Barrierefreie Planung und Durchführung von … · Muster und viele Farben, Formen) ... 4....

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Barrierefreie Planung und Durchführung von Veranstaltungen

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Barrierefreie Planung und Durchführungvon Veranstaltungen

Impressum:StudentInnenRat der Universität LeipzigReferat für Gleichstellung und LebensweisenpolitikUniversitätsstraße 104109 [email protected]/politik/barrierefreiheit

1. Au�age Juni 2011

1 Einleitung...................................................................................... 2 Allgemeine Anmerkungen...................................................... 3 Informationsmaterialien.......................................................... 4 Bewerbung von Veranstaltungen......................................... 5 Verkehr........................................................................................... 6 Bauliche Zugänglichkeit und Leitsysteme........................ 7 Toiletten........................................................................................ 8 Infopulte und Kassen............................................................... 9 Rollstuhlplätze............................................................................10 Essen bei Veranstaltungen.....................................................11 Gebärdensprachdolmetscher_innen.................................12 Schriftsprachdolmetscher_innen........................................13 Assistenz (Begleitung und Kommunikation)..................14 Ideen..............................................................................................15 Schluss..........................................................................................

Barrierefreie Planung und Durchführungvon Veranstaltungen

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Diese Broschüre möchte einen kurzen Abriss der Möglichkei-ten geben, wie Barrierefreiheit in die Planung einer Veranstal-tung integriert werden kann. Dabei ist es schon schwierig genug, Barrierefreiheit zu de�nieren.Das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen bzw. Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) von 2002 schreibt: „Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrs-mittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informati-onsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Men-schen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugäng-lich und nutzbar sind.“

Barrierefreiheit

Barrierefreiheit bedeutet für den StuRa der Universität Leipzig laut Beschluss am 12. April 2011, dass 1. Informationen über die Gegebenheiten (mind. allerdings über die räumlichen) vorliegen und auf jeder Veranstaltungsankündigung (ob Plakat, Flyer, Homepage o.ä.) verö�entlicht werden, 2. versucht wird, so viele Barrieren wie möglich abzubauen und auf besondere Bedürfnisse einzugehen.Weiterhin wird empfohlen, auf Veranstaltungsankündigun-gen jeglicher Art einen der neuen „Barrierefreie Veranstaltung“-Patches (http://www.stura.uni-leipzig.de/stura/referate/gleichstellung-und-lebensweisenpolitik/logos/) hinzuzufügen.

1. Einleitung

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Ziel

Ziel ist mindestens, dass Menschen mit Beeinträchtigungen ihre besonderen Bedürfnisse bei einer Teilnahme im Voraus anmelden können und versucht wird, diese im Sinne eines realistischen Kosten-Nutzen-Verhältnisses umzusetzen.

Umsetzung

Hundertprozentige Barrierefreiheit kann und wird es nicht geben. Dafür sind die Beeinträchtigungen und die Möglich-keiten, sie abzuscha�en zu vielfältig, als dass sie alle realisiert werden können. Wichtig ist es also, zu zeigen, dass Organisator_innen bereit sind, sich mit dem Thema auseinan-derzusetzen. Es geht darum, dass sich Studierende mit Behinderung/chronischen Erkrankungen willkommen und nicht per se ausgegrenzt fühlen. Das muss also nicht unbe-dingt die Umsetzung von Barrierefreiheit beinhalten, sondern kann schon eine Notiz auf Verö�entlichungen wie Plakate, Flyer oder Homepage bewirken: „Wir unterstützen euch, wenn ihr uns sagt, was ihr braucht.“

In den folgenden Kapiteln �ndet ihr eine Häkchenliste, an der ihr euch orientieren könnt. Sie ist unterteilt in die verschiede-nen Aspekte der Planung und Durchführung von Veranstal-tungen. Es sei angemerkt, dass kein Anspruch auf Vollstän-digkeit besteht und dass eurer Kreativität keine Grenzen gesetzt werden sollen!

1. Einleitung

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1. Es gibt nicht DIE sehbeeinträchtigten Menschen. Es gibt Farbenblindheit, Einschränkungen in der Fixier- rung, im Gesichtsfeld etc. Es gibt schwarzblinde Men- schen und Menschen, die unscharf sehen können. Blindheit ist nicht gleich Blindheit. Insofern ist es auch hier wichtig, dass Menschen eingeladen werden, ihre individuellen Bedürfnisse anzumelden.

2. Es gibt Menschen, die entweder auf einen Rollstuhl oder ähnliche Hilfsmittel angewiesen sind. Aber es gibt auch Menschen mit Gehbeeinträchtigungen, die keiner Hilfsmittel bedürfen.

3. Als Gehörlose gelten Menschen, die bis zum 7. Lebens- jahr ertaubt sind. Menschen, die später einen Hörver- lust erlitten haben, heißen Ertaubte. Jene sind zumeist orientierungsloser. Sie erlernen auch seltener Gebär- densprache. Außerdem gibt es noch schwerhörige Menschen (Hörvermögen unter 80%). Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) ist eine visuelle Sprache mit eigener Grammatik. Sie ist die Sprache der Gehörlosen.

2. Allgemeine Anmerkungen

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Hilfreiche Informationen zum Weiterlesen:

www.barrierefreies-webdesign.de Für ein barrierefreies Webdesign und eine De�nition von Barrierefreiheit

http://www.barrierefreiheit.de Vorstellung verschiedener Behindertenverbände zur Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes

http://barrierefrei.de Gesetze, Termine und ein umfangreicher Shop für Menschen mit Beeinträchtigungen

http://www.behindertenbeauftragter.de Internetauftritt des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen

http://www.barrierekompass.de/barrierefreiesinternet.php Barrierefreies Internet

3. Informationsmaterialien

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Große Schrift (mindestens 12 Punkt, idealerweise 16 oder 17 Punkt) Wenn farbig, dann kontrastreich (auch Kontrastabstand beachten) Weiß geht, wenn es nicht blendet Am besten leicht gelbes Papier und schwarze Schrift KEIN Times New Roman; Arial ist okay; Verdana, Helveti- ca, Frutiga gut (also ohne Schnörkel) Hintergrund ruhig (weniger ist mehr: Verzicht auf Muster und viele Farben, Formen) Werbung in Braille-Schrift nicht unbedingt notwendig, wichtiger ist online-Werbung Barrierefreiheit auf Websites beachten (mehr Informati- onen unter http://www.barrierefreies-webdesign.de/) bspw. in typo3 Unterpunkt Barrierefreiheit: für Bilder Erklärungstext einfügen, Anklick-Funktion ermöglichen ist Zoom (Vergrößern der Schriftgröße) möglich? gibt es einen gut sichtbare Hinweis zu Barriere- freiheit Zoom kontrastreiches Website-Layout O�ensichtlich mit darauf schreiben, dass es möglich ist, Gebärdensprachdolmetschung zu organisieren (evtl. Piktogramme) (es geht auch “Wir bitten um Anmel- dung, um das zu gewährleisten!”) Informationen an den Stadtverband (der trägt das weiter)

4. Bewerbung von Veranstaltungen

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Übersichtsplan mit folgenden Informationen: Barriere- freie Parkplätze, Haltestellen, WC-Anlagen etc. Informationen in Leichter Sprache oder nach der KISS-Regel („Keep it short and simple“) Seminarunterlagen in Großdruck (mindestens 12 Punkt, idealerweise 16 oder 17 Punkt) Unterlagen in Braille-Schrift

4. Bewerbung von Veranstaltungen

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Abholservice verfügbar Veranstaltung mit ö�entlichen Verkehrsmitteln erreichbar Behindertenparkplätze vorhanden Ausreichende Ausschilderung

5. Verkehr

Erste und letzte Stufe von Treppen gelb markieren Blindenleitsystem etablieren Assistenz zur Verfügung stellen Selbst kleinste Erhebungen sind Stolperfallen – also abbauen Kabelbrücken mit gelben Warnstreifen versehen Ausreichende Beschilderung ausreichend groß (fette Schrift) und kontrastreich (gelb schwarz) Taktile (ertastbare) Ausschilderung Piktogramme nur wenn sehr groß, ansonsten bspw. “WC” Beleuchtung sollte blendfrei sein (Lampen mit Raster) Wege nicht zu eng machen, Durchgänge müssen mindestens 1,20m breit sein Glastüren und -fenster markieren

6. Zugänglichkeit & Leitsysteme

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Rampen dürfen nach DIN-Norm nur 6% Steigung haben Treppenlifte, Aufzüge sind Alternativen Schwellen sind schwer zu bewältigen, diese sollten daher abgebaut werden Durchgänge müssen mindestens 1,20m breit sein Kabel NICHT über den Weg legen Tische nicht zu hoch (Stehtische werden als unange- nehm empfunden, Biertischgarnitur möglich) Tische sollten unterfahrbar sein (ohne Querverstre- bungen) Stufen durch Schrägen (Bretter, Ri�elbretter) ersetzen Wenn Umwege nötig sind, sollten diese so kurz wie möglich gehalten werden Selbst ö�nende Türen installieren (auf Betätigung einer Drucktaste) Leitsystem(e) ist (sind) vorhanden Elektro-Rollstühle sind sehr schwer, daher auch schwer zu tragen Ungünstig: P�aster, unebene Bescha�enheit (Gras, Sand, Kiesel etc.)

6. Zugänglichkeit & Leitsysteme

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Hinweis für Veranstaltungen in Räumen Campus Augustusplatz/ Universität Leipzig: Die Behinderten-Toiletten sind von außen verschlossen und nur durch Transponder (elektronische Schlüssel) zu ö�nen. Transponder sind bei der Raumverwaltung und in Notfällen beim StuRa erhältlich.

Sollten ausreichend ausgeschildert und gekennzeich- net sein Verschluss durch Euro-Schlüssel ist sinnvoll. Es handelt sich um ein europaweites einheitliches Schließsystem für behindertengerechte Anlagen. Müssen nicht UNBEDINGT für Rollstuhlfahrer_innen von außen abgeschlossen sein, wäre aber wegen der Sauberkeit besser Toilettentüren sollten von außen abgeschlossen sein (Blinde/Sehbeeinträchtigte brauchen viel Sauberkeit, weil sie alles ertasten müssen) Sollten auch nicht als Abstellkammer verwendet werden Es gibt auch Rollstuhl-Dixi-Klos

7. Toiletten

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Infodisplays sind gut und deutlich lesbar

8. Infopunkte und Kassen

Extra-Rolliplätze (bspw. Rollitribüne oder Plätze ganz vorn) bei Veranstaltungen, in Hörsälen und bei Konzerten bspw. emp�nden einige Rollstuhl- fahrer_innen als äußerst unangenehm – sie möchten lieber zwischendrin sitzen. Für Blinde oder Schwerhö- rige sind vorgesehene Plätze in den ersten Reihen allerdings meist hilfreich. Alternativen bitte genau abwägen. Bei Konzerten: Lieber vorn mit bei der Bühne sein in einer beruhigten Zone, damit sie von der tanzenden Menge nicht angerempelt werden

Standardmaße der meisten Rollstühle:http://nullbarriere.de/rollstuhl.htm

9. Rollstuhlplätze

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Auf Kennzeichnung achten (Laktoseintoleranz; Gluten- intoleranz; diabetisch; alkoholhaltig; Rind und Schwein; vegetarisch; vegan...) bei Seminaren um Informationen vorab bitten Erklärung durch Assistent_innen Pappteller können weiß sein, wenn Essen farbig ist Achtung: Durchsichtige Pappbecher und Mineralwas- ser (Verschüttungsgefahr!) Bu�et erreichbar mit Rollstuhl Sitztische

10. Essen bei Veranstaltungen

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http://www.deaf-sachsen.de/index.php?menuid=28

über die Zentrale in Zwickau buchen

Landesdolmetscherzentrale für GehörloseEbersbrunner Str. 2508064 ZwickauTel: (0375) 77 04 40Fax: (0375) 770 44 10E-Mail: [email protected]

Vorgehen: persönlich aus der Liste die jeweils zutre�enden Dol- metscherInnen anfragen, ob sie auf diesem Gebiet spezialisiert sind und Zeit haben das an die Zentrale kommunizieren Kostenpunkt 55€/h (Fahrtweg wird dazu gerechnet) bei Vorträgen bis zu einer Stunde reicht eine Person bei Diskussionsveranstaltungen, Konferenzen etc. immer zwei

Hinweis: Ertaubte verstehen DGS meist nicht! alternativ Schriftbild zeigen (auch bei Vorträgen)

11. Gebärdensprachdolmetscher_innen

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Hilfreiche Informationen zum Weiterlesen:

http://www.youvision.de/gz/dolmetscherliste.pdf Liste mit Gebärdensprachdolmetscher_innen in Sach- sen (mit Kontaktdaten)

http://www.kestner.de/n/dolmetschen/dolmetschen-liste3.htm Bundesweite Liste mit Gebärdensprach- dolmetscher_innen

http://www.deaf-sachsen.de Landesverband der Gehörlosen Sachsen e.V. mit vielen Angeboten für Gehörlose (u.a. Museumsführungen)

http://www.gebaerdensprache-sachsen.de Landesarbeitsgemeinschaft der Dozent_inen für Gebärdensprache Sachsen e.V.

11. Gebärdensprachdolmetscher_innen

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Falls Ertaubte die DGS nicht beherrschen, können so genann-te Schriftsprachdolmetscher_innen helfen.Schriftsprachdolmetscher_innen arbeiten meist mit moder-nen Computerprogrammen, die die gesprochenenWörter in Schriftsprache umsetzen, damit sie alle Beteiligten lesen können. Solche Dolmetscher_innen sind sehrschwer zu �nden. Alternativ kann auch der gesprochene Text simultan in den Computer getippt werden und perBeamer auf eine Leinwand projiziert werden.

Mobiler Übersetzungsdienst VerbaVoice, auch mit Überset-zungen aus bzw. in das Englische: http://www.verbavoice.de

12. Schriftsprachdolmetscher_innen

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Individuelle Gestaltung während der Veranstaltung

Erfragen, ob auf besondere Bedürfnisse geachtet werden soll und für Vorschläge o�en sein Rückzugsräume, Pausen, beruhigte Zonen, toleranter Umgang mit “besonderem” Verhalten… etc.pp. Fragen, ob man helfen kann Immer alle Handlungen verbalisieren (“Ich komme jetzt an deiner rechten Seite vorbei.”) U-Gri� (Blinde_r fasst mit Daumen und Zeige�nger um den Oberarm der Assistenz: Sehende gehen vor) Bei enger Passage: Hintereinandergehen; entweder Blinde_r legt Hand auf Schulter der Assistenz oder man fasst sich an den Händen Bei Treppe: Ansage “treppauf”, “treppab”, KEINE Stufen mitzählen, erste und letzte Treppenstufe ansagen Konkretes Beschreiben (“da drüben”, dort hinten” vermeiden) Orte anhand der Uhr erklären (“Erbsen auf halb 6”; “Ich habe Ihr Glas auf ein Uhr gestellt.”)

13. Assistenz(Begleitung und Kommunikation)

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Kommunikationhilfen für Hörende

Mimik, Gestik einsetzen Pantomime einsetzen Lautsprache schwierig (manchmal möglich) Schreiben! Fingeralphabet nur für Eigennamen (wobei Marken- namen meist auch schon ein Zeichen haben) Blickkontakt (nicht zur Tafel reden!) NICHT Papier vor den Mund Auf Kaugummikauen verzichten Nicht fragen, ob verstanden, sondern so lange wiederholen, bis Gehörlose_r sagt, er_sie hat es verstanden Sich verständlich machen durch von der Seite sich vor jemanden stellen (NICHT von hinten antippen: Erschreckungsgefahr!) oder in Räumen: Licht dreimal an- und wieder ausschalten Gehörlose/ Ertaubte wollen in der Regel nicht beglei- tet werden („Ich bringe dich jetzt mal da hin.“, „Ich zeige dir mal das...“ etc.), weil es ihnen die Mün- digkeit abspricht!

13. Assistenz(Begleitung und Kommunikation)

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Schon mal gedacht an:

Deutsche Untertitel bei Filmen Gebärdenchor (Gemeinschaft von Gehörlosen, die eine Art tonlosen Gesang praktizieren) engagieren Hör�lmfassungen (Audiodeskription) Vortrag als Handreichung ausgeben

14. Ideen

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Im Sinne einer Teilhabe für Alle am gesellschaftlichen Leben ist es unabdingbar, sich mit Barrierefreiheit auseinanderzuset-zen und nach Möglichkeiten zu suchen, diese umzusetzen. Sicher wird dies noch ein langer Prozess sein, der über Umwege und Unwägbarkeiten führt und einige Mühe und Anstrengung erfordert. Aber es lohnt sich! Wenn ihr euch durch diese Broschüre gearbeitet habt und gesehen habt, welche Dinge umzusetzen sind (und seien es nur einige der angemerkten Sachen), dann sind wir schon einen ganzen Schritt weiter. Ihr werdet erstaunt sein, wie bereichernd eine gemeinsame Gestaltung des Alltags sein kann. Im Prinzip trennen uns gerade nichts als künstlich errichtete Barrieren! Diese erscheinen oft “selbstverständlich”. Es wird zunächst notwendig sein, zu zeigen, dass man sie abgebaut hat. Des-wegen ist es hilfreich, demonstrativ in die Ö�entlichkeit zu gehen und die Beschäftigung und/oder Umsetzung von Barrierefreiheit publik zu machen.

Viel Erfolg beim Planen eurer Veranstaltung!

15. Schluss

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