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VIII. Die Kirchen

Vorgeschichte und Entstehung unseres Kirchspiels Von Gerhard Gehrke

Die Höfe und Dörfer unseres Kirchspiels bildeten schon vor der Christianis ierung eine Einheit, als unsere Vorfahren. aus ihrer nordischen Heimat (Dithmarschen und Stormarn/ Holstein) kommend, sich hier ans iedelten. brachten sie neben ihrer Kultur. Religion, Sprache e tc., auch ihre Wehr und Gerichtsordnung mit. Ihre Wehrordnung bc~ tand darin, daß je 100 Höfe zusammengehörten. e ine Hundertschaft ode r einen „Ccnl" bildeten und daß jeder Hof e inen wehrhaften Mann zum Kriege sle llen mußt. Größere Höfe stell ten einen Reiter und hießen darum Sattelhöfe. Je zehn Hundertschaften oder e ine Tausend­schaft gehörten wieder zusammen und biJdeten so e inen Gau oder einen .,Go··. Der Häuptling eines Gaues war der Bannerherr über Tausend. Der Gau, in dem Visselhövede lag, war der Sturmi-Gau, und der Haupto11 des Stu1111i-Gaues war Ferdun, jet1.t Verden. Jede Hundertschaft bildete auch e inen e igenen Gerichtsbezirk. Der oberste Gerichtsherr in e inem Gau war der Gaugraf oder Go-Greve.

In der Mitte jedes Gaues war der Pl atz, wo die welll'haften Leute und die Gerichtsleute sich stellten. Der Platz hieß: das Mal oder die Mal-Ställe. Die MaJstätte des S turmi-Gaues war der Lugenstein in Verden, und ebenso war der Lugenstein die Ge richtsstätte des Sturmi-Gaues, und zwar etwa bis 1.um Jahre 1500. Jede Hundertschaft halle natürlich ebenfalls eine Maistätte und Gerichtsstätte. Dies war für die hiesige Hundertschafl die „Visselquelle", zugleich war solch e in Mal Opferplatz oder Cultusstätte.

Die Bühne der Weltgeschichte betraten die Sachsen im Jahre 772 ehe r unfre iwillig, als sie sich nämlich mit erstaunlicher Entschlossenheit gegen die gewaltsamen Eingliede­rungs- und Christianisierungsversuche Karls des Großen zur Wehr setzten. In Widukind, einem ihrer Edlen, konzentrierte sich zunächst ihr Widerstandswille, der selbst nach dessen Taufe 785 nicht erlahmte. Strafexpeditionen - man denke ans das „Blutbad von Verden·' (782) und ZwangsumsiedJungen sowie die Einigung des sächsischen Adels mit den fränkj schen Eroberern - führten bis 804 jedoch zur Eingliederung Sachsens in das Frankenreich. Um 785 verfügte Karl der Große, daß im Sachsenland in jedem „Cent" oder „Go" eine Kirche gebaut werden solle. Zuerst wurden hölzerne Taulkapellen gebaut (Wittek.inds Taufe). Die ersten Kirchen wurden nicht an e inem beliebigen Ort der Hun­dertschaft, sondern in deren Mittelpunkt, eben an jener Maistätte, gebaut. Darum steht in Verden der Dom am Lugenstein und in der hiesigen Hundertschaft d ie Kirche an der „Visselquelle".

Wie oben ausgeführt, wurde von ältesten Zeiten he r die richterliche Gewalt in jedem Gau von den Gaugrafen ausgeübt. Das Gaugericht im Srurmi-Gau wurde auf dem Lugenstein in Verden gehalten. Später - angeblich 786 - stiftete Karl der Große das Bistum Verden. Die landesherrlkhe und richterliche Gewalt halte natürlich der Bischof damit noch

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nicht. Sie wurde nach wie vor von den Herzögen und Gaugrafcn ausgeübt. Erst Ollo 111. verlieh 985 dem Bischof Erph von Verden das Markt- und Münzrecht in Verden und die Grafen- oder richterliche Gewalt über diejenigen, die auf bischöflichen Höfen wohnten. Dann bestellte der Bischof überall in seinem Sprengel Beamte. die für ihn diese Grafen­gewalt ausüben sollten. Diese Beamte nannte er „aclvocati". und die Ungelehrten machten daraus „Vögte"'. Solche bischöflichen Vögte waren in Verden. Scheeßel, Sottrum. Schne­verdingen und Visselhövede eingesetzt (aber nicht in Neuenkirchen, da Freibann). Oie richterliche Gewalt über die übrigen Landeseinwohner, die nicht auf bischöflichen Höfen wohnten, übte der Her 1.og von Lüneburg ode r das welfische Haus aus.

Die Gografschaft Visselhövede war im 12. Jahrhundert im Besitz des Herzogs 1 le inrich des Löwen. Als dieser L 180 mit der Reichsacht belegt wurde, liel sie an das Re ich wrlick, und der Kaiser übergab sie Bernhard L. von Ascanien, einem Sohn Albrechts des Bären. Dieser verpfändete die Gografschaft und damit die niedere Gerichtsbarkeit dem Adel des Lande~ . Die höhere Gerichtsbarkeit. den Blutbann, übertrug er Bischof Rudolph 1., 1189 bis 1205 Bischof von Verden .

Da nun der Bischof Konrad 1. aus dem Hause Lüneburg stnmmtc, Libertrug der Herzog von Lüneburg (auch Herzog Albrecht 11. von Sachsen, Engern und Westfalen, auch Burggraf von Magdeburg) dem Bischof Konrad neben dem Fre ibann Neuenkirchen auch die Gografschaflen (also landesherrliche Obrigkeit) Verden. Oörverden, Schneverdingen, Scheeßel und Visselhövede 1.u dauerndem Besitz (Schenkungsurkunde vom 22. Oktober 1288). Damit war es Konrad gelungen, e inen Kern flächendeckende r landesherrlicher „Gerechtsame·' zu erwerben, aus dem der Territorialstaat der B ischöfe von Verden hervor­gehen sollte. Er holle mit e inem Schlage nach, was ein Jahrhundert lang nicht hatte gelingen wollen.

Das Gogericht, das später in Landgericht umgewandelt wurde. tagte „unter den Linden beim Kirchhofe". Der Gogerichtsbezirk war flächendeckend mit dem Bereich der „Villi­cationen'· und des späteren Kirchspiels. Ausgenommen waren ab 1450 die Bürger des Fleckens Visselhövede, die mit der Verleihung der Weichbildsrechte auch e in besonderes BürgerTccht erha lten hallen.

Daneben gab es in unserem Kirchspiel noch d ie Holzgerichte (HolLgedinge) „Wittö rper Woldt" und die „Osterholdt Marke", die ebenfalls unter den Linden beim Kirchhofe tagten. Ocr Drost Prott in Rotenburg war Inspektor des Grafen Königsmarck, der dje Herrschaft Rotenburg zu schwedischen Zeiten innehatte. Er hielt in Visselhövede am 2. Mai 1671 das letzte Landgericht ab.

Zur Gerichtsordnung: Das bis ins 12. Jahrhundert nur münd! ich libcrlicf erte sächsische Recht brachte erstmals

um 12 .15 bis 1230 Eikc von Repkow, auf der Burg Falkenstein w Papier und schuf damit den ,,Sachsenspiegel", das älteste und e influßreichste Rechtsbuch des deutschen Mittel­alters.

Das Gebie t des Kirchspiels Visselhövede (früher Gografschaft), das Jahrhunderte hindurch unverändert geblieben war, wurde erst am 1. März 1974 (GebieL~refo1111gesetz) durch die Eingliederung der Gemeinde Kettenburg (mit den Ortsteilen Griemen, Fahlbeck und Hilligensehl) erweite r1.

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Die St. Johannis-Kirche Von Kl aui, l lcinzel

Die erste Erwähnung des Vic;selhöveder Kirchspiels. also einer oder mehrerer Ortschaf­ten mit einer Kirche, datiert aus dem Jahre 1534. Es handelt sich dabei um eine Er.tählung vom Ursprung der Grafen von Hoya, die sich in zwei. jedoch nur in Bruchstücken erhaltenen, miuelalterlichen Quellen fand. Darin wird die Ortschaft Rosebruch in „Ke­~pelde Wic;selhovede·· erwähnt, wobei die damals geschehenen Ereignisse um die Burg Rosebruch 350 fahre vor Abfassung der ErLählung, also 11 84, erfolgten.

Die um 11 84 wohl vorha ndene Kirc he dürfte eine Holzkirche gewesen sein, die e rst später zu e ine r massiven Kirche umgebaut wurde. Diese Holzkirche müßte zwischen 900 und 1184 erbaut worden sein. Und zwar an einer Stelle, die von den Heiden a ls Kultsüittc genutzt worden war. Nach der Christianisierung, die nach dem Jahre 800 begann , wurden oft Kirc hen an den Stätten des heidnischen Kultes erbaut. Und die dort vorhandene Visselquelle dürfte in den ersten Jahrzehnten als Taufort gedient haben, worauf der Kirchenname „St. .Johannis" hindeuten könnte.

Abb. 71. Gest11111<111sicht, 1•on der G1vßen Srraße aus. Foto: 1998.

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Die älteste urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahre 1258. Ein nicht n~iher bezeichneter Ritter Bernhard aus Heelsen stiftet den Kirchspieleingesessenen von Vissel­hövede für deren Kirche seinen Hof mit allen Liegenschaften in Heelsen, der für die Beleuchtung der Kirche gedacht war.

Der Name der Kirche (S. Johannis Bapt.) - St. Johannis (der Täufer) - wird Luerst erwähnt im Jahre 1293. Der Bischof Johannes von der hl. IGrche zu Riga entbietet darin allen Reuigen und Bekenne nde n. die diese Kirche an bestimmten Tagen besuc hen. Ablaß und Faste nerlaß für 15 Tage. Die Verbindung Riga -Visselhövede dürfte dabei durch Wallfahrer ent!-.Landen !.ein. Die Erwähnung des Namens Johannes des Täufers könnte ein Indiz dafür sein, daß die Kirche bereits in der karolingischen Zeit begründet worden ist, da bei den fränkischen Missionaren der Name Johannis des Täufers als Patron sehr be liebt war. lm Jahre 1296 erwarb die Visselhöveder Kirche Land in Egenbostel und e ine Stätte in Visselhövede. Dabei wird der Name des Priesters zum ersten Mal erwähnt: unte rzeic h­net wird die Urkunde von Johannes, Pfarrer der Kirche zu Visselhövede und andere n Geistliche n. Weitere urkundliche Erwähnungen der Visselhöveder Kirche s ind :

1300: Ludclef von Luden (Lüdingen) schenkt der Kirche 4 Scheffel Roggen, 1334: Ritter He iniic h von Hohnhorst erklärt gegenüber der Kirchgeschworenen von

Visselhövede, daß er keine Rechte an den Gütern e ines Hofes in Delventhal hat, der wohl im Grundbesitz der Kirc he stand.

Die Urkunde von 1358 ist nun von großer Bedeutung für die Kirche zu Visselhövede. Gerhard von Sch lepegrell und andere n bezeugen, daß die IGrche „mit ihrem Kirchhofe in herkömmlicher Weise und planmäßig geweiht worden ist und mit derselben Weihe vom heutigen Datum ab während des vergangenen Jahres errichtet worden ist und noch unverändert besteht" (5. Mär1. 1358). Ob es sich dabei um einen Neubau oder einen Umbau gehandelt hat, ist nicht bekannt. Es dürfte sich j edoch um einen Umbau gehandelt haben, denn 1347 be re its kauften die Visselhöveder Kirc hgeschworenen von einem Lüneburger Bürger eine Rente von einem halben Fuder Salz aus der Siedehütte, die je zur Hälfte für eine Messe am Marie nalte r und für das Licht am KronJeuchter am Heilig- Kreuz-A lter, welches zu Ehren des hl. Leic hnams dort brannte, zur ewigen U nte rhaltung gedacht sein sollte. Die Kirc he hatte de mnach drei Altäre: den Hauptaltar, den Marienalter (auc h als FrülunesseaJtar bezeichnet) und den He ilig-Kreuz-Altar. Eine Auslagerung und somit e ine Gottesdienstunterbrec hung für 1 Jahr dürfte kam denkbar gewesen sein.

Erst 1413 fi nde l die näc hste urkundliche Erwähnung der Kirche statt: A 1 verich Schlepe­grell versetzt den Kirc hgeschworenen von Visselhövede seinen Hof in H iddingen für 15 Mark li.ib. Pfenn ige. 14 14 verkauft der Knappe Diedrich Soltau den Kirc hgeschworencn einen Hof in Nindorf für 6 Mark lüb. Pfe nnige.

J 417 wird der Pfarrer Peter aus Visselhövede als Zeuge in Buxtehude genannt. 1426 kauften die Kirc hgeschworenen (namentlich genannt: Johann Lanemeyge, Johann

(Meier aus Wittorf), Curt von Wedensen und Cutt von Ebeling einen Hof in Hiddingen von einem Berthold Bolcmann aus Verden, dem der Hof aber nur zu Lehe n vom Bischof in Verden gegeben w.ir. Der Bischof erteilte nachträglich seine Genehmigung ( 1435).

Weitere Urkunden in den folgenden Jahrzeh11ten zeugen von einem regelrechten Gi.iterverkauf durch die Visselhöveder Kirche.

1464 verkauft Hinrik Schlepegrell den Vorstehern der Bruderschaft „vom he iligen Le ichnam" in der Kirche zu Visselhövede einen Hof „tom Borste!" (heute: Drögenbostel). für t 5 Mark. Dabei dürfte es sich um eine der Kalandsbri.iderschaften gehandelt haben,

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wie sie a ls Ausdruck der Volks frömmigkeit im Mittelalter an vielen Orten entstanden waren. Ihre Aufgabe war die gemeinsame Teilnahme am Gottesd ienst, die gegenseitige Fürsorge bei Verarmung, Krankheit und Armut.

1472 bestätigt der Bischof Berthold von Verden auf Bitte n des Priesters und der Ki rchgeschworenen von Visse lhövede de n erteilten Ablaß des Bischofs von Riga, der 1293 beurkunde t worden war. Er erhöhte ihn auf 40 Tage über d ie bere its e rteilten 15 Tage hinaus.

1494 wird Hardericus Durkop als Priester genannt, 15 12 die Kirchgeschworenen Hans Schomacher, Wernher Ludemans und Hans tom Bede.

1542 wird auf Antrag des Priesters Henrich Arpes das Kirchweihfest, welches nach altem Brauc h in Visselhövede bisher am 9. Septembe r gefeiert wurde, aber infolge des Breme r Marktes, welcher g leic hzeitig stattfand, ungünstig lag. auf den Sonntag nach Mariae Geburt (8. 9.) ver legt. Die letzte Urkunde vor de r Reformation datiert aus dem Jahre 1568: Lippoll von Bothmer kauft einen zur Pfarre Visselhövede gehöre nden Sumpf.

Aus all diesen Urkunden geht he rvor, daß d ie Kirc he bis zur Reformation sehr vie le Geschenke erhalten hat. Mindeste ns e inen Hof in De lventhal ( 1334) und den Wüstenhof ( 1469). Vie lfach auch nur einzelne Grunds tücke: 1296 in Egenboste l und Visselhövede, 1484 auch in Visselhövede. Dazu kamen zahlreiche Geschenke und Renten.

Z usützlic h erwarb die Kirche ganze Höfe (1258 Heclsen. 1395 Nindorf, 14 14 Hiddin­gen).

Die Pfarrstelle ist wohJ von Anfang an re ichlich mit Land und Abgaben ausgestattet gewesen, die einem unverheirateten Priester in e iner Zeit der Naturalwirtschaft gut ausgereic ht haben dürfte n. Das übrige Kapital konnte dann an zumeist Ri tte r fü r deren immer mehr steigende Ge ldbedürfnisse ausge lie he n werde n. Die tatsächliche Höhe de r Einnahme n der pfarrc ist abe r unbe kannt.

In d ie Zeit der Reformation füllt e in Brief des Visse lhövcder (katholischen) Priesters namens Diderich Johannis (ode r Janzen), der an Hermann von Mandelsloh. Vikar und Sekretär des Domkapi tels zu Verden, ge1ichtet waJ. Der Priester entfernte sich wegen be~chuldigter und erwiesener Unzucht aus dem Kirc henamt und kam nie wieder. An seine Stelle wurde dann der evangel. Pfarrer Johann Grube nhagen gesetzt ( 1567). In Be1.ug auf den Sachverhalt selbst sagt der Brief nichts aus. Der Verdcnc r Bischof war ab 1566 Eberhard von Holle, der „an die Stelle der e he- und zügellose n katho lischen Geistlichkeit wohlgebildete . in sorgenfreie r Ehe lebende, lutherische Priester und Lehrer traten, wenn sie auch nach Lebensa1t und S itte noch mit großer Rohhe it und De rbhe it behaftet waren".

Die Einführung der Reformation verlie f in der Visselhöveder Gegend verhältnismäßig ruhig. Es dürfte sich auch wenig an der Gestaltung des ki rc hliche n Lebens geändert habe n. Natürlich abgesehe n vorn Abendmahl, der Form und des Ablaufs des Gottesd iens tes. Gemeindegesang und Predigt traten mehr in den Vorde rg rund . E rst 1605 wurde für das Sti ft Verden e ine neue Kirche nordnung erlassen.

Das Visselhöveder Kirchengebäude hatte eine rechteckige Form , die Anbauten wurden später erbaut. Der Turm stand abseits, wahrscheinlich an der Ste lle, an der er heute noch steht.

Der Dre ißigjährige Krieg ( 16 18- 1648) sollte dann für kurze Zeit die Reformation rückgängig machen. 1626 erobe rte de r katholi sche Fe ldherr Ti lly, nac h der Schlacht be i Lutte r am Bare nberge, das Bistum Verde n zurück. l 629 wurde das sog. Restitutionsedikgt erlassen, das die katholische Le hre wieder einfühJen sollte . Die Verhältnisse von 1552

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sollten wieder hergestellt werden. Jedoch hielten d ie Bürger in den Städte n und die Bauern auf dem Lande trotz m assiver Drohungen an der neuen Lehre fest. In Visselhövede war es lediglic h ein Bauer, der zum katholischen Glauben zurückkehrte. Um den Evangeli­schen die Führer zu nehmen, e ntließ man d ie evangel. Pfarre r fri stlos aus ihrem Amt und verbot ihne n den Aufenthalt im Bistum Ve rde n. Zuvor mußten sie abe r e in Ve rzeichnis der Güte r und Einnahmen der von ihnen verwaltete n lGrche aufstelle n, we lches erhalte n ist.

Zu dieser Zeit wirkte in Visselhövede der evangel. Pfarre r Johannes Müller. Er mußte 1630 sein Amt niederlegen. Der neue kathol. Bischof Franz Wilhelm hielt am 6. Mai 1630 in Verden eine Synode ab, bei der auch Pfarrer M üller zur kathol. Kirche zurückkehren sollte. Dieser lehnte aber, wie fast alle evangel. Geistlichen, ab. Die Pfarrtätigkeit durften sie daraufuin nicht mehr ausüben. Als sein Nachfolger wurde ein Jesui tenpater, Johannes Amoldi, als neue r kathol. Pfarrer berufe n. Er hatte neben de m Kirc hspie l Visselhövede auch die Kirchspiele Neuenkirc hen und Schneverdingen w betre ue n, behje Jt aber seinen Wohnsitz in Ve rden bei. Die dabe i w überbrücke nden weite n Wege legte er auf einem Wagen zurück, begleitet von einem Jungen. der den Wagen lenkte, und e inem Soldate n, de r zu se inem Schutze abgeste ll t war. Pate r Arnoldi hatte aber nur geringen Erfolg bei den hiesigen Einwohnern, denn nach große m Werben trat in Visselhövede nur der oben erwähJ1te Bauer, in Verde n niemand, der alten Lehre wieder bei. Als die Mahnungen und Drohungen nichts mehr nützten. g ing man zu Strafen über. So halle das Kirchspiel Visselhövede 160 Reichsthale r zu zahlen, e ine große Summe für die damalige Zeit. Die Eingesessenen e rhalten einen Aufschub de r Zahlung von 3 Tagen und Ermäßigung auf 100 Rth .. doch vergebens. Der Gene ralvikar Lüttrinchhausen be richtete dem Bischof: ,.hieraus können Ew. Hoheit zur Genüge e rkenne n, daß die Baue rn lieber infolge der Beitreibungen zugrunde gehen, als ohne ihre alte Obrigkeit und ohne die Vögle zur Einheit des G laube ns zurückkehren. lch erwnrte de n gef. Bescheid Ev. l lohe it , oh die nunmehr aufs Doppe lte erhöhte Strafe dafür, daß s ie de n Pfingsttermin, ohne zu zahle n, vorüberge­hen ließen. ohne Verzug e inzufordern und be izutre iben ist".

Die Erregung in den Gemeinden wurde immer größer. Be re itis 1630 wurde auf Pater Arno ldi geschossen. man traf jedoch nur seinen Hut. Er konnte unter Zurücklassung seines Mante ls c ntlliehen.

Zu dieser Zei t änderte sich das Kriegsglück der Katholiken. Gustav Adolf von Schwe­den hatte in d ie Kämpfe ei ngegriffen und Tilly am 17. September 163 1 bei Breitenfeld geschlagen.

Die Lutheraner beselLten An fang O ktoher 163 1 die Festung Langwedel. Die kathol. Ge istlic he n verließen fluchtartig Verde n. Jedoch konnte sich Pa ter Arno ldi nicht entschlie­ßen. ebenfalls die Flucht zu erg re ife n. Er betreute von Verde n aus seine Kirchspie le weiter. wie e r es vorher auch mit großem Eifer getan hatte.

A111 9. Novemher 163 1 fei erte e r in Visselhövede das Meßopfe r und hie lt a nschließend die Predigt. Auf dem Heimwege nach Verden e reignete sic h das Dram a im Paterbusche. we lches verschiedentlich dargestell t wurde und iiber das auch keine Augenzeugenberichte mehr vorliegen. Amoldi wurde von Bauern überfallen und getö tet. Die Ereignisse weichen. je nach Konfession, voneinander ab. Tatsache jedoch ist. daß Arnoldis Meßgewand, eine Lederka ppe, einige blutige Leine nstücke und e in Zinkkelch bis 1986 in Visselhövede aufbewahrt wurde n und je tzt, nac h Restaurierung, a ls Leihgabe an das Diöz. Museum in Hildeshe im ve rliehe n wurde n. Die Vorgänge um Pater Arno ldi sind in den Anlagen dargeste ll t.

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Mit Ende des 30jährigen Krieges endete für das Kirchspiel Visselhövede die unsiche re Zeit. Tm Westfälischen Frieden wurde das Stift Ve rden ein schwedisches Herzogtum, das Bistum Verden wurde aufgehoben. Nach einem Eroberungskriege fiel das Stift Verden für kurze Zeit an den Bischof von Osnabrück. Es kam eine Zeit schwerster Unterdrückung. 171 2 kam eine vorübergehende dänische Regierung, bis 17 19 das Herzogtum Ve rden an das Königreic h Ha nnover fiel, es kam 1866 an Preußen und 1946 zum Land Niedersach­sen.

Der ?jährige Krieg brachte nochmals schwere Zeiten für das Land . In dieser Zeit soll ein Visselhöveder Pastor nach Mißhandlungen durch französ. Truppen gestorben sein , jedoch gibt es ke ine Belege dafür. Und das erhaltene Verze ichnis der Pastoren läßt ebenfalls einen solchen Schluß nkht zu.

Bei einem großen Brand 1795 wurde der größte Teil des Fleckens Visselhövede zerstört, auch das Pfarrhaus und der Glockenturm. Die Kirche trug keinen größeren Schaden davon, da der Brand dort rechtzeitig gelöscht werden konnte.

Im Pfaffhaus verbrannte die umfangreiche Bibliothek des Pastors Pape, ebenfalls alle dort aufbewahrte n Urkunden. Ein Verzeichnjs dieser Unterlagen ist erhalte n geblieben, denn einige .Jahre vor de m Brand mußten von allen Pastoren ein „Tnve ntnrium des Corporis Bonorum, Ecclesiastic i zu Visselhövede" aufgestellt werden, welche die Geschichte, alle Liegenschaft, Besitz, Beschreibungen von Kirche und kirchl. Vorgiingen usw. enthält. Glücklicherweise wurde dies Buch nicht beim Brande zerstört, da es in einzelnen Punkten durc h die vorgesetzte Kirchenbehörde in Rotenburg bemängelt worden war und sich dort zur Überprüfung be fand . Heute wird das Original im Kirche narchiv Visselhövede aufbe­wahrt.

Weitere Ereignisse sind in anliegender Zeittafel enthalten.

Das Innere der Kirche

Das Entstehungsdatum der Deckengemälde im Altargewälbe ist unbekannt. ebenso die Namen der Künstler. Wahrscheinlich waren es Mönche aus der Umgebung. Die Gemälde dürften im Mittelalter angefertigt worden sein. In den Bildern wird Himmel und Hölle dargeste llt: auf der einen Seite der Zug der Verdammten. auf der anderen Seite der Einzug der Seligen in das himmli che Jerusalem. Ein weiteres Bild stellt Gottvater mit erhobener Schwurhand dar. Die übrigen Felder si nd mit Rankenornamenten verziert. Diese Dek­kengernälde wurden erst bei einer Renovierung 1920 unter einer sechs fachen Kalkschicht wiederentdeckt.

Der Al1ar stammt aus der Barockzeit (177 l) und ist von dem Bildhauer Meyer aus Verden angefertigt worden. Oben im Altaraufsatz sind die Gesetzestafeln dargestellt; auf der ei nen Tafel die ersten drei Gebote, auf der anderen die Gebote4 bis 10. Oberhalb dieser Gesetzestafeln ist das Wort Jahwe (HetT) in hebräischen Buchstaben zu lesen.

Der Orgelprospek1 ist wie der Altar in Weiß und Gold, die PHine stammen aus dem Jal1re 1779, das Herste llungsdatum der Orgel liegt aber wesentlich später. Das ursprüng liche Orgelwe rk wurde J 945 durc h einen Brand schwer beschädigt. Erneue11: Novembe r 1983.

Ein besonders wertvolles Stück ist die Kanzel. Sie wurde vom Küster Matthäi handge­schn itzt und 1641 der Kirche gesche nkt. Die Kanzel hat die Form e ines Sechseckes. In den geschnitzten Fächern sind Passion und Auferstehung Jesu sowie die Evangelisten Lukas und Johannes dargestell t.

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Abb. 72. Die St . .lolu11111is-Kirche: /11nenra11111. Blick -;.ur Orgel. Mil Ta11fs1ei11 (1mhrschei11I. 12. Jlult. ). Fo10: 199-1.

Ahb. 7 J. Teil des 1920 wil•derentdecklen Decke11xemiildes: Ei11z.11g der Seeligt'11 in das '11. Jemsalem. Foto: l 99R.

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Der Behälter für die Taufschale stammt aus dem 18. Jahrhunde rt. Es ist e in hölzerner Ständer, dessen dre i Fußformen in Voluten auslaufen. Der muschelförmige Decke l trägt als Bekrönung ei nen ornament verzierten Knauf. Die Farben sind, wie bei Altar und Orgel, weiß und gold.

Die Taufschale aus Kupfer zeigt das Lanun mit der S iegesfahne über der Schulte r; das Motiv stammt aus dem Neuen Testament: Christus ste llt Opferlamm und Sieger zugleich dar. Die Taufschale ist frühgotisch und stammt aus dem 14. Jahrhundert. Sie ist ein besonderes Kleinod der Kirche.

Ferner befindet sich in der Kirche ein Taufstein aus dem (wahrscheinlich) 12. Jahrhun­dert, der erst 1980 zur Kirche zurückgebracht wurde. nachdem er lange Jahre als Blumen­schale o.ä. zweckentfremdet verwendet worden war.

An der Nordsei te des Altarraumes, gegenüber den Fenstern, befindet sich - eingelassen in das Mauerwerk - ein Sakramentshäuschen. Hier wurden frühe r d ie Abendmahlsgeräte aufgewahrt. Die Tür des Sakramentshäuschens ist sehr kostbar und a lt: s ie zeigt gotische Figuren. Im Zuge der Renovierung wurden 1963 die schon verblaßten rarben wieder au fge fri scht.

Abb. 74. Die w1 einem der Stiif':pfei/er angebrachte So1111e1111'1r aus de111 Ja/Jre 1250. Unklar ist, ob l'S sich 11111 eine :.ur Kirche xehdrende So1111enuhr ha11de/1. oder ob sie :.11

einem anderen Zeitpunkt <mt:ebracht wurde (im !11ve11tariu111 1'0/1 1787 wird die So1111e1111hr iiherha11pt nicht eni·ä/1111 ). Foto: 1999.

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Ebenso an der Nordseite des Altarraumes führt eine Tür in das sog. Brauthaus. Brautpaare, denen früher de r Zugang zum Altar durch das Kirchenschiff ve rwehrt war, betraten die Kirchen durch diese „Brauttür". Heute dient der Raum nur noch a ls Unter­bringungsort für die Tafeln mit den Namen der Gefallenen 1939/45 . Auch wird dort die kleine, gesprungene Kirchenglocke (ca . 1798 gegossen, 1943 ges prungen) aufbewahrt.

Der hölzerne Glockenturm, l 742 zuerst urkundlich erwähnt - jedoch be re its 1704 in einem Plan dargestellt - wurde durch den Brand 1795 vernichtet und 1799 in seiner jetz igen Form freistehend neu aufgebaut. Die Gesamthöhe be trägt 23,37 m.

Die bis zum Zweiten Weltkrieg vorhandenen bronzenen Glocken wurden im Laufe der Kriegsjahre eingeschmolzen und durch S tahlglocken ersetzt. Diese wiedernm sind im Jahre 197 1 drei neuen Bron1.e-G locken gewichen.

Zeittafel

1801 Viehbestand der Pfo rre geschätzt auf 12 Stck. Hornvieh, 2 Pferde; Küstere i: 5 Hornvieh; Pf<11Tw itwe: 3 Hornvieh .

1802 zwei neue Glocken. 1804 Hebung e iner Nebenum lage :r.ur Bezahlung der Glocken. 1805 Pasto r Pape gesto rben. Nachfolger Pastor Sehlichthorst.

Das Pfarrwitwenhaus e rhä lt e inen Anbau und wird dann 25 Jahre von Wwe. Pupe bewohnt.

1806 Kaufmann Küper stift et Gardinen fü r die Beichtkammer. 1807 Das sog. Brauthaus wird wiede r he rgeste llt. 18 10 S tre it mit S lepegrell wegen des Glockenläutens.

Die Kirchenbücher müssen an die betr. Mairie abgeliefert werden. 18 12 Mädchen, die unehe liche Kinde r gebären, dürfen nicht mehr zu einer öffentlichen

Buße in der Kirche und zur Zah lung eines Bußlhalers gezwungen werden. 18 16 wird ein Spri t.t:enhaus auf dem Kirchhofe gebaut.

Ein Dachreiter auf der Kirche wird errichtet. 18 18 Herr von Schlepegrell in Buchholz bekommt die Erlaubnis, in seinem Garten für

seine Familie einen Begräbnispl atz anlegen zu dürfen, da Kirchenbestattungen nicht mehr erlaub! sind und auf dem Kirchhofe kein Platz vorhanden ist.

l 820 stirbt Pastor Sch 1 ichthorst. 182 1 Pastor Willemcr kommt nach Visselhövede. 1826 neue J uranten instrukl ion. 1830 Georg Wilhelm Goldmann wird Pastor in Visselhövede. 1832 Neue Glocke, in Rotenburg gegossen. 1833 Wwe. Sehlichthors t bewohnt das Pftmwitwenhaus. 1838 werden d ie Kirchenmeyer selbständige Besitzer ihrer Meierhöfe. 1844 Verbo t von Beerdigungen au l' dem allen Friedhof. 1846 Heelsene r Zehnte r wird abgelöst. 1848 S tre it der Bürgerschaft mi l der Kirche wegen der Gebühren und wegen des Folgens

des Geistlichen bei Beerdigungen. 1852 Einhe itliches Schema fü r dje Kirchenbücher. 1853 stirbt Pasto r Goldmann. 1854 kommt Pastor Wyncken nach Visselhövede.

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1859 Der Brunnen auf dem Pfarrhofe soll vertieft werden. 1862 Pfarrwitwenhaus verkauft. 1863 Kirchengemeinde gegen Pastor Wyneken wegen der Teufels-Entsagungsformel. 1864 Keine Kirchenjuranten mehr. 1866 Pastor Wyneken verläßt Visselhövede, Nachfolger Pastor Wolff.

Es soll eine Turmuhr, die die Viertelstunden schlägt, angeschafft werden. 1867 Anschaffung einer Turmuhr. Alte Uhr an den Schmied verkauft.

Der Kirchenvorstand beanstandet das Orgelspiel am Bußtag, ebenso den Gesang eines Verses nach dem Segen. Alle 14 Tage sonntags Abendmahl; wenn kein Abendmahl, dann Kinderlehre nach dem Gottesdienst.

1868 Disziplinaruntersuchung gegen Pastor Wolff. Lehmschlag unter den Stühlen in der Kirche repariert. Über der Turmuhrkammer soll ein Dach errichtet werden. Diffe renz mir v. Deylen von der Mühle wegen der Wiese und des Gehölzes der Pfarre, bei der Mühle. Ulumacher Röhrs iibernimmt die Reinigung usw. der Turmuhr.

1872 wird Pfarrwitwen- und Pfarrland an die Eisenbahn abgetreten. 1874 Wahl des ersten Standesbeamten.

Heinrich Brandes erhält 53 qm vom Kirchhof. Wegen der Verstaatlichung der Schulen weigert sich die Kirchengemeinde, die Kosten für die Schulvisitation zu tragen. Kirchenbücher verlieren ihren zivilrechtliche n Charakter.

1875 20 Quadraturen vom Kirchhofwerden an die neue Straße Bremen-Barrel abgetreten. Aufgebots- und Trauungsgebühren werden aufgehoben. Haustrauungen und Orgelspiel bei Trauungen müsen bezahlt werden.

1876 Vom Kirchhofe wird e in kleines Sliick zur He rstellung einer Wegekurve unentgeld­lich abgegeben.

1877 Vom Kirchenvorstand wird neue Bußtagsliturgie mit Orgelspiel beschlossen. Höhere Taufgebühren für uneheliche und zu friih geborene Kinder werden aufge­hoben. Bäume und Sträucher an der VisselqueJJe werden abgeschlagen, dafür werden Eschen gepflanzt.

1878 Helmkes Vormünder und Christian Köster haben unberechtigterweise auf dem Kirchhofgrundstück Obstbäume gepflanzt, der Magistrat hat ein Stau angelegt. Eiserne Kirchenpforte und Pfeiler aus Granit werden vor dem Kirchhofe ange­schafft (Nordseite).

1882 Vom Küstergarten werden 27 1h qm am Schu lgeb~iude abgetreten. 1884 Anbauer Röhrs erhält l'i.irden Neubau seines Hauses (früher Pfarrwitwentum) einen

kleinen Tei l, vom Pfarrgarten und vom Kirchhof abgetreten. 1885 Die Schulen unterstehen nicht mehr dem Konsistorium. sondern der Regierung. 1865- 1884 Organist Tomforde. 1884-1903 Organist Buerfeind. 1885 Auf Befehl der Polizei wird die Kirchhofsmauer erneuen.

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Der Vorbau an der Westseite der Kirche soll e rneuen werden. Die Visselquelle (Dubben) wird ausgegraben.

Die Glockenläuteeinrichtung wird verbessert. Röhrs darf sein Wasser aus dem Keller und Dachrinne in die Vissel (durch eine Röhre) einleiten.

1887 Viele Bürger lassen Ffarr- und Küsterpllichten ablösen. 1889 Ein Teil des Kirchhofes wird der Schule als Spielplatz überlassen. L 890 stirbt Pastor Wolff.

Bisher Taufen im Pfarrhause, jetzt auch in der Kirche. Errichtung einer Bedürfnisanstalt (neben dem Spritzenhause).

1891 Pastor Steinberg als Nachfolger Wolffs. Anscheinend erstes Missionsfcst in Visselhövede, von ca. 2000 Menschen besucht, im Schützenholze.

1893 Vom Kirchhofe 16 qm für Arrestlokal abgetreten. 1898 und 1909 Neuregelung des Die nsteinkommens der Geistlichen. 1899 Neue Turmuhr, von Uhrmachem1eister Röhrs eingebaut. 1905 stirbt Pastor Steinberg, Pastor Visbeck wird sein Nachfolger. 1913 Orgel renoviert und ergänzt. 19 14 Umbau der Kirche geplant, aber nicht ausgeführt. 1917 Orgelprospekrpfeifen abgeliefert. 1920 werden in der Kirche alte Deckengemälde freigelegt. 1922 Neue Orgel. vor 1924 Pastor coll. Johannes Georg Rudolf Flügge. 1925 Glocke von 1802 gerissen. 1926 Glocke von 1802 umgegossen: Inschri ft: Pastor Visbeck, Organist Hasenbein.

M eyer, Pra lle, Rosebrock, Gebers, Wachtmann, Hüner. Pfarrkollaborator Schulze.

vor 1930 Pastor coll. Heinrich Julius Hermann Seebo. 1930 Pastor Visbeck tritt i_n den Ruhestand. bis 193 1 Pastor coll. Johann Janssen. dann Nachfolger von Pastor Visbeck. 1937 Beseitigung des Dachreiters. 1940 Fragebogen zur Erlassung der Kirchenglocken. 1945 Kriegsende, Beschädigungen an der Kirche. ab 1945 Ei ngliederung von Flüchtlingen und Vertriebenen in das Vis~elhöveder Kirchen­

leben. 195 Organist Hasenbein geht ab, Nachfolgerin Irmela Gerhard. 1952 wird 2. Pfarrstelle ei nge1ichtet und Pastor Pfeiffer übertragen.

Orgel renoviert. 1954 Organistin lrmela Gerhard geht ab, Nachfolgerin Hanna Fischer. 1955 stirbt Pastor Pl'eiffer. Pastor Re ineke wird sein Nachfolger. 1957 Kirchendach über dem Westflügel renoviert und ebenfalls das Dach auf dem

Ostende der Nordseite. l 958 Die kleinen Priechen an der Südseite der Kirche werden abmontiert (Schlepegrell).

dafür wird ein neues Fenster eingebaut. Umwandlung des sog. Brauthauses in eine Gedächtnishalite für die Gefallenen und Vermißten des Krieges 1939- J 945.

1960 Neuanlage des Vissclquellenteiches, Fällung der morschen Bäume und Neuan­pflanzungen.

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Abb. 75. Aufnahme des Visselteicltes neben der Kirche. Foto: 1996.

1966/67 Abbruch de~ Paslorenhauses und Konfinnandensaal. 1970 Pa~tor Janßen tritt in den Ruhestand. 197 1 Die nach dem Kriege neu angeschafften Kirchenglocken aus Stahl waren brüchig

geworden und werden durch 3 Bt'Onzcglocken ersetzt. 1976, 18. 12. Einwei hung des neuen Gemeindehauses mit Pastorenwohnungen. 1978 Pastor Pohlmann (2. Pastor. neben Pastorin Pielke) wird nach Osnabrück versetzt.

War 7 Jahre in Vis~el hövede tätig. 1980 Pastorin Piefke '>tirbl im Alter von 43 Jahren. Sie war als Nachfolgerin von Pa~tor

Janßen ab 1965 in Visselhövede tätig. 1980 Das lange Zeit umfunktionierte Taufbecken kehrt in die Visselhöveder Kirche

zurück. 1980 Die Kirche muß geschl ossen werden, die Gollesdienste werden im Gemeindehaus

abgehalten. Es droht Einsturzgefahr. 198 1 Es beginnen die Renovierungsarbeiten an der Kirche. 1982 Neuer Schaden wird an einem Balken festgcstel lt, der das gerade erneuerte Dach

trägt. Die Bauarbeiten werden verzögert. 1983 Es werden wieder Gottesdienste in der Kirche abgehalten. 1983 Neue Orgel wird eingebaut, die alte pneumatische Orgel war 1980 abgebrochen

worden. Oie Arbeiten an der Außenfront der Kirche gehen weiter, der Gottesdienst wird dafü r nicht unterbrochen.

1984 Die Restaurierungsarbeiten am Chorraum gehen weiter, Pfeiler werden erneuert. 1992 Abermals Beschädigungen an den Stützpfeilern der Kirche, die erforderlichen

Reparaturen werden durchgeführt. 1993 Die Erweiterung des evangel. Kindergartens ist abgeschlossen. 1997 Umbau im Kircheninnern, Einbau einer Toilette.

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Die Visse/11äveder Pastort>11 ( 1998/ 1999): R o h 1 a n d, Falk (wird am 1. Juni 1999 in den Ruhestand versetzt). Th o m, Jörg-Peter (auch fU r Kapelle Willorf zuständig). W a tj c s, Wol fgang.

Die Diakone: W a h 1 e r s, Claus und W c i ß, Diclcr.

Anlage :11 VIII. b.: Die St. Johanni!>- Ki rche 1u Visselhövede

Zu den Vorgängen um Pater Amoldi und dessen Ermordu~g 163.1 erschien. in dem H.cft Nr. 2/Jhg. 1986 der Zeit~chri ft „Zwischen Elbe und Weser· ' cm Ar!tkel von Dieter Bros1us über den P1iesterm ord im Patcrbusch. der wohl die damaligen Ereignisse am GenauC).lcn darstell t. Abbildungen der Em1ordung und der Reliquien sind abgebildet unter Anlage 6 zu II . „Visselhövede im Spätmi ttelalter und in der frühen Neuzci1".

,,Zwei Kilometer westlich von Visselhövede, wo die Landstraße nach Verden von der Kreisstraße zwischen Nindorf und Kellcnburg gekreuzt wird. liegt eine kleine Häusergrup­pe, die als „Palerbusch" bezeichnet wird . Sie hat diesen Namen von einem Gehölz aus Hainbuchen, Ginster und Wacholder. das sich hier bis zum Bau der Bremen-Uelzener Eisenbahn um 1870 beiderseits der Straße erstreckte. Mit dem Paterbusch verbindet sich ein historisches Ereignis, das mehr als 350 Jahre zurückliegt: die Ermordung des Jcsui­tenpaters Johannes Arnoldi durch Bauern aus Visselhövede oder aus .den benac~barten, zum Kirchspiel gehörigen Dörfern . Der Vorgang selbst ist durch verschiedene Schtld~r~ n­oen out bezeugt; seine Hintergründe bleiben jedoch im Dunkel. Jn der lokalen Trad1t1on ~mgfbt den Patermord deshalb immer noch ein Schauer des Geheimn isvollen und Zwie­lichtigen. .

Es war in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Nach seinem Sieg über die Dänen bei Lutter am Barenberg 1626 halle GrafTilly mit den Truppen der katholischen Liga fast den aesamten niedersächsischen Raum und auch das Stift Verden und das Erzsti ft Bremen besetzt. In beiden Territorien hatte sich die lutherische Reformation in den Jahren zwischen 1560 und 1580 endgültig durchgesetzt. Tilly wollte nun die Niederlage der Pro1estantcn ausnutzen um das Rad zurückzudrehen und die Bevölkerung Nordwestdeutschlands zum alten Glauben zurückzuführen. Er stützte sich dabei vor allem au f den Orden der Jesuiten. In Stade, Lüneburg und Verden wollte er ihnen Niederlassungen als Ausgangspunkte der Gegenreformation erTichten und von dort aus die Mission im ganzen Land in An~:iff nehmen lassen. Zu diesen jesuitischen Geistlichen, die durchweg ortsfremd waren, geh orte auch Johannes Arnoldi . Geboren 1596 im westfälischen Warburg, war er nach dem Studium in Paderborn 1617 der Gese llschaft Jesu, dem 1534 von lgnatius von Loyola oegründeten Stoßtrupp gegen das Luthertum, beigetseten. Nach der Ausbi ldung in Fulda ~·beitete Arnoldi in verschiedenen Missionsstationen und Diaspora-Gemeinden in Baden, am Niederrhein und in Westfalen. 1629 wurde er an die Niederlassung in Verden berufen.

Dort waren der Arbeit der Jesuiten bisher keine großen Erfolge beschieden gewesen. Die Bevölkerung hielt beharrlich an der lutherischen Konfession fest. Da schuf das vom Kaiser am 6. März 1629 erlassene Restitutionsedikt eine neue Lage. Es besagte, daß alle nach dem Passauer Vertrag von 1552 säkularisierten oder reformierten Bistümer und Klöster der katholischen Kirche zurückgegeben werden sollten. Davon waren auch die Stifte Bremen und Verden betroffen. Dort griffen die Kaiserlichen jetzt hart durch. Der

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Bischof von Os nabrück wurde auch auf den Verdener S tuhl berufen und betrieb die Rekatholisie rung nun mü Nachdruck. Am 7. Mai 1630 setzte er alle protestantischen Pfarrer ab. Verdener Jesuiten traten an ihre Stelle. Johannes Arnoldi übernahm die drei Pfarren in Visselhövede, Neuenkirchen und Schneverdingen. Dennoch machte die Gegen­re formation im gesamten Stift Ve rden nur geringe Fortschritte . Das hing gewiß auch mit dem Eingre ifen König Gustav Adolfs von Schweden in den Krieg zusammen, der im Juni 1630 deutschen Boden betrat. Se ine militärischen Siege machten den Protestanten wieder Mut und bestärkten sie im Widerstand gegen den katholischen Landesherrn. Als der Bischof im Sommer 163 1 e ine Generalvisitation in allen Pfarren abhalten ließ, da wurde die Widersetzlichkeit der Bauern aktenkundig. Nach dem Grundsatz „Cuius regio, eius relig io" harte der Bischof das Recht, die Konfession seiner Untertanen zu bestimmen. Er ließ wegen Ungehorsams hohe Strafen verhängen. Das Kirchspiel Visselhövede sollte 160 Reichstaler bezahlen, legte dagegen abe r Widerspruch e in.

Mit dem Näherrücken der Schweden wurde die Lage für die Jesuiten immer schwie ri ­ger. Einige zogen es vor, das Land zu verlassen. Johannes Arnoldi gehörte zu denen, die zunächst noch ausharrten, obwohl er in den ihm anbefohlenen Gemeinden auf wenig Gegenliebe gestoßen zu sein sche in t. Bereits 1630 soll e inmal auf ihn geschossen worden sein; die Kugel traf aber nur seinen Huc, er selbst blieb unverletLt. Am 9. November 163 1 hie lt er zum letzenmal die Messe in Visselhövede und machte sich danach mit seinem Wagen. den ein Kutscher führte, auf den Weg nach Verden. Die silbernen Meßgerätschaf­ten nahm er mit sich. Das deutet darauf hin, daß er nun ebenfalls an Flucht dachte. Weit kam e r nicht. Am Paterbusch wurde e r von einigen Baue rn angehalten. Sie zogen ihn vom Wagen, schlugen ihn mit e iner Axt ode r einer Keule nieder und banden ihn an einen Baum. Schließlich schnitt ihm e ine r der Täte r mit einem Messer d ie Kehle durch; er soll dabei hämisch gerufen haben: ,.Gehe je tzt und sprich, wean du kannst, we iter de in Dominus vobiscum !" Die Be richte über das Geschehen, übrigens ausschließlich von katholische r Seite, we ichen in Eü1zelhe iten vone inander ab, stimmen in den Grundzügen aber völlig übere in .

Ungeklärt sind die Motive der Mörder. Trieb sie religiöser Eifer zu ihrer Tat, der Haß au f den Andersgläubigen, der sie notfa lls mit Gewalt wieder zu Katholiken machen wollte? War es der Zorn über die verhängte Geldbuße oder die Furcht, der Pater werde in Verden militärische Unterstützung gegen die störrische und renitellle Gemeinde erbillen? Oder handelte es sich um e inen gewöhnlichen Raubmord? Die S ilbergeräte sollen nämlich von den Tätern verkauft worden J..ci n, und sie härten s ich sogar, wie es he ißt, ihre r Beute gerühmt. Daß der seit 16 12 in Visselhövede amtierende, 1630 vom Bischof abgesetzte luthe rische Pfarrer Johann Müller der Anstifter gewesen sei, wie in e inem Tatbericht vermutet wird, ist unhewiesen und auch wenig glaubhaft. Die wi rTen Kriegszeiten und wohl auch das Übergewicht der Protestanten in den fo lgenden Jahren haben offenbar verhindert. daß den Mördern der Prozeß gemacht wurde; sie scheinen unbehe ll igt geblieben zu sein.

Die Leiche Amoldis ließ der Rotenhurger Drost nach Visselhövede schaffen, wo sie in der Kirche beigesetzt wurde. Die genaue S telle ist nicht bekannt. In die Kirche wurden auch die 1.um Teil zerrissenen und blutgetränkten Kleidungsstücke des Toten gebracht. von denen heute nur noch Reste vorhanden sind. Gut erhalten hat sich das seidene, kunstvoll bestickte Meßgewand, seit alters her a ls „Paterkleid„ bezeichnet. Bis 1906 lag es in dem spätmittelalte rlichen Sakramentsschrein in der Kirche und wird seitdem 1111

Pfa rrhaus aufbewahrt.

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Johannes Arnoldi war nur eines von unzähligen Opfern, die der große Konfessionskrieg in Deutschland gefordert hat. Se in geistliche r Stand und die Umstände seines Todes haben dafür gesorgt, daß die Erinnerung an ihn nicht untergegangen ist. Der Jesuitenorden hat ihn längst in die Schar seiner Märtyre r e ingere iht, und an seiner letzten Wirkungsstätte zählt man den Mord im Pate rbusch, an dem sich konfessione lle Erregung heule gottlob kaum noch entzünden kann , zu den markantesten Geschehnissen aus der heimatlichen Vergangenheit." Zusätzlich zu dem Artikel ist zu bemerken:

1986 wurde das sog. Patergewand für 20 Jahre als Dauerleihgabe an das Diözesanmu­seum in Hildesheim verliehen. nachdem es fachgerecht restauriert worden war. Desgl. auch die Cappa und der Kelch.

Literatur: Johannel> Metzeler S.J . „Johannes Arnoldi - Blutzeuge der norddeutschen Diaspora",

Paderborn, 1931.

Gemeinschaftsbewegung Von Hans-Werner Hug

Bere its in vie len Te ilen Deutschlands vertreten, abe r auch in Öste rre ich, de r Schweiz und in Holland, fand die Gemeinscha ft sbewegung etwa 1900 Eingang ins Hannoversche. (Gründung des Hannoverschen Verbandes landeskirchl. Gemeinschaften im Jahr 1906 als gemeinnütziger Verein.) Entstanden ist sie aus den Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts, denen es das entscheidende An liegen war, daß der Glaube an Jesus Christus nicht im Kopf steckenbleibt, sondern das Leben in allen Bereichen prägen darf. Aber nicht die moralische Forderung steht im Vordergrund, sondern die Vergebung Jesu, die jeder Mensch pe rsönlich annehmen muß.

Mit diesem Anliegen und der Auffassung, daß der (als Kind) getaufte Mensch nicht alle in durch die Taufe zum Christen wird. sondern durch die persönl iche Entscheidung zu Jesus. a lso durch d ie A nnahme dessen, was in der Taufe und im Abendmahl Lu gesagt wird, war und ist die Landeskirchliche Gemeinschaft nicht selten Unruhestifter in der Volkskir­che gewesen. Damit zusammenhängend war es immer ihr Anliegen, Menschen zu einem (Neu-)Anfa ng im G lauben mit Jesus Christus zu bewegen, was u.a. dadurch geschah, daß vie le Evangelisationsblätter verte ilt und E vange lisationen veransta ltet wurden oder zum Volksmissionsfest nach Riepholm e inge laden wurde.

Während des e rsten Weltkrieges betraute der Verband Prediger Warm, e inen nicht mehr kriegsverwendungsfähigen Unteroffizier. mit der Aufgabe, die in einzelnen Kreisen sich sammelnden Gemeinschaftsgeschwister im Bezirk Visselhövede LU sammeln und zu betreuen. So begegnete er dem Bauer Friedrich Eimer , Riepholm, der durch die Kriegser­lebnisse angestoßen zum lebendigen Glauben fand und begann u.a. mit ihm die Gemein­schaftsarbe it in Visselhövede zu organis ie ren. Daran wird deutlich, daß Gemeinschaftsar­beit zu e inem großen Te il immer auch stark von ehrenamtlichen Mitarbe itern getragen wurde und bis heule wird.

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Seit jener Zeit ::. ind viele Prediger in Visselhövede gewesen, um Bibelstunden n 1 halten und die Mitarbeiter zu betreuen. Prediger Warm folgte für ein halbes Jahr dem Missionar Samuel Weißer. dann Friedrich Kasting (4 J). Karl Jaschko (7 J), Gustav Graßmann ( 15 J von 5 Jahren Militärdienst unterbrochen bjs 1950), Otto Henning ( 13 J ), Paul Paasch (9 J), Adolf Frer-. ( 11 J ). Gerhard Ucesch (3 J). Robert Koch (6 J) und seit l 993 Hans-Werner Hug mit Familie.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm der in Riepholm eingehei ratcte Bauer Ernst Winter den Vorsitz der Gemeinschafl im Bezirk Visselhövede und b lieb dies bi '> ins Jahr 1988. Im Ort Visselhövede selbst blieb er bis 1994 Vorsitzender. Sein Nachfolger war l lorst Wallner, Soltau. l lcute ist für den Bezirk Frank G. Breßgou, Soltau Vorsit1ender, für den Ort Vi~selhövede ist l lcrmann Eimer, Battenbrock sein Nachfolger geworden.

lntcrcssierte fanden und finden keine Fre ikirche oder gar Sekte vor, sondern eine eng mit der St. Johannis Kirchengemeinde verzahnte Gemeinschaft, deren Mitg lieder i.d .R. auch Mitglieder der Kirchengemeinde sind und nach ihren Krä ften sich auc h dort e inbrin­gen. So ist die Gemeinschaftsarbe it in Niedersachsen bewußt e ine Bewegung innerhalb der Landeskirche geblieben und wi ll dies auch bleiben. In Visselhövede kam dies u.a. auch dadurch 1u111 Ausdruck, daß sie anfänglich in kirchlichen Riiume n und erst später in der Burgstraße und seit 1971 im ehemaligen Küster- und Kantorenhaus (Ecke Siider-Schä­ferstr.) in eigenen R~iumcn ihre /.Usätzlichen Bibelstunden vcranstalt<.:l.

Literatur: Ernst Rolffs „Evangelische Kirchenkunde Niedersachsens", Göttingen 1938. A.M. Bickel „Der Emigrant"' , Route 1, Napoleon/Ohio, 1987. Gustav Winncr „Es gill ein frei Geständnis ... Gemeinschaftsbewegung". 1956

Abb. 76. Ehem. Kii.\ter/uws Ecke Siiderstraße/Schiiferstraße. fleweji11det sich in dem Gebäude die Gemei11schaftsbeweg1t11g ;:.usam111e11. Foto: 1990.

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Werden und Sein der katholischen Kirche in Visselhövede Von Pfarre r Siegmund Bulla

Der Blick in die Vergangenheit

Bevor man Visselhövede in Richtung Walsrode verläßt, passiert man linke r Hand, kurz vor der Bahnunterführung die Katholische He rz-Jesu-Kfrc he.

Sie ist e iner der beiden Sammelpunkte fUr rund 1400 Katholiken, dje in 26 Dörfern verstreut in einem rund 300 Quadratkilometer umfassende n Gebiet wohnen.

Visselliövede ist für die Katho liken von besonderer historischer Bedeutung. Als die Reformation sich endgültig durchsetzte, e rlosch das katholische Leben dieser Region zu allerletzt in Visselhövede. Hier wirkte näm lich der letzte katholische Vertreter, Pasto r Johannes Amoldi . Er verlo r in den Re ligionswiITen, am 9. November 163 1, im sogenann ­ten Paterbusch bei Visselhövede-Nindorf sein Leben. Ein Gedenkste in an der katholischen Kirche erinnert an sein Wirken. Und es war wiederum Visselhövede, in dem der katholi­sche Glaube dieser Gegend neu erwachte.

Im Jahre 1852 begegnete Freiherr Kuno von der Kettenburg in M ajnz dem Soz ialbischof von Ketteler. Dieser Kontakt führte dazu, daß der Baron und seine Familie katholisch wurden. So kam im Jahre 1867, rund 235 Jahre nach dem Tode Pater Arnoldis, wieder e in katholischer Priester in diese Gegend. lm Jahre 1878 wurde sogar eine eigene Schloßka­pelle gebaut. Damit entstand eine der ganz wenigen katholischen Enklaven im Gebiet der Lüneburger Heide.

Die Katho liken blieben eine verschwindend kleine Minderheit. De nnoch wurde im Jahre 1935 die Gemeinde (Pfarrkuratie) Kettenburg-Visselhövede-Rotenburg gegründet. Sitz des Pastors blie b Schloß Kettenburg, und er belreute von hier 120 Ortschaften, in denen aber nur 600 Gläubige wohnte n.

Während der Zeit des Nationalsozialismus kam unfreiwillig ein zweiter Prieste r, Domkapitular Clemens Eche lmeyer aus Münster, nach Visselhövede. Echelmeyer wurde im Jahre l 941 von der Gestapo verhaftet und nach Visselhövede verbracht, das ihm als Zwangsaufenthalt zugewiesen wurde. Man wollte damit seinen Wirkungskre is beschnei­den.

Die Zahl der Katho liken wuchs besonders durch den Zustrom von Saai·deutsche n, vielen Volksdeutschen und von Katholiken, die beim Militär djenten.

Sowohl in Ro tenburg wie in Visselhövede wurden zwei feste Gottesdiensträume eingerichtet. Im J ahrc 1939 lebten in de m Seelsorgbezirk etwa 4000 Katholike n.Und diese Zahl stieg dann noch e inmal sprunghaft aufgrund der Kriegsfolgen. Das machte eine Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse nötig . Rotenburg wurde zur Pfarrgemeinde ernannt, Visselhövede zu dere n Filialgemeinde. Nach dieser Umgliederung betrug die Zahl der Gemeinde mitglieder in Visselhövede etwa 300 und in den umliegenden Ortschaften noch einmal 150. In der Lindenstraße entstand in einer ehemaligen Werkstatt e ine kle ine Notkirche, in der 20 Jahre lang Gottesdienste gefeiert wurden. da dje Sch loßkirche Kettenburg 1960 abgebrochen worden war. Auch in Walsrode und in Bomlitz mit all den

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Abb. 77. inneres der Katholischen Kirche in der Lindenstraße. Foto: Um 1960.

umliegenden Ortschaften stieg die Zahl der Katholiken an. Deshalb wurde im Jahre l 961 die wohl wichtigste Änderung beschlossen, die bis heute gilt: Mit Wirkung von 1. April 1961 schieden die Katholiken von Visselhövede und Umgebung aus der Kirchengemeinde Rotenburg aus. Die Katholiken aus Bomlitz und Umgebung wurden von Walsrode abgetrennt. Gemeinsam bildeten sie e ine eigene Gemeinde genannt Bomlitz-Bene­feld/Visselhövede. Der Wohnsitz des Pfarrers wurde von Visselhövede nach Bcnefcld verlegt. Die neue Kirchengemeinde umfaßt die politischen Gemeinden Bomlitz mit Benefeld und Visselhövede sowie alle dazugehörenden Ortschaften.

ln Benefeld gab es g leichfalls nur einen provisorischen Kape llenbau: e ine Holzbaracke, in der seit 1945 Gottesdienst gefeiert wurde. Die Gläubigen benötigten eine würdige Kirche, die dann tatsächlich auch in Benefeld gebaut und am 14. Ma i 1961 geweiht wurde. Jetzt gingen a lle Bemühungen dahin, ebenfalls in Visselhövede e ine Kirche zu bauen. Am 2J. Mai J 966 konnte unter großer Beteiligung der Gemeinde das Kirchenzentrum m Visselhövede geweiht werden.

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Abb. 78. Gesamtansicht der Ka1holischen Kirche in der Süderstra.ße. Mit Kirchturm und (rechts) Hausmeisiern1ohnung, 1999.

Abb. 79. Innenansicht der Katholischen Kirche, Foto von 1998.

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Die Gemeinde BomJitz-Benefeld/Visselhövede heute

Jeden Samstagabend kommen in Visselhövede e twa 80 und an jedem Sonntagmorgen in Benefeld etwa 110 Katholiken zusammen, um ihren Sonntagsgottesdienst zu feiern.

Ihr Seelsorger ist Pfarrer Siegmund Bulla, der allerdings in Walsrode wohnt und auch für die Gemeinde dort zuständig ist.

Das Gemeindele ben ist sehr rege. Neben einem Kirchenchor gibt es ei nen Singkreis und eine Bläsergru ppe. Fasching und Gemeindefeste haben ihren festen Ablauf innerhalb eines Jahres.

Um das ökumen ische Miteinander ist die katholische Minderheit sehr bemüht, es gibt inzwischen etliche Wege miteinander, d ie sich unkompliziert gestalten.

Die Gemeinde ist wohl zu Recht stolz auf ihre Visselhöveder Kirche. Der Raum vor der Kirche wird durch das Pfarrheim und den freistehenden Glockenturm zu eine m schönen. ruhigen Platz gestalte t. Er lädt e in vor dem Eintritt ins Gotteshaus alle Unruhe und Hast hinter sic h zu lassen.

Öffnet man die Kirchentür und geht hinein, so e mpfä ngt ein Raum, de r durc h seine markante Holzdecke und die weißen W~inde eine unpathetische Frömmigkeit reflekti ert. Der Grundriß des Gotteshauses ist e inem Kreuz nachgebi Idee. Im Schni llpu nkt von Längs­und Querbalke n steht der Altar als baulicher und liturgischer Mittelpunkt. Es ist ein schlichter Block aus dunklem Schiefer. Über de m Altar hängt ein Kreuz des Künstlers Egi no Weinert. Die Kre uzbalken si nd a n den Außenenden geschmückt mit Emailarbeiten, welche die Ve rherrlichung Christi verkünde n.

Der Tabernakel befindet sich im linken Querschiff. Es ist ein Werk des Goldschmieds Polder aus Kevelaer am Niederrhein . Seit 1997 steht hier auch die neu restaurierte Statue des Apostels Judas Thaddäus.

Das rechte Querschiff beherbergt die Sakristei und darüber die Orgelempore. Die Pfeifenorgel ii.t für die Gemeinde etwas ganz besonderes. Sie wurde von dem hochge­schätzten, zu früh verstorbenen Pfarrer Johannes Schl ingennann und etlic hen Männern aus der Gemeinde eigenhändig gebaut und am 16. 9. 1995 feierlich geweiht. Fachleute rühmen ihre Klangentfaltung a ls außerordentl ich. Hinzu kommt die ungewöhn lich gute Akustik in der Kirc he, so daß man von e iner gelungenen Einheit sprechen darf.

In der Nische, links vom Eingang, ~ teht der Taufbrunnen. Die Nische rechts schmückt die Kopie einer Madonna.

Im Jahr 1997 wurde die Kirche ehrenamtlich in viele n Arbeitsstunden renoviert und zeugt so von der Zuneigung der Gläubigen zu ihrem Gotteshaus.

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Gotteshaus in der Süderstraße 38 Von Ludwig Marquard

Die Neuapostolische Kirc he, Gemeinde Visselhövede, bezog 1985 ihre im schlichten Stil gebaute Kirche, die PlatL für ca. 75 Besuc her bietet.

Am 17. Februar 1985 wurde der Neubau im Rahmen eines Festgonesdienstc~ durch Bischof Nerre aus Hamburg im Beisein von vielen geladenen Gäste n e ingeweiht.

Ro llstuhlgerechter Eingang. Kopfhörer für Hörbehinderte, e in Mehrzweckraum und Sakriste i sind neben dem Kirc henraum vorhanden. Zur Straße hin ist das Grundstück als Ziergarten angelegt, der rückwärtige Tei l wird als Parkplatz genutzt.

Abh. RO. Das Gollesluws in der Süderstraße. !11if11ahme von 1998.

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Oie Gemeinde entstand durch Zuzug neuapostol ischer Christen nach dem Zweiten Weltkrieg. Erste Gottesdienste fanden im April 1945 in gemie teten Räumen statt. Heute 1ähltdie Gemeinde 50 Seelen. Gemeindevorsteher ist Ludwig Marquard aus Visselhövede. Er trägt das Evangelistenamt und hat für die Betreuung der Gemeinde einen Priester und e inen Diakonen an seiner Seite. Gottesdienste finden sonnHiglich um 9.30 Uhr und mittwochs um 19.30 Uhr statt.

Die seelsorgerischen und organisatorischen Aufgaben in der Gemeinde werden ehren­amtlich erfüllt. Alle kirchl ichen Handlungen und Segnungen, z. B. Taufen, Trauungen oder Beerdigungen werden unentgeltlich ausgeführt.

Die neuapostolische Kirche ist eine christliche Glaubensgemeinschaft, die im 19.Jahr­hundert entstand. Sie fi nan;:iert sich aus freiwilligen Opfergeldern und Spenden ihrer Mitglieder. In den Ländern der Bundesrepublik Deutschland besteht sie als Körperschaft de!) öffentlichen Rechts. Welt weit gehören ihr fas t zehn Millionen Mitglieder aus allen Alte rsgruppen und sozialen Schichten an.

Mille lpunkt der Neuaposto lischen Kirche ist Jesus Christus. „Jesus Christus gestern und heule und derselbe auch in Ewigkeit." (Hebr. 13, 8) Das zentrale Glaubensziel der neuapostolischen Christen ist die verheißene Wieder­

kunft Christi. Die Kirche wird wie in der urchristlichen Zeit von Aposteln geleitet. Si e handeln nach

dem Sendungsauftrag Jesu gemäß Matthäus 28, 19 und 20: „Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende."

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