Bandscheibenvorfall - tierarzt-dr-schneider-hamburg ... · mata, wie z. B. beim Springen vom Sofa...

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eine relativ genaue Lokalisation des Bandscheibenvorfalls möglich ist. An- hand des Schweregrads der Symptome wird die nötige Behandlung festgelegt und es können bereits Aussagen über die Prognose gemacht werden. Ein weiteres diagnostisches Mittel ist die Untersuchung der Wirbelsäu- le mittels Röntgen, um andere Wir- belsäulenerkrankungen wie Tumore, Missbildungen oder Infektionen aus- zuschließen. Dieses so genannte Leer- röntgen (ohne Kontrastmittel) sollte möglichst in Narkose stattfinden, da- mit die Wirbelsäule optimal darge- stellt werden kann. Um den Bandscheibenvorfall schließ- lich auf einen (oder häufig auch mehrere) Zwischenwirbelraum ein- zugrenzen, muss entweder eine Com- putertomographie oder Myelographie (Röntgen der Wirbelsäule mit Kon- trastmittel) durchgeführt werden. Bei- de Untersuchungen erfolgen ebenfalls unter Vollnarkose. Wie kann man einen Band- scheibenvorfall behan- deln? Ob Ihr Tier operiert werden muss, soll- te grundsätzlich von einem Tierarzt entschieden werden. Anhand der Un- tersuchung können die Patienten grob in drei Gruppen eingeteilt werden: 1. Keine oder nur milde Lähmung, v. a. Schmerz- symptomatik Eine konventionelle Behandlung kann versucht werden. D. h. das Tier muss möglichst ruhig gehalten werden und bekommt schmerzstillende Medika- mente und /oder Cortison. Schlägt diese Therapie an, fühlen sich die Tie- re schnell besser und wollen wieder laufen und springen. Eine strikte Ru- higstellung mit Leinenzwang und nur sehr kurzen Spaziergängen ist jedoch unerlässlich, da eine nur leicht vor- geschädigte oder vorgewölbte Band- scheibe sonst schnell ganz vorfallen könnte. Die konservative Therapie birgt also auch immer das Risiko der Verschlech- terung. Wir empfehlen daher schon in diesem Stadium die minimalinvasive Therapie (s. u.). Hilft die konservative Therapie dem Patienten nicht oder nicht mehr, muss er der Gruppe zwei zugeordnet wer- den. 2. Deutliche Lähmungser- scheinungen, Tiefensensi- bilität erhalten Kein/geringes Steh- und Gehvermö- gen, die Gliedmaßen werden nach- geschliffen, Harn- und Kot werden unkontrolliert abgesetzt, das Tier hat starke Schmerzen, der Bauch ist an- gespannt. Spätestens in diesem Stadi- um ist ein Eingriff nötig. Der Patient muss einer komplizierten Operation unterzogen werden oder es kann eine minimalinvasive Therapie angewandt werden. Sie ist viel schonender als eine Eröffnung des Wirbelkanals und die Patienten erholen sich sehr viel schneller. Während nach einer OP mindestens drei Wochen strikte Ru- higstellung (am besten Boxenruhe) und ein Klinikaufenthalt notwen- dig sind, kann eine minimalinvasive Behandlung ambulant erfolgen (der Patient wird nur 5-6 Stunden zur Be- obachtung da behalten) und zeigt oft schon nach zwei Tagen erste Erfolge. In der Regel wird die minimalinvasi- ve Therapie direkt im Anschluss an die Myelographie durchgeführt, so dass keine weitere Narkose nötig ist: Wenn der Patient in Narkose liegt, wird zunächst eine Kanüle in den Epi- duralraum eingeführt. Darüber wird Kontrastmittel für die Myelographie injiziert. Mithilfe eines C-Bogens wird nun die Wirbelsäule durchleuchtet und der Bandscheibenvorfall lokalisiert. Als nächstes erfolgt die Injektion ei- ner Mischung aus Lidocain (einem Lokalanästhetikum), Methylpredniso- lon (einem Cortisonabkömmling zur Entzündungshemmung und Schmerz- linderung) und einer Hyaluronidase, dem wichtigsten Bestandteil. Durch die Hyaluronidase wird der knorpelige Teil der Bandscheibe, der vorgefallen ist und auf das Rückenmark drückt, aufgelöst. (die Osmolarität wird geän- dert, das heißt, der Körper schrumpft das Bandscheibenmaterial und nimmt den Druck von dem Nervenstrang) Der Patient kann dann wieder aufwa- chen und ist nach fünf bis sechs Stun- den fit genug, in ihre Obhut entlassen zu werden. 3. Starke Lähmungser- scheinungen, Tiefensensi- bilität nicht erhalten Kein Steh- und Gehvermögen, keine spontanen Gliedmaßenbewegungen, Harn- und Kotinkontinenz, entspricht einer „Querschnittslähmung“. In chronischen Fällen ist die Progno- se sehr schlecht. Nach einer Opera- tion können manche dieser Tiere so genannte „spinal walker“ werden. Es Wie entsteht ein Band- scheibenvorfall? Zu Bandscheibenvorfällen kommt es meistens schon durch geringe Trau- mata, wie z. B. beim Springen vom Sofa oder Spielen mit anderen Hun- den. Dies hängt damit zusammen, dass die Bandscheibe, die schließlich in den Rückenmarkskanal gedrückt wird, bereits vorgeschädigt ist. Durch normale Alterung, Rasseveranlagung/ Vererbung, aber auch Übergewicht und Überbelastung kommt es zur Schwächung des Bindegewebes, der so genannten degenerativen Veränder- ung der Bandscheibe. Zu den prädisponierten Hunden zählen vor allem die chondrodystrophen Ras- sen (z. B. Dackel, Pekinese, Malteser, Shi-Tzu, Cocker-Spaniel, Pudel u. a.). Bei ihnen treten Verkalkungen der un- elastischen Masse auf und beschädigt dadurch die äußeren Bandscheibenan- teile, so dass es nach und nach zu Zer- reißungen kommt und schließlich zum Vorfall des Bandscheibenkerns in den Wirbelkanal. Eine weitere Möglich- keit ist ein explosionsartiger Vorfall ohne vorherige Zerreißungen. Die Folge eines Bandscheibenvor- falls ist immer die Kompression des Rückenmarks bzw. der abzweigenden Nerven, was zu mehr oder weniger starken Schmerzen, Lähmungser- scheinungen unterschiedlicher Aus- prägung sowie Kot- und Harninkonti- nenz führt. Wie wird ein Bandschei- benvorfall festgestellt? Eine ausführliche klinisch-neurologi- sche Untersuchung liefert bereits die wichtigsten Informationen, so dass Bandscheibenvorfall Tierklinik Volksdorf

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eine relativ genaue Lokalisation des Bandscheibenvorfalls möglich ist. An-hand des Schweregrads der Symptome wird die nötige Behandlung festgelegt und es können bereits Aussagen über die Prognose gemacht werden. Ein weiteres diagnostisches Mittel ist die Untersuchung der Wirbelsäu-le mittels Röntgen, um andere Wir-belsäulenerkrankungen wie Tumore, Missbildungen oder Infektionen aus-zuschließen. Dieses so genannte Leer-röntgen (ohne Kontrastmittel) sollte möglichst in Narkose stattfi nden, da-mit die Wirbelsäule optimal darge-stellt werden kann.Um den Bandscheibenvorfall schließ-lich auf einen (oder häufi g auch mehrere) Zwischenwirbelraum ein-zugrenzen, muss entweder eine Com-putertomographie oder Myelographie (Röntgen der Wirbelsäule mit Kon-trastmittel) durchgeführt werden. Bei-de Untersuchungen erfolgen ebenfalls unter Vollnarkose.

Wie kann man einen Band-scheibenvorfall behan-deln?

Ob Ihr Tier operiert werden muss, soll-te grundsätzlich von einem Tierarzt entschieden werden. Anhand der Un-tersuchung können die Patienten grob in drei Gruppen eingeteilt werden:

1. Keine oder nur milde Lähmung, v. a. Schmerz-symptomatik

Eine konventionelle Behandlung kann versucht werden. D. h. das Tier muss möglichst ruhig gehalten werden und bekommt schmerzstillende Medika-

mente und /oder Cortison. Schlägt diese Therapie an, fühlen sich die Tie-re schnell besser und wollen wieder laufen und springen. Eine strikte Ru-higstellung mit Leinenzwang und nur sehr kurzen Spaziergängen ist jedoch unerlässlich, da eine nur leicht vor-geschädigte oder vorgewölbte Band-scheibe sonst schnell ganz vorfallen könnte.Die konservative Therapie birgt also auch immer das Risiko der Verschlech-terung. Wir empfehlen daher schon in diesem Stadium die minimalinvasive Therapie (s. u.).Hilft die konservative Therapie dem Patienten nicht oder nicht mehr, muss er der Gruppe zwei zugeordnet wer-den.

2. Deutliche Lähmungser-scheinungen, Tiefensensi-bilität erhalten

Kein/geringes Steh- und Gehvermö-gen, die Gliedmaßen werden nach-geschliffen, Harn- und Kot werden unkontrolliert abgesetzt, das Tier hat starke Schmerzen, der Bauch ist an-gespannt. Spätestens in diesem Stadi-um ist ein Eingriff nötig. Der Patient muss einer komplizierten Operation unterzogen werden oder es kann eine minimalinvasive Therapie angewandt werden. Sie ist viel schonender als eine Eröffnung des Wirbelkanals und die Patienten erholen sich sehr viel schneller. Während nach einer OP mindestens drei Wochen strikte Ru-higstellung (am besten Boxenruhe) und ein Klinikaufenthalt notwen-dig sind, kann eine minimalinvasive Behandlung ambulant erfolgen (der Patient wird nur 5-6 Stunden zur Be-

obachtung da behalten) und zeigt oft schon nach zwei Tagen erste Erfolge. In der Regel wird die minimalinvasi-ve Therapie direkt im Anschluss an die Myelographie durchgeführt, so dass keine weitere Narkose nötig ist: Wenn der Patient in Narkose liegt, wird zunächst eine Kanüle in den Epi-duralraum eingeführt. Darüber wird Kontrastmittel für die Myelographie injiziert. Mithilfe eines C-Bogens wird nun die Wirbelsäule durchleuchtet und der Bandscheibenvorfall lokalisiert. Als nächstes erfolgt die Injektion ei-ner Mischung aus Lidocain (einem Lokalanästhetikum), Methylpredniso-lon (einem Cortisonabkömmling zur Entzündungshemmung und Schmerz-linderung) und einer Hyaluronidase, dem wichtigsten Bestandteil. Durch die Hyaluronidase wird der knorpelige Teil der Bandscheibe, der vorgefallen ist und auf das Rückenmark drückt, aufgelöst. (die Osmolarität wird geän-dert, das heißt, der Körper schrumpft das Bandscheibenmaterial und nimmt den Druck von dem Nervenstrang)Der Patient kann dann wieder aufwa-chen und ist nach fünf bis sechs Stun-den fi t genug, in ihre Obhut entlassen zu werden.

3. Starke Lähmungser-scheinungen, Tiefensensi-bilität nicht erhalten

Kein Steh- und Gehvermögen, keine spontanen Gliedmaßenbewegungen, Harn- und Kotinkontinenz, entspricht einer „Querschnittslähmung“.In chronischen Fällen ist die Progno-se sehr schlecht. Nach einer Opera-tion können manche dieser Tiere so genannte „spinal walker“ werden. Es

Wie entsteht ein Band-scheibenvorfall?

Zu Bandscheibenvorfällen kommt es meistens schon durch geringe Trau-mata, wie z. B. beim Springen vom Sofa oder Spielen mit anderen Hun-den. Dies hängt damit zusammen, dass die Bandscheibe, die schließlich in den Rückenmarkskanal gedrückt wird, bereits vorgeschädigt ist. Durch normale Alterung, Rasseveranlagung/Vererbung, aber auch Übergewicht und Überbelastung kommt es zur Schwächung des Bindegewebes, der

so genannten degenerativen Veränder-ung der Bandscheibe.Zu den prädisponierten Hunden zählen vor allem die chondrodystrophen Ras-sen (z. B. Dackel, Pekinese, Malteser, Shi-Tzu, Cocker-Spaniel, Pudel u. a.). Bei ihnen treten Verkalkungen der un-elastischen Masse auf und beschädigt dadurch die äußeren Bandscheibenan-teile, so dass es nach und nach zu Zer-reißungen kommt und schließlich zum Vorfall des Bandscheibenkerns in den Wirbelkanal. Eine weitere Möglich-keit ist ein explosionsartiger Vorfall ohne vorherige Zerreißungen.

Die Folge eines Bandscheibenvor-falls ist immer die Kompression des Rückenmarks bzw. der abzweigenden Nerven, was zu mehr oder weniger starken Schmerzen, Lähmungser-scheinungen unterschiedlicher Aus-prägung sowie Kot- und Harninkonti-nenz führt.

Wie wird ein Bandschei-benvorfall festgestellt?

Eine ausführliche klinisch-neurologi-sche Untersuchung liefert bereits die wichtigsten Informationen, so dass

BandscheibenvorfallTierklinik Volksdorf

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bildet sich ein Reflexzentrum im Rü-ckenmark, durch das spontane, jedoch relativ unkoordinierte Bewegungen möglich sind.Auch bei chronischen Fällen kann eine minimalinvasive Therapie versucht werden. Allerdings ist ebenfalls frag-lich, ob sich das Nervengewebe des Rückenmarks ausreichend regenerie-ren und das Tier wieder laufen kann.In akuten Fällen ohne Tiefensensibi-lität (bis ca. 12 Stunden) ist die Pro-gnose günstiger zu stellen. Können die Tiere auch zwei bis drei Wochen nach der OP bzw. der minimalinvasi-ven Behandlung die Gliedmaßen nicht bewegen und auch nicht selbstständig Kot und Harn absetzen, sollte sie eu-thanasiert werden.

Was muss nach der Behandlung beachtet werden?

Prognose 〉 grundsätzlich gilt: je ge-ringfügiger die Symptome waren und je kürzer sie bestanden, desto besser ist auch die Prognose der vollstän-digen Wiederherstellung der Bewe-gungsfähigkeit. Auch die Erholungs-phase wird umso kürzer.

Ruhe 〉 Nach einer Operation ist län-gere Ruhighaltung des Tieres nötig als nach der minimalinvasiven Therapie. Dies hängt auch mit der Wundheilung nach einer OP zusammen. In beiden Fällen sollte der Patient für mindes-tens zwei Tage absolut ruhig gehal-ten werden. Das bedeutet: nur für das Geschäft nach draußen bzw. nur in einem kleinen Zimmer gehalten wer-den (Katzen). Danach gilt strikter Lei-nenzwang und das Verbot zu Springen

und Treppen zu steigen für ca. zwei Wochen (je nach Entwicklung des Zu-stands des Patienten) im Anschluss an die minimalinvasive Therapie bzw. für mindestens vier bis acht Wochen nach einer Operation.

Gewichtsreduktion 〉 Ist bei überge-wichtigen Patienten zu empfehlen, um die Wirbelsäule nicht noch zusätzlich zu belasten und das Risiko von Band-scheibenvorfällen an anderen Stellen zu minimieren.

Physiotherapie 〉 Wir empfehlen im Anschluss an die Therapie, ganz gleich ob OP oder minimalinvasives Vorge-hen, eine Physiotherapie in Form des Wasserlaufbands. Diese kräftigt die lange Rückenmuskulatur besser als je-der Spaziergang oder Laufen am Fahr-rad es könnten. Sollte Ihr Tier operiert worden sein, ist jedoch auch ein inten-siveres Programm direkt nach der OP vor dem Beginn des Wasserlaufband-trainings notwendig. Es müssen täg-lich bis zu fünf Mal fünfzehnminütige Bewegungsübungen von Ihnen mit Ihrem Tier durchgeführt werden. Sie sollen helfen die Gehfähigkeit wieder herzustellen.

Harnblase 〉 Falls der Patient bei seiner Entlassung nicht selbstständig Harn absetzen kann, muss die Blase mindestens drei Mal täglich per Hand ausgedrückt werden.

Komplikationen 〉 Nach einer OP können zahlreiche Komplikationen auftreten. Dazu gehören Bildung ei-nes Seroms mit der Gefahr der nach-folgenden Entzündung und Abszedie-rung, Verletzungen des Rückenmarks

während der OP, Wundinfektion und erneute Kompression des Rücken-marks aufgrund von Narbenbildung.Im Anschluss an eine minimalinvasi-ve Therapie sind in der Regel keine Komplikationen zu erwarten. Vor-sichtshalber wird aber mit Antibioti-ka über fünf Tage einer Infektion des Einstichkanals vorgebeugt.

Tierklinik VolksdorfEulenkrugstr. 12

2359 Hamburg

Tel.: 040 – 603 47 75

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