BACHELOR ARBEIT - core.ac.uk · Bezeichnungen Umbrella Brand genutzt. 7 Spricht man von einer...
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BACHELOR ARBEIT
FrauSilke Reichenbach
Entwicklungen von Marke n-strategien .
Eine Analyse am Beispiel von Nestlé Deutschland AG, Pro c-
ter&Gamble Germany GmbH &Co Operations oHG und Mo n-
delez Deutschland GmbH
2014
Fakultät: Medien
BACHELORARBEIT
Entwicklungen von Marken-strategien.
Eine Analyse am Beispiel von Nestlé Deutschland AG, Proc-
ter&Gamble Germany GmbH & Co Operations oHG und Mondelez
Deutschland GmbH
Autor/in: Frau Silke Reichenbach
Studiengang: Angewandte Medien / PR- und Kommunikati-
onsmanagement
Seminargruppe: AM11wK1-B
Erstprüfer: Prof. Dr. phil. Otto Altendorfer
Zweitprüfer: Dr. Christoph Caesar
Einreichung:
Köln, 24.06.2014
Faculty of Media
BACHELOR THESIS
Development of brand strategies.
Analysis based on the exemplifica-tion of Nestlé Deutschland AG,
Procter&Gamble Germany GmbH & Co Operations oHG and
Mondelez Deutschland GmbH
author: Ms. Silke Reichenbach
course of studies: PR- and Communicationmanagement
seminar group: AM11wK1-B
first examiner: Prof. Dr. phil. Otto Altendorfer
second examiner: Dr. Christoph Caesar
submission: Cologne, 24.06.2014
Bibliografische Angaben
Reichenbach, Silke:
Entwicklungen von Markenstrategien.
Eine Analyse am Beispiel von Nestlé Deutschland AG, Procter&Gamble Germany
GmbH & Co Operations oHG und Mondelez Deutschland GmbH
Development of brand strategies.
Analysis based on the exemplification of Nestlé Deutschland AG, Procter&Gamble
Germany GmbH & Co Operations oHG and Mondelez Deutschland GmbH
49 Seiten, Hochschule Mittweida, University of Applied Sciences,
Fakultät Medien, Bachelorarbeit, 2014
Abstract
Die vorliegende Bachelorarbeit beschäftigt sich mit dem Für und Wider der Durchset-
zung einer Dachmarkenkampagne für Unternehmen aus dem FMCG-Bereich. Zu die-
sem Zweck wurden die Vor- und Nachteile einer Dachmarkenstrategie erörtert und
eine Ist- sowie eine SWOT-Analyse auf drei exemplarisch aufgeführte FMCG-
Unternehmen (Nestlé Deutschland AG, Procter&Gamble Germany GmbH & Co Opera-
tions oHG und Mondelez Deutschland GmbH) angewendet. Aufbauend auf den daraus
gewonnenen Erkenntnissen erfolgte eine Analyse der Dachmarkenstrategien der drei
Konzerne. Auf 49 Seiten wurde empirisch auf Basis von Praxismaterial untersucht, ob
eine Dachmarkenkampagne zur Steigerung der Bekanntheit und zur Stärkung des
Konsumentenvertrauens beitragen kann.
Inhaltsverzeichnis V
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ................................ ...................................................................... V
Abkürzungsverzeichnis ............................. .............................................................. VII
Abbildungsverzeichnis ............................. .............................................................. VIII
Tabellenverzeichnis ............................... ................................................................... IX
1 Einleitung ........................................ ..................................................................... 1
1.1 Definition Dachmarke ................................................................................. 4
1.2 Definition Einzelmarke ............................................................................... 5
1.3 Weitere Markenstrategien .......................................................................... 6
1.3.1 Familienmarken ......................................................................... 6
1.3.2 Mehrmarken ............................................................................... 7
1.3.3 Handelsmarken .......................................................................... 8
1.4 Definition FMCG ........................................................................................ 9
2 Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenst rategien ...................10
2.1 Vorteile Dachmarkenstrategie ...................................................................11
2.2 Nachteile Dachmarkenstrategie ................................................................14
2.3 Vor- und Nachteile von Dachmarkenstrategien kompakt ...........................18
3 Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen ............. ..........................................20
3.1 SWOT-Analyse .........................................................................................20
3.1.1 Mondelez Deutschland GmbH ................................................. 20
3.1.2 Nestlé Deutschland AG ............................................................ 23
3.1.3 Procter&Gamble Germany GmbH & Co Operations oHG ........ 26
3.2 Sinus-Milieus .............................................................................................29
3.3 Trends .......................................................................................................31
4 Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen .. .................................33
4.1 Dachmarkenstrategie Procter&Gamble .....................................................35
4.2 Dachmarkenstrategie Nestlé .....................................................................40
4.3 Dachmarkenstrategie Mondelez ................................................................44
5 Fazit ............................................. ........................................................................46
Literaturverzeichnis .............................. .................................................................... XI
Anlagen ........................................... .......................................................................... XV
Inhaltsverzeichnis VI
Eigenständigkeitserklärung ........................ ........................................................... XVI
Abkürzungsverzeichnis VII
Abkürzungsverzeichnis
bzw. beziehungsweise
ebd. ebenda
FMCG Fast moving consumer Goods
LOHAS Lifestyle of Health and Sustainability
PoS Point of Sale
P&G Procter&Gamble Germany GmbH & Co Operations oHG
SWOT strengths, weaknesses, opportunities, and threats
Vgl. vergleiche
z.B. zum Beispiel
Abbildungsverzeichnis VIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Veranschaulichung Markenstruktur am Beispiel Nestlé ........................... 7
Abbildung 2: SWOT-Analyse Mondelez .......................................................................22
Abbildung 3: SWOT-Analyse Nestlé ............................................................................25
Abbildung 4: SWOT-Analyse P&G ..............................................................................28
Abbildung 5: Sinus-Milieus 2013, Sinus-Institut Heidelberg, 2014 ...............................29
Abbildung 6: Trend-Steuerrad 2013, Sinus-Institut Heidelberg, 2014 ..........................31
Abbildung 7: Logo Procter&Gamble, pg.com, 2014 .....................................................35
Abbildung 8: Logo Nestlé, nestle.de, 2014 ..................................................................40
Abbildung 9: Logo Mondelez, mondelezinternational.de, 2014 ....................................44
Tabellenverzeichnis IX
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Pro und Contra Dachmarkenstrategie .........................................................19
Einleitung 1
1 Einleitung
Immer mehr große Unternehmen entscheiden sich als Dachmarke für ihre Produkte
einzutreten und präsentieren dementsprechend groß angelegte crossmediale Dach-
markenkampagnen. Jüngstes Beispiel, das auch vermehrt in den Medien diskutiert
wurde, ist Nestlé. Das Unternehmen hat sich am Vorbild des Konkurrenten Proc-
ter&Gamble orientiert, der bereits seit 2012 eine sehr erfolgreiche Dachmarkenkam-
pagne auf mehreren massenmedialen Kommunikationskanälen (z.B. online, Print, TV)
fährt und launchte im Mai 2014 seinerseits die erste eigene Kampagne mit Dach-
markenausrichtung. Dennoch gibt es auch Gegenbeispiele. Der aus der Aufspaltung
von Kraft Foods hervorgegangene Konzern Mondelez hat sich gegen eine Präsenz als
Dachmarke entschieden und überlässt so den Produktmarken den Auftritt gegenüber
den Konsumenten.
Um die Entscheidung für oder gegen eine Dachmarkenkampagne nachvollziehen zu
können, gilt es den Wert von Marken für Unternehmen und die Vorgehensweise bezüg-
lich der Durchsetzung einer Dachmarkenkampagne zu verstehen.
Marken sind Symbole und Bedeutungsträger. Sie vermitteln Botschaften auf Grundlage
des Wissens des Rezipienten. Durch eine Kampagne soll der Rezipient vom Ist-
Zustand durch eine gezielte Beeinflussung von Gefühlen und Meinungen über die Mar-
ke in einen Soll-Zustand versetzt und so zur erwünschten Handlung, also dem Kauf der
Marke, gebracht werden. Ziel ist es daher, die Zielgruppe auf kognitiver (Steigerung
Wissen), affektiver (Steigerung Sympathie) und konativer (Steigerung Wiederholungs-
käufe) Ebene zu beeinflussen. Dies geschieht auf Basis emotionaler Erlebniswerte wie
Attraktivität, Genuss, Freiheit oder Lebensfreude. Werbung agiert auf taktischer Ebene.
Dies bedeutet, dass die Aktionen kurzfristig, konkret und zielgerichtet erfolgen. Ziel
einer Kampagne ist es außerdem, das beworbene Produkt mit einer Bedeutung aufzu-
laden und die Identifikation des Konsumenten mit der Marke zu erreichen. Das kann
bedeuten, dass sich der Verbraucher durch den Kauf der Marke einer In-Group zuge-
hörig fühlt oder den Markenwert, der aus dem Markenwissen des Konsumenten und
dem daraus entstandenen Markenimage resultiert, so weit zu steigern, dass das Pro-
dukt zu dem einzigen auf dem Markt wird, das der Verbraucher erwerben möchte.
Wichtig ist ausserdem, dass die Dachmarke in erster Linie kundenorientiert agiert und
die Kundenanforderungen erfüllt, um erfolgreich zu sein.1
1 Vgl. Esch, 2006: 17
Einleitung 2
Wie rentabel erfolgreich platzierte Marken sind, zeigt auch die Top 100 most valuable
Global Brands 2014 Marken-Studie BrandZ des Marktforschungsinstituts Millward
Brown. Demzufolge ist die weltweit ertragreichste Marke der Internetkonzern Google
mit 158.843$ Umsatz. Dahinter folgen die Technologiekonzerne Apple mit 147.880$
und IBM mit 107.541$. Procter&Gamble ist es gelungen die Produktmarken Pampers
(22.620$) und Gillette (19.025$) auf den Plätzen 39 und 52 zu platzieren und ist so
hinter L’Oréal auf Platz 36 der bestplatzierteste FMCG-Konzern in diesem Ranking.2
Gründe dafür werden im Verlauf der vorliegenden Bachelorarbeit deutlich.
Der erste Schritt zur erfolgreichen Platzierung einer Dachmarke, die erfolgreich auf ihre
Produktmarken einwirken und somit zur Umsatzsteigerung beitragen kann, ist die Pla-
nung einer Dachmarkenkampagne. Diese erfolgt auf mehreren Ebenen. Basierend auf
der Ausgangssituation des eigenen Unternehmens wird der Konzern sowohl die Mak-
roebene, also die wirtschaftliche Entwicklung, die Mesoebene, die die Marktentwick-
lung inklusive Wettbewerberverhalten sowie Trends betrachtet, und die Mikroebene,
die die Unternehmensentwicklung mit Potentialen und Zielgruppen beleuchtet, analy-
sieren und resultierend daraus mit der Kampagnenplanung beginnen. Wichtig ist es,
die laufende Kampagne dann regelmäßig zu evaluieren um rechtzeitig regulierend ein-
greifen zu können.
Bei einer Kampagnenplanung im Bereich des Low-Involvements, so wie es bei den zu
analysierenden FMCG-Unternehmen der Fall ist, bietet sich eine emotionale Positionie-
rung an. Die Kommunikation muss durch Perpetuierung, also durch ständige Präsenz
und Wiederholungen erfolgen, um in der Erinnerung der Konsumenten bestehen zu
können. Deshalb ist eine TV-Kampagne für Produkte aus dem Low-Involvement-
Bereich am empfehlenswertesten, da hier ein hoher Werbedruck durchgesetzt werden
kann. Eine Gefahr der Ansprache durch die Massenmedien ist jedoch ein disperses
Publikum, das hierdurch erreicht wird. Dieser diffuse Zielgruppenbezug erschwert die
Durchsetzung der erwünschten Wirkung der Kampagne bei den Zielpersonen. Daher
ist der Gestaltungsaspekt der Kampagne essentiell wichtig. Die Botschaften müssen
einfach, glaubwürdig und prägnant sein und sowohl nonverbal über Musik oder Jingles,
als auch visuell über Logos, Schriften und Farben, die Emotionen auslösen, sowie dar-
über hinaus idealerweise über Erlebnisse, z.B. in Form von Sponsoring, erfolgen. Im
Gegensatz zum High-Involvement, wie beispielsweise einem Autokauf, ist der Kunde
im Low-Involvement-Bereich tendenziell illoyal. Die Produkte sind zu austauschbar und
zu niedrig im Preis, als dass eine hohe Loyalität vorausgesetzt werden könnte.
2 Vgl. http://www.millwardbrown.com
Einleitung 3
Die Entscheidung für eine Dachmarkenkampagne betrifft daher besonders Konzerne
mit schnelllebigen und austauschbaren Produkten, die sich über ihre Dachmarke eine
stärkere Loyalität der Kunden zu Marken derselben Firma erhoffen. Sie versprechen
sich einen Imagetransfer zwischen Sub- und Dachmarke. Ob sich diese Annahmen
bewahrheiten gilt es in dieser Bachelorarbeit zu ermitteln.
Daher stellt sich die Frage:
Wie sinnvoll ist eine Dachmarkenkampagne für Konzerne aus dem FMCG-Bereich in
Bezug auf die Stärkung von Konsumentenvertrauen/Reputation und die Steigerung der
Bekanntheit beim Verbraucher im Vergleich zu einer Einzelmarkenstrategie?
Dies soll am Beispiel der Marken Nestlé, Procter&Gamble und Mondelez analysiert
werden. Jede der drei Marken hat eine unterschiedliche Herangehensweise an eine
Dachmarkenkampagne. P&G ist bereits seit 2012 überzeugter Verfechter einer großen
Dachmarkenkampagne, Nestlé tastet sich seit April 2014 vorsichtig an eine ebensolche
Kampagne heran und Mondelez lehnt eine Dachmarkenkampagne vorerst für sich ab.
Einleitung 4
1.1 Definition Dachmarke
Als Dachmarke bezeichnet man die Zusammenfassung und Marktdurchsetzung sämtli-
cher Produkte eines Unternehmens unter einer Marke.3 Dies setzt die Existenz von
Einzelmarken in der Markenstruktur des Unternehmens voraus, die unter der Dach-
marke angeordnet werden. Dabei ist die Dachmarke nicht zwangsläufig auf den ersten
Blick mit den dazugehörigen Einzelmarken in Verbindung zu bringen, findet sich aber
häufig als Markierung (Logo und Name) auf dem Produkt.4 In den meisten Fällen fun-
giert der Unternehmensname ebenfalls als Name der Dachmarke, was als Corporate
Brand bezeichnet wird.5
Eine wesentliche Unterscheidung von Dachmarken und Einzelmarken ist die Ausrich-
tung auf unterschiedliche Zielgruppen. Während die Einzelmarke sich primär an den
Verbraucher richtet, sind bei der Dachmarke ihre verschiedenen Anspruchsgruppen im
Fokus der Ausrichtung.6 Synonym zur Begrifflichkeit Dachmarke wird häufig auch die
Bezeichnungen Umbrella Brand genutzt.7 Spricht man von einer Dachmarkenstrategie
sind die gängigen Synonyme die des Branded House oder des Corporate Brandings.8
Beispiele für Dachmarken aus dem Bereich der schnelldrehenden Produkte sind neben
Nestlé, Mondelez und P&G auch Unilever und Beiersdorf.
Erste Markierungen von Einzelmarken durch die jeweilige Dachmarke sind im Jahr
1911 zu finden. Beiersdorf führte dort die erste Nivea-Creme mit markierter Dose ein.9
1934 folgte Storck mit der Einführung der 1 Pfennig Riesen mit plakativ abgedrucktem
Logo und auch Henkel warb mit auffällig markierten Produkten.10
3 Vgl. Bruhn, 2010: 112 4 Vgl. Adjouri, 2004: 125 5 Vgl. Goertz 2007: 1 6 Esch, 2006: 7 7 Vgl. www.absatzwirtschaft.de 8 Vgl. Strebinger, 2010: 23 9 Vgl. http://www.beiersdorf.de 10 Vgl. Strebinger: 2010: 103
Einleitung 5
1.2 Definition Einzelmarke
Eine Einzelmarke wird am Markt unabhängig von anderen Marken des selben Unter-
nehmens positioniert und beworben.11 Sie ist in der Markenstruktur unter der Dach-
marke angeordnet.12 Ob eine Markierung der Einzelmarken vorgenommen wird, oder
ob sie völlig isoliert geführt wird liegt im Ermessen des Unternehmens. Ist die Dach-
marke auf der Rückseite des Produktes vermerkt spricht man von einem Shadow En-
dorser. Ist die Einzelmarke komplett losgelöst von ihrer Dachmarke wird sie als Furtive
Brand bezeichnet.13 Furtive Brands sind allerdings sehr selten geworden und bilden
nur noch 6% der insgesamt 32%, die als Einzelmarken im FMCG-Bereich auf dem
Markt vertreten sind.14 Einzelmarken werden oft synonym als Produktmarken oder Mo-
nomarken bezeichnet.15 Darüber hinaus findet sich des Öfteren die Bezeichnung
House of Brands für eine Einzelmarkenstrategie.16 Beispielhaft für eine Einzelmarke
lassen sich der Schokoladenriegel KitKat von Nestlé und die unter dem Markennamen
Pringles vertriebenen Chips von Procter&Gamble nennen.17
11 Bruhn, 2012: 110 12 Vgl. Adjouri, 2004: 125 13 Vgl. Strebinger, 2010: 23 14 Vgl. Strebinger, 2010: 49 15 Vgl. www.absatzwirtschaft.de 16 Vgl. Strebinger, 2010: 23 17 Vgl. Bruhn, 2012: 110
Einleitung 6
1.3 Weitere Markenstrategien
Dass ein Unternehmen eine reine Dachmarkenkampagne durchsetzt ist sehr selten.
Um einem Unternehmen eine reine Dachmarkenstrategie zuweisen zu können, müsste
das Produkt ausschließlich mit der Dachmarke markiert sein und dies ist bei keinem
der untersuchten Unternehmen der Fall.18 Vielmehr handelt es sich bei den meisten
Dachmarkenstrategien um Mischformen. Daher soll im Folgenden zum besseren Ver-
ständnis auf weitere Markenstrategien eingegangen und diese definiert werden.
1.3.1 Familienmarken
Familienmarken vereinen die Vorteile von Dach- und Einzelmarken unter sich. Sie sind
ähnlich flexibel und klar positioniert wie Einzelmarken, können aber auch von Syner-
gieeffekten durch einen gemeinsamen Markennamen profitieren, wie es bei der Dach-
marke der Fall ist. Das Floprisiko bei Produktneueinführungen ist so um einiges
geringer, da das Markenimage der Familienmarke auf die neuen Produkte übertragen
wird.19 Familienmarken sind unterhalb der Dachmarke angeordnet. Sie zeichnen sich
im Gegensatz zu Einzelmarken dadurch aus, dass unter ihnen ein eigenes Produkt-
portfolio, die Submarken, eingegliedert ist. 20 Beispiele für Familienmarken sind Maggi,
Milka oder Wagner. Bei Wagner sind die Submarken beispielsweise die Backfrische,
Piccolinis oder Big Pizza, Maggi vereint unter anderem die Submarken fix&frisch, Wür-
ze und Guten Appetit Suppen unter sich. Milka spaltet sich zum Beispiel in die Sub-
marken Milka Tafel, Nussini und Tender auf.21 Die unten aufgeführte Grafik
veranschaulicht den Aufbau von Marken am Beispiel der Dachmarke Nestlé mit der
Einzelmarke KitKat und den Familienmarken Wagner und Maggi, unter denen exemp-
larisch je eine Submarke angeordnet ist.
18 Vgl. Strebinger: 2010: 27 19 Vgl. Goertz, 2007: 7 20 Vgl. Adjouri, 2004: 125 21 Vgl. Bruhn, 2012: 111
Einleitung 7
Abbildung 1: Veranschaulichung Markenstruktur am Beispiel Nestlé
1.3.2 Mehrmarken
Eine weitere Form der Markenführung ist die Mehrmarkenstrategie. Dabei werden
mehrere Einzelmarken in einem Produktbereich von einem Unternehmen parallel ge-
führt.22 Durch die unterschiedliche Positionierung beispielsweise bezüglich Preis oder
Produkteigenschaften der Marken werden mehrere Zielgruppen von einem Unterneh-
men abgedeckt.23 So kann die Gefahr einer Abwanderung von Kunden hin zu Konkur-
renzprodukten anderer Hersteller gemindert werden.24 Dennoch besteht hier die
Gefahr einer Kannibalisierung der verschiedenen Einzelprodukte unter einer Dachmar-
ke, wenn für jedes Produkt eine neue Marke eingeführt wird.25 Die analysierten Marken
fahren ebenfalls teilweise eine Mehrmarkenstrategie. Nestlé bietet beispielsweise meh-
rere Wassermarken (Acqua Panna, frische Brise, San Pellegrino und Vittel) an und hat
mehrere Babynahrungsprodukte im Sortiment (Beba und Alete). Außerdem werden
von Nestlé Kaffeemarken mit unterschiedlicher Preispolitik angeboten (Nescafé, Dolce
22 Vgl. Goertz, 2007: 9 23 Vgl. Bruhn, 2012: 110 24 Vgl. Goertz, 2007: 9 25 Vgl. Strebinger, 2010: 244
Einleitung 8
Gusto und Nespresso).26 Auch der Konkurrent Unilever hat beispielsweise nicht nur
eine Margarine im Sortiment, sondern mehrere, individuell für unterschiedliche Ziel-
gruppen positionierte (unter anderem Rama, Becel, Lätta und Sanella).27
1.3.3 Handelsmarken
Handelsmarken, oder auch Eigenmarken genannt, sind jene Marken, die von Handels-
betrieben als Eigner vertrieben werden.28 Sie werden ausschließlich in den Betrieben
des Markeneigners abgesetzt. Dadurch entsteht eine Bindung des Konsumenten an
die jeweilige Handelskette. Außerdem werden Handelsmarken mit überdurchschnittli-
cher Qualität zu unterdurchschnittlichen Preisen angeboten und erhöhen so den Druck
auf Markenartikel. Dennoch stellen einige Dachmarken auch Produkte für Handelsmar-
ken her. Von den drei untersuchten Unternehmen wird allerdings nur Nestlé mit Ei-
genmarken in Verbindung gebracht. So stammt der Belmont Gold Kaffee von Aldi Süd
aus der selben Produktion wie der Nescafé Gold von Nestlé29 und die Maggi Ravioli
haben den selben Ursprung wie die K-Classic Ravioli von Kaufland.30 Auch der Mö-
venpick-Rahmjoghurt findet sich unter der Eigenmarke Real Quality im Regal des Ein-
zelhändlers.31 Lidl bietet zudem Wurst von Herta unter dem Namen Dulano an.32 Dass
die Hersteller identisch sind, bedeutet jedoch nicht, dass auch die Rezepturen de-
ckungsgleich sind. Im Fall einer Handelsmarke fungiert der prominente Hersteller ledig-
lich als Produzent. Über die Zusammensetzung des Produktes entscheidet allein die
Handelskette als Kunde. Daher bleiben die produzierenden Dachmarken auch gerne
unerkannt und setzen Tochterunternehmen zur Benennung der für die Handelsmarke
hergestellten Produkte ein. Dennoch können sie es sich nicht leisten, das Geschäft mit
den Handelsketten auszuschlagen, da ihnen ansonsten wichtige Absatzmärkte und
somit ein finanzieller Zugewinn verloren ginge.33 Minderwertiger als ihre markierten
Verwandten sind Eigenmarken allerdings auf keinen Fall. Die Produkte werden sogar
schärfer geprüft. Die erste Prüfung obliegt dem Hersteller. Anschließend prüft die Han-
26 Vgl. http://www.nestle.de 27 Vgl. http://www.unilever.de 28 Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de 29 Vgl. Schneider, 2009: 20 30 Vgl. Schneider, 2009: 100 31 Vgl. Schneider, 2009: 92 32 Vgl. Schneider, 2009: 42 33 Vgl. Schneider, 2009: 7
Einleitung 9
delskette selbst, ob Qualität und Zusammensetzung des Produktes ihren Anforderun-
gen entspricht.34
Nachteil von Handelsmarken ist allerdings die wertneutrale, unauffällige Verpackung,
die jegliche Assoziationen des Konsumenten mit der Marke unterbinden.
Eigenmarken wird per se eine stärkere Dehnung verziehen.35 So kann z.B. Edeka un-
ter der Eigenmarke Edeka neben Lebensmitteln auch Textilien wie Handtücher, Schir-
me und Strümpfe oder auch Elektronik-Artikel wie Kopfhörer und Staubsauger
anbieten. Das liegt an dem rationalen Anspruch der Eigenmarken, qualitativ hochwerti-
ge Produkte zu niedrigen Preisen anzubieten und an dem sich daraus ergebenen Nut-
zen für den Konsumenten, den er aus diesem Anspruch für sich ziehen kann.36 Auch
der Kernwert der Eigenmarke ist hier ein anderer als der einer Dachmarke. Hierbei wird
schwerpunktmäßig funktional agiert, bei Dachmarken geht es primär um einen sinnli-
chen Schwerpunkt sowie die Entfaltung eines bestimmten Images.37
1.4 Definition FMCG
Unter FMCG (Fast Moving Consumer Goods) versteht man die schnelldrehenden Pro-
dukte des täglichen Bedarfs. Sie werden von den Konsumenten regelmäßig und ohne
großen vorherigen Informationsaufwand zu einem relativ geringen Preis gekauft. Durch
die niedrige Gewinnmarge pro Stück ist es für Hersteller von FMCG-Artikeln essentiell
wichtig stetig große Mengen zu verkaufen, um Gewinne verzeichnen zu können.38 Au-
ßerdem stehen die Unternehmen unter einem hohen Druck, angesichts des enormen
Verdrängungswettbewerbs und der Austauschbarkeit der Produkte im FMCG-
Segment, die langfristige Markenloyalität der Konsumenten zu erzielen.39
34 Vgl, Schneider, 2009: 5 35 Vgl. Strebinger, 2010: 168 36 Ebd. 37 Vgl. Strebinger, 2010: 194-195 38 Vgl. www.onpulson.de 39 Vgl. Süss, 2011: 7
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 10
2 Dachmarkenstrategien im Vergleich zu
Einzelmarkenstrategien
Für Unternehmen aller Art ist es wichtig, sich den Wert einer Marke als solche beim
Konsumenten bewusst zu machen. Der Einfluss einer Marke variiert dennoch je nach
Branche und hat dementsprechend unterschiedliche Relevanz. Im Vergleich zu Indust-
riegütern, bei denen der Anteil des Markenwerts am Unternehmenswert nur 18% be-
trägt, sind es im FMCG-Bereich stolze 62%.40 Dabei ist es wichtig zu verstehen, wie
Markenwert generiert wird. Das Markenwissen der Anspruchsgruppen, wie beispiels-
weise Verbraucher, mündet in die Markenbekanntheit und daraus in das Markenimage
und schafft so letztendlich den Markenwert. Daraus entsteht dann die Markenpräfe-
renz, die den ökonomischen Erfolg der Marke sichert.41 Esch erläutert dazu: „Die Mar-
kenstärke einer Corporate Brand reflektiert sich in den Köpfen der
Anspruchsgruppen.“42 Damit meint er, dass es ein allgemeingültiges Bild von starken
Marken wie BMW und schwachen Marken wie Hyundai gibt.43 Daher ist es unerlässlich
das Markenwissen und die Markenbekanntheit der Anspruchsgruppen ultimativ zu
steigern und zu stützen und somit ein möglichst eindeutiges und positives Bild der
Marke nach außen zu schaffen, sodass diese als starke Marke wahrgenommen wird.
Dies kann in Form einer Dachmarkenstrategie, bei der das Unternehmen als Dachmar-
ke den beworbenen Produkten vorsteht und darüber hinaus die Unternehmenswerte
konsequent vermittelt werden, oder in Form einer Einzelmarkenstrategie, bei der die
Produkte einzeln und unabhängig von Dachmarke und anderen Marken des Unter-
nehmens beworben werden, erfolgen.
40 Vgl. Esch, 2006: 3 41 Vgl. Esch, 2006: 16 42 Esch, 2006: 8 43 Vgl. Esch, 2006: 8
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 11
2.1 Vorteile Dachmarkenstrategie
In der letzten Zeit haben sich immer mehr Unternehmen aus dem FMCG-Bereich für
eine Dachmarkenstrategie und somit gegen eine Einzelmarkenstrategie entschieden.
Verfechter einer Dachmarkenstrategie argumentieren mit einem derzeit zu beobach-
tenden Trend hin zu Dachmarken, die in ihren Augen die strategisch wertvollere Res-
source für ein Unternehmen darstellen als eine Einzelmarke.44 Die Unternehmen
versprechen sich davon außerdem einen höheren Wiedererkennungswert ihrer Pro-
dukte gegenüber denen der Konkurrenz im Verdrängungswettbewerb der Branche mit
hoher Produktdichte und austauschbaren Produkten. Eine erfolgreich positionierte
Dachmarke mit entsprechender Reputation bei den Anspruchsgruppen sichert den
darunter angeordneten Einzelmarken einen Vertrauensvorschuss, den der Konsument
bereit ist zu gewähren. Dazu muss der Verbraucher allerdings Wissen über die Bezie-
hung von Dachmarke und Einzelmarke haben.45 Bei einer Studie konnte jedoch nur ein
Drittel der Befragten die Produktmarken den richtigen Dachmarken zuordnen - und hier
setzt die Dachmarkenkampagne an.46
Die höhere Bekanntheit der Marke, die eine Dachmarkenstrategie mit sich bringt, ist
eine gängige Annahme über die Vorteile einer solchen Art der Unternehmenskommu-
nikation. Hier muss jedoch differenziert werden inwieweit die Bekanntheit der Marke
tatsächlich erreicht wurde und ob sich der Verbraucher gestützt (Recognition) oder
ungestützt (Recall) an eine Marke erinnert.47 Dennoch steigt bei jedem Kontakt mit
einer Marke zwangsläufig die Wahrnehmungsgeläufigkeit (nicht zu verwechseln mit
einem bewussten Wiedererkennen), welche bei einem erneuten Antreffen der Marke,
beispielsweise dem Logo oder einer markenspezifischen Verpackung, Signale aussen-
det, die mangels besserem Wissen vom niedrig involvierten Verbraucher unbewusst
als Sympathie und Vertrautheit missinterpretiert werden.48 Dies ist besonders für
Dachmarken von großem Vorteil, die mit ihren Logos prominent auf ihren Einzelmarken
vertreten sind, da so der spill-over-Effekt, also die Übertragung von Eigenschaften ei-
ner Marke auf eine andere, gewährleistet werden kann. Dabei kommen sowohl Trans-
fereffekte für die unter der Dachmarke angeordneten Einzelmarken hinsichtlich
Bekanntheitsgrad, Qualität und Kompetenz, als auch von Seiten der Einzelmarke be-
züglich Stärkung der Dachmarke durch Aktualisierung und bestimmte Imageassoziati-
44 Vgl. Strebinger, 2010: 47 45 Vgl. Goertz, 2007: 2 46 Vgl. Strebinger, 2010: 112 47 Vgl. Strebinger, 2010: 64 48 Vgl. Strebinger, 2010: 65
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 12
onen der Produktmarken zum Tragen.49 Synergieeffekte des Markenverbunds sind
dementsprechend besonders stark bei einem Branded House ausgeprägt.50 Als vor-
teilhaft erweisen sich außerdem hochpreisige Premiumprodukte im Portfolio einer Mar-
ke, die das Image der Marke beim Konsumenten und dessen Einstellung und
Wahlhäufigkeit anderer Produkte der Marke erhöhen.51 Ein Beispiel dafür ist Nespres-
so im Sortiment von Nestlé.
Gerade im FMCG-Bereich, in dem austauschbare Produkte und eine hohe Wettbewer-
berdichte vorherrschen, ist die Wichtigkeit, die diese Synergieeffekte von Dach- und
Einzelmarken bezüglich der Kundentreue und der Einführung neuer Produkte bieten
enorm. Esch erläutert dazu:
„Starke Marken erhöhen die Markenloyalität und -bindung der jeweiligen Ziel-
gruppen. Dadurch werden konstantere Umsätze möglich. Auch die Erschlie-
ßung neuer Märkte und Zielgruppen wird durch die Dehnung einer starken
Marke oder die Vergabe von Markenlizenzen erleichtert. Schließlich bieten
markierte Produkte und Leistungen Schutz vor Krisen und aggressiven Wett-
bewerbern und stellen Markteintrittsbarrieren dar, die von Konkurrenten nur
durch kostspielige Angriffe überwindbar sind.“52
Außerdem fungiert eine starke Dachmarke als eine Art Gütesiegel und bietet so zu-
sätzlichen Schutz vor konkurrierenden Einzel- oder Handelsmarken. Sie kann sich
durch das Angebot von Produktinnovationen und dem damit verbundenen Qualitäts-
versprechen differenzieren und höhere Preise rechtfertigen. Vor allem die verstärkte
Nachfrage der Verbraucher nach Produktinnovationen erhöht die Absatzkraft des Un-
ternehmens. Dazu erklärt Strebinger:
„Wird die Kaufentscheidung vor allem durch Bekanntheitsgrad, Risikoreduktion
oder Verbundeffekte getrieben, ist mit einer höheren Aufpreisbereitschaft für ein
unter einer Dachmarke vertriebenes Angebot zu rechnen.“53
Dachmarkenkampagnen richten sich in der Regel an den (End-) Kunden. Daher wer-
den sie besonders häufig massenmedial in Print und TV vermittelt.54 Sie haben das
49 Vgl. Goertz, 2007: 14 50 Vgl. Goertz, 2007: 12 51 Vgl. Strebinger, 2010: 92 52 Esch, 2006: 4-5 53 Strebinger, 2010: 221 54 Vgl. Goertz, 2007: 18
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 13
Ziel, den Verbraucher durch häufige Kontakte mit der Marke zu einer, oben angespro-
chenen, ungestützen Erinnerungsfähigkeit zu bringen. Häufig werden dafür in Dach-
markenkampagnen sogenannte Key Visuals genutzt, die Emotionen erzeugen und so
den Aufbau eines Markenimages beim Rezipienten unterstützen sollen. Ein sehr star-
kes Key-Visual ist zum Beispiel die lila Kuh von Milka. Aber auch Testimonials können
als eine Art visuelles Leitbild fungieren. Unter anderem zu sehen in den aktuellen
Dachmarkenkampagnen von Nestlé (Heinrich Nestlé) und Procter&Gamble (Sepp Mai-
er).
Dachmarkenkampagnen sind langfristig angelegt, um das gewünschte Image und die
Markenbekanntheit beim Konsumenten durchzusetzen.55 Die dazugehörige Dachmar-
ke hat dementsprechend eine gewisse Kontinuität und Stabilität, einen einheitlichen
Auftritt und bereichsübergreifendes Know-How als Identitätsfaktoren.56 Dadurch hat
eine Dachmarkenkampagne den Vorteil, dass sie deutlich kosteneffizienter als Einzel-
markenstrategien sind. Studien belegen, dass Einzelmarken mit einer höheren Wer-
beintensität und somit höheren Kosten verbunden sind.57 Esch schreibt der
Langfristigkeit der Dachmarkenkampagne noch weitere Vorteile zu: „Während viele
Einzelmarken eng an den Lebenszyklus des jeweiligen Produktes gekoppelt sind, ist
beim Management von Corporate Brands auch eine stärkere Zukunftsorientierung
möglich.“58
Darüber hinaus gilt es laut Süss die steigende Bedeutung von Image und Reputation
für Unternehmen - „einerseits als Wertschöpfungsfaktoren, andererseits als limitieren-
de Faktoren durch den potentiellen Entzug der licence to operate“ ernst zu nehmen.59
Einer dieser Wertschöpfungsfaktoren ist die Tatsache, dass die erfolgreiche Platzie-
rung als Dachmarke mit guter Reputation und großer Bekanntheit als Garant zur Ge-
winnung qualifizierter Mitarbeiter gilt.60 Gute Mitarbeiter wiederum erhöhen das
Potential einer Dachmarke und sind förderlich im Wettbewerb, der sich durch die Glo-
balisierung zusehends verstärkt. 61
55 Vgl. Goertz, 2007: 21 56 Vgl. Strebinger, 2010: 241 57 Vgl Strebinger, 2010: 224 58 Esch, 2006: 4 59 Vgl. Süss, 2011: 6 60 Vgl. Adjouri, 2004 :131 61 Vgl. Esch, 2006: 28-29
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 14
Es herrscht ein Verdrängungswettbewerb, dem austauschbare Leistungsversprechen
der Unternehmen zugrunde liegen.62 Süss meint dazu: „Es fehlt an unverwechselba-
rem Differenzierungspotential.“63 Ein bewusster Umgang mit den Stakeholdern schafft
dem Unternehmen eine bessere Position in diesem Wettbewerb.
Allerdings kann eine Dachmarkenkampagne auch zur Gratwanderung werden und birgt
gewisse Risiken. Durch eine Dachmarkenkampagne wird die Marke in der Beurteilung
des Konsumenten oftmals unbewusst zur Kategorie und somit kann es passieren, dass
alle Produkte der Marke gleich beurteilt werden - sowohl positiv als auch negativ.64
Dennoch gibt es keine Garantie, dass dem tatsächlich zwangsläufig so ist, da sich der
Konsument gerade bei Produkten, die er unter einem niedrigen Involvement kauft,
nicht die Mühe eines Transfers von anderen Produkteindrücken der Marke macht.65
Allerdings kommt es auch nur dann zu einem Badwill-Transfer, wenn sich die Produkte
einer Marke stark ähneln. In diesem Fall schützt jedoch auch eine Einzelmarkenstrate-
gie dank Medienberichten, die alle Produkte einer betroffenen Marke offen legen, nicht
vor einer Übertragung negativer Charakteristika von einer Marke auf die andere.66
Handelt es sich zusätzlich um eine schwache Dachmarke, bei der die Konsumenten
über kein Markenwissen verfügen, bietet sie zudem keinen Schutz vor einer Krise, da
der Konsument nun nur die negativen Informationen auf die Dachmarke übertragen
kann.67 Bei einer Dachmarke, die dem Konsumenten jedoch dank Kampagne vertraut
ist und die über ein gewisses Image bei den Verbrauchern verfügt, wird dieser Effekt
durch den Vertrauensvorschuss deutlich abgefedert.68
2.2 Nachteile Dachmarkenstrategie
Trotz der erläuterten Vorteile einer Dachmarkenkampagne birgt diese durchaus auch
Risiken und Nachteile, die Unternehmen dazu bringen, sich gegen eine Dachmarken-
strategie zu entscheiden.
Wie bereits oben angesprochen, ist die Dachmarkenkampagne aufgrund der schwer
einzuschätzenden und tendenziell niedrigen Transferleistung des Konsumenten am
62 Vgl. Süss, 2011: 7 63 Süss, 2011: 7 64 Vgl. Strebinger, 2010: 80 65 Vgl. Strebinger, 2010: 83 66 Vgl. Strebinger, 2010: 93-94 67 Vgl. Strebinger, 2010: 105 68 Vgl. Strebinger, 2010: 107
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 15
Point of Sale, beispielsweise im Einzelhandel, kein Garant dafür, dass Produkteindrü-
cke einer Marke im positiven Sinne einer anderen Marke desselben Unternehmens
zugute kommen.
Bei einer Dachmarkenstrategie ist ganz klar zu beachten, dass das Unternehmen als
solches auch als Corporate Citizien im Mittelpunkt steht. Dabei geht eine Erwartungs-
haltung von der Öffentlichkeit aus, die von der Dachmarke verantwortungsvolles und
nachhaltiges Handeln fordert. Alle Handlungen, die das Unternehmen beispielsweise in
Richtung Personal oder Umwelt unternimmt werden kritisch beobachtet und strahlen
auf die Einzelmarken aus. Für viele Unternehmen ist das Risiko dieser Fokussierung
durch die breite Öffentlichkeit ein nicht einzugehendes, da sich negative Aktivitäten
bezüglich Personalentscheidungen im Rahmen von Wirtschaftskrisen oder externen
Produktionsstätten oftmals schwierig steuern oder prognostizieren lassen. Bringt das
Unternehmen als Corporate Citizien die Öffentlichkeit gegen sich auf, sind die Konse-
quenzen nicht zu überblicken. Die Anforderungen an ein Unternehmen als Corporate
Citizien, sobald es als Dachmarke in der Öffentlichkeit steht, sind daher immens und
die Auswirkungen oftmals drastisch. Süss erläutert dazu: „Unternehmen stehen heute
einer globalen Gemeinschaft gegenüber, deren kritisches Potenzial Konsumentenent-
scheidungen auf der ganzen Welt beeinflussen kann.“69 Ganze 70% der Konsumenten
würden nicht bei einem Unternehmen kaufen, das sie als sozial unverantwortlich ein-
stufen.70 Dabei ist das sogenannte Corporate Behaviour Teil der Corporate Identity, die
durch ein gut aufgestelltes und effizientes Corporate Brand Management geprägt wer-
den muss.
Laut Esch bedingt dieser Wandel jedoch noch mehr: „Für Unternehmen bedarf es der
sozialen Legitimation der Stakeholder.“71 Dafür verantwortlich sind die Globalisierung,
das Internet und die Medien. Informationen sind für Stakeholder leicht zugänglich und
auch die Reaktion auf die Unternehmensaktivitäten, sowohl positiver als auch negati-
ver Art, wird durch das Internet und die sozialen Medien leicht möglich. Darüber hinaus
erwarten die Stakeholder einen umweltbewussten Umgang der Unternehmen und üben
dort hingehend Druck aus. Dieser Anspruch ist einem wachsenden Umweltbewusst-
sein geschuldet.
Darüber hinaus erläutert Esch: „[...] Eine integrierte Kommunikation bzw. die explizite
Führung der Corporate Brand [ist] notwendig, um ein stimmiges Gesamtbild bei allen
69 Süss, 2011: 5 70 Vgl. Esch, 2006: 302 71 Esch, 2006: 27
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 16
Stakeholdern zu erzielen.“72 Dazu gehören miteinander vernetzte Kommunikationsbe-
reiche wie Media Relations, Mitarbeiterkommunikation, Investor Relations, der Unter-
nehmensname, die Architektur des Gebäudes im Rahmen des Corporate Designs und
etliche weitere Bereiche um die Botschaft eines Unternehmens erfolgreich zu vermit-
teln.73 Die komplexe Organisation und Verwaltung dieser Teilbereiche muss ein Unter-
nehmen leisten können, das als Corporate Brand auftreten möchte. Problematisch ist
dabei, dass sich Stakeholder-Gruppen oftmals überschneiden. Ein Mitarbeiter kann
z.B. gleichzeitig Aktionär sein und ist immer Teil der Öffentlichkeit.74 Das bedeutet,
dass er unterschiedlich angesprochen werden muss, da er verschiedenen Gruppen
angehört und somit unterschiedliche Interessen verfolgt. Man unterscheidet dabei zwi-
schen der Ansprache der Contractual Stakeholder, die einen direkten Einfluss auf die
Unternehmenstätigkeiten haben, das sind primär Mitarbeiter, Anteilseigner, Kunden,
Absatzmittler, Lieferanten und Gläubiger sowie der Community, die indirekt mit dem
Unternehmen verbunden ist. Teil der Community sind Konsumenten, regulierende und
gesetzgebende Institutionen, Einflussgruppen, Medien und Verbände.75 Die zielgerich-
tete Ansprache der unterschiedlichen Stakeholder ist an Erfolg oder Misserfolg einer
Corporate Brand maßgeblich beteiligt.
Ganz klarer Nachteil der Dachmarkenkampagnen ist vor allem die höhere Flexibilität,
die Fähigkeit schneller reagieren zu können und die bessere Ansprache von Nischen-
segmenten von Einzelmarkenstrategien.76 Darüber hinaus zeigen Maßnahmen auf
Produktmarkenebene eine schnellere und direktere Wirkung als Dachmarkenkampag-
nen.77
In den meisten Fällen ist das Ziel einer reinen Dachmarkenstrategie zum einen die
Steigerung der Markenbekanntheit und zum anderen die Vermittlung von Sympathie,
Kompetenz, Vertrauen und Glaubwürdigkeit.78 Das reicht jedoch langfristig meist nicht
aus um sich von der Konkurrenz abzugrenzen und eine konkrete Nachfrage nach den
eigenen Produkten zu schaffen. Darüber hinaus muss ein Markenimage von Sub- oder
Produktmarken generiert oder durch starke emotionale Werte eine Abgrenzung ge-
schaffen werden, die durch Mitarbeiter oder Gründerpersönlichkeiten (wie z.B. dem
72 Esch, 2006: 42 73 Vgl. Esch, 2006: 43 74 Vgl. Esch, 2006: 28-29 75 Vgl. Esch, 2006: 34 76 Vgl. Strebinger, 2010: 241 77 Vgl. Goertz, 2007: 2 78 Vgl. Goertz, 2007: 7
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 17
verstorbenen Apple-CEO Steve Jobs) nach außen getragen werden muss.79 Es gibt
darüber hinaus laut Strebinger Stimmen, die eine vermehrte Rückkehr zu einer Ein-
zelmarkenstrategie in Anbetracht einer „Notwendigkeit, Parallelmarken zu reduzieren,
einer steigenden Fragmentierung der Märkte, und der Enttäuschung von Unternehmen,
bei denen sich die erhofften Synergien von Dachmarken nicht eingestellt hätten“80
prognostizieren.81
Handelt es sich bei der Dachmarke um einen Generalisten, kann es unter Umständen
unglaubwürdig und unattraktiv für den Verbraucher sein, wenn die Marke ein zu breites
Leistungsspektrum anbietet.82 Die breite Produktpalette würde durch eine Dach-
markenkampagne publik gemacht. Kaum ein Verbraucher möchte jedoch seine Le-
bensmittel von einem Produzenten beziehen, der parallel beispielsweise Hundefutter
anbietet. Generalisten haben sich ein breites Feld mit unterschiedlichen Produkten
geschaffen. Dem gegenüber steht der Spezialist, der sich auf einen Produktbereich,
zum Beispiel Süßwaren, fokussiert. Die Gefahren einer Dachmarke, die als Generalist
agiert und mit einer allgemeingültigen Dachmarkenkampagne wirbt, die alle Produktbe-
reiche umfasst, ist jedoch nicht zu unterschätzen. Esch erläutert hierzu: „Je mehr un-
terschiedliche Produkte und Dienstleistungen es zu koordinieren gilt, desto schwieriger
ist es, eine Corporate Brand zu führen und ein klares Vorstellungsbild von ihr bei den
Zielgruppen aufzubauen.“83 Wird die Zugehörigkeit der Produkte zur Dachmarke also
durch ein zu breites Spektrum nicht ausreichend deutlich, ist es schwierig in der Kaufsi-
tuation Assoziationen beim Konsumenten zu aktivieren.84
Dies gelingt mit einer Einzelmarkenstrategie oftmals besser. Dort spielt der visuelle
Reiz dem Unternehmen in die Hände. Eine Produktpalette mit Produkten mit marken-
typischer Verpackung erreicht eine höhere Auf- und Augenfälligkeit als viele unter-
schiedliche Produkte.85 Um diese These zu beweisen muss man sich nur das Beispiel
Milka mit einheitlichem lila Corporate Design vor Augen führen.
Doch auch wenn man sich gegen eine Dachmarken- und für eine Einzelmarkenkam-
pagne entscheidet, gibt es keine Garantie dafür, dass das Unternehmen niemals als
Dachmarke in Erscheinung treten wird. Es ist laut Esch ganz im Gegenteil eher wahr-
79 Vgl. Esch, 2006, 17 80 Strebinger, 2010: 48 81 Vgl. Strebinger, 2010: 48 82 Vgl. Esch, 2006: 40 83 Esch, 2006: 12 84 Vgl. Goertz, 2007: 20 85 Vgl. Strebinger, 2010: 70
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 18
scheinlich, „dass der Konsument früher oder später, trotz getrennter Markenstrategie,
die Verbindung zwischen Mutter- und Produktmarke erkennt.“86
2.3 Vor- und Nachteile von Dachmarkenstrategien
kompakt
In der folgenden Abbildung sind die wichtigsten Argumente, die für bzw. gegen eine
Dachmarkenkampagne sprechen zum besseren Überblick tabellarisch und verkürzt
aufgeführt.
PRO CONTRA
Dachmarke strategisch wertvollere Res-
source als Einzelmarke
Unternehmen als Corporate Citizien in
der Öffentlichkeit
Vertrauensvorschuss für Einzelmarken
unter Dachmarke
Niedrige Flexibilität, langsame Reaktions-
zeit, schlechtere Ansprache von Nischen-
segmenten als Einzelmarkenstrategie
Synergieeffekte Langsamere und indirektere Wirkung
Steigerung Wissen über Beziehung von
Dach- und Einzelmarke beim Verbraucher
Sub- und Produktmarken müssen eige-
nes Markenimage kreiert bekommen um
Abgrenzung zu Konkurrenz zu schaffen
Wahrnehmungsgeläufigkeit beim Konsu-
menten steigt � Sympathie und Gefühl
von Vertrautheit
Dachmarkenkampagne legt Produkte des
Unternehmens offen (Risiko wenn zu
großes Leistungsspektrum)
Imageassoziationen für Dachmarke Im Fall einer Dachmarke als Generalist
besteht Risiko, dass unklares Vorstel-
lungsbild bei Konsumenten entsteht
86 Esch, 2006: 41
Dachmarkenstrategien im Vergleich zu Einzelmarkenstrategien 19
Steigerung Bekanntheitsgrad und An-
nahme über Kompetenz und Qualität bei
Einzelmarken
Generalisten mit zu großem Leistungs-
spektrum wirken unglaubwürdig und unat-
traktiv
Dachmarke als Gütesiegel bietet Schutz
vor konkurrierenden Einzel- und Han-
delsmarken
Erfordert effizientes und zielgerichtetes
Corporate Brand Management
Produktinnovationen finanzierbar Komplexe Ansprache verschiedener Sta-
keholder � soziale Legitimation
Langfristig angelegt (Stabilität, Kontinui-
tät)
Entscheidungen des Unternehmens
strahlen auf Einzelmarken aus
Kosteneffizienter als Einzelmarkenstrate-
gie
Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter
Tabelle 1: Pro und Contra Dachmarkenstrategie
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 20
3 Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen
3.1 SWOT-Analyse
Die SWOT-Analyse dient der Analyse der Ist-Situation eines Unternehmens. Durch das
Einschätzen von Chancen, Risiken und Stärken, Schwächen kann das Unternehmen
diese erkennen und zielgerecht ausbauen bzw. beheben.
3.1.1 Mondelez Deutschland GmbH
Die Mondelez Deutschland GmbH ist im Oktober 2012 aus der Spaltung des Lebens-
mittelkonzerns Kraft Foods in zwei eigenständige, börsennotierte Gesellschaften her-
vorgegangen. Seitdem bedient Kraft Foods nur noch den nordamerikanischen
Lebensmittelmarkt. Mondelez ist für den globalen Vertrieb von Snacks und Süßwaren
und die Aktivitäten für Lebensmittel außerhalb Nordamerikas zuständig.87
Dieser Wandel wurde in den Medien nicht kommuniziert und ist für viele Verbraucher
daher unbekannt. Mondelez fährt darüber hinaus keine Dachmarkenstrategie sondern
konzentriert sich auf die geführten Einzelmarken wie Milka, Oreo, Philadelphia, Miracle
Whip, Toblerone, Mikado, Belvita, Tuc, Suchard, Café Hag, Jacobs oder Tassimo.88
Der Markenname Mondelez ist ein Kunstwort und leitet sich aus den Wörtern „monde“
und „delicious“ ab und soll daher so viel wie „köstliche Welt“ bedeuten.89 Die Mondelez
Deutschland GmbH hat ihren Sitz in Bremen.
Im Fall von Mondelez sind die Stärken besonders das breite Angebotsspektrum. Von
Kaffee über Schokoladenprodukte bis hin zu Frischkäsezubereitungen und Salatcreme
hat Mondelez alles im Produktportfolio und ist trotzdem als Spezialist für Snacks und
Lebensmittel einzuordnen, was beim Verbraucher tendenziell besser ankommt. Die
etablierten Produkte aus dem Sortiment, die teilweise schon Kultfaktor erlangt haben
(z.B. Milka, Oreo, Philadelphia, Café Hag), haben alle eine hohe Markenbekanntheit
und sichern dem Unternehmen die Konsumententreue und den Abverkauf der Produk-
te.
87 Vgl. www.cyrax-brandconsulting.com 88 Vgl. www.mondelezinternational.de 89 Vgl. PR Magazin, 10/2013: 45
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 21
Trotzdem sind diese Produkte, wie faktisch alle Produkte aus dem FMCG-Bereich,
austauschbar. Hinzu kommt die fehlende Bekanntheit der Dachmarke Mondelez beim
Konsumenten durch mangelnde Werbepräsenz als große Schwäche des Unterneh-
mens, da die Dachmarke als solche überhaupt nicht emotional aufgeladen ist. Syner-
gieeffekte zwischen Dach- und Einzelmarken sind so unmöglich.
Dennoch kann Mondelez von der Chance profitieren, dass Einzelmarken durchaus
auch ohne den Bezug zur Dachmarke gekauft werden - gerade, wenn sie so etabliert
und bekannt wie die Produkte des Konzerns sind. Eine weitere Chance ist, dass Kon-
sumgüter wirtschaftlich im Vorteil sind, da sie als schnelldrehende Produkte auch re-
gelmäßig nachgekauft werden müssen, was den Absatz steigert.
Doch dieses regelmäßige Nachkaufen birgt Risiken für Mondelez. Die Kundentreue
muss so jeden Kauf aufs Neue stabilisiert werden, was bei der Dichte an Produkten auf
dem Markt eine Herausforderung darstellt. Durch dieses Polypol kommt zudem eine
starke Konkurrenz durch gleichgesinnte Wettbewerber und Handelsmarken zustande.
Außerdem geht Mondelez das Risiko ein, dass sich die Verbraucher durch den stillen
Wechsel von Kraft Foods zu Mondelez hintergangen fühlen, wenn sie den Namen auf
der rückseitig gebrandeten Verpackung lesen und mit der Dachmarke nichts anfangen
können. Unter Umständen wird sogar eine Qualitätsminderung durch den Abzug von
Kraft Foods als starke Marke gemutmaßt, da der Konsument zu Mondelez keinerlei
emotionale oder kognitive Verbindung herstellen kann.
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 22
Mondelez
Stärken Schwächen
Chancen Risiken
- Breites Produktportfolio
- Spezialist (Snacks und Lebensmittel)
- Etablierte Produkte
- Produkte mit „Kultstatus“ (z.B. Milka)
- Produkte mit hoher Markenbekanntheit
- Kundentreue bei Einzelmarken
- Austauschbare Produkte
- Fehlende Werbepräsenz in Bezug auf
Dachmarke
- Fehlende Bekanntheit der Dachmarke
- Nicht aufgeladene Dachmarke
- Hohes Preisniveau
- Konsumgüter wirtschaftlich im Vorteil
- Verbraucher kauft Produkte auch unab-
hängig von Dachmarke
- Produkte werden regelmäßig nachge-
kauft
- Kundentreue muss jeden Kauf aufs Neue
stabilisiert werden
- Hohe Produktdichte auf dem Markt
- Polypol
- Starke Konkurrenz durch Wettbewerber
- Konkurrenz durch Handelsmarken
- Verbraucher fühlt sich hintergangen
- Konsument mutmaßt durch Abzug von
Kraft Food � z.B. Qualitätsminderung
Abbildung 2: SWOT-Analyse Mondelez
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 23
3.1.2 Nestlé Deutschland AG
Die Geschichte der Nestlé Deutschland AG mit Sitz in Frankfurt begann 1867 mit der
Erfindung des Kindermehls durch den Apotheker Heinrich Nestlé. Diese Thematik greift
Nestlé mit der im Mai 2014 gestarteten Dachmarkenkampagne auf und macht sie sich
zum Fundament und somit zur Unternehmensidentität. Heute ist die Nestlé AG ein Ge-
neralist und bietet unter anderem Marken wie Maggi, Thomy, die Süßwaren KitKat,
Lion, After Eight, Smarties, Choco Crossies und Yes, die Cerealien Cini Minis und
Nestlé Fitness, die Eismarken Schöller und Mövenpick, die Wurstwaren Herta, die Pas-
ta Buitoni, die Pizza Wagner, die Kaffeemarken Nescafé, Nespresso und Dolce Gusto,
den Kakao Nesquick, die Teemarken Nestea und Special T, die Babynahrung Alete
und Beba, die Babypflege Bübchen, die Wassermarken Acqua Panna, Vittel und San
Pellegrino und die Tiernahrung Purina, Felix und Pro Plan an.90 Im FMCG-Bereich ist
Nestlé das erfolgreichste Unternehmen.91
Ähnlich wie Mondelez hat Nestlé den großen Vorteil, etablierte Produkte mit einer ho-
hen Markenbekanntheit beim Konsumenten im Sortiment zu haben. Mit dem oben ge-
nannten breiten Produktportfolio wird außerdem eine breite Zielgruppe angesprochen
und auf diverse Konsumentenbedürfnisse reagiert. Nestlé kann auf eine lange Unter-
nehmensgeschichte zurückblicken. Durch dieses langjährige Bestehen kann Nestlé auf
ein Gros an Erfahrung setzen und diese dem Kunden vermitteln. Eine weitere Stärke
von Nestlé ist die Präsenz von Nespresso im Portfolio. Wie bereits erwähnt können
hochpreisige Premiumprodukte im Sortiment das Image der Marke beim Konsumenten
und dessen Einstellung und Wahlhäufigkeit anderer Produkte der Marke erhöhen.92
Durch die phonetische Markierung (Nescafé, Nespresso, Nesquick, Nestea)93, auch
linked name genannt, wird die Zugehörigkeit der Marken zur Dachmarke Nestlé zusätz-
lich deutlich und im Bewusstsein des Konsumenten gestärkt.94 Die wohl größte Stärke
von Nestlé ist die stabile Dachmarke, die dem Großteil der Konsumenten bereits vor
Start der Dachmarkenkampagne im Mai 2014 geläufig war.
Die Schwächen von Nestlé sind im Wesentlichen die Gleichen wie die von Mondelez.
Die Produkte im Sortiment sind austauschbar, weswegen Nestlé permanente Bemü-
hungen in Bezug auf Produktbekanntheit und Kundentreue unternehmen muss. Wei-
90 Vgl. http://www.nestle.de 91 Vgl. http://www.horizont.net 92 Vgl. Strebinger, 2010: 92 93 Vgl. Strebinger, 2010: 34 94 Vgl. Goertz, 2007: 12
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 24
terhin werden die Produkte ebenfalls auf einem hohen Preisniveau vertrieben. Im Ge-
gensatz zu Mondelez hat Nestlé die Schwäche, ein Generalist zu sein, also viele Pro-
dukte aus unterschiedlichen Bereichen anzubieten. Dies kann unter Umständen
unglaubwürdig und unattraktiv für den Konsumenten sein, da Nestlé ein sehr breites
Leistungsspektrum anbietet und Tierfutter, Babynahrung, Lebensmittel und Süßwaren
im Sortiment führt.95 Dennoch, oder wahrscheinlich aus diesem Grund, versucht sich
Nestlé als Spezialist für Lebensmittel zu positionieren.
Die Chancen, die sich für Nestlé auf dem Markt bieten sind deckungsgleich mit denen
von Mondelez. Auch Nestlé kann davon profitieren, dass die angebotenen Produkte
regelmäßig nachgekauft werden und dass Konsumgüter einen wirtschaftlichen Vorteil
genießen.
Auch hieraus resultieren Risiken für das Unternehmen. Durch das regelmäßige Nach-
kaufen der Produkte steht Nestlé vor der Herausforderung die Kundentreue jeden Kauf
aufs Neue zu festigen und auch die starke Konkurrenz durch andere Unternehmen und
Handelsmarken erleichtert Nestlé die Kundenbindung nicht. Die hohe Produktdichte
auf dem Markt und die Ansiedlung von Nestlé in einem Polypol sind weitere Risikofak-
toren für das Unternehmen. Ein drastisches Risiko, mit dem sich Nestlé konfrontiert
sieht, sind die zahlreichen Skandale in der Vergangenheit. Die Kampagne von Green-
peace, die sich 2010 gegen die Verwendung von Palmöl in KitKat eingesetzt hat und
anstatt den Biss in ein KitKat den Biss in einen blutigen Affenfinger plakatierte und der
Film Bottled Life, der 2013 in den deutschen Kinos lief und den Profit von Nestlé mittels
abgefülltem Wasser in Entwicklungsländern anprangerte96, sind wohl noch zu präsent
in den Köpfen der Verbraucher. Außerdem lief die Dachmarkenkampagne negativ an.
Anstatt den Ansatz von Nestlé zu akzeptieren, für mehr Qualität der Lebensmittel zu
sorgen, fühlen sich einige Verbraucher an der Nase herumgeführt und kreiden die Far-
ce an, dass sich ein Hersteller für Tütenlebensmittel als Vorreiter guter Ernährung posi-
tionieren will.97
95 Vgl. Esch, 2006: 40 96 Vgl. http://www.bottledlifefilm.com 97 Vgl. http://www.horizont.net
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 25
Nestlé
Stärken Schwächen
Chancen Risiken
- Etablierte Produkte
- Produkte mit hoher Markenbekanntheit
- Breites Produktportfolio
- Langjährige Erfahrung im FMCG-Bereich
- Nespresso als Premiummarke
- Phonetische Markierung bestimmter
Produkte
- Stabile Dachmarke
- Austauschbare Produkte
- Hohes Preisniveau
- Generalist
- Konsumgüter wirtschaftlich im Vorteil
- Produkte werden regelmäßig nachge-
kauft
- Kundentreue muss jeden Kauf aufs Neue
stabilisiert werden
- Starke Konkurrenz durch Wettbewerber
- Hohe Produktdichte auf dem Markt
- Polypol
- Konkurrenz durch Handelsmarken
- Skandale in den Köpfen der Verbraucher
- Imagekampagne negativ angelaufen
Abbildung 3: SWOT-Analyse Nestlé
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 26
3.1.3 Procter&Gamble Germany GmbH & Co Operations o HG
Procter&Gamble wurde 1837 von William Procter und James Gamble als Kerzen- und
Seifenmanufaktur in Cincinnati, Ohio gegründet. Der Zusammenschluss der beiden
europäischen Fabrikanten entstand aus einer Wettbewerbssituation heraus. Der ge-
meinsame Schwiegervater der beiden Männer riet den beiden konkurrierenden Ker-
zenherstellern sich zusammenzuschließen statt gegeneinander zu arbeiten.98
Procter&Gamble Deutschland wurde 1960 in Frankfurt gegründet und ist mit ca. 13.000
Mitarbeitern der größte Standort ausserhalb der USA. Bereits ein Jahr später kam mit
Pampers die erste Wegwerfwindel auf den Markt und auch Haushaltsreiniger und
Waschmittel gehören zu den ersten Produkten von P&G Deutschland.99 Weitere Mar-
ken im Portfolio von Procter&Gamble Deutschland sind unter anderem Braun, Wick,
Duracell, die Rasierer von Gillette, die Haarpflegemarken Wella, Head&Shoulder, Her-
bal Essences und Pantene, die Pflegelinie Olaz, die Männerpflegeserie Old Spice, das
Make-Up MaxFactor, die Zahnpflegelinien Blend-a-med, Blend-a-dent und Oral-B, die
Schwangerschaftstests Persona und Clearblue, die Damenhygieneartikel Alldays so-
wie Always, die Putz- und Spülmittel Antikal, Meister Proper, Swiffer und Fairy, die Luf-
terfrischer Febreze und Ambipur, die Waschmittel Lenor, Ariel und Dash, sowie die
Tiernahrung Eukanuba und Iams.100
2012 startete die Dachmarkenkampagne von P&G im Rahmen der olympischen Spiele
in London und zum 175. Geburtstag des Unternehmens mit der Danke Mama-
Kampagne.101 Danach folgten im Jahr 2013 die Kampagnen zeitlose Marken und der
tägliche Unterschied.102 Seit April 2014 läuft die Kampagne zeitlose Marken unter dem
Motto nur bewährte Qualität wird zur Legende mit Ex-Torwart Sepp Maier.103
Procter&Gamble hat, wie Mondelez und Nestlé ebenfalls, ein breites Produktportfolio
im Angebot und kann so die Nachfrage einer breiten Zielgruppe gerecht werden. Die
Produkte sind etabliert und dem Konsumenten zum großen Teil bekannt. So haben sie
den Vorteil eine Markenpräferenz beim Verbraucher generieren zu können. Außerdem
kann auch Procter&Gamble ein hohes Maß an Erfahrung, resultierend aus dem langen
Bestehen des Unternehmens, vorweisen. Hinzu kommt, dass P&G der derzeit größte
98 Vgl. http://www.pgnewsroom.de 99 Vgl. http://www.pg.com 100 Vgl. Ebd. 101 Vgl. Ebd. 102 Vgl. http://www.horizont.net 103 Vgl. http://www.wuv.de
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 27
Konsumgüterkonzern der Welt ist.104 Im Gegensatz zu den beiden im Vorgang analy-
sierten Dachmarken hat P&G den immensen Vorsprung, eine stabile Dachmarke mit
einem guten Markenimage und einer positiven Reputation beim Verbraucher vorweisen
zu können.
Bei den Schwächen von Procter&Gamble verhält es sich im Wesentlichen wie bei der
Konkurrenz im FMCG-Bereich. Die größte Schwäche ist wohl die Austauschbarkeit der
Produkte durch Marken der Konkurrenz. Außerdem bewegt sich auch P&G auf einem
hohen Preisniveau. Faktisch gesehen ist Procter&Gamble ein Generalist, versucht sich
aber recht erfolgreich als Spezialist für Beauty und Hygiene zu präsentieren.
Die Chancen, die sich P&G bieten sind der bereits angesprochene wirtschaftliche Vor-
teil von Konsumgütern und die ebenfalls behandelte Thematik des obligatorischen re-
gelmäßigen Nachkaufs der gekauften Produkte durch den Konsumenten. Außerdem
hat P&G als Dachmarke eine höhere Bekanntheit beim Konsumenten als z.B. die Kon-
kurrenten Colgate-Palmolive oder Unilever. Weiterhin konnte die erfolgreich angelau-
fene Dachmarkenkampagne laut Khanh Huynh-Kürzinger (Brand Managerin Global
Always Feminine Care P&G) zu einer höheren Bekanntheit von P&G als Unternehmen
beim Konsumenten beigetragen. Vor allem die in der Vergangenheit gelaufenen Kam-
pagnen wie Danke Mama bieten die Chance der Sympathiesteigerung beim Verbrau-
cher, da eine hohe Identifikation mit dem Spot und der crossmedialen Kampagne
stattfinden konnte. Die Zusammenarbeit mit bekannten Testimonials mit jeweils aktuel-
lem Bezug und starker Zielgruppenorientierung erhöhen diesen Effekt der Identifikation
zusätzlich.
Die Schwächen, die sich bei Procter&Gamble aufzeigen lassen sind recht überschau-
bar. Sie ähneln im Wesentlichen denen der Konkurrenz und gehen automatisch mit der
Ansiedlung im FMCG-Bereich einher. Wie Mondelez und Nestlé sieht sich auch P&G
mit einer hohen Produktdichte auf dem Markt und einer starken Konkurrenz durch
Wettbewerber und Handelsmarken konfrontiert. Die Ansiedlung in einem Polypol birgt
Risiken und sollte durchaus Beachtung beim Unternehmen z.B. in Bezug auf Produkt-
qualität und Marketingmaßnahmen finden. Durch die immense Anzahl an Produkten
und Wettbewerbern auf dem Markt muss auch Procter&Gamble einen Weg finden die
Kundentreue zu stabilisieren und so die Präferenz des Konsumenten für Produkte von
P&G festigen.
104 Vgl. http://de.statista.com
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 28
P&G
Stärken Schwächen
Chancen Risiken
- Breites Produktportfolio
- Etablierte Produkte
- Produkte mit hoher Markenbekanntheit
- Langjährige Erfahrung
- Größter Konsumgüterkonzern weltweit
- Stabile Dachmarke
- Gutes Markenimage
- Austauschbare Produkte
- Hohes Preisniveau
- Generalist (versucht sich aber als Spezia-
list zu präsentieren: Beauty/Hygiene)
- Konsumgüter wirtschaftlich im Vorteil
- Produkte werden regelmäßig nachge-
kauft
- Höhere Bekanntheit als Konkurrenz (z.B.
Colgate-Palmolive, Unilever)
- Dachmarkenkampagne schafft Sympathie
- Zusammenarbeit mit Testimonials
- Hohe Produktdichte auf dem Markt
- Starke Konkurrenz durch Wettbewerber
- Konkurrenz durch Handelsmarken
- Polypol
- Kundentreue muss jeden Kauf aufs Neue
stabilisiert werden
Abbildung 4: SWOT-Analyse P&G
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 29
3.2 Sinus-Milieus
Die Sinus-Milieus stammen vom Sinus-Institut in Heidelberg, welches sich mit dem
soziokulturellen Wandel und der Gesellschaft in Bezug auf Zielgruppen, Trends und
Märkte auseinandersetzt. Die Sinus-Milieus dienen der Einordnung von Zielgruppen
und sind „ein Modell, das Menschen nach ihren Lebensauffassungen und Lebenswei-
sen gruppiert.“105
Abbildung 5: Sinus-Milieus 2013, Sinus-Institut Heidelberg, 2014
Da es sich bei allen zu analysierenden Unternehmen um ähnlich ausgerichtete FMCG-
Konzerne handelt, eint sie ihre identischen Sinus-Milieus und die Einflüsse verschie-
dener soziokultureller Trends, die das Konsumentenverhalten steuern. Daher werden
die Unternehmen Nestlé, Mondelez und P&G im Folgenden zusammengefasst bezüg-
lich ihrer Sinus-Milieus untersucht.
105 http://www.sinus-institut.de
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 30
Durch die relativ günstigen Preise der von den Unternehmen angebotenen FMCG-
Güter und ein niedriges Involvement des Konsumenten beim Kauf könnte man anneh-
men, dass alle Sinus-Milieus angesprochen werden. Dies ist jedoch nicht ganz korrekt.
Aufgrund ihrer finanziellen Situation fällt das prekäre Milieu nicht in die Zielgruppe mar-
kierter Produkte. Dieses Milieu greift vorzugsweise zu Eigenmarken der Supermärkte
oder zu No-Name-Produkten. Auch das sozial-ökologische Milieu wird nicht zu der
Zielgruppe der FMCG-Konzerne gehören. Obwohl es seine finanzielle Lage zuließe,
die Markenprodukte der Unternehmen zu erwerben, kauft dieses konsumkritische Mili-
eu bevorzugt nachhaltige und ökologisch vertretbare Produkte und wird tendenziell
eher frische Lebensmittel aus dem Bio-Segment oder der Region und naturbewusst
hergestellte Kosmetika wählen. Außerdem ist zu erwarten, dass Konsumenten mit ei-
ner Präferenz für Gourmet-Produkte oder, trotz finanziell gut gestellter Lage, einer An-
tipathie zu Markenprodukten nicht zu den von Nestlé und Mondelez angebotenen
Lebensmitteln greifen werden. Im Falle der Markenantipathie werden auch die Hygie-
neprodukte von Procter&Gamble bei den betreffenden Konsumenten keinen Anklang
finden.
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 31
3.3 Trends
Doch auch Trends machen dem Absatz der FMCG-Konzerne zu schaffen. Vor allem
der Trend zu mehr Nachhaltigkeit, Regrounding, Umwelt- sowie Gesundheitsbewusst-
sein und Entschleunigung gewinnt immer mehr an Tragweite. Regrounding bezeichnet
dabei den Wunsch nach familiärem Rückhalt, Heimat und einem Rückzugsort abseits
von Stress und Hektik. Die Anhänger dieses gesamten Trends werden als LOHAS
(Lifestyle of Health and Sustainability) bezeichnet.
Abbildung 6: Trend-Steuerrad 2013, Sinus-Institut Heidelberg, 2014
Kremer definiert die LOHAS wie folgt:
“Eine starke globale Nachhaltigkeitsbewegung und ein neuer Konsumenten-
trend hin zu mehr Nachhaltigkeit haben sich in den letzten Jahren hervorgetan.
Ist- und SWOT-Analyse der Unternehmen 32
Statt ausschließlich billigen Waren fordern Konsumenten zunehmend qualitative
[...] Produkte von nachhaltig engagierten Unternehmen.“106
Dabei pflegen die LOHAS einen „hybriden Lebensstil“.107 Sie leben gleichzeitig modern
und wertebewusst, technikaffin und naturbezogen und legen Wert auf Gesundheit und
Genuss.108 Dabei spielt der Preis eines Produktes eine untergeordnete Rolle solange
seine Qualität stimmt. Dieser Trend ist nicht zu unterschätzen und wird in den nächsten
Jahren weiter ansteigen. Auch die analysierten FMCG-Unternehmen werden sich ver-
stärkt dem Wunsch nach Nachhaltigkeit und einem gesundheitsorientierten Lebensstil
anpassen müssen, um die Erwartungen der Konsumenten künftig in vollem Umfang
erfüllen zu können.
106 Kremer, 2011: 2 107 Kremer, 2011: 7 108 Vgl. Kremer, 2011: 7
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 33
4 Analyse der Dachmarkenstrategien der
Unternehmen
Wie bereits Eingangs erwähnt, nutzen nur Procter&Gamble und Nestlé eine Dach-
markenkampagne. Mondelez tritt hingegen als Dachmarke hinter den Aktivitäten der
Einzelmarken zurück und hat sich daher für eine Einzelmarkenstrategie entschieden.
Diesen Ansatz bezeichnet man auch als separate-Branding-Strategie. Das bedeutet,
dass die Produktmarke losgelöst und ohne Bezug zur Corporate Brand agiert. Der brei-
ten Öffentlichkeit, der Presse und der Financial Community gegenüber tritt allerdings
die Unternehmensmarke auf. Der Konsument erlebt jedoch ausschließlich den Auftritt
auf Produktebene mit unabhängigen Marken.109 Die separate-Branding-Strategie bietet
vor allem den Vorteil, dass in der Regel ohne Vorsicht auf negative spill-over-Effekte
einzelner Marken agiert werden kann.110 Ausnahmen von dieser Regel wurden bereits
aufgeführt. Darüber hinaus macht sich Mondelez den Ansatz branded nach Olins zu
Eigen. Das heißt, dass sich das Logo der Dachmarke klein abgedruckt auf der Rück-
seite der Einzelmarken findet. 111
P&G und Nestlé hingegen nutzen den Ansatz des endorsed Brandings. Das bedeutet,
dass eigenständige Marken immer gemeinsam mit der Corporate Brand auftreten.
Esch erklärt hierzu:
„Dennoch wird auf Produktebene mit einem Hinweis auf die Herkunft der Pro-
dukte ein Bezug zur Unternehmensmarke hergestellt. Auch wird damit gewähr-
leistet, dass sich positive Effekte auf Produkt-Ebene verstärkend auf die
Unternehmensmarke auswirken.“112
Endorsed Branding bedeutet aber auch, dass die Produktmarke die dominierende Rol-
le einnimmt. Außerdem spricht dieses Branding gleichzeitig unterschiedliche Zielgrup-
pen in gleichem Maße an: die Konsumenten mit der Produktmarke und die
Stakeholder, deren Bezugspunkt das Unternehmen ist, mit der Corporate Brand.113
Dazu erklärt Esch:
109 Vgl. Esch, 2006: 37 110 Vgl. Esch, 2006: 38 111 Vgl. Esch, 2006: 13 112 Esch, 2006: 38 113 Vgl. Esch, 2006: 38
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 34
„Dies stützt die Reputation der Marke bei den Anspruchsgruppen, auf die die
Unternehmensmarke abzielt. Primärer Orientierungspunkt bleibt jedoch weiter-
hin die Unternehmensmarke.“114
Endorsed Branding ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn es sich um eine starke
Dachmarke handelt, die als sehr positiv bewertet wird. Nur so kann sie die Unterneh-
mensmarken wirkungsvoll unterstützen - gerade dann, wenn es sich um eine schwa-
che Unternehmensmarke handelt, die dann vom Image der Dachmarke profitiert. Ist die
Produktmarke dem Konsumenten jedoch sehr gut vertraut, übt die Dachmarke kaum
bzw. keinen Einfluss aus.115
Geschickt von Nestlé ist, über den Ansatz des Endorsed Branding hinaus, die zusätzli-
che Markierung vieler Produkte mit eigens entwickelten Siegeln, die einen Zusatznut-
zen des Produktes deutlich machen sollen. Ein Beispiel ist der Vermerk LC1 auf
Joghurts von Nestlé, der für Inhaltsstoffe steht, die die Abwehrkräfte stärken sollen.116
Dieses Verfahren nennt man ingredient Branding.117 Durch die offizielle Optik des Sie-
gels schreibt der Verbraucher dem Produkt automatisch Vorteile gegenüber Konkur-
renzprodukten ohne Siegel zu.
114 Esch, 2006: 39 115 Vgl. Strebinger, 2010: 110 116 Vgl. Görg, 2010: 151 117 Vgl. Görg, 2010: 149
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 35
4.1 Dachmarkenstrategie Procter&Gamble
Abbildung 7: Logo Procter&Gamble, pg.com, 2014
Das Ziel der Dachmarkenstrategie von P&G ist die erfolgreiche Positionierung als tradi-
tionsreiches Unternehmen, das konstante Marken und bewährte Qualität bietet. Au-
ßerdem möchte sich P&G als Helfer und Verbündeter im Alltag präsentieren. Diese
Strategie mündet in die Maßnahmen, die in erster Linie durch die Werbespots reprä-
sentiert werden. Dafür wählt P&G zwei unterschiedliche Werbestränge, die die beiden
genannten Kernbotschaften abdecken sollen. Während die Werbespots zeitlose Mar-
ken, der tägliche Unterschied und nur bewährte Qualität wird zur Legende die Darstel-
lung der Qualitäts- und Traditionsansprüche von P&G bedienen, dient die dreiteilige
Danke Mama-Serie der Durchsetzung der Kernbotschaft von P&G als Unternehmen,
das Müttern den Alltag erleichtert und ihnen mehr Zeit für die Familie bietet. Durch die-
se Serie möchte sich Procter&Gamble außerdem als Sympathieträger profilieren. Be-
gleitet werden alle Spots durch Aktionen am Point of Sale sowie in den sozialen
Medien. Da sich die Spots in ihren jeweiligen Kernbotschaften sehr ähneln, werden im
Folgenden exemplarisch drei Spots ausführlich aufgeführt, um die Intention und deren
Umsetzung durch P&G näher zu erläutern.
Procter&Gamble setzte 2012 im Rahmen der olympischen Spiele in London mit Danke
Mama unter dem Motto best Job und zur Feier des 175-jährigen Bestehens des Kon-
zerns die erste Dachmarkenkampagne durch.118 Die Kreation der Kampagne über-
nahm Wieden + Kennedy.119 Bei den olympischen Spielen trat P&G als Sponsor auf,
was, wie Eingangs erläutert, den Erlebniswert der Botschaft stützt und so zum Erfolg
der Kampagne beitragen kann. Ziel des Launches war es laut der Brand Managerin
Global Always Feminine Care von P&G, Khanh Huynh-Kürzinger, eine Kampagne um
Produkte mit einer ähnlichen Target Group, also Mütter, zu kreieren. Das komplette
Kurzinterview ist im Anhang zu finden. Durch den bedachten Umgang von Proc-
118 Vgl. http://www.pg.com 119 Vgl. http://www.horizont.net
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 36
ter&Gamble mit der Öffentlichkeit und der strengen Regelung über das Herausgeben
von Informationen an Externe, gestaltete sich das Durchführen eines Interviews als
sehr schwierig. Dennoch hat Khanh Huynh-Kürzinger die Fragen in dem Umfang be-
antwortet, der ihr möglich war.
Der Werbespot best Job zeigt den identischen Tagesablauf von Müttern aus verschie-
denen Ländern, die ihre Kinder in unterschiedlichen Sprachen mit dem selben Wortlaut
wecken, ihnen Frühstück zubereiten, sie zur Schule bringen und ihnen beim Sport trei-
ben zuschauen. Danach wiederholt sich der Tagesablauf immer schneller, die Kinder
werden älter und erzielen größere Erfolge beim jeweiligen Sport bis sie letztlich vor den
Augen der stolzen und gerührten Mütter zu Olympioniken heranwachsen, die nach
jedem Wettkampf als erstes zu ihren Müttern laufen, um sie zu umarmen. Abschlie-
ßend erfolgt eine Einblendung der Worte die schwerste Aufgabe der Welt, ist die beste
Aufgabe der Welt! Danke Mama! und dem Schnelldurchlauf einiger zielgruppenrele-
vanter Logos der Einzelmarken von P&G wie z.B. Pampers oder Gillette. Der Spot en-
det mit dem Logo von Procter&Gamble und dem Slogan Wir unterstützen alle Mütter.
Der Spot lebt von der Visualisierung und der musikalischen Untermalung. Eine Stimme
aus dem Off gibt es nicht.
Mit dem fulminanten Start dieser Dachmarkenkampagne konnte Procter&Gamble eine
deutliche Umsatzsteigerung erzielen.120 Durch die Präsenz als Sponsor der olympi-
schen Spiele gelang es P&G eine authentische Kampagne mit Bezug zum Unterneh-
men im olympischen Umfeld, das zu diesem Zeitpunkt im Mittelpunkt des medialen
Interesses stand, zu platzieren. Für den Spot erhielt P&G den Emmy-Award.121 Die
Kampagne wurde durch die sozialen Medien wie Facebook, dem firmeneigenen Maga-
zin for me und am PoS mit Produktaufstellern unterstützt. Ein Großteil der Einnahmen
kam Jugendsportprogrammen und den Müttern der Olympioniken zugute, die einen
unvergesslichen Tag in London durch P&G erleben sollten.122
Der Erfolg der ersten Phase der Dachmarkenkampagne zur Steigerung der Bekannt-
heit und des Images von P&G ist vor allem durch die Emotionalisierung zu erklären.
Der Werbespot ist emotional sehr stark aufgeladen und dient der Identifikation aller
Mütter, die das Bestreben mit den Bemühungen der im Spot gezeigten Testimonials
eint, ihre Kinder bestmöglich in ihren Zielen zu bestärken und sie liebevoll großzuzie-
hen. Die Dankbarkeit, die die Kinder ihren Müttern für die tägliche Unterstützung ent-
120 Vgl. http://www.horizontjobs.de 121 Vgl. http://news.pg.com 122 Vgl. http://www.horizont.net
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 37
gegenbringen, ist der Lohn für die Mühe der Mütter. An diesem Punkt greift P&G an
und positioniert sich wiederum als Helfer und Unterstützer der Mütter, um ihnen ihre
täglichen Aufgaben zu erleichtern und ihnen dadurch die Zeit zu geben, sich ihren Kin-
dern und deren Interessen zu widmen. Der Spot generiert aus dem Grund so eine gro-
ße Sympathie beim Rezipienten, da die Produkte von P&G weder offensichtlich noch
als eine Art, wenn man dies im Rahmen eines Werbespots überhaupt so bezeichnen
kann, Product Placement auftauchen. Es geht ausschließlich um das Verhältnis der
Mütter und ihren Kindern. So wird der Spot durch den Rezipienten als Wertschätzung
aller Mütter durch P&G interpretiert. Lediglich am Ende werden die Logos der Marken
kurz eingeblendet, dies wird jedoch für den Rezipienten durch den Slogan Wir unter-
stützen alle Mütter relativiert. Eine Ablenkung vom Gesehenen im Spot und der eige-
nen Interpretation der Bilder gibt es durch das Fehlen einer begleitenden Stimme aus
dem Off nicht. Die musikalische Untermalung durch den Komponisten Ludovico Einau-
di verstärkt die Emotionen zusätzlich.
Aufgrund des immensen Erfolges von Danke Mama folgte im Jahr 2013 die von BBDO
kreierte Kampagne zeitlose Marken.123 Diese zweite Phase der Werbespots der Dach-
markenkampagne wurde im Umfeld des Point of Sales durch Plakate begleitet. Zeitlose
Marken visualisiert den Wandel von P&G über die 175-jähige Firmengeschichte mit
konstanten Marken und bewährter Qualität. Zu sehen ist in dem Spot jeweils ein
schwarz-weiß Foto einer Szenerie, hinter dem dann das bunte Bewegtbild aus der heu-
tigen Zeit auftaucht. Gezeigt wird ein Kind, das durch weiße Laken, die auf einer Leine
hängen, läuft, eine Mutter, die ihr Baby in seinem Kinderbett betrachtet und ein Vater,
der mit seinem Sohn vor dem Badezimmerspiegel steht und sich rasiert, während der
Sohn ihn mit Rasierschaum und einem Kamm als Rasierer imitiert. Im Gegensatz zu
Danke Mama wird dieser Spot mit einer Stimme aus dem Off begleitet, die dem Rezi-
pienten erklärt, dass sich Zeiten ändern, manche Gefühle aber immer gleich blieben.
Diese Gefühle gibt es seit Generationen - so wie die zeitlosen Marken von P&G. Die
Marken werden im Gegensatz zu Danke Mama nicht mit dem Logo sondern mit der
Verpackung visualisiert. Die Einzelmarken, die in dieser Kampagne auftauchen sind
unter anderem Ariel, Meister Proper, Pampers, Oral-B und Gillette. Der Spot endet mit
der Handlungsaufforderung an den Rezipienten diese Marken jetzt auszuprobieren.
Auch dieser Werbespot von P&G spielt mit dem Wissen, dass Emotionen ein erstklas-
siger Verkäufer sind. Es werden Szenen aus dem Alltag einer Familie gezeigt, die posi-
tiv konnotiert sind und mit denen sich der Rezipient identifizieren kann, weil er sie so
123 Vgl. http://www.horizont.net
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 38
oder in ähnlicher Form bereits selbst erlebt hat. Das Zeigen der schwarz-weiß Bilder
unterstreicht das Bestreben von P&G als Traditionsunternehmen wahr genommen zu
werden, das seit vielen Jahren dazu beiträgt, dem Rezipienten glückliche Momente zu
bescheren. Dieser Spot ist allerdings nicht so stark emotional aufgeladen wie die erste
Phase der Dachmarkenkampagne.
In der zweiten Jahreshälfte 2013 launchte P&G die Kampagne der tägliche Unter-
schied. Diese baut auf die Thematik des vorangegangenen Spots zeitlose Marken auf.
Hat Procter&Gamble damit noch die lange Tradition des Unternehmens und die Be-
deutung der Produkte in den Vordergrund gestellt, spielt der tägliche Unterschied nun
auf den konkreten Nutzen der Produkte an. Hier ist die Unterstützung durch eine Cou-
poning-Aktion bemerkenswert und soll daher kurz angesprochen werden. Dieser Teil
der Kampagne stellt im Wechsel einzelne Produktmarken wie z.B. Ariel in den Vorder-
grund.124 Dadurch wird nicht nur die Wahrnehmung des Produktes durch den Rezipien-
ten aufgrund des Anreizes auf ein rabattiertes Produkt gesteigert, sondern auch die
Distributionspolitik von P&G positiv beeinflusst. Da es sich beim Vertrieb der Produkte
immer um einen, für die Dachmarken, indirekten Absatz im Einzelhandel handelt, auf
den sich nur schwer Einfluss ausüben lässt, kann P&G durch die Rabattcoupons dazu
beitragen Konsumenten von Konkurrenzprodukten abzuschöpfen, den Absatz des
Produktes zu steigern und neue Kunden zu gewinnen. Durch den Besuch der Home-
page kann das Unternehmen den Rezipienten zusätzlich mit Informationen zu Produk-
ten und Unternehmen versorgen. Der zeitliche Rahmen der Coupon-Aktion war
begrenzt.
Im Oktober 2013 griff P&G die Danke Mama- Kampagne im Rahmen der olympischen
Spiele in Sotschi erneut auf. Diesmal unter dem Motto einen Olympioniken großziehen.
Diese Kampagne bildet die Fortsetzung des erfolgreichen ersten Teils und ähneln ihm,
ebenso wie der Anfang 2014 folgende Spot pick them back up, in Kernbotschaft und
Positionierung.
Seit April 2014 läuft im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft die von Grey erdachte
Dachmarkenkampagne nur bewährte Qualität wird zur Legende mit Ex-Torwart Sepp
Maier.125 Dieser Spot greift die Thematik von der tägliche Unterschied und zeitlose
Marken auf.
124 Vgl. http://www.horizont.net 125 Vgl. http://www.wuv.de
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 39
Den Spot begleitet die Stimme von Sepp Maier aus dem Off. Er berichtet, dass vor
über 60 Jahren alles bei ihm angefangen habe. Heute sei vieles anders - nur eines
würde immer gelten: die Qualität müsse stimmen. Sepp Maier gibt an, dass er auch
heute noch den gleichen Marken wir früher vertrauen würde, denn nur bewährte Quali-
tät werde zur Legende. Abschließend spricht er den Rezipienten gezielt an: Vertrauen
auch Sie den Marken von P&G. Dabei zeigt der Spot verschiedene Szenen aus dem
heutigen Leben von Sepp Maier als Fußballspieler und als Privatperson. Der Spot star-
tet im Fußballstadion, in dem Sepp Maier alleine steht und sich umschaut. In dieser
Szene wird er mit einer Bauchbinde mit seinem Namen und seiner Auszeichnung als
Torwart des Jahrhunderts eingeführt. Sie geht nahtlos in eine Szene über, in der eine
Flasche Head&Shoulders in einem Badezimmer steht. Die Flasche wird unscharf und
der Rezipient sieht Sepp Maier, der sich vor einem Spiegel durch die Haare fährt. An-
schließend wechselt die Szenerie zurück ins Fußballstadion, wo die Rasenfläche ge-
mäht wird. Sepp Maier überprüft auf dem Boden liegend die Qualität des Rasens und
wird im nächsten Moment wieder im Badezimmer gezeigt, wo er sich rasiert. Der Ra-
sierschaum von Gillette ist unscharf im Bildrand erkennbar. Der Schwenk geht zurück
zum Stadion, in dem Sepp Maier auf der Tribüne sitzend beobachtet, wie die Linien
nachgezogen werden. Man sieht ihn daraufhin vor seiner Waschmaschine kniend und
ein Trikot herausziehend. Auf der Waschmaschine stehen gut erkennbar jeweils eine
Flasche Ariel und Lenor. Bekleidet mit diesem Trikot geht Sepp Maier auf das Spielfeld
im Stadion hinaus. Abschließend erfolgt eine Einblendung der im Spot gezeigten Pro-
dukte, die auf dem Rasen neben dem Tor stehen und das Logo von P&G.
Ähnlich wie der tägliche Unterschied und zeitlose Marken wird in diesem Spot die Tra-
dition und Qualität der Produkte von P&G fokussiert. Mit Sepp Maier als Testimonial
wird im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft eine breite Masse angesprochen, die
den Ex-Torwart kennt. Darüber hinaus erschließt sich dem Rezipienten schnell der
Gedankengang von Procter&Gamble, dass eine Fußball-Legende dafür wirbt, dass nur
bewährte Qualität zur Legende werden kann. Sepp Maier bringt in den Augen des Re-
zipienten die Erfahrung und das Verständnis dafür mit, wann etwas legendär wird. Er
betont, dass er die Produkte von P&G seit Jahren benutzt. So steigert er das Vertrauen
der Konsumenten in die Produkte, von deren Wirksamkeit und Qualität er anscheinend
durchgehend überzeugt ist. Weiterhin arbeitet P&G mit dem Effekt, dass der Rezipient
im Verlauf des Spots die Produkte bereits unterbewusst wahrnimmt. Durch das ge-
sammelte und fokussierte Erscheinen der Produkte am Ende des Spots wird so der
Wiedererkennungswert der Produkte durch den Rezipienten gestärkt. Bei dem Werbe-
spot handelte es sich um eine integrierte Kampagne. P&G organisierte ein Gewinn-
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 40
spiel, bei dem es ein Torwart-Training mit Sepp Maier zu gewinnen gab. Darüber hin-
aus wurde der Spot online, in Social Media, am PoS und im Print-Bereich unter-
stützt.126
Jan van Mossefelde, Deutschland Marketingchef von P&G, erklärt den Erfolg der Kam-
pagne über den Leistungsaspekt hinaus gegenüber Horizont mit dem Überraschungs-
effekt von Sepp Maier: „[...] die Tatsache, dass er als Testimonial erst mal überrascht,
hilft uns, im WM-Werberauschen durchzudringen. Er steht nicht nur für Qualität und
Leistung, er ist auch ein echter Typ.“127 Damit bestätigt er die These, dass nicht nur die
in den Dachmarkenkampagnen involvierten Produktmarken, sondern auch die Testi-
monials zielgruppen- und themengerecht ausgewählt werden. Daher wurde z.B. die
Windelmarke Pampers im Rahmen der Danke Mama-Kampagne beworben. Dagegen
hat z.B. das Waschmittel Ariel laut van Mossefeld einen besonders guten Fit mit der
Assoziation eines verdreckten Fußballtrikots als Bewährungsprobe für selbiges und
passt somit optimal in das Werbeumfeld der Kampagne nur bewährte Qualität wird zur
Legende.128
4.2 Dachmarkenstrategie Nestlé
Abbildung 8: Logo Nestlé, nestle.de, 2014
Dass Nestlé die Vermarktung der Einzelmarken durchaus im Griff hat zeigen einige
Beispiele aus der Vergangenheit. Unter anderem gelang dem Unternehmen ein Marke-
tingcoup in Bezug auf den Schokoladenriegel KitKat. Dieser wurde von Google zum
Namen des aktuellen Android-Betriebssystems ausgewählt. Nestlé nutze diese kosten-
lose PR für sich und druckte die Android-Figur im Rahmen eines Gewinnspiels auf der
Verpackung des Schokoladenriegels ab. Außerdem wurde eine große Android-Figur in
KitKat-Optik vor dem Headquarter von Google in Kalifornien postiert.129 Die Resonanz
in den Fachmedien war Nestlé somit sicher. Auch in jüngster Vergangenheit zeigte
126 Vgl. http://www.wuv.de 127 Horizont, 25/2014: 12 128 Vgl. Horizont, 25/2014: 12 129 Ebd.
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 41
Nestlé schnelle Reaktionen sowie ein durchdachtes, kreatives Marketing in Bezug auf
die Einzelmarke KitKat und machte sich den Ausfall des sozialen Netzwerkes Face-
book im Juni 2014 zunutze. Mit dem ironischen Rückbeziehen auf den eigenen Slogan,
Have a break. Have a KitKat, kommentierte Nestlé via Twitter: Looks like #Facebook is
having a BREAK right now. Have a BREAK, too! :). Der Post verbreitete sich viral im
Internet.130
Nach der erfolgreichen Positionierung einiger Einzelmarken möchte das Unternehmen
auch als Dachmarke in Erscheinung treten. Daher launchte Nestlé im Mai 2014 zur
Feier des 200. Geburtstages von Heinrich Nestlé in diesem Jahr unter dem Claim
Good Food, Good Life die erste Kampagne mit Dachmarkenausrichtung. Die Agentur
hinter der Kampagne ist Ogilvy & Mather.131 Der Entscheidung für eine Dachmarken-
kampagne liegt zugrunde, dass das Unternehmen das Vertrauen der Verbraucher ver-
loren hat. Grund dafür ist einerseits die negative Berichterstattung in der
Vergangenheit und anderseits das veränderte Konsumentenverhalten in Bezug auf
Fertigprodukte.132 Wie bereits aufgeführt, geht der Trend mehr und mehr zu regionalen
und frischen Lebensmitteln. Mit dieser Thematik sieht sich auch Nestlé konfrontiert und
möchte daher die Qualität und Nachhaltigkeit der Produkte in den Fokus der Verbrau-
cher rücken. Die Einschätzung der Nachhaltigkeitsstrategie, die Nestlé betreibt, liegt
laut Tomorrow’s Value Rating 2013-Studie des DNV Business Assurance Germany bei
87% und somit auf Platz drei.133 Außerdem soll die Dachmarkenkampagne das Image
des FMCG-Konzerns verbessern.134 Dazu möchte Nestlé laut eigener Aussage mit
dem Kunden in Dialog treten und für Transparenz, Informationen und Fakten sorgen.135
Den Anfang der Dachmarkenkampagne machen die Submarken von Maggi, Wagner
und Beba.136
Alle Spots der Reihe eint ihr Anfang. Dort wird der Apotheker Heinrich Nestlé gezeigt,
der etwas gegen die Kindersterblichkeit seiner Zeit unternehmen wollte. Dafür entwi-
ckelte er eine Nahrung für Säuglinge, die nicht gestillt werden konnten: Das Nestlé
Kindermehl. Diese Einführung dient einer inhaltlichen Klammer, da zu Abschluss jeden
Spots erneut auf die Arbeit von Heinrich Nestlé verwiesen wird. Ab der Einblendung
des Kindermehls separieren sich die einzelnen Spots.
130 Vgl. http://meedia.de 131 Vgl. http://www.wuv.de 132 Vgl. Kontakter, 33/2013: 4 133 Vgl. Kontakter, 45/2013: 30 134 Vgl. http://www.horizont.net 135 Vgl. Kontakter, 45/2013: 8 136 Vgl. Horizont, 06/2014: 4
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 42
Der Spot für Wagner schließt an diesem Punkt mit der Thematisierung der Sorgfalt mit
der das Kindermehl entwickelt wurde an. Mit dieser Sorgfalt arbeite Nestlé an der Qua-
lität aller Produkte. Als Beispiel wird die Wagner Pizza angeführt, für die die besten
Zutaten ausgewählt würden - echter Käse, saftiger Schinken und Salami aus der Regi-
on. Daran arbeite Nestlé jeden Tag. Genau wie Heinrich Nestlé. Bei Fragen dazu ver-
weist Nestlé auf die Antworten auf dem Nestlé Marktplatz. Zu sehen sind dabei Hände,
die Pizzateig kneten, Holzkisten mit frischem Gemüse und Kräutern tragen und mit
deren Inhalt die Pizza belegen. Dann wird die Pizza im Backofen gezeigt. Abschlie-
ßend sieht man einen jungen Mann, der in die Pizza beißt. Danach wird das Logo von
Nestlé zusammen mit dem Claim Good Food, Good Life und der Webadresse des
Nestlé Marktplatzes eingeblendet.
Dieser Spot macht die Herstellung der Pizza für den Rezipienten erlebbar. Durch die
Fokussierung auf die Hände konzentriert sich der Rezipient auf die Tätigkeiten, die mit
ihnen ausgeübt werden. Eine Ablenkung durch Mimik oder Gestik gibt es dabei nicht.
Nestlé stellt im Spot den hohen Qualitätsanspruch in den Mittelpunkt. Dass Nestlé den
Trend zu mehr Nachhaltigkeit und Regionalität erkannt hat wird deutlich. In Anlehnung
an frühere Lebensmittelskandale in Form von Analogkäse und Formschinken auf Piz-
zen betont Nestlé hier, dass es sich bei den verwendeten Lebensmitteln um frische
und echte Zutaten handele, die darüber hinaus sogar teilweise aus der Region kom-
men. Appetitliche Bilder der Zubereitung der Pizza und der fertigen Pizza regen den
Zuschauer darüber hinaus an. Der Rezipient wird abschließend von der Stimme aus
dem Off direkt angesprochen und subtil zu einer Handlung, dem Besuch des Nestlé
Marktplatzes, aufgefordert. Dort kann er mit Nestlé in Dialog treten und Antworten auf
offene Fragen finden. So möchte Nestlé den Verbraucher über den Werbespot hinaus
für die Aktivitäten des Unternehmens gewinnen und für Transparenz sorgen.
Der Spot für Maggi setzt ebenfalls im Anschluss an die Darstellung von Heinrich Nestlé
ein. Seit der Erfindung des Kindermehls frage sich Nestlé immer wieder, was verbes-
sert werden könne: wie man Maggi-Produkte mit weniger Salz herstellen und eine
neue Generation für das Kochen begeistern kann. Dabei wird auf die Kurse im Maggi-
Kochstudio und Rezepte für Kinder auf maggi.de hingewiesen. Der Spot schließt eben-
falls mit den Worten, dass Nestlé daran jeden Tag arbeite. Genau wie Heinrich Nestlé.
Auch die Einblendung des Logos und des Claims ist identisch. Visualisiert wird der
Spot mithilfe von frischen und gesunden Lebensmitteln, mit denen die gezeigten Kinder
agieren. Gezeigt werden Kinder, die auf unbeschwerte Weise das Kochen beigebracht
bekommen und mithilfe der frischen Zutaten und einer Maggi-Tüte eine Mahlzeit zu-
sammen zubereiten. Auch hier werden die Zubereitung des Tüteninhalts und das ferti-
ge Produkt im Backofen gezeigt.
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 43
Nestlé setzt in diesem Spot in erster Linie auf die Unbeschwertheit und Freude der
Kinder. Auch die Zutaten werden erneut appetitlich und anregend präsentiert. So
kommt es wieder zum thematischen Mittelpunkt der Qualität der Produkte. Der Hinweis
auf den Nestlé Marktplatz fehlt in diesem Spot. Dies wurde von Nestlé aufgrund des
unterschiedlichen Zielgruppenbezugs gewählt. Steht bei Wagner der erwachsene Ver-
braucher mit Fragen zu Lebensmitteln und Qualität im Fokus, sind es hier Eltern und
deren Kinder, die für das Kochen begeistert werden sollen. Diese Zielgruppe hat vor-
rangig das Interesse, Rezepte geliefert zu bekommen und tendenziell zweitrangig Fra-
gen zu den Produkten. Trotzdem erreicht Nestlé eine Weiterleitung des Rezipienten
auf die markeneigene Plattform und somit zu einer weiteren Präsentationsfläche der
Produkte.
Der Spot um die Kindernahrung Beba baut wie schon seine Vorgänger auf der Erfin-
dung des Kindermehls auf. Seitdem frage sich Nestlé immer wieder, was sie für Mütter
und ihre Babys machen und wie sie sie durch die ersten 1.000 Tage von der Schwan-
gerschaft an begleiten können. Nestlé hinterfragt in dem Spot außerdem, was das Un-
ternehmen von Forschern und Kinderärzten lernen kann, um Beba Folgemilch weiter
zu entwickeln. Daran arbeite Nestlé jeden Tag. Genau wie Heinrich Nestlé. Mehr dazu
fände sich auf dem Nestlé Marktplatz. Dieser Spot ist der Einführung thematisch am
nächsten Daher wird die antiquiert dargestellte Dose des Kindermehls zu einer Dose
der Beba Folgemilch. In den ersten Sequenzen wird zusätzlich zu den Bewegtbildern
der Hinweis eingeblendet, dass Stillen das Beste für das Baby sei und bei Säuglings-
anfangsnahrung Rücksprache mit der Hebamme, einer Klinik oder dem Kinderarzt ge-
halten werden soll. Anschließend erfolgt die Darstellung einer Schwangeren, die sich
über den Bauch streichelt. Darauf folgt die Visualisierung eines Säuglingskopfes in den
Händen seiner Mutter und deren glückliches Gesicht. Danach wird das Füttern des
Babys mit einer Flasche gezeigt, das hierauf zufrieden einschläft. Abschließend wird
die Mutter beim Spielen mit ihrem Baby gezeigt und das Logo von Beba eingeblendet.
Dann folgt das Logo von Nestlé mit dem Claim und dem Hinweis auf den Nestlé Markt-
platz.
Dieser Spot ist der erste, der eine Einblendung des eigenen Logos integriert hat. Das
kann damit zusammen hängen, dass das Produkt in der Flasche nicht markiert und
somit nur eine kurze Einblendung am Anfang des Spots hatte. So erreicht Nestlé die
erneute Konfrontation des Rezipienten mit dem Logo und somit eine höhere Wahr-
scheinlichkeit der Wiedererkennung und das Bewusstsein über das beworbene Pro-
dukt. Da Nestlé hier nur schwer die Appetitlichkeit des Produktes in den Fokus rücken
kann, werden in diesem Spot in erster Linie die Emotionen durch Liebe und Fürsorge
einer Mutter für ihr Baby in den Mittelpunkt gestellt, die durch ein qualitativ hochwerti-
ges Produkt das bestmögliche Aufwachsen für ihr Baby, das nicht gestillt werden kann,
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 44
sichert. Auch hier dient der Hinweis auf den Nestlé Marktplatz der Sicherstellung von
Transparenz und der Möglichkeit der Produktpräsentation über den Werbespot hinaus.
4.3 Dachmarkenstrategie Mondelez
Abbildung 9: Logo Mondelez, mondelezinternational.de, 2014
Über die Gründe von Mondelez, sich gegen eine Dachmarkenkampagne zu entschei-
den kann weitestgehend nur spekuliert werden. Das Unternehmen ist im Allgemeinen
sehr zurückhaltend im Kontakt mit der breiten Öffentlichkeit und agiert, mit Ausnahme
weniger Interviews, eher im Stillen. Vorstellbar ist, dass sich Mondelez Zeit lassen
möchte um Reaktionen der Verbraucher und Medien im Laufe der Etablierung der
Dachmarke zu analysieren, statt das Unternehmen direkt in den Fokus der Aufmerk-
samkeit zu rücken. Rückschläge gab es bereits zu Anfang der kurzen Unternehmens-
geschichte in Form von negativer Berichterstattung in Bezug auf die Abspaltung des
Unternehmens von Kraft Foods, den gewählten Unternehmensnamen sowie die Visua-
lisierung des Logos.137 Kritisiert wurden dabei in erster Linie die Formgebung des Lo-
gos, die mehr an eine Produkt- als eine Dachmarke erinnere und der phantasievolle
Name, der allerdings keine Assoziationen beim Verbraucher hervorrufen würde. Diese
Kritik erfolgte jedoch nur in Fachzeitschriften und erreichte daher die breite Öffentlich-
keit nicht in vollem Umfang. Dennoch wird der Ottonormalverbraucher durchaus mit der
Visualisierung und Namensgebung konfrontiert, wenn er die Rückseite der Produktver-
packung betrachtet und kann sich eine ähnliche Meinung wie die Fachpresse bilden.
Nachvollziehbar ist die Strategie von Mondelez sich vorerst zurückzuhalten insofern,
dass die plötzliche Präsenz des Unternehmens durch die fehlende vorherige Kommu-
nikation bezüglich der Abspaltung von Kraft Foods für Verwirrung beim Verbraucher
sorgen würde. Fakt ist auch, dass Mondelez sehr starke und bewährte Produktmarken
im Portfolio hat, die unabhängig von einer Dachmarke gekauft werden. Ein abruptes
Erscheinen der Dachmarke ist daher ein Risiko, da diese weder über Reputation noch
über Vertrauen beim Verbraucher verfügt. Dies kann sich, gerade in der Lebensmittel-
branche, schnell negativ auf die Produktmarken auswirken. Gegenüber dem PR-
137 Vgl. PR-Magazin, 10/2013: 45-46
Analyse der Dachmarkenstrategien der Unternehmen 45
Magazin sagte Barbara Blohberger, Director Corporate Affairs von Mondelez, darüber
hinaus, dass die Markenarchitektur langfristig ausgerichtet sei. Schritt für Schritt solle
die Absendermarke Kraft auf den Produktmarkenverpackungen durch Mondelez er-
setzt werden und eine gezielte, zielgruppenorientierte Kommunikation mit den Stake-
holdern erfolgen. Dann, so ist Blohberger überzeugt, wird sich die Marke Mondelez
nach und nach etablieren.138
138 Vgl. PR-Magazin, 10/2013: 46-48
Fazit 46
5 Fazit
In der Entscheidung um die Durchsetzung einer Dachmarkenkampagne sind, wie im
Verlauf der vorliegenden Bachelorarbeit analysiert, zahlreiche Faktoren zu beachten
und deren Auswirkungen abzuwägen, denn nicht für jedes Unternehmen ist eine sol-
che Kampagne tatsächlich sinnvoll. Wie bereits erläutert, bedarf es zur Steigerung von
Vertrauen und Reputation im Allgemeinen einer starken Dachmarke, die die Bedürfnis-
se der Stakeholder erfüllt. Dabei ist außerdem die wachsende Macht der Stakeholder
zu beachten. Zunehmender Wettbewerb und die wachsende Beobachtung der allge-
meinen und medialen Öffentlichkeit erhöhen den Druck auf Branchen mit kritischen
oder sensiblen Industriezweigen wie z.B. die Nahrungsmittelhersteller.139 Vor allem
diese Branchen müssen immer mehr für Fakten sorgen und Transparenz schaffen, um
das Vertrauen der Stakeholder gewinnen und so Absatz generieren zu können. Er-
kennt der Konsument die Dachmarke und deren Aktivitäten hinter den Einzelprodukten
als positiv an, ist es wesentlich leichter sein Vertrauen zu erhalten. Zielt das Unter-
nehmen auf eine Steigerung der Bekanntheit des Konzerns ab, kann tatsächlich nur
eine Dachmarkenkampagne und keine Einzelmarkenstrategie das Erreichen dieses
Ziels leisten. Ob eine Dachmarkenstrategie sinnvoll ist entscheidet aber maßgeblich
einerseits die jeweilige Intention des Unternehmens und andererseits dessen individu-
elle Positionierungsstrategie. Darüber hinaus ist auch die Frage, ob ein Produkt zum
Image und zum restlichen Produktportfolio der Dachmarke passt in der Entscheidung
für oder gegen eine Dachmarkenkampagne essentiell.
Gerade in Bezug auf eine Steigerung des Konsumentenvertrauens muss zwischen den
zu analysierenden Unternehmen unterschieden werden. Für eine Dachmarke wie
Mondelez, die durch ihre fehlende Präsenz keinerlei Projektionsfläche für Vorstellun-
gen oder Assoziationen des Konsumenten in Bezug auf die Marke bietet, ist es tat-
sächlich empfehlenswert, sich mit einer Dachmarkenkampagne vorerst zurück zu
halten. Synergien bestehen keine - ganz im Gegenteil wäre es für die Einzelmarken ein
Risiko mit einer unaufgeladenen Dachmarke wie Mondelez behaftet zu werden, da ein
plötzliches Eintreten von Mondelez für die Einzelmarken für Verwirrung beim Verbrau-
cher und Mutmaßungen über Qualitätsminderung oder Änderung der Produkte sorgen
würde. Dies kann den starken und bewährten Einzelmarken nachhaltig eine Minderung
des Vertrauens einbringen. Dennoch gilt es für Mondelez die Entscheidung für eine
reine Einzelmarkenstrategie mit heimlicher Spaltung der Dachmarke nicht konsequent
beizubehalten. Wie bereits erwähnt ist die Wahrscheinlichkeit, dass Konsumenten die
139 Vgl. Süss, 2011: 9
Fazit 47
Beziehung zwischen Einzel- und Dachmarken erkennen relativ hoch. Dies gilt vor allem
wenn die Einzelmarke, wie im Fall von Mondelez, mit dem Logo der Dachmarke verse-
hen wird. Dadurch kann sich der Verbraucher hintergangen fühlen und die Marke im-
mens an Vertrauen und Reputation verlieren. Daher empfiehlt es sich, dem
Verbraucher die Dachmarke Mondelez näher zu bringen und Transparenz über die
gleichbleibende Rezeptur und Qualität der Produkte zu schaffen. Um auf die bereits
beleuchtete Vorgehensweise in Bezug auf die Planung einer Dachmarkenkampagne,
ausgehend von Makro-, Meso-, und Mikroebene, zurückzukommen, wäre es für Mon-
delez derzeit schwierig die Mikroebene zu überwinden die die Unternehmensentwick-
lung mit Potentialen und Zielgruppen beleuchtet. Die Zielgruppe lässt sich, wie bereits
erfolgt, definieren, allerdings muss Mondelez die Barriere der Entwicklung hin zu einer
stabilen, bekannten und transparenten Dachmarke erst überwinden, um dem Wettbe-
werb mit den starken Dachmarken der Konkurrenz standhalten zu können. Aufbauend
auf diesem Schritt kann Mondelez erneut die Entscheidung für oder gegen eine Dach-
markenkampagne treffen. Aufgrund der Tatsache, dass Mondelez als Dachmarke den
bekannten und renommierten Einzelmarken im Produktportfolio deutlich unterlegen ist
und die Etablierung als starke Dachmarke, selbst bei empfohlener Steigerung der Prä-
senz, noch Jahre bedarf, macht es jedoch Sinn die Einzelmarkenstrategie vorerst bei-
zubehalten. Einen Beweis, wie gut Mondelez die Führung der Einzelmarken
beherrscht, lieferte das Unternehmen kürzlich mit der Produktpromotion mein letztes
Stückchen für Milka. In einer aufwendigen Veränderung des Produktionsprozesses
wurde dabei ein Stückchen Schokolade aus der Tafel entfernt. Das Gewicht der Tafel
musste jedoch trotz fehlendem Stückchen bei 100 Gramm liegen, was die Herausfor-
derung der Aktion darstellte. Dieses letzte Stückchen konnte mithilfe eines Promoti-
onscodes postalisch an eine geliebte Person versendet werden. Für diese, von der
französischen Agentur Buzzman entwickelte Kampagne erhielt Mondelez viel Lob
durch die Fachpresse.140
Auch die kürzlich gestartete Dachmarkenkampagne von Nestlé ist nicht frei von Reak-
tionen geblieben und bereits zu Anfang auf Kritik gestoßen. Zu präsent waren die Erin-
nerungen der Konsumenten über Lebensmittelskandale aus dem Hause Nestlé. Nestlé
ist das Risiko einer Dachmarkenkampagne trotz offensichtlichem Image als sozial un-
verantwortliches Unternehmen eingegangen. Dennoch ist es wichtig, dass sich Nestlé
von dieser Kritik nicht beirren lässt, denn nur so lassen sich die negativen Assoziatio-
nen, die die Verbraucher mit dem Unternehmen haben, revidieren. Dies wird einige
Zeit in Anspruch nehmen und ein koordiniertes Krisenmanagement von Nestlé fordern,
140 Vgl. http://www.horizont.net
Fazit 48
das individuell auf die Kritik der Verbraucher reagiert und aufklärend Einfluss nimmt. In
Anfängen ist dies bereits auf der Facebook-Präsenz des Unternehmens geschehen.
Allerdings werden hier noch weit nicht alle Beiträge offen, transparent und schnell be-
antwortet, so wie es ein funktionierendes Krisenmanagement fordert. Dennoch sollte
Nestlé an seiner Kampagne festhalten und Geduld beweisen. Ein Rückzug der laufen-
den Kampagne wäre die falsche Reaktion. Lediglich der Ansatz, einen Hersteller von
Tütenlebensmitteln als Verfechter gesunder Ernährung zu positionieren, so geschehen
im Fall Maggi, gilt es zu überdenken. Durch den analysierten Trend zu mehr Nachhal-
tigkeit und Regionalität läuft Nestlé ansonsten Gefahr das Ansehen beim Konsumenten
und so sein Vertrauen zu verlieren. Der Ansatz von Nestlé für mehr Transparenz zu
sorgen, den Diskurs mit dem Verbraucher zu suchen und für Fehler der Vergangenheit
einzustehen, ist ein langwieriger Prozess, der dem Unternehmen aber auf lange Sicht
dienlich sein wird, sich als transparenter FMCG-Konzern zu positionieren und erfolg-
reich für eine Steigerung des Konsumentenvertrauens zu sorgen.
Die positivsten Reaktionen in Bezug auf die Dachmarkenstrategie erhielt Proc-
ter&Gamble. Das Unternehmen konnte nicht nur den Umsatz steigern, was, wie bereits
analysiert, mit dem Markenimage des Unternehmens beim Verbraucher und dem dar-
aus resultierenden Markenwert zusammen hängt, sondern auch eine Positionierung als
sympathisches Unternehmen erzielen. Unter Berücksichtigung der im Verlauf der Ba-
chelorarbeit analysierten Vorteile einer Kampagne mit Dachmarkenausrichtung, gelingt
es P&G eine durchweg positive Dachmarkenkampagne zu generieren. Dies hängt in
erster Linie mit den erfolgreich vermittelten Werten wie Qualität und Tradition zusam-
men, die beim Verbraucher durch Trends wie Regrounding oder die LOHAS an Wert
und Wichtigkeit gewonnen haben. Langfristig ist allerdings fraglich, ob einer starken
Einzelmarke wie Pampers oder Gillette damit geholfen ist, dass sich P&G als Dach-
marke hinter diesen Marken präsentiert, da sie unabhängig von der Dachmarke bereits
stark positioniert waren. Wie bereits erwähnt übt die Dachmarke kaum bzw. keinen
Einfluss aus, wenn die Produktmarke dem Konsumenten bereits sehr gut vertraut ist.
Darüber hinaus können die Grenzen zwischen einer bekannten und geschätzten Ein-
zelmarke hin zu einer Marke im Umfeld von vielen Marken aus einem Unternehmen
fließend sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Dachmarkenkampagne für Konzerne
aus dem FMCG-Bereich in Bezug auf die Steigerung von Kundenvertrauen generell
durchaus Sinn macht, da sich die Unternehmen durch die Kampagne transparent prä-
sentieren und Unternehmensansprüche wie z.B. Qualität oder Forschung adäquat po-
sitionieren können, die dann auf die jeweiligen Einzelmarken ausstrahlen. Auch die
Steigerung der Bekanntheit des Konzerns kommt ausschließlich durch eine Dach-
markenkampagne zustande. Wie aus der vorliegenden Arbeit ersichtlich, ist es jedoch
essentiell, die Entscheidung für oder gegen eine Dachmarkenkampagne individuell
Fazit 49
abzuwägen und auf die jeweilige Positionierung sowie Unternehmenswerte des Kon-
zerns abzustimmen.
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r_gamble [08.06.2014]
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[20.06.2014]
Anlagen XV
Anlagen
Kurzinterview mit Khahn Huynh-Kürzinger (Brand Managerin Global Always Feminine Care P&G):
1st Q: What are the main reasons that led P&G to launch a family brand campaign (e.g. “thank you Mama”)? Drive P&G scale across brands w/ a similar target group (mums).
2nd Q: Did the campaign in 2012 cause a rise of the consumers brand awareness? Yes – but even more so for P&G as a company.
3rd Q: What difficulties does P&G have to solve concerning the commercialization of all different Brands in one campaign? Going to a common denominator risks diluting the brand message. How effectively can we reach the target w/ a multi-brand message.
4th Q: From the company’s (P&G) point of view: Is such a family brand campaign a success in all areas? No. Results are always mixed – it depends on what the success criteria is.
Eigenständigkeitserklärung XVI
Eigenständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und nur unter Ver-
wendung der angegebenen Literatur und Hilfsmittel angefertigt habe. Stellen, die wört-
lich oder sinngemäß aus Quellen entnommen wurden, sind als solche kenntlich
gemacht. Diese Arbeit wurde in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prü-
fungsbehörde vorgelegt.
Bonn, 24.06.2014
Ort, Datum Vorname Nachname