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1 23 Grundwasser Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie in der Deutschen Geologischen Gesellschaft - Geologische Vereinigung (FH-DGGV) ISSN 1430-483X Grundwasser DOI 10.1007/s00767-016-0339-7 Identifizierung der Eintragsquellen von Antibiotika in das Grundwasser viehstarker Regionen Stephan Hannappel, Claudia Köpp, Sebastian Zühlke, Frederike Balzer & Dietrich Schulz

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GrundwasserZeitschrift der FachsektionHydrogeologie in der DeutschenGeologischen Gesellschaft -Geologische Vereinigung (FH-DGGV) ISSN 1430-483X GrundwasserDOI 10.1007/s00767-016-0339-7

Identifizierung der Eintragsquellen vonAntibiotika in das Grundwasser viehstarkerRegionen

Stephan Hannappel, Claudia Köpp,Sebastian Zühlke, Frederike Balzer &Dietrich Schulz

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FACHBEITRAG

DOI 10.1007/s00767-016-0339-7Grundwasser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie

Identifizierung der Eintragsquellen von Antibiotika in dasGrundwasser viehstarker Regionen

Stephan Hannappel1 · Claudia Köpp1 · Sebastian Zühlke3 · Frederike Balzer2 · Dietrich Schulz2

Eingegangen: 4. Dezember 2015© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

Zusammenfassung In den letzten Jahren wurden An-tibiotika aus der Gruppe der Sulfonamide vereinzelt imoberflächennahen Grundwasser an Standorten mit erhöhterViehbesatzdichte gefunden. Da einige dieser Wirkstoffein der Tier- und Humanmedizin eingesetzt werden, kannder Eintrag über organische Wirtschaftsdünger (Gülle/Gärreste) oder über häusliches Abwasser erfolgen. Mitzusätzlichen temporären Grundwassermessstellen, Befra-gungen der Landwirte und der chemischen Analytik vonGrundwasser, Gülle, Gärresten sowie Abwasser von Klein-kläranlagen wurde eine zeitlich und räumlich intensivierteUntersuchung durchgeführt. Für Sulfadimidin und Sulfa-diazin konnte an den meisten Standorten der eindeutigeNachweis erbracht werden, dass der Eintrag über Wirt-schaftsdünger, vorwiegend Gülle, erfolgt. Die Konzentra-tionen lagen deutlich unter 100 ng/l (GrenzwertvorschlagUmweltbundesamt für Arzneimittel). Sulfamethoxazol tratin zwei Grundwasserproben in z. T. sehr hohen (>100 ng/l)und stark schwankenden Konzentrationen auf. Es wurdewie sein humaner Hauptmetabolit wiederholt in Abwas-serproben benachbarter häuslicher Kleinkläranlagen gefun-den. Diese Anlagen emittieren lokal in das oberflächennaheGrundwasser und liegen hydraulisch im unmittelbaren Zu-

� Stephan [email protected]

1 HYDOR Consult GmbH, Am Borsigturm 40, 13507 Berlin,Deutschland

2 Umweltbundesamt, Wörlitzer Platz 1, 06844 Dessau-Roßlau,Deutschland

3 Institut für Umweltforschung (INFU) der Fakultät für Chemieund Chemische Biologie, Technische Universität Dortmund,Otto-Hahn-Str. 6, 44227 Dortmund, Deutschland

strom zu den Grundwassermessstellen. Dort wurde auchder Humanabwassertracer Acesulfam-K nachgewiesen.

Identification of antibiotic input sources intogroundwater under areas with high livestockdensities

Abstract Only few sulfonamide antibiotics were detectedin near-surface groundwater in areas with a high stock-ing rate in northwestern Germany. Intensive sampling witha high resolution in time and space was applied in order toilluminate the findings. As some pharmaceuticals can beof both human and animal origin, they may enter the envi-ronment via application of manure/digestate to arable landor via domestic waste water. In addition to existing moni-toring wells, non-permanent wells were sampled to obtaininformation regarding pathways into the ground water. In-terviews with farmers and chemical analyses show that ap-plication of manure leads to low concentrations (<100 ng/l)of Sulfadimidin and Sulfadiazin in most of the investi-gated samples. Sulfamethoxazol was found above 100 ng/land likely originated from sewage of nearby small scalewastewater treatment plants. Sulfamethoxazole and its mainmetabolite could be detected within the plants; additionally,the sewage tracer acesulfam-K was detected in the ground-water.

Keywords Antibiotic High livestock density

Einleitung

Die Abgabemengen antibiotisch wirksamer Tierarzneimit-tel (TAM) in der intensiven Landwirtschaft sind aktuell

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S. Hannappel et al.

in Deutschland – trotz eines Rückgangs um etwa 27%von 2011 bis 2014 (BVL 2015) – immer noch hoch.2014 wurden nach offiziellen Angaben des Bundesamtesfür Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL2015) 1238 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben.Diese Verbrauchsmengen sind wegen möglicher Resis-tenzbildungen und nicht abschätzbarer ökotoxikologischerWirkungen auf terrestrische und aquatische Nichtzielor-ganismen (Kyungho Choi et al. 2012; Balzer und Schulz2015) kritisch zu werten.

Die Auswirkungen des Einsatzes dieser großen Mengenvon TAM-Einzelwirkstoffen auf die in der aquatischen Um-welt lebende Flora und Fauna sowie auf den Menschensind bisher nicht umfassend untersucht. Aktuelle Ergebnis-se dokumentieren den Nachweis von TAM in organischemDünger wie Gärresten und Gülle (Harms 2006; LfL 2006;Ratsak et al. 2013) aber auch für Boden (Hamscher et al.2005) und die ungesättigte Zone (Jechalke et al. 2014).Auch die ökotoxikologischenWirkungen von Arzneimittelnwerden in zahlreichen Studien bestätigt (z. B. Hammesfahret al. 2011). In Österreich sind Funde im oberflächennahenGrundwasser bekannt (Clara et al. 2010), aktuelle, bishernicht veröffentlichte Arbeiten des dortigen Umweltbundes-amtes beschäftigen sich mit der Identifizierung möglicherUrsachen dieser Funde.

Der Eintrag von TAM-Wirkstoffen in das oberflächen-nahe Grundwasser in Deutschland wird im Rahmen der ge-setzlichen Monitoring-Programme der Länder nicht syste-matisch untersucht, da zu diesen Stoffen bisher keine Nor-men und/oder wasserrechtliche Beurteilungswerte vorhan-den sind. 2008 wurde in Nordrhein-Westfalen (NW) erst-mals ein gesicherter Nachweis eines Wirkstoffes im oberflä-chennahen Grundwasser erbracht und anhand einer Wieder-holungsmessung bestätigt (Hembrock-Heger et al. 2011).In den Jahren 2012 und 2013 wurde im Rahmen eines erst-maligen „Screening“-Programms an 48 Standorten in vierBundesländern in Nord- und Süddeutschland der möglicheTAM-Eintrag ins Grundwasser systematisch auf Grundlageeiner vorab durchgeführten, weltweiten Literaturrecherchezum Nachweis der Stoffe im Grundwasser untersucht (Han-nappel et al. 2014b). Dabei wurden an neun der 48 Stand-orte (19%) Wirkstoffe gefunden, die jedoch im EinzelfallSchwankungen im Wirkstoffspektrum und Konzentrationenunterworfen waren und in ihrer Mehrheit nur sehr geringeKonzentrationen von wenigen ng/l aufwiesen.

In Niedersachsen (NI) zeigten Untersuchungen einesgroßen Wasserversorgers in der viehstarken Region (Balzeret al. 2015) Befunde in vier von acht untersuchten Vor-feldmessstellen. Zeitgleiche Untersuchungen in Schleswig-Holstein (SH) kamen zu einem ähnlichen Ergebnis (Balzeret al. 2015), hier wurden TAM in zwei von zehn Mess-stellen gefunden. Die Funde in den Bundesländern SH, NI

und NW bezogen sich auf nur drei Einzelwirkstoffe aus derGruppe der Sulfonamide (Balzer et al. 2015).

Wesentliches Ziel der hier dokumentierten Untersuchun-gen an insgesamt elf Standorten in viehstarken Regionen(s. Abb. 1) war es, die bisher zumeist als Einzelfunde be-kannten Nachweise der Wirkstoffe im Grundwasser durchzeitlich und räumlich intensivierte Beprobungen zu verifi-zieren und den Ursachen des Eintrages der Wirkstoffe nach-zugehen. Da nicht alle nachgewiesenen Sulfonamide aus-schließlich in der Tiermedizin eingesetzt werden, wurdenauch alternative Eintragsquellen z. B. häusliche Kleinklär-anlagen (KKA) von Einzelgehöften in die Untersuchungeneinbezogen.

Methodisches Vorgehen

Datenrecherche

Um den Nachweis der Antibiotika im Grundwasser zu er-klären, mussten Informationen zu Mengen und Art der dortaufgebrachten Wirtschaftsdünger in der Vergangenheit re-cherchiert und aufgebrachte organische Dünger untersuchtwerden. Dies gelang durch Zusammenarbeit mit den Land-wirtschaftsverbänden und den Landwirten vor Ort. Diesewaren zuvor umfassend über die Ziele des Projektes in-formiert worden. Auch die Privatpersonen, deren KKA imZustrom der Messstellen liegen und in das Grundwasseremittieren, konnten für eine Mitarbeit gewonnen werden,sodass ihre Abwasserproben zur Verfügung standen.

Zu Beginn des Projektes erfolgte eine gründliche Recher-che bei den Behörden nach potenziellen lokalen Eintrags-quellen von Antibiotika im Umfeld der Messstellen, dienicht der Landwirtschaft zugeordnet werden können (z. B.KKA, Klärschlämme). Von öffentlichen Wasserversorgernwurden Daten zu aktuellen Funden von Antibiotika abge-fragt.

Messstellenbau und Grundwasserbeprobung

An zehn der elf Standorte wurden im unterirdischen Zu-strom der stationären Grundwassermessstellen auf Wegenim öffentlichen Besitz mindestens je zwei temporäre Mess-stellen mittels Rammkernsondierungen im oberflächenna-hen Grundwasserleiter gebaut. Mit den dort gemessenenGrundwasserständen sowie weiteren Daten wurde das geo-hydraulische Zustromgebiet zu jeder stationären Messstellemit einer einheitlichen Fließzeit von fünf Jahren ermittelt(Hannappel et al. 2016). Die temporären Messstellen wur-den im weiteren Projektverlauf zweimal in Ergänzung zuden stationären Messstellen beprobt und auf Antibiotikaanalysiert, um nähere Kenntnisse über das Umfeld zu er-langen.

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Identifizierung der Eintragsquellen von Antibiotika in das Grundwasser viehstarker Regionen

Abb. 1 Lage der elf untersuch-ten Standorte in den viehstarkenRegionen der drei BundesländerSchleswig Holstein, Niedersach-sen und Nordrhein-Westfalen

Die stationären Grundwassermessstellen der Länderwurden monatlich bzw. vierteljährlich von Oktober 2014bis September 2015 beprobt und auf Antibiotika sowieergänzend auf die anorganischen Parameter des Grund-wassers analysiert. Ergänzend wurden weitere Messstellenvon Privatpersonen (Hausbrunnen) oder Wasserversor-gungsunternehmen (Vorfeldmessstellen) im nahen Umfeldder Grundwassermessstellen in die Beprobung einbezo-gen. Es wurde strikt darauf geachtet, dass alle beprobtenMessstellen im oberflächennahen Grundwasserleiter aus-gebaut sind und auch die weiteren „Worst-case“-Kriteriender Messstellenauswahl der vorangegangen Screening-Un-tersuchungen erfüllen. Dazu zählen kurze Verweilzeitendes Sickerwassers infolge eines sandigen Aufbaus derungesättigten Zone und stark erhöhte Stickstoffgehalte imGrundwasser. Ergänzend wurden an den beiden Standorten,an denen bereits 2012 und 2013 hohe Konzentrationen desSulfonamids Sulfamethoxazol (SMX) vorlagen, Grundwas-

serproben von unmittelbar benachbarten, häuslichen KKAentnommen und auf Sulfonamide analysiert. Damit sollteeinem möglichen Eintrag aufgrund der bekannten, hohenVerwendung von SMX im Humanbereich nachgegangenwerden.

Recherche zum Ausbringen von Wirtschaftsdüngernund Beprobung

Den in den Zustromgebieten der stationären Messstellenwirtschaftenden Landwirten wurde ein Fragebogen mit derBitte zugesandt, Auskunft zu erteilen zu den in den vergan-genen fünf Jahren im Betrieb eingesetzten Tierarzneimittelnund Art und Menge der aufgebrachten Wirtschaftsdüngerauf den Schlägen im Zustromgebiet.

Den Landwirten wurde strikte Anonymität hinsichtlichder Veröffentlichung personen- oder betriebsbezogener Da-ten zugesichert. Zugleich wurden sie um Zustimmung zu

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Abb. 2 Viehhaltung der Betriebe (a) und schlagbezogene Ausbringung von Düngemitteln für den Zeitraum 2009 bis 2013 (b) in den Zustromge-bieten (Auswertung der Fragebögen)

einer möglichen wiederholten Entnahme von Gülle- und/oder Gärrest-Proben im Frühjahr und im Sommer 2015 ge-beten. Die fachgerechte Beprobung der organischen Wirt-schaftsdünger wurde durch Fachleute der Landwirtschafts-kammern (LWK) durchgeführt.

Abb. 2a zeigt die Viehhaltung in den 23 Betrieben, dieauf den Schlägen im Zustromgebiet zu den Messstellenwirtschaften und sich an dieser Untersuchung beteiligt ha-ben. Die Auswertung der Fragebögen zeigt weiter, dass inSH die Rinderhaltung überwiegt, in NI und NW zu etwagleichen Teilen Rinder und Schweine gehalten werden. Aufeine Unterteilung nach Mast-, Zucht- und Milchvieh wur-de hier verzichtet. Die sonstige Geflügelzucht und -mast(außer Enten) spielt für die hier zu bewertenden Messstel-len keine relevante Rolle. Die Abb. 2a gibt damit auch dieZusammensetzung der Gülle, die von den betreffenden Be-trieben auf die landwirtschaftlich genutzten Schlägen in denZustromgebieten der Messstellen ausgebracht wird, an.

Abb. 2b zeigt, dass vorrangig Gülle als Düngemittel ein-gesetzt wird. Zusätzlich können Mist, Gärreste, Mineral-dünger und Klärschlamm hinzukommen. In NI und NW istdie Verbringung von Klärschlamm aus KKA als Düngemit-tel unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, wurde aberauf Nachfrage bei den LWK sowie den Umweltämtern derLandkreise in einem Radius von 500 m um die jeweiligeMessstelle herum in den letzten fünf Jahren nicht ausge-bracht. Die von den Landwirten ausgefüllten Fragebögenergaben in beiden Bundesländern keinen Einsatz von Klär-schlamm (kommunal oder aus KKA) auf den betroffenenSchlägen. In SH zeigte sich anhand der Fragebögen undnach Rückfrage beim Bauernverband, dass einzelne Land-wirte in unregelmäßigen Abständen Klärschlamm bei einemVermarkter kommunaler Klärdünger einkaufen und diesenzusätzlich zu Gülle oder Mineraldünger einsetzen.

Laboranalytik

Für die chemische Laboranalytik der Antibiotika wurdenaufgrund der bisherigen Ergebnisse 13 Einzelwirkstoffebzw. Abbauprodukte aus der Gruppe der Sulfonamide (4-Hydroxy-Sulfadiazin, Sulfaethoxypyridazin, Sulfamerazin,Sulfadiazin, Sulfathiazole, Sulfadimidin (synonym: Sul-famethazin), Sulfadoxin, Sulfamethoxypyridazin, N-Ac-Sulfadiazin, Sulfachloropyridazin, Sulfamethoxazol, Sul-fadimethoxin und N-Ac-Sulfamethoxazol) sowie das imHuman- und Tierbereich in Kombinationspräparaten ein-gesetzte Trimethoprim ausgewählt. Die Nachweisgrenzenlagen bei den Wasserproben abhängig vom jeweiligen Stoffbei maximal <6 ng/l, bei den Gülleproben bei maximal<18 µg/kg TM.

Koffein und Carbamazepin wurden als Tracer für einenmöglichen Eintrag häuslicher Abwässer ausgewählt. Dieangewendete Multimethode (Hannappel et al. 2014a) ba-siert auf Festphasenextraktion (SPE, solid phase extrac-tion; StrataX, Phenomenex) sowie der Kopplung von Flüs-sigkeitschromatographie mit Massenspektrometrie. Da vongeringen Konzentrationen der Rückstände im Grundwasserausgegangen werden musste (wenige ng/l), sind die Anfor-derungen an die Analytik besonders groß. Die Extraktionder Zielverbindungen erfolgt aus homogenisierten Proben.Vor der Extraktion wurde dem genau abgemessenen Probe-volumen das Gemisch der internen Standardverbindungenzugesetzt, welche idealerweise deuteriert oder 13C-markiertvorliegen.

Die Probenvorbereitung für Wasserproben (auch Abwas-ser) umfasste SPE und anschließende Aufkonzentrierungder Extrakte in Doppelbestimmung. Die Trennung erfolg-te mittels HPLC (Hochleistungsflüssigchromatographie)auf einer RP-Phase, und die Analyten wurden zunächstim „Multiple-Reaction-Monitoring“ (MRM)-Modus mitzwei charakteristischen Massenübergängen (TSQ-Quan-

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Identifizierung der Eintragsquellen von Antibiotika in das Grundwasser viehstarker Regionen

Tab. 1 Gülle- und Gär-rest-Proben aus 2015 mitPositivbefunden, n = 30

Datum Art Sulfadiazin[µg/kg TM]

Sulfadimidin[µg/kg TM]

Sulfamethoxazol[µg/kg TM]

Sulfathiazol[µg/kg TM]

11.02.2015 Gülle <6 406 <12 <6

13.08.2015 Gülle <6 <20 <12 <6

17.04.2015 Gärreste 165 <6 <12 <6

16.04.2015 Gärreste 240 <6 <12 <6

17.04.2015 Gülle/Gärreste

<6 1350 <12 <6

12.03.2015 Gülle 690 1260 <12 <6

10.02.2015 Gärreste 44 <6 <12 <6

10.02.2015 Gülle 46 <6 <12 <6

18.02.2015 Gülle/Gärreste

28 14 <12 <6

16.02.2015 Gülle 64 <6 <12 <6

29.05.2015 Gülle <6 <6 <12 60

tum Ultra, Thermo Fisher Scientific) detektiert. Aufgrundder strukturellen Eigenschaften der Verbindungen erfolgtedie Ionisierung der Analyten im positiven (+) Elektro-spraymodus. Die Auswertung der Verbindungen erfolgtein Korrelation zu den jeweiligen internen Standards. Hier-durch wurden sowohl Unregelmäßigkeiten bei der Extrak-tion (Lösungsmittelverdunstung, Volumenfehler) als auchProbleme der Ionisierung („Matrixeffekt“) minimiert, umvalide Ergebnisse zu erhalten. Der Nachweis der Verbin-dungen erfolgte ab einem Signal/Rausch-Verhältnis von3:1 (LOD, limit of detection), die Bestimmungsgrenze lagbei einem Signal/Rausch-Verhältnis von 10:1 (LOQ, limitof quantitation).

Details zu den angewendeten Methoden sind in Rats-ak et al. (2013), Lamshöft et al. (2010) sowie Lamshöftet al. (2007) aufgeführt. Hier finden sich insbesondere In-formationen zur Bestimmung von Tierarzneimitteln in Gül-le und Gärresten. Die Analyse aus Klärschlamm, Gülle undGärresten erfolgt nach etablierten Methoden unter Verwen-dung des Standardadditionsverfahrens. Die zuvor gefrierge-trockneten Feststoffrückstände werden entsprechend Ratsaket al. (2013) nach Zugabe der zumeist isotopenmarkierteninternen Standards mit geeigneten Puffern extrahiert (Ult-raschall, Zentrifuge) und die chromatographische Trennungsowie massenspektrometrische Detektion erfolgt wie beiden Grundwasserproben.

Ergebnisse der Recherchen und der Untersuchungder organischenWirtschaftsdünger

An fast allen Standorten konnten Gülle- und Gärrest-Probenentnommen und analysiert werden. Insgesamt wurden vonFebruar bis August 2015 30 Proben vonWirtschaftsdüngerngenommen. Darunter sind 23 Gülle-, vier Gärrest-, zweiGülle-Gärrest-Gemischproben- und eine Klärschlammpro-

be. Tab. 1 zeigt die Ergebnisse von Proben mit positivenFunden.

Insgesamt wurden in elf Proben Sulfadiazin (SDZ) und/oder Sulfadimidin (SDM), in einem Fall auch Sulfathiazol,gefunden. Damit sind 39% der eingesetzten Wirtschafts-dünger mit Sulfonamiden belastet. Hierbei ist jedoch dieBelastung je nach Art des eingesetzten Düngemittels sehrunterschiedlich. So sind nur 26% der Güllen mit Sul-fonamiden belastet (6 von 23 Proben), aber 75% derGärreste (3 von 4 Proben) und 100% der Gülle-Gärrest-Gemische. An einem Standort zeigte eine Wirtschaftsdün-gerprobe (Gülle) eine sehr hohe Konzentration von SDM(406 µg/kg TM), während in der Probe eines anderenSchlages dieser Stoff nicht nachgewiesen werden konnte.SDZ wurde in beiden Proben nicht nachgewiesen.

Die Aufschlüsselung der Funde bei Güllen nach Tierartsowie die Anteile der Funde nach eingesetztem Wirt-schaftsdünger zeigt Abb. 3. Prozentual weisen Schwei-negüllen höhere Fundanteile (50%) auf als Rindergüllen(23%). Die Mischgüllen bestehen zu unterschiedlichenAnteilen aus Rinder- und Schweinegülle. Die Probe mitdem Sulfonamidfund ist nach Angaben des Landwirts aus80% Rinder- und 20% Schweinegülle (jeweils Masttiere)zusammengesetzt. Drei der vier Gärrestproben enthaltenneben den nachwachsenden Rohstoffen zusätzlich Rinder-und Schweinegülle sowie Geflügelmist, bzw. Entenmistund -gülle. Diese Proben weisen Sulfonamidfunde auf. Einweiterer Gärrest wurde ausschließlich mit Rindergülle ver-setzt und weist keine Funde auf. Die Anteile in den Gülle-Gärrest-Gemischen betragen je etwa 50%, wobei in einemFall der Gülleanteil von Mastschweinen, im anderen Fallaus einer Schwein-Rind-Mischgülle besteht.

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Abb. 3 Sulfonamid-Funde inden untersuchten Proben nachTier- und Düngemittelart

Abb. 4 Anteile und Anzahl(Zahlen auf den Balken) derFunde von Antibiotika-Wirk-stoffen bzw. Transformations-produkten von 2012 bis 2015 imGrundwasser; Nachweisgren-ze/Bestimmungsgrenze [ng/l]:4-OH-SDZ: 6/15; SMX: 4/10;SDM: 2/4; SDZ: 2/4

Ergebnisse der Untersuchung derGrundwasserproben auf Antibiotika und Tracer

Abb. 4 zeigt die Verteilung von vier Konzentrationsklassenpro nachgewiesenem Wirkstoff bzw. dem Transformations-produkt 4-Hydroxy-Sulfadiazin (4-OH-SDZ) bei den 147Proben, die an den elf Grundwassermessstellen im Zeitraumvon 2012 bis 2015 genommen wurden: Am häufigsten wur-de SDM (57%) nachgewiesen. SMX wurde an nur zweiStandorten, hier jedoch fast immer mit Werten >100 ng/lnachgewiesen. SDZ und 4-OH-SDZ wurden nicht durch-gängig in den Grundwasserproben von sechs Standortengefunden. SDZ zeigte Werte bis zu 16 ng/l, 4-OH-SDZ da-gegen bis zu 90 ng/l.

Zehn der elf Standorte wiesen in den vergangenen Jah-ren (Hannappel et al. 2014b) SDM-Konzentrationen knappüber der Nachweisgrenze auf. Im Mittel betrugen die Kon-zentrationen 11 ng/l (s. Abb. 5). Das Verhalten der Stof-fe mit niedrigen Konzentrationen bis zu maximal 20 ng/l

deutet auf kontinuierliche, diffus wirksame Einträge überdie Wirtschaftsdünger auf die Schläge in den Zustromge-bieten der Messstellen hin. SMX hingegen weist sehr starkschwankende Konzentrationen mit dem einmaligen Extrem-wert von 950 ng/l im August 2013 an einem Standort in NIauf (Abb. 6). Hier ist ein punktueller und zeitlich inkon-sistenter Eintrag wahrscheinlich, wie er für häusliche KKAtypisch ist.

Der zeitliche Verlauf der drei nachgewiesenen Sul-fonamide und von Nitrat an den Messstellen der zweiStandorte mit erhöhten SMX-Funden zeigt eine deutlichelandwirtschaftliche Beeinflussung an. Zudem weist dasGrundwasser stark erhöhte Aluminiumkonzentrationen auf,die den Abbau zumindest von SMX durch Mikroorganis-men behindern könnten (Pina und Cervantes 1996). Deroxidierte Status des Grundwassers passt zu der bekanntenRedoxabhängigkeit von SMX, das – im Gegensatz zu an-deren Wirkstoffen – verstärkt unter stärker reduzierendenbzw. anoxischen Bedingungen ohne Nitrat und in größe-

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Identifizierung der Eintragsquellen von Antibiotika in das Grundwasser viehstarker Regionen

Abb. 5 Zeitlicher Verlauf der Konzentrationen von SDM bei den elf stationären Grundwassermessstellen der Landesmessnetze von 2012 bis2015

Abb. 6 Vergleich der seit1990 gemessenen Bor-Gehalteund der seit 2008 gemessenenSMX-Gehalte (Daten: LANUVNW) am Standort in NW

ren Tiefen abgebaut wird (Heberer et al. 2008; Massmannet al. 2009). Zusätzlich wurde in der Messstelle in NI imRahmen begleitender Untersuchungen des Niedersächsi-schen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- undNaturschutz (NLWKN 2015) Acesulfam-K in hohen Kon-zentrationen bis 45.000 ng/l nachgewiesen, wodurch ein

zusätzlicher anthropogener Stoffeintrag sehr wahrschein-lich ist. Bei den Humantracern Koffein und Carbamazepintreten zusätzlich deutliche Hinweise auf eine unmittelbareanthropogene Beeinflussung auf.

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Standortbezogene Aufklärung der Eintragsquellen

Im Ergebnis der über insgesamt zwölf Monate durchge-führten Probenentnahmen bestätigte sich bei nahezu allenMessstellen die Situation des Grundwassers hinsichtlich derAntibiotika-Funde. An zwei der elf Standorte – je einer inNW und NI – zeigten sich durchgängig hohe Konzentratio-nen des auch in der Humanmedizin eingesetzten Wirkstof-fes SMX mit Konzentrationen zumeist deutlich oberhalbvon 100 ng/l. Die beiden weiteren Sulfonamid-WirkstoffeSDM und SDZ wurden mit einer Ausnahme an allen Stand-orten in wiederholt niedrigen Konzentrationen von deutlichunter 100 ng/l nachgewiesen. Das gleichzeitige Auffindenvon SDM, welches ausschließlich in der Tiermedizin ein-gesetzt wird, und SMX legt nahe, dass hier vermutlich einedoppelte Beeinflussung des Grundwassers aus zwei struk-turell unterschiedlichen Eintragsquellen – organische Wirt-schaftsdünger und häusliche KKA – vorliegt. An einemStandort in NI bestätigten sich im Untersuchungszeitraum2014/2015 die niedrigen Funde aus den Jahren 2012 und2013 nicht. Die damals in Konzentrationen nahe der Nach-weisgrenze gefundenen Wirkstoffe SDM und SDZ wurdennicht mehr nachgewiesen. Da zudem die Zustromrichtungdes Grundwassers hier aufgrund sehr niedriger hydrauli-scher Gradienten erheblichen Schwankungen unterworfenist, konnten die damaligen Funde nicht zweifelsfrei aufge-klärt werden.

Die Beprobung und Analytik von häuslichem Abwasseraus benachbarten KKA ergab an einem Standort Indiziendes Eintrages von SMX über das Abwasser in das Grund-wasser: einerseits anhand der Funde der Antibiotika-Wirk-stoffe selber (SMX und Trimethoprim) und andererseits an-hand des Nachweises des Süßstoffes Acesulfam-K sowohlim Abwasser als auch im Grundwasser. Die andere im Zu-strom zur Messstelle gelegene KKA zeigte sowohl SMXals auch ein Transformationsprodukt (N-Ac-SMX) davon.Die für KKA – aufgrund des kurzfristig im Stundenrhyth-mus wechselnden Zulaufwassers – charakteristisch hohenSchwankungen sind mit Konzentrationen von unterhalb derNachweisgrenze bis deutlich oberhalb von 1000 ng/l inner-halb eines kurzen Zeitraumes nachgewiesen. Die entspre-chenden KKA befinden sich im unmittelbaren Grundwas-serzustrom zur Messstelle (z. T. nur wenige Meter und da-durch bedingt mit sehr kurzen Verweilzeiten von wenigenWochen bis Monaten im Untergrund) mit den entsprechen-den Nachweisen von SMX, sodass hier der kausale Zusam-menhang des Eintrages der Stoffe über das Abwasser in dasGrundwasser gegeben ist.

Am zweiten Standort dagegen, bei dem im Grundwasserseit vielen Jahren SMX gemessen wird, wurde in mehrerenaktuellen Abwasserproben der KKA kein SMX nachgewie-sen. Die von den Landwirten zur Verfügung gestellten Wirt-schaftsdünger-Proben ergaben ebenfalls keine Befunde auf

SMX, sodass weiterhin Einträge aus häuslichem Abwas-ser als Ursache für die Grundwasserbelastung zwar nichtnachgewiesen, aber zu vermuten sind. Hierauf lässt auchdie Belastung des Grundwassers mit dem Abwasser-Indi-kator Bor (s. Abb. 6) schließen, dessen Konzentrationenin der Vergangenheit anlässlich von Untersuchungen desLANUV NW deutlich höher waren. Die deutlich oberhalbdes geogenen Hintergrundes von 80 ng/l (Kunkel et al.2004) liegenden Bor-Konzentrationen korrelieren mit denSMX-Konzentrationen über viele Jahre hinweg auf hohemNiveau. Der Eintrag über eine lokale Leckage des privatenHausanschlusssystems an die KKA käme also möglicher-weise als Ursache für die im Grundwasser noch messbarenKonzentrationen in Frage. Klarheit darüber können jedochnur zukünftige Messungen bei einem abnehmenden Trendder Konzentrationen von SMX und Bor ergeben, der sichin den letzten 10 Jahren andeutet.

Die im Grundwasser nachgewiesenen Sulfonamid-Wirk-stoffe, die ausschließlich (SDM) oder nahezu ausschließlich(SDZ) in der Tiermedizin verschrieben werden, wurden da-gegen bei den KKA nicht (SDM) oder nur in sehr geringenKonzentrationen (SDZ) unterhalb der Bestimmungsgrenzeanalysiert.

Von den als Tracer für den Eintrag von menschlichenAbwässern verwendeten Stoffen wurde Koffein in nahezuallen Proben der KKA in sehr hohen Konzentrationen (biszu 400.000 ng/l) ermittelt. Carbamazepin hingegen wur-de zumeist nicht oder nur in sehr niedrigen Konzentratio-nen (bis 3 ng/l) gemessen. Hier besteht keine eindeutigeBeziehung zu den Konzentrationen in den Messstellen, daKoffein nur bei einer der beiden von Humanarzneimitteln(HAM) beeinflussten Messstellen überhaupt nachgewiesenwurde, zudem dort noch in recht niedrigen Konzentratio-nen bis maximal 60 ng/l. Dies steht in Übereinstimmungmit dem bekannten Abbauverhalten von Koffein im ober-flächennahen Grundwasser. Carbamazepin hingegen wurdenur sehr sporadisch in den KKA nachgewiesen, währendes an einem Standort im Grundwasser, wenn auch in sehrniedrigen Konzentrationen von 3 ng/l, wiederholt gemessenwurde. Dieser Stoff ist zwar ein guter Tracer bei kommu-nalen Kläranlagen mit einem deutlich größeren Durchsatzan Einwohnerwerten, nicht hingegen bei häuslichen KKAmit einer großen Zufallsvarianz der Einnahme des Medika-mentes von wenigen Privatpersonen.

Anhand einer numerischen Simulation des möglichenStoffeintrages über das Abwasser und den Boden sowiedie ungesättigte Zone in das oberflächennahe Grundwassermit dem beim UBA verwendeten Programm SimBaFi (Han-nappel et al. 2010) zeigte sich, dass die in der Humanmedi-zin eingesetzten Stoffe in vergleichbaren Größenordnungenauftreten können, wie sie tatsächlich im Grundwasser derMessstellen gefunden wurden.

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Identifizierung der Eintragsquellen von Antibiotika in das Grundwasser viehstarker Regionen

Die Ergebnisse der auf TAM untersuchten Wirtschafts-dünger zeigen kein einheitliches Bild hinsichtlich einesZusammenhangs mit den Ergebnissen der Fragebögenund auch nicht zu den Analysen der Grundwasserproben.Grundsätzlich muss bei den aktuell entnommenen Grund-wasserproben berücksichtigt werden, dass diese in derVergangenheit neugebildet wurden. Beim Vergleich dieserKonzentrationen mit den aktuell verbrachten Proben derWirtschaftsdünger ist zu beachten, dass dieser zeitlicheVerzug zu Unschärfen in der Bewertung führen kann, auchwenn von den Landwirten bestätigt wurde, dass aufgrundder zumeist über Jahre stabilen Tierbestände Variationenin den Medikamentengaben zwischen den einzelnen Jahrenzwar auftreten, aber nicht allzu deutlich ausgeprägt sind.

An neun Standorten konnten Proben organischen Wirt-schaftsdüngers genommen und analysiert werden. Bei sie-ben dieser neun Standorte wurden in den Proben die beidenin der Tiermedizin eingesetzten Wirkstoffe SDM und SDZsowie als weiterer Sulfonamid-Wirkstoff Sulfathiazol ge-funden, allerdings mit einer sehr hohen Varianz der Ergeb-nisse in Bezug auf die Konzentrationen und in Bezug aufden Vergleich der Proben untereinander. Bei den übrigenbeiden Standorten erbrachten die Analysen der Wirtschafts-dünger keinen Nachweis, obwohl das Grundwasser hier seitJahren mit demWirkstoff SDM belastet ist. Die aktuell ana-lysierten Konzentrationen der Sulfonamide entsprechen denaus der Literatur der vergangenen Jahre (Ratsak et al. 2013)bekannten Gehalten von Antibiotika in organischen Wirt-schaftsdüngern.

Fazit und Ausblick

Aufgrund der eindeutigen und über ein gesamtes Jahr nach-gewiesenen, allerdings niedrigen Funde von SDM und ein-geschränkt auch von SDZ im Grundwasser wird bei diesenbeiden Stoffen von einem landwirtschaftlich bedingten flä-chenhaften Eintrag über die Ausbringung von Wirtschafts-düngern in den vergangenen Jahren mit anschließender Ver-sickerung bei vermutlich unvollständigem Abbau im Bodenausgegangen. Unterstützt wird dieses Fazit dadurch, dassdie beprobten Messstellen nach einem Worst-case-Ansatzausgesucht worden waren und auch bei weiteren Indikator-Parametern (Nitrat, Ammonium) deutliche landwirtschaft-lich bedingte Überprägungen der Grundwasserbeschaffen-heit zeigen.

In den aktuellen Gülleproben konnten die beiden Sul-fonamide SDM und SDZ jedoch nur zum Teil nachgewie-sen werden. Bei zwei Standorten wurden die zum Teil sehrhohen Funde von SMX dagegen vermutlich durch eine zu-sätzliche Eintragsquelle aus KKA in unmittelbarer Näheverursacht, in denen entsprechende Wirkstoffe auch aktu-ell gefunden wurden. In den KKA wird das SMX offenbar

wenig abgebaut und gelangt mit dem Klarwasser in dasGrundwasser.

Wissenschaftlich nicht geklärt ist bisher, was bei den mitWirtschaftsdüngern ausgebrachten TAM-Rückständen aufund im Boden sowie in der ungesättigten Zone zwischender Gülleausbringung und dem Eintrag ins Grundwasserpassiert. Über das Risiko eines Eintrages, einer Bildungoder eines Gentransfers von Antibiotika-resistenten MRSA-Keimen ist ebenfalls noch zu wenig bekannt, wird aber ak-tuell in Deutschland in verschiedenen Forschungsprojektenuntersucht, z. B. in Sachsen (Ullrich 2015).

Danksagung Das Vorhaben wurde aus dem Umweltforschungsplan(UFOPLAN) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau-en und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert. Das Projekt wird imSommer 2016 abgeschlossen und vom Umweltbundesamt veröffent-licht.

Die Autorinnen und Autoren danken dem Niedersächsischen Land-volk, dem Bauernverband Schleswig-Holstein, den Landwirtschafts-kammern NI und NW sowie den Landwirten und sonstigen Mitwir-kenden vor Ort für die kollegiale Kooperation.

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