Bachelor Arbeit_what's your reality?

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WHAT’S YOUR REALITY?

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Bachelor Arbeit inkl. Vertiefungsarbeit "Das Virtuelle im Realen" Universität Innsbruck Institut für experimentelle Architektur_Studio3 Prof. Volker Giencke

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WHAT’S YOUR REALITY?

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Bachelor Arbeit“Welttheater: Angst_Obsession_Beauty”

Christian Hämmerle0618500

WS 09 / SS 10

Institut für Experimentelle Architektur: Prof. GienckeBetreuer: Verena Rauch, Walter Prenner

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Gedanken zum Entwurf 6Bauplatz 9

Pläne 17Schaubilder 38

die Bühnenmaschine 47meine Bühnenbilder Nyx, Tartaros und Gaia 55

Café-Bar 58Modell 63

Ausstellung 67das Virtuelle im Realen 75

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“Die Architektur hat sich seit dem letzten Jahrhundert als unfähig erwiesen, die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und mathematischen Modelle vieldimensionaler Räume in ihre Bauten zu integrieren. Ich sehe jetzt eine Chance, eine neue Architektur im Cyberspace und zwischen realem und virtuellen Raum zu verwirklichen. “transArchitektur” ist sein Name für eine Architektur im Zeitalter des Cyberspace.”“Die Architektur ist bereits in den Cyberspace abgewandert. Jetzt beginnt der Cyberspace, den realen Raum und die materielle Architektur zu erobern. Information und Interaktivität werden allgegenwärtig und der materielle Raum wird intelligent sein. Computerbildschirme, unsere gegenwärtigen Türen zum Cyberspace, werden wachsen, um alle Oberflächen und Volumen der Räume einzuschließen, in denen wir leben.” (Marcos Novak)Diese Verbindung zwischen Virtualität und gebauter Architektur fasziniert mich. Bei dieser Vorstellung von Architektur gibt es keine Grenzen mehr. Zeit, Orte und Räume sind in Bruchteilen von Sekunden veränderbar und adaptierbar. Man befindet sich zwischen hier und dort, zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, springt in Raum und Zeit.Ich habe diese Vorstellungen in meinem Kopf gezeichnet und habe einen Versuch gestartet, diese umzusetzen und ins Leben zu rufen. Eine entscheidende Rolle kommt in meinem Entwurf folglich den neuen Medien und im speziellen dem WorldWideWeb zu. So werden die Theater-stücke in einer Gemeinschaft im Netz erarbeitet, ähnlich einer „open source“ Bewegung, kann weltweit jeder an dem Stück arbeiten und eingriffe vornehmen. Ich gebe drei Bilder vor, meine Bühnenbilder, zu denen anschließend Stücke geschrieben und Installationen erarbeitet werden. Die so produzierten Stücke werden dann aus verschiedenen Quellen von einem Visual Artist in Echtzeit gemischt und in den Theaterraum projiziert.Der Theaterraum besteht aus einer gelartigen räumlichen Struktur aus einem speziellen Ferrofluid, die von einer Stahlrohrkonstruktion gehalten wird. Die Struktur kann mit Hilfe von Magnetismus unzählige Formen annehmen (bei gleichbleibendem Volumen). So kann der Raum mit dem Stück interagieren und in Echtzeit unterschiedliche Räume formen. Der Passant am Platz unter dem Theater bekommt mit Hologrammduschen eine dreidimensionale Projektion vom Theaterraum gezeigt und bekommt so eine Vorschau vom gezeigten Stück. Das Café stellt die Schnittstel-le zwischen Realität und augmentierter Realität dar. Im Café wird der Besucher über architektonisch erweiterte Räume vorbereitet. Durchbrüche, Spiegelflächen und Transparenzen verbinden einzelne Räume miteinander.

Gedanke zum Entwurf

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Gedanken zum Entwurf 6Bauplatz 9

Pläne 17Schaubilder 38

die Bühnenmaschine 47meine Bühnenbilder Nyx, Tartaros und Gaia 55

Café-Bar 58Modell 63

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Mein Welttheater platziert sich in Mitten von Innsbruck. Im Schnittpunkt von Bahn, Auto, Flugzeug und Fußgänger errichte ich einen Platz, schräg gegenüber vom Einkaufszentrum Sillpark. Hier in unmittelbarer Nähe zu Kultur und Subkultur sollen sich interessierte und interessante Menschen treffen. Der Ort wird zum Hub in die Welt der Digitalität. Das Gebäude am Platz ist als Singularität in der Stadt geplant. Die vielen Sichtverbindungen rücken das Wesen vorbei an den klassischen Sehenswürdigkeiten Innsbrucks in den Fokus der Stadt. Die Museumsstraße hat einen neuen Anfang.

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Bauplatz: Museumsstraße 37 Sillparkaltes Postareal

Hauptbahnhof

Bauplatz

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.15Bauplatz

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Gedanken zum Entwurf 6Bauplatz 9

Pläne 17Schaubilder 38

die Bühnenmaschine 47meine Bühnenbilder Nyx, Tartaros und Gaia 55

Café-Bar 58Modell 63

Ausstellung 67das Virtuelle im Realen 75

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der Café-Bar Abschnittist der analoge konterpart zum theaterraum. transluzente fiberglas wände und durchbrüche erweitern die räume.

der visual artist Raumist zugleich arbeitsstätte für den visual artist und die kommunkationszentrale mit usern im world wide web

das Gate

die Ferrofluid Bühnenmaschineist mit hilfe von magnetismus in der Lage sich im raum zu verändern

der Theaterraum

die Hologrammduschenprojizieren die theater-installtion auf den platz

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.19Längsschnitt

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der Café-Bar Abschnittist der analoge konterpart zum theaterraum. transluzente fiberglas wände und durchbrüche erweitern die räume.

Sichtfenster auf den Platz

der Eingang

die Hologrammduschen

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.21Grundriss

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der visual artist Raumist zugleich arbeitsstätte für den visual artist und die kommunkationszentrale mit usern im world wide web

das Gate

die Ferrofluid Bühnenmaschineist mit hilfe von magnetismus in der Lage sich im raum zu verändern

die Hautmehrschichtiger aufbau: räumlich gekrümmter wandaufbau, hinterlüftete fassade mit installationsebene innen und außen, dazwischen wabenförmige dämmplatten

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.23Grundriss

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.25Lageschnitt

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.27VJ Kapsel

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Pläne 17Schaubilder 38

die Bühnenmaschine 47meine Bühnenbilder Nyx, Tartaros und Gaia 55

Café-Bar 58Modell 63

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Die Ferrofluid Bühnenmaschine

Die Ferrofluid Bühnenmaschine ist das zentrale Bauteil des Theaterraums. Sie ist ein Transceiver, also gleichzeitig Transmitter und Receiver im System und kann folglich Bewegungsabläufe empfangen und im Raum umsetzen, oder Bewegung aufnehmen, in Datenströme umsetzen und in die ganze Welt über das WorldWideWeb transferieren.Die Bühnenmaschine kann sich mit Hilfe von gezielt eingesetztem Magnetismus räumlich verändern. Der Raum ist in diesem Sinne an keine klassischen Konditionen mehr gebunden, das Ganze entspricht mehr einem Fluiddynamischen System als einem konventionellen dynamischen oder gar statischen System. Eine Stahlrohr-Rahmen Konstruktion hält die Bühnenmaschine im Raum und versorgt sie mit Energie.Der Theaterraum und die Maschine werden mit sog. Augmented Reality, also erweiterter Realität, bespielt. 4D Projektionen und holografische Darstellungen werden zur Abbildung der Inhalte genutzt.

Ein Ferrofluid bezeichnet eine Flüssigkeit, die auf ein magne-tisches Feld reagiert. Ferrofluide Stoffe bestehen aus wenigen Nanometer großen magnetischen Partikeln, die in einer Trä-gerflüssigkeit kolloidal suspendiert sind. Die festen Teilchen werden in der Regel mit einer polymeren Oberflächenbe-schichtung stabilisiert. Es ist wichtig, festzuhalten, dass echte Ferrofluide stabile Dispersionen sind, was bedeutet, dass sich die festen Teilchen nicht mit der Zeit absetzen und selbst in extrem starken Magnetfeldern nicht aneinander anlagern und sich von der Flüssigkeit als andere Phase abscheiden.

Unter Erweiterter Realität (von engl. Augmented Reality) versteht man die computergestützte Er-weiterung der Realitätswahrneh-mung. Diese Information kann alle menschlichen Sinnesmoda-litäten ansprechen, häufig wird jedoch unter erweiterter Realität nur die visuelle Darstellung von Informationen verstanden. Es ist die Ergänzung von Bildern oder Videos mit computergenerierten Zusatzinformationen oder virtu-ellen Objekten mittels Einblen-dung/Überlagerung.

die Ferrofluid Bühnenmaschine

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.41die Ferrofluid Bühnenmaschine

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links und rechts:fotografische Darstellung der Bühnenmaschine

.43Bühnenmaschine

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Pläne 17Schaubilder 38

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Meine drei Bühnenbilder

Ich gebe der Internet Community drei Bühnenbilder vor. Diese dienen als Grundlage für verschiedenste Theaterinstallationen. Sie können in den Stücken wieder auftauchen, und sind das zentrale Bindeglied zwischen den eigenständig entwickelten Konstrukten der Community. Mit Hilfe von diesen drei Bühnenbildern können Schnittstellen erarbeitet werden, an denen der Visual Artist Stücke miteinander mischt, andockt oder enden lässt. Mit Hilfe speziell entwickelter Software können Stücke an Hand der Bühnenbilder in Kapitel gegliedert werden und ein zeitlicher Ablauf kann festgelegt werden. Die Bilder werden so ähnlich einer In-haltsangabe eines Buches zum Pfad durch eine Installation.

Meine Bühnenbilder selbst bestehen aus vielen verschiedenen Eindrücken, Orten und Stimmungen, die ich mit Mehrfachbelichtungen fotografisch festgehalten und überlagert habe. Ich habe versucht Momente einzufangen und anschließend durch die Überlagerung Verstrickungen dieser Momente untereinander abzu-bilden, als Ganzes betrachtet können sich so neue Geschichten formen.

Ich nenne sie Nyx, Tartaros und Gaia.

Bühnenbilder

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Café Bar

Der Café Bar Bereich erstreckt sich über mehrere Etagen und Niveaus vom Eingang bis zum Gate. Die Strukturen der Umgebung zeichnen sich an den mehr-schichtigen GFK Wänden ab und schaffen eine einmalige Verbindung von Innen und Außen. Transparentere und weniger transparente Abschnitte fügen sich so zu einem Gesamten und beseitigen die Vorstellung von mehreren einzelnen Räumen. Das Raumkontinuum lässt sich jedoch in Abschnitte gliedern: so gibt es Außenbereiche, offene Bereiche und abgeschlossene Bereiche. Zahlreiche Durchbrüche und zwei überdimensionierte Parabolspiegel verbinden die einzelnen Ab-schnitte miteinander. Die Tragkonstruktion des Gebäudes bricht an einigen stellen durch das Café hindurch. Der Besucher soll Orte vorfinden, die zum verweilen mit Freunden einladen, private Abschnitte, und dennoch findet er sich in einer verbundenen Gemeinschaft wieder.

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.49Café Bar

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.51Café Bar

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.55Modellfotos

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die Bühnenmaschine 47meine Bühnenbilder Nyx, Tartaros und Gaia 55

Café-Bar 58Modell 63

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oben:Videoinstallation “adaptable space” zeigt die veränderbare Ferrofluid Büh-nenmaschine

rechts: Ausschnitt der Ausstellung mit 3d Plot der Ferrofluid Bühnenmaschine

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.59Ausstellung

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.61Ausstellung

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.63Ausstellung

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Gedanken zum Entwurf 6Bauplatz 9

Pläne 17Schaubilder 38

die Bühnenmaschine 47meine Bühnenbilder Nyx, Tartaros und Gaia 55

Café-Bar 58Modell 63

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Das Virtuelle im Realen

Der virtuelle Raum als Entgrenzung des physischen Raumes der Architektur

Virtualität kann als einer der interessantesten Teile der Realität verstanden werden, auch wenn das Virtuelle meist als Gegenstück zum Realen ver-standen wird. Meist wird Virtualität mit dem Computer und der “Virtual Reality”, wobei Realität und Illusion hier besonders hart aufeinander treffen, hier zeigt sich auch was Virtualität auch in der Architektur meint: “das Potenzielle nämlich, das der Architektur innewohnt, ohne aber aktuell oder gegenständlich vorhanden zu sein.” In der Tat bezeichnet der Begriff „Virtualität“ etwas, das zwar real ist, aber nicht aktuell. Gilles Deleuze schreibt dazu: „Das Virtuelle besitzt volle Realität, als Virtuelles“. Das kann so verstanden werden, dass “das Virtuelle als ein dem Realobjekt zugehöriger Teil verstanden werden und es ‘ist so beschaffen, dass Aktualisierung für es Differenzierung bedeutet.’” Weiters stellt Deleuze in Differenz und Wieder-holung dem „Virtuellen“ nicht das „Reale“, sondern das „Aktuelle“ gegenüber. “Der Prozess der Aktualisierung des Virtuellen vollzieht sich stets über die Differenzierung und Transformation von Formen in einem Medium. Die Medien Kunst, Theater, Film und Architektur bieten der Wahrnehmung vielfältige Möglichkeiten, in einem kontinuierlichen Prozess der Differenzierung Virtualität zu aktualisieren.”Der französische Philosoph bezeichnet Virtualität als „offene Zone“, die „in allen Lebensformen mehr oder weniger angetroffen wird und innerhalb derer Neuentwicklungen möglich werden können“. So kann gesagt werden, dass Virtualität und Aktualität als die zwei Seiten der Realität ein kreatives Moment bilden, das Neues ermöglicht. Am Beispiel des architektonischen Raumes kann man beobachten, wie dem Rezipienten in einem Prozess der Aktualisierung des Virtuellen, aus der Wechselwirkung von wahrgenommener, dargestellter und gebauter Wirklichkeit der Raum erschließt. Folglich liegt die Vermutung nahe, dass durch die neue Bedeutung virtueller Welten, die Wirklichkeit in einem größeren Maße gestaltbar ist. Virtuelle Räume in architektonischen Räumen findet man in allen Epochen, der „Empfänger“, also der Benützer oder Besucher von Architektur, kann diese Virtualität aktualisieren. Virtualität wird in diesem Zusammenhang als Grad der Simulation von Welten verstanden, diese Simulation wendet sich an die Vorstellung des Rezipienten, um Bilder aus seinem Bewusstsein wach zu rufen. Dies ermöglicht dem Rezipienten in andere Welten einzutauchen und diese als Realität wahrzunehmen, somit können Utopien oder Idealvorstellungen zu räumlichen Visionen und Wirklichkeiten werden.

Der Prozess der Wahrnehmung von dargestellter und gebauter Wirklichkeit besteht zum einen aus der aktuellen Sinneswahrnehmung, zum ande-ren aus Denken, Erinnerung, Vorstellung und Imagination als Bewusstseinsleistung. Henri Bergson nennt „die Existenz des Vergangenen als virtuell, wenn es in der Erinnerung noch nicht aktiv ist und ohne Einfluss auf die Wahrnehmung und das Handeln, aber das Potenzial dafür bereithält.“ Er schreibt: „Unsere Vergangenheit (…) ist das, was nicht mehr wirkt, aber wirken könnte.“ Folglich kann Virtualität als das verstanden werden, was im höchsten Maße besteht, jedoch nicht aktuell und aktiv. Raumvorstellungen entstehen aus im Gedächtnis abgespeicherten und im Bewusstsein verarbeiteten Sinneseindrücken, gleichzeitig werden sie mehr und mehr durch die Wahrnehmung virtueller Räume multimedialer Informations-netze geprägt, welche wesentliche Technologien der Imagination sind und die Kommunikationsströme der Gegenwart dominieren. Mit ihnen wächst die Wahrnehmung der Komplexität der Wirklichkeit, da eine Vielzahl von Wirklichkeitsalternativen zur Verfügung stehen.Die Virtualität dargestellter oder gebauter Wirklichkeit kann mit Hilfe von Techniken der Imagination, wie der Illusion und Simulation, wahrgenom-men werden. Der architektonische Raum wird dabei selbst zur simulierten Wirklichkeit. Das Eintauchen in einen solchen virtuellen Raum wird als Immersion bezeichnet, sie entsteht „durch die Anregung der Imagination des Rezipienten durch Reize auf seine Sinneskanäle und seine mentale Einbeziehung mit dem Ziel der Präsenz innerhalb der Virtualität“. Die Grenzen des physischen Raumes werden durch den wahrgenommenen virtuellen Raum aufgehoben. Virtuelle Räume einer gotischen Kathedrale stehen in keiner Weise der in der „Virtual Reality“ der Simulation des Computers nach. Unterschiedlich sind in diesem Beispiel nicht die Immersionserfahrung, sondern die Differenz ihrer Virtualität sowie die Stellung des Betrachters innerhalb der simulierten Wirklichkeit.

Medien der Darstellung von Virtualität architektonischer Räume kann mit Hilfe von Zeichnung, Computersimulation oder Modell formalisiert, verkörpert und dadurch aktualisiert werden, wobei jede Darstellungsweise jeweils andere Aspekte der Virtualität von Architektur aktualisiert. „Der Prozess der architektonischen Darstellung ist kontinuierlich, von den ersten konzeptionellen Skizzen über die gebauten Strukturen bis zu den kriti-schen Texten und der Verbreitung in Hochglanzmagazinen, sie alle sind Aktualisierungen eines Projekts, Momente in denen das Projekt immer aufs Neue wiederbelebt wird.“ Die gebaute Architektur ist deshalb auch nur eine aktualisierte Form, wenn auch die komplexeste aller Darstellungen.Dem voraus geht der Entwurf, bei dem der Architekt in einem schöpferischen Produktionsprozess das Virtuelle aktualisiert, dieser dynamische Erfindungsprozess entspringt dem virtuellen Raum, der „offenen Zone“ nach Henri Bergson. Die am meisten angewendete und verbreitete Darstel-lungsmethode seit der Renaissance ist die Zentralperspektive. Mit Hilfe von einem virtuellen Standpunkt aus ist es möglich die wahrgenommene Wirklichkeit mit Hilfe von Illusion hervorzurufen. Die Architekturdarstellung bekommt so eine unabhängige Facette zur gebauten Wirklichkeit, gerade viele Idealentwürfe vom Altertum bis zur Moderne vermitteln mittels ihrer Darstellung gesellschaftliche und architektonische Ideen und Utopien.Als wichtigstes Beispiel ist hier das Newton-Leergrab von Étienne Louis Boulée von 1784 zu nennen, der die Welt der Aufklärung im Medium

von links nach rechts:Newton-Leergrab von Étienne Louis Boulée (1784)

Lichtmodulator von László Moholy-Nagy (1930)

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des Raumes der Architektur simuliert. „Der Innenraum des Newton-Leergrabes von E. L. Boulée in Form einer Kugel folgt dem astronomischen Modell der naturwissenschaftlichen Erkenntnis seiner Zeit. Die Wahrnehmung der Virtualität des Unendlichen wird durch die Differenzierung des zeichenhaften Verweises von Licht und Dunkelheit im Innenraum ermöglicht. Mit der zentralen Stellung des Betrachters in dem umschließenden Dunkelraum und den eindringenden Lichtstrahlen eröffnet sich ihm die Illusion der körperlichen Präsenz in einer virtuellen Welt des Kosmos“. Erstmals in der Geschichte wird der gewohnte Blickpunkt der Perspektive aufgegeben, u.A. wegen der ersten Ballonflüge, die in diesen Jahren zum ersten Mal durchgeführt wurden, und die Welt wurde von weit oben betrachtet, der Mensch erfährt im schwebenden Ballon die Unfassbarkeit und Schwerelosigkeit des unendlichen Raumes. Einhergehend mit diesen Veränderungen der „entfesselten Perspektive“ entstehen neue Formen der Darstellung der gebauten Architektur. Mit Hilfe neu entwickelter Techniken, wie die Momentaufnahme des Fotos, Monatgen im Film, Überlagerungen, Diagrammen, Stroboskopbildern, Explosionszeichnungen, Schnittzeichnungen bis hin zum Lichtmodulator von L. Moholy-Nagy, werden Darstellungen virtueller Bewegungsabläu-fe in Raum und Zeit ermöglicht, welche wiederum den Entwurf architektonischer Räume beeinflusst.Im Zeitalter des Computers kommt dann die Möglichkeit der digitalen Manipulation, Konstruktion und Simulation von Wirklichkeitsmodellen dazu, kurz die „Virtualitätstechnologie“. Stoffliche Modelle der Wirklichkeit können von nun an mit Hilfe des Computers in Punktemengen aufge-löst und als Modell der Wirklichkeit dargestellt werden. Architektonische Entwürfe können bereits vor ihrer Erbauung realitätsnah untersucht und ihre Konsequenzen bekannt gemacht werden. Der Computer ermöglicht es auf Grund von stetig steigender Rechenleistung, immer aufwendigere Berechnungen und Simulationen mit variablen Parametern durchzuführen. So können Energie- und Kraftverläufe simuliert und interaktiv erlebbar gemacht werden. Folglich sind Größe, Lage und Skalierung freie, beliebige Parameter geworden, die bereits vor Baubeginn untersucht werden können. Physische Distanzen, die im architektonischen Raum als Erlebnis- und Erfahrungsbarrieren wirken, sind durch die digitale Vernetzung einer vielfältigen Gleichzeitigkeit und Nähe gewichen. So schafft eine Virtual Reality Simulation eine räumliche Umgebung in die man eintauchen (Immersion) und mit der man interagieren kann.

links:Nude Descending a Staircase Serienfotografie von Eadweard Muybridge (1887)

„Verknäult wie ein Moebius-Band, koexistieren unendlich viele virtuelle Räume innerhalb jedes materiellen, physischen Raums, lagern sich unend-lich viele Welten über diese eine Welt.“ Marcos Novak wirft mit diesem Zitat die Frage auf, ob die dargestellte Wirklichkeit die Gebaute ersetzen kann. Gerade bei der Betrachtung von Räumen der Antike bis hin zur Gegenwart fällt auf, dass mit Hilfe von Überlagerung mit Bildräumen, Räume mit vielen virtuellen Facetten versehen wurden, physische Räume werden durch virtuelle Räume ergänzt und erweitert. Eines der bekanntesten Bei-spiele hierfür sind das Deckengemälde von Andrea Pozzo in der Kirche San Ignazio: eine räumliche Einheit wird wahrgenommen, obwohl sie sich aus gebauter Wirklichkeit und perspektivischer Wirkung zusammensetzt. Bei Panoramabauten des 18. Jahrhunderts hingegen wird gezielt auf einen bestimmten Standpunkt des Betrachters verzichtet, die Immersion wird hier zum einen durch den komplett zur Umgebung abgeschlossenen Raum erreich, zum anderen durch die Rahmenlosigkeit des Bildes mit der totalen 360° Sicht.Im 19. Jahrhundert wird die Trennung von Innenraum und Außenraum aufgehoben, ein räumliches Kontinuum tritt an deren Stelle. Folglich er-streckt sich der virtuelle Raum auch über das räumliche Kontinuum und ist nun sowohl Innen als auch Außen erfahrbar, wichtig dabei ist nun die Bewegung des Rezipienten im Raum. Dieses Raumkonzept greift Mies van der Rohe in vielen seiner Bauten auf, das Konzept findet seinen Höhepunkt im Barcelona Pavillon von 1929. Das Gebäude soll nur durch mehrfaches Bewegen und mit mehreren Positionswechseln erfahren werden können. Die „Offenheit des fließenden Raumes wird durch freigestellte Stützen und die Öffnung und Verschränkung der Raumgrenzen hergestellt. Man hat noch die räumliche Situation des Punktes X im Kopf, bewegt sich zu Punkt Y und vermeint, in einem anderen Raum zu sein, doch es ist derselbe.“Gleichermaßen zeigt die Therme Vals von Peter Zumthor ein Spiel mit virtuellen Räumen. Die Räume sollen an ausgewaschene Höhlenräume erinnern, sie simulieren eine authentische Wirklichkeit von Stein und Wasser, welche ein Bild von Höhle und Quelle beim Besucher hervorruft. Das räumliche Konzept geht aus der Metapher „eines von innen ausgehöhlten Steinblocks“ hervor. Das offene Raumkonzept gibt dem Benutzer keine Abfolge vor, schafft gleichzeitig aber gezielte Durchblicke und Richtungen. In der Therme sind eine Vielzahl virtueller Räume erlebbar, sie ist ein „mediales Ambiente von Material, Raum, Licht, Temperatur, Klang und Farbe“. Aktuell erfahren wir zudem durch den direkten Eingriff der digitalen, elektronischen Medien eine Steigerung der Virtualität des architektonischen

Das Virtuelle im Realen

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Raumes. Der „digitale Informationsraum als virtueller Raum entgrenzt und erweitert den physischen Raum der Architektur.“ In vielen bauten der NOX-Architekten, besonders im H2O Pavillon 1997, werden multimediale und elektronische Mittel zur Erweiterung des architektonischen Rau-mes eingesetzt. Der Pavillon soll dem Besucher das Thema „Wasserwelt“ näher bringen, die gebaute Architektur folgt nicht nur der Metapher der fließenden Geometrie, das „Flüssige bezieht sich auch auf die Funktion, das Programm und die Wahrnehmung. Die Hülle des Gebäudes reagiert auf und interagiert mit verschiedenen Einflüssen, wie beispielsweise Wasserstand, Windgeschwindigkeit, als auch auf Besucher. Der virtuelle Raum der Architektur wird hier durch virtuelle Räume des Datenraumes erweitert. Als Produkt davon, kann der Besucher in simulierte Räume eintauchen und Lichtspiele, Schmelzwasser, Gezeiten, Topografie, sowie architektonische Simulationen ohne „Wände und Decken“ immersiv er-leben. Die „Information aus den unterschiedlichen Medien werden durch die Anwesenden und deren Bewegung über Sensoren und interaktive Programme im Medium des architektonischen Raumes aktiviert.“

Es zeigt sich also, dass Virtualität im physischen Raum, genauso wie im digitalen Medium durch Simulation von Welten sichtbar wird und so die Verbindung von Virtualität mit physischen, gebauten Räumen schafft. Beide Medien zeigen so andere räumliche Realitäten, wobei die Virtualität des physischen, gebauten Raumes im an eine physische Struktur gebunden bleibt, welche der „physischen Virtualität“ ihre Komplexität verleiht.

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oben links:Innenraum H2O Pavillon and interacitve installation von NOX in Neeltje Jans, Holland (1997)

oben rechts:D-Tower von NOX in Doetinchem, Holland (2003)

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oben links und rechts:Therme Vals von Peter Zumthor (1996)

links und rechts:aegis hyposurface von dECOi (2002) bei der Venedig Biennale und Still vom Allobrain Project von Marcos Novak

unten:Außenansicht H2O Pavillon von NOX in Neeltje Jans, Holland (1997)

Das Virtuelle im Realen

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Das Virtuelle im Realen_Sabine Zierold_Thesis-Wissenschaftliche Zeitschrift der Bauhaus-Universität Wiemar (2003)http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Muybridge-1.jpg&filetimestamp=20050326094820 (Stand 30.9.2010)http://blastr.com/2009/06/a-comprehensive-timeline.php (Stand 30.9.2010)http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/761133 (Stand 30.9.2010)http://hcgilje.wordpress.com/2007/04/28/light-space-modulator-by-moholy-nagy/ (Stand 30.9.2010)http://performative.wordpress.com/2007/01/25/d-tower-doetinchem/ (Stand 30.9.2010)http://www.loop.ph/bin/view/Openloop/HyperSurfaceTheory (Stand 30.9.2010)http://spazioinwind.libero.it/freedom_mind/Mind%20Food/TransArchitetture/TransArchitetture.html (Stand 30.9.2010)http://www.caprilounge.ch/index.php?page=kultur---culture (Stand 30.9.2010)http://www.well-hotel.at/hotels/items/therme-vals.html (Stand 30.9.2010)https://blog.blinkenarea.org/index.php/2006/09/25/hyposurface/ (Stand 30.9.2010)http://2010.sonicacts.com/programme/session6-invisible-architectures/ (Stand 30.9.2010) http://www.humanproductivitylab.com/archive_blogs/2006/09/18/telepresence_defined_by_brent.php (Stand 30.9.2010)http://www.second-life-info.de/sl/grid-down-down-down/ (Stand 30.9.2010)http://www.futuretimeline.net/21stcentury/2030-2039.htm (Stand 30.9.2010)http://en.wikipedia.org/wiki/File:Ferrofluid_in_magnetic_field.jpg (Stand 30.9.2010)http://projectionsystems.wordpress.com/2009/11/13/diegesis-and-augmented-reality/ (Stand 30.9.2010)Brave New World - Aldous Huxley 1932Das fünfe Element - Luc BessonBlade Runner - Ridley ScottMatrix - Andy & Larry Wachowsky

Quellenverzeichnis