Auswirkungen von TTIP auf den Mittelstand -...
Transcript of Auswirkungen von TTIP auf den Mittelstand -...
Prof. Dr. Kersten Kellermann
Professur für Volkswirtschaftslehre, insb. Wirtschaftspolitik
Fakultät für Angewandte Wirtschaftswissenschaften – School of Management
Workshop auf dem Mittelstandstag 2016 der TH Deggendorf
12. April 2016
Auswirkungen von TTIP auf den Mittelstand
Agenda
1. Motivation: Wie stehen Sie zu TTIP?
2. Handelsbeziehungen EU-28 / Deutschland und die USA
3. Vier Handlungsfelder bei TTIP
3.1. Freihandel
3.2. Standards
3.3. Investitionsschutz
3.4. Kommunikation
4. Fazit
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 2
1. Motivation: Wie stehen Sie zu TTIP?
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 3
• Die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und der
EU begannen im Juli 2013.
• Nach der Vertragsunterzeichnung wird es beinahe 40 Prozent des Weltbrutto-
inlandsprodukts (BIP) beeinflussen. Der transatlantische Markt ist schon jetzt der
wichtigste der Welt.
• Das TTIP-Abkommen soll 24 Kapitel umfassen:
• Es gliedert sich in drei Teile:
Freier Markzutritt
Zusammenarbeit in Regulierungsfragen: Engere Zusammenarbeit der
Regulierungsinstanzen.
Regelungen: Geistiges Eigentum, Zollformalitäten, Investorenschutz
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 4
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 5
Quelle: DESTATIS, Eurostat, Bureau of Economic Analysis (BEA), International Transactions.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 6
Quelle: Europäische Kommission.
A. Freihandel …
• … nutzt vor allem den Verbrauchern durch sinkende Preise und
mehr Produktvielfalt.
Die Preise für europäische Autos werden durch TTIP sinken,
da Autozubehörteile aus den USA günstiger importiert
werden könnten. Textilien aus den USA wie Jeans werden in
der EU billiger.
• … erhöht den Wettbewerb und damit Effizienz und Innovation.
• … ermöglicht Spezialisierung auf bestimmte Produktions-
bereiche.
• Spezialisierung geht mit Strukturwandel einher.
Textilfirmen siedeln sich bereits jetzt in den USA an und
bereiten neue Produktionsstätten vor.
Max Otte: Deindustrialisierung , Billiglohnkonkurrenz aus
Mexiko
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 8
• Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse werden deutlich reduziert.
• Aktuelle bezahlen deutsche Industriefirmen im transatlantischen Handel
noch 3,5 Mrd. Euro an Zölle.
• Europäische Firmen sollen einfacher zu Aufträgen der öffentlichen Hand in
den USA kommen.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 9
Ifo Verbands-Umfrage Herbst 2012
• Die Verbände wurden befragt, welche Typen von Handelskosten für sie hinsichtlich der
Exporte in die USA zentral sind, wie sich diese Kosten ökonomisch darstellen (variable
oder fixe Kosten), welche Vor- und Nachteile sich die Unternehmen von einer Freihandels-
initiative versprechen und wie sich diese auf Firmen unterschiedlicher Größenklassen
verteilen.
• Ergebnisse:
Nicht-tarifäre Handelsbarrieren (NTBs), und hierbei insbesondere Qualitätsstandards, sind für
deutsche Exporteure zentrale Hindernisse für den Zugang zum US-Markt. NTBs werden
hauptsächlich als Fixkosten des Marktzugangs verstanden.
Eine Reduktion der NTBs ist besonders für kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU)
hilfreich. Von der Eliminierung der Zölle profitieren hingegen nach Angaben der Verbände eher
die größeren Firmen. In den meisten Branchen ist der Exportmarkt USA für deutsche
Unternehmen von größerer Bedeutung als der Produktionsstandort USA. Besonders im
Chemie- und Agrarbereich werden hohe Chancen für KMUs gesehen.
Die größten neuen Marktchancen werden im Maschinen-und Anlagebau, Metallerzeugung und -
bearbeitung, Chemie- und Pharmaindustrie, sowie Land- und Forstwirtschaft gesehen.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 11
Ifo Studie 2013: Effekte eines transatlantischen Freihandelsabkommen
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 12
Drittländer
• Handel Schweiz fordert rasche Verhandlungen für die Schweiz.
• Schafft die Schweiz den Anschluss an TTIP nicht, nimmt sie Exporteinbussen von
bis zu 15% in Kauf.
• Handel Schweiz schätzt den Verlust für den einzelnen Bürger auf bis zu 7%, was
dem 13. Monatslohn entspricht.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 13
Das Forschungsinstitut Prognos
hatte im Auftrag des BVMW und der
Schöpflin Stiftung 800 kleine und
mittelständische BVMW-Unter-
nehmen zu TTIP befragt – mit
klarem Ergebnis:
Demnach erwarten 62 Prozent
der befragten Firmen „eher
negative“ oder „sehr negative“
Auswirkungen durch das ge-
plante Abkommen.
Nur 22 Prozent sehen positive
Effekte. Der deutsche Mittelstand
erhofft sich zudem kaum Vorteile
für das eigene Geschäft. Von
TTIP würden bislang vor allem
große Unternehmen profitieren.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 14
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 15
„Wir stehen zu TTIP, aber nicht
um jeden Preis. TTIP muss
dem deutschen Mittelstand
dienen – und nicht nur den
Interessen einiger weniger
Großkonzerne“
BVMW-Präsident Mario Ohoven.
B. Standards
• Globalisierung braucht Regeln.
• Standards vereinheitlichen.
• Kampf der Doppelspurigkeiten bei Zulassungen, umständliche Kontrollen am Zoll
usw.
• Gemeinsam sind die EU und USA in der Lage, weltweit neue Standards im
Handel zu setzen – beispielsweise über Normen und gegenseitige
Anerkennungen von Prüfverfahren.
• Mittelständler sind durch hohe administrative
Kosten besonders belastet.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 16
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 17
Der Mittelstandspräsident warnte vor
einer Schieflage im transatlantischen
Handel. Die US-Regierung könne,
anders als Brüssel, technische
Standards nicht für allgemein
verbindlich erklären. „Es droht eine
Einbahnstraße, die es US-Firmen
erlaubt, in der EU Produkte nach US-
Standard zu verkaufen, ohne dass
umgekehrt EU-Firmen in den USA
Produkte nach EU-Standard anbieten
können.“
BVMW-Präsident Mario Ohoven.
Veränderte Machtverhältnisse und Verhandlungspositionen:
• Verbraucherschutz, Umweltschutz, Arbeitnehmerschutz, Datenschutz
• Sozial- und Gesundheitsstandards => Race to the Bottom
• Handel muss fair sein, nicht nur frei.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 18
C. Investitionsschutz
Brüssel, 12. November 2015
• Die Europäische Kommission hat heute endgültig festgelegt, wie ihr neuer reformierter Ansatz
für den Investitionsschutz und die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten im Rahmen der
Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) aussehen soll.
• Der endgültige Text enthält alle wesentlichen Elemente des Kommissionsvorschlags vom 16.
September, der darauf abzielt, das Recht auf Regulierung zu wahren und ein gerichts-
ähnliches System mit einem auf klar festgelegten Regeln basierenden Berufungs-
mechanismus, qualifizierten Richtern und transparenten Verfahren zu schaffen. Darüber
hinaus enthält der Vorschlag weitere Verbesserungen in Bezug auf den Zugang kleiner und
mittlerer Unternehmen zu dem neuen System.
• Das neue System würde das bisherige Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen
Investoren und Staaten (ISDS) in TTIP und in allen laufenden und künftigen Handels- und
Investitionsverhandlungen der EU ersetzen.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 19
Brüssel, 12. November 2015
• „Heute vollenden wir in der EU einen langen internen Prozess zur Entwicklung
eines modernen Investitionsschutz- und Streitbeilegungsansatzes für TTIP und
darüber hinaus“, so Handelskommissarin Cecilia Malmström.
• „Es ist das Ergebnis weitreichender Konsultationen und Diskussionen mit den
Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament, Interessenträgern und Bürgern.
Dieser Ansatz wird es der EU ermöglichen, weltweit eine wichtige Rolle bei der
Reform einzunehmen, mit der ein internationales Gericht geschaffen werden
soll, dem die Öffentlichkeit Vertrauen schenken kann.“
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 21
Dem Investitionsgericht fehle
die nötige Rechtsgrundlage.
Und das Verfahren zur Er-
nennung der Richter genüge
nicht den internationalen An-
forderungen an die Unab-
hängigkeit von Gerichten.
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 22
D. Kommunikation
• BVMW-Präsident Mario Ohoven sagt, Berlin und Brüssel müssten endlich Transparenz bei den
Verhandlungsdokumenten schaffen.
• „Erst einmal muss man sagen, ja, da hat die EU-Kommission in der Kommunikation einen Super-
GAU gemacht, weil sie diese Geheimniskrämerei gemacht hat… Aber auch bei Tarifverhandlungen
oder so gibt es ja bestimmte Momente, wo man vielleicht nicht jedes Wort veröffentlichen sollte.“
SPD-Europa-abgeordnete Bernd Lange
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 23
• „Die Politik bedeutet ein starkes, langsames Bohren von harten
Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.“
Max Weber; (1864 - 1920), deutscher Sozialökonom,
Wirtschaftstheoretiker und Soziologe
4. Fazit
Mittelstandstag 2016
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIP Prof. Dr. Kersten Kellermann 24
• Bundesregierung Deutschland (2015), Freier Handel – gut für alle, 10 gute Gründe für
TTIP, Mai 2015, Berlin.
• BVMW - Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (2016), Wie zufrieden ist der
Mittelstand mit der aktuellen Freihandelspolitik?, Kooperationsprojekt des Bundesver-bands
mittelständische Wirtschaft (BVMW) und der Schöpflin Stiftung: Ergebnisse der
quantitativen BVMW-Mitgliederbefragung zu TTIP und Freihandel, Berlin, 10.3. 2016.
• DRB – Deutscher Richterbund (2015), Stellungnahme zur Errichtung eines
Investitionsgerichts für TTIP – Vorschlag der Europäischen Kommission vom 16.09.2015
und 12.11.2015
• EU-Kommission (2015), TTIP auf einen Blick: Die Transatlantische Handels- und
Investitionspartnerschaft (TTIP) – Für eine Handelsvereinbarung zwischen, der EU und den
USA, Luxembourg.
• Felbermayr, G., M. Larch, L. Flach, E. Yalcin, S. Benz und F. Krüger (2013), Dimen-
sionen und Effekte eines transatlantischen Freihandelsabkommen, ifo Schnelldienst 4/2013
– 66. Jahrgang – 27. Februar 2013.
• SVR – Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftliche Entwicklung
(2014), Europa: Zeit für Subsidiarität, Auszug aus dem Jahresgutachten 2014/15,
Textziffern 59 bis 74.
Literatur
Marktmacht und Wettbewerbspolitik
TTIPMittelstandstag 2016 Prof. Dr. Kersten Kellermann 25