauf hin, dass eher in

den oberen Höhenlagen gebildeter Niederschlag zum Abfluss beiträgt und eine negative Differenz

darauf, dass eher in unteren Höhenlagen gebildeter Niederschlag zum Abfluss beiträgt. Negative

Differenzen könnten darauf hinweisen, dass die betreffenden Einzugsgebiete noch in niederen

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 74

Lagen Schneereserven aufweisen, die durch das Schmelzen schnell zum Abfluss kommen und die

höheren Lagen noch nicht im Schmelzprozess inbegriffen sind, oder dass es sich um Wasser

handelt, das in geringerer Höhe gebildet wurde, anschließend einen Aquifer durchlaufen hat und

daher zeitverzögert zur Zeit der Probennahme austritt.

Alle mittleren, mit 18O bestimmten EZG-Höhen liegen im Bereich zwischen 2430 und 2550 m ü.

M. Lediglich die mittleren EZG-Höhen von CH13 und CH15 liegen niedriger bei 2150 und 2250

m.

5.3 Tirol

Tab. 5.3: Gemessene Parameter im Untersuchungsgebiet Tirol

In der Tabelle sind die Probenbezeichnungen von April 2007 als Probenname eingetragen, da im

April zusätzliche zwei Probennahmestellen hinzukamen, die im Dezember zuvor nicht beprobt

wurden. Diese sind mit einem „+“ in der Bezeichnung gekennzeichnet. Die A16 wurde im April

nicht mehr beprobt, da dort das Wasser zu stark von der Signatur der „Wildbad“-Quelle (A12)

überprägt ist.

(Leitfähigkeit LF in µS/cm, Wassertemperatur TW in °C, Ionenkonzentrationen in mg/l, 2H und 18O in δ V-SMOW)

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 75

Hauptionen:

Die Dezemberproben sind im Piper-

Diagramm dargestellt. Piper-

Diagramme sind Verhältnisdar-

stellungen (Zahlenangaben in %) und

bestehen aus einer Kombination aus

Anionen-Dreieck, Kationen-Dreieck

und einem Viereckdiagramm. Es

lassen sich Beziehungen zwischen

Kationen und Anionen untereinander

vergleichen und über die grafische

Darstellung können Analysen

abweichender Zusammensetzung

schnell erkannt und identifiziert

werden. Das Diagramm erlaubt eine

Einteilung in „Wässer der gleichen

Art“.

In Abb. 5.17 ist zu erkennen, dass

sich das Verhältnis der Hauptionen

der Proben A01, A03, A04 und A07,

zueinander kaum unterscheidet. Es

handelt sich in allen vier Fällen um

Ca-Mg-HCO3-SO4-Wasser, das an

den Probennahmestellen mehr oder

weniger verdünnt auftritt. Im unteren

linken Dreieck des Diagramms ist

abzulesen, dass sich der Gehalt der

Erdalkali-Ionen Mg und Ca zwischen

40% und 60% bewegt und dass die

Punkte auf der Achse liegen. Dies ist

ein Hinweis auf Dolomitwässer. Im

Dreieck rechts unten ist zu erkennen,

dass diese Dolomitwässer durch Sulfat

beeinflusst sind.

Abb. 5.17: Piperdiagramm Tirol, Proben A01, A03, A04

und A07

Abb. 5.18: Piperdiagramm Tirol, Proben A05, A08, A09, A10

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 76

In Abb. 5.18 sind die Dolomitwasserproben (Ca-Mg-HCO3-Wässer) dargestellt. Es ist zu

erkennen, dass die Proben A08 und A09 so gut wie kein SO4 enthalten und aus reinem

Dolomitwasser bestehen (das Verhältnis Mg zu Ca entspricht 50 zu 50). A05 und A10 sind

ebenfalls Dolomitwässer, allerdings leicht durch SO4 beeinflusst.

In Abb. 5.19 sind alle Tiroler

Dezember-Proben dargestellt,

inklusive A02 und A06. Diese

beiden Proben lassen sich in keine

der beiden vorher beschriebenen

Gruppen einordnen. Das Wasser

der Probe A02 stammt aus der so

genannten „Wildbad“-Quelle,

durch die als Heilwasser

verwendetes, thermales Mg-Ca-

SO4-Wasser an die Oberfläche

gelangt. Ihr Wasser ist

schriftlicher Auskunft der

Gemeinde Grins zufolge ca. 40

Jahre alt und nimmt seinen

Fließweg durch den Landecker

Quarzphyllit, Verrucano, Buntsandstein und Rauhwacken. Dieses Wasser fließt in den Mühlbach.

Demzufolge ist die Probe A06 (aus dem Mühlbach) sehr stark von der Signatur des Quellwassers

überprägt; aus diesem Grund wurde diese Stelle im darauf folgenden April 2007 nicht mehr

beprobt.

Alle Proben enthalten so gut wie kein Chlorid.

Dolomitwasser ist in der Regel relativ junges Wasser, was auf eine hohe GW-Neubildungsrate und

auf einen hohen Wasserumsatz hinweist.

Das Sulfat kann in diesem Fall ein Hinweis auf älteres Wasser sein. Die genaue Herkunft des

Sulfats bleibt ungeklärt.

Vergleich der Probenparameter der Dezember- und Aprilproben:

Chlorid ist für die Interpretation vernachlässigbar, da die Konzentration in fast allen Proben unter

0,5 mg/l liegt.

Abb. 5.19: Piperdiagramm Tirol, alle Proben Dez 2006

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 77

Einzugsgebiet Mühlbach:

A01 (Ca-Mg-HCO3-SO4-Wasser), A11 (oberes Mühlbach-EZG): Sowohl die Sulfat- als auch die

Silikatkonzentration und die LF haben von Dezember 2006 auf April 2007 abgenommen. Dies

entspricht einem Verdünnungseffekt. Die LF korreliert mit der Sulfatkonzentration.

A03 (Ca-Mg-HCO3-SO4-Wasser), A13 (oberes Mühlbach-EZG vor Mündung des Gasillbaches und

der „Wildbad“-Quelle): Alle dargestellten Parameter zeigen eine Abnahme. Das bedeutet eine

Verdünnung des Wassers durch kaum ionenhaltiges Wasser.

A04 (Ca-Mg-HCO3-SO4-Wasser), A14 (Gasillbach): Sie Silikatkonzentration ist nahezu

unverändert und die Abnahme der Sulfatkonzentration, die mit der LF korreliert, ist sehr stark.

A05 (Ca-Mg-HCO3-Wasser, Dolomitwasser, mit leichtem Sulfat-Einfluss), A15 (Fassung

Lärchibach): Die gemessenen Werte der Parameter der April-Proben haben sich, verglichen mit

den im Dezember gemessenen, kaum verändert. Dies kann ein Hinweis auf die Speisung aus

einem Aquifer sein, der eine gute Durchmischung des Wassers gewährleistet.

EZG Stanzer Waal:

A07 (Ca-Mg-HCO3-SO4-Wasser), A17 (untere Fassung Stanzer Waal): Die Silikatkonzentration

ist nahezu unverändert und die Sulfatkonzentration hat, genau wie die LF, leicht abgenommen.

A08 (Ca-Mg-HCO3-Wasser, Dolomitwasser), A18: Das Wasser dieser Probennahmestelle besitzt

eine gleich bleibend hohe LF und eine ausgeglichene Tw. Beide sind Hinweise auf eine längere

Verweilzeit. Die Analyse der Dezember-Proben zeigt, dass Mg und Ca den Großteil der enthalten

Ionen ausmachen, was zusammen mit der Charakterisierung als Dolomitwasser auf die Herkunft

aus einem Dolomitkarst-Aquifer hindeutet. Der Sulfatgehalt hat ganz leicht abgenommen, was ein

Hinweis auf einen leichten Verdünnungseffekt sein könnte.

A09 (Ca-Mg-HCO3-Wasser, Dolomitwasser, mit leichtem Sulfat-Einfluss), A19 (Bewässerungs-

Rückhaltebecken): Die Werte aller Parameter sind angestiegen. Dieser Anstieg kann ein Hinweis

auf Piston-Flow als Fließprozess sein, bei dem „altes Wasser“ herausgedrückt wird.

A10 (Ca-Mg-HCO3-Wasser, Dolomitwasser), A20 (obere Fassung Stanzer Waal): alle gemessenen

Parameter (außer Tw) haben sich so gut wie nicht verändert. Dies kann ein Hinweis auf einen

Karstaquifer mit guten Durchmischungseigenschaften sein. Tw scheint von der Ta beeinflusst zu

sein.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 78

Isotopen:

Abb. 5.20: Relation der gemessenen δ18O-Werte zur jahreszeitabhängigen Input-Kurve (13-jährige Mittelwerte) der Station Grimsel (Schwankungsbereich bestimmt durch Extremwerte) In Abb. 5.20 ist zu sehen, dass die Dezember-Proben oberhalb des Vergleichs-Input-Wertes liegen.

Demzufolge ist das in den Proben enthaltene Wasser durch Niederschlagswasser beeinflusst, dass

zu einer wärmeren Jahreszeit gebildet wurde.

Die April-Proben weisen ähnliche δ18O-Werte auf wie die Dezemberproben, streuen aber weiter in

den isotopisch leichten Bereich. Bei den isotopisch leichtesten Proben handelt es sich um A11 und

A14 (Abb. 5.20, Abb. 5.21). Demzufolge sind insbesondere diese drei Proben durch im Winter

gebildetes Niederschlagswasser beeinflusst.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 79

Abb. 5.21: Verhältnis von δ18O zu δ2H, Tirol

Die beiden isotopisch schwersten April-Proben, die am stärksten durch zu warmen Zeiten

gebildetem Wasser beeinflusst sind, werden durch A++ und A19 repräsentiert, die isotopisch

schwerste Dezember-Probe durch A04.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 80

Die mit 18O bestimmte mittlere EZG-Höhe ist nach dem in Abb. 5.22 dargestellten Prinzip und

(Gl. 5.3) berechnet. Ergebnisse der Berechnung sowie der Vergleich mit den im GIS bestimmten

mittleren EZG-Höhen des oberirdischen EZG sind in Tab. 5.4 aufgelistet.

Die unterschiedlichen Höhenlagen des oberirdischen EZG leisten einen unterschiedlich großen

Beitrag zur Bildung des Abflussvolumens. Eine positive Differenz in Tab. 5.4 deutet darauf hin,

dass eher der in oberen Höhenlagen gebildete Niederschlag zum Abfluss beiträgt und eine negative

Differenz darauf, dass eher der in unteren Höhenlagen gebildete Niederschlag zum Abfluss

beiträgt. Ein Erklärungsansatz ist, dass in der kalten Jahreszeit der Niederschlag in den oberen

Höhenlagen eher als Schnee fällt und dort zwischengespeichert wird, wohingegen der

Niederschlag in Höhenlagen unterhalb der Schneegrenze in der Regel als Regen fällt und so ohne

als Schnee zwischengespeichert zu werden abflusswirksam werden kann.

Sehr große positive Differenzen einer Probennahmestelle sowohl im Dezember als auch im April

können ein Hinweis darauf sein, dass das unterirdische EZG weitaus größer ist als das

oberirdische. Die für A07, A17, A08, A18, A09, A19, A10, A20 bestimmte mittlere EZG-Höhe

hat sich kaum geändert, bzw. etwas erniedrigt, was vermuten lässt, dass im speisenden Aquifer

gute Bedingungen für eine gleichmäßige Durchmischung des Wassers herrschen. Bei allen

anderen Proben, für die Vergleichsmessungen vorliegen, liegt die mittlere 18O-EZG-Höhe im April

Abb. 5.22: Bestimmung der mittleren Höhe, in der das beprobte Wasser gebildet wurde

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 81

höher als im Dezember. Bei den Probennahmestellen A01, A11 (oberes Mühlbach-EZG) und A04,

A14 (Teil-EZG Gasillbach) hat sich die mittlere 18O-EZG-Höhe sogar um ca. 400 m nach oben

verlagert.

Tab. 5.4: Ergebnis der Bestimmung der mittleren EZG-Höhe mit 18O nach (Gl. 5.3)

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 82

5.4 Vinschgau

Tab. 5.5: Gemessene Parameter im Untersuchungsgebiet Vinschgau

Das Untersuchungsgebiet Vinschgau ist, genau wie das Untersuchungsgebiet Wallis, geologisch

im Kristallin gelegen. Augenfällig ist, dass die im Vinschgau gemessenen Silikatkonzentrationen

durchweg ca. dreimal so hoch sind wie die im Wallis gemessenen.

(Leitfähigkeit LF in µS/cm, Wassertemperatur TW in °C, Ionenkonzentrationen in mg/l, 2H und 18O in δ V-SMOW)

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 83

Hauptionen:

In der Darstellung im Piper-

Diagramm (Abb. 5.23) ist im

Anionen-Dreieck unten rechts

auffällig, dass alle Proben bis auf die

beiden Proben I01 und I02 aus dem

Plawenntal einen sehr hohen SO4-

Gehalt aufweisen. Die Proben I01

und I02 aus dem Plawenntal werden

als Ca-Mg-HCO3-SO4-Wässer

charakterisiert, Probe I04 als Ca-SO4-

Wasser und die restlichen Proben als

Ca-Mg-SO4-Wässer.

Der hohe Sulfatgehalt könnte von

Gipswasser stammen oder von Wasser,

das Pyrit- (Eisensulfid-, FeS2-) haltiges

Gestein durchflossen hat. Durch Oxidation wird aus solchem Gestein SO4 frei und gelöst. Die

Herkunft aus Pyrit ist wahrscheinlich, da in allen drei beprobten Tälern in einigen Gerinnebetten

rostfarbene Ablagerungen, vermutlich Fe3+ beobachtet wurden.

Vergleich der Probenparameter der Dezember- und Aprilproben:

Plawenntal:

I01 (Ca-Mg-HCO3-SO4-Wasser), I11: LF, Tw und Silikatgehalt haben sich von den Dezember- zu

den April-Proben kaum verändert. Bezüglich des Chloridgehalts ist ein geringer Anstieg zu

verzeichnen.

Planeiltal:

I03 (Ca-Mg-SO4-Wasser), I13 (oberes Planeiltal-EZG): Im April weist diese Probennahmestelle

im Vergleich zur Dezember-Probe eine abnehmende LF sowie abnehmende Sulfat-, und

Silikatkonzentrationen auf, was auf eine Verdünnung mit gering mineralisiertem Wasser hindeutet.

I04 (Ca-SO4-Wasser), I14 (Punibach-Zulauf): Das Wasser weist mit 455 µS/cm und 180 mg/l SO4

(beide gemessen im Dez 2006) die höchste LF und die höchste Sulfatkonzentration auf, die im

gesamten Untersuchungsgebiet gemessen wurde. Die LF, die Sulfat- und die Silikatkonzentration

Abb. 5.23: Piperdiagramm Vinschgau

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 84

sind im April geringer als im Dezember. Lediglich Chlorid ist leicht angestiegen. Die Tw ist um

1°C angestiegen.

I05 (Ca-Mg-SO4-Wasser), I15 (Dorf Planeil): Alle Parameter außer Tw und Chlorid zeigen eine

leicht abnehmende Tendenz, was auf einen leichten Verdünnungseffekt durch gering

mineralisiertes Wasser zurückzuführen ist. Tw ist wahrscheinlich durch Ta beeinflusst. Der erhöhte

Chlorideintrag kann anthropogen bedingt sein (z.B. durch Einwaschung von Streusalz aus der

oberhalb gelegenen Ortschaft).

Matscher Tal:

I06 (Ca-Mg-SO4-Wasser), I16 (oberes Matscher Tal EZG): LF und Sulfatkonzentration zeigen

eine leichte Abnahme während der Silikatgehalt annähernd gleich bleibt.

I07 (Ca-Mg-SO4-Wasser), I17 (Upibach): Die Werte der gemessenen Parameter bleiben annähernd

gleich.

I08 (Ca-Mg-SO4-Wasser), I18 (Fassung „Leitenwaal“): Die Veränderung der gemessenen

Parameter zeigt kein einheitliches Bild. LF und Chloridkonzentration nehmen leicht und die

Sulfatkonzentration etwas stärker ab während die Silikatkonzentration leicht ansteigt.

Isotopen:

Abb. 5.24: Relation der gemessenen δ18O-Werte zur jahreszeitabhängigen Input-Kurve (13-jährige Mittelwerte) der Station Grimsel

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 85

(Schwankungsbereich bestimmt durch Extremwerte) In Abb. 5.24 ist zu sehen, dass die Dezember- und April-Proben ähnliche 18O-Werte aufweisen.

Allerdings streuen die April-Werte weiter in den isotopisch leichten Bereich. Demnach sind einige

der April-Proben durch im Winter gebildetes Niederschlagswasser beeinflusst.

Abb. 5.25: Verhältnis von δ18O zu δ2H, Vinschgau

Frühjahrs- und Winterproben-Werte liegen dicht beisammen. Auffällig sind die drei Proben I13

(Punibach, oberes Planeiltal), I15 (Punibach auf Dorfhöhe Planeil) und I16 (Saldurbach, oberes

Matscher Tal) mit stärker negativen δ-Werten (Abb. 5.25).

Da, wie bereits in den beiden vorhergehenden Kapiteln erwähnt, die Temperatur zur Zeit der

Bildung des Niederschlags über die Input-Signatur der Isotopen entscheidet und die Temperatur

mit zunehmender Höhe abnimmt, werden in hoch gelegenen Lagen eher leichte Isotopen ins

System eingetragen. Diese Tatsache kann genutzt werden, um die mittlere Einzugsgebietshöhe

abzuschätzen, in der der Niederschlag gebildet wurde.

Der in Abb. 5.16 dargestellte Höhengradient basiert auf dem Gesamtmittelwert von 1993-2005 des 18O-Inputs der Station Grimsel (1950 m) und dem des 18O-Inputs von 1994-2005 der Station Sion

(482 m). Die Koordinaten der Probenpunkte setzen sich zusammen aus dem gemessenen δ18O-

Wert und der Höhe ü. M. in m, auf welcher die Proben dem Gewässer entnommen wurden. Da die

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 86

Höhe der Probennahmestelle nicht der Höhe entspricht, in der das Wasser gebildet wurde, werden

die δ18O-Werte auf die Linie, die den Höhengradient repräsentiert, projiziert und so die mittlere

Höhe bestimmt, in der das Wasser gebildet wurde (Bestimmung der mittleren EZG-Höhe mit 18O).

Die mit 18O bestimmte mittlere EZG-Höhe ist nach dem in Abb. 5.26 dargestellten Prinzip und

(Gl. 5.3) berechnet. Ergebnisse der Berechnung, sowie der Vergleich mit den im GIS bestimmten

mittleren EZG-Höhen des oberirdischen EZG sind in Tab. 5.6 aufgelistet.

Die mittels 18O bestimmten mittleren EZG-Höhen liegen im Winter zwischen 2160 und 2373 m.

Bei den April-Proben liegt dieser Schwankungsbereich zwischen 2214 und 2520 m (Tab. 5.6).

Demnach trägt im April mehr in höheren Lagen gebildetes Wasser zum Abfluss bei als im

Dezember. Die zum Abfluss beitragende Höhenlage steigt also an, am stärksten bei I14, I15

(Planeiltal) und I16 (Matscher Tal).

Bei Betrachtung der in Tab. 5.6 fällt auf, dass die Differenzen der auf unterschiedliche Weise

bestimmten mittleren EZG-Höhe, sowohl der Dezember-Proben als auch der April-Proben (bis auf

eine), negativ sind. Das bedeutet, dass die mit 18O bestimmte mittlere EZG-Höhe des im Dezember

und im April beprobten Wassers unterhalb der mittleren Höhe des oberirdischen EZG liegt. Eine

mögliche Erklärung dafür ist, dass die ganz hoch gelegenen Flächen vergletschert sind und Teile

Abb. 5.26: Bestimmung der mittleren Höhe, in der das beprobte Wasser gebildet wurde

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 87

der Vergletscherung noch nicht zum Ablationsgebiet gehören und somit kaum zur Abflussbildung

beitragen.

Im Plawenntal ist die Differenz allerdings so gering, dass die beiden berechneten mittleren EZG-

Höhen als gut korrelierend betrachtet werden können.

Tab. 5.6: Ergebnis der Bestimmung der mittleren EZG-Höhe Vinschgau mit 18O nach (Gl. 5.3)

5.5 Fazit

Eine Veränderung im Sinne einer Abnahme der Leitfähigkeit indiziert eine Verdünnung durch

Beeinflussung durch frisches, wenig mineralisiertes Schmelzwasser, da durch die Wahl des

Zeitraums der Probennahme ein Einfluss rezenten Niederschlagwassers ausgeschlossen wurde. Da

keine Abflussmessungen vorliegen können nur qualitative Aussagen getroffen werden.

Im Untersuchungsgebiet Wallis, wo die Testgebiete im April eine mit 18O bestimmte mittlere

EZG-Höhe aufweisen, die nur innerhalb eines 100m-Intervalls schwankt, korreliert dieses

Ergebnis sehr gut mit dem in Abb. 4.8 dargestellten Gebietsabfluss im Monat April, wo gezeigt

wird, dass die Lage der Schneegrenze die Höhenlage der abflussbildenden Flächen determiniert.

Korrelierend damit wurden in den April-Proben verglichen mit den Dezember-Proben

Verdünnungseffekte festgestellt. Demzufolge ist der Abfluss im April in den Testgebieten durch

die Schneeschmelze gesteuert.

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 88

Lediglich die Proben CH13 und CH15 fallen leicht aus dem Rahmen, da sie im Vergleich mit den

anderen Wallis-Proben höhere Leitfähigkeiten und isotopisch schwerere Isotopen-signaturen

aufweisen, woraus für sie eine längere Kontaktzeit mit Gestein und eine niedrigere mittlere EZG-

Höhe resultiert und/oder das Wasser zu einer wärmeren Zeit gebildet wurde. Demzufolge scheinen

CH13 und CH15 grundwasserbeeinflusst zu sein.

In Tirol dominieren die Dolomitwässer. Das EZG Gasillbach (A04, A14) und das obere

Mühlbach-EZG (A01, A11) weisen Verdünnungseffekte bezüglich ihrer Ionenkonzentration und

ihrer LF auf. Zudem liegt bei ihnen die mit 18O bestimmte mittlere EZG-Höhe im April 400-550 m

höher als im Dezember. Der schnelle und große Anstieg der mittleren EZG-Höhe korreliert mit

dem Anstieg der Schneegrenze und deutet darauf hin, dass insbesondere die Höhenlagen der im

Mühlbach-EZG gelegenen „Parseier Spitze“ (zu sehen im Hintergrund Abb. 5.7 links) wesentlich

zur Abflussbildung beitragen. Außerdem sprechen die Charakterisierung als Dolomitwässer und

der starke Anstieg der mittleren EZG-Höhe für einen gut ausgebildeten Karstaquifer im

Dolomitgestein (schnelle Reaktionszeit auf die Schneeschmelze) und eine starke Beeinflussung

des Mühlbach-EZG durch die Schneeschmelze.

Im EZG Stanzer Waal ändern sich weder die Ionenkonzentrationen noch die mit 18O bestimmten

mittleren EZG-Höhen gravierend. Es wird angenommen, dass dahinter ein oberflächenferner

Aquifer steht, der nur geringfügig durch Niederschlagswasser beeinflusst ist oder um einen

auslaufenden Aquifer, der auch im April nur Basisabfluss liefert, da Input fehlt.

Im Vinschgau hat sich die mit 18O bestimmte mittlere EZG-Höhe aller Proben von Dezember auf

April nach oben verlagert, was ebenfalls durch den Anstieg der Schneegrenze zu erklären ist. Im

EZG Plawenn und im Teil-EZG des Matscher Tales „Upibach“ (CH17) war dieser Anstieg

allerdings gering, was zusammen mit einer kaum veränderten LF und Ionenkonzentration an den

betreffenden Probennahmestellen dafür spricht, dass sie grundwassergespeist sind.

Für die restlichen Vinschgauer Testgebiete lassen die Erhöhungen der mittleren EZG-Höhen

zusammen mit auftretenden Verdünnungseffekten und der Tatsache, dass die April-Proben

(insbesondere im oberen Bereich des Planeiltals und des Matscher Tals) durch im Winter

gebildetes Wasser beeinflusst sind, darauf schließen, dass die Schneeschmelze zumindest dort den

entscheidenden Abflusssteuerungsfaktor darstellt. Am gravierendsten ist I16 (oberes Matscher Tal)

durch die Schneeschmelze beeinflusst. Es zeigt die schnellste Reaktionszeit, die für schnelle

Fließwege spricht. Da die betreffende Probennahmestelle die geringste Entfernung zu

5 ERGEBNISSE DER EXPERIMENTELLEN ARBEITEN 89

schneereichen (und auch vergletscherten) Flächen aufweist deutet darauf hin, dass der Abfluss des

Schmelzwassers oberflächlich oder zumindest oberflächennah stattfindet.

Die Tatsache, dass selbst die am stärksten durch die Schneeschmelze beeinflussten

Probennahmestellen verglichen mit den Proben im Wallis im April immer noch relativ hohe

Leitfähigkeiten angesichts der Lage im geologischen Kristallin. Dies kann ein Hinweis sein auf

starke Verwitterungsanfälligkeit des anstehenden Gesteins und/oder auf eine gewisse Kontaktzeit

mit diesem Gestein. Es ist zu vermuten, dass im Untersuchungsgebiet Vinschgau Poren- und/oder

Kluftgrundwasserspeicher vorhanden sind.

Die mit 18O bestimmte mittlere EZG-Höhe lag in den meisten Fällen unterhalb der mittleren

oberirdischen EZG-Höhe, vermutlich weil die hochgelegenen Lagen noch nicht vom

Schmelzprozess erfasst sind. Es ist auch möglich, dass in größeren Höhen gebildetes Wasser in

benachbarte Einzugsgebiete abfließt.

Die Ergebnisse der experimentellen Arbeit ergeben, dass in allen drei Untersuchungsgebieten der

Abfluss im April von der Schneeschmelze gesteuert wird.

Im Vinschgau finden sich Hinweise auf Grundwasserspeicher.

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 90

6 Schlussfolgerung/Synthese

Vorraussetzung für die Bewässerung ist ein ausreichendes Wasserangebot. besonders der Abfluss

von Bedeutung. Menge und zeitliche Verteilung der Abflüsse bestimmen, wann wie viel Wasser

zur Bewässerung zur Verfügung steht. Dies kann mit Hilfe von Abflussregimen abgeschätzt

werden.

Die Ergebnisse aus Kapitel 5 haben bestätigt, dass in allen drei Untersuchungsgebieten die

Schneeschmelze der Steuerungsfaktor des Abflusses im April ist. Die Höhenbestimmung der

mittleren EZG-Höhe mit 18O hat ergeben, dass auch das Wasser der Dezemberproben, das dem

Basisabfluss entspricht, in höheren Lagen gebildet wurde, und somit zumindest großteilig aus der

Schnee- und Gletscherschmelze stammt.

Aus der Bestimmung der rezenten Abflussregime geht hervor, dass die Gletscherschmelze im

Sommer, zumindest im Wallis und im Vinschgau, den Hauptsteuerungsfaktor der Abflussregime

darstellt.

Zur Abschätzung der Veränderung von Abflussregimen wird von folgenden Zusammenhängen

ausgegangen: Je niedriger die mittlere EZG-Höhe ist, desto höher ist die Jahresmitteltemperatur,

und umso höher liegt die Schneegrenze/GWL. Daraus folgt, dass die Veränderung des Klimas im

Sinne einer Erwärmung den gleichen Effekt auf ein Abflussregime hat, wie eine Erniedrigung des

Parameters „mittlere EZG-Höhe“ der Abflussregimeklassifikation von Aschwanden &

Weingartner (1985). Es wird davon ausgegangen, dass ein Anstieg der GWL um +300 m,

aufgrund der damit korrelierenden Temperaturerhöhung bezogen auf das Abflussregime, einer

Erniedrigung des Parameters „mittlere EZG-Höhe“ um ca. 300 m entspricht (Kriterien siehe Tab.

4.3). Für jeden Regimetyp ist in Aschwanden H. & Weingartner R. (1985) ein Wertebereich der

Pardé-Koeffizienten angegeben. Durch Mittelwertbildung werden daraus die Werte der

prognostischen Regime ermittelt.

6.1 Konzeptmodelle/ Abflussregime-Änderung

6.1.1 Wallis:

Ionen- und Isotopendaten deuten auf schnelle oberflächennahe Fließwege hin. Im „Hydrologischen

Atlas der Schweiz“ (HADES) werden Durchlässigkeitsbeiwerte für verwittertes Kristallin von

~10-7 m/s und für unverwittertes Kristallin ~ 10-11 m/s angegeben, wodurch sie als Geringleiter

charakterisiert werden.

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 91

Da sich die Testgebiete überwiegend im kristallinen Grundgebirge befinden, wird davon

ausgegangen, dass die dominanten Fließwege des Schmelzwassers oberflächlich oder zumindest

oberflächennah stattfinden.

Abb. 6.1: Konzeptmodell zur Abflussbildung, Wallis

Gemäß der, in Kapitel 3.4 getroffenen Annahmen zur Verschiebung der GWL liegt diese im Jahr

2035 bei ca. 3300 und im Jahr 2080 bei ca. 3600 m.

Unter Verwendung dieses Szenarios wird das Jolital bereits in 30 Jahren eisfrei sein. Bietsch- und

Gredetschtal werden nur noch geringe Vergletscherungsgrade aufweisen. Im Jahr 2080 wird auch

das Gredetschtal eisfrei sein und das Bietsch- und Baltschiedertal nur noch zu einem sehr geringen

Prozentsatz vergletschert sein (vgl. Abb. 6.2 und Tab. 6.1).

Abb. 6.2: Änderung der Akkumulationsgebiete mit ansteigender Schneegrenze/GWL, Wallis

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 92

Tab. 6.1: Anteil der Gletscherfläche (Stand 1999) und der potentiellen Akkumulationsgebiete an der Einzugsgebietsfläche (in %), Wallis

Gletscher-bedeckung

(Stand 1999)

Akkumulations-gebiet rezent

Akkumulations-gebiet 2035

Akkumulations-gebiet 2080

Jolital 10,4 8,6 0 0 Bietschtal 8,1 6,9 1,1 0,2

Baltschiedertal 21,0 32,8 9,1 0,7 Gredetschtal 6,5 12,2 2,8 0

Abb. 6.3: Veränderung der Abflussregime, Untersuchungsgebiet Wallis

2035: Mit ansteigender GWL und dem Abschmelzen der Gletscher übernimmt die

Schneeschmelze mehr und mehr die Rolle des Hauptsteuerungsfaktors der Abflussregime. Die

Intensität der rezenten Maximalabflüsse wird nicht mehr erreicht und die Zeit der Abflussmaxima

befindet sich im Monat Juni. Merklich weniger Abfluss ist in den Monaten Juli und August zu

verzeichnen, dafür nimmt der Basisabfluss in den kalten Monaten zu.

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 93

2080: Mit einem weiteren Anstieg der GWL werden die Gletschereisreserven aufgebraucht sein

und der Niederschlag wird zunehmend als Regen fallen, der kaum zwischengespeichert werden

kann. Daher werden die Abflussregime die Kriterien von nivalen und nivo-pluvialen Regimetypen

erfüllen. April und Mai werden die abflussreichsten Monate sein, doch die Intensitäten der

Maximalabflüsse der alpinen Regimetypen werden bei weitem nicht mehr erreicht. Das heißt, das

Maximum wird zunehmend gedämpft, der Schwerpunkt des Abflusses verlagert sich ins Frühjahr

und die Minimalabflüsse nehmen weiter zu.

Es kann sich ein sekundäres Maximum im Herbst andeuten, da der Niederschlag abflusswirksam

wird und Verluste durch Transpiration in dieser Jahreszeit gering sind.

6.1.2 Tirol

Im Untersuchungsgebiet Tirol weist der starke Anstieg der mit 18O bestimmten mittleren EZG-

Höhe im April beproben Wassers vom Gasill- und oberen Mühlbach-Einzugsgebietes eine schnelle

Reaktionszeit auf den Input von Schmelzwasser. Demzufolge muss ein gut ausgebildeter Aquifer

mit guter Durchlässigkeit vorhanden sein.

Zudem wurden die Wässer entweder als reine Dolomitwasser oder als Dolomitwässer mit SO4-

Einfluss charakterisiert. Dies lässt auf bevorzugte Fließwege im Dolomitgestein schließen.

Folglich befinden sich die Hauptfließwege in einem gut ausgebildeten Karstaquifer im

Dolomitgestein.

Tab. 6.2: Abschätzung der hydrologischen Eigenschaften der Aquifere im EZG Mühlbach Aquifer Hangschutt Hauptdolomit Mitteltrias Schneedecke Gletscher

Art des

Wassers Poren-GW

Karst-/

Kluftwasser Poren-GW Schneewasser Gletscherwasser

Durchlässigkeit mittel sehr hoch gering sehr hoch sehr hoch

Speicherung kurzfristig mittelfristig langfristig saisonal langfristig

Schneedecke und Gletscher stellen die Speicher dar, die den Haupt-Input für die anderen Speicher

liefern; die Schneedecke im Frühjahr und das Gletschereis im Sommer.

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 94

Abb. 6.4: Konzeptmodell zur Abflussbildung, Tirol

Abb. 6.5: Änderung der Akkumulationsgebiete mit ansteigender Schneegrenze/GWL, Tirol

In Abb. 6.5 ist zu erkennen, dass die direkte Umgebung des Untersuchungsgebietes Tirol

spätestens ab dem Jahr 2035 keine potentiellen Akkumulationsflächen mehr aufweisen wird.

Daraus folgt, dass nach Aufbrauch der Eisspeicher die verbliebenen Aquifere hauptsächlich durch

Schneeschmelzwasser und sekundär durch flüssigen Niederschlag gespeist werden. Die

abnehmende Zwischenspeicherung des Niederschlags in Form von Schnee macht sich

insbesondere im Herbst bemerkbar, wenn der flüssige Niederschlag schnell abflusswirksam wird

und nicht mehr als potentielle Abflussmenge für die warme Jahreszeit zur Verfügung steht. Die

bevorzugten Fließwege werden sich nicht gravierend ändern.

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 95

Das Abflussmaximum im Sommer wird mit

zunehmendem Anstieg der GWL gedämpft und

der Schwerpunkt des Abflusses verlagert sich

in Richtung Frühjahr. Der Basisabfluss nimmt

zu und im Herbst beginnt sich ein sekundäres

Maximum abzuzeichnen (Abb. 6.6).

6.1.3 Vinschgau

Die Abschätzung der Fließwege in den Testgebieten Planeiltal und Matscher Tal erweist sich als

schwierig. Aus Tab. 5.6 geht hervor, dass die mittlere EZG-Höhe fast aller Probennahmepunkte

von Dezember auf April ansteigt, während die LF nur bei I13, I14 und I16 einen

Verdünnungseffekt indiziert (Tab. 5.3). Wie die, im Vergleich zum ebenfalls in kristallinem

Gestein gelegenen Untersuchungsgebiet Wallis, hohen Leitfähigkeiten zustande kommen ist nicht

eindeutig erklärbar. Denkbar sind sowohl mäßig schnelle unterirdische Abflusskomponenten durch

stärker verwittertes Gestein als auch langsamere Abflusskomponenten mit längerer unterirdischer

Aufenthaltszeit und bei geringerer Gesteinsverwitterung. Auch das oberflächenbildende Gestein

im Bachbett könnte als Ionenlieferant in Betracht kommen.

Um definitiv über die Fließwege zu entscheiden sind weitere Untersuchungen notwendig. So etwa

die genauere Klärung der geologischen Verhältnisse. Auch eine Altersbestimmung der Wässer mit

Tritium könnte weitere interessante Details liefern und zu mehr Klarheit beitragen.

Letztendlich kann aktuell lediglich festgestellt werden, dass zumindest die Proben I13, I14 (beide

oberes Planeiltal) und am stärksten I06 (oberes Matscher Tal) von schnelleren, geringer

mineralisierten und somit oberflächlich oder oberflächennah abfließenden

Schmelzwasserkomponenten beeinflusst sind. Sie weisen von Dezember auf April den höchsten

Anstieg der mittleren EZG-Höhe zusammen mit eindeutigen Verdünnungseffekten auf.

Das Vorhandensein von Grundwasservorkommen kann nicht ausgeschlossen werden.

Abb. 6.6: Veränderung der Abflussregime,

Untersuchungsgebiet Tirol

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 96

Abb. 6.7: Blick ins Plawenntal und auf das Dorf Plawenn. Im Vordergrund zu sehen ist Teil einer Beregnungsanlage zur „Multen“bewässerung. Aufgenommen im April 2007. Die Probennahmestelle I01 (Plawenntal) befindet sich oberhalb des Dorfes Plawenn auf einer

Viehweide auf dem riesigen Hangschuttkegel, der das Tal zu einem großen Teil ausfüllt.

Es wurden selbst im Winter mehrere kleine Hangschuttquellen beobachtet (vgl. Abb. 5.12).

Zusammen mit einer sich kaum ändernden LF, einem kaum veränderten SO4-Gehalt und einer fast

gleich bleibenden mittleren EZG-Höhe kann dies auf den Piston-Flow Effekt hinweisen, bei dem

„altes“ Wasser aus den oberen Schichten des Hangschuttkegels „herausgedrückt wird. Die andere

Möglichkeit ist ein Grundwasserspeicher, der mit Aufenthaltszeiten >1 Jahr eine gute

Durchmischung des Wassers gewährleistet und sowohl im Dezember als auch im April

gleichmäßig Abfluss liefert.

Abb. 6.8: Konzeptmodell Plawenntal, Vinschgau

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 97

Weitere Probennahmen im Sommer könnten hier weiteren Aufschluss geben. Auch wäre eine

Abflussmessstation hilfreich, um festzustellen, ob der Abfluss einen Jahresgang aufweist.

Da auch im April kein Oberflächenabfluss auf dem Granitgneis beobachtet wurde, ist

anzunehmen, dass das Schmelzwasser seinen Weg durch den Hangschutt und eventuell unter der

angewitterten Gesteinsoberfläche findet. Basierend auf den vorliegenden Daten lässt sich jedoch

nicht sagen, wie tief das Schmelzwasser auf seinem Fließweg in den Granitgneis eindringt.

Die Hangschuttquellen weisen darauf hin, dass sich innerhalb des Schuttkegels eine gering

leitende Schicht befindet, auf welcher das Wasser wieder an die Oberfläche geleitet wird. Dort

wird es kurz nach Quellaustritt gefasst und nicht benötigtes Wasser dem Plawennbach zugeleitet.

Abb. 6.9: Änderung der Akkumulationsgebiete mit ansteigender Schneegrenze/GWL, Vinschgau

Gemäß des in Kapitel 3.4 definierten Zukunftsszenarios wird davon ausgegangen, dass sich die

GWL ausgehend von einer rezenten Höhenlage von 3100 m bis zum Jahr 2035 auf 2400 m und bis

zum Jahr 2080 auf 2700 m nach oben verlagert. Die Ausdehnung der potentiellen

Akkumulationsgebiete zu den genannten Zeitpunkten ist in Abb. 6.9 dargestellt.

Es zeigt sich, dass das Plawenntal bereits eisfrei ist, das Planeiltal bis zum Jahr 2035 und das

Matscher Tal bis 2080 eisfrei sein werden (vgl. auch Tab. 6.3).

Tab. 6.3: Anteil der Gletscherfläche (Stand 1999) und der potentiellen Akkumulationsgebiete an der Einzugsgebietsfläche (in %), Vinschgau

Gletscher-bedeckung

(Stand 1997)

Akkumulations-gebiet rezent

Akkumulations-gebiet 2035

Akkumulations-gebiet 2080

Plawenntal 0 0 0 0 Planeiltal 2,36 1,0 0 0

Matscher Tal 5,73 8,8 0,7 0

Bei der Abschätzung der Abflussregime wird davon ausgegangen, dass Schmelzwässer des

Frühjahrs und Sommers relativ schnell abflusswirksam werden, was hochwahrscheinlich

zumindest für das obere Planeiltal und Matscher Tal zutrifft. Aufgrund der bestehenden

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 98

Ungewissheiten im Forschungsstand der Fließwege kann auch das Vorhandensein eines

Grundwassereinflusses nicht ausgeschlossen werden. Hier bleibt der potentielle Einfluss auf die

Abflussregime in der Abwägung unberücksichtigt.

Die Entwicklung der Abflussregime des Planeiltals und des Matscher Tals lässt bis 2035 eine

leichte Verlagerung des Kurvenschwerpunkts in Richtung Frühjahr erkennen. Insbesondere der

Abfluss im Monat August nimmt ab, da die Gletscherschmelze nicht mehr Hauptsteuerfaktor des

Abflusses ist, aber immer noch zur Abflussbildung beiträgt; im Planeiltal weniger als im Matscher

Tal. Um das Jahr 2080 wird die Schneeschmelze der Hauptsteuerungsfaktor. Das

Abflussmaximum wird gedämpft. Der Abfluss in den Sommermonaten nimmt ab und der Abfluss

im Frühjahr nimmt zu.

Das Plawenntal erfüllt mit einer mittleren EZG-Höhe <2300 m nicht mehr das Kriterium der

alpinen Regime. Es ist den südalpinen („méridionalen“) Regimen zuzuordnen (Aschwanden &

Weingartner, 1985). Bereits bis 2035 macht sich eine starke Abnahme der Sommerabflüsse

bemerkbar. Der Maximalabfluss bleibt in etwa gleich, verlagert sich aber von rezent Juni auf Mai.

Bis zum Jahr 2080 wird das Abflussregime statt des ehemaligen Sommermaximums ein

Sommerminimum aufweisen und zwei gedämpfte Peaks im Frühjahr und im späten Herbst. Die

Abflüsse in den kalten Monaten November bis März nehmen stark zu.

Abb. 6.10: Veränderung der Abflussregime, Untersuchungsgebiet Vinschgau

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 99

6.1.4 Fazit

Es wird evident, dass der Abfluss aller drei Untersuchungsgebiete von der Schnee- und/oder

Gletscherschmelze gesteuert wird. Schnee und Gletschereis stellen sowohl Speicher als auch Input

für die unterirdischen Speicher dar. Gletschereis ist ein Langzeitspeicher, der temperaturgesteuert

im Hochsommer ausläuft und die Schneedecke ist ein saisonaler Speicher, der ebenfalls

temperaturgesteuert im Frühjahr ausläuft.

Durch die ansteigende GWL wird sich zunächst bei Bächen in vergletscherten Regionen der

Beitrag der Gletscherschmelze am Abfluss kurzfristig erhöhen. Mit zunehmender Verkleinerung

der Gletscherflächen und des Gletschervolumens wird der Anfall von Gletscherschmelzwasser

abnehmen. Mit zunehmender Temperaturerhöhung fällt weniger Niederschlag in Form von

Schnee, was eine Zunahme des Direktabflusses zur Folge hat. Der abnehmende Beitrag des

Schneespeichers durch die geringere Mächtigkeit der Schneedecke und die kürzere Existenzzeit

derselben, trägt ebenfalls dazu bei, dass sich die jahreszeitlichen Unterschiede in der

Wasserführung verringern und im Extremfall sogar ein Sommerminimum auftritt.

Die Einzugsgebiete mit der geringsten Höhenerstreckung lassen die schnellste Reaktion auf die

Speicheränderung der Schneedecken- und Gletscherspeicher erwarten.

2035: Mit zunehmendem Anstieg der GWL treten zunächst in allen Gebieten die nivalen Prozesse

in den Vordergrund, teilweise übernehmen sie die Hauptsteuerung des Abflusses. In rezent bereits

nival gesteuerten Regimen gewinnt die Steuerung durch flüssigen Niederschlag (pluviale

Steuerung) an Bedeutung. Generell verlagern sich zunächst Abflussschwerpunkt und

Abflussmaximum in Richtung Frühjahr, da die Schneeschmelze mit den zunehmenden

Temperaturen der globalen Erwärmung früher einsetzt und in der Hälfte der Gebiete keine

bedeutende Menge Gletschereis mehr zur Abflussgenerierung in Juli und August zur Verfügung

steht. Die Abflussspitze wird gedämpft und der Basisabfluss in den kalten Monaten nimmt zu.

2080: Mit weiterem Anstieg der GWL geht auch die Schneedecke als saisonaler Speicher mehr

und mehr zurück. Im Untersuchungsgebiet Tirol und im Testgebiet Plawenntal übernehmen

zunehmend pluviale Prozesse mit Maximum im frühen Frühjahr, sekundärem Maximum im

Spätherbst und Abflussminimum in den Sommermonaten die Hauptsteuerung des Abflussregimes.

Schließlich weist keines der Untersuchungsgebiete mehr „glaciaire“ gesteuerte Abflussregime auf.

Die Speicherkapazitäten der alpinen Aquifere sind gering, was sich zumindest für die

Untersuchungsgebiete Wallis und Tirol herausgestellt hat.

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 100

6.2 Abschätzung der Auswirkungen

Bewässerungsbedarf besteht während der Vegetationsperiode, verstärkt in der warmen Jahreszeit.

Daher wird sich der Abfluss nach dem Abschmelzen der Gletscher, insbesondere in den

Sommermonaten, stark reduzieren. Die saisonale Schneedecke, die aufgrund der steigenden GWL

immer geringere Flächen bedeckt, vermag dies nicht zu kompensieren.

In der Zukunft deuten sich, insbesondere in Einzugsgebieten mit mittlerer EZG-Höhe <1900 m,

also mit rezenten nival gesteuerten Regimen (Plawenntal und Untersuchungsgebiet Tirol),

gravierende Auswirkungen auf die Wiesenbewässerung an und zwar in Form eines Wasserdefizits

in der wärmsten und bewässerungsbedürftigsten Jahreszeit. Im Untersuchungsgebiet Tirol könnte

eventuell eine Verlagerung der Fassung für den Stanzer Waal ins obere Mühlbach- und Gasill-

EZG den Zeitpunkt des Eintretens der Wasserknappheit im Sommer verzögern. Die Gebiete mit

rezent noch „glaciaire“ gesteuerten Abflussregimen reagieren etwas langsamer. Der

Bewässerungsbedarf selbst wird in den warmen Monaten voraussichtlich durch eine mit den

Temperaturen ansteigende Evapotranspiration zunehmen. Das im Sommer knappe Wasser fließt

verstärkt in der kalten Jahreszeit ab, ohne zur Bewässerung verwendet werden zu können. Die

Periode der Niedrigwasserabflüsse wird zu- und die relative Wasserführung abnehmen.

Ohne Bewässerung kann es in den untersuchten Gebieten nur einen spärlichen Pflanzenwuchs

geben (Zwanzger, 1967). Zusammen mit dem Gletscherrückgang geht auch die

Meliorationswirkung der Bewässerung mit „Gletschermilch“ verloren. Demzufolge wird sich

zusätzlich die Bodenqualität verschlechtern. Dies kann im Extremfall zusammen mit einer

Vertrocknung der Vegetation zu Erosionserscheinungen führen, die wiederum die Infiltration in

den Untergrund verschlechtern und somit erhöhte Hochwasser- und Murengefahr bei

Starkniederschlägen erwarten lassen. In der Folge besteht die Gefahr des Untergangs einer, durch

die Wiesenbewässerung geschaffenen, einzigartigen Kulturlandschaft und der Verlust eines

traditionsreichen Stücks Geschichte.

6.3 Entwurf des Messprogramms

Eine Untersuchung der Auswirkungen von Entwicklungen der Schnee- und Eisspeicher in

inneralpinen Trockengebieten fordert den Zugriff auf möglichst detaillierte Informationen über die

geologischen und pedologischen Gegebenheiten sowie möglichst lange Zeitreihen gemessener

Abflüsse, Niederschlag und Temperatur in optimaler zeitlicher Auflösung (mindestens

Tageswerte) zur Verfügung zu haben. Solche Daten können auch als Eingangsdaten für eine

Modellierung der Speicheränderungen verwendet werden. Daten über die Entwicklung der

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 101

relevanten Gletscher und der Schneedecke, wie Ausdehnung, Wasseräquivalent etc. sind dann zum

Kalibrieren und Validieren nötig. Abflusszeitreihen in Kombination mit einer Zeitreihe der parallel

gemessenen Konzentration eines natürlichen oder künstlichen Tracers erlauben eine

Ganglinienseparation in „event“ und „pre-event water“ (Ereignis- und Vorereigniswasser) zur

quantitativen Abschätzung des Einflusses von Schnee- bzw. Gletscherschmelzwasser auf den

Abfluss.

Schon die Beschaffung derartiger Datenreihen kann im alpinen Raum allerdings problematisch

sein. Das Bestimmen von repräsentativen Standorten für Temperatur- und

Niederschlagsmessgeräte ist aufgrund der großen räumlichen Variabilität der zu messenden

Parameter erschwert. Das Auslesen von Daten und Wartungsarbeiten gestaltet sich nicht immer

einfach, da die Höhenlagen im Winter oft nicht oder nur schlecht zugänglich und auch im Sommer

meist nur in Fußmärschen erreichbar sind. Als Niederschlagsmessgerät bietet sich, vor allem

wegen des geringeren Wartungsaufwands im Vergleich zu einem Pluviographen, ein

Niederschlagstotalisator an, wen auch bezüglich Messgenauigkeit und zeitliche Auflösung

Abstriche zu machen wären. Kontinuierliche Abflussmessungen werden durch die Variabilität des

durchströmten Querschnittes eines zu messenden Gewässers und den hohen Geschiebetransport

alpiner Gebirgsbäche zu abflussstarken Zeiten erschwert. Daher bietet sich die

Verdünnungsmethode als Bestimmung der Abflussmenge an (z.B. Messung ein Mal pro Monat

nach mehren Tagen ohne Niederschlag).

Im Untersuchungsgebiet Wallis ist Schneeschmelzwasser als dominante schnelle

Abflusskomponente erwiesen. Allerdings wäre eine Sommer-Beprobung der Probennahmestellen

CH13, CH15 und CH19, inklusive Altersbestimmung des Wassers mit Tritium, interessant, da

diese Stellen im April im Vergleich mit den anderen Proben aus dem gleichen

Untersuchungsgebiet ca. die doppelte LF aufweisen.

Im Untersuchungsgebiet Tirol erscheint eine Beeinflussung des Abflussregimes durch die kleinen

Gletscher, die sich in direkter Nachbarschaft der Tiroler Testgebiete befinden (Parseierferner und

Teufelskar, Abb. 6.5) wahrscheinlich. Eine Tatsache, die die Reaktionszeit auf den

prognostizierten Anstieg er GWL etwas dämpfen würde. Daher wird eine Tracereinspeisung in die

genannten Gletscher als sinnvoll und interessant erachtet, um zu bestimmen, ob sie über das

Dolomitkarstsystem den Abfluss im Untersuchungsgebiet Tirol zur Sommerzeit beeinflussen.

Probennahmepunkte für eine solche Untersuchung sind A04 (Gasillbach vor seiner Mündung in

den Mühlbach), A03 (oberes Mühlbach-EZG oberhalb der Wildbad-Quelle), A17 (obere große

6 SCHLUSSFOLGERUNG/SYNTHESE 102

Fassung Stanzer Waal), A19 (Bewässerungsrückhaltebecken) und die Stelle A++, die im April so

gut wie trocken war. Über das Dispersionsmodell können anschließend die mittlere Verweilzeit

und der Dispersionsparameter bestimmt werden. Auch ohne Tracereinspeisung bieten sich die

genannten Probennahmestellen für eine Sommerbeprobung inklusive Altersbestimmung des

Wassers mit Tritium an.

Im Untersuchungsgebiet Vinschgau erscheint eine weitere Probennahme im Sommer, besonders

im Plawenntal sinnvoll, um nähere Erkenntnisse über die Abflussbildung und Fließwege durch

Bestimmung und Vergleich der Parameter mit denen der bereits genommenen Proben zu erhalten.

Zusätzlich sollte eine Altersbestimmung der Wässer mit Tritium durchgeführt werden. Außerdem

wird eine Tracereinspeisung zweier unterschiedlicher Fluoreszenztracer jeweils in den

Planeilferner und in den Matscher Ferner empfohlen, mit anschließender Beprobung im oberen

Puni- und Saldurbach-EZG, z.B. an den Stellen I03 und I06. Die über das Dispersionsmodell

bestimmbare mittlere Verweilzeit und der Dispersionsparameter liefern mehr Informationen über

die Eigenschaften des durchflossenen Untergrundes und somit über die dominanten

Abflussprozesse und Fließwege. Über den Tracerrückerhalt kann zudem eventuell eine

Abschätzung erfolgen, ob Gletscherschmelzwasser in angrenzende Einzugsgebiete abfließt und so

für Bewässerungszwecke im Untersuchungsgebiet verloren geht.

7 AUSBLICK 103

7 Ausblick

Der globale Temperaturanstieg und die damit verbundene Veränderung der Schnee- und

Eisspeicher stellt eine große Adaptationsherausforderung für die Natur, den Menschen und das

gesamte Ökosystem dar.

Künstliche Wasserspeicher in Form von Rückhaltebecken, in denen die Winterabflüsse bis zum

Sommer zwischengespeichert werden, könnten helfen, den nahenden „Ausfall“ der Gletscher in

ihrer Funktion als Wasserspeicher und Sommerwasserspender zu kompensieren.

Heutzutage existieren in vergletscherten Einzugsgebieten bereits Stauseen und Rückhaltebecken,

allerdings nicht zum Zweck der Wiesenbewässerung, sondern zur Energiegewinnung. In dieser

Hinsicht kam es schon in der Vergangenheit zu Nutzungsrecht- und Interessenskonflikten

zwischen Stromkonzernen und Bauern. Die Elektrizitätserzeuger erkennen eventuell nicht den

Sinn altüberlieferter Wasserechte und die Konzessionen für die Entnahme von Wasser aus

Stauseen und Rückhaltebecken für Bewässerungszwecke sind zu gering (Zwanzger, 1967). Die

Möglichkeit zur Finanzierung von Rückhaltebecken durch die betroffenen Bauern mit dem Ziel

der Sicherung zukünftiger Bewässerungsmöglichkeiten erscheint unrealistisch.

In der Zukunft sollte eine Kompromisslösung zu interessensübergreifende, gemeineinsamer

Nutzung der Wasserressourcen aus Rückhaltebecken zwischen Stromkonzernen, betroffenen

Bauern und den zuständigen politischen Kräften gefunden werden, um in einer neu gewichteten

Strategie unter Berücksichtigung relevanter ökologischer, ökonomischer und kulturhistorischer

Kriterien die Bewässerung und somit den Erhalt der Kulturlandschaften in den inneralpinen

Trockenregionen auch nach Abschmelzen der Gletscher zu ermöglichen.

8 LITERATUR 104

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8 LITERATUR 110

Ehrenwörtliche Erklärung:

Hiermit erkläre ich, dass die vorliegende Diplomarbeit selbständig und nur unter Verwendung der

angegebenen Hilfsmittel angefertigt wurde.

Freiburg im Breisgau, den 17. August 2007

(Nadja Nickol)