BALANCED SCORECARD FÜR NONPROFIT-ORGANISATIONEN · 2015. 12. 6. · 2.2.5 Integration der BSC in...

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BALANCED SCORECARD FÜR NONPROFIT-ORGANISATIONEN Anpassungserfordernisse der Scorecard im Kontext spezifischer Managementprobleme in NPOs Projektarbeit NPO 5 an der Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz im Juni 2001 von Stephan Kälin und Jacques Voland betreut durch Dr. Charlotte Hofstetter © Stephan Kälin und Jacques Voland, Juni 2001

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BALANCED SCORECARD FÜR NONPROFIT-ORGANISATIONEN

Anpassungserfordernisse der Scorecard im Kontextspezifischer Managementprobleme in NPOs

Projektarbeit NPO 5an der Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz

im Juni 2001von Stephan Kälin und Jacques Voland

betreut durchDr. Charlotte Hofstetter

© Stephan Kälin und Jacques Voland, Juni 2001

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Widmung:

„Wir widmen diese Arbeit all denen, die noch die Balance suchen im Managementvon Nonprofit-Organisationen.“

Während unserer Projektarbeit haben uns folgende Worte von Ulrich immerwieder begleitet:

„Es scheint mir notwendig, wenn man die Welt des Managements verstehen will,eine umfassende Perspektive zu wählen, um die eigene Teilfunktion in einemgrösseren Zusammenhang zu sehen, und auch eine abstraktere Denkweise an-zuwenden, die erst das konkret nicht Sichtbare, Geistige an dieser gesellschaftli-chen Funktion hervortreten lässt.“

BALANCED SCORECARD FÜR NONPROFIT ORGANISATIONEN – Anpassungserfordernis-se der Scorecard im Kontext spezifischer Managementprobleme in NPOsStephan Kälin und Jacques Voland

Alle Rechte vorbehaltenCopyright © 2001 by Fachhochschule Solothurn / NordwestschweizHochschule für Wirtschaft Olten

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KURZZUSAMMENFASSUNG

Balanced Scorecard für Nonprofit-Organisationen – Anpassungserfordernisseder Scorecard im Kontext spezifischer Managementprobleme in NPOs

In der vorliegenden Arbeit werden zunächst die theoretischen Grundlagen fürNonprofit-Organisationen und der Balanced Scorecard erarbeitet und dargestellt.Insbesondere wird auf die spezifischen Managementprobleme in NPOs hingewie-sen. Die Balanced Scorecard ist ein aus der Strategie abgeleitetes Steuerungs-konzept, welche vorerst im Profitsektor eingesetzt wird. Im Hauptteil dieses Wer-kes zeigen wir, dass die BSC sich ebenfalls für Nonprofit-Organisationen eignet.Das in dieser Arbeit weiterentwickelte Konzept von Norton und Kaplan aus demProfitbereich beschreibt im Detail die für NPOs benötigten drei Perspektiven: Res-sourcen-Perspektive, Leistungserbringungs-Perspektive, und Leistungswirkungs-Perspektive. Zum Schluss weisen die Autoren auf die Möglichkeit zur Lösungspezifischer Managementprobleme in NPOs hin.

Name und Anschrift der Verfasser

Stephan Käin Jacques VolandRöslistrasse 21 Fährstrasse 498006 Zürich 3004 BernTel: +41 01 364 40 20 Tel: +41 31 302 70 64Fax: +41 01 364 40 20 Fax: +41 31 302 25 01e-mail: [email protected] e-mail: [email protected]

http://www.jacquesvoland.com

Fachhochschule Solothurn / NordwestschweizRiggenbachstrasse 16, PostfachCH-4601 Olten

Tel: +41 62 286 01 01Fax: +41 62 296 65 01http://www.fhso.ch

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INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 6

Management Summary 8

Einleitung 11

I. Grundlagen1.1 Nonprofit-Organisationen 14

1.2 Organisationen 16

1.3 Strategisches Management 18

1.1 Managementprobleme in Nonprofit-Organisationen 20

1.4.1 Zielkonflikt 20

1.4.2 Interessenkonflikt 23

1.4.3 Managementkonflikt 24

1.4.4 Finanzkonflikt 25

1.4.5 Nonprofitorganisationen und ihre Managementproblemeim Überblick 26

1.5 Das Freiburger Managementmodell 27

II. Balanced Scorecard2.1 Professor Hans Ulrich; der Ur-Vater der Balanced Scorecard? 29

2.2 Die Balanced Scorecard von Kaplan und Norton 30

2.2.1 Kritische Managementprozesse mit der BSC meistern 31

2.2.2 Elemente der Scorecard 31

2.2.3 Grundsätze 32

2.2.4 Stärken des Konzepts 33

2.2.5 Integration der BSC in Management- und Steuerungssysteme 34

1. Organisatorische Voraussetzungen für die Implementierung der BSC 34

2.2.7 Modifikationen der BSC für den NPO-Sektor nach Kaplan/Norton 36

2.3 BSC im Vergleich mit dem Kausalmodell von Probst/Gomez 38

2.4 Balanced Scorecard für Nonprofit-Organisationen - eigener Vorschlag 39

2.4.1 Anwendungsbereich 39

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2.4.2 Gliederung verbandlicher Ziele nach Roggo, als Grundrasterunseres Modells 41

2.4.3 Leistungswirkungs-Perspektive 41

2.4.3.1 Umfeldanalysen 43

2.4.4 Leistungserbringungs-Perspektive 45

2.4.4.1 Marktsicht (Marketing-View) 45

2.4.4.2 Interne Prozesssicht (Internal-View) 48

2.4.5 Ressourcen-Perspektive 49

2.4.5.1 Finanzielle Sicht (Financial-View) 49

2.4.5.2 Human Resources-View 51

2.4.5.3 Sachmittel- und Wissen (Tangible/Intangible Assets) 51

2.5 Die Huhn-Ei Frage der Perspektiven-Verbindungen 52

2.6 Die wichtigsten Vorteile und Charakteristika unseres Modells im Überblick 54

2.7 Löst die BSC spezifische Managementprobleme von NPOs? 54

III. Schlussbemerkungen und Ausblick 58

IV. Literaturverzeichnis 60

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ABBILDUNGS - UND TABELLENVERZEICHNIS

Abbildungen

Abbildung 1: Nonprofit-Organisation als System dargestellt 12

Abbildung 2: Zielsystem in Nonprofit-Organisationen 16

Abbildung 3: Zielsystemkonflikt in NPOs 17

Abbildung 4: Interessenkonflikt in NPOs mit den Machtzentren 18

Abbildung 5: Managementkonflikt in NPOs 19

Abbildung 6: Finanzkonflikt in NPOs 21

Abbildung 7: Umfeldschichten der NPO und der Leistungserstellungsprozess 23

Abbildung 8: Integration der Balanced Scorecard in Management- undSteuerungssysteme 29

Abbildung 9: Die Implementierung der Balanced Scorecard erfolgt nachHorvath in fünf Phasen 29

Abbildung 10: Umfeldschichten der NPO und der Leistungserstellungsprozess 31

Abbildung 11: Adapting the Balanced Scorecard Framework to NonprofitOrganizations 31

Abbildung 12: Duke Children`s Hospital`s Balanced Scorecard 32

Abbildung 13: Beispiel für ein Teilnetzwerk „Belegärzte im öffentlichen Spital“aus der Sicht des Politikers 33

Abbildung 14: Balanced Scorecard für Nonprofit-Organisationen 35

Abbildung 15: Inside- und Outside-Stakeholder im Kontext des Gesellschafts-systems 39

Abbildung 16: Mögliche Marketing Einsatzbereiche 41

Abbildung 17: Vorschlag bezüglich Zuordnung von Potenzialzielen zu den BSC 44

Abbildung 18: Verhältnis immaterieller zu materiellen Unternehmenswerten 47

Abbildung 19: Einfache Darstellung der BSC für NPOs 53

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Tabellen

Tabelle 1: Verschiedene Arten von Nonprofit-Organisationen und derenZwecke und Aufgaben 10

Tabelle 2: Formale und inhaltliche Aspekte von Strategien 14

Tabelle 3: Spezifische Managementprobleme in NPOs nach Konfliktarten 21

Tabelle 4: Mögliche Themen von Stakeholder-Beeinflussungszielen amBeispiel stationäre Einrichtung der Altenhilfe 38

Tabelle 5: Mögliche Inhalte von Leistungserbringungszielen am Beispielstationäre Einrichtung der Altenhilfe 42

Tabelle 6: Mögliche Inhalte von Ressourcen-Zielen 43

Tabelle 7: Zielinhalte finanzieller und nicht finanzieller Ressourcen in NPOs 45

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MANAGEMENT SUMMARY

Mit der vorliegenden Arbeit wollen wir Studierenden, Interessierten und M a-nagerInnen, Ei nblick in das Konzept der Balanced Scorecard (BSC) geben.Um das notwendige Verständnis zu schaffen, befassen wir uns zunächst mitden Grundlagen des strategischen Managements. Im Zentrum unsererÜberlegungen stehen jedoch Anpassungserfordernisse der klassischenScor ecard Architektur an die Bedürfnisse von Nonprofit Organisationen.Hierfür skizzieren wir einen eigenen Modellvorschlag und betrachten diesenim Kontext spezifischer Managementpr obleme.

Nonprofit-Organisationen sind Gebilde, die im Spannungsfeld zwischen Staat undprivaten Unternehmungen agieren und einen übergeordneten Zweck (Mission)verfolgen, der nicht primär gewinnorientiert ist. Vielmehr wollen sie Veränderungenins Leben von Menschen bringen. Häufig treten NPOs als Vereine, Stiftungen,Verbände, Parteien etc. auf und verfügen über mitgliedschaftliche Strukturen. Siegeben Leistungen an Dritte ab und vertreten die Interessen ihrer Mitglieder, Kli-enten, dem Staat, andere Organisationen oder Bevölkerungsgruppen.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht operieren NPOs oft in einer Situation des Nicht-Marktes, also an Orten, wo Angebot und Nachfrage an Gütern und Leistungennicht zusammentreffen.

NPOs sind hochkomplexe soziale Systeme, deren Überleben primär von denAustauschbeziehungen mit ihrem Umfeld abhängt. Dabei spielen die dynamischenEntwicklungen der Umwelt eine besondere Rolle. Strategisches Managementverstehen Lombriser/Aplanalp als einen Prozess, mit dem sich eine Organisationan die externe Umwelt anpassen kann. Strategisches Denken und Handeln istdeshalb für viele NPOs von zentraler Bedeutung.

Tatsache ist jedoch, dass viele NPOs entweder keine Strategien haben oderSchwierigkeiten bekunden, eine solche zu definieren. Die Gründe hierfür sindvielschichtig. Zielsystem-, Interessens-, Managementkonflikt und Finanzkonfliktebilden Problemfelder, die mit ausschliesslich auf Zahlen basierenden Planungs-und Steuerungsmodellen nicht mehr zu bewältigen sind.

Der revolutionäre Ansatz der Balanced Scorecard von Kaplan/Norton, der anfangsder neunziger Jahre für Profit Unternehmen in den USA entwickelt worden ist,verspricht auch Strategieumsetzungs- und Kommunikationsprobleme in NPOs zulösen. Obwohl bereits Professor Hans Ulrich in den siebziger Jahren ein ähnlichesModell entwickelt hat, stellt die BSC einen eigenständigen Managementansatzdar, mit dessen Hilfe die Unternehmensstrategie langfristig verfolgt werden kann.

Das Konzept geht davon aus, dass komplexe strategische Managementprozessenur dann beherrschbar sind, wenn sie mittels Kennzahlen gemessen werden kön-nen. Charakteristisch ist auch die Betrachtungsweise aus verschiedenen Perspek-tiven. So wird angenommen, dass ein Unternehmen nur dann langfristig bestehenkann, wenn es gelingt in allen Unternehmensbereichen gleichermassen erfolgreichist.

Ausgehend von den höchsten Unternehmenszielen werden strategische Ziele undMessgrössen in den Bereichen Finanzen, Kunden, Prozesse, Lernen und Entwik-

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keln definiert und ursächlich miteinander verknüpft. Die so entstandene Strategie-hypothese schliesst „harte“ monetäre sowie auch „weiche“ qualitativ auszudrük-kende Kriterien ein und schafft in Verbindung mit stufengerecht formuliertenMassnahmen ein messbares und bereichsübergreifendes Commitment. Alle Mit-arbeitenden sollen so ihren individuellen Beitrag zur strategischen Zielerreichungerkennen und gemeinsam realisieren können. Das durch den Prozess eingeleiteteÜberdenken des Status Quo soll eine Basis für bereichsübergreifende Diskussio-nen und Kommunikationsprozesse schaffen, die mit Hilfe der Scorecard als Kom-munikationsinstrument geführt werden kann.

Die aus unserer Sicht grösste Stärke der Balanced Scorecard liegt in ihrer Brük-kenfunktion als Verbindungssystem zwischen strategischer und operativer Pla-nung, welche durch die Integration der BSC in andere Management- und Steue-rungssysteme ermöglicht wird. Nur wenn jedoch die richtigen innerbetrieblichenVoraussetzungen (z.B. Führen mit Vertrauen, genügend finanzielle und personelleRessourcen etc.) erfüllt sind, kann die Balanced Scorecard ihre wahren Stärkenentfalten.

Das Basismodell der Balanced Scorecard wurde in erster Linie für den Einsatz inerwerbswirtschaftlichen Unternehmen entwickelt. 1996 war die Idee der BSC fürNonprofit- Organisationen noch in ihren Anfängen. Erst in den folgenden Jahrenfand die Einführung und Umsetzung dieses Modells vor allem in US-amerikanischen NPOs statt.

Kaplan/Norton erkannten jedoch, dass NPOs dieses Modell nicht ohne Modifika-tionen übernehmen konnten. Sie entwickelten in der Folge ein eigenes Modell, dasjedoch die zentralen Bedürfnisse und Fragen von NPOs kaum zu beantwortenvermag.

Das in einem explorativen Ansatz skizzierte Modell von Kälin/Voland basiert aufdem Modell der verbandlichen Ziele (Roggo) und dem Freiburger Management-modell für NPOs (Schwarz, Putschert, Giroud). Es weist folgende Charakteristikaund potenzielle Vorteile auf:

• Höhere Komplexität als das Profit-Modell: 7 Teilperspektiven (Sichten) in 3Haupt-Perspektiven.

• Einbezug der unternehmenspolitischen Ziele, als Grundfolie oder 4. Perspekti-ve für die anderen 3 Perspektiven.

• Verbesserte Nutzung der BSC als Frühwarnsystem durch den expliziten Ein-bezug von Stakeholder- und Umfeldanalysen.

• Hohe Umfeldorientierung durch Ableitung der Leistungswirkungsziele direktvon den Stakeholdern sowie von der Gesellschaft (Politik, Soziokultur, Ökolo-gie, Wirtschaft, Technik).

• Konsequente Ableitung der Missionsziele nach dem Prinzip: Leistungswirkung,Leistungserbringung, Leistungsentwicklung (Potenziale).

• Hohe Affinität von Leistungswirkungszielen (Output-Orientierung) und Res-sourcenzielen (Input-Orientierung) durch zirkuläre statt lineare Perspektiven-verbindungen (systemischer Ansatz)

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• Gleichzeitige Orientierung der NPO an Markt- und internen Zielen, durch Inte-grierten „Market- und Internal-View“ bereits auf Prozessebene.

• Expliziter Einbezug immaterieller Werte in der Sachmittel- und Wissenssicht(Ressourcen-Perspektive).

• Verschmelzung von Inside-Stakeholder und Outside-Stakeholder-Denkendurch die duale Betrachtungsmöglichkeit des Mitarbeitenden als Mit-glied/Leistungserbringer (Ressourcen-Perspektive) sowie als als Stakehol-der/Leistungsempfänger (Leistungswirkungsperspektive).

• Akzentuierung von Innovations-, Qualitäts-, Anpassungs-, Veränderungs- undGestaltungsprozessen durch die Inhalte der internen Sicht (Internal-View).

• Stärkung der Human Ressourcen-Sicht (Human Resources-View) aufgrund derwachsenden Bedeutung des Personalmanagements in NPOs (z.B. im Zusam-menhang mit Freiwilligen).

Die Balanced Scorecard gehört, wie zahlreiche andere Managementtechniken, zuden Instrumenten, die vor allem die Praxis in Profitunternehmen einsetzt, ohne vielüber ihre Modellannahmen bzw. Erfolgskriterien zu reflektieren. Im Bann der all-gemeinen „BSC-Euphorie“, die nicht zuletzt auch von einer schnell wachsenden„Management Theorie Industry“ getrieben wird, müssen sich Unternehmen wieauch NPOs ein eigenständiges und differenziertes Bild über die Möglichkeiten undGrenzen der BSC machen können. Dazu muss eine offene Unternehmenskulturgeschaffen werden, welche die Akzeptanz und permanente Weiterentwicklung derBSC unterstützt. Dies bedeutet auch, dass der konstruktiven Kritik an der BSCgenügend Freiraum gelassen werden muss.

Dennoch sind wir überzeugt, dass NPOs mit der Balanced Scorecard ein wertvol-les Instrument in Händen haben das – richtig verstanden und eingesetzt – in derLage ist, Managementprobleme in NPOs hervorragend zu lösen.

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EINLEITUNG

Ziel der ArbeitIn dieser Arbeit wollen wir ManagerInnen von Nonprofit-Organisationen undgewinnorientierten Betrieben, Studierenden und weiteren Interessierten einenEinblick in das Konzept der Balanced Scorecard (im folgenden auch BSCgenannt) geben.

Im Zentrum unserer Überlegungen stehen Anpassungserfordernisse der klassi-schen Scorecard-Architektur für Nonprofit-Organisationen im Kontext spezifischerManagementprobleme in NPOs.

Wie ist unsere Arbeit aufgebaut?Dem Werk liegt folgender Plan zugrunde: Zunächst wollen wir im Kapitel 1 dieGrundlagen fürs Managementdenken und insbesondere dasjenige für Nonprofit-Organisationen schaffen und zudem die spezifischen Managementprobleme einerNonprofit-Organisation darstellen. Im Kapitel 2 stellen wir Ihnen das BalancedScorecard Modell so vor, wie es Norton und Kaplan begründet haben im ge-schichtlichen Kontext der Managementlehre. Im Weiteren entwickeln wir darausein neues BSC-Modell für Nonprofit-Organisation . Danach analysieren wir imKontext spezifischer Managementprobleme dieses auf die komplexen Verhältnissein NPOs angepasste Modell. Schlussendlich ziehen wir daraus die Schlussfolge-rungen für das Management von NPOs. Im Ausblick gehen wir kurz auf die amAnfang unser Arbeit formulierten drei Thesen ein.

ThesenformulierungGrosse Wirtschaftsdenker unserer Zeit, wie Porter, Ulrich oder auch die Begründerder Balanced Scorecard Kaplan und Norten haben sehr wohl begriffen, die ver-schiedenen Kräfte des Marktes, welche auf einen Betrieb wirken, zu beschreibenoder das System darzustellen, in dem Betriebe mit ihrer Umwelt insbesondereihren Kunden in Beziehung treten. Praktisch sämtliche in diesen Systemen ablau-fenden Prozesse wurden analysiert und beschrieben. Um die daraus entstehen-den Probleme zu lösen, wurden viele Instrumente entwickelt und in die Praxisumgesetzt.

Damit wir unser weiterentwickeltes BSC-Modell im Kontext spezifischer Manage-mentprobleme in NPOs analysieren können, formulieren wir drei uns wichtigeThesen.

These 1:

Die BSC ist ein Instrument zur Umsetzung von Strategien in NPOs.

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These 2

Das bestehende BSC-Modell von Norton/Kaplan genügt den komplexen Verhält-nissen und Anforderungen einer NPO nicht.

These 3

Die BSC hilft, spezifische Managementprobleme in NPOs zu lösen.

Diese drei Thesen werden wir in den Schlussbemerkungen wieder aufnehmen.

Fragezeichen - ? –Eine von uns anfangs der Projektarbeit gemachte kurze mündliche Umfrage imZusammenhang mit BSC bei NonprofitmanagerInnen hat ergeben, dass diesesThema bei den Befragten folgende Fragen auslöst:

• Kann BSC in NPOs eingeführt werden?• Unterstützt BSC die demokratischen Strukturen einer NPO?• Schränkt BSC demokratische Entscheidungsprozesse ein?• Können auch kleine bis mittelgrosse NPOs BSC gewinnbringend einsetzen?• Berücksichtigt BSC die komplexen Stakeholderstrukturen einer NPO?• Was sind die Möglichkeiten und Grenzen von BSC in einer NPO?• Welche Möglichkeit ausserhalb der Strategieumsetzung bietet BSC?• Welche Managementkapazitäten werden durch BSC gebunden?• Was für Ressourcen werden für das BSC in NPOs gebraucht?• Führt BSC tendenziell zu einer Bürokratisierung oder Formalisierung des Ma-

nagementprozesses?• Fördert BSC Innovation und Effizienz in NPOs?• Wie setzt man BSC in NPOs um?• Was löst BSC in NPO' aus?• Was trägt BSC zur internen und externen Kommunikation bei?• Ist BSC ein Ersatz für Strategiefindung?• Zeigt BSC Strategiealternativen auf?• Ist das Norton/Kaplan Modell auf NPOs übertragbar?• Gibt es NPOs in der CH die mit BSC arbeiten?• Hat BSC mit BSE etwas zu tun?• Wie geht BSC mit der Miliz-Profi Situation in NPOs um?• Führt BSC zu einer Kostenreduktion in NPOs?• Ist BSC ein systemtheoretischer Ansatz?• Unterstützt BSC die Mission einer NPO?• Lässt BSC Benchmarking mit andern NPOs zu?• Muss BSC mit der Hilfe von externen Beratern begleitet werden?• Wirkt BSC vernetzend?

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• Fördert BSC die MitarbeiterInnenmotivation• Möglichkeiten und Grenzen

Die kleine Umfrage hat uns bestätigt, dass BSC durchaus bei Nonprofitmanager-Innen auf Interesse stösst. Viele Fragen beziehen sich auf die Praxis . Bevor manBSC aber umsetzen kann, muss die Theorie bereitgestellt werden, respektive dasbisherige BSC-Modell von Kaplan und Norten analysiert werden und auf seineTauglichkeit für NPOs überprüft werden. Dies werden wir in der vorliegendenArbeit auch machen und Ihnen damit auch die BSC näherbringen im Kontext spe-zifischer Managementprobleme in NPOs.

Balanced Scorecard ist von der USA herkommend seit wenigen Jahren in einigenProfitbetrieben der Schweiz im Trend. Neben den klassischen Betrieben wie dieBBC und Swissair sind die Migros und die Postfinance am Einführen und am Um-setzen von der BSC. In den einschlägigen Buchhandlungen ist die Literatur überdie BSC in den vordersten Regalen zum Thema Wirtschaft. Die Praxis hat bishergezeigt, dass die Balanced Scorecard erfolgreich sein kann. Die BSC benötigtmessbare Daten. Im Bereiche der harten Faktoren eines Betriebes sind dieseeinfach messbar. Die Schwierigkeiten tauchen dort auf, wo wir weiche Faktorenmessbar machen müssen. NPOs mit ihren komplexen Strukturen enthalten be-sonders viele weiche Messgrössen. Kann nun das klassische Balanced ScorecardModell, wie es Norton/Kaplan behaupten, einfach auf NPOs übertragen werdenoder bedarf es gewissen Anpassungen und Erweiterungen? Dieser und vielenanderen Fragen sind wir in den nächsten Kapiteln aus systemischer Sicht nach-gegangen.

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I. GRUNDLAGEN

Einleitung Kapitel IMit dem folgenden Kapitel wollen wir die Grundlagen für das Verständnis vonNonprofit-Organisationen schaffen und deren spezifischen Managementproblemedarstellen. Am Schluss dieses Kapitels möchten wir Ihnen kurz das FreiburgerManagement-Modell für Nonprofit-Organisationen vorstellen, welches nicht nur inausgezeichneter Weise NPOs und ihr Funktionieren erläutert, sondern auch einAusgangspunkt unserer Überlegungen für die Erschaffung eines Modells der Ba-lanced Scorecard für Nonprofit-Organisationen war.

1.1 Nonprofit-OrganisationenWas sind Nonprofit-Organisationen? Die Beantwortung dieser Frage ist von ent-scheidender Bedeutung für das Verständnis solcher Organisationen. Das Wort“nonprofit” bezieht sich auf die Art und Weise eines Geschäftes , welches soabläuft, dass es den Mitgliedern keine erwirtschafteten Gewinne zukommenlässt. “Profit” in diesem Kontext ist ein Begriff, der zwar mit dem Gedanken desProfits in Beziehung tritt, aber nicht dessen Philosophie als allgegenwärtiges zuerfüllendes Ziel übernimmt. An dessen Stelle tritt der Auftrag (“Mission”) als Er-bringung einer spezifischen Leistung zur Deckung eines bestimmten Bedarfes.

Die meisten Nonprofit-Organisationen treten insbesondere als Vereine, Sti f-tungen, Verbände, Karitativorganisationen, Clubs, Parteien u.a. auf. Schwarz(1999) definiert solche Nonprofit-Organisationen als all jene “zwischen” dem Staatund den privaten Unternehmungen (erwerbswirtschaftliche Organisationen) lie-gende Gebilde, welche nebst ihrer Mission mitgliederschaftliche Strukturen haben,Leistungen an Dritte abgeben, die Interessen der Mitglieder oder Klienten gegen-über dem Staat und anderen Organisationen vertreten, sowohl Dienstleistungenan einzelne Personen (Individualgüter) wie auch Wirkungen für ganze Bevölke-rungsgruppen (Kollektivgüter) erzeugen und durch ehrenamtliche Mitarbeit in denobersten Entscheidungsgremien (Vorstände, Stiftungsräte) gekennzeichnet sind.In vielen Nonprofit-Organisationen erbringen nebst den möglichen angestelltenProfis noch Mitglieder oder Dritte als Freiwillige unentgeltliche NPO-Leistungen.Badelt (1997) unterstellt den Nonprofit-Organisationen noch ein Mindestmass anformaler Organisation und Selbstverwaltung.

Die Volkswirtschaftslehre macht die Abgrenzung dieser Nonprofit-Organi-sationen gegenüber dem Staat und bezeichnet diese als den “dritten Sektor” .Daraus ergibt sich der viel gebrauchte Begriff Non-Government-OrganisationNGO.

Definitionsunterschiede gibt es insbesondere zwischen dem amerikanischen unddem deutschen Schrifttum. Die amerikanische Forschung lehnt sich an das volks-wirtschaftliche Modell mit einer klaren Trennung zwischen der öffentlichen Hand

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und den NPOs, während in Europa teilweise der Staat und die Nonprofit-Organisationen zu einem Sektor zusammenfasst werden.

Im Folgenden werden wir uns an die amerikanische Sichtweise anlehnen,welche auch dem Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organi-sationen zugrunde liegt . Die verschiedenen Arten von Nonprofit-Organisationenund deren Zweck/Aufgaben können in der folgenden Tabelle 1 eingesehen wer-den.

Tabelle 1: Verschiedene Arten von Nonprofit-Organisationen und deren Zwek-ke/Aufgaben (vgl. Schwarz, Purtschert, Giroud 1999, S.21)

NPO Trägerschaft Zweck Arten, Typen

StaatlicheNPO

Gemeinwirt-schaftliche NPO

Erfüllung demokrati-sche festgelegter öf-fentlicher Aufgaben

• Öffentliche Verwal-tungen

• Öffentliche Betriebe• Verkehr• Spital, Heim, Anstalt

Private

NPO

WirtschaftlicheNPO

Förderung und Vertre-tung der wirtschaftli-chen Interessen derMitglieder

• Witschaftsverband• Arbeitnehmerorgani-

sation• Berufsverband• Konsumentenorgani-

sation• Genossenschaft

SoziokulturelleNPO

Gemeinsame Aktivitä-ten im Rahmen kultu-reller, gesellschaftlicherInteressen, Bedürfnisseder Mitglieder

• Sportverein• Freizeitvereine• Kirche, Sekte• Privatklub• Spiritistischer Zirkel

Politische

NPO

Gemeinsame Aktivitä-ten zur Bearbeitungund Durchsetzungpolitischer ideelerInteressen und Wert-vorstellungen

• Politische Partei• Natur-, Heimat-,

Umweltschutzorgani-sationen

• Organisierte Bürger-initiativen

Karitative

NPO

Erbringen karitativerUnterstützungsleistun-gen an bedürftigeBevölkerungskreise(Wohltätigkeit, Ge-meinnützigkeit)

• Hilfsorganisationenfür Betagte, Behin-derte, Geschädigte,Süchtige, Arme

• Entwicklungshilfe-Organisationen

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht operieren Nonprofit-Organisationen oft ineiner Situation des Nicht-Marktes, also an Orten, wo Angebot und Nachfrage anGütern und Leistungen nicht zusammentreffen. Der Steuermechanismus desfreien Marktes, welcher auf die Produktion und den Preis von Gütern wirkt, fälltweg.

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1.2 OrganisationenGrundsätzlich ist eine Organisation eine bewusst organisierte Gruppe von Men-schen (Mitglieder) mit einem übergeordneten gemeinsamen Ziel oder einem Setvon Zielen. Nichtgewinnorientierte und geschäftliche Organisationen können auszwei Gruppenmitgliedern bis einigen Tausend bestehen. Es sind verschiedenewichtige Aspekte zu beachten, wenn man das Ziel einer Organisation betrachtet.Die verschiedenen Gesichter einer Organisation sind vordergründig erkennbar undsie bewegen sich unbeobachtbar im Hintergrund. Dies ist in einem strategischenManagementprozess, den wir im nächsten Kapitel näher erläutern werden, vonBedeutung.

Die Mitglieder einer Organisation haben oft ein Bild in sich, welches ihnen zeigtwie die Organisation arbeiten soll oder wie es aussehen sollte, wenn die Organi-sation gut läuft. Dies bezeichnet man als Vision .

Organisationen funktionieren gemäss einem übergeordeten Zweck oder auchMission genannt.

Alle Organisationen haben allgemeingültige Werte oder Prioritäten, wie sie ihreAktivitäten zu bewerkstelligen haben. Diese Werte sind die Persönlichkeit oder dieKultur einer Organisation.

Organisationsmitglieder arbeiten oft um Ziele zu erreichen, welche die Mission er-füllen. Solche Ziele sind von strategischer Art.

Organisationen verfolgen normalerweise allgemeine Annäherungen, um die Zielezu erreichen. Dies wird als Strategie bezeichnet.

Es hilft uns, wenn wir Organisationen als Systeme vorstellen. Ein System ist eineorganisierte Ansammlung von Teilen, welche hochkomplex integriert sind, um einübergeordnetes Ziel zu erreichen. Das System hat verschiedene Inputs , welcheüber Prozesse bestimmte Outputs erzeugen. Diese verschiedenen Teile sindselbstverständlich rückgekoppelt, um das übergeordnete Ziel einer Organisationzu sichern. Die Ebene solcher Systeme mit Grenzen, welche sich selbst regene-rieren, bezeichnet man als geschlossen. Diese Geschlossenheit muss in Einklanggebracht werden mit einer Art Offenheit des Systems. Diese Offenheit ist derAustauschprozess mit der Umwelt (Piaget 1974). Es gibt verschiedene Systeme,von einfachen, mechanischen, biologischen, ökologischen bis zu sozialen Syste-men. Organisationen sind soziale Systeme. Komplexe Systeme, wie z.B. sozialeSysteme, beinhalten verschiedene Subsysteme, welche hierarchisch angeordnetsind. Diese haben ihre eigenen Grenzen mit den betreffenden Inputs und Outputsinbegriffen.

Die Inputs eines Nonprofit-Organisationssystems sind Ressourcen wie Rohmate-rialien, Geld, Technologien und Arbeitskräfte. Diese Ressourcen durchlaufen ei-nen bestimmten Prozess im System. Das Resultat dieses Prozesses sind dieDienstleistungen oder Produkte der Organisation für die KundenInnen oderKlientenInnen. Rückmeldungen, sogenannte Rückkoppelungen, kommen z.B.von den MitarbeiterInnen einer Organisation, von den KundenInnen/KlientInnen,

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welche die Produkte und die Dienstleistungen nutzen, oder vom weiteren Umfeldder Organisation, wie Staat, Gesellschaft, Ökonomie oder Technologie. Diesessystemische Zusammenspiel führt bei Nonprofit-Organisationen dazu, dass dasübergeordnete Ziel oder die Mission erreicht werden kann. Warum ist es sowichtig eine Organisation als System zu betrachten? Systemtheorie bringt imManagement von Organisationen eine neue Perspektive, sie hilft die eigene Orga-nisation umfassender zu betrachten. Das Fokussieren auf eine Gegebenheit ineiner Organisation wird aufgelöst, die einzelnen Teile werden zu einem Ganzen,die Organisation wird greifbar. Wichtige Teile der Systemtheorie , welche dieBiologen Maturana und Varela (1966) begründet haben, beeinflussen das heutigeManagement einer Organisation. Das Verhalten eines Systems und somit einerOrganisation ist abhängig von seiner ganzen Struktur und ist nicht das Pr o-dukt der Summe der einzelnen Teile . Ebenfalls haben Systeme eine optimaleGrösse und sie haben die Tendenz mit dem Umfeld ein Gleichgewicht herz u-stellen. Eine zirkuläre Beziehung besteht zwischen dem ganzen System undseinen Teilen. Bei solchen Systemen mit Rückkoppelung, also selbstgeste u-erten, fallen Ursache und Wi rkung zeitlich zusammen.

Abbildung 1: Nonprofit-Organisation als System dargestellt (eigene Darstellung inAnlehnung an Schwarz P., Purtschert R. und Giroud C. 1992, S. 42)

Nonprofit-Organisation

Prozesse zur Herstellung derDienstleistung/Produkt

Output:

Dienstleistungoder Produkt fürdie Klien-tIn/KundIn

Input:

Bereich derRessourcen

Umfeld:Staat, Gesellschaft, Ökonomie und Technologie

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1.3 Strategisches ManagementStrategisches Management bestimmt, wohin eine Organisation in den nächstenJahren gehen wird und wie sie dorthin gehen will . Typischerweise betrifft die-ser Prozess die ganze Organisation. Es wird versucht, solche Fragen zu beant-worten wie: “Was ist unsere Mission?”. “Was sind unsere Ziele in der Zukunft?”.“Wohin sollten wir unsere Ressourcen steuern und wie sollten wir die Strukturender Organisation in Zukunft ändern, um unsere Mission zu erfüllen?”. Strategi-sches Management hilft uns nun, solche Fragen zu beantworten. Lombriser undAlplanalp (1998) verstehen unter strategischem Management den Prozess, mitdem sich eine Organisation an die externe Umwelt anpasst . Das heisst, nichtnur die inneren Aktivitäten einer Organisation sind von Bedeutung, sondern auchdie dynamischen Entwicklungen der Umwelt. Das Management einer Organisationmuss nun diese Entwicklungen antizipieren, analysieren, bewerten und im Strate-gieentscheidungsprozess mitberücksichtigen. Mehrere neuzeitliche Faktoren ver-deutlichen, warum die Umweltdynamik immer wichtiger wird und auch Nonprofit-Organisationen betrifft. Die Märkte werden globalisiert und die Konkurrenz istintensiver geworden. Der Technologiewandel mit dem revolutionären Computer istenorm schnell geworden und die soziokulturellen Entwicklungen mit dem damitverbundenen Wertewandel haben auch vor Nonprofit-Organisationen keinen Haltgemacht. Denkt man an das immer schwieriger werdende Rekrutieren von Mit-gliedern, das Fragezeichen hinter den veralterten Missionen und die zunehmen-den Schwierigkeiten im Bereiche Fundraising für Nonprofit-Organisationen ist derneuzeitliche Wandel und Trend verständlich.

Der Begriff Strategie geht ursprünglich auf die griechischen Worte “Stratos” (Heer)und “agein” (führen) zurück. Somit kann man anstatt Strategie auch sagen “dieKunst ein Heer zu führen”. Die Harward Business School hat dann in den 50erJahren den Strategiebegriff in die Betriebswirtschaftlehre aufgenommen. Darausentwickelten sich verschiedene Strategieansätze- und Konzepte.

Nach Malik (1992) kann man die vielen bestehenden Managementkonzepte inzwei grundlegende Ausrichtungen unterteilen – die systemisch-evolutionäreund die konstruktivistisch-technomorphe . Den konstruktivistischen Ansä t-zen liegt die klassische Mechanik und Logik zugrunde . Mit vorhandenen Me-thoden und Theorien werden dabei schrittweise Modelle konstruiert. Dabei werdenbewusst nichtlogisch ableitbare Zusammenhänge ausgeklammert. Das Resultat istein konstruiertes Modell zur Komplexitätsbeherrschung einer Organisation. Derinnere Bereich wird mittels bewusst gestalteter Strukturen und Prozesse gesteu-ert. Die Komplexität des äusseren Umfeldes wird mittels Analyse und nachfolgen-der Informationsverdichtung verkleinert. Typisch konstruktivistische Modelle basie-ren auf der Definition der Grundlegenden Unternehmensziele, Umweltanalyse(Chancen und Risiken), Unternehmensanalyse (Stärken und Risiken), Strategie-findung und Operationalisierung mittels Durchsetzung. Zugrunde liegen dem kon-struktiven Modell die Prämissen, dass die Strategiefindung gesteuert und struktu-riert wird, strategische Entscheidungen auf einer umfassenden Analyse der Ist-Situation aufbauen, die Verantwortung der Strategiefindung bei den oberstenOrganen einer Organisation liegt, die Einzigartigkeit der Strategie ein Muss ist, um

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sich von der Konkurrenz abzuheben und schlussendlich muss die Strategiedurchgesetzt werden.

Beim systemischen Managementansatz steht die gegenseitige Abhängigkeit(Interdependenzen) eines Systems (Organisation) mit dessen Umfeld imZentrum . Systeme sind dabei von Natur aus immer bemüht beim Managen dieserInterdependenzen durch die Bildung innerer Strukturen ein Komplexitätsgefällezum Umfeld zu erzeugen. Die Systemstruktur führt dazu, dass dadurch die Um-feldkomplexität geringer wahrgenommen wird und das System damit einen leichte-ren Umgang mit dem Umfeld hat. Der isolierte Blick des konstruktivistischen Ursa-che-Wirkungsdenken fällt beim systemischen Ansatz weg. Dagegen tritt eine Len-kung des Gesamtsystems unter Akzeptanz der Komplexität. Dem systemischenParadigma liegt eine sich selbst regenerierende Ordnung zugrunde.

Strategische Konzepte sind meistens nicht per se systemisch oder konstruktivi-stisch. Die Unterteilung von Malik zeigt zwei Extreme auf. Irgendwo dazwischenbefindet sich schlussendlich das in der Praxis gewählte strategische Management.

Lombriser und Alplanalp (1998) zeigen sehr gut, dass auf jeden Fall strategischesManagement ein umfassender Begriff mit inhaltlichen, formalen und sowohl ratio-nalen wie emotionalen Aspekten ist. Die folgende Abbildung zeigt schön die Ker-nelemente einer Strategie.

Tabelle 2: Formale und inhaltliche Aspekte von Strategien (vgl. Rühli 1989, S.16)

Formale Aspekte Inhaltliche Aspekte

• Sie weisen umfassenden Charakterauf

• Sie sind langfristig und zukunftsori-entiert

• Sie stützen sich auf stark aggre-gierte Informationen

• Sie basieren sowohl auf geplantemHandeln, als auch auf Flexibilität,Kreativität und unternehmerischemLernen

• Sie enthalten rationale, motivierendeund emotionale Element

• Sie sind fundamental erfolgsorien-tiert

• Sie sind sowohl extern auf attraktiveTätigkeitsfelder als auch intern aufFähigkeiten ausgerichtet

• Sie schliessen sowohl Ziele als auchMassnahmen und Mittel (Ressour-cen) ein

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1.4 Managementprobleme in Nonprofit-OrganisationenDie Globalisierung , der gesellschaftliche Wertewandel und der Trend der Ge-sellschaften zu Kommunikations- und Informations”verbänden ” fordert auchdas Management von Nonprofit-Organisationen neu heraus. Missionen müssenüberdenkt und neu definiert werden. Die operationellen und strategischen Ele-mente der Organisationen müssen entflechtet werden. Professionalisierung,Organisationsentwicklung und Markttauglichkeit von Nonprofit-Organisationensind angesagt, um die Managementprobleme in NPOs zu lösen. Die BalancedScorecard ist sicherlich ein Instrument, dass dabei behilflich sein kann. Um aberdiese Probleme angehen zu können, müssen wir Sie zunächst erkennen undanalysieren.

Nonprofit-Organisationen können gemäss bestandener Literatur verschiedenespezifische Managementprobleme in NPOs haben (Schwarz P. 1986, Badelt1999, Gmür/Brandl 2000, Berens/Karlowitsch/Mertens 2000 und Kaplan/Norten2001). Wir haben die Probleme in vier Hauptklassen zusammengefasst und un-terteilt:

• Zielsystemkonflikt• Interessenkonflikt• Managementkonflikt• Finanzkonflikt.

Nonprofit-Organisationen können nur von einem Problemkreis betroffen sein oderaber von einer Mischung mehrerer.

1.4.1 ZielsystemkonfliktEs ist eine Tatsache, dass Nonprofit-Organisationen entweder keine Strategienhaben oder beträchtliche Schwierigkeiten bekunden solche zu definieren. Ja wennsie überhaupt wissen, wohin es gehen soll, so muss die Strategie nicht nur definie-ren, was die Organisation beabsichtigt, sondern auch, was sie nicht will, wie esMichael Porter postuliert (Kaplan/Norten 2001, Kapitel 5). NPOs betrachten ihreMission als gegeben, sie wird in den meisten Fällen nie hinterfragt, geschweigeden neuen Gegebenheiten, welche im Laufe der Zeit sich ändern angepasst. DieZielsetzungen von Nonprofit-Organisationen sind nur begrenzt mit Erfolgskriterienvon profitorientierten Unternehmungen vergleichbar, in der die Gewinnmaximie-rung als Formalziel einen hohen Stellenwert hat. Das Formalziel Gewinn ist imNonprofitbereich dem Sachziel, welches die inhaltlichen Zielsetzungen des Orga-nisationszweckes und -auftrages beinhaltet, untergeordnet (Gmür/Brandl 2000).

Auch Badelt (1999, S.150) bestätigt, das gegenüber gewinnorientierten Unter-nehmen das Zielsystem einer NPO mehrdimensional und komplex ist, in demviele Komponenten qualitativer Natur sind. Die Folge ist eine Erschwernis für dasMessen der Zielerreichung in NPOs. Diese mehrschichtigen Dimensionen enste-

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hen aus der Vielzahl der Anspruchsgruppen (Stakeholder) in denen sich NPOsbewegen. Die Stakeholder im Nonprofitbereich haben teilweise sehr unterschiedli-che Zielvorstellungen. Das Oberziel einer NPO ist wie schon erwähnt die soge-nannte Mission, welche die Basis aller weiteren Entwicklungen bildet.

Um den Zielsystemkonflikt überhaupt zu begreifen, muss man eine Vorstellungdes Zielsystems in NPOs haben. Horak (1993 ) schlägt folgende Einteilung derZiele vor.

• Leistungswirkungsziele beziehen sich auf die Wirkungen, die bei den unter-schiedlichen Anspruchsgruppen (Stakeholder) erzielt werden sollen.

• Leistungserbringungsziele, welche den zu erbringenden Output in konkretenLeistungseinheiten definieren.

• Potenzial- und Verfahrensziele betreffen die interne Sicht der NPO und legenZiele in bezug auf Ressourcen und Prozesse fest.

• Formalziele, welche den Sachzielen untergeordnet sind, und die weiterenRahmenbedingungen für das Handeln einer Nonprofit-Organisation darstellen.

Die folgende Abbildung zeigt das Zielsystem.

Abbildung 2: Zielsystem in Nonprofit-Organisationen (eigene Darstellung)

Die eigentlichen Probleme dieses Zielsystems in Nonprofit-Organisationen liegendarin, dass das Oberziel – die Mission – in vielen Fällen nicht mehr zeitgemässist. Friedenspolitische Missionen zum Beispiel sind in der Ära des Jahrtausend-wechsels in unserer Gesellschaft nicht im Trend. Mitglieder, Geld und Infrastrukturdafür sind schwieriger zu rekrutieren oder bereitzustellen. Ebenfalls entsprechen

Oberziel Mission

Leistungswirkungsziele Leistungserbringungsziele

Potenzial- undVerfahrensziele Formalziele

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Missionen nicht unbedingt den Zielvorstellungen aller Interessengruppen . Sokann die gesellschaftliche Erwartung an ein Alters-und Pflegeheim z.B. finanziellanders gelagert sein als die die gewünschte Lebensqualität der BewohnerInnenentgegenkommen würde. Und das Betreuungspersonal kann sich damit konfron-tiert sehen, dass die vom Staat zur Verfügung gestellten Gelder nicht ihrem Be-treuungskonzept entsprechen. Die Mission, welches ein Sachziel darstellt undgegenüber dem Formalziel Gewinn dominant ist, ist schwierig messbar und dem-zufolge für das Management schlecht steuerbar . Im Nonprofitsektor sind solcheZiele viel starrer als in Profitbetrieben und können den sich verändernden Rah-menbedingungen schlecht angepasst werden. Ziele und Strategien verändern sichlangsam, die Leistungen der NPOs sind gesellschaftlich dringend und teilweiseunersetzlich und führen zum Beispiel dazu, dass ein unrentables an einem Plege-heim angeschlossenes Rehabilitationszentrum nicht einfach geschlossen werdenkann und irgend eine andere rentable Dienstleistung angeboten werden könnte. Inder folgenden Abbildung stellen wir Ihnen den Zielsystemkonflikt dar.

Abbildung 3: Zielsystemkonflikt in NPOs (eigene Darstellung)

Mission nicht zeit-gemäss

Sachzieldominanz

Ziele starr und nicht flexibelVerschiedene Interessen-

gruppen verfolgen ver-schiedene Ziele

Ziele schlechtmessbar und

steuerbar

Zielsystemkonflikt

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1.4.2 InteressenkonfliktIn einer Nonprofit-Organisation müssen mehr als nur die Interessen der Mitgliederbefriedigt werden. Die Vielzahl der Interessengruppen (Stakeholder) löseneinen Interessenkonflikt aus . Dazu kommt noch, dass mitgliederschaftlicheOrganisationen die Leistungen entweder an Mitglieder oder an externe Leistungs-empfänger richten können, welche aber keine Gegenleistung in Form von Gelderbringen. An Stelle des rein ökonomisch verstandenen Kundennutzens treten dieErwartungen der Leistungsadressaten der Organisation. Die Leistungsadressatensind demzufolge nicht die wirtschaftliche Grundlage von Nonprofit-Organisationen.Das bedeutet für NPOs komplexere Verknüpfungen, als es bei Profitunternehmender Fall ist. Die beteiligten Gruppen in NPOs (Mitglieder, Abgeordnete, Miliz-Führungsorgane, Freiwillige, Profis) vertreten verschiedene Interessen undbilden auch unterschiedliche Machtzentren, welche Spannungen und Ko n-flikten unterliegen können . Das demokratische Prinzip mit Wahlen und Abstim-mungen ist ein wesentlicher Steuerungsmechanismus von Interessen in Nonprofit-Organisationen und für das Management wesentlich.

Abbildung 4: Interessenkonflikt in NPOs mit den Machtzentren (vgl. Schwarz P.1986, S. 19)

MachtzentrumAbgeordnete

Machtzentrum Mitglieder

Machtzentrum Lei-tungsorgane

Machtzentrum Mitarbeiter

MachtzentrumGeschäftsführer

Interessenkonflikt

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Das Problem des Intersessenkonfliktes liegt nun darin, dass es schwierig ist,viele Machtzentren zu steuern und zu einer Einigung zu bringen . Zudem istdie Verteilung der Kompetenzen auf verschiedene Machtzentren problematisch.Die formalen Entscheidungskompetenzen, welche von den Mitglieder ausgehen(Basisdemokratie) und schlussendlich top-down auf die Geschäftsleitung wirken,liegen entgegengesetzt zu den sachlich-fachlichen Kompetenzen der Entschei-dungsvorbereiter, welche ihren Ursprung in der Geschäftsführung haben. DieseKompetenzen verlaufen wiederum top-down, aber nun entgegengesetzt von derGeschäftsleitung bis zu den Mitgliedern.

1.4.3 ManagementkonfliktIn Nonprofit-Organisationen besteht nach wie vor ein Defizit an Management-Know-how einerseits und andererseits auch eine Abwehrhaltung gegenüberden Werkzeugen von profitorientierten Unternehmungen . Dies konkretisiertsich in mangelhaftem Management-Wollen, Management-Können und Man a-gement-Tun (Schwarz 1986, S. 24 f.). NPOs haben Mühe, mit Management et-was anzufangen, denn sie fühlen sich ja so anders. Die Meinung, dass die Be-triebswirtschaftlehre nicht auf die spezifischen Probleme von mitgliederorientiertenOrganisation passt, ist immer noch verbreitet. Zudem fühlen sich die Milizer allesandere als Manager. Der Hinweis, dass NPOs anders funktionieren als betriebs-wirtschaftliche Unternehmen ist berechtigt und mit dem meistens wegfallendenMarkt ist die Situation tatsächlich anders. Nichtsdestotrotz können die Manage-mentlehre und seine Werkzeuge dem komplexeren Gebilde einer NPO angepasstwerden oder dort, wo es nicht möglich ist weggelassen werden. Auch wenn Non-profit-Organisationen oft auf Nichtmärkten ihre Dienstleistungen anbieten, ist Mar-keting eine wesentliche Aufgabe.

Abbildung 5: Managementkonflikt in NPOs (eigene Darstellung)

Mangel an Management-Know-how

Differenzierte KundIn-nen/KlientInnenorientierung

Abwehrhaltung gegenüberprofessionellem ManagementNichtmarktsituation

Differenzierte Personal-strukturen

Managementkonflikt

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Die Kunden/Klientengruppen von NPOs , welche vielschichtig sind und unte r-schiedliche Bedürfnisse haben, fordern die NPOs zu einer KundenInnen undKlientInnenorientierung heraus. Preisleistungsmöglichkeiten, Kommunikation mitden Ansprechsgruppen und Leistungsdistribution haben im Marketing-Mix spezifi-sche Besonderheiten für NPOs. Die Personalstruktur einer NPO ist durch einestarke Differenzierung (Bezahlte, Ehrenamtliche, Zivildienstler usw.) gekennzeich-net und fordert das Management automatisch heraus. MitarbeiterInnenführungund Aufbau der Personalstrukturen sind unterschiedlichen Anforderungen unter-worfen (Badelt 1999, S.150).

Unter dem Gesichtspunkt eines effizienten und erfolgsversprechenden Manage-ments ist die Nichtmarkt-Situation ein einschneidender Nachteil und erzeugt au-tomatisch schwierige Probleme für das Management bezüglich Zielsetzung, Pla-nung und Kontrolle. Erschwert wird diese Situation durch die Abwehrhaltung derMitglieder u.a. gegenüber einem professionellen Management, was auch dazuführt, dass viele NPOs nicht professionell und auf ihre spezifischen Probleme hingeführt werden oder werden können.

1.4.4 FinanzkonfliktDie Finanzierungsstrukturen von NPOs sind tendenziell anders und indirekter alsbei Profitunternehmen. Die Einnahmen bestehen nicht primär aus Umsätzen unddem darausfolgendem Cashflow, sondern indirekt durch staatliche Zuwendu n-gen, Mitgliederbeiträge, Stiftungserträge, Spenden und Sponsorengelder .Die Finanzen sind in einer NPO nicht das Ziel, sondern eine überlebenswichtigeRessource. Diese indirekte Finanzierungsstruktur fordert die NPO-ManagerInnenheraus, die Finanzen anders als gewohnt zu positionieren und zu bewirtschaften(Berens/Karlowitsch/Mertens 2000).

Viele Nonprofit-Organisationen unterhalten einerseits aus Angst, Gewinn zuerwirtschaften und auch aus Kostengründen das Rechnungswesen minimal undschlank. Somit sind die Finanzen für das Management schlecht steuerbar. Zudemwerden die Preise für die Dienstleistungen oder Produkte einer Nonprofit-Organisa-tion nicht durch den Markt bestimmt und sind schwer zu definieren.

Für das Management von NPOs stellt der Finanzkonflikt deshalb ein Problem dar,weil die Finanzen wegen des betriebswirtschaftlichen Gedankenguts falsch posi-tioniert werden und die Angst Gewinn zu erwirtschaften, dazu führt, dass die indi-rekte Finanzierung nicht erkannt wird und die Position dieser Ressource diffusbleibt. Damit wird auch eine nachhaltige Erhaltung dieser lebensnotwendigenRessource verhindert, denn Gewinn zu erwirtschaften, um zu Reinvestieren unddamit die Nonprofit-Organisation langlebig zu machen, ist ein Tabu. Dieser Me-chanismus untergräbt zudem die eigentliche Mission einer NPO.

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Abbildung 6: Finanzkonflikt in NPOs (eigene Darstellung)

1.4.5 Nonprofit-Organisationen und ihre Managementprobleme imÜberblick

Zusammengefasst möchten wir Ihnen die spezifischen und wichtigsten Manage-mentprobleme welche in verschiedensten Färbungen in NPOs vorkommen in einertabellarischen Abbildung darstellen.

Tabelle 3: Spezifische Managementprobleme in NPOs nach Konfliktarten

Konfliktart Spezifisches Managementproblem in einer NPO

Zielsystemkonflikt • Mission nicht zeitgemäss• Sachzieldominanz• Verschiedene Interessengruppen verfolgen verschiedene

Ziele• Ziele schlecht messbar und steuerbar• Ziele starr und nicht flexibel

Interessenkonflikt • Machtzentrum Abgeordnete• Machtzentrum Mitglieder• Machtzentrum MitarbeiterInnen• Machtzentrum Leitungsorgane• Machtzentrum Geschäftsführer

Managementkonflikt • Mangel an Management-Know-How• Stark differenzierte KundenInnen/KlientInnenorientierung

Es darf ja kein Gewinnerwirtschaftet werden

Indirekte Finanzierungs-strukturen

Mangelhafter Aufbau desRechnungswesens unddes

Controllings

Finanzkonflikt

Nicht das Ziel, sondern über-lebenswichtige Ressource

Keine marktgerechtenPreise

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• Stark differenzierte Personalstrukturen• Nichtmarktsituation• Abwehrhaltung gegenüber professionellem Management

Finanzkonflikt • Es darf kein Gewinn erwirtschaftet werden (Angst)• Finanzen sind nicht das Ziel, sondern eine überlebens-

wichtige Ressource• Keine marktgerechten Preise• Mangelhafter Aufbau des Rechnungswesens und des

Controllings• Indirekte Finanzierungsstrukturen

1.5 Das Freiburger Managementmodell für NPOsEine wichtige Grundlage unserer weiteren Überlegungen bildet das FreiburgerManagementmodell für NPOs, dass nachfolgend kurz vorgestellt wird und das ei-ne wichtige Basis unseres eigenen BSC-Modellvorschlags ist.

Trotz der hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung von Nonprofit-Organisationen,hat die betriebswirtschaftliche Forschung im sog. Dritten Sektor lange Zeit einSchattendasein gefristet. Im deutschsprachigen Raum gab es nur vereinzelteAktivitäten an Universitäten, was sich bis vor wenigen Jahren auch im Fehlendeutschsprachiger Literatur manifestierte.

Anders das etablierte Institut für Verbandsmanagement (VMI) an der Universität inFribourg, das seit Beginn der achtziger Jahre diesen Bereich wissenschaftlichbearbeitet und die Ergebnisse im Freiburger Managementmodell für Nonprofit-Organisationen zusammenfasst (vgl. Schwarz, Putschert, Giroud 1995.) DiesesOrdnungsmodell (siehe Abbildung 10), das nachfolgend kurz beschrieben wird,diente uns bei der Skizzierung unser eignen BSC-Modellarchitektur als wichtigeWissens- und Inspirationsquelle. Dieses Modell wurde geschaffen, um Lehrendenund Studierenden einen möglichst umfassenden Überblick über das äusserstvielfältige und komplexe Problemfeld NPO-Management zu geben. Zudem soll derLeser aus der Lektüre, die mit rund 70 Abbildungen (Tabellen & Grafiken) illustriertist, ein Gefühl für die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von NPOs und FPOserlangen. Die NPO wird hier grundsätzlich als offenes, u mfeldabhängiges S y-stem versta nden das mit seinen Umfeldern vielfältige Austauschbeziehungenunterhält. Einerseits sind damit Input-Output-Beziehungen zu Dritten, Mitglie-dern, Märkten, KlientInnen etc. gemeint, anderseits werden Beziehungen und ihreWechselwirkungen zu weiter entfernten sog. Orientierungsumfeldern (Wirtschaft,Politik, Ökologie etc.) aufgezeigt. Die im sog. NPO-System anfallenden Manage-mentaufgaben werden in drei Managementfelder eingeteilt: das „System-Management“, das alle der NPO formal übergeordneten Aufgaben umfasst, das„Marketing-Management“ und das „Ressourcen-Management. Diese Aufbaulogik,die auch jedes der drei Managementfeld strukturiert, kann mit Schubladen vergli-chen werden, welche das Zuordnen, Auffinden und Ergänzen von Informationenerleichtern.

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Das Management-Modell ist also keine Managementlehre im umfassenden Sinn,sondern eine analytisch-beschreibende Darstellung wesentlicher Elemente undKomponenten der NPO-Management-Lehre. Es ist ein Arbeitsmodell und bildeteinen Denkrahmen , welche die Inhalte und den Gegenstand der Managementleh-re in NPOs aufzeigt und offen ist für Ergänzungen und Anpassungen, welche sichaus den Anforderungen des sich rasch wandelnden NPO-Umfeldes ergeben

Abbildung 7: Umfeldschichten der NPO und der Leistungserstellungsprozess(vgl. Schwarz 19, S. 44)

• ÖffentlicheGüter

• Rahmenbe-dingungen

• Werte,Normen

• Informationen

NPO-System

• ExterneEffekte

• Aussen-wirkungen

Ressourcenlieferanten NPO-Betrieb Leistungsempfänger

Dritte Mitglieder Organe Mitglieder Dritte

Märkte Management Klienten

Mitarbeiter

EngeSystem-Grenze

Weite Systemgrenze

Externe Austausch-Umfelder

Orientierungs-Umfelder

Gesellschaftssystem

Wirtschaft Politik Technik

Soziokultur Ökologie

Wirtschaft Technik Politik Soziokultur Ökologie

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II. BALANCED SCORECARD

Einleitung Kapitel IIMit dem folgendem Beitrag, wollen wir Studierenden, Interessierten und Manager-Innen, Einblick in das Konzept der Balanced Scorecard (BSC) geben. Im Zentrumunserer Überlegungen stehen Anpassungserfordernisse der klassischen Score-card-Architektur an die Bedürfnisse von Nonprofit Organisationen (NPOs). DieseBetrachtungen stehen im Kontext spezifischer Managementprobleme in NPOs(vgl. Kapitel I).

2.1 Professor Hans Ulrich; der Ur-Vater der Balanced Scorecard?Spätestens als der Schweizer Professor Hans Ulrich, sein Buch „Die Unterneh-mung als produktives Soziales System“ (St. Gallen 1970) veröffentlichte, reifte dieErkenntnis, dass mit Hilfe von ausschliesslich auf Zahlen basierenden Planungs-und Steuerungsmodellen, die zunehmend komplexer werdenden Management-probleme der Zukunft nicht mehr zu bewältigen sind.

Ganzheitliche Denkweisen spielen bei den Überlegungen Ulrichs eine zentraleRolle. In seinem Unternehmenskonzept, das Teil eines Managementkonzepts ist,werden die im Unternehmensleitbild verankerten, obersten Unternehmenszielekonkretisiert und daraus bereichsspezifische Ziele abgeleitet. Er gliedert sein Mo-dell in drei Teilbereiche (leistungswirtschaftliches-, finanzwirtschaftliches- undsoziales Konzept) für die jeweils eigene Strategien, Leistungspotenziale und Zielezu vereinbaren sind. Ausgehend von der systemischen Betrachtungsweise, wer-den in dieses Konzepts bewusst, nicht direkt mess- und qua ntifizierbare Ph ä-nomene aus der Unternehmung und ihrem Umfeld mit einbezogen.

Ulrich erkennt auch die Bedeutung von Ursache- Wirkungsbeziehungen zwi-schen den einzelnen Zielen und bildet diese ab. Er beschreibt zwar den Aufbauvon Zielsystemen als Grundlage zur Strategieentwicklung, gibt jedoch keine kon-kreten strategischen Handlungsanweisungen im Hinblick auf die Umsetzung undKontrolle im Unternehmen. Dieser Umstand kann den auch erklären, warum seinKonzept keinen Eingang in die betriebswirtschaftliche Praxis gefunden hat (vgl.Eschenbach/Kunesch 1996, S. 303 ff.).

Fazit

Die Balanced Scorecard ist keineswegs etwas vollständig Neues. Bisherige Er-kenntnisse der Betriebswirtschaftslehre werden nicht ausser Kraft gesetzt, viel-mehr werden einige – wie wir sehen werden - besonders hervorgehoben. Den-noch kann Professor Ulrich, in unseren Augen, als genialer Vordenker einer Ideebetrachtet werden, die unter dem Namen Balanced Scorecard in den neunzigerJahren ein weltweites Interesse hervorgerufen hat.

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2.2 Die Balanced Scorecard von Kaplan und NortonDie Balanced Scorecard hat ihre Wurzeln im sogenannten Performance Meas u-rement . Basierend auf der Performance Pyramid von Lynch und Cross entwik-kelten in den späten 80er und frühen 90er Jahren US-amerikanische Beratungs-gesellschaften eigenständige Konzepte. Der wohl bekannteste Ansatz, der sichaus dem Performance Measurement herauskristallisierte, ist die Balanced Score-card.

Im Jahre 1990 wurde am Nolan Institute eine Studie zum Thema „PerformanceMeasurement im Unternehmen der Zukunft“ durchgeführt. Die Untersuchung er-gab, dass sich konventionelle Ansä tze der Leistungsmessung, sehr stark aufmonetäre Grössen ausrichten und die wertschöpfenden und zukunftsweisendenProzesse von Unternehmungen kaum berücksichtigt werden. Das Nolan NortonInstitute zog für die Studie den an der Harvard Business School lehrenden RobertKaplan (Activity Based Costing) hinzu. Alle zwei Monate trafen sich unter derLeitung von David Norton , dem Geschäftsführer des Nolan Norton Institute, diebeteiligten Personen. Das Vorhaben wurde durch Manager von 12 Unternehmun-gen unterschiedlicher Branchen unterstützt. Nachdem sich Kaplan/Norton bereitseinige Jahre mit dem Thema befasst hatten, schufen sie das grundlegende Werk„The Balanced Scorecard. Translating Strategie into Action” (1996), in welchemdas Strategiekonzept erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Heutesetzen laut Schätzungen der Gartner Group, weltweit gesehen bereits 40% derFortune 1000 Unternehmen, das Konzept der Balanced Scorecard ein (vgl. Hor-vath 1997, S. VII).

Die Erfinder der Balanced Scorecard, beschreiben ihr Konzept wie folgt:

Die Balanced Scorecard übersetzt die Mission und Strategie in Ziele und Kenn-zahlen und ist dabei in vier verschiedene Perspektiven unterteilt, die finanzwirt-schaftliche Perspektive, die Kundenperspektive, die interne Perspektive und dieLern- und Entwicklungsperspektive. Die Scorecard schafft einen Rahmen, eineSprache um Mission und Strategie zu vermitteln. Sie verwendet Kennzahlen,um Mitarbeiter über Erfolgsfaktoren für gegenwärtigen und zukünftigen Erfolgzu informieren. Durch genaue Artikulation der gewünschten Ergebnisse und derdahinterstehenden Leistungstreiber hoffen Manager, die Energien, Potenzialeund das Wissen der Mitarbeiter der Organisation auf langfristige Ziele auszu-richten (vgl. Ehrmann 2000, S.16).

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2.2.1 Kritische Managementprozesse mit der BSC meisternKaplan/Norton sehen in der BSC ein Werkzeug um primär folgende Management-prozesse bewältigen zu können (vgl. Horvath 2000, S.9 ff.).

• Klärung und Herunterbrechen von Vision und Strategie = Identifizierung derrichtigen Strategie und Überführung der Strategie in ein umsetzungsorientier-tes Modell

• Kommunikation und Verknüpfung von strategischen Zielen und Massnahmen =Kommunizieren der Strategie auf die nächsten Ebenen zur weiteren Ausge-staltung

• Planung, Festlegung von Zielen und Abstimmung strategischer Initiativen =Verankerung der Strategie in der Planung. Schaffung der Voraussetzung füreine strategieorientierte Ressourcenverteilung

• Verbesserung von strategischem Feedback und Lernen. Analyse und Korrekturder erzielten Ergebnisse

Fazit

In der Literatur und Praxis ist nicht selten die Auffassung anzutreffen, bei der Ba-lanced Scorecard handle es sich lediglich um ein neues Kennzahlensystem. Die-ser Meinung muss widersprochen werden. Die Balanced Scorecard stellt eineneigenständigen Managementansatz dar, mit dessen Hilfe die Unternehmens-strategie langfristig verfolgt werden kann.

2.2.2 Elemente der ScorecardKennzeichnend für den Begriff der Balanced Scorecard sind zwei Attribute: Zumeinen die Ausgewogenheit (Balance) unterschiedlicher Komponenten, und zumanderen das Aufzeigen von Kennzahlen innerhalb eines Berichtsbogens (Score-card). Damit ist die Balanced Scorecard ein Instrument, das im Gegensatz zutraditionellen Verfahren zur Leistungsmessung eine Ausgewogenheit in mehrfa-cher Hinsicht aufweist. Es finden sowohl objektive, leicht messbare als auch sub-jektiv abschätzbare Grössen Eingang, so dass stellenweise von einem Ausgleichharter und weicher Fakten gesprochen wird. Zudem werden Kennzahlen aus einerextern-orientierten Perspektive – z.B. aus Sicht der Kapitalgeber – und solcheaus einer internen Perspektive berücksichtigt. Ausserdem werden in der BSC dieErgebnisgrössen als Resultate vergangener Handlungen (Spätindikatoren) aus-drücklich mit den Grössen, die auf einen zukünftigen Erfolg (Frühindikatoren)hinweisen verknüpft.

Um die Balanced Scorecard nicht zu überladen, sind für eine Perspektive mög-lichst nicht mehr als 5 bis 7 Kennzahlen zu bilden (insgesamt also ca. 25 Wer-te). Für jede Messgrösse wird deren konkrete Ausprägung definiert z.B.: „Senkungder Durchlaufzeit um 5%“, „Steigerung der Umschlagshäufigkeit des Lagers um13%“ usw.

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Charakteristisch für das Balanced Scorecard-Konzept ist die Betrachtungsweiseeines Unternehmens aus verschiedenen Blickwinkeln.

Es wird nicht allein die finanzielle Perspektive berücksichtig, sondern es kommenweitere Perspektiven hinzu. Sowohl die Ziele als auch die Messgrössen und diestr ategischen Aktionen werden jeweils einer Perspektive zugewiesen. DieseVorgehensweise vermeidet Einseitigkeit bei der Zielbildung und Zielverfolgung.Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Erfolg eines Unterneh-mens nicht nur finanzielle Quellen hat und mehrere strategische Orientierungenmöglich sind. Die einzelnen Perspektiven fördern in ihrer Verknüpfung eine ganz-heitliche Betrachtungsweise.

Der Anzahl, Benennung und Anordnung der Perspektiven sind grundsätzlich keineGrenzen gesetzt. In diesem Zusammenhang betonen Kaplan/Norton, dass dieScorecard als Denkrahmen und nicht als Zwangsjacke gedacht ist. Zudem gibtes keine mathematische Formel, die beweist, dass vier Perspektiven notwendigund ausreichend sind. Deshalb müssen Inhalte und Gestalt der Scorecard denindividuellen Bedürfnissen der Unternehmung angepasst werden.

Erst der Umstand, dass die Ziele in den einzelnen Perspektiven nicht isoliert be-trachtet, sondern direkt aus den anderen Perspektiven abgeleitet werden, lässt dieBalanced Scorecard zum strategischen Managementsystem werden.

Die Resultate der Kunden-, der internen Prozess- sowie der Lern- und Entwick-lungsperspektive fliessen mit in die Finanzperspektive (vgl. Profitmodell Kapitel2.2.7). Eine Ursache führt zu einer bestimmten Wirkung, und wird ihrerseits zurUrsache für eine nächste Wirkung. Beschreibt man die Logik der Ursache/ Wi r-kungskette (vgl. Kapitel 2.3) in einem Fliesstext, entsteht eine Beschreibung derStrategie:

2.2.3 GrundsätzeZusammenfassend, haben wir einige, aus unserer Sicht zentralen Annahmen, diedem klassischen BSC-Konzept zugrunde liegen, festgehalten:

• Die Balanced Scorecard geht davon aus, dass komplexe strategische Mana-gementprozesse nur dann beherrschbar sind, wenn sie mittels Kennzahlengemessen werden können. Oder, wie es Peter Drucker (1990) sagte: „if youcan`t measure it, you can`t manage it”.

• Dass ein Unternehmen nur dann langfristig erfolgreich bestehen kann, wenn esdem Management gelingt, in allen Bereichen einer Unternehmung (Perspekti-ven) ihre Strategien erfolgreich umzusetzen. Ist demzufolge ein Unternehmen

„A strategie is a set of hypotheses about cause and effect (...) A properly con-structed scorecard should tell the story of the business unit`s strategy throughsuch a chain of cause- and –effect relationsships.” (Kaplan/Norton 1996, S.149).

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nur in einem einzigen Perspektive schwach, gefährdet dies die Zielerreichungin allen anderen Perspektiven.

• Im Verlauf ihrer Untersuchungen gelangten Norton und Kaplan zur Überzeu-gung, dass trotz eines sich in monetären Grössen niederschlagenden unter-nehmerischen Erfolges in erster Linie nicht-finanzielle Grössen, die Treiber desfinanziellen Ergebnisses sind.

• Dass die Konzentration auf wenige (max. ca. 20), finanzielle Kennzahlen aus-reicht um den strategischen Steuerungsansprüchen eines Unternehmens zugenügen: „twenty is plenty“.

2.2.4 Stärken des KonzeptsHorvath, sieht die Schwierigkeiten bei der Strategieumsetzung im Profit-oder Non Profit-Bereich als herausragender Grund, die Balanced Scorecard über-haupt einzusetzen (Horvath 2000, S.2).

Kaplan/Norton haben diese Hindernisse identifiziert. Deren Bewältigung kann alsStärke der BSC betrachtet werden (vgl. Kaplan/Norton 1996b, 191 ff.):

• Strategien lassen sich nicht in konkrete Steuerungsgrössen übersetzen undbleiben deshalb unverstanden („The Vision Barrier“)

• Strategien lassen sich nicht mit den Zielvorgaben und Incentives einzelnerMitarbeiter bzw. Abteilungen verknüpfen („The People Barrier“)

• Keine Verbindung zwischen Strategie und operativer Planung und Budgetie-rung („The Resource Barrier“)

• Nur operative Ergebniskontrollen anstelle strategischer Kontrollen („The Mana-gement Barrier“)

Vorteile der BSC werden, je nach Quelle, in inflationärer Zahl genannt. Nachfol-gend beschränken wir uns auf die Sichtweise von Werner (WiSt Heft 8, 2000 S.455 f.):

• Durch den Aufbau einer BSC bestehen für alle beteiligten Personen innerhalbder Unternehmung Verbindlichkeiten . Das kritische Überdenken vom Statusquo wird durch diese geschaffenen Verbindlichkeiten gefördert.

• Der Ansatz stellt ein didaktisches Hilfsmittel dar. Aufgrund der Visualisierungschafft die Scorecard die Basis für bereichsübergreifende Diskussionen undKommunikationsprozesse.

• Die kausale Ausrichtung der BSC gestattet eine gewisse Rückverfolgba rkeitder Ursachen für finanziellen Erfolge oder Misserfolge.

• Durch die simultane Berücksichtigung der Kunden- und der internen Perspekti-ven verschmelzen Market Based View und Ressource Based View . Dies solldie einseitige Fokussierung auf die eine oder andere Sichtweise verhindern.

• Die BSC zeigt nicht nur die anvisierte Position (das wohin) einer Unterneh-mung auf, sondern beschreibt auch wie diese Position zu erreichen ist.Dies geht mit einer Begrenzung des Interpretationsspielraums einher.

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• Die BSC lässt Modifizierungen zu , die vom Grundkonzept mit vier Perspekti-ven abweicht. Ebenso können die Perspektiven umbenannt werden.

2.2.5 Integration der BSC in Management- und Steuerungssysteme

Die aus unserer Sicht grösste Stärke der Balanced Scorecard liegt in ihrer Brük-kenfunktion als Verbindungssystem zwischen strategischer und operativerPlanung , strategischen Unternehmenszielen und individuellen MitarbeiterInnen-zielen, als Vorbau zur Projektauswahl und –steuerung, zur strategischen Ausrich-tung des Berichtswesens etc. Erst durch die Koppelung mit anderen Systemen,wird die Unternehmung zur „Strategie Focused Organization“ (siehe Abbildungnächste Seite).

Abbildung 8: Integration der Balanced Scorecard in Management- undSteuerungssysteme (Quelle: Horvath 2000, S. 257, modifiziert durchdie Verfasser)

2.2.6 Organisatorische Voraussetzungen für die Implementierung derBSC

Abbildung 9: Die Implementierung der Balanced Scorecard erfolgt nach Horvathin fünf Phasen (Quelle: Horvath 2000, S. 56)

Strateg ischeGrundl agen

klären

Kontinuierl icherBSC-Einsatzsicherste llen

Roll-outmanagen

Eine BSCentwickeln

Organis atori-scher Ra hmen

schaffen

Erhöhung von Effizienz undZielausrichtung

Projektsteu erung

IT-Unterstüt zung

Erhöhung von Effekti-vität und Qualität

Erhöhte FlexibilitätMehrdimensionalität

Erhöhte Zukunfts- undstrategieorientierte

Fokussierung

Erhöhung von Strategiebezug,Konsistenz und

pers. Leistungsanreizen

Auswahl und Vernetzungder „richtigen“ Projekte

Pers.-EntwicklungZielvereinbarung

strategische

Planung

Berichtswesen

operative Pl anunginkl. Budgeti erung

Leitstrahl

Vorbau

Vorbau

Spez.Anforderungen

BalancedScorecard

Neustruk-turierung

Intergration

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Dieser Einführungsprozess, ist jedoch an die Erfüllung einiger Voraussetzungengeknüpft die über das Vorhandensein einer Vision, Mission und einer Unterneh-mensstrategie hinausgehen. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kanndie Balanced Scorecard ihre Stärken entfalten:

Genügend personelle, finanzielle und zeitliche Ressourcen

Fehlt diese Voraussetzung, ist dies ein Hauptgrund für gescheiterte BalancedScorecard-Vorhaben.

Bereitschaft zur Kommunikation und Partizipation

Die Vision, Mission, die Strategien und Ziele müssen allen Unternehmensebenenständig vermittelt werden. Dies setzt die Bereitschaft für eine intensive Kommuni-kation voraus. Die Kommunikation soll Bewusstsein und Verhalten steuern, Ver-ständnis wecken und verstärken. Aufgrund des Top-down Implementierungsver-fahrens wird hier speziell das Management gefordert werden. Hobi (1999) kommtzum Schluss: „Der Erfolg der BSC Einführung hängt vom Willen der Geschäftslei-tung ab“.

Unbeschränkter Zugriff auf Informationen

Dies bedeutet den Aufbau von Informationssystemen und die Schaffung der not-wendigen organisatorischen Voraussetzungen, um jederzeit auf die gewünschtenDaten zugreifen zu können.

Führen mit Ve rtrauen

Führen mit Vertrauen ist ein Kernstück des BSC-Konzepts. Die BSC ist eineNeuerung, und Neuerungen führen häufig zu Verunsicherungen oder Widerstand.Wird die BSC als Kontrollinstrument des Managements gegenüber den Mitarbei-tenden verstanden, ist ein Scheitern garantiert.

Bereichsübergreifendes Denken und Handeln

Die Balanced Scorecard erfordert die Kooperation und das Denken über die Gren-zen von Hierarchien und Bereichen hinaus. Zudem müssen die Mitarbeitendenbereit sein, sich mit ihren vor- und nachgelagerten Prozessen auseinander zusetzen.

Persönliche Kompetenzen

Dabei spielen persönliche Fähigkeiten wie Teamfähigkeit, Kritikfähigkeit, Zuver-lässigkeit, Disziplin, Geduld, Offenheit etc. eine wichtige Rolle.

Flexibles Planungssystem

Die Unternehmensplanung ist so zu gestalten, dass möglichst viele strategischeund operative Planungsvorgänge auf einander abgestimmt werden können.

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2.2.7 Modifikationen der BSC für den NPO-Sektor nach Kaplan/ Nor-ton

Im Jahre 1996 war die Idee der Balanced Scorecard für Nonprofit Organisationennoch in ihren Anfängen. Erst in den folgenden Jahren fand die Einführung undUmsetzung dieses Modells in US-amerikanischen Nonprofit- und staatlichen Or-ganisationen sowie im Gesundheitswesen Verbreitung. Das Basism odell derBalanced Scorecard wurde in erster Linie für den Einsatz in erwerb swir t-schaftlichen Unternehmen entwickelt (siehe Abbildung unten links). Ka-plan/Norton erkennen, dass NPOs dieses Modell nicht ohne Modifikationen über-nehmen können (Kaplan/Norton 2000, S. 135 ff.). Sie schlagen deshalb ein Basis-Modell der Scorecard für NPOs vor, dass die Mission als höchstes Ziel der NPObetrachtet und Leistungserbringer (Geldgeber) sowie Leistungsbezüger (Nutzer)oberhalb der Prozess- und Ressourcenperspektive positioniert (siehe Abbildungunten rechts).

Folgendes Beispiel einer US-amerikanischen NPOs soll veranschaulichen, wieScorecards in der Praxis aussehen können.

Das Duke Children`s Hospital in Durham, North Carolina führte die BalancedScorecard ein, nachdem verschiedene Probleme die Führung der Organisation vorgrosse Herausforderungen stellte. Weder das Management, die Ärzte noch dasPersonal waren sich einig, welche Dienstleistungen das Spital künftig anbieten

Abbildung 11: Adapting theBalanced Scorecard Framework to Non-

profit Organizations(Kaplan/Norton 2000, S. 135)

Mission

FinancialDonors

Customers

InternalProcesses

Learning andGrowth

Finanzen

Kunden

Prozesse

Lernen &Entwickeln

Vision

Abbildung 10: Scorecard-Architektur für den

Profit-Bereich(vgl. Horvath 2000, S. 9)

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soll. Die Positionierung des Spitals im Markt war absolut unklar. Die Organisationhatte grosse Steuerungs- und Kommunikationsprobleme und die Zahl unzufriede-ner KundInnen und MitarbeiterInnen nahm zu. Ihre Version der Balanced Score-card sah so aus:

Abbildung 12:Duke Children`s Hospital`s Balanced Scorecard (Kaplan/Norton2000, S. 155).

Fazit

Dieses und andere Beispiele aus der Praxis zeigen, dass es besonders im NPO-Bereich von grosser Bedeutung ist, massgeschneiderte BSC-Modellvarianten derScorecard zu entwickeln. In der Praxis erweist sich jedoch die Erfüllung dieserForderung als äusserst schwierig. Zumal die Ausführungen von Kaplan/Nortonkaum Hinweise geben, wie eine Scorecard im NPO-Bereich aufzubauen ist undwelche Spezifika hierbei zu beachten sind.

Incentive Plan, Strategic Database...

Wait Time, Quality, Productivity...

To provide patients, families, an primarycare physicians with the best, mostcompassionate care possible and to

excel at communications

Mission

Patient

• % Satisfied

• % Would Recommend

• % Parents know Care Plan...

Primary Care Physicians

• % Satisfied with Communica-tion

• %Parents could identifyPhysician

Costumer

• % Operating Margin

• Cost per Case

• Revenue from Neonatal Care

Financial

Internal Processes

Research, Education, Te aching

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2.3 Die BSC im Vergleich mit dem Kausalmodell von Probst/GomesUm den Aufbau und die Wirkungsweise des klassischen Modells von Ka-plan/Norton besser zu verstehen, haben wir dieses Strategiemodell mit dem Kau-salmodell von Probst/Gomes verglichen.

Weil alle Ziele auf irgend eine Weise auf andere Ziele einwirken ist die Berück-sichtigung von Ursache- Wirkungszusammenhängen notwendig, um grössereZielkonflikte (vgl. Kapitel I) rechtzeitig zu erkennen und im Idealfall zu vermeiden.Das vernetzte Kausalmodell von Probst/Gomes (sog. St. Galler Modell) verdeut-licht die positiven und negativen Wirkungen der unternehmerischen Faktoren. DerUmweltbezug , der im St. Galler Modell ein zentrales Merkmal darstellt, muss imBSC-Modell, das keine externen Ursache- Wirkungszusammenhänge und Fakto-ren mit einbezieht, mit zusätzlich a ngekoppelten Systemen geschaffen werden.So müssen beispielsweise Früherkennungssysteme, Stakeholderanalysen etc.zusätzlich an das Modell gekoppelt werden.

Des weiteren sind im Modell von Kaplan/Norton nur die – aus der Sicht des Mana-gements – wichtigsten strategischen Ziele, jedoch keine Basisziele aus demoperativen Geschäft abgebildet. Deshalb gibt die BSC nur einen sehr fragmentari-schen Eindruck des Gesamtunternehmens wieder.

Eine weitere Differenz liegt in der Logik der Verbindungsdarstellungen . Wäh-rend das St. Galler Modell explizit aufzeigt, wie ein Ziel auf ein anderes wirkt undwas für eine Wirkungsweise (+/-) es hat, beschreibt die Scorecard bzw. die strate-gische Landkarte lediglich, warum man ein Ziel erreichen will.

Abbildung 13:Beispiel für ein Teilnetzwerk „Belegärzte im öffentlichen Spital“ ausder Sicht des Politikers (Quelle: Probst/Gomez 1986, S. 58)

+

Lohnkosten

Betten-belegung

Staats-beitrag

OptimalerPersonal-einsatz

Infra-struktur-Nutzung

AnzahlPatientinnenin der Klinik

Druck aufPolitiker

Ärztedichte

Privat-kliniken

Gesundheits-zustand

Belearzt-system

Deckungs-grad

Geburten

Spitalärzte+

-

+

+

+

+

-

+

+-

+

+

+

+

-

+

+--

++

-

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Fazit

Die Balanced Scorecard hat nicht den Anspruch als ganzheitliches Unterneh-mensmodell zu gelten (vgl. Horvath 2000). Es integriert und verbindet eine Viel-zahl klassischer Managementmethoden, Modelle, Prozesse und Erkenntnisse undkann deshalb nicht als einzelnes Instrument verstanden werden. Viel mehr ist esals strategisches Managementsystem zu verstehen, an dem sich eine Vielzahlanderer Systeme orientieren und strategisch ausrichten können.

2.4 Balanced Scorecard für Nonprofit Organisationen – eigener Vor-schlag

Das Modell, das wir vorstellen, ist aus dem Versuch entstanden, die BalancedScorecard von Kaplan/Norton aus Sicht des Freiburger Management-Modells(Schwarz, Putschert, Giroud,1999) und anderen systemischen Konzepten fürNPOs zu betrachten. Nachfolgend begründen wir, wo und in welcher Form dieklassische Scorecard-Architektur den spezifischen Bedürfnissen von NPOs ange-passt werden soll. Dabei ist ein Rahmenkonzept entstanden, dass in der Praxisden individuellen Bedürfnissen von NPOs angepasst werden muss.

Die Ziffern im Text z.B. (7) weisen auf entsprechende Elemente in unserem Mo-dell (siehe Abbildung 16) hin.

2.4.1 Anwendungsbereich unseres ModellsVorbehalte bezüglich der Anwendbarkeit der Managementlehre für NPOs undsomit auch des Anwendungsbereichs NPO-spezifischer Balanced Scorecards,sind bei zwei Typen privater NPOs angebracht:

a) Bei Genossenschaften: Für die Gestaltung und das Management der kosten-deckend bis gewinnbringend auf Märkten agierenden Genossenschaftsunter-nehmung (z.B. Migros) sind mehrheitlich die Profit-Managementlehre bzw. diespezielle Genossenschaftslehre zuständig (Schwarz 1992, S. 17).

b) Bei NPOs in Form der Stiftung: Wenn die Mitgliederproblematik entfällt bzw.keine Führungs- und Strukturprobleme wie in mehrstufigen Verbänden vorhan-den sind (Schwarz 1992, S. 18).

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Gesellschaftssystem

Politik Soziokultur Ökologie Wirtschaft Technik

(17)

Planungs-, Problemlösungs- und Kommunikationsprozesse (Input- und Outputbereich)

Leistungserbringungs-Perspektive

Leistungswirkungs-Perspektive

© Kälin & Voland 2001

Ressourcenbeschaffung und -entwicklung

MissionStakeholdera-nalyse

Umfeld-analyse

Primäre Ableitung der ZielePrimäre Wirkungsweise der Ziele

Tangible/Intangible

Assets

Sachmittel, Wissen,Kooperationen

Financial-View

- z.B. Ziele bez.Finanzierung, Liquidi-

tät, Kosten etc.

(2)(3) (4)

(5)

(11)

V

E

R

B

A

N

D

S

P

O

L

I

T

I

K

Abbildung 14:Balanced Scorecard für Nonprofit Organisationen (eigene Darstellung)

(7)(6)

(12)

(1)

(15)

(8)

(13)

(16)

Marketing-View

z.B.:- Produkt- und prog.-Polit. Ziele

- Distributionspolitische Ziele- Preis- und konditionspolit. Ziele

- Kommunikationspolit. Ziele

(9) (10)

(14)

Ressourcen-Perspektive

Internal-View

- Führung- Organisation- Controlling- Innovation

- Qualitätsmanagement

Stakeholder-View

Direkte und indirekte Ziele imZusammenhang mit:- Inside-Stakeholdern- outside-Stakeholdern

Society-View

politische-, soziokulturelle,ökologische-, wirtschaftliche,

- technische Ziele

HumanResources-

Viewz.B. Ziele bez. Anstellung,

Entwicklung, Mitsprache etc.

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2.4.2Die Gliederung verbandlicher Ziele nach Roggo, als Grundrasterunseres Modells

Durch das Leitbild1 legt die NPO (Verband) ein Konzept für seine Umwelt nieder,insbesondere für die Entwicklung der Branche (des Berufes) und seiner Mitglieder.So entstehen für die NPOs konkrete Ziel- und Handlungsvorgaben (Soll-Vorstellungen). Wie sie jedoch den geforderten Realisationsbeitrag leisten soll,kann oder will, das ist nicht Gegenstand des Leitbildes, sondern der Verbandsp o-litik 2. In unserem Modell (2) bildet die Verbandspolitik eine Art Grundfolie für alleanderen Perspektiven (Leistungswirkungs-, Leistungserbringungs- und Ressour-cen-Perspektive). Man könnte deshalb auch von einer vierten Pe rspektive spre-chen.

Der Gliederung der Perspektiven liegt das Modell der verbandlichen Zielbere i-che nach Roggo (1983) zu Grunde, dessen Philosophie das eigene Modell derBalanced Scorecard wesentlich beeinflusst hat (vgl. Schwarz 1990, S. 457 ff.).

Nachfolgend haben wir die wesentlichen Zielbereiche des Modells von Roggo, inBezug mit unserem BSC-Modell (Ziffer) gebracht:

2. Selbstverständnis, Philosophie, Grundsätze etc. (1 & 2)3. Leistungswirkungsziele als oberste umweltbezogene Verbandsziele (5)4. Leistungserbringungsziele und Leistungsprogramm (8)5. Potenzialziele und Verfahrensziele (11)6. Formale Grundsätze und Richtlinien (1)

2.4.3 Leistungswirkungs-Perspektive

Die Mission (2) (z.B. bedarfsadäquate Betreuung hilfs- und pflegebedürftigerMenschen – diesem Beispiel folgen wir auch weiterhin) das Oberziel der NPO, ausdem sich die restlichen Zielvorstellungen ableiten lassen, bildet den Ausgangs-

1 Liegt das Leitbild noch quasi ausserhalb des Verbandes, so hat die Politik den Verband selberzum Gegenstand. Sie soll als grundsätzliches zukunftsgerichtetes Grundsatzdokument die „Charta“des Verbands festlegen. So gesehen ist die Verbandspolitik das oberste festgelegte Wertesystem.Sie legt für sämtliche Verbandsangehörigen (Mitglieder, Milizer und Mitarbeiter) – allerdings nochin sehr allgemeiner Form – wichtige Grundsätze und Verhaltensregeln fest. Dazu gehört in ersterLinie eine Präzise Charakterisierung des Selbstve rständnisses und der obersten Ziele des Ver-bandes (Auftrag/Mission).

2 Im Gegensatz zu den allgemeinen Verhalten sgrundsätzen (Leitbild), muss die Verbandspolitikfestlegen, durch welche Leistungserbringung, mit welchen Potenzialen und Verfahren (Prozesse)sie das Sollbild erreichen will.

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und Schlusspunkt unseres Modells. Die Mission steht im Dialog3 mit dem Gesel l-schaft ssystem (17).

Damit sind Beeinflussungsziele4– auch Leistungswirkungsziele (5) genannt –angesprochen. Stichworte dazu sind z.B. „Aktivierung“, „soziale Integration“,„Normalisierung der Lebensverhältnisse“ etc.

Um stakeholderorientierte Beeinflussungsziele in unserer Scorecard abbilden zukönne, haben wir eine Seite der Leistungswirkungs-Perspektive den Stakeho l-dern (6) gewidmet5. Durch diesen Ansatz unterscheidet sich unsere Scorecardvon anderen BSC-Konzepten. Entgegen der Auffassung von Horvath6, sind wirMeinung, dass Leistungswirkungsziele durchaus von den Stakeholdern her abge-leitet werden können, ohne gegen die ureigenen BSC- Prinzipien (Ursache- Wir-kung) zu verstossen. Zudem glauben wir, dass durch den integrierten „St akeho l-der-View“ Vorteile entstehen.

Anhand der Erwartungen, Bedürfnisse und Reaktionen der Stakeholder werdenstrategische Beeinflussungsziele formuliert, die entweder direkt von den Stake-holdern oder indirekt aus dem Stakeholder-Umfeld abgeleitet werden. Im zweiten

3 Eine genauere Analyse des Oberziels „bedarfsadäquate Betreuung“ zeigt, dass z.B. Ziele inAlten- und Pflegeheimen eine betriebswirtschaftliche, sozialpolit ische und volkswirtschaftlicheDimension haben. Einerseits wird die Mission durch Werte, Normen, Informationen usw. aus demUmfeld der NPO beeinflusst, andererseits soll die Mission in der Gesellschaft Wirkung erzielen.(z.B. Aufrechterhaltung der Lebensqualität einer betagten Person).

4 Letztlich strebt die NPO, durch die Verfolgung ihrer Mission, Zustands- und Verha ltensänd e-rungen von Menschen an. Drucker (1990) verwendet in diesem Zusammenhang, den Ausdruckdes „changed human beeing“. Ein Sonderfall komplexer Beeinflussungsziele stellen politischeOrganisationen als NPOs dar, deren Leistungen sich im wesentlichen an Mitglieder richten.Letztlich treten solche NPOs als wahlwerbende Gruppen meinungs- und wertgestaltend auf, wobeikommunikationspolitische Instrumente eingesetzt werden, um einerseits Einstellungen zu beein-flussen, andererseits zielentsprechende Handlungen in Form der Wahlbeteiligung, der Stimmab-gabe und schliesslich auch der Mitgliederwerbung auszulösen. Ähnliche Zielsysteme weisen auchOrganisationen wie z.B. „Amnesty International“ oder „Greenpeace“ auf.

5 Durch die vielfältigen und komplexen Abhängigkeiten einer NPO von ihren Umfeldern, erhaltendie Stakeholder eine weitaus grössere Bedeutung, als in den meisten gewinnorientierten Unter-nehmen. „Die zentrale Stellung der Anspruchsgruppen in diesem Zielsystem verdeutlicht dieWichtigkeit der unterschiedlichen Wertvorstellungen zur Erreichung der Mission und erklärt diebesondere Bedeutung des Stakeholder-Managements als Teil des Managements einer NPO“(Badelt 1999, S. 154 f.). Nur wenn die NPO die Bedürfnisse aller, für die strategische Zielerrei-chung relevanten Stakeholder in hinreichendem Masse befriedigen werden, ist sie in der Lage ihreMission zu verwirklichen. Das anzustrebende Austauschgleichgewicht bedeutet demnach, einAusbala ncieren der St akeholderint eressen .

6 Horvath kommt in diesem Zusammenhang zum Schluss, dass stakeholderorientierte Perspekti-ven dem Balanced Scorecard-Ansatz fremd sind: „Offensichtlich thematisieren die Perspektivender Balanced Scorecard die Bedarfe wichtiger Stakeholder (z.B. Eigentümer, Kunden, Mitarbeiter).„Doch werden bei der Balanced Scorecard die anzuwendenden Perspektiven aus einer gänzlichanderen Logik abgeleitet. (...) „Abweichend vom Stakeholder-Ansatz stehen die Perspektiven alsoin einem logischen, teilweise hierarchischen Erklärungsgeflecht zueinander in Beziehung. Diesführt zur Entstehung von Perspektiven, die keinen unmittelbar zielgruppenspezifischen Bezughaben, wie z.B. einer Prozessperspektive, einer Innovationsperspektive oder einer Qualitätsper-spektive. Dererlei Perspektiven sind dem Stakeholder-Ansatz fremd“. (Horvath 2000, S. 25 f.)

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Fall könnte man sagen, dass die Ziele aus den Aktivitätsbereichen der Stake-holder stammen. Nachfolgende Grafik soll dies verdeutlichen:

2.4.3.1 Umfeldanalysen

Durch die Stakeholder, die eng mit dem NPO-System verknüpft oder selbst Teildavon sind (z.B Inside-Stakeholder in Selbsthilfe NPOs), kann die Organisationdie wichtigsten Einflüsse ihres Umfeldes registrieren und erhält die Möglichkeit,rechtzeitig auf Umfeldveränderungen reagieren zu können. Dazu müssen zu-nächst mittels Stakeholderanalyse (3) , die im Einflussbreich der Mission stehen-den, relevanten Stakeholderziele evaluiert7 werden und eventuell Teilstrategien8

formuliert werden.

Nicht in jedem Fall, ist die Ableitung strategischer Wirkungsziele von den Stake-holdern möglich. Beispielhaft kann in diesem Zusammenhang auf Verbesserungenim ökologischen Bereich hingewiesen werden, deren Zuordnung zu einem Stake-holder, hier beispielsweise zu einer Umweltschutzorganisation, schwierig ist. Ausdiesem Grunde haben wir die gesellschaftlichen Leistungswirkungsziele in dieLeistungswirkungs-Perspektive (5) integriert. Der „Society-View“ (7) bildet somiteinen Sichtweise, welche den individuellen Stakeholder-View ergänzen soll. Darinfinden wir politische-, soziokulturelle-, ökologische-, wirtschaftliche- und techni-sche Ziele die unmittelbar mit der Verwirklichung der Mission in Verbindung ste-hen.

7 Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: Für welche Gruppen sind wir eigentlich da?Welche Stakeholder sind uns wichtig? Wie gehe ich mit den einzelnen Stakeholdern konkret um?

8 Um Stakeholder-Management erfolgreich einzusetzen müssen gegebenenfalls individuelle Teil-strategien verfolgt werden. Dabei ist zu beachten, dass diese Strategien im Gesamtsystem derBalanced Scorecard eingebettet sind (Horak 1995, S. 16ff).

- Befriedigung von medizinischenBedürfnissen

- Förderung der Pflegequalität

- Sicherstellung ärztlicher Versorgung

- Öffnung der Heime

- Entinstitutionalisierung

Direkte Beeinflussung szieleIndirekte Beeinflussung sziele(Aktivitätsbereiche der Stakeholder)

Tabelle 4: Mögliche Themen von Stakeholder-Beeinflussungszielen amBeispiel stationäre Einrichtung der Altenhilfe (vgl. Badelt, 1999, S.161)

- Soziale Integration

- Verbesserung bzw. Stabilisierung desGesundheitszustandes

- Normalisierung der Lebensverhältnisse

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Um die Daten aus dem Orientierungsumfeld der NPO zu erhalten, muss die Sta-keholderanalyse durch eine Umfeldanalyse (15) ergänzt werden. Hierbei ist zubedenken, dass gerade in NPOs die Abgrenzung zwischen interner und externerAnalyse bzw. Umfeld- und Stakeholderanalyse nicht eindeutig möglich ist (vgl.Badelt 1999, S. 163 ff.).

Ein Blick auf die möglichen Stakholder einer NPO (nächste Seite) macht deutlich,dass Beeinflussungsziele für Stakeholder in allen Umfeldbereichen der NPO zudefinieren sind.

Die Umfeldanalyse umfasst folgende Bereiche:

Gesellschaftliches Umfeld

Dabei sind das wirtschaftliche, das technologische, das rechtlich-politische unddas sozio-kulturelle Umfeld zu unterscheiden. Die Analyse des allgemeinen Um-felds gewinnt auch für NPOs zunehmend an Bedeutung, da die einzelnen Umfel-der einem zunehmenden Wandel unterworfen sind (Wertewandel, Finanzierungvon NPOs durch den Staat etc.)

Personal, ManagementMillizer

FreiwilligeMitglieder

Leistungsempfänger(Klienten, Kunden)

MitgliederSpender

Mitarbeiter/Management

Freiwillige/Millizer

potenzielle Mitglieder(Freiwillige, Ehrenamtliche)

KapitalgeberStaat/Behörden

BürgerKooperationspartner

(z.B. Verbände,andere Organisationen)

Lieferanten

Dritte

FreiwilligeLeistungsempfänger

(Klienten, Kunden, Kon-sumenten)

Staat, Behörden, PolitikerBürger, Anrainer

Kooperationspartner(Dach-/Spitzenverbände,Arbeitsgemeinschaften,kooperative Betriebe)Medien, Konkurrenz

Opinionleader, Dritte

Beschaffungsbereich NPO-Innenbereich Abgabebereich (Adressaten)

weite NPO-Systemgrenze

Soziokultur WirtschaftPolitik Technik

Ökol ogie

NPO-Orientierungsumfe lder

Abbildung 15: Inside- und Outside-Stakeholder im Kontext des Gesellschaftssystems (Quelle: Schwarz, Putschert, Giroud 1995, S. 53, modifiziert durch die Verfasser)

„Das Unternehmen muss Mittel und Wege finden, sich im Umfeld so zu veran-kern, dass es einerseits ausreichend Information über die Veränderung desUmfeldes aufnehmen und sich andererseits an die Veränderungen anpassenkann“ (Malik, Bern 1992, S. 191ff.).

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Branchenumfeld

Hier werden unter anderem die Struktur der Branche und deren Entwicklung be-leuchtet sowie die Absatz- und Beschaffungsmärkte analysiert, wobei z.B. dieWettbewerbssituation in NPOs durch spezifische Konkurrenzbeziehungen cha-rakterisiert sein kann (Konkurrenz um ehrenamtliche Mitarbeiter, Konkurrenz aufdem Spendenmarkt etc.)

Transaktionsumfeld

In diesem Bereich wird die Position einer Organisation in einer Branche genauerbeleuchtet. Analysiert werden etwa die Rolle des Staates, Beziehungen zu Koope-rationspartner etc.

Die Analyse der Rahmenbedingungen in NPOs wird durch die Analyse der Wer t-vorstellungen der Entscheidungsträger und Mitarbeiter ergänzt. In der Literaturwerden für Analysezwecke diverse Checklisten angeboten (vgl. Badelt 1999, S.164 f).

Fazit

Durch die Koppelung der Balanced Scorecard mit externen und internen Analysenerhält die Balanced Scorecard die Zusatzfunktion als Frühwarn-System . Diesbildet die Grundlage, welche strategisches Management in NPOs überhaupt erstermöglicht.

2.4.4 Leistungserbringungs-Perspektive

Um Wirkungen hervorzubringen muss die NPO entsprechende Leistungen anbie-ten, welche in den Leistungserbringungszielen (8) zum Ausdruck kommen.Diese Ziele müssen klar aussagen, wie die NPO ihren Zweck erfüllen will. Damitsind beispielsweise verschiedenen Aktivitäten wie Beratungsgespräche, konkreteHilfestellung, ein Konzert etc. gemeint, mit deren Hilfe bestimmte, von den An-spruchsgruppen an die NPO gestellte Aufgaben gelöst werden. Leistungserbrin-gungsziele sind Ziele bezüglich der Planungs-, Problemlösungs- und Komm u-nikationspr ozesse.

In unserem Modell haben wir die Leistungserbringungs-Perspektive in zwei Sicht-weisen gegliedert. Dabei soll die Balance zwischen interner Sicht (Internal-View)und marktorientierter Sicht (Marketing-View) angestrebt werden.

2.4.4.1 Marktsicht (Marketing-View)

Marketing befasst sich mit Entscheidungen und Massnahmen zur Gesta l-tung von Austauschbeziehungen und Unternehmensaktivitäten, die sich aufMärkte ausric hten (vgl. Kotler 1978; Meffert 1989; Scheuch 1993)

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Auch wenn NPOs vordergründig in vielen Fällen nicht in Preismärkten tätig sind,spielt Marketing eine wesentliche Rolle. NPOs müssen sich an ihren Kundengrup-pen orientieren, die oft sehr vielschichtig und mit unterschiedlichen Bedürfnissenausgestattet sind. Dadurch entstehen automatisch Koordinations- und Ausgleichs-aufgaben für das Management.

Wir unterscheiden in unserer Scorecard, analog zu den Austauschbeziehungeneiner NPO, zwischen Marketing-Einsatzbereichen im Aussenbereich sowie imInnenbereich. Ein Inventar aller möglichen Einsatzbereiche haben wir in der untenstehenden Abbildung wiedergegeben.

Die für die NPO relevanten Einsatzbereiche basieren auf den individuell festge-legten Marketing-Leitsätzen, der Gesamtpositionierung und den zu lösenden Mar-ketingaufgaben. Gleichzeitig sind für die relevanten Einsatzbereiche Ziele undGrundsätze zu formulieren, die als verbindliche Vorgaben für Marketing-Teilkonzepte gelten.

Die Marketing- Leistungserbringungsziele (Marketing-View) (10) sollen festle-gen, durch welche grundsätzlichen Leistungspakete die Oberziele erreicht werdensollen. Die Leistungen sind nämlich die Instrumente, welche der Verband zurZielerreichung einsetzen kann. Im Rahmen des Marketing-Mix ergeben sich fürdie einzelnen Teilbereiche NPO-spezifische Schwerpunkte, an denen sich in unse-rem Balanced Scorecard-Modell die Marktziele orientieren. Die Instrumente oderMassnahmenvarianten zur Gestaltung von Beziehungen, die sogenannten „Mar-

Abbildung 16:Mögliche Marketing Einsatzbereiche (Quelle: Schwarz, Putschert,Giroud 1995, S. 53)

Mitglieder-Marketing

Finanz-Marketing- Subventionen- Fundraising

Kooperationen

- mit Dachverband

und ähnlichen Verbänden

Einkauf-Einkaufskooperationen

Personal

Mitgliederaktivierung-Info

- Beiträge- Mitarbeit

- Events

Eigenmarketing- internes Marketing

(Personal, Milizer, Freiwillige,Mitglieder)

- Marketingtransfer

- Koordinationsdienstleistun-gen

Interessenvertretung- Public Relations

- Beziehungen zu politischenSystemen (Lobbying)- Collective Bargaining

- Social Marketing

Dienstleist.-Marketing, Produkte- und Gütermarketing

Marketing als Auftragsdurchführung

Cooperative Communications , Gemeinschaftswerbung,Verbandsmarketing (Messen, M.-Support, M.-Allianzen)

Marketing in der NPO Abgabe an Dritte, Umfeld

weite NPO-Systemgrenze

CI/COOPI COOPICI/COOPI

Planungs-, Problemlösungs- und Kommunikationsprozesse

Beschaffung von Dritten/Umfeld

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Balanced Scorecard für NPOs Seite 47

ketinginstrumente“ teilen wir in unserem Beispiel (stationäre Einrichtung der Alten-hilfe) in Produktepolitk, Distributionspolitik/Preis-/Konditionenpolitik und Kommuni-kationspolitik ein. Diese Teilbereiche nehmen wir als Gestaltungselemente in un-seren Marketing-View auf.

Die Wahl einer Marketing-Sichtweise entspricht nicht dem klassischen Ansatz derBalanced Scorecard weil mit dem Begriff des Marketings (der ohnehin sehr unter-schiedlich aufgefasst wird) verschiedene Management-Felder zugleich angespro-chen werden (z.B. Finanzen, MitarbeiterInnen, Kommunikation etc.)

Wenn man jedoch die Marketing-Leistungserbringungsziele als Produkte einesPlanung-, Problemlösung- und Kommunikationsprozesse begreift, deren Ziel esist, Ressourcen (11) in Wirkungen (5) zu transformieren, ist eine Abgrenzung zuanderen Perspektiven durchaus möglich (wenn auch nicht trennscharf).

Ein wesentlicher Vorteil, der aus der Bildung eines Marketingbereichs resultiert, istein auf prozessebene integrierter Market Based View, der in Scorecards (Pro-fit- und Nonprofit-Bereich) fehlt und erst in den Kunden-Perspektiven zum Aus-druck kommt. Eine Perspektive der internen Prozesse genügt allein nicht, weil essich bei einer NPO im Normalfall um einen Dienstleistungserbringer handelt. Des-

Distributions-pol itische Ziele

z.B.

• Hausbesuche beiälteren Menschen

• Sprechstunden derHeim, Pflege-dienstleistung

• Kontakte zu Ärz-ten, ambulantenEinrichtungen,Krankenhäusernetc.

• Öffnungszeiten derEinrichtungen

Preis- undkonditions-polit ischeZiele

z.B.

• Ausmass derSelbstbeteiligungder Bewohner

• Staffelung derHeimgebührennach Einkommen

• Entgeltfreie undentgeltpflichtigeBestandteile derLeistungsangebote

• Wartezeit auf einenHeimplatz

Kommunikat ions-politische Ziele

z.B.

• Zahl der Veran-staltungen im Heim

• Angestrebte Be-sucherfrequenz beiVeranstaltungen

• Häufigkeit derHerausgabeschriftlicher Infor-mationen

• Gestaltungszielefür Werbemittel(z.B. CorporateDesign)

Tabelle 5: Mögliche Inhalte von Leistungserbringungszielen am Beispiel stationä-re Einrichtung der Altenhilfe (vgl. Badelt 1999, S. 161)

der Altenhilfe (vgl. Badelt 1999, S. 161/248)

Produkt- und pr o-grammpolit ischeZiele

z.B.

• Breite des Lei-stungsprogramms(z.B. Essen aufRädern, Nachbar-schaftshilfe

• Art und AusmassderFreizeitveranstal-tungen

• Ausgeh- undBesuchs-zeiten

• Wahlmöglichkeitenbei Mahlzeiten

Marketing Leistungserbringungsziele

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Balanced Scorecard für NPOs Seite 48

halb müssen Produktionsfaktoren des Nachfragers integriert werden, auch wenndies in der Praxis mit Schwierigkeiten9 verbunden ist.

2.4.4.2 Interne Prozesssicht (Internal-View)

Die interne Sicht (9) beinhaltet Leistungswirkungsziele bezüglich Anpassungs-/Veränderungs- Innovations- und Gestaltungsprozessen aus folgenden Bereichen:

Obwohl Themen wie Qualitätsmanagement, Innovation und Controlling alle Unter-nehmensbereiche bzw. Perspektiven der Scorecard durchdringen, finden die ent-sprechenden Ziele unter dem Gesichtspunkt NPO-interner Leistungserbringungs-prozesse Eingang in unser Modell.

Fazit

Durch die simultane Berücksichtigung einer internen Sichtweise (Internal-View)und einer marktorientierten Betrachtung (Marketing-View) verschmelzenmarktorientiertes Denken und NPO-internes Denken bereits auf der Prozesse-bene. Dies soll die Gefahr einer einseitigen Fokussierung verringern.

9 Weil die NachfragerIn unmittelbar auf die Prozesse einwirken kann, werden die Prozesse schwersteuerbar. Beispielhaft lassen sich hier die Betreuungsleistungen der Caritas anführen, derenAblauf und Erfolg unmittelbar von den zu betreuenden Individuen, z.B. den Kindern eines Kinder-gartens, bestimmt werden. Daher sollte die Leistungs-Perspektive bzw. Prozessperspektive derBalanced Scorecard der Frage nachgehen, an welcher Stelle des gesamten Leistungserstellungs-prozesses die Nachfrager Einfluss nehmen können (sog. Integrativität). Bei den Betreuungslei-stungen eines Caritasverbandes ist dies sowohl beim Aufbau der Potenziale (Beschaffung) alsauch während der Betreuung (Produktion) der Fall. Dahingegen wirkt sich die Integrativität bei derDienstleistung „Essen auf Rädern“ durch die Möglichkeit der vorzeitigen Wahl eines Menüs primärlediglich auf die Beschaffungsprozesse aus (vgl. Berens, Karlowitsch, Mertes, Controlling Heft Jan.2000, S. 23 ff.).

Führung- Führungsstil

- Motivation/- Anreize- Interaktion

- Gruppendynamik

Organisation- Bestimmung- Sicherung

- Entwicklung

ControllingProzesse

undInformationssysteme

Innovation- Anpassungsprozesse

- Veränderungsprozesse- Innovationsprozesse- Projektmanagement

Qualitäts-management

- Bestimmung- Sicherung

- Entwicklung

Tabelle 6: Mögliche Inhalte von Ressourcen-Zielen (eigene Darstellung in An-lehnung an Schwarz, Putschert, Giroud 1995, S. 51 ff.)

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Balanced Scorecard für NPOs Seite 49

2.4.5 Ressourcen-PerspektiveRessourcen haben die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der NPO zum Ziel. Zuden Potenzialzielen (11) gehören Inhalte wie: Die Finanzierung (Finanzierungs-basis und Finanzierungssicherheit bzw. Liquidität), das Personal (Anstellung,Entwicklung, Mitsprache usw.), die Organisation und Führung (Willensbildung,Gesamtstruktur, Milizsystem, Führungsinstrumente), die Kooperation mit anderenVerbänden und Organisationen, den Technologieeinsatz für Information undKommunikation, Verwaltung, Dienstleistung und die Beschaffung von Sachmitteln(vgl. Schwarz 1995, S. 459 f.).

In unserem Modell haben wir die Ressourcen-Perspektive in 3 Sichtweisen unter-teilt. Die wesentlichen Inhalte sind dem Freiburger Managementmodell für NPOsentnommen worden. Obwohl das Freiburger Modell Kooperationen zu den Res-sourcen zählt, ist der Einbezug von Wissen als immaterieller Wert (IntangibleAsset) in unserem Modell neu.

Abbildung 17:Vorschlag bezüglich Zuordnung von Potenzialzielen zu den BSCSichtweisen (eigene Darstellung in Anlehnung an Schwarz,Putschert, Giroud 1995, S. 51 ff.).

2.4.5.1 Finanzielle Sichtweise (Financial-View)Unser Modell betrachtet grundsätzlich die Finanzen als Ressourcen . Der mone-täre Bereich ist für NPOs als Mittel zum Zweck („Not for Profit“) und nicht alsHauptzweck zu betrachten. Trotzdem spielen finanzielle Mittel für jede NPO eineherausragende Rolle9, denn keine NPO kann langfristig ohne den Zufluss finan-zieller Mittel existieren. Die Frage nach der Beschaffung von Finanzmitteln ist inengem Zusammenhang mit den Leistungsadressaten, die teilweise auch Finanz-geber sind zu sehen.

Finanzen- Beiträge

- Preise undGebühren- Spenden

- Subventionen- Leistungsab-

geltungen- Kosten

HumanRessourcenArbeitskraft bzw.Fähigkeits- und

Leistungspotenziale

Sachmittel- Informationstech-

nologie (IT)- Infrastruktur

(Bauten und Anlagen)

Wissen undInformation Identifikation,

Erwerb, Entwicklung,Verteilung, Umset-

zung und Bewahrungvon

Wissen und Informa-tionen

Kooperati onen/Partnerscha ften

- Dach-/ Spitzen-verbände

-Arbeitsgemein-schaften

- KooperativenBetrieben

usw.

Financial-View

HumanResources-

View

Tangible/Intangible

Assets

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Die Probleme der Finanzierung haben in den letzten Jahren in den NPO stark anBedeutung gewonnen. Mitglieder von NPOs stellen zunehmend Kosten-Nutzen-Überlegungen an und sind selten bereit, substantielle Beitragserhöhungen auf sichzu nehmen. Der Konkurrenzkampf auf dem Spendenmarkt ist härter geworden,und die Mittel der öffentlichen Hand fliessen weniger ergiebig als früher (vgl. Frei-burger Management Modell für NPOs 1999, S. 207 ff.). Oftmals hängt die Existenzdirekt von Spendenaufkommen ab. Als Beispiele können Hilfsorganisationen an-geführt werden.

NPOs müssen ihre Anstrengungen zur Finanzierung verstärken und finanzielleÜberlegungen müssen künftig noch stärker in die strategische Planung einflies-sen.

Die Bedeutung des Financial-View (11), innerhalb der Balanced-Scorecard, ist fürNPOs keineswegs geringer einzuschätzen als für Profit-Unternehmen, obwohldiese Auffassung in der Literatur weit verbreitet ist. Finanzielle Ziele und nicht-finanzielle Ziele sollten unserer Meinung nach grundsätzlich gleichwertig behan-delt werden.

Tabelle 7: Zielinhalte finanzieller und nicht finanzieller Ressourcen in NPOs (vgl.Badelt 1999, S. 161/248)

• Höhe und Zusammensetzung derPflegekosten

• Höhe der Einnahmen nach Finan-zierungsquellen

• Kostendeckungsquoten einzelnerFinanzierungsquellen

• Selbstfinanzierungsanteil

• Sicherung der Liquidität

• Pflegegerechte Ausstattung derRäumlichkeiten

• Sicherstellung von qualifiziertemPersonal

• Individualisierte Wohnverhältnisse

• Berücksichtigung von Sicherheits-aspekten im Heim

Finanzielle Ressourcenziele Nicht-finanzielle Ressourcenziele

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2.4.5.2 Human Resources-ViewAus wirtschaftlicher Sicht bilden die Mitarbeiter den zentralen Produktionsfaktorder meisten NPOs, was aus der Ähnlichkeit der NPOs mit dem Dienstleistungs-sektor resultiert. Dies rechtfertigt die Bildung einer Human Resources-Sicht 10

(13).

Die Ressourcenziele bezüglich der Arbeits-, Fähigkeits- und Leistungspotenzialeder Mitarbeitenden sind eng mit den vor allem kommunikativen Management-Aufgaben der Marketing-Perspektive verbunden, so z.B. mit Personalbeschaf-fungsprozessen (Beschaffungsmarketing) oder mit der Perspektive der nternenProzesse (Personalentwicklung). Deshalb ist es wichtig die beiden SichtweisenMarket Based View und Internal View schon bei der Bestimmung der HR-Ziele zuberücksichtigen.

2.4.5.3 Sachmittel- und Wissen (Tangible/Intangible Assets)Die Möglichkeit der expliziten Einbindung von immateriellen Werten in der Sach-mittel- und Wi ssen-Sichtweise (14) der Balanced Scorecard zählt mit zu denSchlüsselargumenten11, die BSC in dienstleistungsorientierten Organisationeneinzusetzen. Nachfolgende Erläuterungen sollen diese unterstreichen.

10 Unter Human Resources (HR) versteht man die menschliche Arbeitskraft, d.h. die gegenwärtigenund zukünftigen Fähigkeits- und Leistungspotenziale der Mitarbeitenden. Die dabei zu lösendenManagementaufgaben des Human Resources-Management (HRM) befassen sich mit der Perso-nalbedarfsermittlung, mit der Personalbeschaffung, dem Personaleinsatz, der Personalerhaltung,der Personalmotivation, Personalentwicklung und Personalfreistellung (vgl. Thommen, 1999). DasHRM verdeutlicht die wachsende Bedeutung des Personalmanagements in NPOs. Darunterwird die Gleichwertigkeit der Personalpolitik gegenüber andern Unternehmensfunktionen undderen Einbindung in das strategische Management verstanden. Die Personalpolitik gestaltet dieEntwicklung von Organisationen massgeblich.

11 Die NPO befindet sich in der Regel in einem Netz von anderen NPOs, die gleiche oder ähnlicheZiele verfolgen. Statt alles selber zu machen – und dabei wertvolle Ressourcen zu verbrauchen-,können Kooperationen eine strategisch wichtige Alternative darstellen. Im Rahmen solcher Ko-operations-Systeme geht es daher primär darum, „make or buy“-Entscheidungen zu treffen. Ziel istes also, durch ein gemeinsames Auftreten eine stärkere Wirkung und Synergieeffekte zu erzielen.Kooperationen zählen wir deshalb zu den Ressourcen der NPO, weil sie eine Alternative zu NPO-internen Re ssourcen darstellen. Als Dienstleistungsbetrieb ist die NPO vorwiegend als Inform a-tions- und Komm unikations-System zu begreifen. Demnach sind besondere Akzente auf Sach-mittel (Hard- und Software) für die Informations- und Datenverarbeitung zu setzen, als wesentli-ches Hilfsmittel der Leistungserstellung. Dies gilt in besonderem Masse für NPO die in weitver-zweigten Netzwerken arbeiten.

NPOs sollten als wissensgesteuerte Organisationen mit Engagement und SelbstbewusstseinAnschluss an die Thematik des Wissensmanagements suchen. Als wesentlicher Erfolgsfaktor giltnunmehr die Fähigkeit, Wissen zu heben, zu verknüpfen, zu entwickeln und zu nutzen – ein-schliesslich des dezentralen in der Organisation verteilten, gleichsam „selbstverständlichen“ Erfah-rungswissens. Wissen ist im Informationszeitalter die Ressource der Gege nwart und derZukunft.

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Russel (Director of Research, BSC Collaborative, Inc.) geht davon aus, dass im-materielle Werte (intangible Assets) der Unternehmen, im Verhältnis zu denSachwerten (tangible Assets) stetig an Bedeutung zunehmen.

Abbildung 18:Verhältnis immaterieller zu materiellen Unternehmenswerten (Russel2001, S. 45)

2.5 Die Huhn-Ei-Frage der Perspektiven-VerbindungenAus der Literatur und Praxis erwerbsorientierter Unternehmungen ist bekannt,dass der finanzwirtschaftlichen BSC-Perspektive, bedingt durch den Zweck derUnternehmung, meist die grösste Bedeutung zugeschrieben wird.

Dieses Denken wiederspricht jedoch nicht der Grundidee der Balanced Scorecard,die besagt; dass eine Unternehmung nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie inder Lage ist, ihre strategischen Ziele in allen Perspektiven zu erreichen (vgl. 2.2.3Grundsätze).

Trotzdem wird auch im Zusammenhang mit der Konzeption von Scorecards fürNPOs, die Frage nach der Bedeutung und Positionierung von Perspektiven eifrigdiskutiert. Besonderes Augenmerk erhält die Frage, ob denn die Finanzperspekti-ve ganz oben auf der Scorecard, Seite an Seite mit der Kunden-Perspektive oderganz unten positioniert werden soll. Damit sind natürlich auch Wertvorstellungenbzw. Vorstellungen bezüglich der Zwecksetzung der NPO verbunden.

Das fundamentale Prinzip der BSC von Ursache- und Wirkung dass die Perspekti-ven als Lineare Kausalketten abbildet, scheint offenbar auch grundsätzl iche Fra-gen aufzuwerfen.

Obwohl Norton und Kaplan das Modell der Scorecard als System abbilden (1997,S. 9), ist ihr lineares Arbeits- und Kommunikationsmodell (sog. strategische Land-karte) in den Köpfen vieler BSC-Anwender tief verankert und bestimmt nach mei-ner Erfahrung das Denken ihrer Anwender. Etwas provokativ könnte man sagen:BSC-Anwender denken linear! Nachfolgende Aussagen von Ulrich/Probst(1991, S. 36ff.) zu kausalen bzw. zirkulären Systemen sollen die damit verbunde-ne Problematik verdeutlichen:

1982

62%

%

38%

%

1992

38%

%

62%

%

1998

15%

%

85%

%

IntangibleAssets

TangibleAssets

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„Es geht also um die Frage: Wie sind die Teile miteinander verbunden? Meistensstellen wir uns diese Verbindungen als lineare Kausalketten vor, als einfache Lini-en, die von Ursachen zu Wirkungen führen. Öfters denken wir sogar monokausal,d.h. wir nehmen an, dass ein Tatbestand auf eine einzige Ursache zurückzuführenist. Aber wir merken bald, dass uns die monokausale Erklärung nicht so rechtbefriedigt, denn auch die Ursache muss ja eine Ursache haben! Und so gehen wirauf der Zeitachse zurück und verstricken uns in das Huhn-Ei-Problem; Wenn einHühnerei da ist, muss es ja vorher von einem anderen Huhn gelegt worden sein;aber woher kam das Huhn? Doch aus einem Ei! Und so können wir immer weiterzurück nach der Ursache suchen und landen schliesslich beim Urknall – aber waswar die Ursache des Urknalls?“

Das Huhn-Ei-Problem finden wir also in dem eingangs beschriebenen Problem derAnordnung von Perspektiven wieder.

Im Gegensatz zu den Scorecard`s für NPOs, die Norton und Kaplan vorschlagen(vgl. 2.2.7), unterscheidet sich unser Ansatz durch die zirkulären Rückführung(16), welche die Leistungswirkungsperspektive mit den Ressourcen-Perspektiven(Finanzen, Human Ressourcen und Sachmittel-/Wissen) der Stakeholderperspek-tive verbindet. Unser Modell ist somit zum System geworden, dass weder Anfangund Ende noch Oben und Unten kennt. Mit anderen Worten liegt nun ein zirkulä-res Modell vor. Die Kausalkette wurde durch den Kreis abgelöst.

So betrachtet können nun die finanziellen Ziele als Resultate des Erfolgs (Gewinn)wie auch als Voraussetzung dafür (Investition) betrachtet werden.

Die Frage, die wir z.B. mit der Stakeholder-Perspektive verknüpfen lautet dem-nach nicht nur: „Wie müssen wir mit unseren Stakeholdern umgehen, um unsererMission zu verwirklichen?“. Sondern auch zugleich: „Wie müssen wir mit unserenStakeholdern umgehen, um die für unsere Existenz notwendigen Ressourcen(Finanzen, Human Ressourcen, Sachmittel und Wissens-Ressourcen) zu gewin-nen?“. Die Frage der Bedeutung bzw. Positionierung von Perspektiven, die immerauch mit Wertvorstellungen über die Zweckbestimmung der NPO in Verbindunggebracht wird, haben wir somit – wenn auch nicht abschliessend – beantwortet.

Der zweite Kreislauf (15) unseres Modells zeigt die primäre Ableitung der Ziele.Ausgehend von der Mission, werden anhand von Stakeholder (3) - und Umfelda-nalysen (4), Beeinflussungs- und Leistungstungswirkungsziele (5) im Zusammen-hang mit Stakeholdern (6) und NPO-Umfeld (7) definiert. Als Voraussetzung hier-für muss die NPO ihre internen Prozessziele (9) und ihre marktbezogenen Ziele(10) verwirklichen. Dafür benötigt Sie finanzielle Ressourcen (12), Human Res-sourcen (13) sowie Betriebsmittel und immaterielle Werte (14).

2.6 Die wichtigsten Vorteile und Charakteristika unseres Modells imÜberblick

• Höhere Komplexität als das Profit-Modell : 7 Teilperspektiven (Sichten) in 3Haupt-Perspektiven

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• Einbezug der Unternehmenspolitischen Ziele, gewissermassen als Grund-folie für die anderen Perspektiven

• Konsequente Ableitung der Missionsziele nach dem Prinzip: Analyse, Lei-stungswirkung-, Leistungserbringung-, Leistungsentwicklung (Potenziale)

• Hohe Affinität von Leistungszielen (Output-Orientierung) und Ressource n-zielen (Input-Orientierung) durch zirkuläre statt lineare Perspektivenverbindun-gen (systemischer Ansatz)

• Hohe Stakeholder- und Umfeldorientierung durch Ableitung der Leistungs-wirkungsziele von Stakeholdern und Gesellschaft (Politik, Soziokultur, Ökolo-gie, Wirtschaft, Technik)

• Optimierte Nutzung der BSC als Frühwarnsystem durch den explizitenEinbezug von Stakeholder- und Umfeldanalysen

• Gleichzeitige Orientierung der NPO an Markt- und internen Zielen, durch Inte-grierten „Market- und Internal-View“ auf Prozes sebene

• Expliziter Einbezug immaterieller Werte in der Sachmittel und Wissenssicht(Ressourcen-Perspektive)

• Verschmelzung von Inside-Stakeholder und Outside-Stakeholder- Denkendurch die duale Betrachtung der Mitarbeitenden als Mitglieder/ Leistungser-bringer (Ressourcen-Perspektive) als auch als Stakeholder/ Leistungsempfän-gerInnen (Leistungswirkungsperspektive) z.B. in einer Selbsthilfe NPO.

• Akzentuierung von Innovations-, Qualitäts-, Anpassungs-, Veränderungs- undGestaltungsprozessen durch die Inhalte der Organisationsperspektive

• Stärkung der Human Ressourcen-Sicht aufgrund der wachsenden Bedeu-tung des Personalmanagements in NPOs (z.B. im Zusammenhang mit Freiwil-ligen).

2.7 Löst die Balanced Scorecard spezifischen Management-Problemevon NPOs?

Die Balanced Scorecard gehört, wie zahlreiche andere Managementtechniken, zuden Instrumenten, die vor allem in der Praxis von Profitunternehmen eingesetztwird, ohne viel über ihre Modellannahmen bzw. Erfolgskriterien zu reflektieren. ImBann der allgemeinen „BSC-Euphorie“, die nicht zuletzt auch von einer schnellwachsenden „Mangement Theorie Industriy“ getrieben wird, müssen sich Unter-nehmen wie auch NPOs ein eigenständiges und differenziertes Bild über die Mög-lichkeiten und Grenzen der BSC machen können.

Nachfolgende kritischen Würdigung, die im Kontext einiger ausgewählter NPO-Probleme steht, soll hierbei hierfür einen Beitrag leisten. Dabei haben wir nichteine spezifische Modellvariante der BSC vor Augen, sondern beziehen unsererAussagen primär auf den allgemeinen Einsatz der BSC in NPOs.

Die Grundfunktionen des Managements sind in allen Organisationen gleich. AuchNPOs sind nach personellen, sachlichen und institutionellen Managementaspek-ten zu führen. Darüber hinaus weisen NPOs jedoch organisatorische Besonder-heiten auf, die spezifischen Managementproblemstellungen mit sich bringen. Auf-

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grund der Komplexität, die sich durch das besondere Zielsystem der NPO ergibt,kann man von erschwerten Bedingu ngen für das Management im Vergleich zueiner gewinnorientierten Unternehmung sprechen.

Aufgrund der Sachzieldominanz in NPOs gehen wir davon aus, dass die Mes-sung der Zielerreichung mit Hilfe der BSC ein grundsätzliches Problem dar-stellt. So müssen beispielsweise Messgrössen für den Lobbyingerfolg von politi-schen Parteien, den Erfolg von Präventionskampagnen gegen den Missbrauchvon Tabak, den Effizienten Einsatz von finanziellen Mittel im Rahmen vonHilfsprojekten in der Dritten Welt oder die Zufriedenheit von Häftlingen einer Straf-vollzugsanstalt gefunden werden.

Nebst dem Problem der erschwerten Operationalisierbarkeit von Zielen, wirddie Suche nach geeigneten Messgrössen, auch immer von individuellen ethi-schen, moralischen, politischen oder anderen Wertvorstellungen geprägt sein, diesich nicht einfach an der „künstlich erzeugten Objektivität“ der BalancedScorecard orientieren.

Objektivität vermittelt die BSC weil sie mit einem hohen Aufwand an Zeit, Geldund oftmals auch externem Beratungsrenommé hergestellt wurde. Weil Sie ideal-typisch von oben kommt (top-down-Verfahren) und somit ein Stück der Füh-rungsmeinung in sich trägt. Weil im selben Atemzug d.h. mit der gleichen Selbst-verständlichkeit, harte Fakten (Tatsachen) und weiche, subjektiven Fakten (Mei-nungen) kommuniziert werden. Und last but not least weil das ganze nicht nurSchwarz auf Weiss, sondern auch grafisch wirksam reduziert, die visuelle Machtder Medien nutzt: „Wir sehen nicht selten, dass das Ursache/Wirkungsmodell wieeine „Mona Lisa“ der eigenen Strategie an einer zentralen Stelle im Büro aufge-hängt wird“ (Horvath 2000, S. 39).

Künstlich erzeugt deshalb, weil sich Objektivität weder herstellen noch multiplizie-ren lässt. Gelänge dies trotzdem, wäre ein allgemeiner Konsens, für hochkomple-xe Problemstellungen in NPOs gefunden.

Messbarkeit wie sie die Balanced Scorecard verspricht, wird von den meistenAnwenderInnen mit Objektivität gleichgesetzt. Objektive Argumente sind jedochunanfechtbar, weil sie richtig und nicht falsch sind. Damit käme jede Kommunika-tion und somit auch jede Weiterentwicklung der BSC zum erliegen.

Die zentrale Frage, die eine NPO demnach vor der Einführung der BalancedScorecard klären sollte, ist die jenige nach dem Gap zwischen dem was sie mes-sen will und dem was sie tatsächlich misst. Noch besser sollte zuvor die Fragegeklärt werden, warum überhaupt gemessen werden soll! Aufgrund der Tatsache,dass viele Messgrössen lediglich Indikatoren einer Hypothese darstellen, dieprimär die eigene Sicht der Dinge wiedergeben, sollte der Begriff messen, durchden Begriff beurteilen ersetzt werden. Statt von Beweisen sollte man von Vermu-tungen und statt von Wissen sollte von Lernen gesprochen werden.

Damit wollen wir auf keinen Fall ausdrücken dass eine objektive Sicht der Dingenicht anzustreben ist!. Viel mehr soll ausgedrückt werden, dass Strategie-

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Hypothesen - ob diese mit der Balanced Scorecard verknüpft sind oder auch nicht,grundsätzlich kritisch hinterfragt werden müssen. Langfristig einer falschen Strate-giehypothese zu folgen, kann die ganze Organisation zum scheitern bringen.

Des weiteren muss erkannt werden, dass die Balanced Scorecard in erster Linieals Kommunikations- und Übersetzungsinstrument für die Unternehmen s-strategie verstanden werden soll. In diesem Zusammenhang kann die BSC miteinem Musikinstrument verglichen werden, dessen Beherrschung und Einsatz, anbestimmte persönliche, örtliche und zeitliche Voraussetzungen und Fähigkeitengebunden ist.

Andere Eigenschaften und Vorzüge welche mit diesem Instrument in Verbindunggebracht werden (in unserem Beispiel: Musik machen), sollten grundsätzlich kri-tisch hinterfragt werden.

Im Zusammenhang mit den notwendigen Voraussetzungen (vgl. 2.2.6) muss eineoffene Unternehmenskultur geschaffen werden, welche die Akzeptanz undpermanente Weiterentwicklung der Balanced Scorecard unterstützt. Dies be-deutet auch, dass einer konstruktiven Kritik genügend Freiraum gelassen wer-den muss. Richtig verstanden und eingesetzt – so lautet unsere These – könnenNPOs mit Hilfe der Balanced Scorecard in NPOs Hervorragendes leisten:

Vergleichen wir die Probleme der Strategieumsetzung gewinnorientierter Unter-nehmungen (vgl. 2.2.4: Vision Barrier, People Barrier, Resource Barrier, Manage-ment Barrier) wird klar, dass alle Vorteile im Rahmen der Strategieklärung und dieUmsetzung mit Hilfe der BSC auch in NPOs genutzt werden können. Gleiches giltauch für die Stärken der BSC (vgl. 2.2.4). Unterschiedlich ist jedoch die Gewich-tung dieser Vorteile, deren nähere Betrachtung jedoch den Rahmen dieser Arbeitsprengen würde.

Besonders hervorheben möchte ich dennoch die, im Zusammenhang mit derBrückenfunktion der BSC (vgl. 2.2.5) erwähnte Möglichkeit, die Ressou rcen-Zuweisung mit Hilfe der BSC strategiekonform zu objektivieren .

Damit ist die für jede Organisationen zentrale Frage der Leistungs- und E r-folgsmessung angesprochen, für die der Indikator „Gewinn“ oder „Marktfähigkeit“allein, nur eine sehr begrenzte Rolle spielen kann (vgl. Badelt 1999, S. 14 ff.). DerBalanced Scorecard- Ansatz vermag gerade hier, durch die Verknüpfung vonfinanziellen und nicht-finanziellen Kennzahlen (vgl. 2.2.2), die Leistungs- und Er-folgsmessung einer NPO zu erhöhen. NPOs erhalten somit ein wertvolles Instru-ment um ihre Effektivitäts- und Effizienzziele besser steuern und kommunizie-ren zu können. Daraus lassen sich Argumente (z.B. im Zuge aktueller Privatisie-rungsdebatten) ableiten, die für die Zukunft einer NPO von grosser Bedeutungsein können.

Effektivitäts- und Effizienzziele sind häufig auch mit Zielkonfli kten (vgl. 1.4.2)verbunden, wenn wirtschaftliche Überlegungen mit Sachzielen kollidieren. Dabeikönnen mittels Ursache- Wirkungsdiagrammen (vgl Abbildung. 2.3) sowie stra-tegischer BSC-Landkarten Zielkonflikte frühzeitig identifiziert werden.

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Für die NPO-Praxis vermuten wir, dass sich die hohe Komplexität einer Nonprofit-Organisation auch in einer komplexeren Balanced Scorecard1212 wiederspiegelt.So hat z.B. auch unser Modell statt den klassischen vier Perspektiven, derensechs (vgl. 2.4). Komplexer ist die Scorecard deshalb, weil allein schon das Ziel-system der NPO vielschichtiger und komplexer ist. Zudem erhält die Analyse desUmfeldes eine weitaus grössere Bedeutung als in Profitunternehmen (vgl. 2.4.3.1).

Für die Praxis in NPOs könnte dies bedeuten, dass die BSC bei weitem nicht soschnell Verbreitung findet wie in gewinnorientierten Unternehmungen. Dies hatjedoch nicht nur mit der höheren Komplexität der BSC bzw. den zu lösenden Ma-nagementprobleme zu tun, sondern mit der teilweise noch mangelhaften Profes-sionalisierung der NPO-ManagerInnen. Trotzdem sind wir überzeugt, dass dieBSC als Strategieumsetzung bzw. Kommunikationsinstrument für viele Organisa-tionen geradezu prädestiniert ist – wenn es richtig verstanden und eingesetzt wird.

12 Malik sagt im Zusammenhang mit der Grundkomplexität von Systemen: „Ein System mit einergegebenen Komplexität kann nur mit Hilfe eines ebenso komplexen Systems unter Kontrolle ge-bracht werden (Gesetz der Varietät). Denkweisen und Methoden, die in einfachen Systemenerfolgreich sind, können nicht ohne weitres auf komplexe Systeme übertragen werden“(Malik,Strategie, Bern 1992, S. 191).

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III. SCHLUSSBEMERKUNGEN UND AUSBLICK

Wir haben Ihnen dargestellt, dass die Balanced Scorecard keineswegs etwasvöllig Neues ist, aber durchaus in einem von uns modifizierten Konzept für NPOseingesetzt werden kann.

Es ist sinnvoll am Ende unserer Analysen, die in der Einleitung aufgestellten Hy-pothesen noch einmal kurz zu überprüfen.

Aufs Ganze gesehen glauben wir, dass die drei von uns in der Einleitung aufge-stellten Hypothesen, die BSC ist ein Instrument zur Umsetzung von Strategien inNPOs, das bestehende BSC-Modell von Norton/Kaplan genügt den komplexenVerhältnissen und Anforderungen einer NPO nicht und die BSC hilft spezifischeManagementprobleme in NPOs zu lösen, alle als positiv bewertet werden können.

Wir haben das bestehende Modell von Norton/Kaplan für Nonprofit-Organisationen weiterentwickelt und können es nun einfach darstellen:

Abbildung 19: Einfache Darstellung der BSC für NPOs (eigene Darstellung)

Die Analyse hat uns gezeigt, dass BSC einen eigenständigen Managementansatzist, mit dessen Hilfe die Strategie einer NPO langfristig verfolgt werden kann. BeiManagementproblemen in NPOs und bei Schwierigkeiten der Strategieumsetzungist BSC nicht nur ein hervorragender Grund, die BSC in NPOs überhaupt einzu-führen, sondern unser eigener Vorschlag genügt auch den komplexen Anforde-rungen einer NPO. Die komplexen Verhältnisse der Stakeholder in NPOs wird

Oberziel Mission

Leistungswirkungsperspektive

Leistungserbringungsperspektive

Ressourcenperspektive

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unser Konzept insofern gerecht, dass mit der Leistungswirkungsperspektive derBereich der Stakeholder erschaffen wird. Die BSC wird zu einer Brückenfunktionzwischen strategischer und operativer Planung. In unserem Werk haben wir dar-gestellt, wie die Kausalkette von Ursache und Wirkung durch einen Kreis abgelöstwird und somit auch der systemischen Sichtweise gerecht wird.

In unmittelbarer Zukunft wird BSC in den schweizerischen NPOs eingeführt wer-den, um dem wachsenden Druck der Globalisierung und dem gesellschaftlichenWertewandel gewachsen zu sein. Wir hoffen, dass unser entwickeltes Modelldabei behilflich sein wird und sind gespannt, wie es sich in der Praxis bewährt.

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