B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

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1 „Führung in Unternehmungen – eine Darstellung“ Bachelor – Thesis in der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften an der Universität Witten/Herdecke vorgelegt von Janis Zech ([email protected]) Betreut durch Prof. Dr. Arist von Schlippe, Inhaber des „Lehrstuhls für Führung und Dynamik“ Witten, den 21.07.2008

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Die Ausarbeitung untersucht Führung in Unternehmungen und lässt sich in zwei Abschnitte gliedern: Im ersten Abschnitt analysieren wir die wissenschaftlichen Beiträge der Führungsforschung seit dem Erscheinen von Bernard’s Ausarbeitung “An introduction to social psychology” (1926). Wir entwickelt das Modell „Medium der Führung“, welches den Möglichkeitsraum von Führungselementen markiert und dem Zweck der anschaulichen Beschreibung wichtiger Führungstheorien dient.

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1

„Führung in Unternehmungen –

eine Darstellung“

Bachelor – Thesis

in der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften

an der Universität Witten/Herdecke

vorgelegt von

Janis Zech ([email protected])

Betreut durch Prof. Dr. Arist von Schlippe,

Inhaber des „Lehrstuhls für Führung und Dynamik“

Witten, den 21.07.2008

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2

Inhaltsverzeichnis

1 Der Abstrakt............................................................................................................4

2 Das Modell..............................................................................................................5

2.1 Die Elemente....................................................................................................6

2.2 Die Dimensionen..............................................................................................7

2.3 Die Reflektion ..................................................................................................9

3 Die Analyse der Führungstheorien......................................................................... 12

3.1 Der Eigenschaftsansatz................................................................................... 12

3.2 Der Verhaltensansatz...................................................................................... 13

3.3 Der situative Ansatz ....................................................................................... 15

3.4 Der transaktionale Ansatz............................................................................... 18

3.5 Der charismatische und transaktionale Ansatz ................................................ 20

3.6 Der mikropolitische Ansatz ............................................................................ 23

3.7 Der symbolische Ansatz ................................................................................. 24

3.8 Der systemische Ansatz .................................................................................. 26

3.9 Die Zusammenfassung ................................................................................... 27

4 Die Führung in Unternehmungen .......................................................................... 31

4.1 Die Methodik ................................................................................................. 31

4.2 Der Ansatz ..................................................................................................... 39

4.3 Die Zusammenfassung ................................................................................... 58

5 Das Literaturverzeichnis........................................................................................ 60

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3

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Medium der Führung ...............................................................................5

Abbildung 2: Zusammenfassung der Führungsanalyse ................................................ 30

Abbildung 3: Das Formkalkül ..................................................................................... 38

Abbildung 4: Form der Führung in Unternehmungen .................................................. 39

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1 Der Abstrakt

Die Ausarbeitung untersucht Führung in Unternehmungen und lässt sich in zwei

Abschnitte gliedern:

Im ersten Abschnitt analysieren wir die wissenschaftlichen Beiträge der

Führungsforschung seit dem Erscheinen von Bernard’s Ausarbeitung “An introduction

to social psychology” (1926). Wir entwickelt das Modell „Medium der Führung“,

welches den Möglichkeitsraum von Führungselementen markiert und dem Zweck der

anschaulichen Beschreibung wichtiger Führungstheorien dient. Mit Referenz auf das

Modell beobachten und analysieren wir anschließend Führungstheorien wie

Eigenschaftsansatz, Verhaltensansatz, den situativen, transaktionalen,

transformationalen, mikropolitischen, symbolischen und abschließend den systemischen

Ansatz. Wir prüfen, welche Elemente (Führer, Geführte, Kommunikation, Interaktion,

Wahrnehmung etc.) und Dimensionen (sachlich, zeitlich und sozial) die

unterschiedlichen Ansätze bestimmen, welche sie ausblenden und was dadurch jeweils

verloren geht. Die Analyse endet mit einer Vernetzung der Ergebnisse, welche als

Grundlage für die anschließend vorgestellte Form von Führung in Unternehmen dient.

Ergebnisse dieser Analyse bilden Muster wie die Differenzierung des

Untersuchungsgegenstandes, der Anschluss an bestehende Untersuchungen, die

Ausdifferenzierung von bestehenden Theorien und die Anwendung von fachfremden

Theorien auf den Untersuchungsgegenstand der Führung.

Der zweite Abschnitt entspricht einer eigenen Darstellung von Führung in

Unternehmungen. Unser Ansatz basiert auf einem interdisziplinären Theoriekonzept

und bezieht herkömmlichen Führungstheorien als auch Systemtheorie, Formtheorie und

Netzwerktheorie mit in die Darstellung ein. Wir nehmen an, dass es sich bei Führung in

Unternehmungen um ein soziales System handelt, welches die System/ Umwelt

Differenz durch ihre Selbstbezüglichkeit reproduziert. Die Kommunikation um die

Macht der Entscheidung bildet hierbei die Ausgangsunterscheidung und wird durch die

Kontexte Netzwerke, Organisation der Unternehmung, Wirtschaft, Gesellschaft und

Individuen bestimmt. Neben der Selbstbezüglichkeit unterstellen wir dem System die

Fähigkeit zur Selbstbeobachtung. Im Prozess der Reflektion werden die obigen

Unterscheidungen reflektiert und Aspekte wie Ungewissheit, Konflikte, Markt,

Unternehmenskultur und Rollen treten hervor.

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2 Das Modell

Das Modell „Medium der Führung“ (siehe Abb. 1) versucht das multidimensionale

Geschehen von Führung weitgehend vollständig abzubilden. Wir unterscheiden hierbei

zwei Bereich, die Modellelemente und die Modelldimensionen, auf welche wir im

Folgenden näher

eingehen.

Abbildung 1: Medium der Führung

Quelle: Janis Zech, 2008

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2.1 Die Elemente

Das Modell stellt die wichtigsten Elemente von Führung in Form von Variablen dar.

Diese beziehen sich auf die jeweiligen Untersuchungsgegenstände der Führungstheorien

und deren repräsentieren die im Laufe der Zeit ausgearbeiteten Unterscheidungen. Die

methodische Vorgehensweise zum Auffinden der Modellelemente entspricht einem

dreigliedrigen Prozess. Der erste Schritt zielt auf das Auffinden des Möglichkeitsraumes

für die Modellvariablen, oder wie wir sagen, das Auffinden des Mediums von Führung.

Zu diesem Zweck führen wir eine umfassende Literaturrecherche des Forschungsfeldes

Führung durch, wobei wir sowohl die nachfolgend beschriebenen, als auch weitere

Führungstheorien analysieren. Wir beobachten Führungstheorien im Hinblick auf ihren

Untersuchungsschwerpunkt, markieren die analysierten Elemente und leiten daraus den

Möglichkeitsraum der Führungsforschung seit dem Jahr 19261 ab. Der zweite Schritt

entspricht der Eliminierung von Doppelnennungen der Elemente und deren qualitative

Ordnung. Anschließend erhöhen wir den Abstraktheitsgrad der Begriffe, was die Anzahl

der Modellvariablen reduziert und Übersichtlichkeitsgewinne mit sich bringt. Neben

diesem dreigliedrigen Prozess führen wir während des Schreibprozesses

Reflektionsschleifen durch, welche weitere Spannungen zwischen Elementen

aufdecken, um anschließend die Modellvariablen zu adjustieren.

Wir fragen, worauf der jeweilige Erklärungsansatz von Führung schaut, wobei die

Modellvariablen den Möglichkeitsraum der Führungsforschung markieren.2 Die Ein-

bzw. Ausgrenzung der Elemente innerhalb unterschiedlicher Theorien und die

Zeitlichkeit schafft Variabilität der Elemente und somit bezeichnen wir die Elemente

auch als Variablen, welche durch den Beschreibungsprozess der Führungstheorien

bestimmte Formen annehmen – die Betrachtung der Führungstheorien wandelt die

Variabilität in bestimmte Elemente. Wir gehen folglich davon aus, dass jeder

Beschreibungsansatz eine Selektion der Elemente aus dem „Medium der Führung“

vornimmt, sich somit auf bestimmte Elemente beschränkt, diese wiederum bestimmt um

dadurch Erkenntnisgewinne zu erzielen (Heider, 1926; Baecker, 2005: 175 ff.). Diese

Form der Selektion macht Systematisierungsversuche notwendig, um

1 Das Jahr 1926 kennzeichnet die Erscheinung von Bernard’s “An introduction to social psychology”. 2 wobei wir uns bewusst sind, dass es sich bei Modellen um eine vereinfachte Abbildung der Realität handelt, also um Komplexitätsreduktionen, was wiederum einige wichtige Elemente für Führung ausgrenzt (vgl. Abschnitt „Die Reflektion“).

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Erkenntnisgewinne der unterschiedlichen Ansätze zu strukturieren und zu konservieren.

Gleichzeitig bedeutet jede Einschränkung auch Ausschränkung. Wir untersuchen die

unterschiedlichen Beobachtungsperspektiven der Führungstheorien, beobachten folglich

auf der Ebene zweiter Ordnung, was es uns ermöglicht, mit Referenz auf das Modell zu

sehen, was der jeweilige Ansatz ausgrenzt.3

Im Hinblick auf die Führungselemente markiert die Literatur die Unterscheidung von

Führer und Geführten, deren Eigenschaften, Fähigkeiten, Wertevorstellungen,

Rollenverständnisse, Interessen und Erwartungen sowie gegenseitige Referenzen in

Form von Verhalten (Interaktion), Kommunikation und Wahrnehmung. Diese Elemente

werden von Kontextfaktoren wie beispielsweise Führungssituationen,

Unternehmensarchitektur, -größe, -kultur, der Wirtschaft etc. gerahmt.

Die Literaturrecherche beschränkt sich auf die wichtigsten Ansätze, welche den

Möglichkeitsraum der Führungsvariablem komplett abbilden.4 Im Folgenden

analysieren wir die Führungstheorie im Hinblick auf die Selektion und Bestimmung der

Modellvariablen, wie diese in Relation zum Untersuchungszweck stehen und welche

Spannungen in dieser Relation enthalten sind. Dabei wird gleichzeitig deutlich, welche

Führungselemente von dem jeweiligen Erklärungsansatz ausgeblendet werden und

welche Konsequenzen dies im Hinblick auf die von dem Erklärungsansatz bearbeitete

Frage haben kann.

2.2 Die Dimensionen

Wir beziehen uns bei Sach-, Zeit- und sozialen Dimension auf das Konzept Luhmanns,

welcher diese drei Dimensionen als Dekomposition einer weiteren Dimension, der

Sinndimension, beschrieben hat (1984). Dabei besitzen die Dimensionen eine

gemeinsame Eigenschaft, sie entsprechen einer Unterscheidung oder anders

ausgedrückt, einer Form mit zwei Seiten (Spencer Brown, 1969: 1). Dadurch wird die

Sinndimension in zu beobachtbare Differenzen, nämlich in Bezug auf Sach-, Zeit- und

Sozialdimension, dekompositioniert (Luhmann, 1984: 112 ff.), was erst ein Umgehen

mit Ihr möglich macht.

3 Dies gilt ebenfalls für den eigens entwickelten Ansatz, welcher sich von diesem Dilemma nicht lösen kann 4 Hierbei handelt es sich um die Selektion der wichtigsten Leadership-Ansätze seit 1926, wobei wir uns des Ausschlusses möglicherweise wichtiger Betrachtungsperspektiven von Führung bewusst sind.

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8

Wozu dient die Referenz auf Sach-, Zeit- und Sozialdimensionen im Kontext unserer

Analyse? Dieses Konzept ermöglicht es, die von den Theorieansätzen getroffene

Selektionen der Elemente im Hinblick auf deren Dimensionen zu untersuchen und dabei

wiederum Ein- und Ausschluss, in diesem Fall der Dimensionen, zu verdeutlichen.

Gleichzeitig erhöht es den Grad der Abstraktion des Modells, wodurch wir zusätzliche

Flexibilität für unsere Untersuchung gewinnen.

2.2.1 Die Sachdimension

Die Sachdimension entspricht dem Treffen einer Unterscheidung, um Themen

„sinnhafter Kommunikation in sozialen Systemen“ (Luhmann, 1987: 114) wie dem

Führungssystem zu beschreiben. Nach Spencer Brown bilden Unterscheidungen zwei

Horizonte, die Innen- und die Außenseite der Unterscheidung, wobei die Innenseite

markiert oder, anders ausgedrückt, bestimmt wird und die Außenseite als Unbestimmt

mitschwingt. Dies bezeichnet Spencer Brown als Form (1969: 1)5. Wir haben es also bei

der Sachdimensionen mit Formen zu tun, welche durch Elemente des Führungsmediums

von Teilnehmern selektiert werden und somit für kommunikative Anschlussoperationen

sorgen – oder eben auch nicht (Luhmann, 1987: 114). Im Kontext unserer Analyse

schauen wir auf die von der jeweiligen Theorie in der Sachdimension getroffene

Unterscheidung. Uns interessiert, ob die Führungsforschung überhaupt anschlussfähige

Unterscheidung trifft und wenn dies der Fall ist, welche Differenzen beschrieben

werden und wozu, also im Hinblick auf welche Erklärungsgegenstände6.

2.2.2 Die Zeitdimension

Die Zeitdimension trifft die Unterscheidung von Vor- und Nachher oder anders

ausgedrückt, die Differenz der Vergangenheit und Zukunft. Dieser Unterschied mündet

im Jetzt, in der Gegenwart, welche aus unendlich vielen Zeitpunkten besteht. Luhmann

kennt zwei Formen der Gegenwart. Die Form der stetigen, irreversiblen Veränderung

im Jetzt, und die Form der kommunikativen Referenz auf das Vergangene und

Zukünftige, wodurch Reversibilität erlangt wird (1987: 116 ff.). Wir untersuchen,

welche der im Folgenden dargestellten Führungstheorien diese Dimension bei Ihren

Beschreibungen berücksichtigen. Bei Führung scheint vor allem der Aspekt der

kommunikativen Referenz auf die Vergangenheit und Zukunft interessant, vor allem vor 5 siehe ausführlicher den Abschnitt 4.1.2 zur Form 6 worauf schauen Führungstheoretiker, um was zu erklären (Führungserfolge; Führung als soziales Phänomen, generelle Muster von Führung, etc.)

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dem Hintergrund wie ein Führungssystem mit dem Wissen um die Unveränderlichkeit

der Vergangenheit und die Unsicherheit der Zukunft umgeht. Beim Lesen dieses

Absatzes wird bereits die Bedeutung der Zeitdimension für Führung intuitiv klar.

Veränderungen innerhalb des Führungssystems existieren in vielfältigen Bereichen wie

der Beziehungen zwischen Führer und Geführten, einer möglichen Restrukturierung der

Organisation oder dem technologischen Fortschritt durch die Einführung von

Computern in Unternehmen, um nur einige Beispiele zu nennen.

2.2.3 Die Sozialdimension

Die soziale Dimension wird ebenfalls durch eine Differenz konstituiert, nämlich der

Unterscheidung von Konsens und Dissens. Diese Dimension schärft den Blick für den

Vergleich zwischen Ego, dem „Ich“ und Alter, dem „anderen Ich“.7 Man schaut, was

andere tun, wie sie sich verhalten, wie sie kommunizieren und stimmt diesem entweder

zu oder lehnt es ab. Gleichzeitig setzt man sich selbigen Beobachtungen anderer

Beobachter aus (Luhmann, 1987: 120). An dieser Stelle kommt die Moral ins Spiel,

welche die Bedingungen zur gegenseitigen und eigenen Be- oder Missachtungen von

beispielsweise Führer und Geführten beschreibt. Man meint, dass gerade diese

Dimension bei allen Führungstheorien abgebildet sein sollte, schließlich braucht man

zum Führen mindestens zwei Personen (Führer/Geführte), welche sich gegenseitig

beobachten, dem eigenen Handeln oder der eigenen Kommunikation und dem Handeln

und der Kommunikation anderen Personen zustimmen oder es ablehnen. Im

anschließenden Abschnitt werden wir sehen, wie sich die Beschreibung von Konsens/

Dissens konkret in den Untersuchungen der Führungstheoretiker ausgestaltet.

2.3 Die Reflektion

Modelle entsprechen vereinfachten Abbildungen von Realitäten (Endres, 2000: 8). Sie

reduzieren Komplexität durch die Selektion von Variablen und Dimensionen. Und

gerade darin liegt die Attraktivität eines solchen Modells, welches es erlaubt,

Komplexität zu reduzieren, Annahmen über Welt zu treffen und unter Ceteris-paribus-

Klauseln Erkenntnisgewinne über den jeweiligen Untersuchungsschwerpunkt

hervorzubringen. Für die Entwicklung eines solchen Modells ist neben den zugrunde

liegenden Annahmen folglich entscheidend, welche Elemente und Dimension, die als

Referenzpunkt für die spätere Analyse dienen, von den jeweiligen Führungstheorien 7 vgl. Langenscheidt, Online Fremdwörterbuch

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selektiert werden. Das Modell markiert also den Möglichkeitsraum der Analyse. Wie

bereits oben beschrieben entspricht unsere Selektion der Modellelemente einem

dreigliedrigen Prozess. Trotz umfangreicher Literaturanalysen, einer Ordnungsphase,

der Steigerung des Abstraktionsgrades der Elementbegriffe und der Unterlegung der

Sinndimensionen von Luhmann können wir uns nicht freimachen von dem Dilemma,

dass Modelle den Möglichkeitsraum beschränken, somit Komplexität reduziert und

dadurch immer Teile des Untersuchungsschwerpunktes nicht abgebildet werden. Die

Situation ist also paradox, einerseits soll ein Modell Komplexität reduzieren, den

Untersuchungsgegenstand auf wesentliche Variablen reduzieren und somit

Erkenntnisgewinne in Form von „eindeutigen“ Ergebnissen erzielen, andererseits liegt

gerade in dieser Trivialisierung die Gefahr - denn Einschluss einiger Elemente bedeutet

gleichzeitig immer auch Ausschluss von allem anderen. Und somit befinden wir uns in

dem Dilemma, dass „wir nicht sehen, was wir nicht sehen“ (von Foerster, 1993: 27).

Genau diesen Aspekt versucht diese Ausarbeitung in dem ersten Teil zu bearbeiten. Wir

untersuchen die bestimmten Elemente der unterschiedlichen Führungstheorien und

sehen mit Hilfe des Modells, was mit der Selektion weniger Variablen verloren geht,

welche Dimensionen welchen Führungstheorien explizit sowie implizit bekannt sind

und welche gleichzeitig ausgeschlossen werden. Wir beobachten folglich die

Führungstheorien aus einer Perspektive zweiter Ordnung. Nach Luhmann ist der

entscheidende Unterschied zwischen der Beobachtung erster und zweiter Ordnung der,

dass die Beobachtung erster sich der beobachteten Unterscheidung bewusst ist - soll

heißen, dass man sich nur dessen bewusst ist, was man selektiert, nicht aber dessen, was

man dadurch ausschließt. Die Beobachtung erster Ordnung ist somit eine sichere, klare

und komplexitätsarme Beobachtung, da das Beobachtete nicht reflektiert wird.8

Hingegen wird man sich bei der Beobachtung zweiter Ordnung der Kontingenz der

beobachteten Beobachtung bewusst. Man sieht die andere Seite der Medaille, weiß

folglich, wiederum als Beobachter erster Ordnung beschränkt, um die Unterscheidung

der beobachteten Beobachtung (1987: 156 ff.). Dabei gilt trotz allem das „Foersterische

Nichtsehen“, was der Idee entspricht, dass die Beobachtung zweiter Ordnung immer

auch eine Beobachtung erster Ordnung darstellt (Luhmann, 1987: 156). Unserer

Antwort auf das beschriebene Dilemma bildet der Entwicklungsprozess des Modells,

wobei gerade die Steigerung der begrifflichen Abstraktion wie beispielsweise die

Bezeichnung „Kontextfaktoren“ und die Unterlegung der Sinndimensionen, welche 8 Auf dieser Ebene beobachten die meisten der analysierten Führungstheorien.

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nach Luhmann universal sind und von Ihm auch als „Weltdimensionen“ bezeichnet

werden (1987: 112), für die Steigerung von Freiheitsgraden im Modell sorgen. Das

Modell wird somit flexibel. Um zusätzlich die Ausbildung von blinden Flecken zu

reduzieren, begeben wir uns während des Schreibprozesses in kommunikative

Reflektionsschleifen mit Bekannten und Kollegen und nehmen, falls notwendig,

Anpassungen vor.

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3 Die Analyse der Führungstheorien

Wir beginnen die Analyse mit den „klassischen“ Führungstheorie, dem Eigenschafts-,

dem Verhaltens- und dem situativen Ansatz. Anschließend beschäftigen wir uns mit

„neueren“ Betrachtungsweisen von Führung wie dem transaktionalen, dem

transformationalen, dem mikropolitischen, dem symbolischen und dem systemischen

Ansatz.9 Die gewählte Reihenfolge entspricht unserer Wahrnehmung des

Kompliziertheitsgrads der Theorien: Während Eigenschafts- und Verhaltensansatz nur

wenige Modellelemente und -dimensionen berücksichtigen, steigert sich ihre Zahl mit

fortlaufender Analyse.

3.1 Der Eigenschaftsansatz

Der Eigenschaftsansatz untersucht den Zusammenhang zwischen den Eigenschaften der

Führungskraft und einem individuellen oder einem organisationalen Führungserfolg.

Nach Bernard (1926) erklärt sich die Qualität der Führung aus den angeborenen

Eigenschaften des Führers. Vertreter des Eigenschaftsansatzes reduzieren das

multidimensionale Phänomen der Führung auf eine Variable (Neuberger 1994:61) und

suchen nach allgemeinen Eigenschaften, welche die Wahrscheinlichkeit eines

Führungserfolges erhöhen. Nach Neuberger untersuchen die Wissenschaftler

Eigenschaften von „erfolgreichen“ und „nicht erfolgreichen“ Führungspersönlichkeiten,

von Führern im Unterschied zu Geführten oder sie analysieren die Personen, welche

Führungspositionen besetzen, um Eigenschaften aufzudecken, die das Erklären eines

Führungserfolges zulässt (1994: 62). Mit Hinblick auf das Modell wird deutlich, dass

der Fokus auf die Eigenschaften der Führungsperson Führung auf eine Variable

reduziert, welche in die Sachdimension eingeordnet wird. Wir erinnern uns, dass die

sachliche Dimension zwei Horizonte bildet, die Innen- und die Außenseite einer

Unterscheidung, wobei hier die Innenseite von Unterscheidung durch die Eigenschaften

markiert wird. Fraglich bleibt, ob diese starke Vereinfachung der Realität das kausale

Schließen der Eigenschaften auf individuelle und organisatorische Führungserfolge

zulässt. Hierbei wird das erste Mal die Stärke des Modells „Medium der Führung“

9 wir sind uns bewusste, dass hier einige Ansätze der Führungsforschung ausgelassen sind, jedoch erscheinen uns die genannten Strömungen am relevantesten für die Einordnung in das Modell und der damit beabsichtigen Systematisierung im Hinblick auf die drei Dimensionen.

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deutlich, da man nicht nur sieht, welche Faktoren von dem Eigenschaftsansatz

berücksichtigt werden, sondern auch, welche dieser ausgrenzt. Weder Verhalten,

Interessen, Werte etc. der Führungspersönlichkeit noch die Person der Geführten mit

ihren Eigenschaften, Fähigkeiten, Interessen etc. finden Berücksichtigung. Selbiges gilt

für die Interaktion, die Kommunikation, Anwendung von Führungsinstrumenten und

der Wahrnehmungen beider Akteure. Dieser Ansatz kommt somit einer starken

Vereinfachung von Führung gleich.

Auf der Ebene der Dimensionen werden die Sozialdimension (für die eine

Beziehungsrelation vorliegen muss) und die Zeitdimension, also Referenzen auf

Vergangenes und Zukünftiges oder anders ausgedrückt, die Veränderung der

Eigenschaften10, ebenfalls nicht untersucht. Ergebnisse unterschiedlicher empirischer

Untersuchungen haben mittlerweile eine Vielzahl von Eigenschaften von

Führungskräften wie beispielsweise Geschlecht („Männlichkeit“), Erziehung, sozialer

Status, Aktivität, Initiative, Energie, Intelligenz, Entscheidungsfähigkeit,

Urteilsvermögen, Dominanz, Durchsetzungsfähigkeit und Selbstvertrauen

herausgearbeitet (vgl. Stogdill, 1948; Mann, 1959; Stogdill, 1974; Lord/De Vader &

Allinger, 1986; Kirkpatrick/ & Locke, 1991; Neuberger 1994: 65; Delhees 1995: 902f.;

Bass, 1993; Northouse 1997: 1113ff.). Hierbei ist allerdings zu beachten ist, dass

methodische Schwierigkeiten bei der Messung von Eigenschaften auftraten (Delhees,

1995: 902f., Neuberger, 1994: 65). Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass nach

Neuberger eine sehr geringe Korrelation zwischen Führungserfolg und den

Eigenschaften nachgewiesen werden konnte (1994: 64ff.).

3.1.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Eigenschaften des Führers; Sachdimension

3.1.1.2 Untersuchungszweck:

Führungserfolg

3.2 Der Verhaltensansatz

Der Verhaltensansatz analysiert erfolgreiche Führungskräfte mit Hinblick auf deren

Verhalten (Halpin & Winer, 1957; Hemphill & Coons, 1957).

Untersuchungsgegenstand bildet somit das Beschreiben und Strukturieren von

10 Veränderungen der Eigenschaften widersprechen bereits der Grunddefinition von Eigenschaften nach Bernard (1926), der diese als angeboren annimmt.

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Führungsverhalten, woraus unterschiedliche Führungsstile resultieren. Gesucht werden

die „idealen“ Verhaltensweisen, welche die Wahrscheinlichkeit des Führungserfolges

erhöhen. Dies geschieht völlig losgekoppelt von Kontexten wie beispielsweise

Teamgröße, Reifegrad der Geführten oder dem Organisationsaufbau. Ähnlich wie beim

Eigenschaftsansatz reduziert diese Strömung das Führungsgeschehen auf eine Variable

und untersucht dessen Wirkungen auf den Führungserfolg.

Lewin, Lippit und White (1939) differenzieren Führung in Formen wie

autokratischem/autoritärem und demokratischem Führungsstil. Diese (sachliche)

Unterscheidung wurde von diversen Vertretern aufgegriffen und ausdifferenziert. Somit

kennen Tannenbaum und Schmidt in ihrem Führungsstil-Kontinuum bereits sieben

Stile11, wobei die Unterscheidung zwischen autoritärem und kooperativem Führungsstil

die Eckpunkte des Kontinuums bildet (1958, 1973: 164 ff.). Blake und Mouton (1964)

differenzierten in ihrem zweidimensionalen „Managerial Grid“ nach Aufgaben- und

Personenorientierung („concern for production“, später „concern for results“ sowie

„concern for people“) und beschreiben fünf charakteristische Führungsstile12 näher .

Der Verhaltensansatz analysiert folglich die Modellvariable des Führers mit Fokus auf

deren Verhalten, welche durch die oben beschriebenen Unterscheidungen sachlich

eingeordnet werden. Ausgegrenzt werden neben Aspekten wie Interessen, Erwartungen

etc. der Führungskraft, die Person des Geführten mit ihren Eigenschaften, Interessen,

Fähigkeiten usw., sämtliche relationale Aspekte wie Kommunikation, Wahrnehmungen

und Interaktionen sowie Kontextfaktoren. Auch sind Zeit- und Sozialdimension nicht

weiter berücksichtigt. Nach Vertretern dieses Ansatzes kommt den ausgeblendeten

Elementen und Dimensionen für einen Führungserfolg keine Wichtigkeit zu, was

ebenfalls vergleichbar mit dem Eigenschaftsansatz einer starken Vereinfachung von

Führung entspricht.

Schlussendlich liegen es eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen vor13, welche

bestätigen, dass Mitarbeiterorientierung deutlich häufiger mit Mitarbeiterzufriedenheit

korreliert als Aufgabenorientierung. Was allerdings die Leistungseffizienz anbelangt,

sind keine derartigen Unterschiede festzustellen (Neuberger, 1994: 143). In Abgrenzung

zum Eigenschaftsansatz muss betont werden, dass eine wesentliche Neuerung dieser

11 die sieben Führungsstile sind: autoritär, patriarchalisch, informierend, beratend, kooperativ, partizipativ, demokratisch. 12 Diese fünf Führungsstile sind: Impoverished Management, Authority-Compliance-Management, Country Club-Management, Middle of the Road – Management, Team-Management. 13 Neuberger gibt einen guten Überblick der empirischen Ergebnisse (1994: 142ff.).

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Perspektive die Möglichkeit der gezielten Erlernbarkeit von Führungsfähigkeiten (z.B.

Stile) entsprach (Saal and Knight, 1988).14

3.2.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Führungsverhalten von Führungskräften; Sachdimension

3.2.1.2 Untersuchungszwecke:

Führungserfolg

3.3 Der situative Ansatz

Der situative Ansatz rahmt das Führungsverhalten. Der Führungserfolg wird vom

Führungsverhalten im Kontext von organisations-strukturellen und organisations-

kulturellen Faktoren wie Machtstrukturen, Führer-Geführten-Beziehung (Fiedler, 1967),

Organisationsgröße (Child, 1973; Pugh and Payne, 1976) und Motivationsaspekten wie

beispielsweise der Qualifikation der Mitarbeiter (Hersey und Blanchard, 1977, 1982)

bestimmt. Im Unterschied zu den beiden oben beschriebenen, eindimensionalen

Theorien erweitern Vertreter dieses Ansatzes den Untersuchungsgegenstand um

allgemeine Situationen oder Orte, in der Führungskräfte operieren und welche das

Verhalten grundliegend beeinflussen. Auf der Analyseebene des Führungsverhaltens

werden rein sachliche Unterscheidungen getroffen, allerdings inkludiert die Analyse der

Kontexte sachliche, soziale und zeitliche Dimensionen. Dadurch zeichnet sich bei

diesem Ansatz ein erweitertes Bild des Führungsgeschehens ab. Die Erkenntnisgewinne

entsprechen dem Wunsch des Auffindens von allgemeingültigen, idealen Führungsstilen

im Kontext bestimmter Rahmenbedingungen, um die Zielvariable des Führungserfolgs

zu maximieren. Führungskräfte sollten demnach in der Lage sein die Situation, in der

sie sich befinden, zu analysieren, diese mit der Vergangenheit abzugleichen um

mögliche Unterschiede festzustellen, und dies in ihr Führungsverhalten einrechnen (Saal

and Knight, 1988).

Um nicht in allgemeine Aussagen ohne Erkenntnisgewinne abzurutschen, beschreiben

wir nun konkret die vier bekanntesten Konzepte dieser Theorieströmung, um die oben

kurz angesprochene Einordnung der Theorie in die Dimensionen des Modells zu

verdeutlichen. Wir orientieren uns dabei an der beobachteten Zuordnung, nämlich

Sachdimension bei dem Führungsverhalten und Sach-, Zeit- und Sozialdimension bei

den Kontexten.

14 worauf eine komplette Industrie baut, die der Weiterbildung und Führungskräfteentwicklung.

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Reddin’s sachliche Unterscheidung im Hinblick auf das Führungsverhalten knüpft an

die des Verhaltenansatzes (Tannenbaum und Schmidt, 1958; Blake und Mouton, 1964)

an. Das Kontinuum zwischen mitarbeiter- und aufgabenorientierten Führungsstilen15

bildet somit den Anpassungsspielraum für die Situation (Reddin, 1967: 11ff.). Die

Einschränkungs- oder, anders ausgedrückt, Kontextsfaktoren bilden eine Funktion zur

Bestimmung der Effektivität des Führers. Diese Faktoren sind Arbeitsanforderungen der

Aufgabe, Anforderung an Führungsstil der Vorgesetzten durch den Vorgesetzten und

durch die Organisationsphilosophie sowie die Anforderung an das Verhalten der

Untergebenen durch Erwartungen und deren Verhalten (Reddin, 1967: 15ff.). Das

Konzept von Reddin bezieht die sachliche Dimension in Form der Differenzierungen

des Schwierigkeitsgrads der Arbeitsanforderungen und des Führungsstils der

Vorgesetzten mit ein. Die soziale Dimension ist in den Erwartungen der Geführten und

deren Verhalten impliziert.

Fiedler (1967) trifft im Hinblick auf die Führungsstile ebenfalls die Unterscheidung in

Aufgaben-/ Mitarbeiterorientierung. Er markiert als Situationsfaktoren die Führer-

Mitarbeiter-Beziehung, die Positionsmacht der Beteiligten und die

Aufgabenanforderung, welche im Zusammenspiel mit dem Führungsverhalten zu Erfolg

oder Effizienz gemessen an der Erfüllung der Aufgabe der Gruppe führen (Fiedler,

1965: 166f.). Fiedler expliziert die Führer-Mitarbeiter-Beziehung (soziale Dimension),

unterscheidet Macht/ keine Macht zur Beschreibung der Position der Führungskraft und

hohe/ niedrige Arbeitsanforderung zur Darstellung des Reifegrads der Mitarbeiter

(sachliche Dimension).

Vroom und Yetton differenzieren das Führungsverhalten nach der

Entscheidungsbeteiligung der Mitarbeiter, welche einem Kontinuum von

Alleinentscheidung und Gruppenentscheidung entspricht (1973: 13). Beschränkt

werden diese Entscheidungen durch sieben Kontextfaktoren: Qualität des Ergebnisses

(hoch/niedrig - Sachdimension), Informationsstand des Vorgesetzten (vollständig/

unvollständig – Sachdimension), Problemstruktur (eindeutig/mehrdeutig –

Sachdimension), Handlungsspielraum der Mitarbeiter (hoch/ niedrig –

Sozialdimension), Einstellung der Mitarbeiter zu autoritärer Führung (Konsens/ Dissens

– Soziale Dimension), Akzeptanz der Organisationsziele durch die Mitarbeiter

(Konsens/ Dissens – Soziale Dimension) und Gruppenkonformität (Konsens/ Dissens –

Soziale Dimension) (Vroom/ Yetton, 1973). 15 Reddin nennt es: „relationsship orientation“ und „task orientation“

Page 17: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

17

Das situative Führungsmodell nach Blanchard and Hersey (1969) unterscheidet wie

Reddin (1967) und Fiedler (1967) zwischen aufgaben- und mitarbeiterorientiertem

Führungsverhalten (Sachdimension), dessen Kontext der Reifegrad der Mitarbeiter

(hoch/ niedrig - Sachdimension), bestimmt durch Fähig- und Willigkeit, bildet.

Während alle anderen Konzepte des situativen Ansatzes sowohl Sach- als auch soziale

Dimension expliziert haben, schaut das zuletzt beschriebene Modell nur auf sachliche

Unterscheidungen.

Der situative Ansatz verdeutlicht, dass die Einbeziehung von Einschränkungsfaktoren

für das Führungsverhalten den Untersuchungsgegenstand von Führung im Hinblick auf

die Modellvariablen und –dimensionen stark ausweitet. Jedoch bilden normative

Handlungsempfehlungen, wie beim Eigenschafts- und Verhaltensansatz, die

Schlussfolgerungen der Untersuchungen bilden (Vroom & Jago, 2007: 21). Beim

Verhaltensansatz resultiert dies in der Forderung eines kooperativen Führungsstils

(Seidel, 1978; Wunderer/ Grunwald, 1980). Hingegen bestimmt der situative Ansatz

Situationen, welche ein bestimmtes, idealtypisches Führungsverhalten verlangen.

Wissen Führer um diesen Situationsstil, könnte die Kontingenz des Führungsverhaltens

durch ein mechanisiertes Führungsprogramm ersetzt werden. Nach dem Motto:

Situationsanalyse durchführen, passenden Führungsstil auswählen und „einfach“

durchführen!16 Im klaren Gegensatz dazu stehen die nachfolgend aufgeführten

Theorien, deren Untersuchungen eher das Beschreiben und Verstehen von Führung zum

Erklärungsgegenstand haben.

3.3.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Verhalten (Führungsstil) der Führungskraft, Erwartungen, Fähigkeiten,

unterschiedliche Kontextfaktoren; Sachdimension bei Analyse der Führungsstile; Sach-

und Sozialdimension bei Analyse der Kontextfaktoren.

3.3.1.2 Untersuchungszweck:

Führungserfolg, Führungseffektivität

16 sicherlich hier etwas überspitzt dargestellt. Bei diesem Vorgehen wird, ähnlich wie beim rationalen Entscheiden, vergessen, dass Situationen dynamisch sind und somit Situationsanalysen permanent durchgeführt werden müssten – was die Handlungsfähigkeit von Führungskräften enorm einschränken würde. Wichtig erscheint uns hier noch einmal darauf hinzuweisen, dass wissenschaftliche Aussagen im Wechselspiel mit der beobachteten Realität stehen sollten.

Page 18: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

18

3.4 Der transaktionale Ansatz

Der auf der Gruppenforschung basierende transaktionale Ansatz beobachtet die Führer-

Geführten-Beziehung und analysiert deren zeitlichen Verlauf, schaut also auf

Veränderung der Beziehungsqualität. Ins Modell übersetzt bedeutet dies: die Variable

Führer-Geführten-Verhalten wird im Hinblick auf Zeit- und soziale Dimension

untersucht. Wie bei der Darstellung des situativen Ansatzes möchten wir im Folgenden

auf die zwei bekanntesten Ansätze dieses Forschungsfeldes eingehen - die Theorie der

Führungsdyaden und das Idiosynkrasiekreditmodell.

3.4.1 Theorie der Führungsdyaden

Die Theorie der Führungsdyaden, auch bekannt als „Leader-Member-Exchange“,

untersucht die Qualität der sozialen Beziehung in Form der Interaktion von Führer und

Geführten (soziale Dimension), dessen deskriptive Beschreibung anfänglich den

Untersuchungsgegenstand des Ansatzes ausmachte. Blau verstand Führung als soziale

Austauschbeziehung. Diese „bezieht sich auf freiwillige Handlungen von Individuen,

die durch Gegenleistungen motiviert sind, die sie erwartungsgemäß einbringen sollen

und typischerweise auch einbringen" (1964:91). Er unterscheidet In- und Out-Group-

Beziehungen. Graen/ Cashman (1975) erweitern „In-“ und „Out-“ um die „Middle-

Group“ (Sachdimension). Der Begriff „Out-Group“ markiert hierbei eine rein

vertragliche Beziehungssituation. Jegliche Beziehungsstruktur, welche über diese

formelle Beziehung hinausgeht, wie beispielsweise gegenseitiger Respekt, Motivation,

Offenheit, Ehrlichkeit und gegenseitige Unterstützung, ermöglicht das Bilden einer In-

Group Beziehung, welche auch als reife Führer-Geführten-Beziehungen bezeichnet

werden (Graen/ Uhl-Bien, 1995:1047).

Graen/Uhl-Bien (1991) entwickelten einen dreistufigen Prozess zur Entwicklung von

In-Group Beziehungen, welcher von der Phase der formalen Beziehung über die das

gegenseitige Kennen lernen zur Partnerschaft führt. Bauer/ Green (1996) fanden heraus,

dass frühzeitiges Delegieren von Verantwortung das Bilden von In-Group Beziehungen

begünstigt.

Empirische Ergebnisse ergaben positive Korrelationen zwischen der Führer-Geführten

Beziehung und Zufriedenheit mit der Führungskraft seitens der Geführten, sowie mit

der generellen Zufriedenheit im Unternehmen (vgl. Dansereau et al., 1975;

Liden/Graen, 1980; Duchon et al., 1986; Liden/Maslyn, 1998), dem

Page 19: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

19

Unternehmensumsatz (z.B. Dansereau et al., 1975; Sparrowe, 1994; Liden/ Maslyn

1998) und der Selbstverpflichtung (Duchon et al., 1986; Green et al. 1996).

Nach diesen Ansatz sollte folglich das Ziel einer Führungskraft sein, Out- in In-Group

Beziehungen zu wandeln (Zeitdimension), was vor allem von präskriptiven

Ausarbeitung zu späterer Zeitpunkten gefordert wurde (vgl. Graen/Uhl-Bien, 1991;

Bauer/ Green, 1996).

3.4.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Führer-/Geführteninteraktion; Sach-, Zeit- und Sozialdimension

3.4.1.2 Untersuchungszweck:

Qualität der Führer-/Geführtenbeziehung

3.4.2 Idiosynkrasiekreditmodell

Während die Theorie der Führungsdyaden die Qualität der Beziehung zwischen Führer

und Geführten und dessen Auswirkungen auf den Führungserfolg analysiert, liegt bei

dem Idiosynkrasiekreditmodell der Untersuchungsschwerpunkt auf dem von den

Geführten der Führungskraft zugeschriebenen Führungskredit. Dieser Ansatz expliziert

erstmals Abhängigkeiten der Führungspersonen von den Geführten (Hollander, 1995:

926).

Personen in Führungsrollen erhalten einen Führungskredit durch positiv

wahrgenommenes Verhalten aus der Perspektive der Geführten (Sozialdimension), der

es Ihnen erlaubt Einfluss auf das Verhalten der Geführten auszuüben. Diese Form der

sozialen Zustimmung und der damit verbundene Status bildet die langfristige

Legitimationsgrundlage für den (Hollander, 1995: 927).

Bewertungskriterien für die Zustimmung von Führungsrollen sind hierbei der Beitrag

zum Gruppenziel und die Loyalität der Gruppenmitgliedern (Sozialdimension), aber

auch Aspekte wie Intelligenz (Hollander, 1978), persönliche Eigenschaften

(Kenny/Zaccaro 1983), Geschlecht (Geis et al. 1985), Anzahl der verbalen Äußerungen

(Sorrentino/Boutillier 1975, Stein/Heller 1983) oder Dienstalter17 (Insko et al. 1982).

Neben der Legitimation von Führung durch komplexe, soziale Interaktion (Read, 1974:

203) analysiert dieser Ansatz ebenfalls die Zeitlichkeit des Führungskredits, welche es

erlaubt, abweichendes Verhalten mit Hinblick auf die Gruppennormen ohne

Führungsverlust zu erklären. Ein Führungskredit ermöglicht somit den Einfluss auf die

17 Diese Unterscheidungen entsprechen Sachdimensionen.

Page 20: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

20

Geführten für eine gewisse Zeit nach dessen Zuweisung, was nach Staehle auch als

Freiraum für persönliche Eigenarten und Besonderheiten der Führungskräfte verstanden

werden kann (1999:271).

Das Idiosynkrasiekreditmodell bearbeitet folglich die Modellvariable Mitarbeiter und

Führungskraft mit Fokus auf Eigenschaften, Verhalten, deren Interaktionen und

Wahrnehmungen (Hollander, 1995: 934), welche im Kontext von Sach-, Zeit- und

Sozialdimension analysiert werden. Hierbei ist zu beobachten, dass dieser Ansatz sich

kaum auf einige wenige Modellvariablen beschränkt, sondern vielmehr offen lässt, was

genau zur Produktion und Reproduktion von Führungskrediten führt.

Verschiedene Studien wie beispielsweise von Goldman/ Fraas (1965), Hollander/Julian

(1970, 1978) oder Hollander et al. (1977) zeigen, dass gewählte Führungspersonen in

aller Regel eher und länger durch die Geführten unterstützt werden, wenn Sie

abweichendes Verhalten bezüglich der Gruppennorm beobachten.

3.4.2.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Eigenschaften, Verhalten von Mitarbeiter und Führern, deren Interaktion und

Wahrnehmung sowie Sach-, Zeit-, Sozialdimension.

3.4.2.2 Untersuchungszweck:

(Re-) Produktion des Führungskredits

3.5 Der charismatische und transaktionale Ansatz

Konzepte der charismatischen und transaktionalen Führung basieren vor allem auf

Ausarbeitungen von House (1977), Bass (1985) sowie Tichy und Devanna (1986).

3.5.1 Charismatische Führung

House (1977) entwickelte mit Rückgriff auf Max Weber das Konzept der

charismatischen Führung. Nach Weber entspricht Charisma einer speziellen,

persönlichen Begabung außergewöhnliches zu tun, welche im Kontext von sozialen

Beziehungen gedacht wird und durch Zuschreibungsprozesse von Beobachtern erst

seine Wirkungen entfaltet (Weber, 1972: 124). Die Zuschreibung ist dynamisch, ändert

sich mit der Zeit und drückt die Instabilität des charismatischen Führungskonzeptes aus.

Nach House (1977) charakterisieren bestimmte Eigenschaften wie Dominanz,

Selbstvertrauen, Einflussstreben und der Glaube an die eigenen, moralisch

anschlussfähigen Wertvorstellungen einen charismatischen Führer. Diese Eigenschaften

werden von den Geführten wahrgenommen, welche in Vertrauen, Loyalität und

Page 21: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

21

bedingungsloser Akzeptanz, sowie bestimmten Handlungen wie das Nacheifern der

Werte, die Erhöhung der Selbstachtung, die Steigerung der Erwartungen an die eigene

Leistung und die Akzeptanz herausfordernder Ziele münden. Daraus resultiert nach

Hentzel/ Kammel (1996) die effektivere Leistung der Geführten. Es ist bereits deutlich

zu beobachten, dass das Konzept der charismatischen Führung auf dem

Eigenschaftsansatz aufbaut und diesen um die Modellvariablen der Geführten (deren

Fähigkeiten, Interessen etc.) anreichert. Beispielsweise stellen Akzeptanz/ Ablehnung

der Geführten mit Hinblick auf das von der Führungskraft vorgeschlagene Wertegerüst,

die Artikulationen der Ziele, die vorgelebten Rollen etc. die soziale Dimension dar. Die

Zeitdimension findet vor allem bei den neocharismatischen Ansätzen durch die

notwendige Reproduktion der Zuschreibung von Charisma des Führers durch die

Geführten Berücksichtigung (House/ Shamir, 1995: 878).18

Abschließend wollen wir kurz auf die empirischen Ergebnisse von Bass und Steyrer

verweisen, welche einen signifikanten Zusammenhang zwischen Faktoren wie

Charisma und der durch die Mitarbeiter eingeschätzten Effizienz, Zufriedenheit und

überdurchschnittlichen Leistungen nachweisen (1995: 2057ff.).

3.5.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Eigenschaften, Fähigkeiten, Werte, Interessen von Führer/ Geführten, Wahrnehmung

der Geführten und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.

3.5.1.2 Untersuchungszweck:

Führungserfolg

3.5.2 Transformationale Führung

Das von Bass (1985) oder Tichy/ DeVanna (1986) entwickelte Konzept der

transformationalen Führung basiert auf den Ansätzen von House (1977) und Burns

(1979), wobei allerdings Charisma eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung

einer Produktivitätstransformation von Führungskraft auf die Geführten stellt. Es

kommt zu einer Akzentverschiebung des Untersuchungsgegenstands von den

18 dieser Gedanke wurde vor allem von Conger und Kanungo (1987) in ihrer charismatischen Attributionstheorie aufgenommen. Bennis/ Nanus (1985) entwickelten einen weiteren, dem charismatischen Konzept von House sehr ähnlichen Ansatz, den der „visionären Führung“. House und Shamir sublimieren diese und weitere Ansätze unter dem Begriff der „neocharismatische Ansätze“ (1995: 878), während Brynman diese mit dem Ausdruck „new ledership“ betitelt (1996: 280ff.).

Page 22: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

22

Eigenschaften des Führers auf die Bedürfnisse, Interessen, Fähigkeiten der Mitarbeiter

sowie emotionale Aspekte von Führung (Northouse 1997: 133f.).

Der Transformationsprozess soll das Bewusstsein für die Relevanz der Aufgaben und

dessen qualitativer Bearbeitung steigern, die Wichtigkeit der personellen Entwicklung

sowie Lernfähigkeit betonen und zur Verinnerlichung der Organisationsziele anstelle

eigener Interessen (Bass, 1985) führen. Tichy und Devanna charakterisieren den

transformationalen Führer als „change agent“, welcher mutig und wertebasiert, mit dem

Glaube an Menschen und lebenslanges Lernen befähigt ist, komplizierte Sachverhalte

zu bearbeiten und eigene Visionen zu verfolgen (1986:5).

Eine spätere Ausarbeitung von Bass, Avolio und Jung nennt vier Kategorien von

Merkmalen eines transformationalen Führers. Die Vorbildfunktion für die Mitarbeiter

(Sozialdimension), das Setzen hoher moralischer Standards (Sachdimension), das

Entwickeln der Wahrnehmung der Mission oder der Vision des Teams und der

Organisation (Zeitdimension) bildet die Kategorie des Charismas (idealized influence).

Gleichzeitig stimuliert das Interesse der Führungskraft an den bearbeiteten Aufgaben

der Mitarbeiter, ihre Arbeit aus neuen Perspektiven zu sehen (intellectual stimulation).

Transformationale Führungskräfte tragen die Fähigkeiten und die Potentiale der

Kollegen und Mitarbeiter auf höhere Niveaustufen (individualized consideration,

Zeitdimension) und motivieren Kollegen und Mitarbeiter über ihre eigenen Interessen

hinaus zum Wohl der Gruppe beizutragen (inspirational motivation) (Bass et al, 2003:

208). Im Gegensatz zur transaktionalen Führung wird bei diesem Konzept die Leistung

der Geführten nicht nur durch den Führer erzeugt, sondern auf eine qualitativ höhere

Ebene gehoben.

Übersetzen wir dies in unser Modell, so identifizieren wir im Hinblick auf die

Modellvariablen die Untersuchung der Eigenschaften von Führungskräften und ihrem

Verhalten, die Wahrnehmung und Erwartungen von Seiten der Geführten sowie deren

Fähigkeiten, Werte, Zielfunktionen und Rollenverständnisse. Untersuchungsziel ist der

Nachweis eines Führungserfolges durch unterschiedliche Formen der Stimulierung von

Führer auf Geführte. Hierbei wird die Sozialdimension des Konzepts sehr deutlich,

welche für potentielle Stimulierungswirkungen Zustimmung oder eben auch

Ablehnungen notwendige macht. Auch wenn die Entwicklung der Transformation nicht

expliziert ist, laufen Vergleiche der Vergangenheit mit der Gegenwart und die

Erwartungen in Bezug auf eine unsichere Zukunft im Kontext der Führung von den

Geführten immer mit und bestimmen die Zeitdimension.

Page 23: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

23

3.5.2.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Eigenschaften, Werte und Verhalten der Führungskraft; Interessen, Werte,

Rollenverständnis und Wahrnehmung der Geführten und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.

3.5.2.2 Untersuchungszweck:

Führung als Faktor zur Steigerung der Produktivität

3.6 Der mikropolitische Ansatz

Der auf der Machttheorie (vgl. zum Überblick Sandner, 1988: 56) basierende Begriff

der Mikropolitik beschreibt nach Frost „die Verkörperung der Machtausübung. Sie ist

repräsentiert in den Strategien und Taktiken, welche die Akteure im tagtäglichen,

laufenden und gegenwärtigen Organisationsgeschehen nutzen, um ihre Interessen

durchzusetzen“ (1987: 518).

Die Anwendung der mikropolitischen Perspektive auf Führungsprozesse zeichnet sich

nach Neuberger durch Faktoren wie beispielsweise den Interessenbezug, -wahrung und

-durchsetzung von Führungskräften (Sozialdimension), der Bedeutung von Koalitionen

(Sozialdimension), der Bedeutung des richtigen Zeitpunktes (Zeitdimension) und der

Akteursperspektive mit Handlungsspielräumen (1994: 263f.) aus.

Vertreter des mikropolitischen Ansatzes (vgl. z.B. Falbo, 1977; Kipnis et al., 1984;

Ortmann, 1988; Neuberger, 1994, 1995a und 1995b) analysieren Modellvariablen wie

die Interessen von Führer und Geführten, deren Interaktion und strategisches Verhalten,

welche durch Kontextfaktoren wie Handlungsspielräume oder legitimierte Ordnung

innerhalb von Organisationen beschränkt werden (Neuberger, 1994: 264). Analysiert

werden vor allem Strategien zur Einflussnahme und Durchsetzung eigener Interessen,

wobei Neuberger (1995a: 154) zwischen offenen, authentischen und verdeckten

Taktiken unterscheidet (Sachdimension). Bosetzky hingegen untersucht die Chancen

von Informationen zum tieferen Organisationskenntnis: Status, Image,

Selbstverwirklichungschancen, Karrierechancen, Machtvermehrungschancen, Gegen-

und Blockiermacht, Ressourcen für den eigenen Bereich (1995: 1529ff.) und Risiken

wie Imageverlust durch den Geruch von Günstlingswirtschaft, Rollenüberlastung der

Führungskraft, Abhängigkeit von Untergebenen, strategischen Führungsverhaltens in

Organisationen (1995: 1522ff.) bilden hierbei relevante Gegenstände der Untersuchung.

Transferieren wir diese Informationen in das Modell wird deutlich, dass der Fokus auf

den Interessen, Rollen und der Erwartungen von Führer und Geführten liegen, wobei

allerdings die Personen des Führers und des Geführten eher als strategisch-rationale

Page 24: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

24

Akteure betrachtet werden. Gleichzeitig positionieren, sprich interagieren diese „homo

oeconomici“ in einem dynamischen Kontext. Der mikropolitische Ansatz bildet die drei

Dimensionen vollständig ab. Es wird deutlich, dass Führung von Unternehmen bei

diesem Ansatz rein von politischen Motiven abhängig gemacht wird, womit sich

jegliche Handlungen fernab von der Rationalitätsprämisse ex-post als rational erklären

lassen. Eine gute Theorie muss aber nicht nur einen nachgelagerten Erklärungskasten

liefern, sondern auch gewisse Situation ex-ante beschreibbar machen.

Empirische Studien von beispielsweise Kipnis et al. (1984) und Kipnis/Schmidt (1988)

bestätigten die Unterscheidung zwischen einer direkten machtpolitischen

Einflussstrategie und einer kooperativen Einflussstrategie als zu beobachtendes

Strategie-Muster (Sachdimension).

3.6.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Interessen, Rollen, Erwartungen von Führer/ Geführten, Interaktion,

Führungsinstrumente & Kontextfaktoren und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.

3.6.1.2 Untersuchungszweck:

Erklärung des strategischen Verhaltens der Führungskräfte und der Geführten.

3.7 Der symbolische Ansatz

Die symbolische Führungsforschung basiert auf der Kulturforschung von Geertz (1973),

der Unternehmenskulturforschung von Schein (1992) und Weiblers’s Idee, wonach

Menschen in einer bedeutungsbehafteten oder anders ausgedrückt, symbolischen Welt

handeln, welche durch Interaktionsprozesse geschaffen wird und welche die

Interpretation ihrer Teilnehmer erfordert19 (1995:2017f.). Nach Neuberger sind Symbole

konkrete Sachverhalte mit übertragener Bedeutung, auch als Sinnbilder betitelt (1994:

244f). Somit beeinflussen Symbole soziales Verhalten und werden durch

Kommunikation reproduziert werden. Mit Blick auf das Modell beschreiben die

Forscher die Kommunikation und Interaktion zwischen Führer und Geführten, welche

Symbole produzieren und reproduzieren und deren unterschiedlichen Wahrnehmungen

Interpretationsmöglichkeiten bieten, welche in das Verhalten oder die Kommunikation

der Führung eingerechnet werden.

19 Der Begriff „Interpretation“ impliziert bereits unterschiedliche Wahrnehmungen der Akteure

Page 25: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

25

Weibler beispielsweise unterscheidet drei Ebenen von Symbolen: verbale (Mythen,

Geschichten etc.), interaktionelle (Riten, Traditionen, Tagungen etc.) und die artifizielle

(Statussymbole, Arbeitsbedingungen, Fahnen etc.) Form (1995: 2016; Sachdimension).

Neuberger hingegen unterscheidet symbolisierte und symbolisierende Handlung (1994:

251ff.; Sachdimension). Die „symbolisierte Führung“ kommt der obigen

Differenzierung von Weibler nah, welche ohne aktives Eingreifen der Führungskraft das

Führungsgeschehen rahmt:

„...dass Führung (Handlungssteuerung) in Fakten „verborgen“ ist: In Sprachregelungen,

sozialen Intuitionen und Artefakten wird Handeln verlässlich kanalisiert“ (Neuberger,

1994:252).

Die „symbolisierende Führung“ hingegen entspricht der Verwendung von Symbolen als

Führungsinstrument von Seiten der Führungskraft, also das gezielte Verwenden von

Symbolen zur Führung von Mitarbeitern:

„...geht es um Sinn-Entbindung, also die Geburt neuen Sinns. Neue Hinsichten können

aufgezeigt oder vorgelebt und durch neue Fakten konkretisiert werden. Die bedeutet die

Destabilisierung und löst Widerstand, Unsicherheit, Angst, Restaurationsbemühungen

etc. aus“ (Neuberger, 1994:256).

Symbolisches Management kann hierbei als Überbegriff für die sachliche

Unterscheidung Neubergers verstanden werden und oszilliert zwischen Verfestigung

(Symbole werden zu Fakten gemacht, welche entziffert werden müssen) und

Verflüssigung (Fakten werden hinterfragt, was Raum für neue Sinnbilder schafft) von

Symbolen. Dieser Kreisprozess analysiert, für wen die Sinnbilder Bedeutung haben und

welche Wirkungen sie auf wen erzielen (Neuberger, 1994:248). Diese Darstellung

enthält die soziale Dimension, die Spannung in Form von Konsens und Dissens

zwischen Führer und Geführten im Hinblick auf die Interpretation von Symbolen

aufdeckt. Die Zeitdimension entspricht der Vorstellung der Verfestigung und

Verflüssigung, welche die Dynamisierung der Symbolentwicklung in Organisationen

impliziert.

Wir sehen, dass dieser Ansatz bereits viele Variablen (Führer/ Geführten mit sämtlichen

Elementen, Kontextfaktoren, Kommunikation, Verhalten, Führungsinstrumente,

Wahrnehmung von Führer und Geführte) und alle Dimensionen unseres Modells

berücksichtigt. Auch beobachten wir eine andere Zwecksetzung der Untersuchung, die

stärker nach der Dimension des Sinns in Führungsprozessen schaut, anstatt

Handlungsempfehlungen für das Verhalten oder die Kommunikation von

Page 26: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

26

Führungskräften zur Wahrscheinlichkeitssteigerung des Führungserfolgs zu liefern.

Deutlich wird, dass die Möglichkeit der Beeinflussung von Führungserfolgen von

Seiten der Führungskräfte abgeschwächt wird, während strukturelle Gegebenheiten und

Wahrnehmungen wie beispielsweise Interpretationen von Symbolen an Bedeutung

gewinnen.

3.7.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Führer/ Geführten, Kommunikation, Wahrnehmung, Führungsinstrumente, Interaktion

von Führungskräften und Geführten, und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.

3.7.1.2 Untersuchungszweck:

Erklärung der Rolle von Symbolen in Führungsprozessen.

3.8 Der systemische Ansatz

Der systemische Führungsansatz basiert auf den Erkenntnissen der neueren

Systemtheorie von Luhmann (1984). Führung wird als soziales System betrachtet, was

gewisse Grundannahmen der neueren Systemtheorie in den Untersuchungsgegenstand

der Führung transferiert. Zu nennen ist die Selbstbezüglichkeit des Systems, welche

Strukturen für die Selbstorganisation des Systems niederlegt. Die Struktur bestimmt

somit die Form des Führungssystems und dessen Anschlusskommunikationen, welche

für die Autopoesis oder, anders ausgedrückt, Reproduktion des Systems sorgt. Weitere

Annahmen betreffen die Abkehr von kausalen Erklärungswegen für soziale Prozesse

wie Führung, da sowohl System als auch Umwelt durch Komplexität gekennzeichnet

sind und Anschlusskommunikationen vielfältig interdependente Wirkungen und

Folgewirkungen mit vernetzten Rückkopplungsschleifen nach sich ziehen.

Führungskräfte durchleben die Komplexität von sozialen Systemen in ihren Alltag, sind

folglich mit „Widersprüchen, Mehrdeutigkeit, Intransparenz, Doppelarbeit, Vergeudung

von Ressourcen, Provisorien, Überraschungen etc. konfrontiert“ (Neuberger, 1994:

230). Nach Türk bestimmt die „Eigendynamik“ des Systems die Kommunikation und

die Einflussmöglichkeiten der Führungskräfte auf die Geführten (1981). Probst gibt

dementsprechende Empfehlungen im Umgang mit Führungsprozessen wie

beispielsweise dem Respekt vor dem System, das Anerkennen von Unsicherheiten und

Mehrdeutigkeiten, die Schaffung von Möglichkeiten und das Balancieren von Extremen

(1987: 114ff.).

Page 27: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

27

Im Hinblick auf die Modellvariablen fokussiert sich der systemische Ansatz auf die

Kommunikation zwischen Führer und Geführten, welche allerdings alle anderen

Elemente des Modells mit einrechnet, was durch den hohen Abstraktheitsgrad der

Systemtheorie ermöglicht wird. Nach Luhmann bildet Kommunikation die

selbstreferentielle Operation von sozialen Systemen, wodurch dessen Strukturen im

Hinblick auf Zeit-, Sach- und Sozialdimension gelegt werden (1984: 66f.). Dieser

Ansatz bildet das gesamte Modell mit allen Variablen und Dimensionen ab und ist

damit der ganzheitlichste und zugleich abstrakteste Versuch zur Beschreibung von

Führung.

3.8.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:

Kommunikation, Kontextfaktoren und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.

3.8.1.2 Untersuchungszweck:

Reproduktion von sozialen Führungssystemen.

3.9 Die Zusammenfassung

Bevor wir unseren eigenen Ansatz von Führung in Unternehmen vorstellen, vernetzen

wir die Ergebnisse der obigen Analyse. Abbildung 2 stellt die Ergebnisse noch einmal

übersichtlich dar. Aus der Analyse gehen zwei wesentliche Sachverhalte hervor:

1. Der Kompliziertheitsgrad der Führungsforschung hat sich im 20. Jahrhundert deutlich

gesteigert. Dies wird durch die Anzahl der untersuchten Elemente deutlich. Während

der Eigenschaftsansatz ausschließlich die Korrelation zwischen Eigenschaften und

Führungserfolg untersuchte, beziehen die neueren Analysen eine höhere Anzahl an

Variablen und Dimensionen in ihre Untersuchungen mit ein. Wir beobachten, dass die

Suche nach eindeutigen Ergebnissen, vor allem im empirischen Bereich, bis heute eine

der größten Herausforderungen der Führungsforschung darstellt. Hier begegnet man

dem Dilemma, dass die Reduzierung des Phänomens Führung auf weniger Variablen

konträre empirische Ergebnisse erzeugen sowie Messschwierigkeiten mit sich bringen -

die Variablen sind nicht unabhängig, werden aber als solche bearbeitet. Die Vernetzung

der Variablen bei unterschiedlichen Messungen sind unterschiedlich ausgeprägt war.

Die Folge: Messungen von Variablen in unterschiedlichen Kontexten führen zu

widersprüchlichen Ergebnissen. Hinzu kommt die Schwierigkeit der Messung an sich,

welche von der Form der Datenerhebung (beispielsweise eine anonyme im Vergleich zu

Page 28: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

28

einer personalisierte Umfrage etc.) abhängt. Diese Faktoren begrenzen die Aussagekraft

empirischer Ergebnisse (Delhees 1995: 901). Wir halten fest, dass eindeutige

Ergebnisse in Bezug auf Führung a) mehrdeutig sein können, wie die unterschiedlichen

Ergebnisse unabhängiger Forscher beim Eigenschaftsansatz bestätigt, b) wir somit über

Kausalitäten in Führungssystemen kaum etwas wissen und schließen: Führung in

Unternehmen ist ein komplexer Sachverhalt.

2. Wir beobachten eine Ausdifferenzierung der Führungsforschung. Wir sind uns

bewusst, dass Führung bereits vor dem erscheinen von Bernard “An introduction to

social psychology” aus dem Jahr 1926 den Untersuchungsgegenstand von Wissenschaft

bildet, wir uns aber auf dieses Jahr als Analysestartpunkt beziehen. Diese Form der

Ausdifferenzierung wird durch a) die Steigerung der Anzahl von unterschiedlichen

Führungstheorien, auch aus anderen Wissenschaftsgebieten, b) die Weiterentwicklung

und Ausdifferenzierung von bereits bestehenden Führungstheorien und c) die breite,

interdisziplinäre Grundlage zur Betrachtung von Führung deutlich.

Neben den neun Ansätzen, welche wir vorstellen, existieren eine Vielzahl weiterer

Theorien20, welche sich teilweise ganz spezifischen Fragestellungen widmen.

Gleichzeitig erfolgt eine weitergehende Differenzierung innerhalb der Theorien wie

zum Beispiel der charismatische, der auf dem Eigenschafts-, oder der situative, der auf

dem Verhaltensansatz basiert.

Die Veränderung des Untersuchungszwecks repräsentiert ebenfalls eine Form der

Differenzierung. Während anfänglich der Zweck von Führungsforschung der Erklärung

von organisationalem und individuellem Führungserfolg gleichzusetzen war

(Eigenschafts- und Verhaltensansatz), beobachten wir heute eine Vielzahl von

alternativen Zwecksetzung wie der Erklärung der Qualität der Führer-

/Geführtenbeziehung (Leader-Member-Exchange), der (Re-)Produktion eines

Führungskredit (Idiosynkrasiekreditmodell), der Transformation von

Produktivitätsgewinnen (Transaktionaler Ansatz), dem strategischen Führungsverhalten

(Mikropolitischer Ansatz), der Sinndimension von Führung (Symbolische

Führungsansätze) und der Reproduktion von sozialen Führungssystemen (Systemische

Ansätze).

20 Wie beispielsweise der attributionstheoretische, der psychodynamische, der kritische Ansatz, um nur einige zu nennen

Page 29: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

29

Des Weiteren wird deutlich, dass eine Vielzahl von Ansätzen auf bereits bestehenden,

allgemeinen Theoriegerüsten wurzelt, dessen Untersuchungsgegenstand nicht oder nicht

ausschließlich der Thematik Führung entspricht. Zu nennen sind Gruppenforschung

(Leader-Member-Exchange, Idiosynkrasiekreditmodell), die Kulturforschung

(Symbolische Führungsansätze), die Systemtheorie (Systemische Ansätze) und die

Machttheorie (Kritische Theorie, Mikropolitischer Ansatz). Dies verdeutlicht zum einen

die Schwierigkeit der Erklärung von Führung und zum anderen unterstützt es die Kritik

an der Vereinfachung von Realität. Wozu sollten Forscher mit Hilfe von anderen

Methodiken und Annahmen einen Sachverhalt untersuchen, wenn seine herkömmlichen

Mittel ausreichen, um Wahrheit zu leisten.

Wir folgern. Führung benötigt eine Betrachtung, welche alle Elemente und

Dimensionen von Führung abbildet, um somit ihrer Komplexität gerecht zu werden, und

trotz allem nicht in allgemeine Beschreibungen verläuft. Neben der Kombination von

Erkenntnissen der herkömmlichen Führungstheorien besitzen unserer Meinung nach

Denkkonzepte wie die allgemeine Systemtheorie, welche sich selbst als

Universaltheorie versteht, die Formtheorie und die Netzwerktheorie das Potential für ein

besseres Verständnis von Führung.

Page 30: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

30

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Abbildung 2: Zusammenfassung der Führungsanalyse

Quelle: Janis Zech, 2008

Page 31: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

31

4 Die Führung in Unternehmungen

Nachdem wir mit Hilfe des Modells Führung im Kontext von Sach-, Zeit- und

Sozialdimension untersucht haben, entwickeln wir unseren eigenen Ansatz von

Führung: Zu Beginn beschreiben wir die Methodik, auf der unserer Ansatz basiert.

Hierbei sind neben der Begriffsklärung vor allem die getroffen Grundannahmen von

Bedeutung und die Beschreibung der Notation einer Form. Nachfolgende konzentrieren

wir uns auf die Entwicklung des eigenen Ansatzes, einer Betrachtung von Führung in

Unternehmen. Wir arbeiten mit einem Formkalkül, welches erlaubt komplexe

Sachverhalte in Form von Unterscheidungen darzustellen. Abschließend fassen wir die

Ergebnisse zusammen.

4.1 Die Methodik

Wie in der obigen Zusammenfassung dargestellt, basieren die meisten Führungstheorien

auf Methodiken, dessen Untersuchungsschwerpunkte in erster Linie nicht zur

Betrachtung von Führung entwickelt wurden. So bauen der transaktionale Ansatz auf

der Gruppenforschung, der Symbolische auf der Kulturforschung, der Mikropolitische

auf der Machttheorie und der Systemische auf der Systemtheorie. Zusätzlich fanden wir

auch Rückbezüge innerhalb der Führungsforschung. Die charismatische

Führungsforschung entspricht einer Ausdifferenzierung des Eigenschaftsansatzes und

der situative Ansatz referiert auf die Unterscheidungen des Verhaltensansatzes

(Mitarbeiter-/Aufgabenorientierung).

Wir versuchen einen interdisziplinären Erklärungsansatz von Führung zu entwickeln,

dessen Grundlage die neuere Systemtheorie Niklas Luhmanns (1987), die

Unterscheidungstheorie von Spencer Browns (1969) und deren Weiterentwicklung von

Dirk Baecker (1993) sowie die bereits dargestellten Führungstheorien bilden.

4.1.1 Die Annahmen

Wir nehmen an, dass es sich bei Führung um ein soziales System handelt, wobei diese

Aussage bereits auf vielfältige Theoriekonzepte von W. Ross Ashby (1958), Gregory

Bateson (1982), George Spencer Brown (1969), Heinz von Foerster (1993), Ranulph

Glanville (1982), Niklas Luhmann (1987), Claude E. Shannon und Warren Weaver

(1963) referiert.

Annahme 1: Führung ist komplex.

Page 32: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

32

Wie bereits bei der obigen Analyse deutlich wird, handelt es sich bei Führung um einen

Sachverhalt, welcher durch Komplexität gekennzeichnet ist. Dies wird nach Luhmann

als „eine zusammenhängende Menge an Elementen bezeichnen, wenn auf Grund der

immanenten Beschränkungen der Verknüpfungskapazität der Elemente nicht mehr jedes

Element jederzeit mit jedem anderen verknüpft sein kann“ (1987: 46). Im Umgang mit

Komplexität selektiert das Führungssystem die Beziehung seiner Elemente, sprich es

relationiert die Relationen zwischen den einzelnen Elementen, lässt somit gewisse

Beziehungen zu und schließt andere grundlegend aus. Dies entspricht Weaver’s Idee der

organisierten Komplexität (1948:536 ff.). „denn organisierte Komplexität heißt nichts

anderes als Komplexität mit selektiven Beziehungen zwischen den Elementen“

(Luhmann, 1987: 46). Das Modell Medium der Führung bildet diese

Mehrdimensionalität von Führung ab und verdeutlicht die Kontingenz in der Selektivität

zur Erklärung des Phänomens Führung. Dabei wird ausgespart, wie wissenschaftliche

Betrachtungen von Führung mit der Problematik der Überwältigung umgehen, was

Führung überhaupt handlungsfähig macht? Reflektion der eigenen Selektion im

Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand ist nicht gerade die Stärke der vorgestellten

Ansätze. Kontingenz folgt nach Luhmann aus der Annahme der Komplexität:

„Komplexität [...] Selektionszwang, Selektionszwang heißt Kontingenz, und

Kontingenz heißt Risiko. Jeder komplexe Sachverhalt beruht auf einer Selektion der

Relation zwischen seinen Elementen, die er benutzt, um sich zu konstituieren und zu

erhalten“ (1987:47). Somit beruht jeder komplexe Sachverhalt auf der Relationierung

seines Möglichkeitsraumes, seiner Elemente (1987:47). Diese Form der Reduzierung

von Komplexität, der „Relationierung von Relationen“ (1987:49), schafft

Systemstrukturen wie bestimmte Beziehungsnetzwerke oder Macht, Ressourcen oder

Kompetenzbereiche von Führung in Unternehmen, welche die Wahrscheinlichkeit für

bestimmte Formen der Kommunikationen zulassen. Gleichzeitig bedeutet jede

Bestimmung von wiederkehrender Kommunikation die Ausgrenzung anderer

Kommunikationsmöglichkeiten. Es gibt folglich Formen der Kommunikation, die

anschlussfähiger sind als andere und somit Führung reproduzieren. Wir schauen, welche

spezifische Form der Kommunikation Führungssysteme reproduzieren21 und welche

Kontexte die Kommunikation von Führung in Unternehmen rahmt. Nach Luhmann

heißt „Kommunizieren Beschränken“ (1987: 66), Shannon’s Sender-Transmitter-

21 dies entspricht der Operation der Führung in Unternehmen, an dessen Reproduktion das soziale System arbeitet.

Page 33: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

33

Empfänger-Modell sieht Nachrichten als eine Selektion aus dem Raum von möglichen

Nachrichten (1963: 31), was bereits eine gewisse Kontingenz impliziert, denn der

Empfänger hätte auch anders selektieren können. Nachrichten müssen immer in

Relation zu Ihrem Möglichkeitsbereich gelesen werden, damit statistisch errechnet

werden kann, wie wahrscheinlich es ist, dass die gesendete Nachricht l (anstatt als

kleines L) bei der Übermittlung durch Rauschen verzerrt auch als 1 (die Zahl Eins) und

nicht als „kleines L“ empfangen wird. Um die Zahl 1 entziffern zu können, muss der

Empfänger den Möglichkeitsraum der natürlichen Zahlen kennen, um selektieren zu

können, was gemeint ist. Nach Baecker arbeitet Kommunikation an der Bestimmung

des Unbestimmten (2005: 23), er notiert Shannon’s Kommunikationsbegriff als

Unterscheidung von Selektion und Redundanz (2005: 24), entwickelt den

Kommunikationsbegriff als Unterscheidung von kommunikativer Bezeichnung/

Unterscheidung weiter (2005: 60), um letztendlich den Begriff des Freiheitsgrads

einzuführen. Diesen verwendet er um darzustellen, dass bei Beschreibung von Welt

mithilfe von Variabeln immer Bestimmungsspielsräume mitgelesen werden. Folglich

bildet Kommunikation die Bestimmung von Freiheitsgraden im Kontext von

Konditionierung (2005: 63ff.). Der Aspekt der Freiheitsgrade spielt eine wesentliche

Rolle für das nachfolgend notierte Formkalkül.

Grundlegend für unseren Ansatz ist die Annahme, dass alles Gesagte zu einem

Beobachter gesagt wird (von Foerster, 1993: 85). Maturana und Varela fügen hinzu,

dass alles Gesagte von Jemanden (dem Beobachter) gesagt wird (1987: 32).22 Diese

Annahmen gelten auch für soziale Systeme. Sie haben die Fähigkeit, sich selbst zu

beobachten (1987:66), was der „Handhabung von Unterscheidungen“ (Luhmann, 1987:

63) entspricht. Systeme beobachten die eigens getroffenen Unterscheidungen und

führen ihre konstitutive Unterscheidung, die System/ Umwelt Unterscheidung, wieder

in das System ein. Führung stellt dabei eine Beziehung zu sich selbst her, wobei diese

Beziehung in Differenz zur Beziehung ihrer Umwelt steht (Luhmann, 1987: 31).

Zusätzlich nehmen wir an, dass das Führungssystem operationell geschlossen ist. Dies

bedeutet, dass das soziale System der Führung entscheidet, welche Form der

Kommunikation einen Unterschied macht, der wiederum einen Unterschied im System

nach sich zieht (Bateson, 1982: 580) oder, anders ausgedrückt, die Wahrscheinlichkeit

22 Das unterliegende Prinzip dieser Annahmen ist der des radikalem Konstruktivismus, welcher sich gegen die ontologische Ansicht von Welt wendet und die Welt als Konstruktion der Beobachter beschreibt.

Page 34: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

34

von Anschlusskommunikationen bestimmt. Dieser Bezug auf sich selbst legt den

Grundstein für den von Maturana und Varela vorgeschlagenen Begriff der Autopoiesis

(1987: 55ff.). „Auto“ bedeutet „selbst“ und bezeichnet hier die Autonomie

selbstorganisierender Systeme. Poiese basiert aus derselben griechischen Wurzel wie

das Wort „Poesie“ und bedeutet „machen“. Somit heißt „Autopoiese“ wörtlich

Selbstmachen (Capra, 1996). Zur Reproduktion beziehen Systeme sich auf sich selbst,

also auf die Unterscheidung System/ Umwelt, da durch die Beobachtung der System/

Umwelt-Unterscheidung Anschlussunterscheidungen (in sozialen Systemen in Form

von kommunikativen Operationen) getroffen werden (Luhmann, 1987: 63). Wir

selektieren folglich die konstitutiven Unterscheidungen, welche von Führung getroffen

immer wieder getroffen werden. Hierbei entscheiden Operationen, so genannte

systemspezifische Form der Kommunikation, über die Wahrscheinlichkeit von

Anschlussoperationen. Nach Luhmann differenziert sich die moderne Gesellschaft in

funktionale Subsysteme mit jeweils verschiedenen Reproduktionsmechanismen. So

kommuniziert beispielsweise die Wirtschaft über Knappheit/Überfluss, die Politik über

Macht/Ohnmacht, das Rechtssystem über Recht/Unrecht und die Wissenschaft über

Wahrheit/ Unwahrheit (Luhmann, 1998: 482). Wie bereits oben erwähnt, konzentrieren

wir uns auf Führung in Unternehmen, den Organisationen im Kontext der Wirtschaft,

markieren somit unseren Untersuchungs- und Erkenntnisraum durch den Ausschluss

aller anderen funktionalen Gesellschaftssysteme. Wir betrachten Führung in

Unternehmen als ein Subsystem der Wirtschaft, welche die Systemreferenz darstellt.

Möglicherweise greift die Unternehmensführung Störungen anderer Funktionssysteme

auf und verarbeitet diese im Führungssystem.23 Diesen Aspekt berücksichtigen wir

durch den Aspekt der Gesellschaft.

Ausgehend von diesen Theoriekonzepten suchen wir nach der Operation des

Führungssystems, also der spezifischen Form der Kommunikation, welche

Anschlusskommunikationen im Führungssystem bedingen. Wir beobachten, welche

Unterscheidungen das Führungssystem reproduziert, wie sich also ein Führungssystem

selbst beobachtet, welche rekursive Form des Zugriffs auf Komplexität

Führungssysteme ausbilden und welche Einschränkungen und Ausschränkungen das

Geschehen von Führung bestimmen. Zur Beschreibung eines solch schwierigen

23 Diese Diskussion griff der Ökonom Milton Friedman durch sein Argument auf, dass das Kerngeschäft von Firmen der Profit sei, woraufhin eine breite Diskussion über die Zwecksetzung von modernen Unternehmungen der 20. Jhd. entfachte (1970).

Page 35: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

35

Sachverhalts wie Führung verwenden wir das Unterscheidungskalkül von Spencer

Brown. Dies bedarf allerdings einer kurzen Einführung zum besseren Verständnis.

4.1.2 Die Form

Im Folgenden führen wir kurz in die Formtheorie Spencer Browns ein. Hierbei bildet

der kreative Akt der Unterscheidung den Ausgangspunkt einer Form, wobei eine

Unterscheidung immer einem Beobachter zugeschrieben werden muss. Nach Korzybski

sind Formalismen ähnlich wie Modelle nur hilfreich, wenn die wenigen Variablen, auf

die sich auf unserer Formalismus anschließend konzentriert, im bewussten Kontext der

unendlichen Anzahl an Variablen der Welt steht (1958: 276). Somit sollten

Vereinfachungen durch Modelle oder anderen Formalismen im Kontext von allem

Ausgeschlossenen stehen und die Schlüsse dementsprechend als theoretische

Betrachtungsweise von Welt gelesen werden.

Nach Gumbrecht muss eine soziologische Formtheorie, deren Betrachtungsweise wir in

Bezug auf das Thema „Führung in Unternehmen“ adoptieren, als eine Konstruktion der

Wirklichkeit verstanden werden. Eine weitere Vorraussetzung ist, dass die Form einem

Ereignis entsprechen muss - anderenfalls wäre sie nicht beobachtbar (1996: 587).

Aber nun erst einmal zur Notation des Formalismus von Spencer Brown - er notiert die

Asymmetrie der Unterscheidung mithilfe eines Hakens:

Die vertikale Linie zieht die Unterscheidung, beispielsweise Führung in

Unternehmungen von allem Anderen, und die horizontale Linie bezeichnet das, was

man beobachtet – hier: Führung in Unternehmung. Wichtig ist, dass beim Treffen einer

Unterscheidung immer nur eine Seite der Unterscheidung beobachtet und bezeichnet

wird. Dies ist der „marked state“, die Innenseite der Unterscheidung im Gegensatz zum

„unmarked state“, der Außenseite der Unterscheidung.

Wir beziehen uns auf den nach Baecker verwendeten Formbegriff, welcher Operation

auf der Innenseite und den Kontext der Operation auf der Außenseite notiert (2005: 65).

Das Kalkül ermöglicht dem Beobachter weitere Kontexte zu bezeichnen, wobei

allerdings immer die Außenseite, also alles andere, der unbestimmte Zustand,

mitschwingt. Dadurch wird die Kontingenz der Selektion der unterschiedenen Begriffe

Page 36: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

36

deutlich und somit die Konstruktion des Beobachters, welcher diese bezeichnet und

unterscheidet. Die Außenseite der Unterscheidung wird erst deutlich im Akt der

Reflektion – wobei gleichermaßen das Prinzip des Nichtsehens von von Foerster gilt

(von Foerster, 1993: 27). Dies stützt abermals die Aussage der Kontingenz der Selektion

des Beobachters, welcher ebenfalls eine andere Unterscheidung treffen könnte oder wie

Baecker es auf den Punkt bringt: „Der Formbegriff beschreibt eine unbestimmte

Bestimmtheit, in die sich abhängig von der Beobachterperspektive unterschiedliche und

unterscheidbare Bestimmungen einzeichnen können. Er ist damit ein Relationsbegriff,

der alternativ zum Begriff der Kausalität, der Bestimmtes mit Bestimmtem in

Verbindung bringt, verstanden werden kann“ (Baecker, 2005: 68f.) und sich somit für

unseren Zweck, der Beschreibung von Führung in Unternehmung, sehr gut eignet.

Nach Spencer Brown gibt es nur drei allgemeingültige Gesetze für den Umgang mit der

Notation der Form:

4.1.2.1 Laws of calling

„The value of a call made again is the value of the call“ (Spencer Brown, 1969: 1f.).

=

Das Gesetz der Nennung beschreibt den Wert einer wiederholten Nennung24.

Nennungen bezeichnen eine Seite der Unterscheidung, in der Notation durch die

horizontale Linie verdeutlicht. Der Wert einer einfachen Nennung ist gleich dem Wert

einer wiederholten Nennung, da die Eindeutigkeit der Nennung nur die eine Seite

beschreibt. Wird etwas ein zweites Mal benannt löst dies keinen relevanten Unterschied

aus. Somit gleichen zwei Nennungen einer Nennung. Dies nennt Spencer Brown eine

wertindifferente Vermehrung, was der Möglichkeit beliebiger Vervielfältigung ohne

qualitative Verschiedenheit entspricht (1969: 83). Wir beispielsweise unterscheiden

Führung von allem anderen. Führung unterschieden von allem anderen und Führung

unterschieden von allem anderen bleibt nach Spencer Brown Führung unterschieden

von allem anderen.

4.1.2.2 Laws of crossing

„The value of the crossing is not the value of the crossing. That is to say, if it is intended

to cross a boundary and then it is intended to do it again, the value indicated by the two

24 Nennung kann im Folgenden mit Bezeichnung gleichgesetzt werden.

Page 37: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

37

intentions taken together is the value indicated by none of them. That is to say, for any

boundary, to recross is not to cross“ (Spencer Brown, 1969: 1f.).

=

Das „Gesetz der Grenzüberschreitung“ behandelt den Wert einer Grenzüberschreitung.

Die Grenzüberschreitung kann sowohl von der bestimmten als auch von der

unbestimmten Seite vorgenommen werden. Als Grenze wird der Unterschied der beiden

Seiten verstanden – sie ist durch den vertikalen Strich markiert. Das Axiom sagt aus,

dass der Wert einer wiederholten Grenzüberschreitung nicht dem Wert einer einfachen

Überschreitung entspricht (Spencer Brown: 1f.). Die wiederholte Grenzüberschreitung

hebt die Bestimmtheit der Ausgangsunterscheidung auf und wandelt den „marked state“

in einem „unmarked state“. Nach Spencer Brown gibt es drei Möglichkeiten der

Grenzüberschreitung: die einfache, die wiederholte oder beide zusammen – keine dieser

Möglichkeiten weist den gleichen Wert auf. Folglich handelt es sich damit bei der

Grenzüberschreitung um einen relevanten Unterschied (1969: 87).

4.1.2.3 Re-entry

Die Ebene des Re-entries bezeichnet den Wiedereintritt der Unterscheidung in den

Raum der Unterscheidung und kann als Reflektionsebene, als Beobachtung zweiter

Ordnung, verstanden werden. Man beobachtet die getroffene, relevante Unterscheidung.

Diese Reflektion der Unterscheidung schafft einen Blick für das, was die Beobachtung,

also das Benennen einer Unterscheidung (den marked state), ausklammert und sorgt

damit für die Möglichkeit der Oszillation zwischen der Innen- und Außenseite der

Unterscheidung. Eine Operation, welche beide Seiten der Form beobachten kann wird

als Re-entry bezeichnet (Spencer Brown, 1969: 56, 65). Die Notation führt somit die

Unterscheidung wieder in den Zustand der Unterscheidung ein. Formen werden damit

selbstbezüglich (Baecker 2005: 57).

Nach Baecker ist die Selbstbezüglichkeit der Form das Fundamentale an dem

Denkkonzept Spencer Browns (1969: 24f.). Es ermöglicht modellhafte Abbildung von

rekursiven Betrachtungen.

Page 38: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

38

Das Führungssystem der Unternehmung reproduziert sich folglich aus seinen eigenen

Bezeichnungen und Unterscheidungen, welche stetig getroffen und erneuert werden.

Ein konkretes Beispiel für diese Selbstbezüglichkeit stellt die Ausgangsunterscheidung

Entscheidungsmacht/ Netzwerke unseres Führungskalküls dar. Die These lautet:

Führung in Unternehmen kommuniziert die Macht der Entscheidung im Kontext von

Netzwerken, welche diese Kommunikation beschränken – dies entspricht einer

relevanten Unterscheidung. Dieser Unterschied wird ständig reproduziert, das

Führungssystem beobachtet sich selbst bei dem Treffen der Unterscheidung – dies

entspricht der Ebene des Re-entries. Das Treffen der Unterscheidung

Entscheidungsmacht/ Netzwerke bezeichnet die Entscheidungsmacht im Kontext des

Netzwerkes – die Wiedereinführung jedoch macht die Ungewissheit dieser

Wiedereinführung klar.

4.1.2.4 Fazit

Zur Darstellung der Führung in Unternehmen verwenden wir die Notation Spencer

Browns. Das Formkalkül folgt einer klaren Logik, welche auf den beschriebenen

Axiomen Spencer Browns basieren. Wir beschreiben die Operation des

Führungssystems (marked state), bestimmten dessen Kontexte und benennen die

Beobachtung zweiter Ordnung (den „Re-entry“) durch die Reflektion der

Unterscheidung. Abbildung 3 stellt diese Vorgehensweise bildlich dar:

Abbildung 3: Das Formkalkül

Quelle: Baecker, 2006

Zum einen bleibt die Anzahl der Kontexte offen, wie die obige Abbildung verdeutlicht.

Schon daran wird die Flexibilität der Notation deutlich. Zum anderen erfüllt das Kalkül

ebenfalls den von Korzybski geforderten Modellkontext der unendlichen Anzahl an

Variablen der Welt (1958: 276), welcher durch den „unmarked state“ (hier durch X

Form = Operation Kontext' Kontext'' ... X

Re-entry'

...

Re-entry''

Page 39: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

39

gekennzeichnet) berücksichtig ist. Folglich ist diese Notation für unseren Zweck, der

Beschreibung von Führung in Unternehmen, sehr gut geeignet.

4.2 Der Ansatz

In diesem Abschnitt präsentieren wir unsere Form der Führung. Die Notation setzt den

Untersuchungsgegenstand, die Führung in Unternehmen, mit einem differenzierten

Unterscheidungskalkül gleich. Unsere Form der Führung in Unternehmungen (siehe

Abbildung 4) besteht aus sechs bezeichneten Variablen, welche voneinander

unterschieden werden. Diese Unterscheidungen werden von dem Führungssystem

immer wieder getroffen und stehen in einem kommunikativen Zusammenhang. Dies

soll heißen, dass diese Unterschiede im Führungssystem kommuniziert werden.

In Reflektion auf das Modell sind wir uns bewusst, dass bei Einschluss der Variablen

eine Vielzahl, teilweise zur Erklärung von Führung in Unternehmen ebenfalls

interessante Aspekte, wegfallen. Dieses Dilemma ist jedoch wie bereits bei dem ersten

Modell beschrieben schwer zu umgehen. Einzig die gewählte Notation verringert wie

oben dargestellt die angesprochene Problematik.

Wir notieren mit Hilfe von Spencer Brown folgendes Kalkül und beschreiben

anschließend die Variablen, die Unterscheidungen und die Wiedereintrittsebenen.

Abbildung 4: Form der Führung in Unternehmungen

Quelle: Janis Zech, 2008

Führung in

Unternehmungen=

Entscheidungs-

machtNetzwerke

Organisation der

UnternehmungWirtschaft Gesellschaft Individuen X

Konflikt

Rollen

Ungewissheit

Markt

Unternehmenskultur

Page 40: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

40

4.2.1 Entscheidungsmacht

Führung in Unternehmen bearbeitet die Macht der Entscheidung. Nach Luhmann

kommunizieren Organisationen, wobei das Unternehmen einen spezielle Form der

Organisation im Kontext der Wirtschaft darstellt, Entscheidungen (2000: 63f.). Führung

in Unternehmen greift diesen Aspekt auf und bearbeitet die Verteilung von

Entscheidungsgewalten, deren Legitimation und zeitliche Veränderungen sowie soziale

Akzeptanz von Machtverhältnissen. Die Kommunikation über die Macht zum

Entscheiden ist es, was im Führungssystem sowohl produziert als reproduziert wird.

Nach Mintzberg beschreibt Macht die Fähigkeit, Einfluss auf organisatorische

Ergebnisse zu nehmen (1983) und Weber sieht Macht als jene Chance den Willen gegen

Widerstreben des sozialen Kontextes durchzusetzen (1972). Nach Luhmann „geht es um

die Zurechnung von Verantwortung, also auch um die Entlastung von Verantwortung

oder schließlich um die Bestimmung der Stelle, auf die man einwirken muss, wenn man

die Entscheidung des Systems beeinflussen will“ (Luhmann, 2000: 200). Er macht

deutlich, dass Entscheidungsmacht nicht losgelöst von Verantwortung gedacht werden

kann, deren Verteilung Konflikte bedingen kann und somit für die Neuordnung des

Führungssystems sorgt. Des Weiteren steht neben dem Aspekt der Macht die

Unsicherheit, welche durch Machtordnungen innerhalb der Unternehmung dem

Führungssystem die Möglichkeit zur Beobachtung der eigenen, unsicheren Zukunft gibt

(Luhmann, 2000: 220). Diesen Aspekt greifen wir in der Beschreibung des ersten „Re-

entries“ wieder auf.

Nach Bennis und Nanus bildet Macht die Grundlage für anfängliches und nachhaltiges

Handeln sowie die Transformation von Intention in die Unternehmensrealität (1985:

17). Gardner weißt darauf hin, das die Ausübung von Macht nicht die beabsichtigten

Wirkungen haben muss (1986a: 5), was von Foersters Idee der nicht trivialen Maschine

entspricht, deren Informationstransformationsalgorithmus verborgen bleibt.

Zusammenfassend wird durch die obigen Definitionsversuche deutlich, dass

Entscheidungsmacht soziale, zeitliche und sachliche Dimensionen abdeckt. Sozialität

besitzt Entscheidungsmacht durch relative Beobachtung, welche Ablehnung oder

Zustimmung nach sich zieht. Zeitlichkeit entspringt den Veränderungen der

Kommunikation im Netzwerk, der Organisation, der Wirtschaft, der Gesellschaft und

den Individuen sowie allem Anderen, kurz: durch die Veränderungen der

nachgelagerten Variablen. Sachlichkeit kommt den anschlussfähigen, kommunikativen

Unterscheidungen gleich, welche im Unternehmen beispielsweise durch

Page 41: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

41

Entscheidungen nach effizienten und effektiven Knappheitskalkülen (nach ökonomisch

Kalkülen) oder durch Erhöhung von Einflussnahme auf Entscheidungen (nach

unternehmenspolitischen Kalkülen) deutlich werden.

Führung kommuniziert Entscheidungsmacht. Das ist es, worauf Führung in

Unternehmen sich beschränkt und was für Anschlusskommunikationen sorgt. Den

Kontext dieser Operation bilden Netzwerke, denn nach Foucault entspricht die Macht

„nicht etwas, was man erwirbt, wegnimmt, teilt, was man bewahrt oder verliert; die

Macht ist etwas, was sich von unzähligen Punkten aus und im Spiel ungleicher und

beweglicher Beziehungen vollzieht.“ (Foucault, 1983: 115).

4.2.2 Netzwerke

Das Zitat Foucaults beschreibt bereits sehr gut, was wir unter einem Netzwerk

verstehen. Wir beziehen uns im Folgenden auf den soziologischen Netzwerkbegriff von

White und Baecker:

„Ein Netzwerk verwebt Identitätsentwürfe von Personen, Institutionen, Ideologien und

Geschichten zu einem Versuch wechselseitiger Kontrolle, der an den Identitäten, die

hier im Spiel sind, laufend scheitert und daraus, nämlich aus den resultierenden

Unsicherheiten, seine nächsten Motive rekrutieren“ (Baecker, 2005: 226).

Baecker beschreibt nach White Netzwerke als Kontrolle im Kontext von Identitäten,

wobei sowohl Kontrolle als auch Identitäten wiederum als Differenzen betrachtet

werden. Identität gleicht der Wiedereinführung der Unterscheidung Abweichung/Norm

in die Abweichung (2005: 228f.). Kontrolle gleicht der Wiedereinführung der

Unterscheidung Abweichung/Ziel in die Abweichung (2005: 230f.). Netzwerke können

nicht gezielt errichtet, verändert oder kontrolliert, sondern vielmehr gestört und

geschwächt werden. Auch die Teilnahme kann nicht selbst entschieden werden, das

Netzwerk entscheidet über Identitätsvorschläge, welche bei Übernahme in

Kontrollvorgänge transferiert werden (Baecker, 2005: 232).

Was bedeutet dies für Führung in Unternehmungen?

Dieser Netzwerkbegriff integriert sowohl Individuen als auch Institutionen, Geschichten

und Ideologien. Zusammen rahmen sie die Kommunikation über die Macht der

Entscheidung. Bedeutend hierbei ist, dass die Struktur des Netzwerks diese Operation

insofern bestimmt, als das es bestimmte kommunikative Verknüpfungen zulässt und

fördert, andere jedoch damit verhindert oder über die Zeit austrocknet. Dieser

Sachverhalt hängt mit der Struktur von Netzwerken zusammen, welche Knoten

zwischen Individuen, Institutionen, Geschichten und Ideologien bildet. Daraus

Page 42: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

42

entstehen Netzwerke, welche die Kommunikation von unterschiedlichen

Funktionsbereichen auf einer Hierarchiestufe oder gleichen Funktionsbereichen auf

unterschiedlichen Hierarchiestufen bestimmen, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Nach Baecker definiert jedes Netzwerk seine eigenen Handlungspotentiale, seine

Empfindlichkeiten für unterschiedliche Umwelten und seine Indifferenz gegenüber

allem anderen. Die Leistung von Führung stellt es dar, zwischen diesen Netzwerken zu

wählen, was bei einer größeren Anzahl an Netzwerken die Schwierigkeit der

Führungsaufgabe steigert (2003: 282f.). Die Kommunikation von Entscheidungsmacht

muss erst einmal das „richtige“ Netzwerk selektieren, welches für die spezifische

Reproduktion dieser Kommunikation geeignet scheint. Dies erhöht die Ungewissheit,

somit die Kontingenz der Kommunikation und folglich die Schwierigkeit der formal

zugeschrieben Führungsaufgabe. Andererseits verdeutlicht es die Beschränktheit von

formalen Führungstiteln, welche von Netzwerken gerahmt sind, deren Wirkungen

unsicher sind. Diese Spannung zwischen Organisation der Unternehmung25 und den

Netzwerken bietet großes Konfliktpotential (siehe „Re-entry“ Konflikt).

Ein weiterer interessanter Aspekt der Führung im Hinblick auf Netzwerke ist, dass es

sich meistens um asymmetrische Beziehung handelt, bei der die eine mehr und die

andere Partei weniger Entscheidungsmacht innehält. Der Führer nutzt die Macht, um

Entscheidungen auch gegen den Willen der Geführten durchsetzen zu können und

Zustimmungen in Form von kommunizierten „Ja’s“ erwartet (Baecker, 2003: 280).

4.2.3 Entscheidungsmacht/ Netzwerke

Die erste Unterscheidung der Führung in Unternehmen bildet Entscheidungsmacht und

Netzwerke. Die Kommunikation über Entscheidungsmacht operiert im Kontext von

unternehmensinternen und -externen Netzwerken, welche durch Kontroll- und

Identitätsversuche die Machtverhältnisse der Entscheidung rahmen. Es bilden sich

Relationen der Netzwerkelemente, dessen Struktur die Anschlusskommunikationen von

Entscheidungsmacht beschränkt. Besteht keine direkte und indirekte Verknüpfungen

zwischen A (Personen, Geschichten, Ideologien, Institutionen etc.) und B (Personen,

Geschichten, Ideologien, Institutionen etc.), ist die Wahrscheinlichkeit für

Anschlusskommunikation gering, da die Netzwerke dies nicht zulässt – die entspricht

einer Situation, bei der die notwendigen Elemente nicht in die relevanten Netzwerke der

Führung integriert sind. Interessant für die Führung ist allerdings, welche direkten und

25 Der Begriff „Organisation der Unternehmung“ wird im Folgenden näher erläutert.

Page 43: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

43

indirekten Knoten ausgebildet sind. Funktional dient dies der Absorption von

Unsicherheit, da die Selektionsleistung des Netzwerks den Möglichkeitsraum

beschränkt und sich die Elemente aufeinander beziehen. Dies reduziert Komplexität und

macht Führung im Unternehmen erst handlungsfähig. Die Unsicherheit sorgt somit als

Treibstoff für die Aufnahme, Veränderung und Beendigung von Verknüpfungen der

Elemente im Netzwerk. Konkreter ausgedrückt kann man die Elemente als

Interessensträger mit zum Teil heterogenen Zielen beschreiben, welche alle im Hinblick

auf den Erhalt und die konkrete Ausgestaltung des Machtverhältnisses kommunizieren.

Wer übernimmt im Netzwerk welche Verantwortungen, wie legitimiert sind die

formellen und informellen Machtstrukturen und welche Unterscheidungen werden von

dem Führungssystem aufgenommen, sprich machen einen Unterschied? Tritt man als

Beobachter einen Schritt zurück und reflektiert die Unterscheidung

Entscheidungsmacht/ Netzwerke wird deutlich, wie unsicher

Anschlusskommunikationen sind. Den Aspekt der Unsicherheit greifen wir in der

Beschreibung der ersten Wiedereintrittsebene auf.

4.2.4 Ungewissheit

Reflektieren wir die Unterscheidung Entscheidungsmacht/ Netzwerke werden beide

Seiten der Unterscheidung deutlich. Dies hebt sich von der reinen Form insofern ab, als

dass das Treffen der Unterscheidung an sich keiner Reflektion bedarf. Der Unterschied

wird einfach getroffen, ohne zu sehen, was damit ausgegrenzt wird. Der Wiedereintritt

der Unterscheidung von Entscheidungsmacht/ Netzwerke in die Unterscheidung

entspricht der Rückbezüglichkeit, welche als Ungewissheit beschrieben werden kann.

Beobachtet das Führungssystem auf der Ebene der Beobachtung zweiter Ordnung26

wird die Zufälligkeit von Anschlusskommunikationen deutlich – die Selektion der

Netzwerkstrukturen ist kontingent. Diese Kontingenz verkörpert in Form von

26 Nach Luhmann ist allerdings der entscheidende Unterschied zwischen der Beobachtung erster und

zweiter Ordnung der, dass die Beobachtung erster Ordnung sich der beobachteten Unterscheidung bewußt

ist - soll heißen, dass man sich nur dessen bewusst ist, was man selektiert, nicht aber dessen, was man

dadurch ausschließt. Man sieht nur das, was man bezeichnet. Die Beobachtung erster Ordnung ist somit

eine sichere, klare und komplexitätsarme Beobachtung, da das Beobachtete nicht reflektiert wird.

Hingegen wird man sich bei der Beobachtung zweiter Ordnung der Kontingenz der beobachteten Beobachtung bewusst. Man sieht die andere Seite der Medaille der Unterscheidung, weiß folglich, wiederum als Beobachter erster Ordnung beschränkt, um die Unterscheidung der beobachteten Beobachtung (Luhmann, 2002: 156)

Page 44: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

44

Ungewissheiten den Abschied von der Rationalitätsprämisse der Ökonomie, also der

Idee des rational handelnden Akteurs, welcher nach ökonomischen Kriterien (Effizienz

und Effektivität) seine Mittel-Ziel Relationen optimiert.

Nicht nur das Herstellen von Entscheidungsmacht im Kontext der Netzwerke ist

ungewiss, sondern auch die konkrete Ausgestaltung bleibt für das Führungssystem nicht

vorhersehbar. Somit transformiert sich die statische Unterscheidung in die dynamische

Bearbeitung von Entscheidungsmacht im Kontext von Netzwerken. Ungewissheiten

erlauben und erfordern Veränderungen, Anpassungen und Neuordnungen, kurz:

Flexibilität des Führungssystems, dessen Freiheitsgrade durch weitere Kontexte, wie der

Organisation des Unternehmens, der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Individuen,

weiter beschränkt sind. Die Ungewissheit schafft und verlangt Variabilität und erhöht

somit die Wahrscheinlichkeit der Anschlusskommunikation bei der Veränderung der

benannten Kontexte. Die Ungewissheit erhält somit eine Doppelfunktion. Zum einen

absorbiert das Führungssystem die Ungewissheit, reduziert Komplexität und bringt

temporäre Ordnung und Festigung der Systemstrukturen. Zum anderen ermöglicht die

Ungewissheit dynamische, flexible Verhältnisse im Führungssystem, da der Prozess der

Absorption immer wiederholt wird und somit die Kontingenz der Selektion im System

verankert ist.

4.2.5 Organisation der Unternehmung

Die Organisation der Unternehmung bildet den Kontext des Netzwerks und beschränkt

somit die Kommunikation des Führungssystems. Wir verstehen die Organisation von

Unternehmungen analog zu Luhmann als die Beschreibung und Verteilung von Stellen

innerhalb des Unternehmens. Die Unternehmung hat eine bestimmte Anzahl von

Stellen, koordiniert deren Verantwortungsbereiche und Kompetenzen sowohl nach

Funktionen, Produkttypen, Kundengruppen etc. (horizontal) als auch nach

Kontrollierbarkeiten durch Über- und Unterordnung in Form einer Hierarchie (vertikal)

(Luhmann, 2000: 302f.). Diese formal festgelegten Strukturen stören die Netzwerke und

beeinflussen somit die Kommunikation der Entscheidungsmacht. Die Wichtigkeit dieses

Kontextes wird durch den Ausschluss von Kommunikationsmöglichkeiten deutlich.

Konkrete Formen der Organisation lassen nur bestimmte Netzwerkverknüpfungen und -

veränderungen zu und beschränken deren Freiheitsgrade. Führung in Unternehmen

sollte folglich nicht losgelöst von dessen Organisation betrachtet werden.

Wie oben beschrieben, versuchen viele Führungstheorien den Aspekt der Organisation

von Unternehmen in ihrer Analyse zu berücksichtigen, wobei allerdings nur ein

Page 45: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

45

spezifisches Set an Variablen wie beispielsweise die Unternehmensgröße oder die

Aufgabenverteilung Berücksichtigung in den Untersuchungen finden. Diese Form der

Selektion scheint sehr zufällig gewählt und die Kausalitäten bei dem Problem der

Berücksichtigung von Unternehmen nicht geklärt. Selbstverständlich können auch wir

uns von dieser Problematik nicht lösen, jedoch ist für uns auch nur wichtig, die

Organisation des Unternehmens als abstrakte Variable zu berücksichtigen – die

konkrete Ausgestaltung dieser Organisation kann nur mit Blick auf ein spezifisches

Führungssystem in einem Unternehmen untersucht und benannt werden.

Wir versuchen somit nicht, uns auf spezifische Elemente von

Unternehmensorganisation zu konzentrieren, deren Analyse den Eindruck erweckt, die

Beschreibung von Führung zu vervollständigen, sondern bevorzugen die Variable

Organisation der Unternehmung als einen wichtigen Aspekt unter vielen in der Form

der Führung in Unternehmen.

4.2.6 Netzwerke/ Organisation der Unternehmung

Netzwerke des Führungssystems unterscheiden sich von der Organisation der

Unternehmung im Hinblick auf dessen Formalität. Während die Organisation des

Unternehmens das Verfahren zur Produktion des Produktportfolio’s sicherstellt

(Baecker, 2006: 129ff.), entspricht es formalen Gliederungskriterien, welche

dokumentiert und geprüften werden können. Netzwerke hingegen spiegeln evolutorisch

gewachsene Strukturen wieder, dessen Prüfbarkeit und Ordnung durch Intransparenz

und Veränderungen gekennzeichnet sind. Der wesentlichste Unterschied liegt in der

Wahrnehmung beider Faktoren. Während die Organisation nach „objektivierenden“

Kriterien zweckgerichtet festgelegt wird, bilden Netzwerke eine weitaus weniger zu

kontrollierende Dimension. Auch wenn die Verteilung von Stellen in Unternehmen

keineswegs objektivierten Maßnahmen zur Produktsicherung entspricht, so rahmen

formale Strukturen die Führungsnetzwerke, allerdings mit der Einschränkung von

Baecker (2005), dass das Netzwerk selbst über Kontrolle von Identitätsangeboten

entscheidet. Verglichen mit der situativen Führungstheorie wird deutlich, dass weder

Netzwerke noch Organisation voneinander abgekoppelt als Kontext von Führung

gesehen werden sollten. Wir haben es folglich mit einer Unterscheidung zu tun, welche

ein formales Organisationsgerüst einem informalen, nicht kontrollierbaren Faktor, den

Netzwerken, überstülpt. Wechselt man die Perspektive, sprich beobachtet man diese

Unterscheidung, wird das Konfliktpotential deutlich.

Page 46: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

46

4.2.7 Konflikt

Der Widereintritt der Unterscheidung Netzwerke/ Organisation der Unternehmung in

die Unterscheidung verdeutlicht sein Konfliktpotential. Es sind eine Reihe

unterschiedlicher Konflikte vorstellbar, von denen wir im Folgenden kurz vier

vorstellen wollen:

Rollenkonflikte entstehen durch die Diskrepanz zwischen den formal-organisatorischen

Erwartungen und den wenig kontrollierbaren Abweichungen der Netzwerke. Beispiel ist

der frisch aufgestiegene Abteilungsleiter, dessen Stelle zur Führung der Abteilung

legitimiert, aber die Akzeptanz der Rolle durch das Geführtennetzwerk die Ausübung

dieser Rolle nicht zulässt, da die Person gestern noch auf der gleichen Hierarchiestufe

angesiedelt war wie sie selbst.

Die zweite Form von Konflikten sind Machtkonflikte, welche sowohl innerhalb der

Netzwerke, als auch durch die Organisation der Unternehmung entstehen. Hierarchien

in der Aufbauorganisation sollten diese Art des Konflikts verringern – denn eine

Hierarchie stellt immer ein formal legitimiertes Machtgefälle dar. Trotz allem kommt es

sowohl zwischen Hierarchiestufen als auch auf gleichen Hierarchiestufen

unterschiedlicher Funktionsbereiche, Produktbereiche oder Regionen zu Spannungen.

Weitere Konflikte entstehen durch die unterschiedliche Verteilung von Information in

Organisation und Netzwerken. Formal arbeitet die Organisation an einer effektiven und

effizienten Zuteilung von Informationen – so zumindest die Theorie. Die nicht zu

kontrollierbaren Netzwerke allerdings können sich dem entziehen und die Vorteile

durch den Informationsvorsprung im Hinblick auf die Kommunikation über

Entscheidungsmacht nutzen.

Die vierte Konfliktequelle bilden unterschiedliche Identitäten in Organisation und

Netzwerk. Teilnehmer des sozialen Führungssystems suchen nach Orten, bei denen sie

so wenig wie möglich ihre persönliche Identität aufgegeben müssen, was aber bereits zu

einem gewissen Grad die „Anpassung“ der eigenen, an die von den Netzwerken oder

der Organisation erwarteten Identität impliziert (Baecker, 1999: 186). Konflikte

entstehen hier vor allem durch unterschiedliche Erwartungen der Netzwerke und der

Organisation.

Unserer Meinung liegen bei jedem Führungssystem Konflikte vor – wichtig scheint viel

mehr, wie mit diesen umgegangen wird. Wir unterscheiden die aktive Bearbeitung von

passiver Beobachtung. Die Bearbeitung setzt enormes Kommunikationspotential frei,

was wiederum die gegenseitige Anpassung von Netzwerk- und Organisationsstrukturen

Page 47: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

47

regelt oder zumindest kommuniziert und damit für die Beteiligten offen legt. Die

Kehrseite sind nicht bearbeitete Konflikte. Sie verstopfen Kommunikationskanäle ohne

Klärungen zu bringen und verhalten sich wie Klebstoff im Kommunikationsgetriebe des

Führungssystems.

4.2.8 Wirtschaft

Die Wirtschaft bildet die Systemreferenz der Führung in Unternehmungen. Wir stellen

kurz dar, welche spezifischen Formen der Kommunikation innerhalb des

Wirtschaftssystems beobachtet werden können, um daraus auf die Beschränkung der

Kommunikation von Führung zu schließen.

Baecker’s Form der Wirtschaft bezeichnet die vier Variablen Knappheit, Geld, Märkte

und Gesellschaft (2006: 45). Die Kommunikation der Knappheit beschreibt er als die

soziale Doppelfunktion der Wirtschaft. Einerseits entspricht dies der Verknappung von

Gütern27 (2006: 14) und anderseits der Bearbeitung oder anders ausgedrückt, dem

ständigen Versuch der Reduzierung von Knappheiten durch die Wirtschaft (2006:

21ff.). Geld macht Knappheit erlebbar. Es ist selbst knapp und funktioniert als

Tranksaktionskostenverringerung mit gesellschaftlicher Anerkennung (2006: 48ff.).

Dies macht die Operation der Wirtschaft erst möglich – die Wirtschaft reproduziert

Zahlungen durch Zahlungen. Zahlungen bilden somit die autopoetische Operation des

Wirtschaftssystem, da Zahlung nur aufgrund von Zahlungen bedingt sind und ohne

Zahlungen die Wirtschaft schlicht aufhören würde, zu existieren (Luhmann, 1994: 52f.;

Baecker, 2006: 77ff.). Der Markt hingegen dient primär zur Beobachtung der eigenen

Marktseite und erst sekundär zur Beobachtung der anderen Marktseite. Produzenten

beobachten Produzenten, weil sie dort vorselektierte und qualifizierte Informationen

vermuten, die Konsumenten beobachten andere Konsumenten zur Klärung des

„richtigen“ Preises und zum Verständnis des Gebrauchs- oder des Anwendungszweckes

des Gutes. Nachgelagert finden Customer-Relation Programme oder Markttransaktionen

statt (2006: 97f). Als Leistung der Wirtschaft innerhalb der Gesellschaft nennt Luhmann

die Bedürfnisbefriedigung (1994: 63f.), die Funktion jedoch kommt einem sozialen

Mechanismus gleich, welcher die „zukunftsstabilen Vorsorge mit je gegenwärtigen

Verteilungen verknüpft“ (1994: 64) und somit die Knappheit der Wirtschaft bearbeitbar

macht.

27 Im Gegensatz zur klassischen Wirtschaftstheorie betrachtet die Wirtschaftssoziologie Knappheit als Produkt von Wirtschaft, nicht als „naturgegebene“ Prämisse.

Page 48: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

48

Diese kurze Darstellung der Kernideen einer Wirtschaftssoziologie macht die

Beschränkung der Führungskommunikation in Unternehmen, welche nach

wirtschaftlichen Kalkülen Entscheidungen treffen, deutlich. Wir halten fest, dass

Kommunikation von Entscheidungsmacht nicht nur durch Netzwerke und die

Unternehmensorganisation, sondern auch durch die spezifische Kommunikation der

Wirtschaft beschränkt wird. Wirtschaftliche Knappheitskalküle rahmen die Organisation

von Unternehmen, fordern den ökonomischen Umgang mit knappen Ressourcen und

gehen als Maxime in die Führungskommunikation ein. Welche Maßnahmen von

Führung allerdings das Erreichen von Effektivität und Effizienz ausmachen, scheint

unklar. Führung orientiert sich an diesen abstrakten wirtschaftlichen Kalkülen und

beschränkt sich somit auf sozial anerkannte Zielwerte im Umgang mit Knappheit,

dessen Kommunikation Anschluss im Diskurs der Macht über Entscheidungen findet.

Neben der Kommunikation über die Gegenwart innerhalb der Führung, bestimmt der

Umgang mit Knappheit auch die Zukunft der Unternehmung, denn die Knappheit der

Gegenwart schafft den Drang die Zukunft so zu gestalten, dass ein Überleben des

Unternehmens wahrscheinlich wird. Ein Führer sollte diesen Aspekt niemals vergessen.

Hier spielen einerseits kurzfristige Aspekte, wie die Sicherung der Finanzierung, die

Lieferung von Waren und die Begleichung von Forderungen, und anderseits langfristige

Kriterien, die Konkurrenz-, Zulieferer- und Abnehmerbeziehungen, Innovationen und

interne Veränderungen, eine wichtige Rolle im Überlebenskampf der Unternehmung.

Auf den ersten Blick scheinen diese Aspekte eine geringe Rolle für Führung zu spielen,

bedenkt man allerdings, dass die Reproduktion von Entscheidungsmacht innerhalb von

Netzwerken Ungewissheiten sowohl absorbieren als auch steigern kann, wird hier noch

einmal besonders die Wichtigkeit der Berücksichtigung von Wirtschaft als

Kontextvariable deutlich. Führung von Organisationen in anderen Kontexten würde sich

sicherlich auf andere Reproduktionsmechanismen als die hier spezifisch beschriebene

Form der Führung in Unternehmen beschränken.

4.2.9 Organisation der Unternehmung / Wirtschaft

Die Organisation von Unternehmungen wird durch Knappheitskalküle der Wirtschaft

und dessen Zahlungsreproduktion gerahmt. Übergeordnetes Ziel ist die

Gewinnmaximierung, was im Kontext von Knappheit eine durchaus notwendige

Zukunftssicherung darstellt. Die vertikalen und horizontalen Verantwortungsbereiche

(Arbeitsteilung) innerhalb der Unternehmung bearbeiten die Knappheit der Wirtschaft

durch den Versuch einer „optimalen“ Allokation der innerbetrieblichen Ressourcen. Das

Page 49: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

49

geforderte Prinzip der Optimalität kommt durch das Nichtwissen der Kausalitäten von

Mittel-Ziel Beziehungen in Bedrängnis – wir wissen wenig darüber, welche

Maßnahmen den Firmenwert maximieren. Es scheint unklar was diese Optimalität

ausmacht, inwiefern beispielsweise kurzfristige Investitionsauszahlungen in Forschung

und Entwicklung durch langfristige Zahlungsströme kompensiert werden, oder die

Implementierung einer neuen Strategie die errechneten Zahlen in der Zukunft liefern

wird. Auch wenn die Bedeutung von Optimalitäten kausal schwierig zu klären ist,

scheint sich Führung in Unternehmen trotz allem nicht von wirtschaftlichen Kalkülen

abkoppeln zu können, da es sich hierbei um ein, in der Kommunikation von

Knappheiten im Wirtschaftssystem, sozial anerkanntes Prinzip handelt. Die

Kommunikation der Wirtschaft findet Einzug in die Kommunikation der Führung in

Unternehmen. Führung setzt genau in dieser Grauzone an, indem sie die Macht der

Entscheidung in Netzwerken zuteilt, diese kommuniziert und somit Zielkonformitäten

der Entscheidung in Gegenwart und Zukunft reproduziert.28

4.2.10 Markt

Der Markt reflektiert die Unterscheidung zwischen Organisation der Unternehmung und

Wirtschaft. Nach White entsprechen Märkte einer Grenze für die Wahrnehmung von

Konsum aus der Sicht der Produzenten (1981: 517ff.). Baecker bezeichnet den Markt

als Spiegel für die jeweilige Marktseite: Unternehmen beobachten andere Unternehmen,

Konsumenten anderen Konsumenten mit dem Zweck, vorselektierte Informationen über

Preise, Qualitäten, Verwendungszwecke und Marktpositionierung zu erhalten (2006:

97f.). Nach Luhmann verdeutlicht der Markt die Knappheit der Konsumenten und ihrer

Bedürfnisse. Abstrakter formuliert beschreibt er den Markt „als Differenz von

bestimmter und unbestimmter (eigener und umweltmäßiger) Komplexität“ (1994: 74).

Die eigene Komplexität wird von der Organisation kontrolliert, die umweltmäßige

hingegen kommt der Umwandlung von Ungewissheiten in Risiken durch die

Unternehmung gleich. Führung setzt auch hier an, versucht, die unbestimmte

Komplexität in bestimmte Komplexität umzuwandeln, arbeitet an der Beobachtung von

Konkurrenz, Konsumenten und Gesellschaft und generiert somit Informationen, welche

den Umwandlungsprozess von Ungewissheit in Risiko begünstigen (1994: 74).

Kommunizierte Sicherheiten im Kontext von Unsicherheiten sind hier das

28 Diese Auffassung von Führung beschreibt Baecker als die „Kommunikation des Jas unter der Bedingung, dass im System nicht unwahrscheinlicher ist als das Ja“ (2003:281)

Page 50: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

50

entscheidende Kalkül. Das Destillat vom Markt scheint mit Hinblick auf die Reflektion

von Organisation von Unternehmungen und Wirtschaft die Einführung der Knappheit in

die Unternehmung. Die Unternehmung lernt anhand von Märkten, auf denen sie immer

sowohl als Anbieter, als auch als Nachfrager agiert, die Welt der Knappheit kennen.

Knappheiten können nur im Unternehmen bearbeitet, nicht aber kontrolliert werden - im

Gegensatz zur Unternehmensumwelt, deren Knappheiten eine große Ungewissheit für

die Unternehmung bedeuten. Diese Problematik wird von Führung aufgegriffen, welche

die Ungewissheit durch aktives Beobachten von unkontrollierbaren Faktoren zu

reduzieren meint und dadurch Sicherheiten vorgibt: Führung kommuniziert Sicherheit

im Kontext der Unsicherheit.29

4.2.11 Gesellschaft

Nach Luhmann bildet die Gesellschaft das umfassendste soziale System, welches alle

anderen sozialen Systeme einschließt (1998: 78). Die Operation der Gesellschaft ist die

Kommunikation. Sie produziert und reproduziert die Gesellschaft, wobei dieses

Verhältnis zirkulär gedacht werden muss: Ohne Kommunikation keine Gesellschaft,

ohne Gesellschaft keine Kommunikation. Die Umwelt der Gesellschaft bilden alle

physikalischen, chemischen, organischen, neurophysiologischen und mentalen

Bedingungen der Welt (Luhmann, 1998: 13). Wir verwenden den Gesellschaftsbegriff

als den einer modernen, funktional differenzierten Gesellschaft, deren soziale

Teilsysteme bestimmte kommunikative Funktionen innerhalb der Gesellschaft

einnehmen (Luhmann, 1994: 10). Die Gesellschaft ist somit das abstrakteste soziale

System und die Funktionssysteme wie Politik, Erziehung, Wirtschaft, Kunst,

Wissenschaft, Familien arbeiten an der Reproduktion der Kommunikation und damit

auch an der Reproduktion der Gesellschaft. Hierbei ist jedes Teilsystem für die

Reproduktion seiner eigenen Anschlussoperationen zuständig, oder anders ausgedrückt:

„Entscheidend ist, dass irgendwann die Rekursivität der autopoetischen Reproduktion

sich selbst zu fassen beginnt und seine Schließung erreicht, von der ab für Politik nur

noch Politik, für Kunst nur noch Kunst, für Wirtschaft nur noch Kapital und Ertrag

zählen und die gesellschaftsinternen Umwelten – und dazu gehört dann auch Schichtung

29 wie anders soll man langfristige Visionen von Unternehmensleitern verstehen, welche die Wahrheit der Zukunft als vollendet geplant und folglich als sicher kommunizieren – wohl wissend wie unsicher ihr Vorhaben ist.

Page 51: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

51

– nur noch als irritierendes Rauschen, als Störung oder Gelegenheiten wahrgenommen

werden“ (Luhmann, 1998: 708).

Nach Baecker ist „die Form der Gesellschaft innerhalb der Ordnung der Gesellschaft die

Markierung der Kommunikation selbst, unterschieden von ihrer unbestimmten

Außenseite, die in allen spezifischen Formen des Sozialen nur, aber immerhin, als

Außenseite der jeweiligen Zweiseitenform eine Rolle spielt“ (2005: 126). Soll heißen,

dass Gesellschaft die Widereinführung der Unterscheidung Kommunikation vom

Unbestimmten in die Kommunikation ist. Gerade diese Unbestimmtheit schafft

Störungen aller Art, welche als Unterschiede in die Funktionssysteme aufgenommen

werden können, aber nicht müssen. Dies entscheidet das Funktionssystem selbst.

Der abstrakte Gesellschaftsbegriff drückt die Notwendigkeit der Berücksichtigung der

Variablen Gesellschaft in dem Formkalkül der Führung in Unternehmen aus. Hierbei

wird deutlich, dass einerseits die Kommunikation um Entscheidungsmacht zur

Reproduktion von Gesellschaft beiträgt und anderseits die Gesellschaft dem

Führungssystem Kommunikationsangebote bereitet.

Die Idee der funktional ausdifferenzierten Gesellschaft verdeutlicht vor allem die

Koexistenz verschiedener sozialer Systeme innerhalb der Gesellschaft, welche

strukturell gekoppelt sind und sich entsprechend gegenseitig stören. Auch wenn die

Wirtschaft die Systemreferenz von Führung bildet, nimmt das soziale System der

Führung das Rauschen, die Störungen und die Überraschungen anderer

Funktionssysteme wahr. Ob diese Kommunikationsangebote als Unterschied in das

Führungssystem eingehen, entscheidet es trotz allem selbst.30 Folglich wird deutlich,

dass Führung sich weder von Gesellschaft noch von strukturell gekoppelten

Funktionssystemen losmacht.

Die Unterscheidung Wirtschaft und Gesellschaft wird in die Führungsoperation

eingeführt und beschränkt somit die Kommunikation auf die Macht der Entscheidungen

innerhalb von Unternehmen. Beispielhaft scheint der aktuelle Diskurs um den Corporate

Governance Kodex, einer Entsprechungserklärung für Unternehmungen, welche die in

Deutschland geltenden Regeln für Unternehmensleitung und –überwachung im Sinne

der nationalen und internationalen Investoren transparent machen sollen, um somit

deren Vertrauen in deutsche Gesellschaften zu stärken. In Zeiten von

Korruptionsaffären, steigenden Managergehältern, elitären Netzwerken wie der

30 Wir möchten hier nicht näher auf Kopplungen eingehen, weisen aber darauf hin, dass vor allem die Verknüpfung von Politik und Führung einen interessanten Untersuchungsgegenstand darstellen könnte.

Page 52: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

52

„Deutschland AG“ und kurzen Amtzeiten von Unternehmensführern bei DAX 30

Unternehmen, rücken Aspekte der Kontrolle einer nachhaltigen Unternehmensführung

in die Aufmerksamkeit des gesellschaftlichen Diskurses. Solche Formen von Störungen

werden möglicherweise vom Führungssystem aufgenommen und bestimmen

nachfolgend dessen Kommunikation.

Die Berücksichtigung der Variablen Gesellschaft markiert eine Neuheit im

wissenschaftlichen Diskurs um Führung. Wie die Analyse der bisherigen

Führungstheorie zeigt, entsprechen Kontextfaktoren Organisationsaspekten wie deren

Größe, Struktur, Arbeitsteilung, Hierarchien oder Situationen, nicht aber der

Gesellschaft.

4.2.12 Wirtschaft/ Gesellschaft

Der letzte Abschnitt unterstreicht Luhmann’s Annahme der Rahmung und

Einschränkung der Spielräume der Gesellschaft in Bezug auf die Wirtschaft (1997:

78ff.). Nach Baecker referieren Wirtschaft auf Gesellschaft und Gesellschaft auf

Wirtschaft durch die Bezeichnung und Unterscheidung von

Knappheitskommunikationen in Bezug auf ihre Sachverhalte (Sachdimension), das

Netzwerk der Kommunikationsteilnehmer (soziale Dimension) und deren Erinnerungen,

Erwartungen und Erfahrungen (Zeitdimension). Dabei laufen die Operationen der

anderen Funktionssysteme mit – Knappheitskommunikation im Kontext von Familie,

Politik, Kunst, Wissenschaft etc. (2005: 131ff.).

Mit Blick auf die Unterscheidung von Wirtschaft und Gesellschaft interessiert uns die

adaptive Fähigkeit der Wirtschaft auf Störungen der Gesellschaft, also in diesem

Zusammenhang die Verknüpfung mit anderen Funktionssystemen.

Parsons und Smelser beschreiben die Anpassungsfunktion der Wirtschaft in der

Gesellschaft als Reduktion der Abhängigkeit von Knappheit zur Kontrolle von externen

Situationen oder, anders ausgedrückt, als Allokation von frei zu dispositionierenden

Mitteln für die Erreichung von Zielen, welche von der Wirtschaft und ihren

Subsystemen anerkannt werden (1956: 21).

In Bezug auf die Verknüpfung mit der Gesellschaft nimmt die Wirtschaft somit eine

Funktion der Bearbeitung von Knappheiten ein, ohne jedoch ausgrenzen zu können,

dass beispielsweise die Politik möglicherweise andere Ziele setzt. Wirtschaft finanziert

durch ihre Produktivität die Politik (Steuern) und bekommt im Gegenzug das Recht,

Kapital zu investieren, Verträge zu gestalten, Kredite in Anspruch zu nehmen und

Kapitalgewinne zu verzeichnen (Baecker, 2005: 136f.). Die Verknüpfung mit der

Page 53: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

53

Familie entspricht der Austauschbeziehung von Konsumpotential und Einkommen

gegen Lebenszeit und Fähigkeiten. Sicherlich bestehen weitere Verknüpfungen mit der

Wissenschaft, der Kunst, den Medien, allerdings geht es uns hier nicht um die

Beleuchtung der einzelnen Ausgestaltung der Kopplung, sondern vielmehr um das

Bewusstsein des Vorhandenseins von Beschränkungen.

Es wird deutlich, dass Führung in Unternehmungen sich weder von Wirtschaft noch von

Gesellschaft frei machen kann. Führung in Unternehmungen bezieht sich auf die

Kommunikation von Knappheit der Wirtschaft, welcher zusätzliche Einschränkungen

und Gelegenheiten durch die Kommunikation anderer Funktionssysteme widerfahren.

Operabel wird dieser Unterschied durch die Unternehmenskultur, welche die

Unterscheidung Wirtschaft/ Gesellschaft in die Kommunikation über

Entscheidungsmacht einführt.

4.2.13 Unternehmenskultur

Nach Baecker findet die Unterscheidung Wirtschaft/ Gesellschaft in der

Unternehmenskultur Einzug in die Unternehmung (2006: 26). Der Code der Wirtschaft

(Zahlungen durch Zahlungen im Kontext von Knappheitskalkülen) und dessen

Störungen durch andere soziale Systeme in der Gesellschaft bilden Strukturen in

Unternehmen aus, welche Formen von Kultur entsprechen und somit auf die

Kommunikation von Entscheidungsmacht wirken.

Was versteht man unter Unternehmenskultur? Nach Schein ist die Unternehmenskultur

„ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer

Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat

und somit als bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional

korrekter Ansatz für den Umgang mit diesen Problemen weitergegeben wird (1995: 25).

Diese Form von Unternehmenskultur beschränkt die Führungskommunikation,

bearbeitet Netzwerkverknüpfungen und rahmt den Möglichkeitsraum der

Kommunikation – die Unternehmenskultur duldet und unterstützt gewisse

Ausdrucksweisen nicht, welche somit auch nicht als Muster in die Kommunikation über

Entscheidungsmacht eingehen.

Wirtschaft und Gesellschaft zeichnen sich durch Komplexität aus, die durch

Unternehmenskultur reduziert wird. Dieser Vorgang geschieht durch die Selektion

relevanter Unterschiede, welche in das Führungssystem aufgenommen werden. Gerade

die enorme Komplexität der Gesellschaft macht Reduktionen durch Selektionen

notwendig, damit das Führungssystem „handlungsfähig“ bleibt.

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54

Schein unterscheidet drei Ebenen der Unternehmenskultur (1995: 29ff.). Artefakte

entsprechen leicht zu beobachtbaren Strukturen und Prozessen innerhalb der

Unternehmung (räumliche Umgebung, Sprache, Produkte, Technologien etc.), wobei

ihre Bedeutung schwer zu entziffern ist. Bekundete Werte bilden die zweite Ebene,

werden in Form von heterogenen Strategien, Zielen und Philosophien offen gelegt und

regen möglicherweise Umwandlungsprozesse innerhalb des Führungssystems an. Die

Kommunikation von Werten transferiert unterschiedliche in gemeinsame – es entstehen

kongruente Grundprämissen zur Bearbeitung von Entscheidungen. Grundprämissen

sind die Annahmen über das Funktionieren von Welt, auf dessen Basis Probleme

bearbeitet und gelöst werden. Zusammenfassend „manifestiert sich die Kultur auf der

Ebene beobachtbarer Artefakte und gemeinsamer bekundeter Werte, Normen und

Verhaltensregeln“ (1995: 34). Entscheidend für die Analyse von Kultur ist, gemeinsame

Grundannahmen und deren Lern- und Veränderungsprozesse zu verstehen (1995: 34).

Dies stellt auch die Wichtigkeit der Nennung der Gesellschaft als einen wesentlichen

Kontextfaktor für Führung heraus, da kulturelle Aspekte in Unternehmungen nicht

losgelöst von den Störungen der Gesellschaft betrachtet werden sollten. Die

Gesellschaft beschränkt Artefakte wie Sprache, Bedürfnisse, räumliche Umgebung etc.,

kommuniziert über Werte und Normen und schafft Angebote zur Ausbildung von

Prämissen, sowie deren Anpassungen oder Veränderungen. Funktionen von Unternehmenskultur bilden nach Schreyögg die Integrationsfunktion

von Umwelt und Individuen, die Koordinationsfunktion der Handlung, die

Motivationsfunktion durch Sinnstiftung und die Identifikationsfunktion durch

gemeinsame Wertevorstellungen (1991: 544f): das Führungssystem nutzt die

Unternehmenskultur als Schnittstelle zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen

Kontext, macht diesen erst bearbeitbar und überträgt somit die Unterscheidung

Wirtschaft/ Gesellschaft in die Kommunikation über Entscheidungsmacht.

Schuh (1989) entwickelte in Anlehnung an das AGIL Schema von Talcott Parsons eine

Analyse der Funktion der Unternehmenskultur in Unternehmungen. Nach Parsons

erfüllt jedes Handlungssystem vier Funktionen – Anpassung, Zielerreichung, Integration

und Strukturerhalt. Die Anpassungsfunktion der Unternehmenskultur liegt in der

Absorption von Unsicherheiten, der Aufnahme von Normen und Werte der Umwelt und

ermöglicht somit Definitionen von Umwelt. Unternehmenskultur macht die Gesellschaft

innerhalb der Unternehmung erfahrbar. Auf der Ebene der Zielerreichung fördert die

Unternehmenskultur Allokation von Lösungen auf operativer und administrativer

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55

Ebene. Die integrative Leistung erfolgt durch die zur Verfügung gestellte Sprache,

Normen und Werte, deren Erhalt ebenfalls eine wichtige Systemleistung darstellt.

Unternehmenskultur greift Störungen der Umwelt auf, verpackt diese neu und

präsentiert eine eigens entwickelte Form der Unsicherheitsabsorption im Unternehmen,

welche die Kommunikation von Führung beschränkt.

4.2.14 Individuen (Führer/ Geführte)

Individuen bilden den Kontext der Gesellschaft. Sie beteiligen sich an der

Kommunikation der Gesellschaft (sozialen Systemen), nehmen allerdings ebenfalls an

organischen und psychischen Systemen teil. Die Individuen zählen somit zur Umwelt

von sozialen Systemen (Luhmann: 1987: 286), da ansonsten organische und psychische

Systeme Teile von sozialen Systemen bilden würden.

Die Grundannahme der Systemtheorie ist die Einheit der Differenz von System und

Umwelt, wobei Umwelt- wie Systemelemente die Einheit konstituieren. Einen

wesentlichsten Unterschied zwischen System/ Umwelt bildet der Grad der Komplexität,

welcher in der Umwelt größer ist. Es herrscht ein Komplexitätsgefälle. Individuen

unterliegen somit höheren Freiheitsgraden (Luhmann, 1987: 286ff.). Das Individuum ist

somit nicht ein Element der Gesellschaft, sondern produziert und reproduziert

Kommunikation als Störungen, welche von den Funktionssystemen der Gesellschaft

selektiert werden und nach Bateson möglicherweise als Unterschiede, die Unterschiede

machen, in das System aufgenommen werden (1982: 583).

Wir gehen nun näher auf den Begriff des Individuums ein. Nach Luhmann erfordert die

Teilnahme von Menschen an sozialen Systemen wie dem Führungssystem

Eigenbeiträge, was dazu führt, dass aus Menschen Individuen werden. Das bedeutet,

Menschen müssen sich voneinander Unterscheiden, sich gegenseitig abgrenzen, um

eigene Kommunikationsbeiträge zu gestalten (1987: 299). Der Buchdruck steigert nach

Luhmann den Grad der Individualisierung bei der Teilnahme an gesellschaftlicher

Kommunikation (1998: 297f.), weil:

- Nichtwissen sich jeder Mensch selbst zuschreiben muss - er hätte sich über

diesen Bereich bilden können.

- Bekannte Werke reizen zu abweichenden Meinungen und Interpretationen, was

die kollektive Meinung in individuelle Ansichten überführt.

Diese „Individualisierung“ erhöht die Komplexität der Umwelt des Führungssystems

aufgrund der gesteigerten Vielfalt von Ideen, Ansichten, Meinungen und

Verständnissen - Führung wird zum Balanceakt. Die Folge: Die zunehmende

Page 56: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

56

Individualisierung der modernen Gesellschaft verlangt flexible Führungssysteme,

welche mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Störungen, wie beispielsweise

heterogenen Ansprüchen, kritischen Reflektionen, hohen Mündigkeiten und

Arbeitswechselmöglichkeiten, umgehen können muss.

4.2.15 Gesellschaft/ Individuum

Wie bereits oben kurz erwähnt, sind Individuen keine Elemente der Gesellschaft. Sie

können eher als Teilnehmer betitelt werden, denn das ist es im Wesentlichen, was sie

machen – sie nehmen an der Kommunikation, der Operation der Gesellschaft, teil

(Luhmann: 1987: 286). Auf der einen Seite steht die funktionale Ausdifferenzierung der

Gesellschaftssysteme, auf der anderen Seite die steigende Individualisierung.

Wir drehen die Ansicht der meisten Führungstheorien um, welche den Mittelpunkt von

Führung beim Führer selbst sehen. Wir hingegen analysieren die Kommunikation um

Entscheidungsmacht, also die Operation des Führungssystems, und schauen, welche

Faktoren diese Kommunikation bestimmen. Die Individuen nehmen dabei eine

besondere Stellung ein. Sie sind notwendig, damit es zur Kommunikation über

Entscheidungsmacht kommt. Gleichzeitig weist diese Variable die höchsten

Freiheitsgrade auf. Dies ermöglicht, sich jederzeit dem Führungssystem zu entziehen.

Das Dilemma verdeutlicht die Ungewissheit der Reproduktion von Führung in

Unternehmen. Rollen reduzieren diese Unsicherheit und stabilisieren den Unterschied

Gesellschaft/ Individuen im Führungssystem.

4.2.16 Rollen

Rollen reflektieren den Unterschied Gesellschaft und Individuum. Die Individuen

beteiligen sich an der Kommunikation um Entscheidungsmacht und besetzen dabei

bestimmte Rollen. Die oben analysierte Führungsforschung unterscheidet beispielsweise

Führer/ Geführten und differenziert dieses Konzept vor allem im Hinblick auf den

Führer aus (autoritär/ kooperativ etc.).

Nach Luhmann bilden Rollen einen Ausschnitt des Verhaltens von Menschen, welche

von unterschiedlichen Individuen wahrgenommen und als konkrete Rolle anerkannt

werden (1987: 430). Dieser Gedanke deckt sich mit den Rollen in Führungssystemen,

welche eigentlich klar kommuniziert werden. Das „eigentlich“ beschreibt die häufig

vorliegenden Diskrepanzen zwischen formalen und informalen Führungsstrukturen.

Neuberger charakterisiert die Rolle als eine Position, welche legitime Erwartungen

festlegt (1994: 83). Er kennt zwei Dimensionen: die Über-Unter-Ordnung, welche die

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57

Herrschafts- und Hierarchieverhältnisse von Individuen beschreibt, und die Funktion

von Rollen, welche einen wesentlichen Beitrag zur Lösung von

Unternehmensproblemen leistet. Es wird deutlich, dass der Aspekt der Rolle die Macht

zur Entscheidung wesentlich beeinflusst, da Kommunikationen über Entscheidungen

durch Hierarchien oder Lösungsmuster gestärkt oder auch vermieden werden können.

Zudem kommt es zum Vergleich der Erwartungen mit der beobachteten Realität, was

die Legitimität der Rollenkonstellation und die nachhaltige Ausübung von Rollen

bestimmter Individuen bestimmt. Rollen sind somit sozial, weil sie durch ein Konsens/

Dissens – Kalkül beobachtet werden. Zeitlichkeit gewinnen Rollen durch Vergleiche

der Rolle früher/heute und ihrer Transformation in die Zukunft – wobei die

Veränderung der Rollenbesetzung jederzeit als Möglichkeit mitläuft.

Rollen befinden sich im Kontext von Erwartungen der beobachtenden Individuen.

Individuen vergleichen zwischen der eigenen Vorstellung von Rollenbesetzung und

Rollenausübung und den tatsächlich beobachteten Zuständen. Dadurch reduzieren

Rollen die Komplexität von Gesellschaft und Individuen, bündeln die heterogenen

Meinungen und deren kritische Reflektionen von Verhaltensmustern auf einen

beobachtbaren Punkt – die Rolle. Die in diesem Zusammenhang angeregte

Kommunikation über das Passen der Rollenbesetzung und die Qualität und die

Authentizität der Rollenausübung, überführt den Unterschied Gesellschaft/ Individuen

in die Kommunikation über die Entscheidungsmacht in Unternehmen.

4.2.17 Das X – der unbestimmte Raum

Das X beschreibt die Außenseite der Unterscheidung, den „unmarked state“. Die

Außenseite ist das, was rechts von dem Formkalkül steht, in diesem Fall mit einem X

gekennzeichnet.

Der Außenseite ist vorerst unbestimmt im Gegensatz zur Innenseite der Form, dem

„marked state“. Wir haben es mit einer asymmetrischen Beziehung zwischen

bestimmten und unbestimmten Zuständen zu tun. Die Bezeichnung der Außenseite der

Führung ist die Aufgabe des Beobachters (Baecker, 1999: 26). Als Autoren haben wir

Führung in Form von Unterscheidung bezeichnet und gleichzeitig alles andere

ausgeschlossen. Unsere Form der Führung ist bestimmt, sie unterscheidet konkrete

Begriffe, welche anschließend beschrieben sind (siehe oben). „Mit der Auszeichnung

der Innenseite einer Form ist die Außenseite nicht festgelegt. Die Bezeichnung der

Außenseite bleibt die Entscheidung eines Beobachters. Je nachdem, wie man die

Page 58: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

58

Außenseite bezeichnet, gelangt man zu höchst unterschiedlichen“ Führungstheorien

(Baecker, 1999: 28).

Unsere Unterscheidungen grenzen sich von allem Anderen ab und machen uns folglich

auf die Kontingenz unserer Unterscheidungen aufmerksam – wir hätten auch anders

unterscheiden können. Somit werden die Bezeichnungen mit dem Beobachter

verknüpft, nur er trägt Verantwortung für seine Ausarbeitung. Der Gewinn dieser

Formalisierung im Gegensatz zu anderen Modellschreibweisen ist die Integration des

Unbestimmten, des gesamten Möglichkeitsraum der Realität, verglichen mit den

Eindeutigkeiten bei herkömmlichen Modellschreibweisen. Kurz: Wir sind uns unserer

Beschränktheit in dem Verständnis von komplexen Phänomen bewusst und notieren

dies durch den „unmarked state“.

4.3 Die Zusammenfassung

Wir betrachten Führung als soziales Phänomen, welches durch Komplexität

gekennzeichnet ist. Zum vereinfachten, strukturieren Verständnis von Führung in

Unternehmungen verwenden wir ein Formkalkül, welches die aus unserer Sicht

wichtigsten Variablen zum Verständnis von Führung in Unternehmen darstellt. Die

Selektion der Variablen bezieht sich auf die Analyse herkömmlicher Führungstheorien

und die Theoriekonzepte der Systemtheorie, Formtheorie und Netzwerktheorie.

Die Kommunikation über Entscheidungsmacht bildet die Operation von Führung in

Unternehmungen, welche durch die Kontexte Netzwerke, Organisation der

Unternehmung, Wirtschaft, Gesellschaft und Individuen beschränkt wird. Diese

Variablen bilden Unterscheidungen, welche im Führungssystem der Unternehmung

kommunikativ reproduziert werden.

Das Führungssystem besitzt zudem die Fähigkeit, sich selbst bei dem Treffen der

Unterscheidung zu beobachten und somit zu sehen, was es im Akt des Unterscheidens

ausblendet – das Führungssystem wird reflexiv. Beobachtungen der Beobachtungen des

Führungssystems entsprechen Faktoren wie Ungewissheiten bei der Reproduktion der

Kommunikation von Entscheidungsmacht im Kontext von Netzwerken, Konflikte im

Hinblick auf Netzwerke im Unterschied zu der Unternehmensorganisation,

Marktverhältnisse als Reflektion auf die Unternehmensorganisation im Kontext der

Wirtschaft, Unternehmenskultur bei dem Unterschied zwischen Wirtschaft und

Gesellschaft und Rollen bei der Unterscheidung von Gesellschaft und Individuen.

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59

Zusammenfassend grenzt sich somit der dargestellte Versuch der Beschreibung von

Führung in Unternehmen von herkömmlichen führungstheoretischen Ansätzen ab:

1. Unsere Annahmen zur Betrachtung von Führung decken sich im Wesentlichen

mit den Annahmen der systemischen Führungsforschung, welche allerdings, wie

oben in der Analyse der Führungstheorie gezeigt, konträr zu den Annahmen

anderer Führungsforschung stehen.

2. Unser Ansatz ist interdisziplinär, bezieht unterschiedliche Aspekte

herkömmlicher Führungstheorien und anderer Wissenschaftskonzepte wie die

der Systemtheorie, Formtheorie und Netzwerktheorie in die Betrachtung mit ein.

3. Während die meisten Ansätze versuchen, Führung als allgemeines Problem zu

beschreiben und sich dabei auf wenige Variablen konzentrieren, bezieht sich

unsere Form auf Führung in Unternehmungen. Diese Eingrenzung hat den

Vorteil von allgemeingültigen Aussagen über Führung Abstand zu nehmen und

konkretisiert die Untersuchung.

4. Als Neuerung betrachtet unser Ansatz Führung in Unternehmungen im Kontext

der Gesellschaft, was nach unserer Analyse von Führungstheorien bisher nicht

vorhanden war.

5. Die modellhafte Betrachtung läuft im Kontext unbestimmter Zustände. Dieser

Kontext repräsentiert den ganzheitlichen Anspruch unserer Betrachtung. Zudem

explizieren wir, dass es sich bei dem Ansatz um eine mögliche Betrachtung von

Führung in Unternehmungen unter vielen handelt. Wir erinnern hier noch mal,

dass alles Gesagte zu einem Beobachter (von Foerster, 1993: 85) und von

Jemanden gesagt wird (Maturana & Varela, 1987: 32).

Page 60: B.A.-Thesis: Führung in Unternehmen

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Janis Zech Koernerstr. 1 58452 Witten Tel: +49 176 23960701 E-mail: [email protected] Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere (an Eides statt), dass ich die zur Erlangung des „Bachelor of Arts“ der

Wirtschaftswissenschaften vorgelegte Bachelor – Thesis mit dem Thema „Führung in

Unternehmungen – eine Darstellung“ selbständig und ohne fremde Hilfe angefertigt und

die in der Arbeit verwendete Literatur vollständig zitiert habe.

Ich habe diese Bachelor - Thesis weder in dieser noch in einer ähnlichen Form an einer

anderen Hochschule eingereicht.

Witten, den 21.07.2008