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TV WEB oder WEB TV? Recherche Felix Högner - Bachelor - WS 2012/2013

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Recherche für die Bachelor Thesis von Felix Högner: "Web TV oder TV Web

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TV WEB oder WEB TV?Recherche

Felix Högner - Bachelor - WS 2012/2013

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Felix Högner - BA 2012/2013

- Recherche -

Prof. Rochus Hartmann & Prof. Joachim KrausseHochschule Anhalt (FH)Fachbereich Design

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3Inhalt

1. Einführung

2. Mediennutzung 2.1. Fernsehen 2.2. Internet 2.3. Social Media | Social TV | Second Screen 2.4. Nutzertypen 2.5. Politische Rahmenbedingungen

3. Technische Voraussetzungen 3.1. HbbTV | IPTV

4. Fallstudien 4.1. Apps 4.2. TV-Konzepte

5. Inspriration

6. Quellen

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1316182226

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1.Einführung

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5Einführung

Es ist im Grunde genommen ein ziemlich offensichtlicher Fakt, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der Meinungs- und Informationsfreiheit einen großen Stellenwert besitzen. Es ist so offensichtlich, dass wir auch gar nicht weiter darüber nachden-ken. Warum auch. Jeder kann sagen, schreiben, auf Video aufzeichnen und auf die Straße pinseln was ihm passt und was vielleicht eher nicht und das ist auch gut so. In Artikel fünf unseres Grundgesetzes ist dies auch festgeschrieben. So gibt es ver-meintlich nichts, was diesen Zustand bedroht. Aber das ist ein Irrglaube. Es gibt immer Kräfte denen daran ge-legen ist, dass gewisse Sachverhalte im Dunkeln bleiben. Und auch in unserem Land gibt es ein komplizier-tes Gestrüpp an Geheimdiensten, die hochprofessionell dafür sorgen, dass das so ist. Aber auch in der Politik finden sich derartige Phänomene, Stichwort „Salamitaktik“ (http://bit.ly/RhGdrO). Und nicht zuletzt spielen

Medien eine wichtige Rolle. Denn sie üben eine Filterfunktion aus. Die deutsche Medienlandschaft bei-spielsweise ist, wenn man die soge-nannten Leitmedien betrachtet, eher undurchlässig. Sehr gut lässt sich das anhand der Außenpolitik beobach-ten. Um ein Beispiel zu geben: Wäh-rend einer Reise nach Mexiko habe ich einige Freunde gefunden und kann über soziale Netzwerke immer noch verfolgen, was sie beschäftigt. Im Sommer 2012 herrschte aufgrund von Wahlen ein großes politisches Engagement. Nicht nur über diese Wahlen wurde hierzulande aber kaum berichtet. Folgendes war pas-siert: Der favorisierte Kandidat in weiten Teilen der Bevölkerung schien ein gewisser Andrés Manuel López Obrador zu sein, ein linker Politiker der Partei PRD. Die Wahl gewonnen hat allerdings der eher unbeliebte aber reiche Peña Nieto mit der Partei PRI. Es liegt auch klar auf der Hand, warum das so ist. Mit Geschenkkar-

Einführung - TV Web oder Web TV?

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6 Einführung

ten hatte er sich die Stimmen von Millionen von Bürgern erkauft, in ländlichen Gegenden sogar direkt Stimmzettel für Geld oder Geschen-ke abkaufen lassen. Außerdem soll er gegen Vorschriften der Wahlkampffi-nanzierung verstoßen haben. In ei-nem Land, in dem große Teile der Menschen in sehr armen und außer-dem ungebildeten Verhältnissen le-ben kommt man mit Geld offenbar weit.Der Wahlverlierer Obrador brachte die Missstände zur Sprache und legte prompt Widerspruch ein, zumal er bereits im Jahr 2006 gegen Felipe Calderòn verloren hatte und ähnli-che Vorwürfe erhoben hatte. Ge-nützt hat es wenig. Nachdem es nach Jahrzehnte langer Regentschaft der PRI in einer Scheindemokratie end-lich seit 1997 freie Wahlen gibt, droht Mexiko akut der Rückfall in die Autokratie. In Mexiko City, wo sich die Bildungselite des Landes sam-melt, kam es in folge dessen zu Pro-testen hunderttausender.In den großen Onlinemedien und im Fernsehen wurde darüber hierzulan-de nur knapp berichtet. Was jedoch immer im Zusammenhang mit Mexi-ko zur Sprache kommt, sind Drogen-kriege. Egal ob es um Wahlen, Reisen oder die Wirtschaft Mexikos geht, die Drogenkartelle finden sich mit

hundertprozentiger Sicherheit in je-dem Beitrag - egal bei welcher Zei-tung oder bei welchem Fernsehsen-der. Diese sind in Mexiko tatsächlich ein großes Problem, jedoch bei wei-tem nicht das einzige und Hinter-gründe erfährt man auch eher selten. Zum Beispiel, was sich genau an der Grenze zu den USA mit Waffen- und Drogenhandel abspielt. Ohne Face-book und die entsprechenden Kon-takte würde ich darüber noch weni-ger wissen. Die Frage, die sich mir aufdrängt ist wer bestimmt, ob eine Information wichtig ist oder nicht. Und warum. Warum ist Wahlbetrug und Menschenrechtsverletzung in Weißrussland von Bedeutung aber nicht in Mexiko. Sicher gibt es dafür eine Menge mehr oder weniger plau-sible Gründe, meist wirtschaftliche, aber transparent ist dies jedenfalls nicht. Im Fernsehgeschäft ist diese Handhabe nachvollziehbar, da die Inhalte-Erzeuger es mit zeitlich sehr befristeten Sendeplätzen zu tun ha-ben und daher gezwungen sind, ge-raffte und komprimierte Nachrich-ten zu übermitteln.In seinem Buch „Wir amüsieren uns zu Tode“ beschreibt Neil Postman die sozialen, kulturellen und gesell-schaftlichen Folgen des Fernsehens.1

1 Postman, Neil: „Wir amüsieren uns zu Tode“, 1985

S. Fischer Verlag

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Er beklagt, dass sich die Epistemolo-gie, also die Erkenntnistheorie (eine Strömung der Philosophie, die sich mit der Entstehung von Wissen be-fasst) unter dem Einfluss des Fernse-hens extrem verändert hat - und zwar äußerst negativ. Zwar beziehen sich seine Untersuchungen nur auf die Vereinigten Staaten, doch die Analogien zu anderen westlichen Demokratien sind in wesentlichen Punkten ausreichend. Zu Beginn des Buches stellt er zwei Dystopien ge-genüber, die sehr unterschiedliche totalitäre Systeme beschreiben: Geor-ge Orwells „1984“ und „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley. Während in Orwells Roman ein extremer Kom-munismus herrscht, der lückenlose Überwachung einsetzt um die Bevöl-kerung zu kontrollieren, hatte Hux-ley die im Nachhinein wohl realisti-schere Vision. Menschen werden durch Konsum, Sex und die Droge „Soma“ künstlich auf einem glückli-chen Niveau gehalten und hören deshalb auf zu hinterfragen. Kriti-sches Denken wird durch oberflächli-che Zufriedenheit unterbunden. Dies ist erschreckend nah an dem, was wir in unserer Gesellschaft immer wieder erleben. Es ist ja auch ermüdend im-mer alles hinterfragen zu müssen. Es macht mehr Spaß, sich eine neue Hose oder ein neues Handy zu kau-

fen. Jedenfalls glaubt Postman, dass das Amerika des 19. Jahrhunderts, das von Buchdruck geprägt war, ein gesünderes Amerika war. Denn es baute sich auf Wissen und Bildung auf. Die Tatsache, dass man in den vereinigten Staaten praktisch flä-chendeckend mit Bibliotheken aus-gestattet ist, geht auf diese Zeit zu-rück. Große Redner und Prediger hielten beeindruckende, stundenlan-ge Ansprachen, die auch vom einfa-chen Bauern verstanden und mit Be-geisterung aufgenomen wurden. Mit der Einführung des Telegraphen be-gann der schnelle Austausch von In-formationen über lange Strecken. Die Tatsache, dass sich Menschen aus New York und Texas eigentlich nicht viel zu sagen hatten, wurde erstmals durch Belanglosigkeiten verschleiert.Mitte des 20. Jahrhunderts erreichte das Fernsehen weite Teile der Gesell-schaft und entfaltete laut Postman seine schädliche Wirkung auf ganzer Linie. Es ist ein passives Medium und wirkt sich auf die Sprache, die Episte-mologie und auf die Bildung aus. Und zwar nicht durch stumpfsinnige Unterhaltung. Die ist das einzig schöne am Fernsehen. Gefährlich wird es dann, wenn es versucht zu belehren. Oder wie er es ausdrückte: „Unser Fernsehapparat sichert uns eine

Einführung

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8 Einführung

ständige Verbindung zur Welt, er tut dies allerdings mit einem durch nichts zu erschütternden Lächeln auf dem Ge-sicht. Problematisch am Fernsehen ist nicht, dass es uns unterhaltsame The-men präsentiert, problematisch ist, dass es jedes Thema als Unterhaltung präsentiert.“2

Neil Postmans Buch erschien im Jahr 1984. Damit ist klar, welche ent-scheidende Entwicklung er nicht be-rücksichtigen konnte. Hätte sein Buch nur zehn Jahre später vor der Veröffentlichung gestanden, hätte er es vermutlich auf unbestimmte Zeit verschoben um an der spannenden neuen Entwicklung namens „Inter-net“ Anteil zu haben. Denn mit dem Internet ist die Chan-ce da, alles zu verändern. Wir kön-nen dem klassischen Fernsehen neue Bedeutung geben, ohne ihm Raum zu nehmen. Wir können es mit Mehrwert anreichern, der dem von Büchern wieder nahe kommt. Und das wichtigste: Wir können es allen zugänglich machen. Es besteht eine Infrastruktur mit gewaltigem Poten-tial, das nur noch auf ein Nutzungs-szenario wartet.Man muss Neil Postman nicht in al-len Punkten recht geben. Beispiels-weise führte er an, dass man die

2 Postman, Neil: 1985, Seite 110

Orwell‘sche Dystopie aus verschiede-nen Gründen als nicht eingetreten ansehen kann.3 Zum Beispiel gebe es so etwas wie „Neusprech“ nicht. Das gibt es sehr wohl (http://neusprech.org).Ich glaube, dass ein Medium mit ei-ner grundlegend neuen Architektur viel bewirken kann. Die Medienviel-falt ist förmlich explodiert, bei Nach-richtenseiten können Kommentare gepostet werden und Organisationen wie Wikileaks machen die Welt trans-parenter. Das sind Vorboten einer ak-tiven Beeinflussung von Nachrichten durch die Konsumenten selbst. Wer sich über das Internet informiert, ist umfassender informiert. Auch hier gilt aber umso mehr, dass man die Quellenlage genau im Auge behalten sollte. Medienkompetenz gewinnt zunehmend an Bedeutung, denn je-des Medium weist spezifische Vor- und Nachteile auf. Deshalb glaube ich, dass ein neues Fernsehen das Internet, Inhalte von Bürgern (Kommentare), professio-nellen Journalismus und Meinungen vereinen muss. Es muss Medienkon-vergent sein und sowohl auf dem Fernseher, als auch auf dem PC, dem Smartphone und dem Tablett funkti-onieren. Das Fernsehen als solches

3 Vgl. Postman, Neil: 1985, Seite 7

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9Einführung

muss sich gar nicht sehr verändern. Es muss nur durch Platzhalter für neue erweiterte Inhalte ergänzt wer-den. Im Grunde genommen ist dies alles schon gelebte Realität, denn viele Menschen nutzen während der Lieblings-Fernsehserie ihr Smartpho-ne um irgendetwas nachzuschlagen.

Was fehlt, ist ein Konzept, welches TV-Redaktionen für sich nutzen kön-nen. Einen Vorschlag für ein solches Konzept soll dieses Projekt liefern.

Amerikanische Fernsehfamilie 1958 © Wikipedia

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fErnsEhEn wurdE nichtfür idiotEn ErschaffEn.

Es ErzEugt siE.

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fErnsEhEn wurdE nichtfür idiotEn ErschaffEn.

nEIl posTMAn

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2.MEdiEnnutzungin dEutschland

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13Mediennutzung - Fernsehen

Zwischen 2001 und 2011 hat sich in Deutschland die Zahl der durch-schnittlich konsumierten täglichen Fernsehminuten von 192 auf 225 er-höht. Im Jahr 2012 waren es bisher sogar schon durchschnittlich 242 Minuten pro Tag. Das Fernsehen ge-hört damit neben dem Internet zu den Gewinnern der sich verändern-den Medienlandschaft. Klare Verlie-rer sind das Radio und vor allem die Zeitungen. Deren Auflage ist inner-halb der letzten 20 Jahre um etwa ein Drittel geschrumpft.Auch im Bereich Nachrichten nimmt das Fernsehen eine Spitzenposition ein. 76% der Bundesbürger gaben an, das Fernsehen sei für sie die wichtigs-te Informationsquelle für Nachrich-ten. Dies wird sich aber voraussicht-lich in den nächsten Jahren zu Gunsten des Internets verschieben, wie ein Blick in die USA zeigt. Eine repräsentative Umfrage des „Pew Re-search Centers“ aus dem Jahr 2011 er-gab, dass bei den jungen Erwachse-

nen zwischen 18 und 29 das Internet bereits das Fernsehen als wichtigste Informationsquelle abgelöst hat (Abb. 2, s. 15). Bei den übrigen Al-tersgruppen ist das Fernsehen in sei-ner Bedeutung noch unangefochten, doch die Trends zeigen ebenfalls, dass das Internet an Zuwachs ge-winnt.Die umsatzstärksten Fernsehsender in Deutschland sind die Privaten. Der führende Medienkonzern ist Pro Sieben Sat 1 Media mit einem Um-satz von 2,76 Milliarden Euro im Jahr 2009. An zweiter Stelle folgt das ZDF mit einem Umsatz von 2,05 Milliar-den Euro, gefolgt von der Medien-gruppe RTL Deutschland mit 1,73 Milliarden Euro. Der größte Pay-TV Sender Sky kommt lediglich auf 902 Millionen Euro, was zeigt, dass das Bezahlfernsehen in Deutschland nach wie vor ein Nischendasein fris-tet. Vor allem bei Sportangeboten kann Sky punkten. Die EM 2012 war somit auch der Hauptgrund, weshalb

2.1. Fernsehen

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14 Mediennutzung - Fernsehen

Television 3.6 h

3.2 h

1.4 h

0.4 h

Radio

Internet

Newspaper

average

media

usa

ge per

day

in

Germ

any

Sky erstmals seit vielen Jahren wie-der ein Quartal mit Gewinn vorwei-sen konnte. Das Hauptproblem ist, dass dem Markt durch die Zwangsab-gabe der GEZ Geld entzogen wird. Dies wird sich ab 2013 noch weiter verschärfen, da ab Januar 2013 die Gerätegebühr abgeschafft wird und fortan alle Haushalte zur Kasse gebe-ten werden - und zwar mit dem vol-len Satz. Die derzeitigen Einnahmen von 7,5 Milliarden Euro dürften noch einmal deutlich steigen. Die Fi-nanzierung der öffentlich-rechtlich Sender wird weiter gestärkt - nicht zuletzt zu Lasten der Mitbewerber, die sich nicht über Werbung finan-zieren.Technisch sind die Deutschen bes-tens ausgerüstet. Mehr als die Hälfte der Fernseher in den Haushalten

sind bereits moderne Flat-Screen-Ge-räte. Ein weiterer Trend zeichnet sich allerdings ab: In der Gruppe der 18-29-Jährigen konsumieren bereits ein Drittel der Menschen Fernsehin-halte über andere Quellen. Der An-teil der Mediatheken an der Bewegt-bildnutzung wird aller Voraussicht nach weiter zunehmen. Laut einer Studie von Mindshare punktet das klassische Fernsehen vor allem noch bei Live-Events.4 Dort liegt nach wie vor die große Stärke, wobei sich gera-de hier auch erweiterte Inhalte an-bieten. Bei TV auf Abruf, Filmen, Downloads, Streams und Kurz-Clips hat das Internet längst die Führung übernommen.

4 http://bit.ly/PHZzc0

Abb. 1: durchschnittli-che Mediennutzung in Deutschland pro Tag

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15Mediennutzung - Fernsehen

Abb. 2: Sich wandelnder Medienkonsum in den letzten zehn Jahren (USA). Quelle Pew Research Center | http://bit.ly/yvm9jt

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16 Mediennutzung - Internet

Die Zahl der deutschsprachigen Ge-samtbevölkerung in Deutschland über 14 Jahren beträgt 70,21 Millio-nen. Davon nutzen 51,77 Millionen das Internet, 50,84 Millionen in den letzten drei Monaten. Das sind über 64%. 87,4% derer, die das Internet nutzen, tun dies schon länger als 3 Jahre. Durchschnittlich verbringen die Deutschen etwa 83 Minuten täg-lich im World Wide Web.Internetnutzer sind schlau, denn de-ren Anteil unter den Hochschulab-solventen ist der größte. Sie sind auch wohlhabend, denn die meisten Haushalte, in denen Internet genutzt wird haben ein Nettoeinkommen von 3000 Euro und darüber.Nur in der Altersgruppe der 14-19-jährigen nutzen mehr Mäd-chen als Jungen das Internet. Je älter die Menschen sind, desto größer ist auch der Anteil der männlichen Nut-zer. Bei den über 60-jährigen beträgt der Anteil an Frauen nur noch 42,7%.Nur 2,7% der 14-19-jährigen nutzen

das Internet nicht. Bei den über 60-jährigen sind es 63,3%.Am meisten (86,7% der Nutzer) wird das Internet genutzt um private Emails zu senden und zu empfangen, dicht gefolgt von der Recherche in Suchmaschinen (83,2). Am dritthäu-figsten informieren sich die Men-schen über Nachrichten zum Weltge-schehen (70,0%). Die Produkte, für die sich die Menschen im Internet am meisten interessieren sind Bü-cher, Körperpflegeprodukte und Schuhe. Bücher sind auch die am meisten über das Internet gekauften Produkte.Die Nutzerzahlen des Internets wachsen von Jahr zu Jahr. Seit 1997 haben sie sich von 4,1 Millionen im Jahr 1997 auf 51,7 Millionen 2011 mehr als verzehnfacht.Damit hat das Internet auch giganti-sche Märkte erschlossen, die vorwie-gend von den großen IT-Konzernen Apple, Microsoft, Google und Ama-zon dominiert werden.

2.2. Internet

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17Mediennutzung - Internet

Abb. 1: Einige harte Fakten über Internet. Quellen: AGOF, Statista, makeuseof.com

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18 Mediennutzung - Social Media

Die Deutschen nutzen die sozialen Netzwerke sehr rege. 51% der Inter-netnutzer besitzen einen Facebook-Account. Facebook liegt in allen Sta-tistiken unangefochten an der Spitze (Abb.1). Einzig bei den 10-18-jähri-gen hat Schüler-VZ noch die Nase vorn. Insgesamt haben die VZ-Netz-werke in den letzten Jahren jedoch stark Marktanteile eingebüßt. Noch schlechter erging es dem einstigen Marktführer MySpace. Allein zwi-schen Januar 2010 und Januar 2012 hat das Netzwerk fast ¾ seiner akti-ven Mitglieder verloren. Interessant an der Stelle ist allerdings, dass die Zahl der Unique Visitors seit 2007 na-hezu konstant geblieben ist. Dies lässt sich höchstwahrscheinlich auf das Musikangebot zurückführen. Denn hier liegt das herausragende Merkmal des Netzwerks und auch die einzige Chance, am Markt zu beste-hen. Mit 42 Millionen Songs in der Datenbank übertrifft Myspace übri-gens Spotify um mehr als das Dop-

pelte. Miteigner Justin Timberlake hat dies auch verstanden und plant eine Neuausrichtung, die sich noch mehr auf Musik-Portfolios speziali-siert.Sozial TV als solches steht in seiner Entwicklung noch ziemlich am An-fang. Zunächst ist auch hier wieder Facebook zu nennen, denn es wird von den TV-Produzenten bisher am aktivsten genutzt. Ein besonders gro-ßer Erfolg bei Sozial TV-Strategien ist die RTL2-Reality-Soap „Berlin - Tag & Nacht“. Dies werde ich genauer im Kapitel 4 „Fallstudien“ erörtern. Ne-ben Facebook sind als bekannteste deutsche Sozial TV-Plattformen die Dresdner „Couchfunk“ und und die App „Tweek“ zu nennen. Beide ver-folgen unterschiedliche Ansätze, je-doch geht es immer um die soziale Teilhabe am Fernsehgeschehen. „Couchfunk“ erstellt hierbei auch Statistiken, die wöchentlich veröf-fentlicht werden und einen aner-kannten Aussagewert einnehmen.

2.3. Social Media | Social TV | Second Screen

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19Mediennutzung - Social Media

Auch fungieren beide in erster Linie als Second-Screen-Apps.Eine weitere spannende App ist „Tog-gla“, welche das Smartphone als Fernbedienung nutzt - allerdings bis-her, wohl aus technischen Gründen, nur in Verbindung mit dem PC.Second Screen ist nicht eben eine neue Entwicklung. Dennoch kon-

zentrieren sich die meisten bisheri-gen Anwendungen auf Sozial Media und wie man es mit dem Fernsehen verbinden kann. Das Precious Design Studio aus Hamburg formulierte Prinzipien, die verschiedene Arten der Multiscreen-Experience umrei-ßen. Diese sind allgemeingültig und wegweisend (Abb. 2, S. 20/21).

Abb. 1: Mitglieder der sozialen Netzwerke in Deutschland in Prozent. Quelle: Statista

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20 Mediennutzung - Multiscreen

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21Mediennutzung - Multiscreen

Abb. 2: Die Plattform multiscreen-experience.com entwickelte Prinzipien, die das Informationsma-nagement in der digitalen Gesellschaft erleichtern.

1. Kohärenz: ein Informationsabgebot wird geräte- und bildschirmübergreifend verständlich, schlüssig und in logischem Zusammenhang dargestellt und benutzt. Einzelne Features sind für spezielle Geräteeigenschaften und die Art der Benutzung optimiert.

2. Synchronisation: Informationen werden geräteübergreifend stets synchron und damit auf dem aktuellen und gleichen Stand gehalten.

3. Screen Sharing: Die Darstellung einer Information(squelle) verteilt sich auf mehrere Screens und wird dabei auf diese ausgelagert oder erweitert.

4. Device Shifting: Die Anzeige von Inhalten oder Informationen wird vom Anwender von einem auf ein anderes Gerät übetragen. Die Darstellung wird zwischen den beteiligten Screens umgeschaltet.

5. Ergänzungsprinzip: Endgeräte beeinflussen, steuern und ergänzen sowohl sich gegenseitig als auch die auf den Screens dargestellten Informatio-nen.

6. Gleichzeitigkeit: Unterschiedliche Endgeräte oder Informationsangebote werden parallel genutzt, wobei sich die Informationen gegenseitig ergänzen können.

© multiscreen-experience.com

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22 Mediennutzung - Nutzertypen

TNS Infratest führte im Auftrag der „Initiative 21“ eine Studie durch, die die digitale Gesellschaft Deutsch-lands im Jahr 2011 klassifiziert (sie-he Abb. 2, s. 24/25). Heraus kam eine Segmentierung, die sechs ver-schiedene Nutzertypen feststellt. Es ging darum, die 74,7% der Deut-schen, die das Internet nutzen zu un-tersuchen, und festzustellen, wie ver-siert die Bevölkerung tatsächlich im Umgang mit neuen Medien ist. So stehen 62% Digital wenig Erreichte 38% Digital Souveränen gegenüber. Für mich ist diese Studie interessant, weil die digitale Versiertheit eine wichtige Grundlage für das Fernse-hen der Zukunft darstellt. Glückli-cherweise lässt sich ein langsamer aber stetiger Trend zu intensiverer Nutzung feststellen, der natürlich auch im Zusammenhang mit den Entwicklungen am Smartphone- und Tablet-Markt zu sehen ist. Erst vier Prozent der Deutschen nutzen zwar ein Tablett, aber weitere 12% planen

die Anschaffung in den nächsten Monaten.5 Laut AGOF nutzen bereits 16,9 Mio. Deutsche mobiles Internet über Smartphones. Tablets bergen auch die Chance der digital wenig Er-reichten an das Internet heran zu führen, da sie wesentlich einfacher zu bedienen sind.Ich habe ebenfalls eine Online-Um-frage gestartet, die jedoch nicht re-präsentativ ist. Dazu gab es nicht ge-nügend Teilnehmer (ca. 50) und da ich sie mündlich sowie über Twitter und Facebook publik gemacht hatte, konnte ich vor allem Menschen aus meinem erweiterten persönlichen Umfeld erreichen, das heißt in der Altersgruppe von Mitte 20 bis Ende 30. Die meisten würde man wohl zu den Digital Versierten zählen, was aber längst nicht bedeutet, dass sie für alle Neuerungen offen sind. Mei-ne Ergebnisse habe ich in Abb. 1 auf der folgenden Seite veranschaulicht.

5 Vgl. http://www.initiatived21.de/portfolio/

nonliner-atlas

2.4. Nutzertypen

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23Mediennutzung - Nutzertypen

Abb. 1: die grafisch aufgearbeiteten Ergebnisse meiner Umfrage erlauben Rückschlüsse auf das Mediennutzungsverhal-ten hauptsächlich junger Menschen.

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24 Mediennutzung - Nutzertypen

Abb. 2: Einteilung von Nutzergruppen in der digitalen Gesellschaft. Quelle: Initiative D21/TNS Infratest

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25Mediennutzung - Nutzertypen

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26 Mediennutzung - Politik

Im Mai 2012 entschied das Landge-richt Köln, dass die Tagesschau-App einer herkömmlichen Zeitung zu ähnlich ist.6 Sie enthielt zu viel Text und wenig Hinweise auf Sendungen, die mit dem Online-Angebot etwas zu tun haben. Das bedeutet natür-lich, dass ein erweitertes, sinnvolles Fernsehkonzept extrem schwierig wird, wenn nicht sogar unmöglich. Deutschland hat sich mit seinem teuren, aufgeblähten öffentlich-rechtlichen Fernsehen, mit einer starken Verlagslobby und einer der Wirtschaft gegenüber weichen Poli-tik eine mindestens in Europa einzig-artige Situation geschaffen. Das ver-änderte Leistungsschutzrecht, das vor allem Google ausbremsen soll be-weist dies nur wieder einmal mehr. Möglicherweise werden die Verlags-häuser dadurch vorübergehend ge-stärkt, auf der anderen Seite werden viele Angebot um Deutschland her-

6 Vgl. SPON http://bit.ly/UZVAGV

um realisiert und große Unterneh-men, wie zum Beispiel Google, zie-hen sich teilweise aus dem deutschen Markt zurück.All dies muss man sich bewusst ma-chen, wenn man ein innovatives Produkt in Deutschland entwickeln will. Es würde wohl zu weit gehen, ein fortschrittsfeindliches Klima zu unterstellen - jedoch gewinnt man den Eindruck, dass veraltete Struktu-ren durch den Gesetzgeber geschützt und dadurch künstlich am Leben er-halten werden. Das schadet der Krea-tiv-Wirtschaft. Mit veralteten Struk-turen meine ich selbstverständlich nicht die Verlage an sich. Nur gibt es sicherlich viele Möglichkeiten, mit Inhalten Geld zu verdienen. Das er-fordert viele Untersuchungen und frische Ideen. Aufgabe des Staates und der Justiz kann es nicht sein, Unternehmen davor zu bewahren, sich neue Geschäftsmodelle auszu-denken. Aufgabe der Politik kann es auch nicht sein, in einem Fernsehrat

2.5. Politische Rahmenbedingungen

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27Mediennutzung - Politik

das Programm mitzubestimmen (Abb. 1). Eine schlimme Folge kann sein, dass einzelne Politiker versu-chen, Einfluss auf bestimmte Aus-strahlungen zu nehmen.Die Klage wird der ARD sicher nicht weh tun. Dank rund 7,5 Milliarden Einnahmen der GEZ im letzten Jahr sichert der Gebührenzahler alles komfortabel ab. Durch die kommen-de Haushaltsabgabe im nächsten Jahr werden die Einnahmen sicher-lich noch weiter steigen. Noch mehr

Geld, welches dem Markt entzogen wird, noch weniger Geld, das Men-schen bereit sind, für andere Inhalte auszugeben. Das kommende Re-design der Tagesschau wird zeigen, wie viele Zugeständnisse die ARD im Online-Sektor gemacht hat.Schließlich muss ich also davon aus-gehen, dass die rechtliche Situation in anderen Ländern eine andere ist, und sich Projekte wie das vor mir lie-gende leichter verwirklichen lassen.

Abb. 1: Ausschnitt aus der Mitgliederliste des ZDF Fernsehrates.

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28 Technische Voraussetzungen

3.tEchnischE

voraussEtzungEn

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29Technische Voraussetzungen - HbbTV | IPTV

Fast jedes neue Fernsehgerät ist heu-te internetfähig oder lässt sich nach-rüsten. Laut Branchenverband BIT-COM sollen bis Ende 2012 Zehnmillionen Geräte in den Haus-halten stehen.7 Die BITKOM prog-nostiziert ebenfalls das Ende der Fernbedienung. So sollen zukünftige Geräte sich vor allem durch Smart-phone-Apps oder Gesten steuern las-sen. Ersteres ist heute schon mög-lich. Die Verbreitung hält sich allerdings noch in Grenzen, da noch ein relativ geringer Prozentsatz der Haushalte sowohl über einen moder-nen Fernseher, als auch über Smart-phones/Tablets verfügt. Dennoch geht der Trend zum vernetzten Fern-sehen. Die Tatsache, dass man mit ei-nem Fernseher im Internet surfen kann, ist hierbei weniger von Bedeu-tung, denn dies ist wenig komforta-bel oder praktisch. Ein Fernseher ist weder besonders gut für Interaktio-

7 Vgl. BITCOM http://bit.ly/vASAdy

nen geeignet, noch bietet es sich an große Textmengen darauf zu lesen. Viele Hersteller sind daher dazu über-gegangen, bestimmte Informationen über Widgets abrufbar zu machen, die man mit der Fernbedienung be-quem erreichen kann. Viel wichtiger ist allerdings die Möglichkeit, das TV-Gerät stärker und nahtloser in die Heimelektronik zu integrieren. In meinem Konzept werde ich später näher darauf eingehen, warum man den Fernseher, zumindest bei Benut-zung eines Second Screens, als Pro-jektor für Bild und Bewegtbild verste-hen sollte, nicht als noch einen interaktiven Computer.HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV) ist ein mit Webinhalten angerei-chertes Fernsehprogramm. Dafür wurde ein eigener HTML-Standard angefertigt (CE-HTML). Die Inhalte selbst werden von den Sendern mit ausgeliefert. Nicht nur können damit Inhalte aus den Mediatheken belie-big abgerufen werden, gegenüber Te-

3.1. HbbTV | IPTV

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30 Technische Voraussetzungen - HbbTV | IPTV

letext ist die Darstellungsqualität auch sichtlich besser. IPTV hingegen beschränkt sich vollständig auf die Auslieferung des Fernsehens über das Internet. Auch hier sind viele Funkti-onen möglich, wie zum Beispiel Vi-deo-on-Demand, Untertitel und Sprachen, Suche und Empfehlungen durch Profile oder Timeshift.

Page 31: Bachelor Research

31Technische Voraussetzungen - HbbTV | IPTV

Abbildungen: Verschiedene Interfaces und Screens von HbbTV-Inhalten diverser Sender.

Page 32: Bachelor Research

32 Fallstudien

4.fallstudiEn

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33Fallstudien - Apps

Toggla toggla.com

Die Smartphone-App Toggla ermög-licht es, ein Mediacenter unter Win-dows, Linux oder Mac OSX fernzu-steuern. hierfür wird auf dem Rechner ebenfalls ein Client instal-liert, welcher auf viele verschiedene Inhalte zugreifen kann. Live TV funktioniert ebenso wie Inhalte auf der Festplatte und man findet sogar diverse Spielfilme, die offenbar über Youtube eingebunden werden. Au-ßer Youtube sind noch verschiedene andere API‘s eingebunden, wie zum Beispiel Vimeo, Dailymotion oder Zattoo. Die Darstellungsqualität hängt demzufolge auch von der Qua-lität der eingebundenen Inhalte ab. Eine Suche fehlt leider aber das brow-sen auf dem Smartphone funktio-niert gut. Dort werden auch jeweils nähere Inhalte zu den Sendungen angezeigt. Das Projekt befindet sich zur Zeit noch in der Closed-Beta-Pha-se, was man auch merkt.

l » Toggla verwandelt den PC einfach

und kostenlos in ein umfangreiches Media-Center

» Toggla kann durch eine Smartpho-ne-App (iOS, Android, Windows) ferngesteuert werden

» Aufteilung der Inhalte zwischen Smartphone und PC ist gut

L » Die Verbindung mit dem Fernseher

klappt nur, wenn man den PC über HDMI anschließt. Dann hat man wieder zwei Fernbedienungen und es ist zu umständlich für „Normal-User“

4.1. Apps

Page 34: Bachelor Research

34 Fallstudien - Apps

» Das Design und die Usability sind verbesserungswürdig

» Suche fehlt

Couchfunk couchfunk.de

Couchfunk lädt den Zuschauer ein, den Fernsehabend in eine Party zu verwandeln. Dies geschieht durch eine Art erweitertes Programm mit Kommentarfunktion. Die ist außer-dem auf Wunsch auch an Facebook und Twitter geknüpft. So soll man über Sendungen neue Bekanntschaf-ten schließen können oder mit ande-ren Freunden zusammen live zur Sendung diskutieren. Dies alles funk-tioniert über eine Web-App und Apps für iOS, Android und Windows Pho-ne, optimiert für Smartphones und auch Tablets. Damit können maxi-mal viele Nutzer erreicht werden. Auf dem Sozial TV Monitor (http://www.social-tv-monitor.de/) ist Couch-funk ein wichtiger Indikator, bei wel-chen Sendungen Sozial TV funktio-niert und wo nicht. Neben Facebook sind die Dresdner in diesem Bereich als führend anzusehen, wofür auch die hohe Qualität des Konzeptes und des Designs sprechen.Loggt man sich ein, kann man zu-nächst durch die Highlights des Ta-ges oder durchs Fernsehprogramm

stöbern, welches sehr übersichtlich gehalten ist, leider aber oft nicht weit in die Zukunft reicht. Ist man an ei-ner Sendung interessiert, kann man auf den „Watch“-Button drücken und dies damit anderen mitteilen. Sendungen können bewertet werden und Kommentare werden chronolo-gisch angezeigt, wobei man durch ei-nen Klick bestimmen kann, ob man Twitter angezeigt haben möchte oder nicht.

l » Einfache Handhabung, insgesamt

gute Usability » Hohe Abdeckung verschiedener Ge-

räte und Betriebssysteme

Page 35: Bachelor Research

35Fallstudien - Apps

L » zu wenig Planungsmöglichkeiten » Profilcharakter könnte ausgeprägter

sein

tweek tv tweek.tv

Tweek tv ist ein Social TV Guide, in welchen man sich mit Facebook ein-locht. Freunde werden dann automa-tisch importiert und fortan spricht Tweek einem Empfehlungen aus. Da es ein komplettes TV-Programm ent-hält, kann es auch zur bequemen Planung des Fernsehabends genutzt werden. Weiterhin lassen sich Inhal-te auch direkt ansehen, bei kosten-pflichtigen verweist Tweek auf iTu-nes.Das Besondere an der App ist, dass sie wirklich neue Wege in der Informati-onsarchitektur geht. Es gibt keine Timeline oder herkömmliche Pro-grammstruktur. Stattdessen bauen sich die Empfehlungen ausschließ-lich aus den Vorlieben des Netzwerks auf. Statt sich also auf Chats und Kommentare während des Fernse-hens zu konzentrieren, fasst Tweek eher die Zeit davor und danach ins Auge. Tweek bietet vor allem ein neues Erlebnis, Inhalte auszuwählen.

l » neue Wege in der User Experience » gute individuelle Programmpla-

nung

L » fehlende parallele Interaktion

Mixel mixel.cc

Diese App hat mit Fernsehen nichts zu tun aber die Art und Weise, wie sie mit Bildern und Rastern arbeitet ist beeindruckend. Einer der Mitent-wickler ist Khoi Vinh. Bei Mixel han-delt es sich um eine Bildverwaltungs-software, die eng an soziale Netzwerke geknüpft ist und kollabo-rativ genutzt werden kann. Es wer-den kleine Collagen erstellt, die dann geteilt werden können.

Page 36: Bachelor Research

36 Fallstudien - TV-Konzepte

4.2. TV-Konzepte

Einige TV-Konzepte verwirklichten bereits sehr erfolgreich oder konzep-tionell bemerkenswert eine Verbin-dung von TV, Internet und/oder So-cial Media. Davon möchte ich einige vorstellen.

The spiral www.thespiral.eu

Arturro, ein weltberühmter Streetart-Künstler plant zusammen mit sechs Mitgliedern seiner Künstlergruppe „The Spiral“ den ultimativen Coup. Leider wird er kurz vor dem geplan-ten Start der Performance von der Polizei geschnappt, bei der Festnah-me verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert. Die sechs Künstler ent-schließen sich kurz darauf, die Akti-on dennoch durchzuziehen. Diese beinhaltet, zeitgleich in sechs euro-päischen Museen ein weltberühmtes Kunstwerk zu entwenden. Am glei-chen Tag wird eine Webseite online geschalten, auf der die Öffentlichkeit die Werke „tracken“ und eine Irr-

fahrt durch Europa verfolgen kann. Wenig später werden Arturro und ei-ner der Künstler ermordet aufgefun-den und es beginnt ein spannender Wettlauf.

Die Serie ist eine europäische Pro-duktion, die vom Deutsch-Französi-schen Kultursender ARTE in Auftrag gegeben wurde. Sie besteht aus fünf Folgen, die August bis September ausgestrahlt wurden. Die entführten Kunstwerke sind real und wurden tatsächlich aus den betreffenden Mu-seen entfernt und durch eine Spirale, dem Logo der Künstlergruppe er-setzt. Selbstverständlich hatte die Gruppe auch einen einen Blog, sowie eine Facebook-Seite, wo beispielswei-se Nachrufe auf die verstorbenen Künstler veröffentlich wurden. Der eigentliche Clou war aber eigentlich die Webseite thespiral.eu, die zeit-gleich mit dem Moment der Serie on-line ging. Dort war man als Zuschau-er Teil der Öffentlichkeit und Teil des

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Kunstprojekts. Um die Kunstwerke verfolgen zu können musste man sich Credits verdienen. Dies tat man durch kleine mehr oder weniger auf-wändige Aufgaben. Diese reichten von kleinen Spielen über Codes, die es an bestimmten Orten zu finden galt, bis hin zu Fotos vom „Ort des Verbrechens“. Einige der hochgela-denen Bilder fanden sich dann an bestimmten Stellen in der Serie wie-der. Letztendlich gewann man durch Finden eines Werkes Tracking Points, am Ende wurde eine Liste der zehn fleißigsten Spieler veröffentlich. Letztendlich bewies the Spiral, dass jeder ein Künstler ist. Die enge Ver-

zahnung von Fiktion und Realität ist in diesem Ausmaß bisher einzigartig. Auch, wenn es sich hier weniger um Second-Screen-Projekt handelt, so doch um eine gelungene Schnittstel-le zwischen TV- und Internet-Welt.

Cnn Magic Wall

Bereits im Jahr 2008 entwickelte Per-ceptive Pixel - im Juni 2012 von Mi-crosoft aufgekauft (http://cnnmon.ie/MiIhMO) - die „Magic Wall“ im Auf-trag von CNN. Im Grunde genom-men handelte es sich hierbei große Touch-Flatscreens mit interaktiven

Abb1: Das Webgame zur Serie „The Spiral“

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Infografiken. Besonders der Modera-tor John King kann darauf blitz-schnell Zusammenhänge im Wahl-kampf darstellen und erklären. So geht er auf prozentuale Verschiebun-gen in einzelnen Wahlbezirken ein und verdeutlicht ihren Einfluss auf den Wahlkampf. Mittlerweile sind Magic Walls auf CNN zum Standard geworden. Leider besteht immer noch das Problem der Kamerafüh-rung und Bildschirmaufteilung. Nur auf hochauflösenden Bildschirmen sind die Grafiken wirklich gut zu er-kennen und zu lesen. Einen Bild-schirm live abzufilmen kann nicht die optimalste Lösung sein. Das nimmt dem brillanten Konzept ei-nen Teil der Wirkung.

Berlin - Tag & nacht

Eine WG in Berlin und ihre Face-bookseite. Das sind die Zutaten der

RTL2 Reality-Soap „Berlin - Tag & Nacht“. Und die Erfolge sprechen für sich - über 2,2 Mio. Likes der Face-book-Seite und bis zu 70.000 Kom-mentare unter einzelnen Posts.

Das liegt sicher zum größten Teil an der Zielgruppe der 14-20-Jährigen. Aber ganz so einfach sollte man es sich nicht machen. Der Aufwand, diese Seite am Leben zu erhalten ist beträchtlich und die Menge der über das Internet verbreiteten Inhalte

Abb 2: Die Magic Wall © David S. Holloway/CNN

Abb 3: Ein Post auf der äußerst erfolgreichen Facebook-Seite von „Berlin - Tag & Nacht

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übertreffen fast die der Serie. Die Soap wird unterbrechungsfrei und die Charaktere leben außerhalb der Serie. Das macht sie realer, greifbarer und somit das Gesamtkonzept er-folgreicher.

AMC story sync

Der US-Kabelsender AMC entwickel-te die äußerst erfolgreichen Serien Breaking Bad, Mad Men und The Walking Dead. Um beide Serien her-um gibt es ein großes Universum aus

Webgames, Blogs der Charaktere oder Webisodes. Außerdem gibt es für Tablets und Smartphones Story-Sync, was den Zuschauer die Ge-schichte direkter miterleben lassen soll. So kann er eigene Gedanken einbringen oder selbst Entscheidun-gen fällen. Die Inhalte um die Serien herum sind teilweise extrem aufwän-dig und unterhaltsam, wie zum Bei-spiel Rap-Videos von Nebencharak-teren oder Werbefilme des korrupten Anwalts Saul Goldmann aus Brea-king Bad. Sogar eine grafische Novel-le wurde gezeichnet.

Abb 4: Mit AMC‘s Story Sync kann der Zuschauer die Serie aktiver erleben.

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Eines der wichtigsten Dinge, die ich im Interface-Design gelernt habe, ist Einfaches auch einfach zu halten. Nichts ist schwieriger zu erreichen als minimalistische Klarheit. Mein Lieblingsbuch ist „The Humane In-terface“ von Jef Raskin, dem Erfinder des Macintosh-Projekts. Die Prinzipi-en, die er formuliert hat, sind so fun-damental, dass sie heute noch unein-geschränkt Gültigkeit besitzen. Denn sie bauen auf menschlichem Verhal-ten und auf der Funktionsweise un-seres Gehirns auf. „An interface is humane if it is responsive to human needs and considerate of human frailties.“8 Dies ist ein denkwürdiger Satz, der bedeutet: Ein Interface ist dann menschlich, wenn es auf menschliche Bedürfnisse anspricht und menschliche Schwächen be-rücksichtigt. Ein Interface sollte die Aufgabe in den Vordergrund rücken und nicht sich selbst. Man kann sa-

8 Raskin, Jef: „The Humane Interface“, 2000,

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gen, dass man das beste Interface überhaupt nicht wahrnimmt, denn nur das lässt uns uns auf die Arbeit konzentrieren.Ein weiterer für mich sehr wichtiger Designer ist Khoi Vinh. Als Design Director bei der New York Times ent-wickelte er maßgeblich das neue On-line-Design. In einer Präsentation aus dem Jahr 2007 formulierte er die Diskrepanz zwischen klassischem Print- und Interaktivem Design.9 Denn während bei Print die Rolle des Konsumenten klar definiert und die Freiheiten des Gestalters groß sind, ist das bei interaktiven Projekten eher gegenteilig. Der Print-Designer hat die Kontrolle. Er weiß, was die Konsumenten wollen, auch wenn sie es selbst noch nicht so genau wissen. Diese Kontrolle muss der Interakti-onsdesigner abgeben, er muss dem Konsumenten einen Weg bereiten und die Information, nicht die Ge-

9 Vgl.. http://de.slideshare.net/khoiv/control-an-

notated, Khoi Vinh 2007

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staltung in den Vordergrund rücken. Das hört sich für manch einen an, als sei der Designer fast schon verzicht-bar. Aber das Gegenteil ist der Fall. Alles wird lediglich „ingenieurhaf-ter“ und der Designer ist öfter ge-zwungen empirisch zu arbeiten. Das Bedürfnis des Benutzers rückt in den Vordergrund und verdrängt ein Stück weit die künstlerische Freiheit.

In seinem Buch „Ordering Disorder - Grid Principles for Web Design“ geht er auf Rastergestaltung im Webde-sign ein. Ich denke gerade bei res-ponsivem und geräteübergreifendem Design kann ein Raster ermöglichen, Stringenz zu erzeugen. Es geht um das Gefühl, über mehrere Schnitt-stellen auf ein Produkt zuzugreifen.

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Postman, Neil: „Wir amüsieren uns zu Tode“, 1985 S. Fischer Verlag

AGF/GfK Fernsehforschung

Statista - http://www.statista.com

Bund Deutscher Zeitungsverleger - http://www.bdzv.de

Mindshare - Bewegte Bilder: Klassisches Fernsehen oder Second Screen? http://bit.ly/PHZzc0

Pew Research Center - http://bit.ly/yvm9jt

AGOF Internet Facts 2012-08 - http://bit.ly/fTMd5O

Multiscreen-experience.com - Multiscreen Muster - http://bit.ly/HWHazc

Initiative D21 - Nonliner Atlas - http://bit.ly/pTrAFL

Spiegel Online - „Gericht verbietet Tagesschau-App von 2011“, 27.09.2012 - http://bit.ly/UZVAGV

BITCOM - „Das leisten Internet-Fernseher wirklich“ - http://bit.ly/vASAdy

Vinh, Khoi: „Ordering Disorder - Grid Principles for Web Design“, eBook

Quellen

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