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36 QUER DURCH KÖLN Donnerstag/Freitag, 14./15. Mai 2015 Kölner Stadt-Anzeiger Donnerstag/Freitag, 14./15. Mai 2015 Kölner Stadt-Anzeiger QUER DURCH KÖLN 37 FLÜCHTLINGSHILFE IN KÖLN „DIE ELTERN SIND DANKBAR“ Maria Fetter Nathansky Maria Fetter Nathansky (56) passt mit zwei anderen Ehrenamtlerinnen einmal in der Woche auf drei Babys und drei Klein- kinder auf. In der Zeit besuchen die Mütter und Väter einen Deutschkurs. Der dauert eineinhalb Stunden und findet direkt im Zimmer nebenan statt. Falls es einmal Probleme mit den Kindern geben sollte, was bisher noch nicht geschehen sei, sind die Eltern also schnell erreichbar. Ungefähr seit einem halben Jahr engagiert sie sich im Godorfer Flüchtlingsheim am Kuckucks- weg. Reiflich habe sie überlegt, ob sie die Aufgabe zusätzlich zu ihrem anderen En- gagement für alte und bedürftige Men- schen übernehmen solle. Heute ist sie froh, dass sie den Schritt getan hat. „Die Kinder freuen sich, wenn wir uns um sie kümmern und uns mit ihnen be- schäftigen; und die El- tern sind dankbar“, sagt sie. Besonders gefällt ihr, dass die Mütter und Vä- ter Deutsch lernen. Sprachkenntnis sei das A und O für die Integrati- on. Sie selbst war mit ih- rer Familie vier Jahre lang aus beruflichen Gründen in Spanien. Es sei anfangs sehr schwer gewesen, dort im fremden Land Kontakte zu knüpfen. Sie kennt also aus ei- gener Erfahrung die Probleme mit der Ein- gliederung, Deshalb könne sie gut nach- empfinden, wie verloren und einsam man sich in einem neuen Land fühlt, wenn alle Netzwerke abgeschnitten sind, wenn man die Sprache nicht beherrscht. Dabei sei sie damals freiwillig im Ausland gewesen. Die Flüchtlinge seien dagegen gezwungen worden, oftmals ganz alleine oder nur mit den Kindern die Heimat, die Angehörigen und die Freunde zu verlassen. (süs) „EINE AUFGABE, DIE MIR LIEGT“ Sascha Koch (26) will „anderen Leuten ein- fach helfen, sich hier genauso wohl und heimisch zu fühlen“ wie er selbst. „Man muss irgendwo anfangen, offen und freundlich aufeinander zuzugehen.“ Der Germanistik- und Romanistikstudent an der Kölner Universität wohnt eigentlich in Höhenhaus, engagiert sich aber in der Will- kommens-Initiative in Brück. „Da bin ich über einer Schulfreund hingekommen, der dort zu den Mitgründern zählt“, sagt Koch. „Die Initiative suchte jemanden, der sich um Presse- und Öffentlichkeitsarbeit küm- mert. Das ist ein Aufgabengebiet, das mir liegt. Damit kann ich mich gut einbringen, denn die ganze Flüchtlingsproblematik liegt mir doch auch am Herzen.“ So hat er gerade eine gemeinsame Müll-Sammelaktion von Bürgern und Flüchtlin- gen, die im Sportpark- Hotel untergebracht sind, in der Flehbachaue mitorganisiert. „Ich habe vorher Flyer erstellt und verteilt und bei der Akti- on dann Gruppen einge- teilt und als Ansprech- partner an der Sammelstelle zur Verfügung gestanden.“ Zudem zählt Koch mit Christi- an Fahl, Wolfgang Schmitz und Johanna Claßen zu den Bindegliedern zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen, in denen enga- gierte Anwohner aus Brück, Neubrück und Merheim mitarbeiten. Zur aktiven Unter- stützung der Flüchtlinge im Sportpark-Ho- tel – zwei weitere Wohnheime mit rund 200 Plätzen sollen in Kürze noch am Pohl- stadtsweg und an der Broichstraße hinzu- kommen – gibt es AGs zur den Themen Sprachunterricht, Begleitung bei Behör- dengängen, Freizeitgestaltung, medizini- sche Beratung und Spendensammeln. (NR) Sascha Koch Foto: NR KALK Vietorstraße (Kalk), Wohnheim mit 31 Plätzen Kalker Hauptstraße (Kalk), zwei Hotels mit insgesamt 91 Plätzen Sieversstr. (Kalk), Hotel mit 36 Plätzen Solinger Straße (Kalk), Hotel mit 128 Plät- zen Vorsterstr. (Kalk), Hotel mit 75 Plätzen Kapellenstraße (Kalk), Umbau des Klaris- senklosters bis Ende 2015 Ostmerheimer Straße (Merheim) Wohn- heim im Klinikum mit 32 Plätzen Winterberger Straße (Merheim) Wohn- heim mit 39 Plätzen Nördlinger Straße (Vingst), Appartement- haus mit 70 Plätzen Pohlstadtsweg/Rather Kirchweg (Brück) Wohnheim (Container) mit 80 Plätzen für Familien soll im Juni bezogen werden. Oberer Bruchweg (Brück), Hotel mit 90 Plätzen für alleinstehende Männer Broichstraße (Brück), Wohnheim in Pla- nung mit 120 Plätzen für Alleinstehende oder Familien. Eröffnung noch unklar. Helfer werden gesucht bei der „Willkom- men in Brück“ (www.winbrueck.de) oder in Kalk bei „miteinander Mensch-Sein“ über Monika Maria Clouth 0174/622 28 10. RODENKIRCHEN Kuckucksweg (Godorf): 68 Plätze , be- treut vom DRK. Ein zweites Haus für 80 Flüchtlinge wird derzeit gebaut. Hotel Godorfer Mühle, Godorfer Haupt- straße: 70 Plätze . Die Einrichtung wird durch eine Sozialarbeiterin betreut. Hitzeler Straße 125 (Raderthal), 37 Plätze: Ebenfalls städtisch betreut. Marktstraße 20-24 (Raderberg), 20 Plätze: Unter städtischer Leitung. Koblenzer Straße 15 (Bayenthal). Künftig 80 Plätze, betreut vom DRK. Erste Einzüge ab Mitte Mai. Telefon 848 72 22. Im Bezirk Rodenkirchen sind Unterkünfte in Rondorf, Sürth, Bayenthal, Marienburg geplant. Wer die vom DRK betreuten Un- terkünfte unterstützen möchte, kann sich per Telefon (848 72 22) oder E-Mail sozial- [email protected] melden. In Sürth [email protected] und Rondorf [email protected]) gibt es Willkom- mensinitiativen. In Bayenthal engagieren sich unter anderem die Neuland-Gärtner www.neuland-koeln.de und der Bürger- verein Bayenthal/Marienburg www.buer- gerverein-bayenthal-marienburg.de. An- sprechpartner sind zudem Hubertus Tempski (Bürgeramt Rodenkirchen) sowie die Kirche www.rheinbogen-kirche.de MÜLHEIM Frankfurter Straße (Mülheim): Hotel mit 158 Plätzen Genovevastraße (Mülheim): Hotel mit ins- gesamt 76 Plätzen Schönrather Straße (Mülheim): Wohn- heim mit 50 Plätzen Am Springborn (Mülheim) Wohnheim (Container), 122 Plätze Mündelstraße (Mülheim) Männerwohn- heim mit 85 Plätzen Unterstützung wird für die Lebensmittel- ausgabe an der Alten Wipperfürther Straße benötigt, außerdem für die Kleiderstube von St. Clemens und Mauritius an der Wichheimer Straße 22.Der Arbeitskreis „Willkommenskultur Mülheim“ organisiert Hilfen aller Art, Ehrenamtliche überneh- men Patenschaften für Familien. Nähere Informationen erteilt Marianne Arndt un- ter 0177/6538567 oder per Mail [email protected] Der Verein Latscho Drom bietet im Don- Bosco-Club an der Tiefentalstraße Sprach- kurse und Beratung für Flüchtlinge an. Der Club sucht Fahrer oder Helfer, die Jugendli- chen Nachhilfe-Unterricht erteilen. Nähere Informationen unter 6470855. [email protected] „WER, WENN NICHT WIR?“ Michael Mochas Dienst beginnt dienstags um 13 Uhr. Lebensmittel sortieren, kleine Reparaturen erledigen – zu tun hat Mocha, das „Mädchen für alles“, genug. Am Ende des Tages stehen regelmäßig 45 Tüten vol- ler Lebensmittel, die Mocha zur Flücht- lingsunterkunft an der Frankfurter Straße bringt. Mocha ist 46 Jahre alt und ein Mann, der anpacken kann. Seit fünf Jahren arbeitet er ehrenamtlich für die Caritas-Lebensmittelausgabestelle der katholischen Kirchengemeinde St. Cle- mens und Mauritius an der Alten Wipper- fürther Straße in Buchheim. Viele Bedürfti- ge kommen in das Ausgabe-Zelt neben der Kirche St. Mauritius, um sich mit Obst, Ge- müse und Brot einzudecken. Vor zwei Jah- ren haben Mocha und die übrigen Helfer eine neue Aufgabe bekom- men: Sie versorgen das Mülheimer Hotel, in dem etwa 150 Flüchtlinge aus Serbien, Mazedonien und Bosnien leben. Mit Gemeindereferentin Marianne Arndt fährt Mocha jeden Dienstag- abend mit dem Gemeindebus zum Hotel an der Frankfurter Straße , um die Tüten zu verteilen. Die Lebensmittel werden ge- spendet oder zugekauft. Mocha liegt die Arbeit am Herzen. Im Hotel leben nicht selten fünf Flüchtlin- ge in neun Quadratmeter kleinen Zim- mern. Manche bereits seit langem. Kein Pri- vatleben, keine Rückzugsmöglichkeit, kaum Geld: „Ich schätze, dass es den Men- schen dort richtig schlecht geht“, sagt Mo- cha. Es mache ihn glücklich, andere Men- schen glücklich zu machen, sagt er. Und überhaupt: „Wenn wir das nicht machen würden, wer macht das denn dann?“(cht) Michael Mo- cha Foto:cht PORZ Linder Mauspfad (Wahn): 21 Plätze Poller Damm (Poll): 57 Plätze Poller Holzweg (Poll): 106 Plätze www.integrationskreis-poll.de Siegburger Straße 486 (Poll): 152 Plätze , alle vier Einrichtungen werden von der Stadt Köln betreut, Ansprechpartner für Hilfswillige ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Telefon 0221/848 72 22 oder [email protected] Rather Str. (G’hoven): 101 Plätze Albert-Schweitzer-Str. (Wahn): 80 Plät- ze Loorweg (Zündorf): 45 Plätze Ehemaliger Baumarkt: 203 Plätze , für die Sozialraumkoordinator Marco Mor- schel als Ansprechpartner dient. Er ist un- ter 02203/182 96 95 erreichbar. Hotel Dürscheid: 81 Plätze Hotel Wahn: 31 Plätze , beide Hotels werden von Familie Odenthal betrieben: [email protected] Hotel Wilhelm-Ruppert-Straße: 176 Plät- ze Das „Bündnis Willkommen in Porz“ dient engagierten Bürgern als Koordinierungs- stelle. Ansprechpartner ist Bürgeramtslei- ter Norbert Becker (Tel. 0221/221-973 11). [email protected] „DER MIX MACHT ES SPANNEND“ Silke Feil-Schwamborn (57) engagiert sich in Poll für dort lebende Flüchtlinge. Sie ist Mitglied im neu gegründeten Poller Integ- rationskreis, der sich aus Parteien, Verei- nen, Kirchen, Schulen, Kitas und Privatleu- ten zusammensetzt. Feil-Schwamborn ist mit ihrem Mann zum Integrationskreis ge- stoßen. „Wir sind einfach sozial einge- stellt“, sagt Feil-Schwamborn über ihre In- tention, den Flüchtlingen den Einstieg in Deutschland zu erleichtern. Persönlich war ihre Mutter von Flucht betroffen. Sie flüchtete als junge Frau aus Schlesien nach Deutschland. „Als Kind habe ich gemerkt, wie distanziert Menschen mit Flüchtlingen umgehen können – das hat mich nachhal- tig geprägt, und ich möchte den Flüchtlin- gen hier das Gefühl ge- ben, dass sie willkom- men sind.“ Die Mitglieder des Poller Integrations- kreises engagieren sich in Arbeitsgruppen, um effizient arbeiten zu können. Silke Feil- Schwamborn war mit zuständig für die Organi- sation des „Markt der Möglichkeiten“. Dort konnten Bürger Klei- der-, Geschirr- und Möbelspenden abge- ben, die direkt an die Flüchtlinge weiterge- geben wurden. In Zukunft möchte sich die 57-Jährige dafür einsetzen, dass die Flücht- linge schneller Kontakt zu Poller Bürgern bekommen. „Vor allem Frauen mit Kindern wünschen sich, dass die Kleinen Kontakt zu Gleichalt- rigen bekommen“, berichtet sie. „Ich freue mich, wie offen die Poller sind und auf die Flüchtlinge zugehen.“ Für sie ist klar, dass der Zuzug der Flüchtlinge eine Bereiche- rung für den Stadtteil ist. „Der Mix macht das Leben spannend.“ (stö) Silke Feil- Schwamborn „EIN WOHLIGES WILLKOMMEN“ Das Hotel Mado in der Moselstraße ist in- zwischen komplett an die Stadt vermietet, die dort Flüchtlinge unterbringt. Und es ist zum zweiten Wohnzimmer für die Lehre- rin Jennifer Metzing, 35, geworden. „Die Flüchtlinge brauchen ein wohliges Will- kommen“, sagt sie. Sie engagiert sich mit zahlreichen Nachbarn in einer Initiative. Mehr als 200 Hilfswillige gehören dem E- Mail-Verteiler an, schätzt sie. Für die erste Begegnung hatten sie sich allerdings auf ei- ne Abordnung von sechs Personen geei- nigt. Die hatten Briefe dabei auf Deutsch, Arabisch, Italienisch und Englisch. „Wir wollten zeigen, dass wir froh sind, dass sie da sind. Dass sie die Flucht überlebt ha- ben“, sagt sie. Im Frühstücksraum des Ho- tels trafen in diesem Mo- ment Welten aufeinan- der: Menschen, die vor Armut, Gewalt und Re- pression geflohen wa- ren, und ihre zukünfti- gen Nachbarn, Men- schen aus den umliegen- den Straßen der Süd- stadt. „Alle waren so auf- geregt“, erinnert sich Metzing. Schnell wurde klar, dass das Vier- tel die Initiative – E.Mail: willkommen.mo- [email protected] – unterstützt. Auch mit den Hotelbetreibern arbeiten sie eng zusammen. Inzwischen gibt es zahlreiche Aktivitäten für die Bewohner. Fußball, Ki- no, Fahrradtouren, eine Bibliothek und ge- meinsames Kochen etwa. Besonders wich- tig sind nach wie vor Deutschunterricht, Hilfe beim Arztbesuch, auf den Ämtern und bei drohenden Abschiebungen. Die stehen nämlich mittlerweile auch bevor – allen In- tegrationsbemühungen zum Trotz. Ge- sucht werden derzeit vor allem Paten, die sich um neue Bewohner kümmern. (phh) Jennifer Metzing INNENSTADT Niederichstraße 7 (Altstadt-Nord): Wohn- heim mit 47 Plätzen. Hansaring 139-141 (Altstadt-Nord): Wohn- heim mit 68 Plätzen. Kyffhäuser Straße 26-28 (Altstadt-Nord): Wohnheim mit 80 Plätzen. Ankerstraße 13-15 (Altstadt-Süd): Wohn- heim mit 70 Plätzen. Mauritiussteinweg 53-37 (Altstadt-Süd): Wohnheim mit 58 Plätzen. Agrippinaufer 8 (Neustadt-Süd): Wohn- heim mit 51 Plätzen. Severinswall 16-20 (Altstadt-Süd): Wohn- heim mit 107 Plätzen. Siegburger Straße 122 (Deutz): Wohn- heim mit 54 Plätzen, betreut vom DRK. In sieben Hotels, Beherbergungsbetrieben und zwei kleineren Wohnheimen mietet die Stadtverwaltung rund 500 weitere Plätze. Das DRK betreibt im Bezirk außerdem Not- aufnahmen in der Vorgebirgstraße (Neu- stadt-Süd, 124 Plätze), im Auenweg 17 (Deutz, 430 Plätze) und im Reitweg 10 (Deutz, 200 Plätze). Wer dort oder in ande- ren Unterkünften des DRK helfen möchte, kann sich per Telefon (848 72 22) und E- Mail ([email protected]) in- formieren. „JEDER, WIE ER MAG“ Walter Eumann, seine Frau Christa und Marielies Froelich sind drei von rund 30 Eh- renamtlern, die seit März 2014 den Flücht- lingen im alten Riehler Versorgungsamt helfen. Kurz nach Ankunft der ersten 82 Menschen gab es das erste Treffen in der Gaststätte „Körner’s“, die nun etwa alle sechs Wochen stattfinden. Die Angebots- Palette ist breit: So gibt es Hilfe bei Amts- gängen, Feste, Sprachkurse, Freizeit, Sport, Kultur und mehr. Der Runde Tisch versteht seine Arbeit als Einsatz fürs Zusammenle- ben im Ort: „Wir haben von Anfang an ge- sagt: Wer in Riehl wohnt, ist Riehler“, so Eu- mann. Neben regelmäßigen Helfern stifte- ten häufig auch Nachbarn spontan Dinge fürs Heim. Allgemein sei die Stimmung sehr gut. „Wenn man durchs Veedel geht, merkt man, was für eine Solidarität herrscht.“ Auch Parteien, Kirchen, Sportclubs und die Riehler Interessenge- meinschaft wirkten im Netzwerk mit. Sehr wichtig ist ihnen, dass es dort keine Hierarchien oder Leiter gibt. „Jeder soll sich so engagieren, wie er oder sie es mag“, finden die drei. Bildung sei den Flüchtlingen sehr wichtig – gerade Afgha- nen und Syrer lernten hoch motiviert Deutsch. „Denn sie wissen, dass sie sicher bleiben dürfen.“ Manchmal hätten sie mit verzweifelten Menschen zu tun, die an Schlafstörungen und psychosomatischen Erkrankungen leiden. Doch es gibt auch immer wieder lustige Erlebnisse – wie Eu- mann, der Gitarrenkurse im Heim anbietet, erzählt. „Ich stieg einmal am Hauptbahn- hof um – und ein kleiner Junge, der mich erkannte, rief »Gitarra, Gitarra!«“, erinnert er sich. (bes) Walter Eumann VON PHILIPP HAASER UND CHRISTIAN LÖER Mehr als 6000 Flüchtlinge leben momen- tan in Köln, fast viermal so viele wie im Jahr 2010. Die schiere Zahl der Neuan- kömmlinge hat für eine Veränderung der Stadtgesellschaft gesorgt. Die am häufigs- ten gehörte Frage bei Informationsverans- taltungen zu neuen Unterkünften lautet längst nicht mehr, wo in Gottes Namen das alles noch hinführen soll. Sondern: „Wie kann ich helfen?“ Um jenen Bürgern, die helfen wollen, die Berührungsängste zu nehmen und den ersten Schritt zur Hilfe zu erleichtern, ha- ben wir diese Doppelseite gestaltet: Wir zeigen, wo in Ihrer Nachbarschaft Flücht- linge untergebracht sind. Bieten Kontakt- daten zu Menschen, die sich auskennen. Stellen Bürger vor, die bereits engagiert sind. Denn zwischen dem Willen zur Hilfe und der Umsetzung liegt oft nur ein Tele- fonanruf. Die Kölner Willkommenskultur führte die Hilfsorganisationen zu Beginn der Flüchtlingswelle zeitweise an ihre Gren- zen: Schulen, die um Sachspenden baten, wurden glatt überrannt, Kleiderkammern liefen über. Und trotzdem: Hilfe ist nach wie vor dringend nötig, und der Bedarf wird immer differenzierter. Ein Ziel ist, den Flüchtlingen das Leben in unserer Mitte zu erleichtern. Davon profitieren beide Seiten: Wer ihnen das Gefühl nimmt, Fremder im fremden Land zu sein, dem gelingt es auch viel schneller, die neuen Mitbürger nicht mehr als Fremde wahrzunehmen. Sondern als das, was sie sind: Nachbarn. Als Alfred Neven DuMont in diesem Ja- nuar 160 Kölner Flüchtlinge zu einem Abend der Begegnung ins Neven DuMont Haus nach Niehl einlud, erinnerte er da- ran, dass seine Familie selbst vor 300 Jah- ren aus Spanien eingewandert sei und es in Deutschland zu etwas gebracht habe. Dazu ermunterte er auch die Gäste: „Lernt! Ergreift einen Beruf! Baut euch eine Existenz auf! Wir brauchen euch dringend.“ Lektionen in Hilfe Dabei kann Helfen eine mühselige Ange- legenheit sein. Viele Migranten rechnen gar nicht damit, dass die Menschen in ih- rem Gastland auch tatsächlich Gastgeber sein wollen. Joachim Ziefle, Akademischer Studien- leiter der Melanchthon-Akademie, unter- stützt diejenigen, die sich engagieren wol- len. So organisiert die Akademie etwa Vernetzungstreffen, um den Austausch unter den Helfern zu erleichtern. Fallstri- cke gibt es genug: „Man weiß ja nicht: Was haben die Flüchtlinge auf ihrem Weg und in ihrer Heimat durchlitten? Da heißt es: Helfen muss geschult werden“, sagt Ziefle. Eine harmlose Aufforderung etwa, ein gespendetes Kleidungsstück einfach mal anzuprobieren, könne schlimme Erin- nerungen zurückholen, wenn jemand auf der Flucht genötigt wurde, sich auszuzie- hen. Wichtig sei zudem, sich wenigstens ein paar Kenntnisse über Religion und Kultur der Flüchtenden anzueignen; zu wissen, was die Ankömmlinge freut und was eventuell Schmerz verursacht. „Wir alle sind vermutlich nicht wirklich auf die Flüchtlinge vorbereitet. Aber wir wollen sie so gut wie möglich willkommen hei- ßen“, so Ziefle. Vernetzte Hilfe Das Netzwerk Willkommenskultur Köln versucht, bürgerschaftliches En- gagement zu vernetzen und in Koope- ration mit den hauptamtlichen Bera- tungsstellen zu unterstützen. Dafür bietet die von „wir helfen“ finanzierte Seite „wiku-koeln.de“ eine Plattform: www.wiku-koeln.de NIPPES Neusser Landstraße 2 (Niehl): 115 Plätze. Frau Schmidt-Vuong vom Internationa- len Bund (IB) leitet das Heim, Telefon 71 500 520. Xantener Straße 84 (Nippes): 78 Plätze. Leiter: Herr Sittle/Herr Lafkih (IB), Telefon 28 35 701. Boltensternstraße 2 und 4 (Riehl): 200 Plätze. Boltensternstraße 10 (Riehl): 220 Plätze. Alle drei Standorte leitet das DRK. Telefon 848 72 22. Lindweilerweg 117 (Longerich): 80 Plätze. Die Leitung hat Andreas Schäfer vom SKM, Telefon 0176/473 20 272. Hotel Göddertz (Grethenstraße 1a, Long- erich): 25 Plätze. Hotel Boardinghome (Steinbergerstraße 34-38, Nippes): 145 Plätze. Hotel Stadt Viersen (Viersener Straße 32, Nippes): 35 Personen . Wer helfen mag, kann sich in Niehl an die „Kantine“ ([email protected]) oder den Runden Tisch MauNieWei (www.maunie- wei.de) wenden. Einen solchen gibt’s auch in Riehl, [email protected]. „Willkommen in Longerich“ ist erreichbar via www.wi-lo.de, „Fliehkraft e.V.“ in Nip- pes unter www.fluechtlingszentrum.de. „WIR MÜSSEN HELFEN“ Wolfgang Kurtenbach (74) findet: „Den Menschen, die so viel gelitten und es auf ih- rer Flucht bis hierher geschafft haben, de- nen müssen wir helfen.“ Seit mehr als ei- nem Jahr betreut er eine syrische Familie mit ihrem Baby, das im vergangenen Jahr in Köln zur Welt kam. „Nachdem ich einen Be- richt über die Flüchtlinge im Fernsehen ge- sehen hatte, wollte ich aktiv werden. Die Caritas vermittelte mir die Familie“, berich- tet Kurtenbach. In der Zwischenzeit ist es ihm gelungen, dem 28-jährigen Familienvater ein Prakti- kum in einem ortsansässigen Einzelhan- delsbetrieb zu vermitteln. „Sogar mit der Aussicht auf eine Festanstellung, bezie- hungsweise Ausbildung“, freut sich Kur- tenbach für den jungen Mann und wünscht sich auch so viel Glück bei der Betreuung eines jun- gen Chinesen, die er kürzlich neu begonnen hat. Außerdem ist Kur- tenbach noch im Unter- stützerkreis „Willkom- men in Lövenich und Weiden“ tätig. Dort be- gleitet er Asylbewerber bei Behördengän- gen, Arztbesuchen und hilft bei der Woh- nungssuche. „Eine Wohnung zu finden, ist für die Flüchtlinge am schwersten“, sagt Kurtenbach. Dabei sei ein eigenes Heim das Allerwichtigste, um endlich wieder zur Ru- he kommen zu können, das Erlebte zu ver- arbeiten und ein neues Leben beginnen zu können. Circa zehn Stunden pro Woche wendet er für sein ehrenamtliches Engagement auf und meint: „Für mich als Rentner ist das doch nicht viel. Da bleibt noch genügend Zeit, die ich mit meiner Frau, den Kindern und den Enkeln verbringen kann.“ (eic) Wolfgang Kurtenbach „SPORT IST KOMMUNIKATION“ Khaled Souid (47) holt Kinder und Jugend- liche, die in der Notunterkunft Herkules- straße leben, regelmäßig zum Fußballtrai- ning ab. Für ein paar Stunden können sie so den beengten Verhältnissen des überfüll- ten Gebäudes entfliehen. Das Training in der Turnhalle einer nahen Grundschule oder auf einem der Plätze der Prälat-Wol- ker-Sportanlage an der Inneren Kanalstra- ße ist mehr als nur Ablenkung und Gelegen- heit, sich auszutoben. „Sport ist ein ideales Medium zur Kommunikation“, sagt Khaled, Deutscher mit tunesischen Wurzeln. Er braucht nicht viele Worte, wenn er die Übungen leitet. Und wenn doch, dann hel- fen ihm fließenden Sprachkenntnisse in Französisch, Englisch, Arabisch und Deutsch. Zwischen elf und 20 Jahre sind die Teil- nehmer des Trainings alt. Die Zusammensetzung der Gruppe ändert sich immer wieder, weil die meisten Flüchtlinge in der Herkulesstraße nur für eine begrenzte Zeit Aufnahme finden. Zwi- schen 16 und 22 Kinder kicken einmal in der Woche. „Und die meis- ten sind sogar richtig gut“, lobt Souid. Er weiß, wovon er spricht, denn er ist ein ab- soluter Sportfachmann. Seine Doktorar- beit an der Deutschen Sporthochschule hatte Grundlagen für die Vorbeugung vor Knieverletzungen im Elitefußball zum The- ma. Dabei beschäftigte er sich intensiv mit den Fußballern der U-21 des 1. FC Köln. Khaled Souid ist außerdem als Leichtathle- tiktrainer und als Fußballtrainer in ver- schiedenen Kölner Vereinen tätig gewe- sen. Darunter waren die DJK Löwe, der SV Weiden und der Sportverein der Türkisch- Islamischen Union – Ditib. Khaled Souid LINDENTHAL Hotel Braunsfeld Studios, Stolberger Stra- ße 2 (Braunsfeld), 135 Plätze. Betreuung: Sozialer Dienst des Amts für Wohnungs- wesen Schlehdornweg 32 (Junkersdorf), 46 Plät- ze. Betreuung: Sozialer Dienst des Amts für Wohnungswesen Fertigbauten Ottostraße/Zusestraße, ma- ximal 90 Plätze , Betreuung: Deutsches Rotes Kreuz Hotel Goethe, Goethestraße (Weiden), 102 Plätze , Betreuung: Sozialer Dienst des Amts für Wohnungswesen Potsdamer Straße 1b (Weiden), 60 Plätze , Betreuung: Sozialer Dienst des Amts für Wohnungswesen Weitere fünf Einrichtungen sind im Bezirk Lindenthal in Planung. Bereits gegründet und aktiv ist der Unter- stützerkreis „Willkommen in Lövenich und Weiden“. Er ist unter der E-Mail-Adresse: [email protected] erreichbar. In Gründung befindlich ist der Unterstüt- zerkreis für Lindenthal. Ansprechpartner sind der Bürgeramtsleiter Walter Stocker (Telefon: 221-93311) und die Bezirksbür- germeisterin Helga Blömer-Frerker (Tele- fon: 221-93300). EHRENFELD Herkulesstraße (Neuehrenfeld): Notunter- kunft der Stadt Köln; 700 Plätze . Betreu- ung: Deutsches Rotes Kreuz. Methweg (Neuehrenfeld): Wohnheim in angemietetem Hotel . 80 Plätze in 29 Ap- partements. Geisselstraße (Ehrenfeld): Wohnheim; et- wa 20 Plätze . Venloer Straße (Bickendorf): Wohnheim in gemietetem Hotel. Betreuung in den Wohnheimen: Stadt Köln (Sozialer Dienst des Amts für Wohnungswesen). Die Katholische Gemeinde im Seelsorgebe- reich Ehrenfeld sammelt Kleidung, Wä- sche, Spielzeug und andere notwendige Gegenstände. www.seelsorgebereich-eh- renfeld.de Das Bürgerzentrum Ehrenfeld sowie weitere Initiativen gründeten An- fang Dezember den Unterstützerkreis „Willkommen in Ehrenfeld“. Die Koordina- tion liegt bei der Bezirksjugendpflegerin Jannet Gelhaar-Michels; Telefon: 221- 93271. Jannet.Gelhaar-Michels@Stadt- koeln.de Das Allerweltshaus, Körnerstraße 77, bietet dienstags, 19-22 Uhr, einen offe- nen Treff für Flüchtlinge unter dem Namen Café ohne Grenzen. www.allerweltshaus.de CHORWEILER Langenbergstraße 30a (Blumenberg), 100 Plätze Hackhauser Weg 75 (Worringen), 103 Plät- ze . Beide Einrichtungen werden vom So- zialdienst Katholischer Männer betreut. Causemannstraße 29-31 (Merkenich), für 78 Bewohner ausgelegt . Zuständig ist das Amt für Wohnungswesen. Turnhalle, Seeberg, 90 Plätze . Träger ist das Deutsche Rote Kreuz. Telefon 848 72 22. Wer sich im Bezirk Chorweiler engagieren möchte, kann sich an die Koordinierungs- gruppe im Kölner Norden wenden: buer- [email protected], rein- [email protected]. In Worrin- gen besteht das Netzwerk Flüchtlingshilfe Worringen: www.netzwerk.worrin- gen.de In Esch die Hilfsgruppe Heimat und Zuflucht in Esch/Auweiler: www.esch-ak- tuell.de. Mail an die Dorfgemeinschaft un- ter [email protected]. Das nächste Treffen der Blumenberger Hel- fer ist am 11. Juni, 20 Uhr, im Gemeindesaal der Kirche St. Katharina von Siena, Schnee- bergstraße 63. www.fluechtlingshilfe-blu- menberg.de, Mail an kontakt@fluecht- lingshilfe-blumenberg.de „EINE SCHÖNE SACHE“ Gisela Nardella (56) ist seit Beginn Teil der Flüchtlingshilfe Blumenberg, die im ver- gangenen Herbst gegründet wurde. Seit die ersten Bewohner Anfang des Jahres ih- re neue Bleibe an der Langenbergstraße be- zogen, ist sie regelmäßig im Einsatz. Zum einen gehört Nardella einer so genannten Lotsengruppe an, die die Menschen bei Arztbesuchen oder Behördengängen be- gleitet. Sie erstellte für die Heimleitung ei- ne Orientierung, wo welche Ärzte mit Fremdsprachenkenntnissen praktizieren und fertigte eine Liste mit preiswerten Ein- kaufsmöglichkeiten, Freizeitangeboten und Bus- und Bahnverbindungen in dem nördlichen Ort. Zudem organisiert sie mit Küsterin Matilde Dröge im Keller des Pfarr- hauses der Gemeinde St. Katharina von Siena eine Kleiderkammer. Mehrere Stunden pro Tag enga- giert sich die 56-Jährige. „Nur das Wochenende ist tabu“, sagt die berufs- tätige Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Mit der Hilfsinitiative wollen die Blumenber- ger die Flüchtlinge nicht nur willkommen heißen, sondern auch konkret unterstüt- zen. Sie geben Deutschkurse, organisieren Sportangebote. Vor einigen Wochen leg- ten sie mit den Flüchtlingen einen Kräuter- garten an. „Der wird nun von den Bewoh- ner gepflegt“, sagt sie. Menschen zu helfen, ist für Nardella eine „Bereicherung“. „Es ist eine schöne Sache“, sagt sie. „Wer verlässt gern sein Land und zieht ins Ungewisse? Das muss man sich einmal vor Augen füh- ren.“ Derzeit besteht die Flüchtlingshilfe aus rund 30 Aktiven, weitere Freiwillige werden gesucht. Besonders in der Lotsen- gruppe ist Bedarf. (pew) Gisela Nardel- la Foto: pew 4 Rhein Loorweg Bonner Landstr. Rodenkirchen Weiß Meschenich Sürth Godorf Rondorf Langel Siegburger Str. Kölner Str. Bonner Str. Sülz Kletten- berg Militärringstr. Brühler Landstr. Luxemburger Str. Bayen- thal 1 5 4 3 2 4 57 Rhein Bonner Str. Sülz Ehrenfeld Deutz Riehl Innen- stadt Aachener Str. Venloer Str. Amsterdamer Str. Neusser Str. Militärringstr. 1 4 5 7 6 3 2 8 11 12 4 3 Frankfurter Str. Düsseldorfer Str. Deutz Riehl 1 4 5 3 2 Bergisch Gladbacher Str. Olpener Str. Wiener Platz Holweide Höhenhaus Mülheim 4 4 Rhein Frankfurter Str. Bonner Str. Deutz Kalk Innen- stadt Neusser Str. 1 4 12 5 7 10 11 8 6 3 2 9 Bergisch Gladbacher Str. Olpener Str. Kalker Hauptstr. Holweide 11 3 4 59 Rhein Hauptstr. Loorweg Wahner Str. Poll Rodenkirchen Weiß Sürth Porz Zündorf Gremberg- hoven Langel Libur Wahn Siegburger Str. Frankfurter Str. Linder Mauspf. Kaiserstr. Berger Str. Kölner Str. 1 3 8 5 6 7 10 9 11 4 2 Auf die Welle der Neuankömmlinge ist eine Welle der Hilfsbereitschaft gefolgt – Doch viele Kölner wissen nicht, an wen sie sich wenden können, wenn sie sich für die neuen Nachbarn engagieren wollen – Ein Überblick als Hilfe für die Hilfsbereiten 57 1 Düsseldorfer Str. Ehrenfeld Deutz Ossendorf Riehl Longerich Innen- stadt Aachener Str. Venloer Str. Amsterdamer Str. Neusser Str. Industriestr. Militärringstr. 1 5 7 6 3 2 4 8 4 1 Sülz Lövenich Widders- dorf Weiden Militärringstr. dstr. Luxemburger Str. Ehrenfeld Müngers- dorf Lindenthal Innen- stadt Aachener Str. Dürener Str. Melaten- gürtel Venloer Str. 1 5 4 3 2 4 57 1 Sülz Ehrenfeld Müngers- dorf Lindenthal Deutz Ossendorf Riehl Longerich Innen- stadt Aachener Str. Dürener Str. Venloer Str. Neusser Str. 1 4 3 2 57 Industriestr. INeusser Landstr. Alte Römerstr. Merianstr. Blumenberg Worringen Chorweiler Esch Pesch Heimersdorf Roggendorf- Thenhoven Fühlinger See Rhein 1 3 4 2 „Wir möchten die Menschen so gut wie möglich willkommen heißen“

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36 QUER DURCH KÖLN Donnerstag/Freitag, 14./15. Mai 2015 Kölner Stadt-Anzeiger Donnerstag/Freitag, 14./15. Mai 2015 Kölner Stadt-Anzeiger QUER DURCH KÖLN 37

FLÜCHTLINGSHILFE IN KÖLN

„DIE ELTERN SIND DANKBAR“

Maria FetterNathansky

Maria Fetter Nathansky (56) passt mitzwei anderen Ehrenamtlerinnen einmal inder Woche auf drei Babys und drei Klein-kinder auf. In der Zeit besuchen die Mütterund Väter einen Deutschkurs. Der dauerteineinhalb Stunden und findet direkt imZimmer nebenan statt. Falls es einmalProbleme mit den Kindern geben sollte,was bisher noch nicht geschehen sei, sinddie Eltern also schnell erreichbar. Ungefährseit einem halben Jahr engagiert sie sich imGodorfer Flüchtlingsheim am Kuckucks-weg. Reiflich habe sie überlegt, ob sie dieAufgabe zusätzlich zu ihrem anderen En-gagement für alte und bedürftige Men-schen übernehmen solle. Heute ist sie froh,dass sie den Schritt getan hat. „Die Kinder

freuen sich, wenn wiruns um sie kümmernund uns mit ihnen be-schäftigen; und die El-tern sind dankbar“, sagtsie. Besonders gefällt ihr,dass die Mütter und Vä-ter Deutsch lernen.Sprachkenntnis sei das Aund O für die Integrati-on. Sie selbst war mit ih-

rer Familie vier Jahre lang aus beruflichenGründen in Spanien. Es sei anfangs sehrschwer gewesen, dort im fremden LandKontakte zu knüpfen. Sie kennt also aus ei-gener Erfahrung die Probleme mit der Ein-gliederung, Deshalb könne sie gut nach-empfinden, wie verloren und einsammansich in einem neuen Land fühlt, wenn alleNetzwerke abgeschnitten sind, wenn mandie Sprache nicht beherrscht. Dabei sei siedamals freiwillig im Ausland gewesen. DieFlüchtlinge seien dagegen gezwungenworden, oftmals ganz alleine oder nur mitden Kindern die Heimat, die Angehörigenund die Freunde zu verlassen. (süs)

„EINE AUFGABE, DIEMIR LIEGT“Sascha Koch (26)will „anderen Leuten ein-fach helfen, sich hier genauso wohl undheimisch zu fühlen“ wie er selbst. „Manmuss irgendwo anfangen, offen undfreundlich aufeinander zuzugehen.“ DerGermanistik- und Romanistikstudent ander Kölner Universität wohnt eigentlich inHöhenhaus, engagiert sich aber in derWill-kommens-Initiative in Brück. „Da bin ichüber einer Schulfreund hingekommen, derdort zu denMitgründern zählt“, sagt Koch.„Die Initiative suchte jemanden, der sichum Presse- und Öffentlichkeitsarbeit küm-mert. Das ist ein Aufgabengebiet, das mirliegt. Damit kann ich mich gut einbringen,denn die ganze Flüchtlingsproblematikliegt mir doch auch am Herzen.“ So hat er

gerade eine gemeinsameMüll-Sammelaktion vonBürgern und Flüchtlin-gen, die im Sportpark-Hotel untergebrachtsind, in der Flehbachauemitorganisiert. „Ich habevorher Flyer erstellt undverteilt und bei der Akti-on dann Gruppen einge-teilt und als Ansprech-

partner an der Sammelstelle zur Verfügunggestanden.“ Zudem zählt Koch mit Christi-an Fahl, Wolfgang Schmitz und JohannaClaßen zu den Bindegliedern zwischen deneinzelnen Arbeitsgruppen, in denen enga-gierte Anwohner aus Brück, Neubrück undMerheim mitarbeiten. Zur aktiven Unter-stützung der Flüchtlinge im Sportpark-Ho-tel – zwei weitere Wohnheime mit rund200 Plätzen sollen in Kürze noch am Pohl-stadtsweg und an der Broichstraße hinzu-kommen – gibt es AGs zur den ThemenSprachunterricht, Begleitung bei Behör-dengängen, Freizeitgestaltung, medizini-sche Beratung und Spendensammeln. (NR)

SaschaKoch Foto: NR

KALKVietorstraße (Kalk), Wohnheim mit 31Plätzen ➊Kalker Hauptstraße (Kalk), zwei Hotelsmit insgesamt 91 Plätzen ➋Sieversstr. (Kalk), Hotel mit 36 Plätzen ➌Solinger Straße (Kalk), Hotel mit 128 Plät-zen ➍Vorsterstr. (Kalk), Hotel mit 75 Plätzen ➎Kapellenstraße (Kalk), Umbau des Klaris-senklosters bis Ende 2015 ➏Ostmerheimer Straße (Merheim) Wohn-heim im Klinikummit 32 Plätzen ➐Winterberger Straße (Merheim) Wohn-heim mit 39 Plätzen ➑Nördlinger Straße (Vingst), Appartement-haus mit 70 Plätzen ➒Pohlstadtsweg/Rather Kirchweg (Brück)Wohnheim (Container) mit 80 Plätzen fürFamilien soll im Juni bezogen werden. ➓Oberer Bruchweg (Brück), Hotel mit 90Plätzen für alleinstehende Männer ➊Broichstraße (Brück), Wohnheim in Pla-nung mit 120 Plätzen für Alleinstehendeoder Familien. Eröffnung noch unklar. ➑

Helferwerden gesucht bei der „Willkom-men in Brück“ (www.winbrueck.de) oderin Kalk bei „miteinander Mensch-Sein“über Monika Maria Clouth 0174/622 28 10.

RODENKIRCHENKuckucksweg (Godorf): 68 Plätze ➊, be-treut vom DRK. Ein zweites Haus für 80Flüchtlinge wird derzeit gebaut.Hotel Godorfer Mühle, Godorfer Haupt-straße: 70 Plätze ➋. Die Einrichtung wirddurch eine Sozialarbeiterin betreut.Hitzeler Straße 125 (Raderthal), 37 Plätze:➌ Ebenfalls städtisch betreut.Marktstraße 20-24 (Raderberg), 20 Plätze:Unter städtischer Leitung. ➍Koblenzer Straße 15 (Bayenthal). Künftig80 Plätze, betreut vom DRK. Erste Einzügeab Mitte Mai. ➎ Telefon 848 72 22.Im Bezirk Rodenkirchen sind Unterkünftein Rondorf, Sürth, Bayenthal, Marienburggeplant. Wer die vom DRK betreuten Un-terkünfte unterstützen möchte, kann sichper Telefon (848 72 22) oder E-Mail [email protected] Sürth [email protected] und [email protected]) gibt es Willkom-mensinitiativen. In Bayenthal engagierensich unter anderem die Neuland-Gärtnerwww.neuland-koeln.de und der Bürger-verein Bayenthal/Marienburgwww.buer-gerverein-bayenthal-marienburg.de. An-sprechpartner sind zudem HubertusTempski (Bürgeramt Rodenkirchen) sowiedie Kirchewww.rheinbogen-kirche.de

MÜLHEIMFrankfurter Straße (Mülheim): Hotel mit158 Plätzen ➊Genovevastraße (Mülheim): Hotel mit ins-gesamt 76 Plätzen ➋Schönrather Straße (Mülheim): Wohn-heim mit 50 Plätzen ➌Am Springborn (Mülheim) Wohnheim(Container), 122 Plätze ➍Mündelstraße (Mülheim) Männerwohn-heim mit 85 Plätzen ➎

Unterstützungwird für die Lebensmittel-ausgabe an der AltenWipperfürther Straßebenötigt, außerdem für die Kleiderstubevon St. Clemens und Mauritius an derWichheimer Straße 22.Der Arbeitskreis„Willkommenskultur Mülheim“ organisiertHilfen aller Art, Ehrenamtliche überneh-men Patenschaften für Familien. NähereInformationen erteilt Marianne Arndt un-ter 0177/6538567 oder per [email protected] Verein Latscho Drom bietet im Don-Bosco-Club an der Tiefentalstraße Sprach-kurse und Beratung für Flüchtlinge an. DerClub sucht Fahrer oder Helfer, die Jugendli-chen Nachhilfe-Unterricht erteilen. NähereInformationen unter [email protected]

„WER,WENNNICHTWIR?“Michael Mochas Dienst beginnt dienstagsum 13 Uhr. Lebensmittel sortieren, kleineReparaturen erledigen – zu tun hat Mocha,das „Mädchen für alles“, genug. Am Endedes Tages stehen regelmäßig 45 Tüten vol-ler Lebensmittel, die Mocha zur Flücht-lingsunterkunft an der Frankfurter Straßebringt. Mocha ist 46 Jahre alt und einMann,der anpacken kann.Seit fünf Jahren arbeitet er ehrenamtlichfür die Caritas-Lebensmittelausgabestelleder katholischen Kirchengemeinde St. Cle-mens und Mauritius an der Alten Wipper-fürther Straße in Buchheim. Viele Bedürfti-ge kommen in das Ausgabe-Zelt neben derKirche St. Mauritius, um sich mit Obst, Ge-müse und Brot einzudecken. Vor zwei Jah-

ren haben Mocha unddie übrigen Helfer eineneue Aufgabe bekom-men: Sie versorgen dasMülheimer Hotel, in demetwa 150 Flüchtlinge ausSerbien, Mazedonienund Bosnien leben.Mit GemeindereferentinMarianne Arndt fährtMocha jeden Dienstag-

abend mit dem Gemeindebus zum Hotelan der Frankfurter Straße , um die Tüten zuverteilen. Die Lebensmittel werden ge-spendet oder zugekauft.Mocha liegt die Arbeit am Herzen.Im Hotel leben nicht selten fünf Flüchtlin-ge in neun Quadratmeter kleinen Zim-mern. Manche bereits seit langem. Kein Pri-vatleben, keine Rückzugsmöglichkeit,kaum Geld: „Ich schätze, dass es den Men-schen dort richtig schlecht geht“, sagt Mo-cha. Es mache ihn glücklich, andere Men-schen glücklich zu machen, sagt er. Undüberhaupt: „Wenn wir das nicht machenwürden, wer macht das denn dann?“(cht)

Michael Mo-cha Foto:cht

PORZLinder Mauspfad (Wahn): 21 Plätze ➊Poller Damm (Poll): 57 Plätze ➋Poller Holzweg (Poll): 106 Plätze ➌www.integrationskreis-poll.deSiegburger Straße 486 (Poll): 152 Plätze➍,alle vier Einrichtungen werden von derStadt Köln betreut, Ansprechpartner fürHilfswillige ist das Deutsche Rote Kreuz(DRK), Telefon 0221/848 72 22 [email protected] Str. (G’hoven): 101 Plätze ➎Albert-Schweitzer-Str. (Wahn): ➏ 80 Plät-zeLoorweg (Zündorf): 45 Plätze ➐Ehemaliger Baumarkt: 203 Plätze ➑, fürdie Sozialraumkoordinator Marco Mor-schel als Ansprechpartner dient. Er ist un-ter 02203/182 96 95 erreichbar.Hotel Dürscheid: 81 Plätze ➒Hotel Wahn: 31 Plätze ➓, beide Hotelswerden von Familie Odenthal betrieben:[email protected] Wilhelm-Ruppert-Straße: 176 Plät-ze ➊Das „Bündnis Willkommen in Porz“ dientengagierten Bürgern als Koordinierungs-stelle. Ansprechpartner ist Bürgeramtslei-ter Norbert Becker (Tel. 0221/221-973 11)[email protected]

„DERMIXMACHT ES SPANNEND“Silke Feil-Schwamborn (57) engagiert sichin Poll für dort lebende Flüchtlinge. Sie istMitglied im neu gegründeten Poller Integ-rationskreis, der sich aus Parteien, Verei-nen, Kirchen, Schulen, Kitas und Privatleu-ten zusammensetzt. Feil-Schwamborn istmit ihrem Mann zum Integrationskreis ge-stoßen. „Wir sind einfach sozial einge-stellt“, sagt Feil-Schwamborn über ihre In-tention, den Flüchtlingen den Einstieg inDeutschland zu erleichtern. Persönlichwar ihre Mutter von Flucht betroffen. Sieflüchtete als junge Frau aus Schlesien nachDeutschland. „Als Kind habe ich gemerkt,wie distanziert Menschenmit Flüchtlingenumgehen können – das hat mich nachhal-tig geprägt, und ich möchte den Flüchtlin-

gen hier das Gefühl ge-ben, dass sie willkom-men sind.“ DieMitgliederdes Poller Integrations-kreises engagieren sichin Arbeitsgruppen, umeffizient arbeiten zukönnen. Silke Feil-Schwamborn war mitzuständig für die Organi-sation des „Markt der

Möglichkeiten“. Dort konnten Bürger Klei-der-, Geschirr- und Möbelspenden abge-ben, die direkt an die Flüchtlingeweiterge-gebenwurden. In Zukunft möchte sich die57-Jährige dafür einsetzen, dass die Flücht-linge schneller Kontakt zu Poller Bürgernbekommen.„Vor allem Frauen mit Kindern wünschensich, dass die Kleinen Kontakt zu Gleichalt-rigen bekommen“, berichtet sie. „Ich freuemich, wie offen die Poller sind und auf dieFlüchtlinge zugehen.“ Für sie ist klar, dassder Zuzug der Flüchtlinge eine Bereiche-rung für den Stadtteil ist. „Der Mix machtdas Leben spannend.“ (stö)

Silke Feil-Schwamborn

„EINWOHLIGESWILLKOMMEN“Das Hotel Mado in der Moselstraße ist in-zwischen komplett an die Stadt vermietet,die dort Flüchtlinge unterbringt. Und es istzum zweiten Wohnzimmer für die Lehre-rin Jennifer Metzing, 35, geworden. „DieFlüchtlinge brauchen ein wohliges Will-kommen“, sagt sie. Sie engagiert sich mitzahlreichen Nachbarn in einer Initiative.Mehr als 200 Hilfswillige gehören dem E-Mail-Verteiler an, schätzt sie. Für die ersteBegegnung hatten sie sich allerdings auf ei-ne Abordnung von sechs Personen geei-nigt. Die hatten Briefe dabei auf Deutsch,Arabisch, Italienisch und Englisch. „Wirwollten zeigen, dass wir froh sind, dass sieda sind. Dass sie die Flucht überlebt ha-ben“, sagt sie. Im Frühstücksraum des Ho-

tels trafen in diesemMo-ment Welten aufeinan-der: Menschen, die vorArmut, Gewalt und Re-pression geflohen wa-ren, und ihre zukünfti-gen Nachbarn, Men-schen aus den umliegen-den Straßen der Süd-stadt. „Allewaren so auf-geregt“, erinnert sich

Metzing. Schnell wurde klar, dass das Vier-tel die Initiative – E.Mail: [email protected] – unterstützt. Auchmit den Hotelbetreibern arbeiten sie engzusammen. Inzwischen gibt es zahlreicheAktivitäten für die Bewohner. Fußball, Ki-no, Fahrradtouren, eine Bibliothek und ge-meinsames Kochen etwa. Besonders wich-tig sind nach wie vor Deutschunterricht,Hilfe beimArztbesuch, auf den Ämtern undbei drohenden Abschiebungen. Die stehennämlichmittlerweile auch bevor – allen In-tegrationsbemühungen zum Trotz. Ge-sucht werden derzeit vor allem Paten, diesich um neue Bewohner kümmern. (phh)

JenniferMetzing

INNENSTADTNiederichstraße 7 (Altstadt-Nord): Wohn-heim mit 47 Plätzen. ➊Hansaring 139-141 (Altstadt-Nord):Wohn-heim mit 68 Plätzen. ➋Kyffhäuser Straße 26-28 (Altstadt-Nord):Wohnheim mit 80 Plätzen. ➌Ankerstraße 13-15 (Altstadt-Süd): Wohn-heim mit 70 Plätzen. ➍Mauritiussteinweg 53-37 (Altstadt-Süd):Wohnheim mit 58 Plätzen. ➎Agrippinaufer 8 (Neustadt-Süd): Wohn-heim mit 51 Plätzen. ➏Severinswall 16-20 (Altstadt-Süd): Wohn-heim mit 107 Plätzen. ➐Siegburger Straße 122 (Deutz): Wohn-heim mit 54 Plätzen, betreut vom DRK. ➑In sieben Hotels, Beherbergungsbetriebenund zwei kleineren Wohnheimen mietetdie Stadtverwaltung rund 500 weiterePlätze.Das DRK betreibt im Bezirk außerdemNot-aufnahmen in der Vorgebirgstraße (Neu-stadt-Süd, 124 Plätze), im Auenweg 17(Deutz, 430 Plätze) und im Reitweg 10(Deutz, 200 Plätze). Wer dort oder in ande-ren Unterkünften des DRK helfen möchte,kann sich per Telefon (848 72 22) und E-Mail ([email protected]) in-formieren.

„JEDER,WIE ERMAG“Walter Eumann, seine Frau Christa undMarielies Froelich sind drei von rund 30 Eh-renamtlern, die seit März 2014 den Flücht-lingen im alten Riehler Versorgungsamthelfen. Kurz nach Ankunft der ersten 82Menschen gab es das erste Treffen in derGaststätte „Körner’s“, die nun etwa allesechs Wochen stattfinden. Die Angebots-Palette ist breit: So gibt es Hilfe bei Amts-gängen, Feste, Sprachkurse, Freizeit, Sport,Kultur und mehr. Der Runde Tisch verstehtseine Arbeit als Einsatz fürs Zusammenle-ben im Ort: „Wir haben von Anfang an ge-sagt:Wer in Riehlwohnt, ist Riehler“, so Eu-mann. Neben regelmäßigen Helfern stifte-ten häufig auch Nachbarn spontan Dingefürs Heim. Allgemein sei die Stimmung sehr

gut. „Wenn man durchsVeedel geht, merkt man,was für eine Solidaritätherrscht.“ Auch Parteien,Kirchen, Sportclubs unddie Riehler Interessenge-meinschaft wirkten imNetzwerk mit. Sehrwichtig ist ihnen, dass esdort keine Hierarchienoder Leiter gibt. „Jeder

soll sich so engagieren, wie er oder sie esmag“, finden die drei. Bildung sei denFlüchtlingen sehr wichtig – gerade Afgha-nen und Syrer lernten hoch motiviertDeutsch. „Denn sie wissen, dass sie sicherbleiben dürfen.“ Manchmal hätten sie mitverzweifelten Menschen zu tun, die anSchlafstörungen und psychosomatischenErkrankungen leiden. Doch es gibt auchimmer wieder lustige Erlebnisse – wie Eu-mann, der Gitarrenkurse im Heim anbietet,erzählt. „Ich stieg einmal am Hauptbahn-hof um – und ein kleiner Junge, der micherkannte, rief »Gitarra, Gitarra!«“, erinnerter sich. (bes)

WalterEumann

VON PHILIPP HAASERUND CHRISTIAN LÖER

Mehr als 6000 Flüchtlinge leben momen-tan in Köln, fast viermal so viele wie imJahr 2010. Die schiere Zahl der Neuan-kömmlinge hat für eine Veränderung derStadtgesellschaft gesorgt.Die amhäufigs-ten gehörte Frage bei Informationsverans-taltungen zu neuen Unterkünften lautetlängst nichtmehr,wo inGottesNamendasalles noch hinführen soll. Sondern: „Wiekann ich helfen?“Um jenen Bürgern, die helfen wollen,die Berührungsängste zu nehmen und denersten Schritt zur Hilfe zu erleichtern, ha-ben wir diese Doppelseite gestaltet: Wirzeigen, wo in Ihrer Nachbarschaft Flücht-linge untergebracht sind. Bieten Kontakt-daten zu Menschen, die sich auskennen.Stellen Bürger vor, die bereits engagiertsind. Denn zwischen demWillen zur Hilfeund der Umsetzung liegt oft nur ein Tele-fonanruf.Die Kölner Willkommenskultur führtedie Hilfsorganisationen zu Beginn derFlüchtlingswelle zeitweise an ihre Gren-zen: Schulen, die um Sachspenden baten,wurden glatt überrannt, Kleiderkammernliefen über. Und trotzdem: Hilfe ist nachwie vor dringend nötig, und der Bedarfwird immer differenzierter. Ein Ziel ist,den Flüchtlingen das Leben in unsererMitte zu erleichtern. Davon profitierenbeide Seiten: Wer ihnen das Gefühlnimmt, Fremder im fremden Land zu sein,dem gelingt es auch viel schneller, dieneuen Mitbürger nicht mehr als Fremdewahrzunehmen. Sondern als das, was siesind: Nachbarn.AlsAlfredNevenDuMont in diesem Ja-nuar 160 Kölner Flüchtlinge zu einemAbend der Begegnung ins NevenDuMontHaus nach Niehl einlud, erinnerte er da-ran, dass seine Familie selbst vor 300 Jah-ren aus Spanien eingewandert sei und esin Deutschland zu etwas gebracht habe.Dazu ermunterte er auch die Gäste:„Lernt! Ergreift einen Beruf! Baut eucheine Existenz auf! Wir brauchen euchdringend.“

Lektionen in HilfeDabei kann Helfen eine mühselige Ange-legenheit sein. Viele Migranten rechnengar nicht damit, dass die Menschen in ih-rem Gastland auch tatsächlich Gastgebersein wollen.Joachim Ziefle,Akademischer Studien-leiter der Melanchthon-Akademie, unter-stützt diejenigen, die sich engagieren wol-len. So organisiert die Akademie etwaVernetzungstreffen, um den Austauschunter den Helfern zu erleichtern. Fallstri-cke gibt es genug: „Man weiß ja nicht:Was haben die Flüchtlinge auf ihremWegund in ihrer Heimat durchlitten? Da heißtes: Helfen muss geschult werden“, sagtZiefle. Eine harmloseAufforderung etwa,ein gespendetes Kleidungsstück einfachmal anzuprobieren, könne schlimmeErin-nerungen zurückholen, wenn jemand aufder Flucht genötigt wurde, sich auszuzie-hen. Wichtig sei zudem, sich wenigstensein paar Kenntnisse über Religion undKultur der Flüchtenden anzueignen; zuwissen, was die Ankömmlinge freut undwas eventuell Schmerz verursacht. „Wiralle sind vermutlich nicht wirklich auf dieFlüchtlinge vorbereitet. Aber wir wollensie so gut wie möglich willkommen hei-ßen“, so Ziefle.

Vernetzte HilfeDas NetzwerkWillkommenskulturKöln versucht, bürgerschaftliches En-gagement zu vernetzen und in Koope-ration mit den hauptamtlichen Bera-tungsstellen zu unterstützen. Dafürbietet die von „wir helfen“ finanzierteSeite „wiku-koeln.de“ eine Plattform:www.wiku-koeln.de

NIPPESNeusser Landstraße 2 (Niehl): 115 Plätze.➊ Frau Schmidt-Vuong vom Internationa-len Bund (IB) leitet das Heim, Telefon71 500 520.Xantener Straße 84 (Nippes): 78 Plätze. ➋Leiter: Herr Sittle/Herr Lafkih (IB), Telefon28 35 701.Boltensternstraße 2 und 4 (Riehl): 200Plätze. ➌ Boltensternstraße 10 (Riehl): 220Plätze.➍Alle drei Standorte leitet das DRK.Telefon 848 72 22.Lindweilerweg 117 (Longerich): 80 Plätze.➎ Die Leitung hat Andreas Schäfer vomSKM, Telefon 0176/473 20 272.Hotel Göddertz (Grethenstraße 1a, Long-erich): 25 Plätze. ➏Hotel Boardinghome (Steinbergerstraße34-38, Nippes): 145 Plätze. ➐Hotel Stadt Viersen (Viersener Straße 32,Nippes): 35 Personen ➑.

Wer helfen mag, kann sich in Niehl an die„Kantine“ ([email protected]) oder denRunden Tisch MauNieWei (www.maunie-wei.de) wenden. Einen solchen gibt’s auchin Riehl, [email protected].„Willkommen in Longerich“ ist erreichbarviawww.wi-lo.de, „Fliehkraft e.V.“ in Nip-pes unterwww.fluechtlingszentrum.de.

„WIRMÜSSEN HELFEN“Wolfgang Kurtenbach (74) findet: „DenMenschen, die so viel gelitten und es auf ih-rer Flucht bis hierher geschafft haben, de-nen müssen wir helfen.“ Seit mehr als ei-nem Jahr betreut er eine syrische Familiemit ihrem Baby, das im vergangenen Jahr inKöln zurWelt kam. „Nachdem ich einen Be-richt über die Flüchtlinge im Fernsehen ge-sehen hatte, wollte ich aktiv werden. DieCaritas vermittelte mir die Familie“, berich-tet Kurtenbach.In der Zwischenzeit ist es ihm gelungen,dem 28-jährigen Familienvater ein Prakti-kum in einem ortsansässigen Einzelhan-delsbetrieb zu vermitteln. „Sogar mit derAussicht auf eine Festanstellung, bezie-hungsweise Ausbildung“, freut sich Kur-

tenbach für den jungenMann und wünscht sichauch so viel Glück beider Betreuung eines jun-gen Chinesen, die erkürzlich neu begonnenhat. Außerdem ist Kur-tenbach noch im Unter-stützerkreis „Willkom-men in Lövenich undWeiden“ tätig. Dort be-

gleitet er Asylbewerber bei Behördengän-gen, Arztbesuchen und hilft bei der Woh-nungssuche. „Eine Wohnung zu finden, istfür die Flüchtlinge am schwersten“, sagtKurtenbach. Dabei sei ein eigenes HeimdasAllerwichtigste, um endlichwieder zur Ru-he kommen zu können, das Erlebte zu ver-arbeiten und ein neues Leben beginnen zukönnen.Circa zehn Stunden pro Woche wendet erfür sein ehrenamtliches Engagement aufund meint: „Für mich als Rentner ist dasdoch nicht viel. Da bleibt noch genügendZeit, die ich mit meiner Frau, den Kindernund den Enkeln verbringen kann.“ (eic)

WolfgangKurtenbach

„SPORT IST KOMMUNIKATION“Khaled Souid (47) holt Kinder und Jugend-liche, die in der Notunterkunft Herkules-straße leben, regelmäßig zum Fußballtrai-ning ab. Für ein paar Stunden können sie soden beengten Verhältnissen des überfüll-ten Gebäudes entfliehen. Das Training inder Turnhalle einer nahen Grundschuleoder auf einem der Plätze der Prälat-Wol-ker-Sportanlage an der Inneren Kanalstra-ße istmehr als nur Ablenkung undGelegen-heit, sich auszutoben. „Sport ist ein idealesMediumzur Kommunikation“, sagt Khaled,Deutscher mit tunesischenWurzeln. Erbraucht nicht viele Worte, wenn er dieÜbungen leitet. Und wenn doch, dann hel-fen ihm fließenden Sprachkenntnisse inFranzösisch, Englisch, Arabisch und

Deutsch. Zwischen elfund 20 Jahre sind die Teil-nehmer des Trainings alt.Die Zusammensetzungder Gruppe ändert sichimmer wieder, weil diemeisten Flüchtlinge inder Herkulesstraße nurfür eine begrenzte ZeitAufnahme finden. Zwi-schen 16 und 22 Kinder

kicken einmal in derWoche. „Und diemeis-ten sind sogar richtig gut“, lobt Souid. Erweiß, wovon er spricht, denn er ist ein ab-soluter Sportfachmann. Seine Doktorar-beit an der Deutschen Sporthochschulehatte Grundlagen für die Vorbeugung vorKnieverletzungen im Elitefußball zum The-ma. Dabei beschäftigte er sich intensiv mitden Fußballern der U-21 des 1. FC Köln.Khaled Souid ist außerdem als Leichtathle-tiktrainer und als Fußballtrainer in ver-schiedenen Kölner Vereinen tätig gewe-sen. Darunter waren die DJK Löwe, der SVWeiden und der Sportverein der Türkisch-Islamischen Union – Ditib.

KhaledSouid

LINDENTHALHotel Braunsfeld Studios, Stolberger Stra-ße 2 (Braunsfeld), 135 Plätze.➊ Betreuung:Sozialer Dienst des Amts für Wohnungs-wesenSchlehdornweg 32 (Junkersdorf), 46 Plät-ze. ➋ Betreuung: Sozialer Dienst des Amtsfür WohnungswesenFertigbauten Ottostraße/Zusestraße, ma-ximal 90 Plätze ➌, Betreuung: DeutschesRotes KreuzHotel Goethe, Goethestraße (Weiden), 102Plätze ➍, Betreuung: Sozialer Dienst desAmts für WohnungswesenPotsdamer Straße 1b (Weiden), 60 Plätze➎, Betreuung: Sozialer Dienst des Amts fürWohnungswesenWeitere fünf Einrichtungen sind im BezirkLindenthal in Planung.

Bereits gegründet und aktiv ist der Unter-stützerkreis „Willkommen in Lövenich undWeiden“. Er ist unter der E-Mail-Adresse:[email protected] erreichbar.In Gründung befindlich ist der Unterstüt-zerkreis für Lindenthal. Ansprechpartnersind der Bürgeramtsleiter Walter Stocker(Telefon: 221-93311) und die Bezirksbür-germeisterin Helga Blömer-Frerker (Tele-fon: 221-93300).

EHRENFELDHerkulesstraße (Neuehrenfeld): Notunter-kunft der Stadt Köln; 700 Plätze ➊. Betreu-ung: Deutsches Rotes Kreuz.Methweg (Neuehrenfeld): Wohnheim inangemietetem Hotel ➋. 80 Plätze in 29 Ap-partements.Geisselstraße (Ehrenfeld): Wohnheim; et-wa 20 Plätze ➌.Venloer Straße (Bickendorf): Wohnheimin gemietetem Hotel. ➍ Betreuung in denWohnheimen: Stadt Köln (Sozialer Dienstdes Amts für Wohnungswesen).

Die Katholische Gemeinde im Seelsorgebe-reich Ehrenfeld sammelt Kleidung, Wä-sche, Spielzeug und andere notwendigeGegenstände.www.seelsorgebereich-eh-renfeld.de Das Bürgerzentrum Ehrenfeldsowie weitere Initiativen gründeten An-fang Dezember den Unterstützerkreis„Willkommen in Ehrenfeld“. Die Koordina-tion liegt bei der BezirksjugendpflegerinJannet Gelhaar-Michels; Telefon: 221-93271. [email protected] Das Allerweltshaus, Körnerstraße77, bietet dienstags, 19-22 Uhr, einen offe-nen Treff für Flüchtlinge unter demNamenCafé ohne Grenzen.www.allerweltshaus.de

CHORWEILERLangenbergstraße 30a (Blumenberg), 100Plätze ➊HackhauserWeg 75 (Worringen), 103 Plät-ze➋. Beide Einrichtungenwerden vomSo-zialdienst Katholischer Männer betreut.Causemannstraße 29-31 (Merkenich), für78 Bewohner ausgelegt ➌. Zuständig istdas Amt für Wohnungswesen.Turnhalle, Seeberg, 90 Plätze ➍. Träger istdas Deutsche Rote Kreuz.Telefon 848 72 22.

Wer sich im Bezirk Chorweiler engagierenmöchte, kann sich an die Koordinierungs-gruppe im Kölner Norden wenden: [email protected], [email protected]. In Worrin-gen besteht das Netzwerk FlüchtlingshilfeWorringen:www.netzwerk.worrin-gen.de In Esch die Hilfsgruppe Heimat undZuflucht in Esch/Auweiler:www.esch-ak-tuell.de. Mail an die Dorfgemeinschaft un-ter [email protected] nächste Treffen der Blumenberger Hel-fer ist am 11. Juni, 20 Uhr, im Gemeindesaalder Kirche St. Katharina von Siena, Schnee-bergstraße 63.www.fluechtlingshilfe-blu-menberg.de, Mail an [email protected]

„EINE SCHÖNE SACHE“Gisela Nardella (56) ist seit Beginn Teil derFlüchtlingshilfe Blumenberg, die im ver-gangenen Herbst gegründet wurde. Seitdie ersten Bewohner Anfang des Jahres ih-re neue Bleibe an der Langenbergstraße be-zogen, ist sie regelmäßig im Einsatz. Zumeinen gehört Nardella einer so genanntenLotsengruppe an, die die Menschen beiArztbesuchen oder Behördengängen be-gleitet. Sie erstellte für die Heimleitung ei-ne Orientierung, wo welche Ärzte mitFremdsprachenkenntnissen praktizierenund fertigte eine Listemit preiswerten Ein-kaufsmöglichkeiten, Freizeitangebotenund Bus- und Bahnverbindungen in demnördlichen Ort. Zudem organisiert sie mitKüsterin Matilde Dröge im Keller des Pfarr-

hauses der Gemeinde St.Katharina von Siena eineKleiderkammer. MehrereStunden pro Tag enga-giert sich die 56-Jährige.„Nur das Wochenendeist tabu“, sagt die berufs-tätige Mutter von zweierwachsenen Kindern.Mit der Hilfsinitiativewollen die Blumenber-

ger die Flüchtlinge nicht nur willkommenheißen, sondern auch konkret unterstüt-zen. Sie geben Deutschkurse, organisierenSportangebote. Vor einigen Wochen leg-ten sie mit den Flüchtlingen einen Kräuter-garten an. „Der wird nun von den Bewoh-ner gepflegt“, sagt sie. Menschen zu helfen,ist für Nardella eine „Bereicherung“. „Es isteine schöne Sache“, sagt sie. „Wer verlässtgern sein Land und zieht ins Ungewisse?Das muss man sich einmal vor Augen füh-ren.“ Derzeit besteht die Flüchtlingshilfeaus rund 30 Aktiven, weitere Freiwilligewerden gesucht. Besonders in der Lotsen-gruppe ist Bedarf. (pew)

Gisela Nardel-la Foto: pew

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Auf dieWelle der Neuankömmlinge ist eineWelle der Hilfsbereitschaft gefolgt – Doch viele Kölner wissen nicht, an wen sie sich wenden können, wenn sie sich für die neuen Nachbarn engagieren wollen – Ein Überblick als Hilfe für die Hilfsbereiten

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Innen-stadt

Aachener Str.

Dürener S

tr.

Venloer Str.

Neusser Str.

1

4

3

2

57

Industriestr.

INeusser Landstr.

Alte Römerstr.

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Blumenberg

Worringen

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Esch

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Rhein

1

34

2

„Wirmöchten dieMenschen so gut wie möglich willkommen heißen“