AV-INFO 06 / 2019 (037) - Alpenverein · Wann isch genug genug und wann isch oans mehr als koans?...

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Ortsgruppe Neuhofen / Krems www.alpenverein.at/linz-neuhofen ALPENVEREIN NEUHOFEN / KREMS AV-INFO 06 / 2019 (037) Neuhofen/Krems, 29.08.2019 Liebe Bergfreunde, in unserem aktuellen AV-Info beschäftigen wir uns wieder einmal mit einem Wetterphänomen - Wieviel wiegen Wolken? Man glaubt kaum das dies möglich ist: Doch für Experten- und unter Zuhilfenahme einiger Hilfsmittel - ist dies bei einigen (wenigen) Wolkenformationen tatsächlich (zumindest annäherungsweise) möglich. Der Tiroler Schauspieler Tobias Moretti hat sich auf Einladung der Tourismuswerbung Tirol zu deren 125-Jahr-Jubiläum einige Gedanken gemacht und bei der Feier in Erl im Jahre 2014 eine kritische und viel beachtete Rede über Tirol und den Tourismus gehalten - Wann isch genug genug Eine ebenso ernste Angelegenheit ist der Hilferufder Bayrischen Bergwacht - Bergwacht am Limit. Die Bergrettungskräfte jenseits und diesseits der österreichischen Grenze stoßen an ihre personellen (ehrenamtlichen) Kapazitäten. Angeschlossen drei Berichte von Bergrettungseinsätzen mit denen sich die freiwilligen Helfer herumschlagenmüssen. Heuer wäre E.T. Compton, ein exzellenter Bergsteiger und genialer Maler 170 Jahre alt geworden - eine kurze Würdigung. In einem Cartoon nimmt Georg Soier das Thema Handys auf Berghütten auf die Schippe, wobei die Wirklichkeit den Comic bei weitem schon übertrifft. Ein herzliches Berg Heil wünscht euch das AV-TEAM der Ortsgruppe Neuhofen/Krems

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ALPENVEREIN NEUHOFEN / KREMS

AV-INFO 06 / 2019 (037) Neuhofen/Krems, 29.08.2019

Liebe Bergfreunde,

in unserem aktuellen AV-Info beschäftigen wir uns wieder einmal mit einem Wetterphänomen -

Wieviel wiegen Wolken? Man glaubt kaum das dies möglich ist: Doch für „Experten“ - und

unter Zuhilfenahme einiger Hilfsmittel - ist dies bei einigen (wenigen) Wolkenformationen

tatsächlich (zumindest annäherungsweise) möglich.

Der Tiroler Schauspieler Tobias Moretti hat sich auf Einladung der Tourismuswerbung Tirol zu

deren 125-Jahr-Jubiläum einige Gedanken gemacht und bei der Feier in Erl im Jahre 2014 eine

kritische und viel beachtete Rede über Tirol und den Tourismus gehalten - Wann isch genug

genug …

Eine ebenso ernste Angelegenheit ist der „Hilferuf“ der Bayrischen Bergwacht - Bergwacht am

Limit. Die Bergrettungskräfte jenseits und diesseits der österreichischen Grenze stoßen an ihre

personellen (ehrenamtlichen) Kapazitäten. Angeschlossen drei Berichte von Bergrettungseinsätzen

mit denen sich die freiwilligen Helfer „herumschlagen“ müssen.

Heuer wäre E.T. Compton, ein exzellenter Bergsteiger und genialer Maler 170 Jahre alt

geworden - eine kurze Würdigung.

In einem Cartoon nimmt Georg Soier das Thema Handys auf Berghütten auf die Schippe, wobei

die Wirklichkeit den Comic bei weitem schon übertrifft.

Ein herzliches Berg Heil

wünscht euch

das AV-TEAM der Ortsgruppe Neuhofen/Krems

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Wetterphänomen:

Wie viel wiegen Wolken?

Sie sehen so schwerelos aus

und doch haben Wolken ein Gewicht

Wolke über dem Matterhorn (4476m)

So leicht, wie sie aussehen, sind sie nicht!

Wolken sehen so wunderbar leicht aus. Sie schweben scheinbar schwerelos hoch über uns und

lassen sich vom Wind mittreiben. Und selbst bei großen Gewitterwolken ist es kaum vorstellbar,

dass sie tonnenschwer sein können. Doch der Schein täuscht! Wolken wiegen tatsächlich viel

mehr, als viele annehmen. Selbst eine flauschige Schönwetterwolke kann ganze tausend Tonnen

auf die Waage bringen - so viel wie 200 große Elefanten.

Woraus besteht eine Wolke?

Wolken bestehen aus schwebenden Partikeln (Ruß, Staub und Abgase) unterschiedlichster Größe,

Form und Zusammensetzung. Überwiegend ist es jedoch eine große Ansammlung von

Wassertröpfchen.

Diese Wassertröpfchen sind meist winzig - typischerweise kleiner als zehn Mikrometer, das ist

viel weniger als ein Haar dick ist. Sie entstehen, indem feuchtwarme Luft abkühlt und das

überschüssige Wasser auf noch viel kleinere Staubteilchen trifft, die durch die Luft schweben.

Das Wasser macht diese Staubteilchen nass - es kondensiert auf ihnen. Wenn auf diese Weise

eine große Menge Wassertröpfchen entstanden ist, lagern sie sich zusammen und werden immer

schwerer. Die Wolke wird so zur Regenwolke und die Tropfen fallen zu Boden. Wolken bilden

sich also immer dann, wenn warme Luft abkühlt.

Befinden sich die Wolken in höheren Luftschichten oder sind die Temperaturen niedrig, können

Wolken auch teilweise oder ganz aus Eis- bzw. aus Schneekristallen bestehen. Darin können

Hagelkörner Durchmesser von mehreren Zentimetern erreichen.

Wie kann man das Gewicht einer Wolke berechnen?

Doch wie wird das Gewicht der Wolken bestimmt? Schließlich kann man sie nicht einfach so

vom Himmel holen und auf die Waage legen.

Tatsächlich ist die Gewichtsbestimmung von Wolken nicht ganz einfach. Um einzuschätzen, wie

schwer die Wolke ist, sind zwei Angaben nötig: Man muss wissen, wie groß die Wolke ist und

wie viel Wasser sie enthält. Meteorologen erforschen mit Hilfe von Radar, Flugzeugen und

Satelliten zunächst den Wassergehalt, um so anschließend ihr Gesamtgewicht zu ermitteln.

Doch diese Hilfsmittel stehen selten zur Verfügung, sodass die Meteorologen die Wolkengröße

meistens schätzen müssen. Leider sind Wolkenformen zu komplex, als dass man immer ihre

genauen Maße bestimmen könnte.

Wolke ist eben nicht gleich Wolke. Tatsächlich gibt es enorme Unterschiede zwischen den

Himmelskörpern: Ob Schäfchenwolke, Wolkenschleier, Quell- oder Gewitterwolke - das

Gewicht, die Ausdehnung und Geschwindigkeit variieren enorm und wenn bei Regenwetter der

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Himmel mit großen, dunklen Wolken verhangen ist, lässt sich nicht einmal sicher sagen, wo die

eine aufhört und die andere anfängt. Und selbst Einzelwolken sind so unterschiedlich in ihrer

Form, dass pauschale Größen- oder Gewichtsangaben unmöglich sind.

Bei kleineren Schönwetterwolken (Cumulus) ist es etwas einfacher, weil sie meist klare

Begrenzungen haben, was eine Schätzung vereinfacht. Eine Cumulus-Wolke enthält etwa ein

Gramm Wasser pro Kubikmeter und kann leicht einen Kilometer lang, breit und hoch sein - dann

hat sie ein Volumen von einer Milliarde Kubikmeter und wiegt dementsprechend an die tausend

Tonnen.

Gewitterwolken sind echte Schwergewichte

Gewitterwolken (Cumulonimus) sind noch

gewaltiger. Die riesig aufgetürmten

Wolkentürme können bis zu elf Kilometer

hoch und genauso breit werden. Das bringt

mehrere Millionen Tonnen Wasser auf die

Waage.

Doch so gewichtig das klingt, es ist fast nichts

im Vergleich zu den Wolken tropischer

Regionen. Weil dort die Luft wärmer ist,

speichern sie mehr Wasser: Bis zu sieben

Gramm sind es pro Kubikmeter. Folglich sind sie im Schnitt siebenmal schwerer als Wolken hier

zu Lande. So können Wolken, die Tropenstürme bringen, sogar hunderte von Millionen Tonnen

schwer sein.

Und wie kommt es, dass diese schweren Ungetüme nicht einfach vom Himmel fallen?

Das gesamte flüssige Wasser einer großen Wolke kann mehrere hundert Tonnen wiegen. Doch

obwohl flüssiges Wasser ja viel schwerer ist als Luft, fallen die Wolken nicht in einem Schlag

vom Himmel. Das liegt daran, dass sich das Gesamtgewicht der Wolken aus einzelnen, winzigen

und unzählbar vielen Wassertröpfchen zusammensetzt, die jedes für sich federleicht ist.

Allerdings würden auch diese winzigen Tröpfchen langsam zur Erde sinken. Weil es aber so

wenig wiegt und die Luft so zäh ist, sinkt es langsamer als eine Schnecke kriecht, mit nur

wenigen Millimetern pro Sekunde und wird dabei zusätzlich durch warme aufsteigende Luft in

der Höhe gehalten. Erst ab einer bestimmten Größe kann die Wolke nicht mehr schweben und

„fällt“ auf den Boden: Es fängt an zu regnen.

Quelle: www.wetter.de, www.spektrum.de, www.wissenschaft-im-dialog.de, www.simplyscience.ch

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Wann isch genug genug und wann isch oans mehr als koans?

Aktueller denn je:

Der Tiroler Schauspiel-Star Tobias Moretti hat sich

zum 125-Jahr-Jubiläum der Tourismuswerbung in Tirol

Gedanken gemacht und bei der Feier in Erl 2014 eine

viel beachtete Rede über Tirol und den Tourismus

gehalten.

Tobias Moretti

„Wann ist genug genug?“

Wenn selbst ein Peter Habeler als eine der Bergsteiger-Persönlichkeiten des Jahrhunderts

gemeint hat, dass er schlichtweg Angst hat, wenn er in unsere Zukunft schaut hier in Tirol, hat

mich das sehr bewegt. Das hat sicher weniger damit zu tun, dass er ein ängstlicher Mensch wäre,

sondern eher wohl damit, dass ein besonnener Mensch vielleicht eigentlicher in die Zukunft

schaut.

Ich habe auch weder Angst vor der Google-Brille noch vor den Selfies noch vor sonstigen

Innovationen. Nur wenn man, was die Brille betrifft, von Demokratisierung der Wahrnehmung

spricht, dann weiß ich, dass die zukünftige Wahrnehmung sicher die von sich selbst ist und nicht

die der Eindrücke dieses Landes.

Ich bin beeindruckt von der Gesamtleistung und von allem, was die Touristologie da so alles

durchanalysiert hat, alles digital und technisch top aufgestellt, alles einbindet. Sie hat also den

Schwung der Zeit mitgenommen. Kann nur sein, dass der Touristiker sich damit grad selber

abschafft, weil es ihn nimmer braucht.

Es ehrt mich sehr, dass Joe Magreiter mich gebeten hat, zur 125-Jahr-Feier der

Tourismuswerbung in Tirol im Festspielhaus Erl etwas zu sagen. Aber je mehr ich darüber

nachgedacht habe, umso weniger fiel mir ein. Denn dazu ist der Tourismus mittlerweile ein zu

komplexes Fachgebiet mit eigenen Gesetzmäßigkeiten. Wozu ich eigentlich Lust gehabt hätte,

wenn man das hier alles so hört und sieht, Qualitätstourismus, Hochglanz alles, wäre ein kleiner

Dokumentarfilm à la Ulli Seidel gewesen: nur 15 Minuten, über lautere kreative Absichten - und

das, was dann als Realität dabei herauskommt. Eine Gegenüberstellung.

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Almhütten und Paläste

Ich bin kein Touristiker, ich kenne mich damit nicht aus, finde aber all diese Strategien auch

überzeichnet: Destinationsmanagement, Innen-Marketing, Außen-Marketing oder all diese

Wortungetüme wie Markenidentität, an sich schon ein abstruser Begriff. Ich sehe nur, dass die

Panorama-Paläste auf den Gipfeln, in denen sich die Touristiker, die Gemeinderäte, die

Bürgermeister und Architekten verewigen, leer sind und man in den kleineren gemütlichen

Hütten nie einen Platz kriegt, weil alle hinwollen.

Ja, Markenidentität - was heißt denn das? Was ich kenne, ist „Identität“, also erst einmal ohne

Marke: Identität als Prägung des Seins durch die Kultur, durch die Menschen, durch die

Landschaft, die einen hervorgebracht haben. Diese Prägung ist für mich selbstverständlich, also

nicht aus einer Konstruktion heraus, sondern sie ergibt sich von allein, aus der

Lebenswirklichkeit, wie bei den meisten hier, die nicht nur im ländlichen Raum leben, sondern

mit ihm leben - und auch von ihm leben.

Dass mich das Thema „Identität“ in diesem Zusammenhang nicht loslässt, hat ja auch damit zu

tun, dass sich der Tourismus immer, auch in der modernen Vermarktung, auf das bäuerliche

Umfeld und die bäuerliche Prägung beruft: starkes Land, starke Menschen, kantige Menschen,

Eigenheiten. Aber gleichzeitig distanziert er sich in seiner Verspreizung und weicht diese

Eigenheit wieder auf. Das kommt davon, wenn man Markenidentität mit Identität verwechselt.

Eigenheit erzeugt immer die Sehnsucht nach dem ganz Anderen. Und der Reiz des Reisens lag

und liegt bis heute in der Begegnung mit der jeweiligen Eigenheit des Anderen, anderen

Regionen, anderer Gegend, anderem Klima, anderen Kulturen aber immer in der Authentizität

des Anderen.

Zu Zeiten von Sepp Schluiferer im Jahr 1907 hatte das Tirolische noch seinen „exotischen“ Reiz,

fern von Europa, für Preußen, Rheinländer und sonstige, und der einzelne Tiroler (damals noch

nicht kollektiv im Verband auf Marketing programmiert) verstand es, diese Exotik in einer Art

individuellem Marketing ökonomisch und für Eroberungen aller Art zu nutzen. Als „jottvoll

ursprüngliche Menschen“ sind wir heute nicht mehr glaubwürdig zu vermarkten. Als wir vor 25

Jahren die Piefke-Saga gemacht haben, haben alle, die Touristen und die Tourismus-Arbeiter,

sich damit identifiziert. Die Touristiker nicht: Die fühlten sich offiziell in ihrer Existenz so

bedroht und so gefährdet, dass der Andreas Braun damals kurz vor seiner noch vorzeitigeren

Abwahl stand.

Welcher Tourist sucht was? Es gibt ja kein einheitliches Bild mehr. Es gibt nach wie vor Gäste,

die suchen hier etwas, was sie zuhause nicht haben: eine Kongruenz, eine Übereinstimmung

zwischen der Lebenswelt - der Landschaft, der Kultur - und ihren Bewohnern. Diese

Übereinstimmung ist nichts anderes als Authentizität.

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Ein Diener seiner Herren

Zu diesem Traditionsmodell des Gastes kommen aber ganz andere Schichten: Die jungen

„User“, die, obwohl sie sich nicht auskennen, auch im alpinen Bereich Anspruch ihre Gaudi

haben wollen, alle Ressourcen gnadenlos ausnutzen, ohne Rücksicht auf Verluste und das gleich

posten; und da setzen wir auch nichts dagegen, sondern warten erst einmal ab. Dann haben wir

die Russen, die ihr Hauptinteresse auf die Exklusivität des Standorts legen. Gut ist nur, was teuer

ist. Und die Versuchung angesichts dessen, was da im Lande bleibt, ist riesig. Und wir verbiegen

uns bis in alle Windungen hinein. Mit einem Bein sind wir traditionell, mit dem anderen hip, mit

dem dritten ein lächelnder Diener seiner Herren.

Es ist mir schon klar, dass sich der Tourismus hat verändern müssen, dass das Marketing sich

vor der Kurzfristigkeit und dem rasanten Lebenstempo seiner Zielgruppen nicht verschließen

kann: Heute entscheidet einer am Mittwoch, wo er am Freitag sein will, will dort aber gleich

wieder weg, sobald die Selfies geschossen und gepostet sind. Ich kann und will die Flüchtigkeit,

die Kurzlebigkeit und die Geschwindigkeit der neoliberalisierten Welt weder ignorieren noch

sonst was, aber eines muss einem klar sein: Wenn man sich ihr immer unterordnet, ihr keinen

Standpunkt entgegensetzt, ihr immer hinterherhinkt (immer noch was mitnehmend), dann wird

unsere Identität, die gewachsene Lebenswelt aussterben. Und dann wird’s schwierig, den

Friedhof zu vermarkten.

Nordkette überlebt Marke

Tirol ist ein starkes Land, mit hoffentlich noch mutigen und nicht zu biegsamen Menschen. Ein

Land, das schon da war, ehe es als Marke definiert wurde. Und dieses Land wird es noch geben,

wenn alle Werbekonzepte längst Geschichte sind. Es spricht zumindest geologisch einiges dafür,

dass die Nordkette eine höhere erdgeschichtliche Lebenserwartung hat als die Markenstrategie.

Tourismus ist in unserem Lande zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor geworden. Und so wie unser

gesamtes globalisiertes Wirtschaftssystem huldigt er dem Dogma grenzenlosen Wachstums:

mehr an Nächtigungen, mehr an Aktivitäten etc.

In diesem Denkmuster aus dem 19. Jahrhundert, dass alles immer mehr werden muss, ist

jeder von uns, ob er will oder nicht, immer noch verhaftet. Die meisten ziehen daraus auch

ihre Existenzberechtigung, ihre Lebensleistung. Aber: Dieses Land, unsere Ressource,

unser Lebensraum - wird nicht mehr. Wenn wir ihn dauerhaft erhalten wollen, und zwar

auch als Wirtschaftsfaktor, müssen wir uns genau zwei Fragen stellen, die in diesem

Muster nicht vorgesehen sind: Wann ist genug genug? Und: Wann ist oans mehr als

koans?

Quelle: www.alpenverein.at/tirol, Bilder: www.tirolwerbung.at

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Bergwacht am Limit - Die Schattenseite des Alpen-Booms

Während es in den meisten Unternehmen in der Urlaubszeit eher ruhig zugeht, herrscht in den

Alpen Hochkonjunktur. Bergsport ist „in“. Entsprechend passieren mehr Unfälle. Dieser Boom

bringt Ehrenamtliche der bayerischen Bergwacht zunehmend ans Limit.

Um bei Notfällen schnell helfen zu können, muss in den einzelnen Sektionen der Bergwacht

ständig jemand in Alarmbereitschaft stehen. Das sind fast ausschließlich ehrenamtliche Helfer.

In Grainau zum Beispiel Wilhelm Kraus. Der selbständige Raumausstatter muss während der

Arbeit jederzeit damit rechnen, dass ein Notruf kommt und das passiert in letzter Zeit immer

häufiger. „Früher hat man gewusst, am Wochenende wird’s heftig, aber jetzt kommen auch unter

der Woche immer mehr Einsätze herein. Montag, Dienstag und Mittwoch zum Einsatz, das ist

schon fast Standard.“ Wilhelm Kraus, Einsatzleiter

Wenn sich Wanderer rund um Grainau verlaufen, umgeknickt sind oder in einem Schneefeld

nicht mehr weiterkommen, geht sein Pieper los. Den trägt er immer mit einem Clip am Gürtel.

Vier hohe Pieptöne - kurze Pause - dann das Gleiche von vorn. So klingt es, wenn Kraus

alarmiert wird. Dann muss er sofort alles stehen und liegen lassen und es heißt: raus zur Rettung.

Mit Blaulicht und Martinshorn - auch Bergwacht-Fahrzeuge sind Rettungswagen.

8.516 Einsätze im Jahr 2018

Im letzten Jahr musste die Bayerische Bergwacht 8.516 Mal zu solchen Einsätzen ausrücken. Ein

neuer Rekord. Das hängt mit den trendigen Sommersportarten zusammen.

„Die Einsatzzahlen haben sich in den letzten Jahren verdoppelt, weil Modesportarten wie

Gleitschirmfliegen, Canyoning oder Mountainbiking boomen. Oft überschätzen sich die Leute

einfach. Jedem muss klar sein, dass er in den Bergen auch eine Eigenverantwortung hat und

vorher abschätzen sollte, wie lang und wie schwierig zum Beispiel eine Tour ist und ob er dafür

fit genug ist.“ Roland Ampenberger, Sprecher Bayerische Bergwacht.

Vollkasko-Mentalität und Egoismus mancher Bergwanderer stark angestiegen

Im Notfall ist mit dem Handy schnell die 112 gewählt und man wird vom Berg geholt. Die

Retter stellen fest, dass sich eine Art Vollkasko-Mentalität unter den Bergwanderern breitmacht.

Das belastet vor allem die Ehrenamtlichen und führt dazu, dass mancherorts nur noch schwer

freiwillige Einsatzleiter gefunden werden.

Außerdem dauert es, bis ein Bergwacht-Mitarbeiter voll einsatzfähig ist. Die Ausbildung dauert

rund drei Jahre: Die rotblauen Retter brauchen umfangreiche Erste-Hilfe-Kenntnisse, es gibt

sogar eigene Bergwacht-Notärzte. Klettern und Skifahren zu können ist sowieso

Grundvoraussetzung.

Bergrettung kann mehrere Tage dauern

Die Bergwächter müssen bereit sein, große Teile ihrer Freizeit zu opfern. Eine Bergrettung kann

mehrere Tage dauern, je nachdem wie schwierig die Unglücksstelle zu erreichen ist. Hinzu

kommt, dass nach der Rettung der Einsatz noch lange nicht beendet ist. Trotz Erschöpfung

müssen die Helfer, oft mit klammen Fingern, noch die Einsatzprotokolle erstellen.

„Die Bürokratie hat auch zugenommen. Gerade nach dem Einsatz ist das manchmal schwierig

und eine Belastung. Aber es geht nicht anders - ein notwendiges Übel.“ Axel Miller,

Einsatzleiter Bergwacht Garmisch-Partenkirchen

Die Rettungsorganisation denkt auch aus diesem Grund darüber nach, mehr Hauptamtliche als

Unterstützung einzustellen. Das geht aber aus finanziellen Gründen nur begrenzt. Die

Ehrenamtlichen sind und bleiben in der Bergrettung unverzichtbar.

Quelle: www.br.de, 18.08.2019

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Gerettete Schneeschuhwanderer drohen Bergrettung mit Klage

Mit einem kuriosen Fall sieht sich die Bergrettung in Tannheim in Tirol konfrontiert. Zwei von

ihr gerettete deutsche Schneeschuhwanderer weigerten sich, die Kosten für ihre Rettung in Höhe

von 2261 Euro zu bezahlen - unter Hinweis darauf, dass diese quasi überdimensioniert über die

Bühne gegangen sei. Den Bergrettern flatterte daraufhin ein Schreiben eines der Männer - er ist

Rechtsanwalt - ins Haus. Zwei Bergretter, ausgerüstet mit einer Lampe, hätten für den Einsatz

ausgereicht, die Rechnung sei viel zu hoch.

„Wir erfuhren von den Beiden telefonisch, dass sie völlig erschöpft seien, stark durchnässt und

stark frieren, sie wussten nicht mehr vor noch zurück“, erinnerte sich Ortsstellenleiter Reinhold

Bilgeri an den Einsatz. Zudem herrschte Lawinenwarnstufe 3, also erhebliche Gefahr, das Gebiet

war zudem weitläufig und von zahlreichen Gräben durchzogen. Im Zuge des Einsatzes hatten

sich drei Trupps mit je fünf Mann auf die Suche nach den beiden Deutschen gemacht. Leider

hielten sich die Schneeschuhwanderer nicht an die ausdrückliche Aufforderung, am zuletzt

georteten Platz zu bleiben. Schließlich erreichten die Bergretter die beiden Deutschen. Sie

statteten sie mit trockener Kleidung aus, versorgten sie mit Getränken und brachten sie sicher

zum Zugspitzblick. Dann folgte der Transport retour nach Schattwald. Wie sich später

herausstellte, war damit das letzte Kapital des Einsatzes noch nicht geschrieben.

„Die Einsatzstärke des Rettungsteams sei verhältnismäßig und den schwierigen Wetter- und

Lageverhältnissen angepasst gewesen, keinesfalls überdimensioniert“, so Anton Mattle, seines

Zeichens stellvertretender Leiter der Tiroler Bergrettung. Dass die beiden Deutschen in einer

großen Notlage waren und dies selbst so schilderten, würden die Aufzeichnungen des

eingegangen Notrufes in der Leitstelle Tirol eindeutig zeigen.

Quelle: www.diepresse.com, 07.05.2019

Frau am Ende ihrer Kräfte - Junges Paar aus Mittelfranken mit sehr schweren Rucksäcken kehrt an der

Mittelspitze (Watzmann) wieder um

RAMSAU - Zwölf Einsatzkräfte der Bergwacht Ramsau und die Besatzung des Traunsteiner

Rettungshubschraubers Christoph 14 haben in der Nacht von Montag auf Dienstag ein junges

Paar vom Watzmann-Hocheck gerettet, da die Frau nach einer missglückten Überschreitung im

Abstieg zwischen Hocheck und Hochstieg völlig kraftlos war und nicht mehr weiterkam.

Die jungen Franken hatten am Watzmannhaus übernachtet und waren am Morgen mit rund 16

bis 17 Kilo schweren Rucksäcken zu einer geplanten Sieben-Tages-Tour über den Watzmann ins

Steinerne Meer aufgebrochen, kamen aber wesentlich langsamer als vorgesehen voran. Auf der

Überschreitung war dann an der Mittelspitze Schluss: die beiden Urlauber erkannten, dass sie

mit den schweren Rucksäcken im ausgesetzten Gelände kein Tempo machen konnten, ihr

nächstes Etappen-Ziel an der Grieshütte nicht mehr erreichen würden und kehrten wieder um

zum Hocheck.

Gegen 18.20 Uhr setzten sie dann einen Notruf ab, da die Frau zwischen Hocheck-Gipfel und

Hochstiege am Ende ihrer Kräfte war. Die Besatzung des Rettungshubschraubers Christoph 14

flog im Pendelverkehr insgesamt sieben Ramsauer Bergretter zum Watzmannhaus, die dann zu

Fuß aufstiegen und zum Teil mit zusätzlicher Ausrüstung so weit wie möglich mit dem Tau

unterhalb der Wolkenschicht geflogen und abgesetzt wurden. Sie stiegen weiter auf, versorgten

die Frau so weit, dass sie entgegen der ersten Erwartungen dann doch in einer dreistündigen

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Aktion aus eigener Kraft gehen und am kurzen Seil zum Haus geführt werden konnte. Die

zusätzliche Ausrüstung für einen zunächst geplanten liegenden Abtransport in der Trage wurde

nicht mehr benötigt. Ein Rettungsflug für die Frau per Tau unterhalb des Nebels war wegen

Dunkelheit nicht mehr möglich. Die in Bergnot Geratenen übernachteten wieder im

Watzmannhaus und planten am Dienstagvormittag selbst abzusteigen. Die Bergretter gingen

nach einer Brotzeit am Watzmannhaus zu Fuß weiter zur Mitterkaseralm, wo sie ihre Kameraden

per Fahrzeug abholten und ins Tal fuhren. Der aufwendige Einsatz dauerte bis 2 Uhr in der Früh.

Quelle: Bergwacht Ramsau, 16.07.2019

Beim ersten Notruf schon gewarnt -

Mann geht trotzdem weiter auf Zugspitze - dann schlägt ein Blitz ein

Schon beim ersten Notruf riet ihm die Bergwacht Grainau vom weiteren Aufstieg auf die

Zugspitze ab: Doch ein 23-jähriger Mann wollte nicht hören und stieg weiter. Dann schlug ein

Blitz neben ihm ein.

GRAINAU - Die Wetterbedingungen - schwierig. Insbesondere die Prognose, dass Gewitter

aufziehen sollten, lud wahrlich nicht zu einer Bergtour ein. Davon ließ sich ein 23-jähriger

Unterfranke am Montag allerdings nicht beirren. Er versuchte trotzdem, übers Höllental auf die

Zugspitze zu gelangen - und löste einen Großeinsatz der Bergwacht aus.

Bei schlechter Sicht verlor der Kleinlangenheimer (Landkreis Kitzingen) bereits gegen Mittag die

Orientierung auf dem Höllentalferner. Um 13.17 Uhr setzte er seinen ersten Notruf ab. Per

Telefon gelang es dem Einsatzleiter der Bergwachtbereitschaft Grainau, ihn wieder auf den

richtigen Weg zu lotsen. „Allerdings habe ich ihm aufgrund der für nachmittags vorhergesagten

Wetterverschlechterung mit Gewittern von einem weiteren Aufstieg durch den oberen

Klettersteig zwischen Höllentalferner und Zugspitz-Gipfel abgeraten“, sagt Christoph Vogg.

Stattdessen empfahl er ihm dringend, zurück zur Höllentalhütte zu gehen und durch die Klamm

abzusteigen. Leider vergeblich.

Den jungen Mann zog es aber weiter auf Deutschlands höchsten Berg - gut eine Stunde später

rief er erneut um Hilfe. Mittlerweile war er in das angekündigte Gewitter geraten und hatte einen

elektrischen Schlag über das Stahlseil durch einen nahen Blitzeinschlag erlitten. Bei seinem

zweiten Notruf klagte er über Herzrasen und hatte panische Angst.

Daraufhin machten sich - zum Eigenschutz erst nach Abklärung der weiteren Wetterlage - sieben

Einsatzkräfte und ein Bergwacht-Notarzt der Bergwacht Garmisch-Partenkirchen mit der

Seilbahn Zugspitze auf den Weg zum Gipfel. Aufgrund der Rückmeldung, dass das Wetter etwas

besser geworden war, forderte Vogg parallel einen Hubschrauber an. Etwa 20 Minuten später

startete der ADAC-Hubschrauber Christoph Murnau mit einem Bergretter ins Höllental. Der

erste Anflug musste jedoch wegen unsicherer Sichtverhältnisse abgebrochen werden.

Mittlerweile waren drei Retter zu dem Patienten abgestiegen und kümmerten sich um die

Erstversorgung. Nach einem erneuten Wettercheck wagte der Pilot einen zweiten Anflug.

Diesmal gelang es, den Bergwachtmann mit der Winde an der Einsatzstelle abzusetzen und mit

dem Patienten im Rettungsdreieck gesichert wieder aufzunehmen. Der Hubschrauber brachte den

Unterfranken zur medizinischen Abklärung in die Unfallklinik Murnau. Die anderen Retter

stiegen wieder zum Gipfel auf und fuhren mit der Seilbahn ins Tal. Insgesamt waren bei diesem

Einsatz zehn Retter aus Grainau, ein Bergwacht-Notarzt und das Team des Hubschraubers vier

Stunden lang gefordert.

Quelle: www.merkur.de, 16.08.2019

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Edward Theodore Comton

Ein genialer Künstler

* 29. Juli 1849 in Stoke Newington, England

† 22. März 1921 in Feldafing

„Gestern mittag ist nun endlich erlösend der Tod zu meinem

Vater gekommen. Ob er wohl jetzt die strahlenden lichten Höhen

und die Gottesherrlichkeiten schaut, auf die er immer so

zuversichtlich gebaut hat?“, schrieb Comptons Tochter Marion

am 23. März 1921 an Dr. Karl Blodig, dem treuen Freund und

langjährigen Seilgefährten des Verstorbenen.

Schon Fritz Schmitt, der bekannte Bergsteiger-Biograf, der sich

auch mit E. T. Compton beschäftigt hat, nannte diesen einen

zweifachen Klassiker: Als Maler und Zeichner hat er an die 2000

Zeichnungen und Gemälde geschaffen und als Bergsteiger konnte er gut 300 bedeutende

Ersteigungen durchführen. Die meisten Bergsteiger haben sicher schon einmal eine alpine Szene

dieses bedeutenden Malers zu Gesicht bekommen, doch nur wenigen ist bekannt, dass Compton

auch außeralpine Gebiete besucht hat, wie beispielsweise die Lofoten und das Schottische

Hochland, aber auch die Hohe Tatra, das Nordkap und die Hebriden.

Edward Theodore Compton, meist E. T. Compton wurde 1849 in Stoke Newington (heute ein

Vorort von London) als Sohn des kunstsinnigen Versicherungsagenten Theodore Compton

geboren. 1863 begann Compton mit ersten Naturstudien und besuchte verschiedene englische

Kunstschulen, so auch für kurze Zeit die Royal Academy of Arts in London. Ansonsten bildete

er sich autodidaktisch weiter und arbeitete an Motiven aus den englischen Seengebieten.

Comptons Vater versuchte, seinen Kindern eine möglichst gute Schulbildung zu ermöglichen.

Die hohen Schulkosten in England und um eine - insbesondere für seinen kunstbegabten Sohn

Edward Theodore - ideale Umgebung zu schaffen, veranlassten die Familie 1867 nach

Deutschland auszuwandern und nach Darmstadt zu übersiedeln. Tatsächlich war Darmstadt zu

jener Zeit als Residenz des Großherzogtums Hessen unter Großherzog Ludwig III. eine

Künstlerhochburg. Aus Comptons Tagebuchaufzeichnungen geht hervor, dass nicht nur sein

Vater, sondern auch er in Darmstadt Zeichenunterricht erteilten.

Im Juli 1868 reiste die gesamte Compton-Familie in das Berner

Oberland, nachdem E. T. bereits 1867 den Thuner See besucht und

davon begeistert berichtet hatte. Auf dieser zweiten Reise soll sich

Compton während der Überfahrt über den Thuner See, als sich der

Nebel überraschend teilte und Eiger, Mönch und Jungfrau fast visionär

über ihm standen, spontan dazu entschlossen haben, Bergmaler und

Bergsteiger zu werden. Ab 1869 wohnte Compton in München und

stellte dort zwei Jahre später zum ersten Mal im Glaspalast aus.

1872 heiratete er die Münchnerin Gusti von Romako (Auguste Amalie

Plötz) und unternahm mit ihr eine zweijährige Reise, die das junge Paar

nach Tirol, Kärnten und Italien führte. 1874 - Compton war jetzt 24

Jahre alt - ließen sich die beiden schließlich in Feldafing am

Starnberger See nieder. Königssee

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E. T. Compton bereiste nun Nordafrika, Spanien, Korsika und Skandinavien, den größten

Eindruck machten auf ihn jedoch die gewaltigen hochalpinen Szenerien im Berner Oberland, so

dass er sich fortan nur mehr der Gebirgsmalerei widmete.

Anfänglich noch der englischen Romantik verhaftet,

entwickelte Compton später eine realistische neue Art der

Naturdarstellung, indem er sich zwar von seinen künstlerischen

Ideen leiten ließ, aber dabei größtmöglich geographisch exakt

blieb.

Schon seine frühen Aquarelle zeigen die hohe Bedeutung von

Helligkeit und Licht in Comptons Werken. Auffallend in den

Kompositionen Comptons ist auch die Art, wie er die diffuse

Technik der verschiedenen Medien wie Wasser und Luft, auch

aufsteigender Dunst und Nebel, für die Darstellung der

Eigenheiten und momentanen Stimmungen seiner Landschaften

nutzte. Seine vom eigenen Erleben geprägten Werke mit ihren

äußerst anschaulichen Szenen sind häufig von hohem

dokumentarischem Wert, lassen sie uns doch einen

eindrucksvollen Blick in die Frühzeit des Alpinismus tun.

Auch wenn Compton nie eine Schule gegründet oder initiiert hatte, nahmen doch viele Künstler

Comptons Stil zum Vorbild: so z. B. Ernst Platz und Karl Arnold sowie Comptons Sohn Edward

Harrison Compton und seine Tochter Dora Compton.

Europaweit bekannt wurde Compton auch als Illustrator in den Publikationen des Deutschen und

Oesterreichischen Alpenvereins (DuÖAV) und verschiedene alpine Publikationen und

Zeitschriften. So etwa gehen die Abbildungen in Emil Zsigmondys Buch „Im Hochgebirge“

(1889) auf ihn zurück, ebenso die Illustrationen in „Alpinismus in Bildern“ von Steinitzer (1913)

oder „Über Fels und Firn“ von H. Hess (1901). Viele seiner Arbeiten kamen in Form von

Ansichtskarten auf den Markt, die heute vor allem in Sammlerkreisen sehr geschätzt werden.

Aber auch die alpinen Vereine erwarben seine Bilder, und noch heute hängt in so manchem

Vereinslokal ein „echter Compton“ an der Wand.

In der Zeit des Ersten Weltkriegs

erreichte Compton eine Einladung

des österreichischen Heeres-

kommandos, Bilder von der

Gebirgsfront zu malen. Das

Bayerische Oberkommando

untersagte ihm dies aber, obwohl

sich Berlin zustimmend äußerte.

Zudem wurde er damals von der

Münchener Künstlergenossenschaft

ausgeschlossen, weil er Engländer

war. Bis zu diesem Zeitpunkt

konnte er sich mit seinen Werken

an zahlreichen Ausstellungen beteiligen, was seiner Popularität als Künstler, der seit 1880 auf

eine Mitgliedschaft bei der angesehenen Royal Academy verweisen konnte, sehr entgegenkam.

Mit seinen Arbeiten beeinflusste E. T. Compton die Werke von Ernst Heinrich Platz, Karl

Arnold und nicht zuletzt auch die seines Sohnes Edward Harrison Compton (1881 - 1960).

Guglia di Brenta

Gipfelkreuz Großer Priel

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Viele seiner Berggefährten konnten E. T. Compton bei seinen Arbeiten beobachten. Von einer

Begegnung mit einem Kärntner Bauern berichtet Dr. Karl Blodig im „Bergsteiger“ (1938/39, S.

678 ff.) folgendermaßen: „Als er (Compton) einmal einem Bauern sein Skizzenbuch

durchzublättern erlaubte, brach der zuletzt in die Worte aus: ,Bua, Bua, aber du kannst es!“

Über eine weitere köstliche Begegnung berichtet Blodig in dem erwähnten Aufsatz an anderer

Stelle. Compton arbeitete in der Umgebung von Chamonix an einem Bild der kühn aufragenden

Aiguille du Midi, als ein Spaziergänger gönnerhaft bemerkte: „C’est bien, continuez comme

ça!“ („Das ist gut, machen Sie nur weiter so!“) Nach einer halben Stunde kam der Mann wieder,

blickte Compton über die Schulter und sagte: „Ah, Monsieur, vous êtes peintre“ („Ah, mein Herr,

Sie sind ein Maler“.) Schließlich kam der Franzose ein drittes Mal vorbei. Das Bild war schon

ziemlich weit gediehen, und voller Staunen sagte er diesmal: „Ah, Monsieur, vous êtes un

artiste!“ („Ah, mein Herr, Sie sind ein Künstler!“). Als dann der Kritiker nach einiger Zeit noch

einmal bei Compton vorbeischaute, verneigte er sich tief und rief: „Pardon Monsieur, vous

n’êtes ni peintre et ni artiste, vous êtes un grand génie!“ („Entschuldigung, mein Herr, Sie sind

weder ein Maler, noch ein Künstler, sondern ein großes Genie!“).

Der geniale Hochgebirgsmaler war jedoch auch ein ausgezeichneter Bergsteiger. Unter seinen

zahlreichen Touren in Ost- und Westalpen finden sich nicht weniger als 27 Neutouren bzw.

Erstbesteigungen. „Nach Purtscheller nimmt Compton von allen trefflichen Bergsteigern, mit

denen zu wandern mir beschieden war, unbestritten den ersten Platz ein“, schreibt Dr. Karl

Blodig. „Sein glänzendes bergsteigerisches Können auf Eis und Fels, seine geradezu

bewundernswerte Ausdauer, seine unerschöpfliche Geduld im Ertragen von Mühseligkeiten, sein

wirklich geniales Pfadfindertalent, sie alle werden

vielleicht noch von seinem erhabenen Gleichmute

und seiner unverwüstlichen olympischen

Heiterkeit übertroffen“. Diese Leistungen waren

es auch, die 1880 den exklusiven britischen Alpine

Club bewogen, E. T. Compton die Mitgliedschaft

anzubieten. Im selben Jahr konnte er auch dem

Österreichischen Alpenklub beitreten. Darüber

hinaus nahmen ihn der Deutsche und

Österreichische Alpenverein (DuÖAV) und der

Schweizer Alpenklub (SAC) in ihre Reihen auf.

1919 unternahm Compton seine letzte große Bergfahrt, die ihn auf den Großglockner führte.

Anlässlich seines 70. Geburtstags wurde der Bau der Compton-Hütte am Reißkofel (Kärnten)

beschlossen, ihre Eröffnung fand jedoch erst nach seinem Tod im Jahr 1928 statt.

Im Alter von 72 Jahren starb der Maler und Bergsteiger Edward Theodore Compton am 22.

März 1921 in Feldafing am Starnberger See.

Nennenswerte Erstbesteigungen und Touren (Auswahl)

Torre di Brenta - Erstbesteigung 1882

Cima Brenta - Erstbesteigung durch die Südwand 1882

Große Fermeda (Geislergruppe)

Aiguille Blanche de Peuterey - erste führerlose Besteigung, gemeinsam mit Karl Blodig

Großglockner - Besteigung mit 70 Jahren

Seilgefährten (Auswahl)

Karl Blodig, Ludwig Purtscheller, Emil Zsigmondy, …

Quelle: www.bergnews.com, www.wikipedia.com

Großglockner

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Spitzmauer / Totes Gebirge

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Piesling Ursprung / Totes Gebirge

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Vernagthütte 2755m Capanna Margherita 4554m

Brandenburger Haus 3277m Monte Rosa Hütte 2883m

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