Balde, Agricola, Faber und Stengel - Stadt Ingolstadt · 2017. 3. 27. · Balde, Agricola, Faber...

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JAHRGANG 7 · AUSGABE NR. 66 · 2016 Balde, Agricola, Faber und Stengel: Ingolstädter Beiträge zum Jesuitentheater Das Jesuitentheater war eine Antwort auf die Reformation (Teil 5) Von Gerd Treffer Fortsetzung des Beitrags aus der August-Ausgabe Von Oktober 1606 bis Okto- ber 1607 war er (Gregor Faber) im Tertiat in Ebersberg, scheint aber auch in Ingolstadt gewe- sen zu sein, wo er dann 1609 - 1611 am Gymnasium Rhetorik lehrte, 1612 die Ethikprofessur an der Universität übernahm (und 1613 als Dekan der Philo- sophischen Fakultät waltete). 1616 ging er nach Regensburg. 1622 - 1623 ist er Studienprä- fekt in Dillingen, übt 1624 - 1627 das gleiche Amt in Regensburg aus. Anfang der 1630er-Jahre unterrichte- te er Moraltheologie in Neu- burg - nur kurz unterbrochen durch einen Aufenthalt als Praefectus rerum spiritualium in Ingolstadt. Ab 1644 wirkte er als geistlicher Leiter und Beichtvater in Konstanz. Er starb 1653 in Konstanz. Hier war er 1605 – während seines früheren dortigen Auf- enthalts als Bühnenautor mit dem Drama „Sanctus Pelagius martyrt hervorgetreten, „mit dem er Vorbehalte der Bevöl- kerung gegenüber dem Jesu- itenorden zu beschwichtigen suchte (ordensintern scheint Faber dagegen in einer spä- teren Denkschrift – 1639 – Kritik an Teilen des jesuiti- schen Schulwesens geübt zu haben)“ (Ulrich Neumann; in: Biographisches Lexikon der Ludwig-Maximillans-Universi- tät München). Fabers „Comicotragedien“ Fabers „Comicotragedien“ / Von dem Leben und Tod deß H. Jünglings und Märtyrers Pelagii / deß Bistums Cos- tantz Patronen / Zu Costantz am Bodensee den 18. Wein- monats im Jar 1605“ war in der Tat das erste Schauspiel, mit dem das dortige Gymnasium an die Öffentlichkeit trat. Es war kein Zufall, dass Gegen- stand (und Titelheld) des Schauspiels der – neben dem Heiligen Konrad – als Bistums- patron verehrte Pelagius ist. Das macht auch deutlich, dass mit dem Stück Sympathiewer- bung und Aufmerksamkeit für den Orden und für sein Gym- nasium verbunden wurde, das erst im Vorjahr seinen regulä- ren Unterricht aufgenommen hatte. Der P. Superior lädt Pfar- rer und Magistrat der Nach- barstadt ein. Es würden „secundum morem Societa- tis nostrae praemia discipulis“ verteilt, und um dies feier- lich zu gestalten, „adiicemus comediam piam et elegantem de S. Pelagio huius diecae- sis patrono quam P. Gregori- us Faber, Rhetorices professor composuif. Leben und Martyrium des Pelagius werden getreu der legendarischen Überlieferung geschildert. Pelagius starb zu Aemona, Cittanova in Istrien 282/ 283. In der Konstanzer Domkirche wurden Reliqui- en von ihm aufbewahrt. Ein Exemplar der mittelalterlichen Vita befand sich ehemals im nahen Kloster St. Gallen. Im Drama verwendete Namen, Daten, auch die ausführliche Beschreibung der Marter ent- sprechen genau der Vita. In der Perioche wird der Inhalt des Stückes so geschil- dert; Pelagius wird in „Emmo- na / in obern Ungern14 als Kind christlicher Eltern gebo- ren und von seinem siebten Lebensjahr an von dem from- men Priester üranius erzo- gen und unterwiesen. Als die Eltern sterben, verteilt er sein Erbe an die Armen. Im Zuge der Chrlstenverfolgungen des Kaisers Numerian kam er in die Gegend, wo hernach die Stadt Konstanz erbaut wurde. Der „Keyserliche Landtvogf Evilasius nahm ihn gefan- gen. Pelagius wird „mit aller- ley grausamer Marter gepei- niget / und lestlich auch mit dem Shwert hingericht / den 28. Tag Augustmonat / sei- nes Alters im 25. nach Christi Geburt aber im 284“. Von der Konstanzer Auf- führung heißt es: „Die unmit- telbar aus der Apotheose des fünften Aktes entwickelte Prämienverteilung (die Aus- zeichnung der Jahrgangsbes- ten) bringt die Gemeinde in Verbindung mit der neuen Schule. Der „Divus Pelagius14 empfiehlt Schule und Schü- ler dem besonderen Schutz der „Constantia Civitas 11. Die sprachliche Symbolik (Cons- tantia) bezieht sich auf Stand- haftigkeit im Hinblick auf die Vergangenheit der Stadt und exponierte Stellung als bedeutende Konzils- und heutige Bischofsstadt aber, auch auf die Konstanz der Gemeinde und den Ortsna- men, ihre Standhaftigkeit im Glauben und in der Nachfol- ge des Erbauers, Kaiser Kon- stantins und spielt wohl auch darauf an, dass mit Konstanz, Beständigkeit und Behar- rung (Petrus Cantsius hatte als Devise „persevere“ - halte durch, beharre“) ein Preis, der des ewigen Lebens, und hier und heute am Tag des Schul- abschlusses ein Preis, eine Auszeichnung der Schüler zu erwerben sei. Abschließend soll hier noch eines weiteren Jesui- tendramatikers, des aber weit über die dramatisch-literari- sche Karriere hinaus berühm- ten Georg Stengel, Erwäh- nung getan werden, der, 1584 in Augsburg geboren, 1651 in Ingolstadt starb. 1601 in den Jesuitenorden eingetreten, war er im Noviziat Mitschüler von Jakob Balde. 1603 - 1606 studierte er in Ingolstadt Phi- losophie (war dann im Colle- gium von Porrentruy und am Münchner Gymnasium Leh- rer), dann 1610 - 1614 Theolo- gie. 1608 begann der vielsei- tig begabte Jesuit Dramen zu verfassen, darunter den oben erwähnten „Mahanus Trium- phus“ (mit über 300 Mitwir- kungen), 1617 in Dillingen mit überwältigendem Erfolg aufgeführt „Weitere Stücke, von denen z.T. nur die Peri- ochen erhalten sind folgten in stetiger Reihe bis mindes- tens 163041 (Mulsow, in: Bio- graphisches Lexikon der Lud- wig-Maximilians-Universität München). Seine lyrische Pro- duktion war durch Gretser beeinflusst, dessen literari- schen Nachlass er (nach des- sen Tod 1625) verwaltete und in Teilen editierte. 1618 kam er nach Ingol- stadt, zunächst als Profes- sor der Philosophie, dann (ab 1621) für Moraltheolo- gie, (1622) für Dogmatik und Kontroverstheologie. „Sein Wirken als Theologe war so erfolgreich, dass er am Ende auf mehr als 30 Äbte und Pro- fessoren als seine Schüler zurückblicken konnte‘4 (Mul- sow). Literarisch befasste er sich mit der Natur der Engel, mit den Schrecken des Krie- ges (vor denen er, damals Leiter des Jesuitenkollegs 1632 nach Salzburg floh), mit Emblemen („ova paschalia“, 1634, dem Ei als Symbol für Geburt und neues Leben). Am Münchner Hof war er Prinzen- erzieher, als Vorgänger Baldes (1632 - 1637) Leiterder (lateini- schen) marianischen Kongre- gation 1640 - 1643 übernahm er die Rektorate von Kolleg und Universität Dillingen, um dann nach Ingolstadt heim- zukehren, und sich vor allem literarischen Arbeiten zu wid- men. Sein Hauptwerk ist eine vierbändige Sammlung „De iudiciis divinius von Exempla über das Eingreifen der gött- lichen Gnade.“ Stengl war mit über 70 z.T. umfangreichen Titeln einer der produktivs- ten Schriftsteller seiner Zeit (und befasste sich mit dem) Problem des Guten und des Bösen, vor allem auch, wie es möglich ist, dass trotz Got- tes Güte Monstrositäten in der Natur auftauchen...“ (ebenda). Die Frage verfolgte ihn von der frühen Disputation von 1617 ( Judicium de arcanis qui- busdam iisque malis naturae affectibus“) dreißig Jahre lang bis zu seinem (umfangrei- chen) Spätwerk („De Monst- ris et monstrosis“, 1647). Es ist erstaunenswert, wie Stengel der Theodizeefrage nachspürt, „die letztlich bis Papst Bene- dict XVI. und in der Frage „Wo war Gott in Auschwitz?“ und zur Euthanasie und Genozid- Thematik der modernen Zeit im Kern ungelöst fortbesteht. Stengel entwickelte Empa- thie gegenüber Missgestalte- ten; das ließ ihn „Nachsicht“ mit ihnen empfehlen. „Neben dem Interesse an der Theodi- zeefrage....war es immer auch der Blick des Dramatikers und Predigers“ - Stengel war ein großer Kanzelprediger, beson- ders in seiner Münchner Zeit als Prediger an der Frauenkir- che – „der hier das Prodigium, das Unerhörte, das Exemplum sah1‘. Über solche Exempla, ihre moralisch erhebende Wir- kung, über seine Kriegsei- fahrungen seit 1632 nach- denkend, entstanden seine großen aszetisch-konsola- torischen Theodizeewerke (Mulsow) – darunter „Croe- sus et Codrus“ über Armut (1648), „De Honore dignis vel indignis“ über den Wert des Menschen (1650), „Cibus esu- rentium“ über Hunger (1650) – gesammelt in „De iudiciis dtvinis* (1651), Werke, die „in gelehrten, aber auch populä- ren Beispielen immer wieder neu Gottes Güte und Gerech- tigkeit beweisen sollten‘1 (ebenda). In Schulspielen, dann zur Hochliteratur verfeiner- ten Dramen, darüber hinaus mit herausragenden litera- rischen, lyrischen, dramati- schen Beiträgen zur deutsch- sprachigen Literatur, suchten die Jesuiten (zugleich!) dem ureigenen Anliegen des Ordens, der Verkündung des Glaubens zu dienen. Dazu zählten brillante naturwis- senschaftliche Forschun- gen, nahezu geniale tech- nologische Entwicklungen und Anwendungen und das Bemühen mit neuen kom- munikativen Methoden auf ihr Publikum Einfluss zu neh- men. Teil davon war das Jesui- tendrama. Die Patres schrie- ben (so Jean-Marie Valentin; les jésuites et le théâtre 1554 - 1680 .... Paris, 2001; spezi- ell für den deutschsprachigen Raum: ders.; le theatre jésu- ite dans les pays de langue allemande....; Stuttgart 1983 - 1984) rund 7650 Stücke – die innerhalb 220 Jahren ent- standen. Die Themen kreis- ten um christliche Märtyrer, Heiligenlegenden, um die Mission in Asien (China und Japan). (Dazu der frühere Prä- sident der katholischen Uni- versität Eichstätt, Ruprecht Wimmer; Neure Forschun- gen zum Jesuitentheater des deutschen Sprachbereichs und weiter Veröffentlichun- gen). Die vielversprechende Tradition des Jesuitenthea- ters (wie zuvor die weltoffe- ne Methodik der Jesuitenmis- sion in China im Ritenstreit) wurde durch die Aufhebung des Ordens 1773 durch Papst Clemens XIV. beendet. Der Jesuitendramatiker Georg Stengel war mit über 70 Titeln einer der produktivsten Schrift- steller seiner Zeit. Stengels Spätwerk „De Monstris et monst- rosis“, 1647 Fotos: Stadtarchiv Ingolstadt Die Mangold-Brüder Ein fast symbiotisch zu nennender Lebensgleichklang Von Gerd Treffer Geschwister, zwei Jesui- ten, zwei Ingolstädter Profes- soren – die Mangold-Brüder. Der große Bruder – Joseph, 1716 geboren, also 2016 sei- nen 300. Geburtstag bege- hend; der jüngere, Maximus, 1722 zur Welt gekommen. Beide mit Geburtsort Rehling, einer Gemeinde im schwäbi- schen (heutigen Landkreis) Aichach-Friedberg. Der Vater Johann Jakob war Bauer. Bei- de mit Sterbeort Augsburg, 1787 der ältere, 1797 der jüngere. Bei- de die Auflösung des Ordens 1773 erleidend. Beide gingen zunächst (wohl) auf das Jesuiten-Gym- nasium in Ellwangen. Joseph trat 1733 in den Jesuitenorden ein, Maximus 1739 – genau im Abstand ihres Alters. Beide waren im Landsberger Novizi- at und absolvierten dann die ordenstypische Ausbildung. Joseph wurde (paral- lel dazu bzw. anschließend) 1747/48 am Amberger Lyze- um als Professor für Physik eingesetzt. Maximus lernte an der Uni- versität Ingolstadt und wurde 1753 in Eichstätt zum Priester geweiht. 1755–1758 unterrich- tete er in München. Joseph Mangold gehör- te 1748–1756 der philosophi- schen Fakultät der Universität Ingolstadt an. Er unterrichte- te zunächst Logik, dann Phy- sik. 1756 wechselte Joseph in die theologische Fakultät und übernahm die Dogmatikpro- fessur. 1757 folgte ihm sein kleiner Bruder Maximus auf der Physikprofessur. In diese Zeit seiner Ingolstädter Lehr- tätigkeit fällt für Joseph die Entstehung seiner Hauptwer- ke „Systema luminis et colo- rum“ sowie „Philosophia rati- onalis et experimentalis“, mit denen sich Mangold als außerordentlich vielseitiger Kenner der seinerzeit moder- nen naturwissenschaftlichen Kenntnisse auswies. Teils lehnte er diese unter Beru- fung auf die Hl. Schrift ab – so das mit kirchlichem Ver- bot belegte kopernikanische System – in weiten Teilen sei- nes Werkes befand er sich jedoch in bemerkenswerter, ihm innerhalb seines Ordens eine Sonderstellung sichern- der Weise auf der Höhe der Zeit, urteilt Wienfried Mül- ler (im Biographischen Lexi- kon der Ludwig-Maximilians- Universität München; Berlin, 1998) und verweist: „Neben den Ausführungen zum Blut- kreislauf und zur Pflanzen- physiologie traf dies vor allem auf die Ausführungen zur Licht- und Farbenlehre zu, in denen sich Mangold kri- tisch mit der Emissionsthe- orie Newtons befasste, statt dessen die Undulationstheo- rie Eulers übernahm und nur wenige Jahre nach ihrer Ent- stehung an der Universität Ingolstadt einführte“. Maximus versah in der Nachfolge des großen Bru- ders 1757–1759 die Physikpro- fessur bei den Artisten, stand aber (meint Müller) dem Bru- der „ungeachtet einiger wis- senschaftlicher Veröffentli- chungen in wissenschaftlicher Bedeutung nach“. Er „erarbei- tete das am Vorbild seines Bruders orientierte Lehrbuch „Philosphia recentior praefec- tionibus publicis accomodata“ (und….) erwies sich hierbei als guter Kenner der moder- nen Naturwissenschaften“. Wie sein Bruder lehnte er das kopernikanische System „obwohl es ihm einleuchtend schien“ (W. Müller) als unver- einbar mit der Heiligen Schrift ab. 1763 beendete Joseph Mangold seine Lehrtätigkeit in Ingolstadt und verließ die Theologische Fakultät. Maxi- mus wechselte zeitgleich von den Philosophen zu den Theologen und versah dort das vorher vom Bruder ver- tretene Fach Dogmatik. 1766 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert. Nach Beendigung seiner Lehrtätigkeit in Ingolstadt ging Joseph Mangold als Pro- fessor für Theologie nach Dil- lingen. 1766 – 1769 versah er dort das Rektorat des Jesu- itenkollegs und der Univer- sität. Maximus seinerseits stand 1767 – 1768 dem Ingol- städter Jesuitenkolleg als Rektor vor. Ende 1770 wurde er Provinzial der Germania Superior. Ende 1770 stand Joseph dem Augsburger Jesuiten- kolleg (H. Salvator) vor und behielt die Funktion auch nach der Aufhebung des Ordens 1773, die in Augsburg erst 1776 vollzogen wurde. Das Kolleg wurde in ein Welt- priesterkolleg umgewandelt, dem Joseph Mangold bis zu seinem Tod 1787 als Bischöf- licher Direktor vorstand. Maximus dagegen ver- sah das Amt des Ordensobe- ren in der Oberdeutschen Ordensprovinz bis zur Auf- hebung des Ordens 1773. Anschließend zog er sich in das Augsburger Kolleg zurück, das unter der Leitung seines Bruders stand. Nach dem Tod des Bruders trat er dessen Nachfolge als Bischöflicher Direktor an. Er starb 1797. Maximus Mangold erar- beitete das am Vorbild seines Bruders Joseph orientierte Lehrbuch „Philosphia recentior praefectio- nibus publicis accomodata“. Foto: Stadtarchiv Ingosltadt Gregor Fabers „Comicotragedien“ aus dem Jahr 1605. Faber lehrte von 1609 bis 1611 Rhetorik am Gymnasium in Ingolstadt.

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JAHRGANG 7 · AUSGABE NR . 66 · 2016

Balde, Agricola, Faber und Stengel: Ingolstädter Beiträge zum Jesuitentheater

Das Jesuitentheater war eine Antwort auf die Reformation (Teil 5)

Von Gerd Treffer Fortsetzung des Beitrags aus der August-Ausgabe

Von Oktober 1606 bis Okto-ber 1607 war er (Gregor Faber) im Tertiat in Ebersberg, scheint aber auch in Ingolstadt gewe-sen zu sein, wo er dann 1609 - 1611 am Gymnasium Rhetorik lehrte, 1612 die Ethikprofessur an der Universität übernahm (und 1613 als Dekan der Philo-sophischen Fakultät waltete). 1616 ging er nach Regensburg. 1622 - 1623 ist er Studienprä-fekt in Dillingen, übt 1624 - 1627 das gleiche Amt in Regensburg aus. Anfang der 1630er-Jahre unterrichte-te er Moraltheologie in Neu-burg - nur kurz unterbrochen durch einen Aufenthalt als Praefectus rerum spiritualium in Ingolstadt. Ab 1644 wirkte er als geistlicher Leiter und Beichtvater in Konstanz. Er starb 1653 in Konstanz.

Hier war er 1605 – während seines früheren dortigen Auf-enthalts als Bühnenautor mit dem Drama „Sanctus Pelagius martyrt hervorgetreten, „mit dem er Vorbehalte der Bevöl-kerung gegenüber dem Jesu-itenorden zu beschwichtigen suchte (ordensintern scheint Faber dagegen in einer spä-teren Denkschrift – 1639 – Kritik an Teilen des jesuiti-schen Schulwesens geübt zu haben)“ (Ulrich Neumann; in: Biographisches Lexikon der Ludwig-Maximillans-Universi-tät München).

Fabers „Comicotragedien“

Fabers „Comicotragedien“ / Von dem Leben und Tod deß H. Jünglings und Märtyrers Pelagii / deß Bistums Cos-tantz Patronen / Zu Costantz am Bodensee den 18. Wein-monats im Jar 1605“ war in der Tat das erste Schauspiel, mit dem das dortige Gymnasium an die Öffentlichkeit trat. Es war kein Zufall, dass Gegen-stand (und Titelheld) des Schauspiels der – neben dem Heiligen Konrad – als Bistums-patron verehrte Pelagius ist. Das macht auch deutlich, dass mit dem Stück Sympathiewer-bung und Aufmerksamkeit für den Orden und für sein Gym-

nasium verbunden wurde, das erst im Vorjahr seinen regulä-ren Unterricht aufgenommen hatte.

Der P. Superior lädt Pfar-rer und Magistrat der Nach-barstadt ein. Es würden „secundum morem Societa-tis nostrae praemia discipulis“ verteilt, und um dies feier-lich zu gestalten, „adiicemus comediam piam et elegantem de S. Pelagio huius diecae-sis patrono quam P. Gregori-us Faber, Rhetorices professor composuif.

Leben und Martyrium des Pelagius werden getreu der legendarischen Überlieferung geschildert. Pelagius starb zu Aemona, Cittanova in Istrien 282/ 283. In der Konstanzer Domkirche wurden Reliqui-en von ihm aufbewahrt. Ein Exemplar der mittelalterlichen Vita befand sich ehemals im nahen Kloster St. Gallen. Im Drama verwendete Namen, Daten, auch die ausführliche Beschreibung der Marter ent-sprechen genau der Vita.

In der Perioche wird der Inhalt des Stückes so geschil-dert; Pelagius wird in „Emmo-na / in obern Ungern14 als Kind christlicher Eltern gebo-ren und von seinem siebten Lebensjahr an von dem from-men Priester üranius erzo-gen und unterwiesen. Als die Eltern sterben, verteilt er sein Erbe an die Armen. Im Zuge der Chrlstenverfolgungen des Kaisers Numerian kam er in die Gegend, wo hernach die Stadt Konstanz erbaut wurde. Der „Keyserliche Landtvogf Evilasius nahm ihn gefan-gen. Pelagius wird „mit aller-ley grausamer Marter gepei-niget / und lestlich auch mit dem Shwert hingericht / den 28. Tag Augustmonat / sei-nes Alters im 25. nach Christi Geburt aber im 284“.

Von der Konstanzer Auf-führung heißt es: „Die unmit-telbar aus der Apotheose des fünften Aktes entwickelte Prämienverteilung (die Aus-zeichnung der Jahrgangsbes-ten) bringt die Gemeinde in Verbindung mit der neuen Schule. Der „Divus Pelagius14 empfiehlt Schule und Schü-ler dem besonderen Schutz der „Constantia Civitas 11. Die sprachliche Symbolik (Cons-

tantia) bezieht sich auf Stand-haftigkeit im Hinblick auf die Vergangenheit der Stadt und exponierte Stellung als bedeutende Konzils- und heutige Bischofsstadt aber, auch auf die Konstanz der Gemeinde und den Ortsna-men, ihre Standhaftigkeit im Glauben und in der Nachfol-ge des Erbauers, Kaiser Kon-stantins und spielt wohl auch darauf an, dass mit Konstanz, Beständigkeit und Behar-rung (Petrus Cantsius hatte als Devise „persevere“ - halte durch, beharre“) ein Preis, der des ewigen Lebens, und hier und heute am Tag des Schul-abschlusses ein Preis, eine Auszeichnung der Schüler zu erwerben sei.

Abschließend soll hier noch eines weiteren Jesui-tendramatikers, des aber weit über die dramatisch-literari-sche Karriere hinaus berühm-ten Georg Stengel, Erwäh-nung getan werden, der, 1584 in Augsburg geboren, 1651 in Ingolstadt starb. 1601 in den Jesuitenorden eingetreten, war er im Noviziat Mitschüler von Jakob Balde. 1603 - 1606 studierte er in Ingolstadt Phi-losophie (war dann im Colle-gium von Porrentruy und am Münchner Gymnasium Leh-rer), dann 1610 - 1614 Theolo-gie. 1608 begann der vielsei-tig begabte Jesuit Dramen zu verfassen, darunter den oben erwähnten „Mahanus Trium-phus“ (mit über 300 Mitwir-kungen), 1617 in Dillingen mit überwältigendem Erfolg aufgeführt „Weitere Stücke, von denen z.T. nur die Peri-ochen erhalten sind folgten in stetiger Reihe bis mindes-tens 163041 (Mulsow, in: Bio-graphisches Lexikon der Lud-wig-Maximilians-Universität München). Seine lyrische Pro-duktion war durch Gretser beeinflusst, dessen literari-schen Nachlass er (nach des-sen Tod 1625) verwaltete und in Teilen editierte.

1618 kam er nach Ingol-stadt, zunächst als Profes-sor der Philosophie, dann (ab 1621) für Moraltheolo-gie, (1622) für Dogmatik und Kontroverstheologie. „Sein Wirken als Theologe war so erfolgreich, dass er am Ende auf mehr als 30 Äbte und Pro-

fessoren als seine Schüler zurückblicken konnte‘4 (Mul-sow). Literarisch befasste er sich mit der Natur der Engel, mit den Schrecken des Krie-ges (vor denen er, damals Leiter des Jesuitenkollegs 1632 nach Salzburg floh), mit Emblemen („ova paschalia“, 1634, dem Ei als Symbol für Geburt und neues Leben). Am Münchner Hof war er Prinzen-erzieher, als Vorgänger Baldes (1632 - 1637) Leiterder (lateini-schen) marianischen Kongre-gation 1640 - 1643 übernahm er die Rektorate von Kolleg und Universität Dillingen, um dann nach Ingolstadt heim-zukehren, und sich vor allem literarischen Arbeiten zu wid-men.

Sein Hauptwerk ist eine vierbändige Sammlung „De iudiciis divinius von Exempla über das Eingreifen der gött-lichen Gnade.“ Stengl war mit über 70 z.T. umfangreichen Titeln einer der produktivs-ten Schriftsteller seiner Zeit (und befasste sich mit dem) Problem des Guten und des Bösen, vor allem auch, wie es möglich ist, dass trotz Got-tes Güte Monstrositäten in der Natur auftauchen...“ (ebenda). Die Frage verfolgte ihn von der frühen Disputation von 1617 ( Judicium de arcanis qui-busdam iisque malis naturae affectibus“) dreißig Jahre lang bis zu seinem (umfangrei-chen) Spätwerk („De Monst-ris et monstrosis“, 1647). Es ist erstaunenswert, wie Stengel der Theodizeefrage nachspürt, „die letztlich bis Papst Bene-dict XVI. und in der Frage „Wo war Gott in Auschwitz?“ und zur Euthanasie und Genozid-Thematik der modernen Zeit im Kern ungelöst fortbesteht. Stengel entwickelte Empa-thie gegenüber Missgestalte-ten; das ließ ihn „Nachsicht“ mit ihnen empfehlen. „Neben dem Interesse an der Theodi-zeefrage....war es immer auch der Blick des Dramatikers und Predigers“ - Stengel war ein großer Kanzelprediger, beson-ders in seiner Münchner Zeit als Prediger an der Frauenkir-che – „der hier das Prodigium, das Unerhörte, das Exemplum sah1‘.

Über solche Exempla, ihre moralisch erhebende Wir-

kung, über seine Kriegsei-fahrungen seit 1632 nach-denkend, entstanden seine großen aszetisch-konsola-torischen Theodizeewerke (Mulsow) – darunter „Croe-sus et Codrus“ über Armut (1648), „De Honore dignis vel indignis“ über den Wert des Menschen (1650), „Cibus esu-rentium“ über Hunger (1650) – gesammelt in „De iudiciis dtvinis* (1651), Werke, die „in gelehrten, aber auch populä-ren Beispielen immer wieder neu Gottes Güte und Gerech-tigkeit beweisen sollten‘1 (ebenda).

In Schulspielen, dann zur Hochliteratur verfeiner-ten Dramen, darüber hinaus mit herausragenden litera-rischen, lyrischen, dramati-schen Beiträgen zur deutsch-sprachigen Literatur, suchten die Jesuiten (zugleich!) dem ureigenen Anliegen des Ordens, der Verkündung des Glaubens zu dienen. Dazu zählten brillante naturwis-senschaftliche Forschun-gen, nahezu geniale tech-nologische Entwicklungen und Anwendungen und das Bemühen mit neuen kom-munikativen Methoden auf ihr Publikum Einfluss zu neh-men.

Teil davon war das Jesui-tendrama. Die Patres schrie-ben (so Jean-Marie Valentin; les jésuites et le théâtre 1554 - 1680 .... Paris, 2001; spezi-ell für den deutschsprachigen Raum: ders.; le theatre jésu-ite dans les pays de langue allemande....; Stuttgart 1983 - 1984) rund 7650 Stücke – die innerhalb 220 Jahren ent-standen. Die Themen kreis-ten um christliche Märtyrer, Heiligenlegenden, um die Mission in Asien (China und Japan). (Dazu der frühere Prä-sident der katholischen Uni-versität Eichstätt, Ruprecht Wimmer; Neure Forschun-gen zum Jesuitentheater des deutschen Sprachbereichs und weiter Veröffentlichun-gen). Die vielversprechende Tradition des Jesuitenthea-ters (wie zuvor die weltoffe-ne Methodik der Jesuitenmis-sion in China im Ritenstreit) wurde durch die Aufhebung des Ordens 1773 durch Papst Clemens XIV. beendet.

Der Jesuitendramatiker Georg Stengel war mit über 70 Titeln einer der produktivsten Schrift-steller seiner Zeit.

Stengels Spätwerk „De Monstris et monst-rosis“, 1647 Fotos: Stadtarchiv Ingolstadt

Die Mangold-Brüder Ein fast symbiotisch zu nennender

Lebensgleichklang

Von Gerd Treffer

Geschwister, zwei Jesui-ten, zwei Ingolstädter Profes-soren – die Mangold-Brüder. Der große Bruder – Joseph, 1716 geboren, also 2016 sei-nen 300. Geburtstag bege-hend; der jüngere, Maximus, 1722 zur Welt gekommen. Beide mit Geburtsort Rehling, einer Gemeinde im schwäbi-schen (heutigen Landkreis) Aichach-Friedberg. Der Vater Johann Jakob war Bauer. Bei-de mit Sterbeort Augsburg, 1787 der ältere, 1797 der jüngere. Bei-de die Auflösung des Ordens 1773 erleidend.

Beide gingen zunächst (wohl) auf das Jesuiten-Gym-nasium in Ellwangen. Joseph trat 1733 in den Jesuitenorden ein, Maximus 1739 – genau im Abstand ihres Alters. Beide waren im Landsberger Novizi-at und absolvierten dann die ordenstypische Ausbildung.

Joseph wurde (paral-lel dazu bzw. anschließend) 1747/48 am Amberger Lyze-um als Professor für Physik eingesetzt.

Maximus lernte an der Uni-versität Ingolstadt und wurde 1753 in Eichstätt zum Priester geweiht. 1755–1758 unterrich-tete er in München.

Joseph Mangold gehör-te 1748–1756 der philosophi-schen Fakultät der Universität Ingolstadt an. Er unterrichte-te zunächst Logik, dann Phy-sik. 1756 wechselte Joseph in die theologische Fakultät und übernahm die Dogmatikpro-fessur. 1757 folgte ihm sein kleiner Bruder Maximus auf der Physikprofessur. In diese Zeit seiner Ingolstädter Lehr-tätigkeit fällt für Joseph die Entstehung seiner Hauptwer-ke „Systema luminis et colo-rum“ sowie „Philosophia rati-onalis et experimentalis“, mit denen sich Mangold als außerordentlich vielseitiger Kenner der seinerzeit moder-nen naturwissenschaftlichen Kenntnisse auswies. Teils lehnte er diese unter Beru-fung auf die Hl. Schrift ab – so das mit kirchlichem Ver-bot belegte kopernikanische System – in weiten Teilen sei-nes Werkes befand er sich jedoch in bemerkenswerter, ihm innerhalb seines Ordens eine Sonderstellung sichern-der Weise auf der Höhe der Zeit, urteilt Wienfried Mül-ler (im Biographischen Lexi-kon der Ludwig-Maximilians-Universität München; Berlin, 1998) und verweist: „Neben den Ausführungen zum Blut-kreislauf und zur Pflanzen-physiologie traf dies vor allem auf die Ausführungen zur Licht- und Farbenlehre zu, in denen sich Mangold kri-

tisch mit der Emissionsthe-orie Newtons befasste, statt dessen die Undulationstheo-rie Eulers übernahm und nur wenige Jahre nach ihrer Ent-stehung an der Universität Ingolstadt einführte“.

Maximus versah in der Nachfolge des großen Bru-ders 1757–1759 die Physikpro-fessur bei den Artisten, stand aber (meint Müller) dem Bru-der „ungeachtet einiger wis-senschaftlicher Veröffentli-chungen in wissenschaftlicher

Bedeutung nach“. Er „erarbei-tete das am Vorbild seines Bruders orientierte Lehrbuch „Philosphia recentior praefec-tionibus publicis accomodata“ (und….) erwies sich hierbei als guter Kenner der moder-nen Naturwissenschaften“. Wie sein Bruder lehnte er das kopernikanische System „obwohl es ihm einleuchtend schien“ (W. Müller) als unver-einbar mit der Heiligen Schrift ab.

1763 beendete Joseph Mangold seine Lehrtätigkeit in Ingolstadt und verließ die Theologische Fakultät. Maxi-mus wechselte zeitgleich von den Philosophen zu den Theologen und versah dort das vorher vom Bruder ver-tretene Fach Dogmatik. 1766 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert.

Nach Beendigung seiner Lehrtätigkeit in Ingolstadt ging Joseph Mangold als Pro-fessor für Theologie nach Dil-lingen. 1766 – 1769 versah er dort das Rektorat des Jesu-itenkollegs und der Univer-sität. Maximus seinerseits stand 1767 – 1768 dem Ingol-städter Jesuitenkolleg als Rektor vor. Ende 1770 wurde er Provinzial der Germania Superior.

Ende 1770 stand Joseph dem Augsburger Jesuiten-kolleg (H. Salvator) vor und behielt die Funktion auch nach der Aufhebung des Ordens 1773, die in Augsburg erst 1776 vollzogen wurde. Das Kolleg wurde in ein Welt-priesterkolleg umgewandelt, dem Joseph Mangold bis zu seinem Tod 1787 als Bischöf-licher Direktor vorstand.

Maximus dagegen ver-sah das Amt des Ordensobe-ren in der Oberdeutschen Ordensprovinz bis zur Auf-hebung des Ordens 1773. Anschließend zog er sich in das Augsburger Kolleg zurück, das unter der Leitung seines Bruders stand. Nach dem Tod des Bruders trat er dessen Nachfolge als Bischöflicher Direktor an. Er starb 1797.

Maximus Mangold erar-beitete das am Vorbild seines Bruders Joseph orientierte Lehrbuch „Philosphia recentior praefectio-nibus publicis accomodata“. Foto:

Stadtarchiv Ingosltadt

Gregor Fabers „Comicotragedien“ aus dem Jahr 1605. Faber lehrte von 1609 bis 1611 Rhetorik am Gymnasium in Ingolstadt.