Basics, Teil 7 Richtig - ipzv.de · Beginnt man eine Volte bei B, muss man auch dort wieder an der...

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16 DIP 6/13 Basics Basics, Teil 7 Richtig ... Von Rosl Rößner, Text und Fotos: Christiane Späte Haben Sie schon einmal ei- nen Hund beobachtet, wenn er locker vor sich hin trabt? Er läuft schief – quasi auf drei Hufschlägen und er driftet durch die Kurven wie die Ralleyfahrer. Bei den Autos ist das verständlich, sie haben ja keine Wirbelsäule, die sich bie- gen lässt. Bei den Pferden ist es etwas anders: sie biegen sich nicht gern von selbst und in freier Natur laufen sie relativ gerade mit Außenstellung durch Kur- ven. Der Reiter muss ihnen das Biegen abverlangen, genau wie das Geraderich- ten. Aber warum wir unsere Pferde biegen sollten, ob- wohl sie, ohne Schaden zu nehmen, gerade durch Kur- ven laufen können, worauf man dabei achten muss und welche Fehler typisch sind – dem sind wir gemeinsam mit Rosl Rößner auf den Grund gegangen. ILLUSTRATION: JEANNE KLOEPFER ... Biegungen reiten

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16 DIP 6/13 Basics

Basics, Teil 7

Richtig ...Von Rosl Rößner,

Text und Fotos: Christiane Späte

Haben Sie schon einmal ei-

nen Hund beobachtet, wenn

er locker vor sich hin trabt?

Er läuft schief – quasi auf

drei Hufschlägen und er

driftet durch die Kurven wie

die Ralleyfahrer. Bei den

Autos ist das verständlich,

sie haben ja keine

Wirbelsäule,

die sich bie-

gen lässt. Bei

den Pferden ist

es etwas anders: sie

biegen sich nicht gern von

selbst und in freier Natur

laufen sie relativ gerade mit

Außenstellung durch Kur-

ven. Der Reiter muss ihnen

das Biegen abverlangen,

genau wie das Geraderich-

ten. Aber warum wir unsere

Pferde biegen sollten, ob-

wohl sie, ohne Schaden zu

nehmen, gerade durch Kur-

ven laufen können, worauf

man dabei achten muss und

welche Fehler typisch sind –

dem sind wir gemeinsam

mit Rosl Rößner auf den

Grund gegangen.

ILLU

STR

ATION: JEANNEKLO

EPFER

... Biegungenreiten

Zirkel und Volten reitenEin Pferd richtig zu biegen, ist einigermaßen

schwierig, weil der Reiter mit Kreuz, Ge-

wicht, Schenkeln und Zügeln annähernd

gleichzeitig einwirken muss. Er muss das

Pferd wirklich an allen Hilfen haben. Hat er

es zum Beispiel nicht am äußeren Schenkel,

dann driftet die Hinterhand nach außen und

das Pferd ist nicht mehr gebogen (wie bei ei-

nem Lineal). Um es dem Pferd anfangs

leichter zu machen, beginnt man meist mit

der Seite, auf der es sich besser biegen

lässt.

Der Sinn des Zirkelreitens ist sowohl, das

Pferd zu gymnastizieren als auch den Ge-

horsam zu schulen. Und es ist eine Basis-

übung, um das Pferd zu lehren, das Zusam-

menwirken der Hilfen zu verstehen.

Für die Pferde ist es nicht unbedingt erfor-

derlich, durch den Körper gebogen zu sein,

wenn sie einen Zirkel laufen sollen. Viele

können sich ganz gut durch einen Zirkel

durchmogeln. Der Reiter tut immer gut da-

ran, sich eine Linie vorzunehmen, auf der er

reiten möchten, denn dann merkt er am

ehesten, wenn es ihm nicht gelingt und

kann sich dann fragen, wo die Ursache dafür

ist. Möchte man die Biegung überprüfen,

muss man eine Volte (Durchmesser 6 bis 10

Meter) reiten.

Der Zirkel wird in der Regel zu groß, wenn

die Pferde die Begrenzung außen nicht an-

nehmen. Die meisten Reiter benutzen ihren

äußeren Schenkel zum Beispiel gar nicht.

Und wenn sie ihn benutzen, dann reagieren

die Pferde meist nicht. Denn sie verstehen

ihn anfangs nicht.

Ganz klassisch spielt sich die Geschichte

meist so ab: Der Reiter reitet zum Beispiel

auf der rechten Hand einen Zirkel und

merkt, dass das Pferd nach links driftet. Die

häufigste Maßnahme ist, dass der Reiter

rechts annimmt. In seinen Augen logisch,

weil er ja weiter nach rechts möchte. Das

Pferd nimmt nun den Kopf nach rechts. Die

Ursache der nicht eingehaltenen Zirkellinie

ist aber gar kein Zügelproblem, sondern ein

Problem des äußeren Schenkels. Hier ist

ganz konsequente Ausbildung nötig, damit

die Pferde den äußeren Schenkel verstehen.

Häufig sind die Reiter auch zu schnell. Es ist

Stellen = Das Pferd wendet den Kopf

zur Seite, wobei der Hals minimal ge-

bogen wird. Der restliche Pferdekörper

bleibt gerade.

Biegen = Die Wirbelsäule des Pferdes

ist vom Genick bis zum Schweif relativ

gleichmäßig gebogen; identisch mit der

Linie, auf der es sich bewegen soll.

Geraderichten = Die gesamte Wirbel-

säule des Pferdes ist eine Gerade. „Der

Reiter kann das Pferd nur geraderich-

ten, wenn er in der Lage ist, es biegen

zu können. Die Biegearbeit ist die Vo-

raussetzung dazu, das Pferd am äuße-

ren Zügel kontrollieren zu können und

es dazu zu veranlassen, …“ (Müseler

2005, Seite 108) mit beiden Hinterbeinen

gleichviel Gewicht aufzunehmen.

Stellen, biegen und geraderichten

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Die Schwierigkeit für einen unerfah-

renen Reiter besteht darin, im richti-

gen Moment das Richtige zu tun. Da-

für muss er das, was unter ihm pas-

siert, erspüren und vor allem richtig

analysieren.

Viele wissen gar nicht, wo der Hase

im Pfeffer liegt, wenn eine Lektion

nicht funktioniert. Biegt das Pferd

sich auf dem Zirkel nicht, sondern

geht wie ein LKW oder ein Lineal um

die Kurve, führt es nicht zum Erfolg,

den inneren Zügel noch mehr anzu-

nehmen, da die Ursache in diesen

Fällen meist ein ineffektiver äußerer

Schenkel ist.

Eine korrekte Biegung gehtdurch den ganzen Körper –vom Genick bis zum Schweif

Ein gut gebogenes Pferd

wichtig, dann lang samer zu reiten; im Zwei-

felsfall sogar durchzuparieren zum Schritt.

Da haben wir mehr Zeit, uns darüber klar zu

werden, was genau an dem Zirkel jetzt nicht

klappt – das ist wichtig zu wissen, um in der

Kommunikation mit dem Pferd voranzu-

kommen. Reitet man zu schnell, ist der Zir-

kel auch schon vorbei, bevor man dazu ge-

kommen ist, korrigierend einzugreifen. Im

Schritt besteht die Möglichkeit, das Pferd

kurz geradeaus zu reiten, damit es die äuße-

ren Hilfen überhaupt kennenlernt, und dann

wieder neu zu beginnen. Wenn die Zirkelli-

nie dann klappt, kommt die Biegung meist

automatisch dazu. Denn wirklich gut wird

der Zirkel meist auch erst, wenn das Pferd

ordentlich gebogen ist.

�Merke: Nur weil das Pferd auf einem

Zirkel geht und der Reiter ein bisschen

lenkt, ist es noch lange nicht gebogen!

Möchte man wirklich an der Verbesserung

der Biegung arbeiten, ist es wichtig, die Grö-

ße der Biegung zu variieren. Viele Pferde

spulen den Zirkel einfach so ab, ohne dem

Reiter zuzuhören. Ein guter Trick ist es, un-

terschiedlich große Zirkel und an verschiede-

nen Stellen des Platzes zu reiten, weil die

Pferde dann besser zuhören müssen. Das

darf man aber nicht als Ausrede benutzen,

planlos kreuz und quer den Platz zu vermes-

sen. Zuerst muss man feststellen, ob man

die Linien dort reiten kann, wo man sie rei-

ten möchte. Beginnt man eine Volte bei B,

muss man auch dort wieder an der Bande

ankommen. Ist das nicht der Fall, war etwas

an der Volte nicht in Ordnung.

Dressurlektionen unbedingt im Trab?Eindeutig: nein, sagt Rosl. Die dressurmäßi-

ge Grundlagenarbeit kann man genauso gut

im Tölt machen wie im Trab. Wenn das

Pferd gern töltet, gibt es keinen Grund, wa-

rum es unbedingt traben sollte.

Bei den Biegungen ist es oft so, dass die

Pferde, die nicht ganz sicher traben, solange

relativ sicher außen herum traben wie sie

den Zaun an ihrer Seite haben: Wendet man

dann aber auf einen Zirkel ab, fallen sie aus

dem Trab in den Tölt. Das ist ein Zeichen da-

für, dass sie nicht gut an den Hilfen stehen.

Sie sind nicht locker, wenn der Reiter lenkt.

In dem Augenblick, in dem er den Zügel an-

nimmt, kommt Spannung in das Pferd, es

hebt sich vorne etwas und schon ist der Trab

weg. Die Reiter meinen dann, sie müssten

als erstes die Gangart wiederfinden. Das ist

aber nicht erforderlich. Das Herausfallen

aus dem Trab ist nur ein Symptom und zeigt

die mangelnde Rittigkeit. Das Pferd soll

lernen, sich auf Biegungen reiten zu lassen.

Also bleibt man in dem Moment einfach auf

dem Zirkel, töltet weiter und arbeitet weiter

an der Rittigkeit. Dann muss das Pferd eben

im Tölt lernen, die Hilfen besser anzuneh-

men. Wenn es die Hilfen besser durchlässt,

dann wird es sich lösen und den Trab von

allein wiederfinden. Wenn der Reiter immer

wieder die Zügel wegwirft, damit es wieder

trabt, dann lernt es nicht, die Zügel besser

anzunehmen. Oft ist es auch auf einer Hand

deutlich schlechter als auf der anderen, weil

Pferde auf einer Hand oft steifer sind als auf

der anderen.

Für die mangelnde Durchlässigkeit kann na-

türlich auch der Schenkel verantwortlich

sein. Aber im Basicbereich wenden die Rei-

ter meist mit dem Zügel ab und noch nicht

mit dem Schenkel.

Es ist allgemein so, dass Pferde, die viel Tölt

haben, für den Trab eine gewisse Losgelas-

18 DIP 6/13 Basics

Innenzügel, Außenzügel – wer ist wofür zuständig?

senheit brauchen und wenn sie sich an -

spannen, kommt Tölt.

Gewicht und Sitz

Die Pferde sind meist auf einer Seite deut-

lich steifer. Eine Seite machen sie hohl, die

andere lang. Man kann sich streiten, welche

Seite die steifere ist. Vom Empfinden des

Reiters ist es die lange Seite, weil er das

Pferd dort nicht gebogen bekommt. Physio-

logisch gesehen ist es die hohle Seite, weil

die Muskulatur auf dieser Seite verkürzt ist.

Die Pferde sind auf der hohle Seite etwas

tiefer im Rücken. Der Reiter rutscht tenden-

ziell mit dem Sattel immer auf die hohle

Seite. Häufig ist er also gar nicht Schuld da-

ran, dass er mehr auf einer Seite beispiels-

weise der linken sitzt, sondern das Pferd

macht den Anfang und der Reiter tut nichts

dagegen. Daran ist er Schuld.

Es gibt Reitstunden, da sagt Rosl alle 10

Meter: „Tritt den Sattel nach links.“ Denn

wenn der Reiter sich darauf einlässt, auch

noch auf dieser hohlen Seite zu sitzen, kann

er es nie schaffen, das Pferd auf der anderen

Seite hohl zu bekommen.

Das Pferd hat das Problem und der Reiter

muss dagegen arbeiten. Viele Reiter neigen

dazu, die Kurven zu häufig auf der besseren

Hand zu reiten und zu selten und nicht gut

genug auf der schlechteren Hand. Man

muss auf der schlechteren Seite so gut rei-

ten, dass es sich hier wirklich korrekt biegt

und nicht nur so tut als ob. Es ist ganz wich-

tig, sich nicht auf die hohle Seite setzen zu

lassen. Denn so verstärkt sich das Problem;

in der Folge ist dann eventuell sogar der Sat-

tel schief gesessen!

Horst Stern schlägt in seinem Buch „So ver-

dient man sich die Sporen" vor, einen Selbst-

versuch im Wald zu unternehmen (Seite 78):

„Gehen Sie … auf eine einsame Waldlich-

tung und laufen Sie dort in einem scharfen

Tempo einen nicht zu großen Kreis. Und

dann knicken Sie einmal mitten im Lauf

über der inneren Hüfte mit dem Oberkörper

in den Kreis hinein, während Sie versuchen,

die Beine senkrecht zu halten. Das umwer-

fend dumme Gefühl, das Sie dabei haben

werden, ist von so nachhaltiger Wirkung,

dass sie es, in Verbindung mit der Erinne-

rung an diesen peinlichen Waldtanz, nie-

mals mehr vergessen werden. Sie werden

nie wieder (von Ihrem Reitlehrer) hören: ‘Sie

sollen nicht in der Hüfte einknicken!’“

E

K

H

F

M

X 10 m

A

B

6 m

Verschiedene Volten reitenB

19

8 m

Fehler

20 DIP 6/13 Basics

FehlerFehler

Häufig nehmen die Pferde einen Schenkel

nicht so gut an wie den anderen, was dazu

führt, dass der Zirkel auf der einen Hand im-

mer zu groß und auf der anderen immer zu

klein wird.

Bild 1 (Fehler): Das Pferd hat zu viel Innen-

stellung und verwirft sich im Genick (die Oh-

ren sind nicht auf gleicher Höhe, der Kopf

wird schief getragen).

Ursache: Der Reiter benutzt zu viel inneren

Zügel, er kann das Pferd mit den äußeren

Hilfen nicht genug auf der Linie halten.

Korrektur: weniger Innenstellung, mit bei-

den Schenkeln gezielt arbeiten; akzeptiert

das Pferd diese nicht, ein paar Schritte ge-

radeaus reiten und neu ansetzen, geradeaus

reiten, neu ansetzen usw.

Bild 2 (Fehler): Das Pferd dreht nur Kopf

und Hals nach innen, fällt aber über die äu-

ßere Schulter.

Ursache: Entweder benutzt der Reiter nur

den inneren Zügel oder das Pferd hat das

Zusammenwirken der Hilfen noch nicht ver-

standen.

Korrektur:wie bei Fehler 1.

Bild 3 (Fehler): Einknicken in der Hüfte:

Ursache:Das ist in der Tat ein pures Reiter-

problem. Die Ursache ist meist eine falsche

Bewegungsvorstellung. Der Reiter denkt, er

muss sich in die Kurve lehnen, und das führt

dazu, dass das Gewicht auf der falschen

Seite liegt.

Korrektur: auf den inneren Gesäßknochen

setzen, mit dem inneren Bein nach unten

treten, den Oberkörper nach innen neigen,

ohne in der Hüfte einzuknicken.

Bild 4 (Fehler): (Fortgeschrittenen-Fehler,

der nicht so offensichtlich ist): Das Pferd

läuft mit der Hinterhand einen kleineren

Kreis als mit der Vorhand. Auf dem Foto ist

die Vorhand weiter links als die Hinterhand.

Ursache: Die Pferde bleiben im Rücken zu

gerade und biegen sich nicht um den inne-

ren Schenkel.

Korrektur: Das Pferd mit dem inneren

Schenkel etwas mehr nach außen drücken.

Typische Fehler, deren Ursache und Korrekturmöglichkeiten

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Fehler1

Fehler2