Barcamp-Interview für BQB aus 2009

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Ein Interview, das Franz Patzig und Ich (Sascha Aßbach) 2009 für BQB-Online gegeben haben. Die Seite ist leider nicht mehr online.

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BarCamp Cologne 3 – Die Unkonferenz bei QSC

Am 6. und 7. Juni hat die QSC AG das dritte BarCamp Cologne organisiert. Innerhalb von nur knapp

16 Minuten war die Veranstaltung ausgebucht. Zum Web 2.0-Gegenstück zur klassischen

Konferenz kamen rund 250 Menschen, fast ausnahmslos Digital Natives. Web-Aktivisten,

Programmierer, Blogger und Startup-Gründer diskutierten, hörten zu und knüpften neue Kontakte.

Fast so, wie es im Mitmach-Web getan wird, nur IRL, also „In Real Life“.

Doch von Anfang an: Was ist überhaupt ein BarCamp? Schon der Name ist unkonventionell, so ist

„Bar“ eine „metasyntaktische Variable“. Dieses kryptische Fremdwort stammt aus der

Softwareprogrammierung und ist einfach ein Platzhalterwort für einen beliebigen Begriff. Auch wenn

BarCamps einigen Grundregeln folgen sind sie, ähnlich wie das Web 2.0 sehr frei und leben von der

Partizipation der User, beziehungsweise der Teilnehmer. Diese offenen Diskussionsplattformen

grenzen sich deutlich von klassischen, straff organisierten Konferenzen ab: Statt eines vorgegeben

Programms wird im BarCamp von den Teilnehmern bestimmt, worüber referiert wird. Jeder kann in

ein so genanntes „Grid“ (Gitternetz) seine Sessions mit dem Wunschthema aus den Bereichen

Internet, Software und Digitalkultur eintragen. Auch die klassische Trennung von Redner und

Zuhörer wird nicht verfolgt, im Gegenteil: Im BarCamp wird jeder aufgefordert, selbst einen Vortrag

zu halten, beziehungsweise einen zu organisieren. Kosten fallen nicht an, denn diverse Sponsoren

ermöglichen Verpflegung, Location und WLAN-Zugänge. Den Grundstein für die Bewegung, die

momentan zu den großen Hypes der Szene gehört, legte Tim O’Reilly, Gründer des bekannten

Verlags für IT-Titel im Jahr 2003 mit dem „FooCamp“. Auch Foo ist eine metasyntaktische Variable,

gleichzeitig aber auch Abkürzung für „Friends of O’Reilly“. Bei diesem Ur-Camp kamen eingeladene

Internet-Profis zu einem Brainstorming zusammen. Es wurde gezeltet, diskutiert und den Gedanken

freier Lauf gelassen. 2005 wurden dann auch offene Veranstaltungen organisiert, das BarCamp war

geboren. Von da an schwappte die BarCamp-Begeisterung schnell auf andere Kontinente über und

auch in Deutschland schießen die Camps des regen Informationsaustauschs wie Pilze aus dem Boden,

ganz passend zum Graswurzel-Journalismus der Blogosphäre. Damit ein BarCamp nicht in einem

Chaos untergeht, gibt es stets ein Wiki, welches vor, während und nach der Veranstaltung für den

Gedankenaustausch bereit steht. Zudem werden alle Teilnehmer ermutigt, Fotos, Videos und Texte

über die bekannten Plattformen des Social Webs zu teilen. Eine Liste mit entsprechenden Links

finden Sie am Ende des Artikels.

Die Organisatoren Franz Patzig, Consultant und BarCamp-Koryphäe, sowie Sascha Aßbach, Leiter

Online Marketing, QSC AG, standen BQB Rede und Antwort zum diesjährigen BarCamp Cologne.

Herr Aßbach, warum nicht eine klassische Konferenz? Wieso gerade ein BarCamp?

BarCamps verfolgen das Ziel des freien gegenseitigen Wissensaustausches. Teilnehmer bezahlen

dank Sponsoring keinen Eintritt, kleiden sich leger. Das trägt viel zur kreativen Atmosphäre des

Events bei. Bei den auf maximal 45 Minuten beschränkten Sessions handelt es sich nicht um

langweilige Präsentationen und Vorträge, die man bereits in- und auswendig von anderen

Veranstaltungen kennt, sondern vielmehr um offene inspirierende Diskussionsrunden zu

interessanten, innovativen Fachthemen, in denen jeder Teilnehmer aufgefordert ist mitzumachen

und nicht nur zuzuhören. Es gibt keine Agenda im Vorfeld, lediglich Sessionideen und -vorschläge

sind bekannt. Welche Session wann in welchem Raum stattfindet, wird spontan und gemeinsam am

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Veranstaltungstag festgelegt nachdem die Sessions vorgestellt wurden. Das faszinierende an dieser

Idee ist, dass so jeder Teilnehmer in die Planung involviert ist.

Herr Patzig, was war der Ansporn, ein BarCamp zu veranstalten? Was haben Sie sich von der

Veranstaltung erhofft?

Ich veranstalte BarCamps seit 2006 in China und Deutschland. Die Dynamik, die sich bei diesen

Veranstaltungen entwickelt, ist einzigartig. Neben der Vermittlung von Wissen, haben BarCamps

einen sehr starken Netzwerkcharakter. Mit BarCamps ist in Deutschland eine stark vernetzte Web 2.0

Szene entstanden. Sascha Aßbach ergänzt: Franz hat mich 2006 auf das Thema gebracht nachdem er

selbst in Shanghai ein BarCamp mit organisiert hatte. Ich war sofort von der Idee angetan, da ich kein

Fan der herkömmlichen Konferenzformate bin und der BarCamp-Spirit, der auch durch zahlreiche

Fotos, Videos und Berichte im Netz spürbar wurde, mich sehr interessierte und motivierte. Kurz

danach starteten wir mit der Planung für das 1. Kölner BarCamp bei QSC.

Herr Aßbach, die Vorzüge von BarCamps liegen nun auf der Hand, aber wie passen die Marke QSC

und ein BarCamp-Event zusammen?

Von Anfang an standen viele Entscheider und Mitarbeiter der QSC der Idee von BarCamps sehr offen

entgegen. QSC ist als TecDax Unternehmen und Breitbandanbieter für Geschäftskunden sehr an der

Beobachtung und Entwicklung von Innovationen und Trends im Internet interessiert. BarCamps

bieten eine ideale Plattform zum Wissensaustausch nicht nur auf der technischen Ebene, sondern

auch zum Dialog über Erfahrungen und Wünsche der Nutzer. Für QSC liegt die Unterstützung solcher

Events insofern durchaus nahe.

Herr Patzig, können Sie uns Parallelen zwischen BarCamp und virtueller Kollaboration, wie z.B. in

Wikis, aufzeigen?

Ganz einfach: BarCamps sind quasi die "Real-Life" Verlängerung des Web 2.0. Die auffälligsten

Parallelen sind der Kollaborationsgedanke und das Teilen von Wissen.

Herr Aßbach, haben sich Ihre Erwartungen bezüglich der Veranstaltung bestätigt?

Absolut. Nachdem sich einige vergangene BarCamps immer mehr zu überorganisierten

Veranstaltungen im Stil von gängigen Konferenzen entwickelt haben, hatte ich die Idee beim BCC3

wieder einen Schritt zurückzugehen und bewusst organisatorisch nicht zu strapazieren. Das hieß

konkret: Keine Hochglanz-Namensschilder sondern Gaffer-Tape mit Edding beschriftet, keine T-Shirts

für die Teilnehmer, damit wir das Geld für Verpflegung nutzen konnten. Mehr Mithilfe durch alle

Teilnehmer anstatt nur durch die Orgamitglieder. Die Ideen wurden sofort von allen

Organisationsmitgliedern und vielen Teilnehmern auch schon im Vorfeld begrüßt.

Sie sind ein erfahrener Organisator von BarCamps, Herr Patzig. Was waren Ihre persönlichen

Highlights des Tages?

Highlights sind für mich eher die kleinen Dinge. Es ist der Wille, Technologien zu verbessern und eine

neue Art des Miteinanders, bei dem Wissen nicht mehr eingeschlossen sondern geteilt wird. Auch

wenn sich der QSC-Sicherheitschef mit einem Beamten aus dem Innenministerium NRW und

Mitgliedern des Chaos Computer Club, Aktivisten, die sich mit Datensicherheit beschäftigen, in einer

kleinen Runde diskutiert und spontan ihre Vorträge zusammenlegen, weil sich ihre die Positionen

nicht sehr unterscheiden. Solche Begegnungen kommen eher selten zustande - BarCamps bieten

aber eine perfekte Plattform dafür.

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Das hört sich in der Tat vielversprechend an. Können Sie uns auch sagen, wie das Event von der

Community aufgenommen wurde?

Ja. BarCamp Cologne war bereits das dritte BarCamp, das bei der QSC AG stattfand. Alle 240 Plätze

waren für beide Tage nach 14 bzw. 16 Minuten vergeben. Weitere 5 Minuten später standen

zusätzlich etwas mehr als 200 Personen auf den Wartelisten für Samstag und Sonntag. QSC, als

Location-Sponsor wird deutlich als Unterstützer dieser Szene wahrgenommen und besonders auch

als guter Gastgeber. Die Teilnehmer danken es mit zahllosen Erwähnungen in Blogs,

Zeitungsberichten und nicht zuletzt durch Mundpropaganda. Da so gut wie alle Teilnehmer in IT

nahen Berufen arbeiten, sind diese Empfehlungen sehr wertvoll.

Eine abschließende Frage, Herr Aßbach. Wird es ein BarCamp 2010 geben?

In Köln? Wenn es nach mir geht sehr gerne.

Text: Frederik van Tetterode

Links

http://www.flickr.com/groups/BarCampcologne/pool/

http://vimeo.com/channels/BarCampcologne

http://BarCampcologne.mixxt.de/

http://twitter.com/barcampcologne