Basiswissen Public Relations || Spezielle Bereiche der PR

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Redaktionsbesuche Neben Pressekonferenzen, Hintergrundgesprächen und Interviews besteht auch die Möglichkeit, in Redaktionsbesuchen in direkten und persönlichen Kontakt mit Journalisten zu treten. Journalisten sind Redaktionsbesuchen deshalb gene- rell nicht abgeneigt, weil sie nicht erst irgendwohin fahren müssen – Zeit ist Geld. PR-Menschen mögen Redaktionsbesuche, weil damit ein persönlicher Kontakt zu den Journalisten hergestellt werden kann und man es eher mit seinen Nachrich- ten in die Medien scha. Man kennt sich, man kommt sich auf der persönlichen Schiene näher. Letztlich geht es um den Aufbau von Vertrauen. Der Kontaktauf- bau und die Kontaktpflege spielen in der täglichen Arbeit eine wichtige Rolle. Dies gilt für beide Seiten. Wie bei jedem Kontakt mit Journalisten, benötigt auch ein Redaktionsbesuch einen einigermaßen triſtigen Grund. Irgendetwas Interessantes sollte gerade an- stehen. Ein neues Produkt auf den Markt kommen, ein neuer Geschäſtsführer sei- nen Dienst antreten, ein neues Projekt wird gestartet oder was auch immer. Ein- fach nur so zum Spaß mal hinfahren und sich dann eigentlich nichts zu sagen zu haben, ist für beide Seiten nur Zeitverschwendung und kann nach dem ersten Ge- plänkel über das Wetter schnell zu peinlichen Gesprächspausen führen. Was Journalisten nicht besonders mögen, sind reine Werbeveranstaltungen. Die Grenze ist nicht immer sauber zu ziehen, allerdings sollte man etwa bei der Vorstellung eines neuen Produkts nicht anfangen, in der Redaktion eine Verkaufs- show abzuziehen. Versuchen Sie bei aller Begeisterung und trotz hohem Verkaufs- druck, noch einigermaßen auf dem Teppich zu bleiben. Zu dem Besuch sollte geeignetes Material, etwa in Form einer Pressemappe inklusive passender Texte und Bilder, mitgebracht werden, die der Journalist im Nachgang verwerten kann.

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Redaktionsbesuche

Neben Pressekonferenzen, Hintergrundgesprächen und Interviews besteht auch die Möglichkeit, in Redaktionsbesuchen in direkten und persönlichen Kontakt mit Journalisten zu treten. Journalisten sind Redaktionsbesuchen deshalb gene-rell nicht abgeneigt, weil sie nicht erst irgendwohin fahren müssen – Zeit ist Geld. PR-Menschen mögen Redaktionsbesuche, weil damit ein persönlicher Kontakt zu den Journalisten hergestellt werden kann und man es eher mit seinen Nachrich-ten in die Medien schafft . Man kennt sich, man kommt sich auf der persönlichen Schiene näher. Letztlich geht es um den Aufbau von Vertrauen. Der Kontaktauf-bau und die Kontaktpfl ege spielen in der täglichen Arbeit eine wichtige Rolle. Dies gilt für beide Seiten.

Wie bei jedem Kontakt mit Journalisten, benötigt auch ein Redaktionsbesuch einen einigermaßen trift igen Grund. Irgendetwas Interessantes sollte gerade an-stehen. Ein neues Produkt auf den Markt kommen, ein neuer Geschäft sführer sei-nen Dienst antreten, ein neues Projekt wird gestartet oder was auch immer. Ein-fach nur so zum Spaß mal hinfahren und sich dann eigentlich nichts zu sagen zu haben, ist für beide Seiten nur Zeitverschwendung und kann nach dem ersten Ge-plänkel über das Wetter schnell zu peinlichen Gesprächspausen führen.

Was Journalisten nicht besonders mögen, sind reine Werbeveranstaltungen. Die Grenze ist nicht immer sauber zu ziehen, allerdings sollte man etwa bei der Vorstellung eines neuen Produkts nicht anfangen, in der Redaktion eine Verkaufs-show abzuziehen. Versuchen Sie bei aller Begeisterung und trotz hohem Verkaufs-druck, noch einigermaßen auf dem Teppich zu bleiben.

Zu dem Besuch sollte geeignetes Material, etwa in Form einer Pressemappe inklusive passender Texte und Bilder, mitgebracht werden, die der Journalist im Nachgang verwerten kann.

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Kapitel 3Spezielle Bereiche der PR

R. Deg, Basiswissen Public Relations, DOI 10.1007/978-3-531-19757-9_3,© Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

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Messe-PR

Messen ziehen Besucher und Journalisten an. Wie für jeden Besucher, haben Mes-sen auch für Journalisten den Vorteil, dass sie sich über den aktuellen Stand der Dinge informieren können und sie bieten eine gute Gelegenheit, recht einfach innerhalb kurzer Zeit in einen direkten persönlichen Kontakt mit verschiede-nen Unternehmen zu kommen. Gleichzeitig nehmen die Unternehmen Messen zum Anlass, verstärkt Pressearbeit zu machen, was auch auf der Hand liegt, da die Messe teilnahme an sich für manche Unternehmen Grund genug zu sein scheint, Pressetexte zu verfassen. Gerade vor Messen werden deshalb die Journalisten ver-stärkt mit Pressetexten zugeworfen. Das ist verständlich, da natürlich jeder Aus-steller einen Haufen Geld und Arbeitskraft in einen Messeauftritt steckt und das soll sich dann auch lohnen. Bezogen auf die Pressearbeit hat die Sache nur einen Haken: Die schlichte Teilnahme an einer Messe reicht nicht, um in die Medien zu gelangen. Wie immer gilt auch hier: Was gibt es Neues, über das es sich zu berich-ten lohnt. Kommt man zu dem ehrlichen Schluss, dass es eigentlich nichts gibt, dann heißt das nicht, dass man gar nichts machen soll. Man macht es eben nur ein bisschen anders und fährt ein entsprechend angepasstes Programm.

Standardprogramm

Gehen wir mal davon aus, dass es eigentlich nichts Neues gibt. Kein neues Produkt, keine Weiterentwicklung oder Modifi kation oder sonst etwas wirklich Berichtens-wertes. Das Unternehmen geht vor allem deshalb auf die Messe, um Marktpräsenz zu demonstrieren und nach Möglichkeit viel Neugeschäft zu generieren. Bei all dem Bestreben um Medienpräsenz wird gern vergessen, dass Journalisten immer auf der Suche nach Geschichten sind. Es kann deshalb vorkommen, dass ein Jour-nalist von sich aus auf ein Unternehmen aufmerksam wird und eine Geschichte schreibt. Also, selbst wenn bei Ihrem Unternehmen gerade nicht wieder das Rad neu erfunden wurde, sollte wohl geneigten Journalisten die Chance gegeben wer-den, auf Sie aufmerksam zu werden.

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Eine andere Sache noch vorab: Viele Journalisten sind nur die ersten beiden Tage auf einer Messe, danach nimmt das Interesse ab. Gibt es Neuigkeiten, dann will jeder so schnell wie möglich darüber berichten, noch bevor es die Konkur-renz tut. Werden Neuigkeiten erst auf der Messe für alle Besucher preisgegeben, dann müssen alle Journalisten gleichzeitig darüber berichten. Wurde ein Th ema dann bereits hinreichend von der Medienkonkurrenz abgehandelt, sinkt in den Redaktionen das Interesse daran drastisch. Eine Ausnahme bilden mitunter Fach-journalisten, deren Blätter nicht tagesaktuell, sondern etwa nur im Monatsrhyth-mus erscheinen. Die haben dann unter Umständen Zeit, Lust und die Muße, län-ger auf der Messe zu verweilen. Nichts desto weniger gilt: Die ersten beiden Tage, und vor allem der erste Tag, sind die beste Zeit, um auf einer Messe mit Journalis-ten in Kontakt zu kommen.

Messestand

Journalisten steuern auf Messen verschiedene Punkte immer wieder an. Zu-nächst die Ausstellung selbst. Journalisten gehen über die Messe und sehen sich die Stände an. Wie jeden anderen Besucher, soll der Stand auch Journalisten zum Besuch einladen. Die Frage, wie ein guter Stand auszusehen hat, beantworten Messe bauer, Innenarchitekten und Designer. Aus meiner eigenen Erfahrung her-aus lockt man, verbunden mit entsprechenden Streuverlusten, mit zwei einfachen Tricks Besucher an den Stand: Leckeres Essen und ansprechende Give-Aways. Wer jemals auf einer Messe war, der weiß, dass mit diesen beiden Dingen immer Be-sucher zu den Ständen gelockt werden können. Journalisten bilden da keine Aus-nahme.

Am Stand sollte man auf Journalistenbesuch insofern vorbereitet sein, dass man ihm zumindest auf Anhieb geeignetes Pressematerial, sprich eine Presse-mappe, in die Hand drücken kann. Näheres zur Pressemappe siehe S. 96 f..

Pressezentrum

Wenn Journalisten auf einer Messe sind, gehen sie zunächst in das Pressezentrum, um sich zu akkreditieren. Hintergrund: Sie müssen dann keinen Eintritt zahlen und dürfen sich im Pressezentrum aufhalten, wo ihnen Räumlichkeiten zum Ar-beiten und kostenloses Catering zur Verfügung stehen.

Oft stellen die Messeveranstalter im Pressezentrum eigene Ablagen, sog. Presse fächer bereit, in denen die Aussteller ihre Pressemappen legen können. Die Journalisten bedienen sich dann aus diesen Ablagen und sammeln so ihr Mate-

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Messe-PR 117

rial. Es kommt vor, dass diese Presseablagen nicht im Pressezentrum zu fi nden sind, sondern beispielsweise am Eingang der Messe. Fragen Sie den Messeorga-nisator danach.

Messebezogene PR-Maßnahmen

Gehen wir jetzt davon aus, dass Sie auf einer Messe beispielsweise ein neues Pro-dukt vorstellen möchten, also Neuigkeiten zu präsentieren haben, dann bieten sich weitere PR-Maßnahmen an. Der Ablauf der Maßnahmen lässt sich in die nahe liegenden Phasen vor, während und nach der Messe einordnen.

Vor der Messe

PressemitteilungÜblicherweise genügt es völlig, wenn man eine oder zwei Pressemitteilungen vor einer Messe verschickt. Viel mehr sind nicht notwendig. Wichtig ist, dass vor al-lem die auf der Messe vorgestellte Neuigkeit in den Pressemitteilungen in den Vordergrund gestellt und der Kontakt auf der Messe, sprich Standnummer und Ansprechpartner auf der Messe, genannt wird.

Mit Blick auf die Fachzeitschrift en und deren lange Vorlaufzeiten sollte früh-zeitig die erste Pressemitteilung verschickt werden.

Sollten Sie Wert darauf legen, dass die Messeneuigkeiten erst ab Messebeginn veröff entlicht werden, dann können Sie die Pressemitteilungen auch mit Sperrver-merken versehen: Veröff entlichung freigegeben ab „Datum“. Sperrvermerke soll-ten aber nicht zeitlich zu weit in der Zukunft liegen, d. h. mehr als zwei Tage im Voraus sollte der Sperrvermerk nicht gelten.

ArtikelGerade Fachzeitschrift en nehmen wichtige Messen zum Anlass, Heft e mit Schwer-punktthemen herauszubringen. Ein vorab zurecht gelegter Editorial Calender (sie he S. 56 f.) ermöglicht eine gezielte Ansprache geeigneter Zeitschrift en. Neh-men Sie deshalb frühzeitig Kontakt mit den Zeitschrift en auf und erfragen Sie, ob diese Interesse an geeigneten Artikeln haben. Auch wenn Sie keinen unterneh-mens- oder produktbezogenen Artikel platzieren können, so besteht vielleicht die Möglichkeit, einen Text veröff entlichen zu können, in dem etwa über aktuelle Ent-wicklungen der Branche oder der Technologien berichtet werden kann. In diesem Fall steht dann das Th ema und der Autor im Vordergrund, aber dadurch, dass der Autor als Mitarbeiter eines Unternehmens kenntlich gemacht wird, profi tiert auch

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das Unternehmen davon. Die Fachkompetenz, die der Verfasser in einem solchen Artikel an den Tag legt, wird auch dem Unternehmen zugerechnet.

Neben klassischen Fachartikeln, ist auch immer an die anderen journalisti-schen Formate zu denken, vor allem an Interviews. Interviews können vorpro-duziert und fertig angeboten werden, so dass sie direkt zur Messe erscheinen. Sie können aber auch versuchen, geeignete Unternehmensvertreter als Interviewpart-ner auf der Messe anzubieten. Vereinbaren Sie deshalb möglichst frühzeitig Inter-viewtermine mit ausgesuchten Journalisten, das heißt so etwa vier, fünf Wochen vor Messebeginn.

Während der Messe

PressekonferenzPressekonferenzen bieten sich auf Messen schon allein deshalb an, weil ohnehin schon viele Journalisten auf Messen anwesend sind. Wie gesagt, Journalisten sind oft nur an den ersten beiden Tagen, und vor allem am ersten Tag, anwesend. Ach-ten Sie bei der Terminplanung der Konferenz darauf, dass keine anderen kon-kurrierenden Veranstaltungen die Journalisten binden. Für die weitere Planung von Pressekonferenzen siehe S. 103 – 110. Wenn die Konferenz auf dem Messe-gelän de, typischerweise im Pressezentrum stattfi ndet, sind die Gestaltungsmög-lichkeiten der Location eher gering. Sorgen Sie aber etwa zumindest für Plakate, die mit dem Unternehmenslogo versehen sind und hängen diese gut sichtbar hin-ter den Referenten auf. Werden Bilder gemacht, so soll der Firmenname im Bild zu sehen sein.

ProduktvorführungenBieten Sie Journalisten Produktvorführungen bzw. Präsentationen an und gehen Sie hierbei auf die Bedürfnisse der Journalisten gezielt ein. Sorgen Sie dafür, dass es hierbei zu keinen Störungen oder terminlichen Überschneidungen kommt, so dass Sie in aller Ruhe auf alle Fragen der Journalisten eingehen können.

Vorträge und weitere VeranstaltungenSollte ein Mitarbeiter des Unternehmens einen Vortrag auf der Messe halten, dann laden Sie die Journalisten auch hierzu ein. Gleiches gilt, wenn Sie sonstige Veranstaltungen während der Messe durchführen, z. B. Messepartys mit einem be-sonderen Angebot oder ähnliches.

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Messe-PR 119

MessezeitungAuf vielen Messen gibt es die so genannten Messezeitungen, die täglich über Ge-schehnisse auf der Messe berichten und auf dem Messegelände kostenlos verteilt werden. Diese Zeitungen werden zwar in Teilen schon vorproduziert, lassen aber immer noch Raum für aktuelle Berichterstattung. Setzen Sie sich im Vorfeld der Messe mit dem Messeveranstalter in Verbindung und bieten geeignetes Bild und Textmaterial an bzw. machen dies zumindest auf der Messe.

Nach der Messe

PressemitteilungDirekt nach der Messe kann noch eine Pressemitteilung herausgegeben werden, die über die Erfolge auf der Messe berichtet. Hier sind beispielsweise vor allem neue und wichtige Aufträge von Interesse.

JournalistenanfragenSollten im Gespräch mit Journalisten noch Anfragen auftauchen, also Informatio-nen, Detailfragen, Bildmaterial, Interviewanfragen oder was auch immer noch of-fen sein, dann muss das so schnell und umfassend wie möglich bearbeitet werden.

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Events

Unter den Begriff Events fällt, neben einer Messe, praktisch alles, was irgendwie einen direkten Außenkontakt herstellt und Veranstaltungscharakter hat.

Bei so genannten „Awareness-Kampagnen“ (awareness zu deutsch: Aufmerk-samkeit) denken sich die Kommunikationsfachleute gern publikumswirksame Events aus, um die herum dann weiterführende PR-Maßnahmen aller Art plat-ziert werden.

Die Zielgruppen bei Events sind eigentlich immer dieselben: Bestehende und potentielle Kunden, Meinungsbilder und Journalisten. Ich beschränke mich hier auf zwei gängige und beliebte Varianten: Veranstaltungen im Haus, genauer die Hausmessen, und Veranstaltungen außer Haus, genauer die sog. Roadshows.

Roadshow

Eine Roadshow basiert auf der Idee, das Unternehmen und die Produkte den Men-schen im wahrsten Sinne des Wortes nahezubringen. Es hat ein bisschen etwas von Zirkus, denn man reist von Stadt zu Stadt und zeigt was man hat. Selbstver-ständlich sollte man die Präsentation gut verpacken, um Aufmerksamkeit zu er-regen. Weil bei einer Roadshow verschiedene Städte angesteuert werden, hat man dadurch eine gute Gelegenheit, in den jeweiligen Lokalmedien eine Berichterstat-tung zu erzeugen. Viel Kleinvieh macht auch Mist. Gleiches gilt für die jeweilige Fachpresse und die Wirtschaft s- und Marketingpresse. Mit etwas Glück schafft man es sogar ins Fernsehen, da man bei einer Roadshow im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu sehen bekommt und deshalb auch Bilder gemacht werden kön-nen. Ob man deswegen gleich ein komplettes Segelschiff mit Segeln im Corpo-rate Design des Unternehmens über deutsches Gewässer fahren lassen muss, weil der Börsengang bevorsteht, lasse ich bewusst off en. Auf jeden Fall hat ein ohnehin sehr bekanntes großes deutsches Unternehmen genau das Mitte 2004 getan. Die Berichterstattung darüber war natürlich entsprechend zahlreich.

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Events 121

Weitere Beispiele

■ Ein Pharmaunternehmen, das in der Krebsmittelforschung tätig ist, hatte sich des Th emas „Fatigue“ angenommen. Fatigue kommt aus dem französischen und meint die krankhaft e Müdigkeit, unter der Krebspatienten während der Behandlung leiden. In einem großen LKW konnte der Interessent Näheres dar-über erfahren. Um sich besser in die Welt eines an Fatigue leidenden Pa tienten hineinzuversetzen, konnte man auf einem Sitz Platz nehmen, bekam eine 3D-Brille aufgesetzt und steckte die Füße in vorbereitete Pedale. Wie in einem Computerspiel nahm man die Rolle eines Patienten ein und musste durch ein Haus gehen, wobei die Schritte mittels schwergängiger Pedale gemacht wur-den. Der LKW steuerte über einen längeren Zeitraum alle möglichen medizi-nischen Veranstaltungen, wie medizinische Messen und Kongresse an und war stets ein Anziehungspunkt, sowohl für die Besucher als auch für die Medien.

■ Ein Hersteller von Druckmaschinen tourte durch die Republik und führte seine Maschinen und deren Leistungsspektrum vor. Eine Station in der Stadt Gutenbergs, Mainz, war dabei obligatorisch. Die Besucher hatten Gelegenheit, sich individuelle Drucke machen zu lassen. Begleitet wurden die Vorführun-gen von entsprechenden Vorträgen. In der Druckbranche ist die elektronische Datenübermittlung immer mit ein Th ema, weshalb ein Telekommunikations-unternehmen ebenfalls auf dieser Roadshow begleitend vertreten war und Auskunft über seine Dienstleistungen gab – Stichwort: Crossmarketing.

■ Ein Soft wareproduzent für die Baubranche führte eine Veranstaltungsreihe in verschiedenen Städten durch, in denen jeweils regionale Branchengrößen Vorträge über den Stand der Dinge im Bauwesen hielten. Die Produkte des Unternehmens standen dabei noch nicht einmal im Vordergrund. Das Unter-nehmen profi lierte sich in diesem Fall nicht über die eigenen Produkte, son-dern ging über die Sachthemen und die branchenprominenten Referenten. Der gewünschte Eff ekt lag in dem unter Beweis stellen der generellen Kompetenz auf diesem Gebiet und dass sich das Unternehmen auch Th emen annimmt, die nicht ausschließlich auf deren Produkte beschränkt sind.

Hausmesse

Eine Hausmesse, oder auch Tag der off enen Tür, funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie eine Roadshow. Es gibt zwei grundsätzliche Arten von Hausmessen. Bei der einen steht das Unternehmen im Vordergrund, bei dem die Produkte und das ganze Unternehmen, Stichwort: Werksführung, gezeigt werden. Bei der ande-ren Art von Hausmesse ist das Unternehmen lediglich der Rahmen für ein Bran-

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chenthema, bei dem beispielsweise auch Referenten auftreten, die nicht bei dem Unternehmen angestellt sind. Das Unternehmen steht dabei dem ersten Anschein nach nicht im Vordergrund, aber selbstverständlich weiß jeder, dass die Veran-staltung auch eine „Werbung“ für das Unternehmen ist. Macht aber nichts und ist schon in Ordnung.

Jede gute Hausmesse zeichnet sich dadurch aus, dass ein gutes Ambiente die Veranstaltung unterstreicht, sprich Catering, Service, usw.

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Interne Kommunikation

Die da oben – wir da unten. Wenn die Chefetage keinen Draht zu ihren Mitarbei-tern hat, dann hat sie ein Problem, das sich langfristig in der Bilanz niederschlägt. Ab einer gewissen Größe ist der persönliche Kontakt zwischen Chef und jedem Mitarbeiter nicht mehr zu halten. Ab etwa einer Größenordnung von plus / mi-nus 200 Mitarbeitern kennt der Chef nicht mehr jeden persönlich mit Namen, geschweige denn, dass er einen guten persönlichen Kontakt zu jedem Einzelnen aufbauen kann. Gleichzeitig gilt: Jedes Unternehmen, gleich welcher Größe, hat einen kritischen Erfolgsfaktor – die Mitarbeiter. Ein gutes und von Vertrauen ge-prägtes Verhältnis ist maßgeblich für eine positive Entwicklung des Unterneh-mens. Fahren die Angestellten nur stur Dienst nach Vorschrift oder suchen sich Nischen, in denen sie unauffällig vor sich hin werkeln, ohne ihr Leistungspoten-zial voll auszuschöpfen, wird ein Unternehmen über kurz oder lang einen Wett-bewerbsnachteil hinnehmen müssen. Um dies zu vermeiden, sollte intern so off en wie möglich kommuniziert werden.

Gründe

Eine bewusste und aktive interne Kommunikation erfolgt aus vier wesentlichen Gründen:

■ Kanalisierung und Verbreitung von Informationen ■ Schaff ung eines Zugehörigkeitsgefühls der Mitarbeiter zum Unternehmen und

damit letztlich Motivation ■ Präsentation des Unternehmens, auch innerhalb des Unternehmens ■ Imageprofi lierung und -stärkung, auch innerhalb des Unternehmens

Obwohl, wie der Begriff „interne Kommunikation“ schon sagt, die Zielgruppe die eigenen Mitarbeiter sind, tut man damit auch etwas für seine externe Kommu-nikation. Jeder Mitarbeiter ist ein Multiplikator, auch wenn sein „Aktionsradius“ verhältnismäßig überschaubar und im Wesentlichen auf sein soziales Umfeld be-

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schränkt ist. In gewisser Hinsicht repräsentiert jeder Mitarbeiter sein Unterneh-men. In der Summe ist der öff entlichkeitswirksame Eff ekt, der davon ausgeht, sehr hoch einzuschätzen. Gut informierte und zufriedene Mitarbeiter sind für ein Un-ternehmen ein exzellentes Aushängeschild.

Mittel

Je nach Größe des Unternehmens bieten sich verschiedene Mittel und Maßnah-men der internen Kommunikation an.

MitarbeiterzeitschriftDie Mitarbeiterzeitschrift en sind für große Unternehmen sinnvoll. Sie stellen in sehr großen Unternehmen in punkto Auflagenzahl sogar manche Fachzeitschrift in den Schatten. Neben dem rein informativen Charakter einer Mitarbeiterzeit-schrift , kann sie ein Stück weit auch als Identifi kationsmittel dienen. Beachtung und Anerkennung sind mit die besten Motivationsmittel für jeden Angestellten. Gerade in den Berichten aus den einzelnen Abteilungen ist Raum für Streichel-einheiten. Die meisten Menschen sehen und lesen gern etwas über sich in der Zeitung, sofern es etwas Positives ist. Eine Mitarbeiterzeitung hat zwar nur ein überschaubares Verbreitungsgebiet, aber immerhin gibt sie die Möglichkeit An-erkennung zu potenzieren. Aber machen wir uns nichts vor, solche Berichte sind keine Wunderwaff e zur Motivation, aber sie sind ihr auf jeden Fall zuträglich.

Bei Unternehmen mit verschiedenen Standorten gibt die Zeitschrift darüber hinaus Gelegenheit, einen Eindruck zu bekommen, was an anderen Standorten passiert. Damit sorgt man auch für ein Mindestmaß an Zusammengehörigkeits-gefühl.

Kommt auf das Unternehmen eine Krise zu und schwelt innerhalb der Beleg-schaft ein ungutes Gefühl so langsam vor sich hin, dann kann ein großer Bericht in der Mitarbeiterzeitschrift das richtige Mittel sein, um den aktuellen Stand der Dinge mit all den verschiedenen, auch für das Unternehmen schwierigen, Facet-ten aufzuzeigen. Unnötigen und / oder falschen Gerüchten wird so das Wasser ab-gegraben und man sorgt für Ruhe in den eigenen Reihen. Bei der akuten Gefahr von wirklichen Krisen reicht allerdings ein Text in der Mitarbeiterzeitschrift al-lein sicher nicht aus.

Typischerweise fi ndet man folgende Rubriken in einer Mitarbeiterzeitschrift :

■ Worte der Geschäft sführung an die Mitarbeiter ■ Geschäft s- bzw. Vertriebserfolge ■ Produktentwicklungen

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■ Messeberichte ■ Neuigkeiten aus einzelnen Abteilungen ■ Neuigkeiten aus verschiedenen Niederlassungen ■ Betriebssportmannschaft en ■ Veranstaltungen ■ Jubiläen, Versammlungen, Weihnachtsfeiern, usw. ■ Sponsoringaktivitäten

KurztexteInternes Direktmailing, ob nun als Flugblatt, Rundbrief oder in einer E-Mail – die Form spielt eine untergeordnete Rolle. Immer dann, wenn es etwas zu berich-ten gibt, das alle wissen sollten, können sie eingesetzt werden. Wichtig ist hierbei, dass als Absender jemand von möglichst weit oben in der Unternehmenshierar-chie zu erkennen ist. Schreibt der Chef etwas, dann wird es eher wahr- und ernst-genommen, als wenn etwas aus irgendeiner Fachabteilung stammt.

VeranstaltungenPapier ist geduldig. In bestimmten Situationen können Veranstaltungen, die einen direkten und persönlichen Kontakt herstellen, ein geeignetes Mittel sein. Der Vor-teil hierbei ist, dass die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen. Da-durch können am besten Unklarheiten beseitigt werden und darüber hinaus be-kommen die Mitarbeiter das Gefühl, dass man sich ihnen zuwendet. Gleiches gilt für eher unspektakuläre Veranstaltungen wie etwa Weihnachtsfeiern oder ähnli-ches. Wann immer Sie als Chef mit Mitarbeitern in direkten Kontakt treten, su-chen Sie ein off enes Gespräch und vermitteln Sie den Eindruck, dass Sie die Mit-arbeiter ernst nehmen.

Schwarzes BrettDas gute alte Schwarze Brett hat in der internen Kommunikation nach wie vor sei-nen Platz.

IntranetDas Schwarze Brett der Gegenwart heißt Intranet. Es handelt sich dabei um eine Variante des Internets. Im Internet kann jeder alles sehen. Auf die Inhalte des In-tranets haben nur die Mitarbeiter des Unternehmens Zugriff . Die Informatio-nen werden eben nicht an ein Schwarzes Brett gehängt, sondern in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus kann eine Intranetlösung auch die Grundlage für eine so genannte Knowledge-Base sein, zu deutsch Wissensdaten-bank, in der eine Vielzahl von Informationen aus unterschiedlichen Unterneh-mensbereichen abgerufen werden können.

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InformationskaskadeInformationen können im Grunde genommen über zwei Wege weiter gegeben werden: 1. Alle bekommen auf einmal dieselben Informationen, beispielsweise über die Mitarbeiterzeitung oder eine Rundmail oder 2. die Informationen wer-den im Schneeballsystem verbreitet, also der Chef sagt es seinen Abteilungsleitern, die sagen es ihren Gruppenleitern, die sagen es ihren Sachbearbeitern. Dies eig-net sich vor allem dann, wenn neue Verfahren oder Strukturen eingeführt werden sollen. Beispiel: Zielvereinbarungen. Inzwischen sind variable Gehaltsanteile quer durch alle Branchen und Funktionen keine Seltenheit mehr. Ein variabler Anteil setzt das Erreichen von vorher defi nierten Zielen voraus, den Zielvereinbarungen. Führt ein Unternehmen das Prinzip der variablen Anteile ein, so ist dies ein ziem-lich komplexer Prozess, der schnell mal für Unsicherheiten in der Belegschaft sor-gen kann. Außerdem sieht die Zielvereinbarung für einen Abteilungsleiter völlig anders aus, als für einen einfachen Sachbearbeiter, wenn auch die Prinzipien die gleichen sind. In diesem Fall eignet sich das Vorgehen mittels einer Informations-kaskade sehr gut, da immer der mit dem in der Hierarchie folgenden klärende Gespräche führt und die jeweiligen Erwartungen, die mit einer Zielvereinbarung verknüpft sind, am schnellsten erörtern kann.

Welcher Weg bzw. welches Mittel am besten geeignet ist, um Informationen zu verbreiten, muss immer im jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Entschei-dend ist allerdings, dass off en kommuniziert wird und vor allem wichtige und auch kritische, sprich unschöne Informationen, zuerst im eigenen Haus bekannt gemacht werden. Erfahren die Mitarbeiter von außen, etwa über die Zeitung, von negativen Fakten und Entwicklungen, so ist dies sehr problematisch.

Besonderheiten bei Change Management

In Zeiten der Veränderung kommt der internen Kommunikation eine besondere Bedeutung zu. Letztlich geht es um den Umgang mit der Angst der Mitarbeiter und darum, Frustrationen entgegen zu wirken.

Im Betrieb stehen Veränderungen an. Sei es, dass Neustrukturierungen in un-ternehmenspolitischer oder in personeller Hinsicht geplant sind, dass neue Pro-dukte eingeführt, alte Produkte aufgegeben, Unternehmensteile ausgegliedert werden sollen oder gar eine Fusion geplant ist. In jedem dieser Fälle – die Liste ließe sich beliebig verlängern – handelt es sich um so genannte Change-Projekte, um Veränderungen innerhalb der Unternehmensstruktur. Veränderungen kön-nen nachteilige Konsequenzen für die Mitarbeiter haben und bergen deshalb die Gefahr von Ängsten und Unsicherheiten.

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Das Problem, das sich dem Management dabei stellt, lautet: Wie sag ich’s mei-nen Mitarbeitern ? Eine Frage, die die Verantwortlichen keinesfalls unterschät-zen sollten. Zeitnahe Information und transparente Entscheidungen im Unter-nehmen verhindern, dass bei den Mitarbeitern Unsicherheiten entstehen, die im schlimmsten Fall zum Abbau von Vertrauen und zu Motivationsdefi ziten führen können. Liegen den Mitarbeitern keine verlässlichen Informationen über geplante Änderungen im Betrieb vor, deuten sich diese – durch Gerüchte im Unterneh-men oder gar durch entsprechende Medienberichte – aber bereits an, dann bro-delt die Gerüchteküche. Man macht sich Sorgen um den Arbeitsplatz, befürch-tet Beschneidungen der eigenen Kompetenzen – fühlt sich schlicht übergangen. Diese Unsicherheiten und die daraus resultierende Unzufriedenheit sind Gift für ein Unternehmen. Schließlich steht und fällt sein Erfolg mit engagierten und mo-tivierten Mitarbeitern.

Um solche Unsicherheiten erst gar nicht entstehen zu lassen, ist eine aktive in-terne Kommunikation unumgänglich. Sie schafft Vertrauen, Identität und letzt-lich Zufriedenheit. Mitarbeiter, die das Gefühl haben, dass nicht über ihren Kopf hinweg entschieden wird, sondern dass sie über die Entscheidungsprozesse im Haus ausreichend informiert werden, tragen diese Veränderungen deutlich mehr mit. Die Ängste tauchen gar nicht erst auf. Im Gegenteil: Die durch effi ziente in-terne Kommunikation erzielte Glaubwürdigkeit stärkt das Zusammengehörig-keitsgefühl. Die Mitarbeiter zeigen sich „ihrem“ Unternehmen gegenüber auch loyaler und die Bereitschaft durch harte Zeiten zu gehen steigt. Einschneidende Veränderungen können ohnehin nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn sie von den Mitarbeitern mitgetragen werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass durch Verschleppen, Verzögern bis hin zum stummen Widerstand, die erwünschten Ver-änderungen zum Stillstand kommen. Die unweigerlich mit Veränderungen ein-hergehenden Reibungsverluste müssen so weit als möglich minimiert werden. Dies lässt sich nur mittels einer möglichst off enen Kommunikationspolitik inner-halb des Unternehmens erreichen, bei der auch unschöne Wahrheiten angespro-chen werden müssen.

Das „Wann“ spielt bei Change Management Prozessen eine entscheidende Rolle. Der eigentlichen Veränderung geht in der Regel eine Phase der Planung vor aus, die, basierend auf entsprechenden Ereignissen, den Wechsel vorbereitet. Ein vereinfachtes Beispiel: Die Umsätze gehen zurück, Personal muss abgebaut werden, die Geschäft sführung überlegt, in welchen Bereichen auf Personal ver-zichtet werden kann. Wenn die Geschäft sführung in dieser Situation versucht, die Planungen des Personalabbaus vor der Belegschaft so lang wie möglich zu ver-heimlichen, um Unruhe zu vermeiden, tut sie sich keinen Gefallen. Sobald etwas die Mitarbeiter direkt betrifft , gibt es keine Geheimnisse. Gerüchteküche, stille

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Post, den kleinen Dienstweg – nennen Sie es wie Sie wollen, die Mitarbeiter er-fahren auf irgendeinem Weg schon sehr früh, dass irgendetwas im Busch ist. Wen wird es treff en, in welcher Abteilung, möglicherweise die gesamte Abteilung ? Un-ter vorgehaltener Hand machen diese Fragen die Runde und drücken sowohl die Stimmung als auch die Arbeitsmoral. Macht die Geschäft sführung in dieser Phase den Fehler und tut zu lange so, als sei nichts, führt dies erst recht zu Misstrauen gegenüber der Chefetage und erschwert die Umsetzung der Veränderungen. Je früher die Geschäft sführung über anstehende Veränderungen spricht und deren Hintergründe off en legt, desto eher werden sie von den Mitarbeitern mitgetragen und erfolgreich realisiert werden.

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Public Relations für Führungskräfte

In der Politik und im Entertainment ist es gang und gäbe, bei Unternehmen fi n-det PR für Personen zwar vereinzelt auch statt, es wird jedoch eher vernachlässigt.

Personenbezogene PR eignet sich nur für die Geschäft sleitung an der Spitze des Unternehmens. Besteht die Geschäft sleitung aus mehreren Mitgliedern, so sollten maximal zwei Personen, besser nur eine, in den Mittelpunkt dieser Akti-vitäten gestellt werden.

Ein Blick auf die börsennotierten Unternehmen: Für Analysten und Investo-ren gehört die Frage nach der Unternehmensführung mit zu den entscheidenden Punkten wenn es darum geht, ob neues Geld in ein Unternehmen fl ießen soll oder welches wirtschaft liche Potenzial der Firma zugetraut wird. Der Unternehmens-führung muss Kompetenz zugesprochen und Vertrauen entgegengebracht werden. Wirklich messen kann man das nicht, weshalb das Image der Unternehmensfüh-rung als ein so genannter weicher Faktor einzuordnen ist. Ein zugegebenerma-ßen etwas plattes Beispiel zur Verdeutlichung: Nehmen wir an, Bill Gates würde sich aus allen Ämtern bei Microsoft zurückziehen, um neuer Geschäft sführer ei-ner kleinen IT-Firma zu werden. Man muss kein Experte sein, um den Aktienver-lauf der IT-Firma vorauszusehen – er würde steigen. Nur deshalb, weil jedermann der Meinung ist, dass Herr Gates ein blendender Unternehmenslenker mit her-vorragenden Kontakten und nahezu unschlagbarer Kompetenz auf seinem Gebiet ist. Womöglich ist diese Einschätzung nicht einmal so falsch, doch in der neuen IT-Firma hat er das noch nicht unter Beweis gestellt. Einzig und allein sein Name zieht den Kurs nach oben.

Aktive Public Relations für Personen wird heute vor allem in der Unterhal-tungsbranche für Schauspieler, Musiker, usw. betrieben. In den letzten Jahren be-dient sich auch die Politik verstärkt der Public Relations, mit der Folge, dass eine zunehmende Amerikanisierung der Wahlkämpfe beklagt wird und zunehmend Sympathiewerte Wahlen entscheiden. Ob das Klagen berechtigt ist, lasse ich an dieser Stelle bewusst off en. In der Unterhaltung und zum Teil auch in der Politik, wird der Erfolg direkt an der Person festgemacht. Public Relations für Führungs-kräft e von Unternehmen basiert jedoch auf einem anderen Ansatz. Es geht nicht allein darum, den Marktwert nur einer Person zu steigern oder ihr Glamour zu

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verleihen. Personenbezogene Public Relations ist im unternehmerischen Umfeld als integrativer Teil der Kommunikation zu sehen und sehr eng mit dem Unter-nehmen verknüpft . Dem Unternehmen ist nicht gedient, wenn der Chef immer bekannter und beliebter wird, das Unternehmen jedoch in den Hintergrund tritt.

Je größer Unternehmen sind, desto mehr rücken Führungskräft e wie von selbst in den Mittelpunkt des öff entlichen Interesses. Aber auch die Unterneh-mensspitzen von Firmen, die nicht in den Dimensionen von Großkonzernen agie-ren, können wohldurchdachte Public Relations für ihr Unternehmen einsetzen und davon profi tieren. In der Regel dürfte allerdings beim Mittelstand eine na-türliche untere Grenze gesetzt sein, wobei es je nach Branche und Einzelfall auch durchaus Ausnahmen geben kann.

Drei Felder der Personality-PR

Die öff entlichkeitsrelevanten Gebiete lassen sich in drei Felder aufteilen: Die Sach-kompetenz in einem Fachgebiet, die Qualitäten als Führungskraft und Manager und die Aktivitäten außerhalb des Geschäft sbetriebs. Entscheidend ist dabei nicht die Frage, wie nah das Bild an der Wirklichkeit ist, sondern wie nah und zweck-mäßig das Bild am Unternehmen, bzw. an den Produkten ist. Aber: Je realistischer das Bild ist, desto glaubwürdiger und Erfolg versprechender sind solche Maßnah-men.

SachkompetenzIm Bereich der Sachkompetenz ist der Kontakt zu Verbänden, Vereinen und ver-wandten Organisationen ein nahe liegender und geeigneter Einstieg. Hier kann unter Gleichgesinnten gefachsimpelt und die eigene Kompetenz unter Beweis gestellt werden. Damit wird die Bekanntheit in Fachkreisen erzeugt und gestei-gert. In Bezug auf die Medien sind vor allem Fachpublikationen die richtigen An-sprechpartner. Sich hier als Kompetenzträger zu platzieren, der auch über den Tel-lerrand seines eigenen Unternehmens zu schauen vermag, ist kein einfaches, aber umso erstrebenswerteres Ziel. Die Aktivitäten in einem Verband können somit den Weg in die Medien ebnen, der ansonsten sehr viel schwerer zu fi nden wäre.

ManagerqualitätenDie Managerqualitäten sind in engem Bezug zur Größe des Unternehmens zu se-hen. Je größer das Unternehmen ist, desto glaubwürdiger ist in der Öff entlich-keit die Qualität als Führungskraft herzustellen. Das Interesse der Öff entlichkeit steigt, je mehr Mitarbeiter- und Finanzverantwortung eine Führungskraft in sei-

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Public Relations für Führungskräfte 131

ner Person vereint, denn seine Entscheidungen schlagen höhere Wellen. Insbe-sondere in Zeiten von Wechseln und Veränderungen bietet es sich an, den Ma-nager in den Mittelpunkt zu rücken, z. B. wenn er kürzlich auf dem Chefsessel Platz genommen hat, oder auch, wenn das Unternehmen eine neue Produktreihe auf den Markt bringt.

Die Chancen eines kleinen Unternehmens sind gleich Null, mit ihrem Chef in die überregionale Wirtschaft sberichterstattung zu gelangen, etwa den Wirt-schaft steil der FAZ. Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, jedoch gelingt dies nur, wenn ein besonderer Aufhänger Anlass dafür gibt. Anders hingegen sieht es je-doch in der Lokalpresse aus, die Hürde ist hier nicht so hoch. Regionale Wirt-schaft smeldungen sind oft mit der Person des Geschäft sführers verbunden, sei es auch nur in Form eines ergänzenden Zitats.

PersönlichesEtwas losgelöst vom Unternehmen sind PR-Maßnahmen, die in eine eher persön-liche Richtung gehen: Der Unternehmenschef als Mensch. Bei der Frage nach der persönlichen Note ist besonderes Feingefühl gefragt. Die Chancen in diesem Feld liegen bei Th emen wie Sponsoring und Charity und können zu Gunsten des Un-ternehmens genutzt werden, indem die soziale Verantwortung des Unternehmens durch die Person des Managers verdeutlicht wird. Die direkte personale Verbin-dung von derartigen Maßnahmen kann für ein positives Profi l sorgen. Mit per-sönlichen Aspekten jenseits gemeinnütziger Aktivitäten sollte ansonsten zurück-haltend agiert werden.

Vom Umgang mit den Medien

Manchen Menschen ist ein Talent für die Selbstdarstellung in der Öff entlichkeit in die Wiege gelegt worden, bei anderen bedarf es der Unterstützung von Experten. Die Unterstützung von PR-Fachleuten kann in Form des Ghostwritings bei Reden, Artikeln usw. geschehen, aber auch als Formulierungshilfe bei Interviews und bei der Abgabe von Einschätzungen und Stellungnahmen. Die detaillierte Kenntnis über die Medienlandschaft eröff net dem in dieser Hinsicht wenig versierten Ma-nager den Zugang zu neuen medialen Zielgruppen. Nicht zu unterschätzen sind auch die Kenntnisse im Umgang mit Journalisten. Das Wissen um die „Dos“ and „Don’ts“ entscheidet mit über die Akzeptanz und damit den Erfolg bei der Positio-nierung. Aber auch scheinbar eher banale Dinge, wie die Wahl fernsehgeeigneter Kleidung, die Grundregeln der Körpersprache und die korrekte Sprach-Artikula-tion, können vermittelt werden.

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Die Gefahren

Gerät die Person an der Unternehmensspitze in Bedrängnis, sei es aus unterneh-merischen oder persönlichen Gründen, so kann der damit verbundene Image-schaden auch schlecht für das Unternehmen sein. Vorher getroff ene vertrauens-bildende Maßnahmen drehen sich um und die Bekanntheit schadet dem Unter-nehmen. Eine weitere große Gefahr besteht darin, dass der Unternehmensführer die Firma verlässt. Die Investition in die Personality-PR ist dann für das Unter-nehmen weitgehend verloren.

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Dienstleistungs-PR – Freie Berufe

Eine Dienstleistung zu vermarkten, bei der kein körperliches Produkt über die Qualität Auskunft geben kann, ist letztlich sehr abstrakt. Der Kunde kann nichts anfassen oder technische Daten miteinander vergleichen. Man ist als Nutzer der Dienstleistung auf den guten Ruf des Dienstleisters angewiesen.

Im Folgenden wird zwar ein besonderes Augenmerk auf die Dienstleister der so genannten freien Berufe Anwalt, Architekt und Arzt gerichtet, jedoch gelten die getroff enen Aussagen, mal abgesehen von den gesetzlichen Besonderheiten, auch für alle anderen Dienstleistungsberufe.

In der Vergangenheit war es diesen Berufen aufgrund gesetzlicher Beschrän-kungen nicht gestattet, aktiv Werbung für sich zu machen. Dies hat sich in den letzten Jahren geändert. Es gibt zwar nach wie vor in den einzelnen Berufsgrup-pen Beschränkungen, allerdings sind heute deutlich mehr Maßnahmen gestattet als früher. Die wesentliche Einschränkung besteht darin, nicht marktschreierisch zu sein. Die Kommunikation, in welcher Form sie auch immer durchgeführt wird, muss sachlich sein. Sachlich bleiben und kommunizieren, kommt Ihnen das ir-gendwie bekannt vor ? Tja, das ist nichts anderes als Public Relations. Und weil das so ist, kann die Prognose gestellt werden, dass PR für die freien Berufe in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird. Die Marktsituation wird ihr Übriges tun. Der Markt wird zunehmend enger, die Zahl der Architekten, Anwälte und Ärzte steigt stetig und der Kuchen, von dem alle ihren Anteil haben wollen, wird nicht grö-ßer. Je nach Berufsgruppe gibt es verschiedene Lösungsansätze aus dieser Misere. Ein Ansatz, der stets genannt wird, lautet Public Relations. Denn nur derjenige wird sich am Markt behaupten können, der auch wahrgenommen wird. Der Rest wurschtelt sich so durch oder hat einfach Glück. Die freien Berufe tun sich aller-dings schwer damit, in die aktive PR-Arbeit einzusteigen. Es gibt in Deutschland keine Tradition, PR für seine Kanzlei, Praxis oder sein Büro zu betreiben, weshalb es eine generelle Zurückhaltung gegenüber diesem Th ema gibt. Die Berührungs-ängste und die Unwissenheit über das Machbare sind groß und entsprechen viel-fach nicht dem Selbstverständnis dieser Berufsgruppen. Diejenigen allerdings, die die PR für sich entdeckt haben, sind in der Regel sehr zufrieden damit und pla-nen entweder ihre bisherigen PR-Tätigkeiten fortzuführen oder weitere PR-Maß-

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nahmen anzustoßen. Dies geht aus verschiedenen Untersuchungen hervor, im Be-reich der Anwälte habe ich selbst eine entsprechende Studie durchgeführt.1

Public Relations ist sicher kein Allheilmittel für eine schlecht laufende Kanz-lei, Praxis oder Büro und am Ende des Tages zählt auch hier, dass der Arzt, Anwalt oder Architekt einen guten Job macht, denn Dienstleistung ist immer ein Peop-les-Business. Das bedeutet nichts anderes, als dass sich gute Arbeit von Kunde-zu-Kunde herumspricht, weil auch die persönliche Chemie mit dem Kunden ge-stimmt hat – die gute alte Mundpropaganda. Aber machen wir uns nichts vor: Ich kann noch so gut sein, wenn das keiner weiß, bringt das auch nichts.

Person im Vordergrund

Bei den freien Berufen, wie bei allen Dienstleistungen überhaupt, steht die Person immer im Vordergrund. Auch wenn beispielsweise ein Büro als Ganzes vermark-tet werden soll, sind auch immer die einzelnen Personen maßgebliche Eckpfeiler, um die sich die PR-Maßnahmen drehen. Ausnahmen bilden in gewisser Hinsicht höchstens sehr große Büros, denn ab einer gewissen Größe nimmt die Bedeutung des Büronamens eine zweite wichtige Stellung ein. Aber wie gesagt, da muss ein Laden schon sehr groß sein.

Ein wesentliches Grundproblem der Dienstleistungen jeglicher Art ist, dass der Kunde die Qualität nicht erkennen kann. Er weiß im Voraus nicht, ob die Per-son, die er beauftragen möchte, auch wirklich die Beste für ihn ist. Nehmen wir beispielhaft die Anwälte: Vereinfacht kann gesagt werden, dass jeder Anwalt die gleiche Dienstleistung anbietet, sprich Rechtsberatung. Für den unerfahrenen Au-ßenstehenden ist nicht erkennbar, ob der eine Anwalt besser ist als der andere. Ob er den besten Anwalt hat, weiß er im Zweifel erst hinterher, wenn überhaupt.

Profi l

Bevor mit der Kommunikation begonnen wird, sollte man sich erst einmal über sich selbst als Dienstleister eines freien Berufs klar werden. Im Grunde genom-men macht man fast das Gleiche wie ein Unternehmen mit seinen Produkten (siehe SWOT-Analyse S. 26 f.). Die wesentlichen Fragestellungen lauten:

1 Anwalt – Das Magazin, Dezember 2002

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Dienstleistungs-PR – Freie Berufe 135

■ Wo sind die Stärken und Schwächen ? ■ Wie sieht das Marktumfeld aus ? ■ Welche Zielgruppen möchte ich erreichen bzw. welche Kunden möchte ich

haben ?

Daraus leiten sich später die kommunikativen Maßnahmen und deren konkrete Ausgestaltung ab.

Die Suche des Auftraggebers

Nachdem man sein eigenes Profi l erfasst und die gewünschte Kundenschicht für sich gefunden hat, sollte gefragt werden, auf welchen Wegen der Kunde zu einem kommt. Der potentielle Kunde muss bei seiner Suche abgeholt werden. Angenom-men jemand braucht einen Anwalt, Architekt oder Arzt, kennt aber keinen. Wie geht er bei der Suche vor ?

Persönliches UmfeldDie meisten hören sich im Freundeskreis um. Im Bereich der persönlichen Netz-werke kann PR nur bedingt weiterhelfen.

InternetHeutzutage ist es selbstverständlich, bei einer Suche oder Recherche das Inter-net zu Rate zu ziehen. Das ist bei der Suche nach einem Dienstleister auch nicht anders. Die Internetpräsenz gilt als Pfl icht und wird von den Kunden erwartet. Inzwischen ist es sogar schon so, dass, wenn kein Internetauftritt vorhanden ist, erste Vorbehalte aufkommen können. „Im Internet habe ich ihn nicht gefunden, also kann das auch nichts sein“.

Eintrag in die Gelben SeitenDie Gelben Seiten werden gern unterschätzt. Ein Eintrag ist relativ günstig zu ha-ben und gewährleistet ein Mindestmaß an Sichtbarkeit für potentielle Kunden. Für viele Suchende sind sie nach wie vor eine der ersten Anlaufpunkte. Was liegt näher, als einen Blick dort hinein zu werfen ? Deshalb sollte der Dienstleister auch dort präsent sein und eine ansprechende Anzeige inserieren.

Eintrag in Suchmaschinen / Suchdienste / VerzeichnisseAuf der Suche nach geeigneten Dienstleistern wendet sich der Suchende eventu-ell an branchenspezifi sche Suchdienste, die ihre Informationen auch über das In-ternet anbieten. Es gibt verschiedene Spezialdienste in den jeweiligen Branchen,

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also etwa Anwaltssuchdienste. Die Güte variiert allerdings und man sollte sich vorher genau ansehen, ob es sich lohnt, für einen Eintrag Geld locker zu machen. Ich gebe es off en zu, in diesem Bereich hat der Autor zugegebener Maßen be-schränkte Kenntnisse, allerdings habe ich den Eindruck, dass diese Suchdienste zum einen recht wenig bekannt und zum anderen die Qualität der Suchergebnisse in der Tendenz eher mäßig ist. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen, und ich lasse mich auch gern eines Besseren belehren. Ärzte fi ndet man am einfachsten über die Datenbanken der Kassenärztlichen Vereinigungen und Architekten über die jeweiligen Büroverzeichnisse der Landesarchitektenkammern, gleiches gilt für die Anwälte über die entsprechenden Anwaltskammern. Diese Verzeichnisse ge-ben allerdings nur wenig Platz zur Selbstdarstellung und die Aufnahme in diese Listen erfolgt ohnehin aufgrund der Ausübung der Tätigkeit in einem freien Be-ruf praktisch von selbst. Wirklich detaillierte und umfassende Verzeichnisse für diese Berufsgruppen, die nicht einen öff entlich-rechtlichen Hintergrund haben, sind mir nicht bekannt.

In jeder Berufsgruppe gibt es neben rechtlich vorgeschriebenen Institutio-nen auch freiwillige Verbände. Die Mitglieder der Verbände werden in aller Re-gel auch in deren Verzeichnissen geführt und öff entlich gemacht. Auch für dienst-leistende Berufsgruppen, die keine öff entlich-rechtliche Legitimation benötigen, etwa Unternehmensberater, Immobilienmakler oder Privatdetektive, führen die Verbände die Mitgliedsverzeichnisse, die von Suchenden abgefragt werden kön-nen. Die Mitgliedschaft in Berufsverbänden kann also schon allein aus diesem Grunde interessant sein.

Mittel der Selbstdarstellung

Das Finden allein reicht nicht aus. Jetzt muss die Selbstdarstellung dazu führen, dass gerade ein bestimmter Dienstleister kontaktiert und beauftragt wird. Zur Selbstdarstellung kann man verschiedene Mittel und Materialien einsetzen.

BürobroschüreHier stellt sich das Büro vor. Das Büro gibt Auskunft über Schwerpunkte auf den jeweiligen Arbeitsgebieten und die dafür verantwortlichen Personen im Büro. Wenn es lohnt, kann auch das Bürogebäude darin vorkommen, im Sinne von: Schau her wo ich arbeite, also muss ich auch gut sein, denn ich kann mir ein or-dentliches Büro leisten. Gerade Bürobroschüren sollten sehr gut gemacht sein, zu-mindest in grafi scher Hinsicht, da sie eine wichtige Visitenkarte sind.

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Dienstleistungs-PR – Freie Berufe 137

Mitgliedschaft in BerufsverbändenIn der Regel sind an die Mitgliedschaft in Berufsverbänden gewisse Voraussetzun-gen geknüpft , die die Gewähr für ein Mindestmaß an Qualität leisten sollen. Man darf nur Mitglied werden, wenn man eine bestimmte Ausbildung oder Berufs-erfahrung nachweisen kann. Dies unterscheidet den unerfahrenen Quereinsteiger, der sein Glück mal auf einem neuen Feld ausprobieren möchte, von einem echten Profi . Daraus leitet sich für die Mitglieder des Verbandes ein Wahrnehmungs- und Qualitätseff ekt bei dem Suchenden ab. Das Motto lautet: Bin ich Mitglied im Ver-band der XY, so hebe ich mich von den schwarzen Schafen ab. Man nutzt dadurch die Seriosität des Verbandes direkt für sich selbst und unterstreicht die Ernsthaf-tigkeit seiner Berufsausübung.

Mitgliedschaft in ZielgruppenverbändenManche Verbände bieten die Möglichkeit an, eine Art „befreundetes“ Mitglied zu werden. Ein konstruiertes Beispiel: In einem Verband für Logistikunterneh-men können Juristen mit Spezialisierung auf Verkehrsrecht oder internationales Umsatzsteuerrecht Mitglied werden. Der Hintergrund für diese Vorgehensweise liegt auf der Hand: Man sucht seine Zielgruppe dort, wo sie geballt vorzufi nden ist, nämlich in deren Fachverbänden. Dadurch lässt sich die Fachkompetenz und Spezialisierung nach außen sichtbar machen und man kommt gleichzeitig in Kon-takt mit potentiellen Kunden.

PressemitteilungenÜber Pressemitteilungen habe ich an anderer Stelle bereits einiges gesagt. Im Falle von Dienstleistungsberufen kommt in der Regel erschwerend hinzu, dass über das, was die Dienstleister machen, sprich die Arbeit am Kunden, nicht immer so ohne weiteres berichtet werden kann und darf. Betreut man für einen Kunden ein großes Projekt und möchte darüber eine Pressemitteilung schreiben, so ist drin-gend dazu zu raten, dass der Kunde vorab sein Einverständnis dazu gibt. Lehnt der Kunde ab, so ist die Pressemitteilung gestorben. Stimmt er zu, so muss man nach wie vor über die Hürde des „Neuen und Interessanten“. Wie auch immer, Presse-mitteilungen können einen gute Möglichkeit sein, um mit den Medien in Kontakt zu treten. Bisher wird allerdings im Dienstleistungsumfeld eher zurückhaltend davon Gebrauch gemacht. Diese Zurückhaltung ist über alle freien Berufsgrup-pen hinweg zu beobachten. Im Falle der Anwälte beispielsweise scheint sich al-lerdings langsam ein Wandel zu vollziehen. Hintergrund ist der ständig steigende Konkurrenzdruck und das Vordringen der angloamerikanischen und britischen Kanzleien auf den deutschen Markt, die in ihren Heimatländern einen völlig an-

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deren Zugang zu den Th emen PR und Marketing insgesamt haben. In den USA ist es selbstverständlich, dass für eine Kanzlei Werbung und PR gemacht wird. In Deutschland gibt es eine solche Tradition nicht, schon allein aufgrund der lange Zeit geltenden Rechtslage. Das gelockerte Recht und die damit verbundenen Mög-lichkeiten werden derzeit vor allem von den angloamerikanischen und britischen Kanzleien ausgereizt. Die deutschen Kanzleien werden nicht umhin kommen, nachzuziehen, zum geringen Teil machen sie es bereits heute schon.

Bei den anderen freien Berufen, neben den Anwälten, variiert die Marktsitua-tion je nach Branche und Sparte. In jeder Branche wächst zunehmend der Kon-kurrenzdruck. Die Zurückhaltung gegenüber Marketing und PR ist jedoch mit de-nen der Anwälte durchaus vergleichbar.

Alle anderen Dienstleistungsbranchen, jenseits der klassischen freien Berufe, unterliegen keinen besonderen rechtlichen Beschränkungen und sie können in punkto Werbung und PR aus dem Vollen schöpfen.

Veröff entlichung von Artikeln in der FachpresseEin Artikel in der Fachpresse sorgt für Renommee. Auf den ersten Blick erscheint es wie vergebliche Liebesmüh, denn man macht sich viel Mühe ein passendes Th ema zu fi nden, den Text zusammenzustellen und das Ganze für eine Fachzeit-schrift , die in der Regel nur von der Konkurrenz gelesen wird und meist nur eine relativ geringe Auflagenhöhe hat. Bei der Veröff entlichung von Fachartikeln geht es in erster Linie darum, dass damit geworben werden kann. Der Artikel kann beispielsweise auf die Homepage des Verfassers gestellt, Teil der Bürobroschüre, mit Hinweis auf den Veröff entlichungsort sein oder für Direktmailings eingesetzt werden. Ein veröff entlichter Artikel bietet so verschiedene Möglichkeiten der Ver-wertung. Der gewünschte Eff ekt liegt auf der Hand: Die Fachkompetenz und das Profi l des Verfassers werden geschaff en bzw. unterstrichen und der anvisierte Kunde wird ein bisschen beeindruckt.

Veröff entlichung von Artikeln in der PublikumspresseBei der Veröff entlichung von Artikeln in der Publikumspresse gelten die gleichen Verwertungstaktiken und Motivationsgründe wie bei der Veröff entlichung in der Fachpresse. Der Unterschied ist nur, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass man in der Publikumspresse seine potentiellen Kunden direkt zu seinen Lesern zählen kann. Je mehr Artikel von der gleichen Quelle kommen und immer wieder die gleichen Dienstleister Texte veröff entlichen, desto mehr wird nach und nach die Bekanntheit steigen. Dies ist aber ein langwieriger Prozess und nicht mit der Ver-öff entlichung nur eines Textes erledigt. Der Trick bei guter PR ist, dass sie kon-stant über einen längeren Zeitraum durchgeführt wird, aber das habe ich ja be-reits mehrfach erwähnt.

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Dienstleistungs-PR – Freie Berufe 139

Teilnahme an MessenDie aktive Teilnahme an Messen, also mit einem eigenen Stand, eignen sich für Dienstleister der freien Berufe eher weniger. Messen, die nur für einen Berufsstand gemacht werden, gibt es meiner Kenntnis nach ohnehin nicht. Die Teilnah me an artverwandten Branchenmessen bringt eigentlich auch nichts. War um sollte beispielsweise ein Arzt mit einer kleinen Praxis einen Stand auf einer Gesund-heitsmesse für teueres Geld anmieten ? Seine eigentliche Zielgruppe, die Patien-ten, wird er dort im Zweifel nicht antreff en. Sinnvoller wäre es, lediglich als Fach-referent auf einer Messe oder einem Kongress aufzutreten und diesen Auftritt beispielsweise auch auf der eigenen Website bekannt zu machen. Durch solche Tätigkeiten gewinnt man an Profi l und zeigt seine Schwerpunkte auf.

Entwicklung eines CDWie bei jedem anderen Unternehmen auch, wird der Außenauftritt durch die gra-fi sche Komponente beeinfl usst. Das Corporate Design (CD) unterstreicht gerade auch bei den freien Berufen das Profi l. Nehmen Sie sich deshalb die Zeit und den-ken Sie darüber nach, wie ein Logo für Sie aussehen könnte. Um ein professionel-les Ergebnis zu erzielen, sollte man einen Grafi ker zu Rate ziehen. Selbstprodu-zierte Auftritte, womöglich noch mit Word, wirken immer billig und die Mühe kann man sich auch gleich sparen.

Das CD erschöpft sich aber nicht nur in einem grafi schen Logo und einem netten Briefkopf, sondern geht darüber hinaus. Die Einrichtung des Büros, der Dresscode der Mitarbeiter, bis hin zur Musik in der Warteschleife. Alles beein-fl usst die Wahrnehmung des Kunden und ist deshalb Teil der Selbstdarstellung und damit des CD.

DirektmarketingBei den klassischen freien Berufen, also Anwälten, Architekten, Ärzten usw., sind Direktmarketing-Aktionen, wie etwa Mailings nach wie vor aus berufsrechtlichen Gründen schwierig. Die so genannte „kalte Akquisition“, sprich, man hatte mit dem Empfänger der Werbepost bisher noch keinen Kontakt, ist insgesamt nach wie vor ein recht off enes Feld, in dem die genauen Grenzen noch nicht bis ins De-tail ausgelotet sind. Im Zweifel würde ich darauf verzichten.

Andere dienstleistende Berufsgruppen, wie etwa Unternehmensberater, Im-mobilienmakler, Grafi ker, usw., unterliegen keinerlei Beschränkungen und kön-nen hier in die Vollen greifen.

Anzeigen schaltenDie klassischen freien Berufe unterlagen bis vor wenigen Jahren einem berufs-rechtlichen Werbeverbot. Dies hatte zur Folge, dass Kanzleien und Arztpraxen

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immer wieder gern Sekretärinnen oder Putzfrauen über große Anzeigen gesucht haben, in denen sie sich groß und breit selbst vorstellten. Anzeigen über sich selbst waren ja verboten, aber Stellenanzeigen erlaubt. Über diesen Trick kam man dann doch in die Zeitung. Das Werbeverbot hat sich inzwischen bei allen Berufen geän-dert, wenn auch mit vor allem einer maßgebenden Einschränkung: Die Werbung darf nicht „marktschreierisch“, sondern muss „sachorientiert“ sein. Hält man sich an diese Vorgabe, ist alles möglich. Drehen Sie einen Werbespot der im Fernsehen läuft , pfl astern Sie die Städte mit Plakaten voll, schalten Sie Anzeigen in der Zei-tung – was auch immer, es ist erlaubt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bei-spielsweise hat dies erkannt und bietet Sonderanzeigenseiten an, auf denen sich gerade diese Berufsgruppen präsentieren können. Die branchenbezogenen Son-derseiten fi ndet man aber auch in vielen anderen Tageszeitungen.

ReferententätigkeitDie Referententätigkeit ist aus zwei Gründen ein sehr gutes Mittel, um an neue Kunden zu gelangen. Zum einen hat man dadurch die Möglichkeit, mit potentiel-len Kunden direkt in Kontakt zu treten und zum anderen unterstreicht es die ei-gene Fachkunde in exzellenter Weise. An geeignete Referentenjobs zu kommen ist nicht leicht, die Mühe lohnt aber.

Kundenbindung

Ebenso wichtig wie die Kundengewinnung ist die Kundenpfl ege. Der Kunde muss nicht nur einmal gewonnen werden, sondern er muss an Sie gebunden werden.

GrüßeKundenbindung fängt an, dass zu Weihnachten, Geburtstagen usw. Karten mit ein paar warmen persönlichen Worten verschickt werden. Jeder weiß, dass es im Grunde genommen nicht wirklich so schrecklich lieb gemeint ist und es selbst-verständlich dabei irgendwie ums Geschäft geht – dennoch freut man sich als Empfänger zumindest ein wenig darüber, weil man ein bisschen wichtig zu sein scheint. Dies schmeichelt dem Ego. Entsprechende Maßnahmen der Kundenbin-dung sind in anderen Branchen längst eine Selbstverständlichkeit.

Kundenveranstaltungen Veranstaltungen für Kunden können verschiedene Anlässe haben. Beliebt sind Ju-biläen jeglicher Art oder Vernissagen, die in den Büroräumen durchgeführt wer-den. Vor allem aber Veranstaltungen aus fachlichen Gründen, etwa aufgrund einer neuen Rechtslage, eignen sich hierfür.

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Die Novellierung des Schuldrechts war für eine verhältnismäßig große Anzahl von Kanzleien Anlass, entsprechende Veranstaltungen abzuhalten. Dies schien kurzfristig fast schon zu einer Infl ation von Veranstaltungen dieser Art zu führen.

Die Motivation für den Kunden an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen, hat generell zwei Gründe. Erstens, die Information über den aktuellen Sachstand. Zweitens, und oft sogar viel wichtiger, bietet eine solche Veranstaltung Gelegen-heit, Gleichgesinnte zu treff en und unter den anderen Besuchern ein eigenes Net-working zu betreiben.

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Internetauftritt

Die Präsenz im Internet gehört zum Standard und ist somit Pfl icht für jedes Un-ternehmen. Ist ein Unternehmen nicht im Internet vertreten, entsteht der Ein-druck, dass das Unternehmen nicht seriös ist oder zumindest so unbedeutend und leistungsschwach, dass es sich keine Website leisten kann.

Internetauftritte sind zu großen Teilen ein Mittel der Selbstdarstellung. Da-neben bietet sie die Möglichkeit, in den aktiven Dialog mit Interessenten und Me-dien zu gelangen – eine Chance, die genutzt werden sollte.

Es gibt eine ganze Branche, die einem bei der Gestaltung und Umsetzung von Internetauftritten weiterhilft . Nachfolgend einige wesentliche Punkte, die bei der Präsenz im Internet beachtet werden sollten.

Sichtbarkeit

Die beste Seite ist nichts wert, wenn sie nicht gefunden wird. Üblicherweise su-chen User auf verschiedenen Wegen:

■ Über Internet-Suchmaschinen, wie z. B. Google. ■ Webkataloge, wie z. B. Yahoo.

Unterschied Web-Katalog – Suchmaschine: Bei Web-Katalogen werden die Webseiten von Katalog-Mitarbeitern eingetragen. Bei Suchmaschinen erfolgt die Anzeige der Treff er über verschiedene Computer-Programme, die das In-ternet durchsuchen.

■ Über den Firmennamen direkt: Der Domainname sollte sehr nah am Firmen-namen sein, etwa www.unternehmensname.de.

Es gibt Dienstleister, die für Webseiten-Betreiber die Sichtbarkeit im Internet op-timieren. Man spricht in diesem Zusammenhang von Suchmaschinen-Marketing.

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Navigation

Bei der Gestaltung der Seitenstruktur sollte immer an einen Erstbesucher gedacht werden. Jemand, der das erste Mal die Seite besucht, sollte sich auf Anhieb darin zurechtfi nden. Die Navigation innerhalb der Website sollte klar, verständlich und sich selbst erklärend sein. Man spricht in diesem Zusammenhang von intuitiver Benutzerführung. Es haben sich inzwischen typische Grundstrukturen herausge-bildet, so sind die Navigationselemente sehr häufi g auf der linken Bildschirmseite gelistet, hin und wieder fi ndet man sie auch oben in einer Reihe angeordnet. Aber: Die technische Entwicklung, die sich verändernden Nutzungsgewohnheiten und das Stilempfi nden in Sachen Formen, Farben und Design haben Einfl uss auf die aktuelle Gestaltung von Webseiten. Hin und wieder sollte die Seite deshalb dar-aufhin geprüft werden, ob sie noch zeitgemäß ist.

Das Zurechtfi nden innerhalb der Seite wird dadurch erleichtert, dass jederzeit problemlos auf die Startseite zurückgekehrt werden kann oder besser noch, eine Navigationsleiste mit der Grundstruktur der Website immer sichtbar bleibt. Die Überschrift en der Rubriken sollten eindeutig sein und innerhalb der Rubriken das zu fi nden sein, was erwartet wird. Lieber eine zusätzliche Rubrik erstellen, als in eine zu viel hinein packen.

Web-Animationen

Eine professionelle Seite ist in grafi scher Hinsicht ansprechend gestaltet. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass die Benutzbarkeit nicht darunter leidet. Lange Ladezeiten führen zu Einbußen in punkto Attraktivität für den Besucher. Beson-ders negativ fallen die Startseiten auf, die mit dem Abspulen einer Animation be-ginnen. So schön und technisch anspruchsvoll manche Animationen auch sein mögen, so lang sind auch deren Ladezeiten – DSL hin oder her. Wenn immer es geht, drücke ich den „skip intro“ Button und überspringe die Einleitung und ich weiß, dass ich nicht allein bin. Das ist sicher ein Stück weit Geschmacksfrage, aber spätestens nach dem fünften Mal hat sich auch der Letzte an der Animation satt gesehen. Betrachtet man sich die Seiten der rein internetbasierten Dienste, so fällt auf, dass diese vielfach mit sehr wenigen Animationen auskommen. Bestes Bei-spiel ist die Seite von Google. Ein Teil der Beliebtheit und damit des Erfolgs dieser Suchmaschine liegt darin, dass die Startseite ziemlich spartanisch und dürftig aus-sieht. Aber: Man bekommt genau das was man will, auf großartigen animierten Schnickschnack kann getrost verzichtet werden. Bei Unternehmensseiten sieht das natürlich etwas anders aus, da der Gedanke der Selbstdarstellung im Vorder-

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grund steht. Besonderes grafi sches und gestalterisches Engagement ist dort selbst-verständlich und angebracht, jedoch darf es auch nicht übertrieben werden.

Text

Die Texte sind grundsätzlich möglichst kurz zu halten, denn das Internet ist ein schnelles Medium und kein Buch in elektronischer Form. User bevorzugen kleine, prägnante Häppchen, die dann durchaus auch auf längere Texte verlinkt sein dür-fen. Der User kann dann selbst entscheiden, ob er sich die Mühe machen möchte, einen kompletten Volltext zu lesen.

Pop-Up’s

Bitte verschonen Sie uns damit. Davon sollte man einmal gehört haben und dann die Finger davon lassen. Pop-Up’s sind meines Erachtens der Experimentierphase des Internets zuzuordnen und wurden vor allem zum Austesten von neuen Wer-beformen entwickelt. Niemand mag Pop-Up’s. Haben Sie auf Ihrer Seite etwas Neues und besonders Wichtiges zu sagen, dann packen Sie dies am besten in eine geeignete Rubrik. Ist der User an Neuigkeiten interessiert, dann wird er gezielt da-nach suchen. Ist er an anderen Dingen interessiert, so wird er das Pop-Up-Fenster ohnehin sofort schließen und sich im Zweifel über die nervige Werbung ärgern. Internetbrowser haben inzwischen auf die störenden Pop-Up’s reagiert. Mit einem Klick kann man Browser heute darauf einstellen, Pop-Up’s zu blockieren.

Links

Verzichten Sie nicht auf Links, aber setzen Sie sie sparsam und mit Bedacht. Seien Sie froh, dass der User auf Ihrer Seite angelangt ist und verführen Sie ihn zum Verweilen. Auf Unternehmensseiten wird auch nicht erwartet, dass dem User eine Linksammlung angeboten wird. Im Zweifel führt ihn das zur Konkurrenz und das muss nicht sein.

Allgemeiner Kontakt

Dem User sollte die Möglichkeit gegeben werden, bei Bedarf in Kontakt mit dem Unternehmen zu treten. Die allgemeinen Kontaktdaten Adresse, Telefon- und

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Faxnummer und E-Mail-Adresse müssen deshalb leicht zu fi nden sein. Verein-zelt werden auch Kontaktformulare angeboten, worüber man eine E-Mail an das Unternehmen schicken kann. So ein Kontaktformular kann man als eine weitere Möglichkeit zusätzlich mit anbieten, ausschließlich darauf zu vertrauen ist nicht ratsam. Will der User in Kontakt treten, dann will er dies schnell und direkt tun. Erst umständlich ein Formular ausfüllen, womöglich noch unter Angabe einer Reihe von zahlreichen Informationen, bremsen die Kontaktbereitschaft ungemein. Am Besten ist es, wenn beides angeboten wird – Kontaktformular und ausführli-che Angaben zu Ansprechpartnern im Unternehmen, inklusive deren E-Mail-Ad-resse und Telefonnummer.

Gezielter Kontakt

User wollen sich zum Teil nicht erst über die Zentrale durchfragen müssen oder eine E-Mail an eine allgemeine Adresse schicken, ohne zu wissen, ob die Nach-richt tatsächlich den richtigen Empfänger erreicht. Unternehmen scheuen aller-dings die Veröff entlichung von Kontaktdaten von einzelnen Mitarbeitern, dies ist in manchen Fällen auch durchaus verständlich (den Headhuntern sei an dieser Stelle ein besonderes Lob ausgesprochen). Jedoch sollte der User die Möglich-keit haben, seinen Kontaktwunsch möglichst gezielt anbringen zu können. Dies erreicht man, indem beispielsweise abteilungsspezifi sche E-Mail-Adressen, wie [email protected], [email protected], kundenservice@un ternehmen-xyz.de eingerichtet werden.

Medienrelevante Regeln

Journalisten sind zunächst normale User und sehen sich bei ihrer Recherche nicht nur in der Rubrik „Presse“ um, sondern sie steuern auch die anderen Rubriken an. Ein guter Pressebereich stellt aber alle medienrelevanten Informationen bereit.

PressemitteilungenAlle Pressemitteilungen sollten aufgeführt und chronologisch gelistet sein. Eine Übersicht unter Angabe der Überschrift en und dem Veröff entlichungsdatum ist hierfür am Besten geeignet. Die jeweiligen Überschrift en sollten mit dem Voll-text verlinkt sein.

Der Navigationsweg lautet dann: Überschrift – (Klick) – Volltext in HTML. Sehr gut ist es, wenn der Volltext auch noch zum Ausdrucken in einer Word- oder PDF-Version als Download abgerufen werden kann.

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146 Spezielle Bereiche der PR

Weitere TexteNeben den Pressemitteilungen sollten auch alle weiteren zur Verfügung stehen-den Marketingmaterialien zur Ansicht bzw. zum Download angeboten werden, beispielsweise:

■ Broschüren ■ Hintergrundtexte ■ Geschäft sberichte ■ Unternehmensgeschichte ■ Unternehmenskennzahlen, usw.

Bei Broschüren, die typischerweise sehr grafi klastig sind, eignet sich die Verwen-dung des PDF-Formats. Auch hierbei sollte bei der Verlinkung vorher ein Hinweis auf die Dateigröße erfolgen. Am elegantesten ist allerdings die Variante, wenn die Broschüre in einem gängigen Internetformat abrufbar ist, z. B. HTML. Bei einem Klick darauf öff net sich dann nicht ein neues Programm, das erst das komplette Dokument runterladen muss, bevor man es ansehen kann.

Bilder und Grafi kenJe mehr Bilder und Grafi ken vorliegen, desto besser, Journalisten sind immer auf der Suche nach gutem Material. Vom Unternehmen, evtl. von Unternehmenspro-dukten, Unternehmenssitz, Bilder der Geschäft sleitung, Logos, Grafi ken. Bilder sollten in der Vorschau als Th umbnails (verkürzt oft nur „Th umbs“ genannt – aus dem englischen für Daumennagel, d. h. man bekommt das Bild zuerst im kleinen Format zu sehen) angeboten werden, wobei die Datengröße der Vollansicht ange-geben werden sollte. Der Journalist soll vorher wissen, welche Datenmenge er sich da herunterziehen wird.

Kontakt für die PresseDaten der Kontaktperson(en) für die Presse angeben, insbesondere direkte E-Mail-Adresse und telefonische Durchwahl.

Online PressespiegelHat Vor- und Nachteile und muss diff erenziert betrachtet werden. Der Vorteil von Pressespiegeln liegt darin, dass nach außen ein Bild der medialen Präsenz und da-mit auch Kompetenz dokumentiert wird: Schau her, ich steh in der Zeitung, also muss ich gut sein. Das ist ein hervorragender Eff ekt, bei dem der Abdruck in der Zeitung voll zu Gunsten des Unternehmens genutzt wird.

Die Nachteile sind, dass wenn nur vereinzelte Artikel im Pressespiegel zu fi n-den sind, sich schnell der Eindruck einstellt: „Okay, die waren mal in der Zeitung,

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aber auch nicht besonders oft , kann also nicht so toll sein“. Insbesondere dann, wenn der Artikel schon eine Weile her ist, denn ein Abdruck der bereits mehrere Jahre zurück liegt, ist überholt und man bekommt den Eindruck: „Jetzt haben die es einmal geschafft in der Zeitung zu stehen und das war es dann auch schon, kann also nicht wirklich viel dahinter stecken“. Artikel haben eine natürliche Ver-fallsdauer und deren Wirkung verblasst im Laufe der Zeit.

Nicht jede positive Berichterstattung in den Medien sollte auf die Website ge-setzt werden. Wenn überhaupt, dann nur Artikel, die sich ausschließlich mit dem Unternehmen bzw. dem Produkt befassen oder die Artikel, die im Namen eines Mitarbeiters erschienen sind, in denen das Unternehmen auch genannt wird und die noch einigermaßen aktuell sind. Ältere Artikel kann man auch in ein Online-Pressearchiv stellen.

Aufnahme in den VerteilerJournalisten sollte ein Formular angeboten werden, mit dem sie sich in den Presse-verteiler des Unternehmens eintragen können. Hier sollte der Hinweis erfolgen, dass diese Daten ausschließlich für das Unternehmen verwendet werden und in dem ausdrücklich versichert wird, dass die Daten nicht an Dritte weitergegeben werden. Bei diesem Presseformular sind neben den allgemeinen persönlichen Da-ten wie der Adresse auch noch weitere Informationen zur Einordnung von Inter-esse. Schreibt der Journalist für die Fach-, Wirtschaft s- oder allgemeine Zeitun-gen ? Ist er ein Freier Journalist oder bei einer Redaktion fest angestellt ? Damit werden die Informationen etwas kanalisiert, da nicht jede Unternehmensinforma-tion für jeden Journalisten von Interesse ist. Fachjournalisten wünschen sich eher etwa über technische Neuerungen informiert zu werden, wohingegen der Journa-list einer Wirtschaft szeitung nichts damit anfangen kann.

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Öff entlichkeitsarbeit im Internet

Es wachsen Generationen heran, für die die Verfügbarkeit und das Benutzen des Internets genauso selbstverständlich ist, wie für heutige Generationen das Fernse-hen. Es hat sich neben den bestehenden Medien Presse, Funk und Fernsehen zu einer festen Größe in der Informations- und Medienwelt gemausert und ist in-zwischen zu einer der wichtigsten Quellen bei der Informationsrecherche, wenn nicht sogar zu der wichtigsten Quelle. Wann haben Sie zum letzten Mal ein ge-drucktes Lexikon oder eine gebundene Übersetzungshilfe benutzt ? Mit Wikipedia und Google sind Antworten nur ein paar Mausklicks entfernt. Die Fülle von direkt abrufbaren Informationen ist bereits heute immens und sie nimmt jeden Tag zu.

Das Internet hat darüber hinaus die „alten“ Medien verändert und neue, ei-genständige Kommunikationskanäle und -wege entstehen lassen. Die Anonymi-tät des Internets fördert die Off enheit des Wortes in jede Richtung. Es bietet aber auch die Möglichkeit, Tendenzen aufzuspüren und darauf Einfl uss zu nehmen.

Es ist heute für jedermann sehr leicht geworden, Informationen über das In-ternet zu streuen. Wer allerdings der Informationslieferant ist, lässt sich jedoch nicht immer auf Anhieb erkennen, ebenso wenig dessen Seriosität und Unabhän-gigkeit.

Einfl uss auf die alten Medien

Wozu eine Zeitung kaufen ? Im Internet ist sie frei verfügbar. Eine Sendung im Fernsehen verpasst ? Halb so wild, vieles kann man im Internet „nachsehen“. Das Internet hat die Nutzung der Medien verändert. Da man auf Dauer nicht gegen den Strom der Zeit arbeiten kann, schwimmt man besser mit ihm. Es ist heute beispielsweise ganz normal, dass Fernsehsendungen mit Hinweis auf weitere In-formationen im Internet enden oder man die Sendung noch mal komplett dort ansehen kann. Das war bis etwa zum Jahrtausendwechsel noch unbekannt und hat sich in den darauf folgenden Jahren nach und nach etabliert. Der Zeitgeist ist auch an den Zeitungen nicht spurlos vorbei gegangen. Die Artikel in den On-line-Ausgaben können oft von den Lesern kommentiert werden. Der Leserbrief

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in elektronischer Version, bei dem sogar – und das ist inzwischen auch üblich – der Kommentar eines Leser kommentiert werden kann, der seinerseits kommen-tiert werden kann usw. Die Hürde für die Nutzer, sich an einem Th ema öff entlich zu beteiligen, ist sehr niedrig geworden und die eigene Meinung erscheint sehr schnell für jedermann sichtbar im Internet. Das Internet ist interaktiv (geworden).

Bisher konnten sich auf dem deutschen Markt im Internet keine Nachrichten-Angebote nennenswert durchsetzen, die ausschließlich online erfolgreich sind, also eine reine Online-Zeitung, die ohne eine gedruckte Version auskommt. Der Markt wird von den Online-Versionen beherrscht, die eine gedruckte Mutter ha-ben, wie etwa bild.de oder spiegel-online.

Mit netzeitung.de gab es einst den Versuch, eine reine Online-Zeitung mit ei-gener Redaktion auf die Beine zu stellen. Ende 2000 erschien die Zeitung erstmals im Internet, aber Ende 2009 war damit Schluss und das Geschäft smodell wurde geändert. Heute werden dort Nachrichten von verschiedenen Anbietern zusam-mengeführt, insbesondere von realen Zeitungen und deren Online-Auftritten.

Die us-amerikanische „Th e Huffi ngton Post“ (Namensgeberin war die Grün-derin Arianna Huffi ngton) hatte allerdings mehr Glück, denn sie schaff te es, sich als reines Online-Portal zu behaupten und gilt heute in den USA als ein Leit-medium. In einem Spiegel-Online Interview vom 29. Januar 2012 kündigte Frau Huffi ngton auch eine deutsche Version an, ließ aber off en, wann damit zu rechnen ist, denn vorher seien noch eine spanische und eine italienische Version dran. Die französische Version ist bereits im Netz.

Ähnlich wie im Zeitungsbereich sieht es heute auch in der TV-Branche aus. Mir ist kein ernst zu nehmendes Web-TV-Angebot bekannt, das als eigenständi-ges Produkt von sich reden gemacht hätte, ohne dass ein TV-Sender die Finger dabei im Spiel hat. Auch YouTube macht da keine Ausnahme, denn es stellt zwar eine Plattform für Filme bereit, erstellt aber keine eignen Inhalte – und ist deshalb kein TV-Anbieter im eigentlichen Sinne.

Mach mit

Seine Meinung im Internet mitzuteilen ist sehr beliebt – man spricht deshalb auch etwas fantasielos vom „Mitmach-Web“. Dem Prinzip des Mitmachens begegnet man an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichen Konstellationen, je nach Motivation und Anlass. Sei es bei den bereits erwähnten Kommentierungen von Zeitungsartikeln, der Bewertung von Produkten oder den Anmerkungen zu jed-weden Th emen in sozialen Netzwerken.

Die Piratenpartei will mit der Soft ware LiquidFeedback die Idee der Liquid-Democracy umsetzen, bei der jeder mitreden darf, der sich in die politische Wil-

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lensbildung einbringen möchte. Das Schwarmwissen oder die Schwarmintelligenz soll die beste Lösung hervorbringen. Damit ist das Jedermann-Mitmachen in An-sätzen auch im politischen Betrieb angekommen.

Foren

In der Anfangszeit des Internets waren Foren eine der ersten Kommunikations-möglichkeiten – und sie sind auch heute noch recht beliebt. Foren funktionie-ren nach dem Prinzip Schwarzes Brett. Geordnet nach Th emenbereichen kann je-dermann etwas dort anbringen, seien es Fragen, Antworten, Behauptungen oder was auch immer. Gleichgesinnte reagieren darauf und geben ihren Kommentar dazu. Ein Informationsaustausch fi ndet statt. Und wo immer Informationen aus-getauscht werden, werden auch Meinungen und Stimmungen gemacht. Die weite Verbreitung und die hohe Umlaufgeschwindigkeit machen das Internet, und spe-ziell die Foren, zu einem interessanten Feld für PR-Arbeiter. Inzwischen existie-ren Unternehmen, die das Internet nach bestimmten Vorgaben beobachten und analysieren, ähnlich wie die Ausschnittsdienste für Zeitungen. Im Falle von Foren kann es über die reine Beobachtung jedoch hinausgehen. Da Foren ein interakti-ver Spielplatz von Textbeiträgen sind, lassen sich negative Behauptungen, die bei-spielsweise ein Unternehmen oder deren Produkte betreff en, entkräft en. Gleich-zeitig können aber auch neue Th emen aktiv platziert werden.

Beispiele ■ Im Internet kursieren Gerüchte darüber, dass ein börsennotiertes Unterneh-

men verkauft werden soll. Dies kann erheblichen Einfl uss auf den Aktienkurs haben.

■ Ein neues Produkt wird in den Foren stets gelobt oder negativ bewertet. Dies kann die Verkaufszahlen nach oben ziehen oder eben drücken.

Die Beiträge in den Foren kommen immer so daher, als hätte ein unabhängi-ger Internetbenutzer den Text gepostet, d. h. eingestellt. In den allermeisten Fäl-len stimmt das ja auch. Den Texten haft et insofern ein unverfänglicher Charakter an. Ein Gleichgesinnter spricht mit anderen und das schafft in gewisser Hinsicht auch Vertrauen, denn warum sollte ein Gleichgesinnter ein böses oder vielmehr von Interessen getragenes Spiel mit einem treiben wollen ? Ganz so blauäugig sind viele Forenteilnehmer inzwischen selbstverständlich nicht mehr. Der off ensichtli-che Versuch, ein Forum zu bestimmten Zwecken zu nutzen, wird mit Nichtbeach-tung, Häme oder dem off enen Hinweis auf Manipulation bestraft . Geraten Firmen in den Ruf, das Internet auf diesem Wege für sich zu nutzen, besteht natürlich

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die Gefahr, dass der Ruf und das Ansehen „verbrannt“ werden, die Bemühun-gen also sehr kontraproduktive Auswirkungen haben. Nichts desto weniger sollte diese Form der Öff entlichkeit von der PR-Arbeit nicht unbeackert bleiben, da das Internet eine Informations- und damit Meinungsbörse darstellt, die in der Zu-kunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Der Meinungsstand und dessen Entwicklung sollte so weit es geht immer wieder beobachtet werden. Auf den ers-ten Blick scheint dies aufgrund der unübersehbaren Anzahl von Seiten nur schwer möglich zu sein, doch in Wirklichkeit ist das nur halb so wild. Wie beim Fernse-hen auch, kristallisieren sich auch im Internet immer die Programme heraus, die für den User interessant sind und für ihn einen echten Mehr- oder Unterhaltungs-wert haben und die entsprechende Anzahl von Zugriff en vorweisen können oder mit anderen Worten: die wirklich relevant und von Bedeutung sind. Die anderen Seiten gehen ein oder haben nur wenige bis geringe Auswirkungen auf Meinungs-bildung. Wenn man also hin und wieder bei den fünf wichtigsten Internetplattfor-men zu einer Branche oder einem Th emenkomplex hineinschaut, dann hat man schon viel gewonnen und verfügt über ein einigermaßen sicheres Gespür dafür, was in der elektronischen Welt gerade passiert. Hat man den Eindruck, dass dann dort etwas passiert, was den Interessen des Unternehmens entgegen steuert, so kann man auch ruhig mit off enem Visier ebenfalls Texte eintragen und für Rich-tigstellung sorgen. Dies sollte allerdings stets nur als Reaktion auf Fehlentwick-lungen geschehen. Von Unternehmensseite aus ein Th ema aktiv zu platzieren, ist nicht ratsam, da man sich ansonsten dem Vorwurf des Missbrauchs der Platt-form zu werblichen Zwecken ausgesetzt sieht, was dem gewünschten Eff ekt ab-träglich ist.

Produktbewertungen

Th ematisch nahe an den Foren liegen die internetgestützten Produktbewertungen. Zu praktisch jedem Produkt können heute Bewertungen im Internet abgegeben werden. Entweder direkt beim Online-Händler oder auf eigenen Produktbewer-tungsportalen, die nichts anderes machen als bewerten, testen und durchchecken. Jeder kann heute im Internet zu Hotels, Handys, Versicherungen oder was auch immer seinen Senf abgeben. Klar: Je besser ein Produkt bewertet wird, desto inter-essanter ist es für potentielle Käufer, die ja davon ausgehen, dass der, der da was geschrieben hat, ein ganz normaler Bürger ist. Den Unternehmen ist der Trend mit den Produktbewertungen natürlich nicht entgangen und die Versuchung liegt Nahe, etwas mit positiven Kommentaren nach zu helfen. Im April 2012 berichtet die Zeitschrift „Audio Video Foto Bild“ (es handelt sich dabei um einen Ableger der „Computer Bild“) von einer Untersuchung dieser Bewertungen. Laut dem Ar-

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tikel sind 20 – 30 Prozent aller Bewertungen im Internet gefälscht und stammen nicht von „normalen“ Bürgern, sondern zielten ausschließlich darauf ab, ein Pro-dukt in einem guten Licht erscheinen zu lassen, um dadurch den Verkauf zu för-dern.

Blog

Der Begriff Blog leitet sich vom englischen Web-Log ab, verkürzt Blog. Gemeint ist damit ein Log- bzw. Tagebuch, das im Internet geführt wird.

Die deutsche Blogger-Szene ist in ihrer Gesamtheit inzwischen groß und un-übersichtlich, denn man muss kein Computerexperte sein, um einen Blog im In-ternet zu starten. Darüber hinaus sind Kosten für den Betrieb eines Blogs sehr gering, wird eingeblendete Werbung akzeptiert, sogar kostenlos. Wer will, kann problemlos etwas im Internet veröff entlichen. Und viele wollen. Angefangen von pubertären Tagebüchern, über politische Kommentare bis hin zu Branchenbeob-achtungen – alles da, und noch vielmehr. Allerdings verlieren viele Hobby-Blog-ger nach einer gewissen Zeit wieder die Lust am bloggen und die Zahl der Kar-teileichen ist ebenfalls groß. Wer richtig bloggt, muss dafür auch etwas Zeit und Mühe investieren. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass es eine ganze Reihe von Blogs gibt, hinter denen nicht nur eine Person steht, sondern eine ganze Re-daktion. Ein Blog setzt sich nur dann in der Internetgemeinde durch, wenn immer wieder neue Inhalte darauf zu fi nden sind. Je nach Th ema gibt es deshalb meist eine überschaubare Anzahl von Blogs, die in gewisser Hinsicht so etwas wie eine Meinungsführerschaft innerhalb der Blogger-Szene innehaben.

Verlinkung mit Eff ektSo unübersichtlich die Blog-Szene in ihrer Gänze ist, so unberechenbar kann sie auch sein. Der Grund dafür sind Internet-Suchmaschinen wie Google. Die Tech-nologien und die mathematischen Methoden wie Suchmaschinen und insbeson-dere Google das Internet nach Suchbegriff en durchsuchen, sind nur zum Teil be-kannt. Man weiß aber, dass der Grad der Verlinkung ein maßgebender Faktor ist. Je häufi ger eine Seite mit einem bestimmten Begriff mit anderen Seiten im Netz verlinkt ist, desto höher schätzt etwa Google dessen Relevanz ein. Man spricht in diesem Zusammenhang von der sog. Link-Popularität. Wird also ein Begriff bei Google eingegeben, prüft Google die Anzahl der Verlinkungen und gibt – unter anderem – diejenige als die relevanteste, sprich wichtigste, Seite im Internet dazu an, die am häufi gsten verlinkt ist. Bloggen lebt vom Informationsaustausch, dem Kommentieren und ganz besonders von dem Verlinken von Inhalten. Was kann passieren ? Ein Blogger schreibt einen Beitrag der besonders interessant, witzig

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oder kritisch ist. Anderen Bloggern gefällt der Beitrag und sie verlinken von ih-rer eigenen Seite auf diesen Beitrag. Und wenn viele Blogger auf den Beitrag ver-linken, dann landet dieser Beitrag in den Treff ern bei Google und Co. dank der Link-Popularität ganz weit oben. Allein das kann für Unternehmen sehr vorteil-haft , aber auch ziemlich schmerzhaft sein, eben je nach dem, was in dem Beitrag steht. Besonders häufi g verlinkte Blog-Beiträge zu aktuellen Th emen können es sogar unter Umständen schaff en, die mediale Aufmerksamkeit von Zeitung, Ra-dio und TV auf sich zu ziehen.

Schafft es ein Th ema aus dem Internet heraus, Niederschlag in die traditio-nellen Medien zu fi nden, so ist damit die komplette Bandbreite der Informations-kanäle abgedeckt. Ein Höchstmaß an gewollter oder auch ungewollter Aufmerk-samkeit ist erreicht. Dieser Blog-Eff ekt ist verführerisch und schafft Begehrlich-keiten. Es gibt Unternehmen, die die Blogger-Szene mit viel Aufwand für sich gewinnen wollen. Da werden dann eine Handvoll schlechtbezahlte Studenten an die Computer gesetzt, die dann in den maßgebenden Blogs tendenzgetriebene Kommentare und Verlinkungen produzieren, um den Anschein zu erwecken, es gäbe ein neues Trendthema oder bestimmte Meinungen im Internet. Gleichzeitig wird dann darauf gehofft , dass die Internetgemeinde auf den Bluff hereinfällt und sich das Th ema von selbst verbreitet. Nur soviel: Ich halte nichts von solchen Me-thoden der Meinungsmache.

Corporate BlogsCorporate Blogs, also Blogs von Unternehmen, werden von einer ganzen Reihe von PR-Schaff enden als eines der kommenden wichtigen PR-Mittel in Deutsch-land angesehen. Ein gängiges und verbreitetes Standardmittel im Kommunika-tionsmix ist es heute noch nicht.

Der wesentliche Kritikpunkt auf Seiten der User lautet, dass ein Corporate Blog lediglich eine weitere Marketingmasche sei und kritische Th emen ausgespart blieben.

Auf Seiten der Unternehmen gibt es ebenfalls Vorbehalte. Der Witz von „rich-tigen“ Blogs ist, dass die Beiträge kommentiert werden können. Dieses Risiko ist den Unternehmen zu hoch. Sieht man sich die Kommentierungen von Dritten in den Blogs an, so stellt man schnell fest, dass es kritische und in der Tendenz ableh-nende Anmerkungen immer wieder gibt, die nicht sachlich begründet sind. Die Anonymität des Internets verleitet dazu, ordentlich Dampf abzulassen und viel-leicht auch über das Ziel hinauszuschießen. Blogs könnten so ein off enes Tor für unzufriedene Kunden, Neider, Spaßvögel oder die garstige Konkurrenz sein – und jeder kann es dann im Internet nachlesen. Mögen die einzelnen Betreiber des ei-genen Blogs noch erkennbar sein, so gehört in den Kommentierungen das Prinzip des off enen Visiers häufi g nicht zur Regel.

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Die Befürworter der Corporate Blogs loben auf der anderen Seite beispiels-weise die Kundennähe, den direkten Kontakt und die Möglichkeiten der Kunden-bindung.

Innerhalb der Corporate Blogs kann zwischen verschiedenen Varianten un-terschieden werden:

■ CEO Blog: Der Chef schreibt hier selbst. ■ Kampagnen Blog: Etwa begleitend zu einer neuen Produkteinführung. ■ Th emen Blog: Alles rund um ein unternehmensnahes Th ema. ■ Service Blog: Hier können Informationen rund um die Produktwelt eingestellt

werden. ■ Krisen Blog: Kann im Einzelfall ein passendes Mittel für schnelle Informa-

tionsweitergabe im Krisenfall sein.

Medien und BlogJournalisten stehen Blogs, insbesondere bei der Recherche, heute noch vielfach kritisch und ablehnend gegenüber. So sehr Blogs die Demokratisierung und die Meinungsvielfalt des Internets voranbringen, so sehr treiben auch Amateure ihr Unwesen darin. Blogs werden deshalb von Journalisten zwar gelesen, jedoch in den wenigsten Fällen als ernstzunehmende Informationsquelle wahrgenommen. Die Akzeptanz eines Blogs unter Journalisten hängt wesentlich von dem erkenn-baren Blog-Betreiber ab.

Soziale Netzwerke

Die Nutzerzahlen von sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Co. gehen in die Millionen. Das weckt Begehrlichkeiten in den Marketingabteilungen. Die Nutzung dieser Dienste für kommerzielle Zwecke liegt auf den ersten Blick nahe, eröff net sie doch neue Kommunikationsmöglichkeiten mit den Endkunden. Zu-mindest in der Th eorie. Social Media und / oder Web 2.0 ist ein noch sehr junges Th ema – und es wäre nicht die erste Sau, die durch das Marketingdorf getrieben worden ist. Ob es sich dabei nur um einen langen Hype handelt oder wirklich die Antwort auf das geänderte Nutzerverhalten im digitalen Zeitalter ist, muss sich erst noch zeigen. Insbesondere bedarf es einer genauen und auch kritischen Prü-fung, welche Unternehmen von welchen Angeboten im Internet wie den größt-möglichen Nutzen ziehen können. Immer wieder hört und liest man von Unter-nehmen, die erst durch gute (Vertriebs-)Ideen im Internet ihr Geschäft aufbauen oder deutlich erweitern konnten. Auf der anderen Seite stehen allerdings Unter-

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nehmen, die damit nicht so viel Glück hatten und im schlimmsten Fall den Unmut der Internetgemeinde auf sich gezogen haben.

Eine Messgröße für die Bedeutung eines neuen Kommunikationskanals kön-nen die einschlägigen Stellenanzeigen sein. Betrachtet man etwa die Angebote der letzten Jahre, so wurden in den späten 1990er- und den ersten Nuller-Jahren ver-stärkt Onlineredakteure gesucht, da erkannt wurde, dass der eigene Internetauf-tritt von Bedeutung ist und professionalisiert werden sollte. Eine neue und ver-gleichbare Entwicklung kann heute beobachtet werden, denn es werden immer mehr „Social Media Manager“ nachgefragt. Dies deutet auf einen Prozess hin: Im ersten Schritt wurde die eigene Internetpräsenz aufgebaut und versucht durch in-teressante Inhalte und gefälliges Design möglichst viele Nutzer auf sich aufmerk-sam zu machen. Die Devise lautete: Schaut her, ich bin gut und schön, kommt auf meine Seite.

Es gilt das gute, alte Prinzip: „Geh dahin, wo deine Kunden sind.“ Und wenn sich die Kunden im Internet aufhalten und bestimmte Dienste nutzen, dann soll-ten die Unternehmen das auch tun. In Zeiten von Facebook und Co. geht man den nächsten Schritt und bewegt sich deshalb aktiv auf die Spielplätze möglichst gro-ßer Internetgemeinschaft en zu.

Das Internet ist ein sehr dynamisches Medium, das sich immer wieder neu erfi ndet. Angebote kommen und gehen. Wer vor ein paar Jahren noch erfolgreich war, kann etwas später in der Versenkung verschwinden. Kennen Sie noch Geo-Cities ? Eine einst sehr beliebte Plattform, die sehr viele Nutzer auf sich ziehen konnte. Jedermann konnte dort seine eigene kleine Homepage hochziehen, sich selbst, seinen Verein oder wer weiß was vorstellen. Der Dienst wurde 2009 ein-gestellt.

MySpace ergeht es derzeit ähnlich. Nach einem anfangs sehr ambitionierten Höhenfl ug hat dieser Dienst eine inzwischen recht schmerzhaft e Geschichte hin-ter sich. Die Nutzerzahlen erfüllen längst nicht mehr die in sie gesetzten Erwar-tungen. Derzeit (Stand 2012) sieht es sehr danach aus, dass dieses Webangebot über kurz oder lang eingestellt oder zumindest das Geschäft smodell grundsätz-lich überdacht wird. Es gibt auf der anderen Seite allerdings einige Internetdienste, die sich in den letzten Jahren behaupten konnten. Ganz vorne mit dabei ist na-türlich Facebook, die mit unvorstellbaren Zahlen scheinbar jedermann in ihren Bann ziehen.

Wie auch immer man zu diesen sozialen Netzen steht, die Kommunikations-verantwortlichen kommen heute nicht daran vorbei, sich zumindest damit zu be-schäft igen – unabhängig davon, ob man tatsächlich auf diesen Zug aufspringt.

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Überblick Social Media / Web 2.0

Web 2.0Es gibt je nach weltanschaulicher Verortung in der IT-Sphäre verschiedene Defi -nitionen, aber im Grunde genommen haben sie immer etwas mit Informationen in Form von Texten und Bildern zu tun, die entweder vom Unternehmen selbst oder den Nutzern ins Netz gestellt werden. Hierzu gehören etwa Blogs von Unter-nehmen, deren Beiträge vielfach von den Nutzern kommentiert werden können, oder so genannte RSS-Feeds, bei denen man sich anmelden kann und kurze Nach-richtenhäppchen abonniert.

Social MediaWird oft in einem Atemzug mit Web 2.0 genannt. Mit Social Media sind im We-sentlichen Internetplattformen gemeint, bei denen sich viele Nutzer anmelden und elektronisch miteinander vernetzen

Nach einer repräsentativen Umfrage des IT-Branchenverbandes BITKOM und des Meinungsforschungsunternehmens forsa ist Facebook das größte deut-sche Netzwerk.

1. Facebook = 47 %2. StayFriends = 27 %3. wer kennt wen = 24 %4. meinVZ = 13 %5. studiVZ = 12 %6. Xing = 9 %

7. MySpace = 7 %8. Twitter = 7 %9. schülerVZ = 5 %10. Lokalisten = 5 %11. Jappy = 5 %12. Lokale Community = 3 %

Marktanteile der größten deutschen Netzwerke (Nutzer ab 14 Jahren, Datenerhebung erfolgte im März 2011, Nutzer können in mehreren Netzwerken zeitgleich angemeldet sein).

Da Schadenfreude ein gutes pädagogisches Mittel zur Wissensvermittlung ist, fol-gen ein paar Beispiele, was im Internet so alles schief gehen kann.

BeispieleDas KitKat-DesasterDie Firma Nestlé stellte auf Facebook eine KitKat-Fanpage ein. Jeder, der gern diesen Schoko-Keks-Riegel isst, konnte sich als Fan bekennen und seine KitKat-Finde-ich-gut-Gesinnung jedermann off enbaren. So weit, so gut. Aber irgend-wann wurde kolportiert, dass Palmöl Teil der Zutatenliste von KitKat ist. Um dieses Palmöl zu gewinnen, würden, so die Kritiker, Urwaldfl ächen in Borneo gerodet, sodass der Lebensraum von Orang-Utans vernichtet werde. Eine große

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Nein-Welle und Anti-Kampagne brach über KitKat herein. Die Pro-KitKat-Kom-munikation kam zum Erliegen. Es ging nur noch um Orang-Utans, Borneo, Wald-rodung usw. Es wurden Kill-Kat-Gruppen gebildet und Nestlé musste öff entlich Beschimpfungen über sich ergehen lassen. Hier wurde die größte potentielle Ge-fahr der Social Media mehr als deutlich: Das „Kommentar-Feld“, in der jeder-mann unerkannt, und sei es nur zum Spaß, vernichtende Kritik anbringen kann.

Die Guttenberg-BewegungDer ehemalige und sehr beliebte Verteidigungsminister musste seinen Doktortitel abgeben. Zwischen Plagiatsvorwurf und Kündigung des Ministeramts kam es zu einem bemerkenswerten Vorgang. Im Internet gruppierten sich, unter anderem bei Facebook, die Pro-Guttenberg- und die Anti-Guttenberg-Anhänger. Der „Mir gefällt“-Button zugunsten Guttenbergs erreichte enorme Zuwachsraten und man verabredete sich, diese Pro-Bewegung in die wirkliche Welt zu übertragen. Eine Demo für den Minister musste her. Die gab es dann auch, allerdings mit über-schaubarem Erfolg. Ein paar verlorene Anhänger hielten zum vereinbarten Ter-min am Brandenburger Tor tapfer ihre Schilder hoch. Allerdings mischten sich unter die Sympathisanten Guttenberg-Gegner, die die ganze Veranstaltung mit übertriebenem und sichtlich ironischem Unterton ebenfalls bejubelten und aus der ganzen Sache eine Spaßveranstaltung machten – und die Kamerateams einiger Nachrichtensendungen hielten drauf. Die Demo war in jeder Hinsicht ein Flop. Auch hier gelang der Sprung aus dem Internet in die anderen Medien, allerdings mit für die Initiatoren unerwünschtem Ergebnis.

Der Pril-Eff ekt Dem Spülmittel Pril sollte marketingseitig neues Leben eingehaucht werden. In den 1970er-Jahren gab es gefühlt kein deutsches Badezimmer, in dem nicht die legendären Pril-Blumen an den Kacheln klebten. Die neue Idee: Wir binden die Kunden ein und initiieren im Internet einen Ideen- und Design-Wettbewerb für ein neues Etikett. Jedermann konnte Vorschläge einreichen und die Internetnut-zer sollten über die Vorschläge abstimmen. Die meisten Stimmen auf sich verei-nen konnte: „Schmeckt lecker nach Hühnchen“, mit bratbraunem Hintergrund, auf dem mit wenigen Strichen wie von Kinderhand gezeichnet ein Hühnchen zu sehen war. Leider schaff te es dieser Vorschlag – bisher – nicht in die Supermarkt-regale.

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Drei Erkenntnisse

Daraus lernen wir drei Dinge:

1. Die Menschen nutzen die Anonymität des Internets aus, um ihre Kritik loszu-werden, unabhängig davon, ob sie gerechtfertigt ist oder nicht. Und diese Kri-tik wird nicht immer die Grenzen des guten Geschmacks wahren. Wenn sich viele der Schmähkritik anschließen, dann spricht man übrigens von einem „Shitstorm“, der sehr bildlich die Problematik auf den Punkt bringt.

2. Nicht alles was im Internet wie eine große Welle aussieht, fi ndet auch seinen Niederschlag im wirklichen Leben.

3. Witzige Sachen kommen immer gut an, auch wenn dies zu Lasten des Erfi n-ders geht.

Soviel Fairness muss sein: Im Nachhinein zu kritisieren fällt immer leicht. Und natürlich gibt es eine Reihe von gut gemachten und erfolgreichen Internetkampa-gnen, die zweifelsohne die gewünschte öff entliche Aufmerksamkeit auf sich zie-hen konnten. Maßgebend für den Erfolg ist allerdings, sich auch der Gefahren be-wusst zu sein.

Grundregeln

Inhalte aktualisieren: Es reicht nicht, sich bei Facebook und Konsorten einen Ac-count anzulegen und zu glauben, dass einem deshalb die Herzen zufl iegen. Um in-teressant zu werden und zu bleiben, müssen regelmäßig und in möglichst kurzer Folge Inhalte eingestellt und aktualisiert werden.

Aktive, off ene Nutzerkommunikation: Darüber hinaus sollten ankommende Kom-mentare und Fragen bearbeitet werden, es muss sich jemand insgesamt um die In-halte und deren Darstellung kümmern. Der Informationsaustausch ist für jeder-mann sichtbar, sodass gerade hier ein hohes Maß an Serviceorientierung nötig ist.

Wenn Sie kommunizieren, so machen Sie das mit off enem Visier: Geben Sie sich eindeutig als Unternehmensvertreter zu erkennen.

Kritische Kommentare: Auch wenn es weh tut: Gehen Sie jedem kritischen Kom-mentar nach und nehmen Sie ihn ernst. Dies gilt natürlich nicht für Kommentare, die off ensichtlich unsinnig und ausschließlich beleidigend sind.

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Kanäle verbinden: Verbinden Sie einigermaßen sinnvoll bestehende Strukturen. Weisen Sie z. B. in Twitter per Kurztext auf eine neue Pressemitteilung hin und verlinken Sie auf den Pressebereich der Unternehmenswebsite.

Gute Ideen: Wie überall anderswo auch: Gute Ideen sind gefragt, die zu diesem Medium passen. Inzwischen gibt es eine Reihe von Ansätzen, auf die man immer mal wieder trifft .

BeispieleOnline-Rabatt-Aktionen: Kauft man über den Online-Shop etwas, kann der Ver-käufer seine Kunden mit Online-Rabatt-Aktionen ködern, wieder einen Einkauf zu tätigen. Oder man bietet ihm in den E-Mails an, den Google +1 Button zu drü-cken oder Teil der Unternehmens-Facebook-Fan-Gemeinde zu werden. Die Fan-gemeinde wächst und kann mit gezielten Angeboten beackert werden.

Neue Produkte: Informationen zu einem neuen Produkt werden vor der Einfüh-rung zunächst via Internet, Mail oder Twitter an die bestehenden Kunden gege-ben. Je nach Relevanz, wird sich die Information schnell verbreiten und unter Umständen auch den Sprung in die anderen Medien (Presse, Funk und Fernse-hen) schaff en.

Ein theoretisches Beispiel, das keinen realen Hintergrund hat und das nur deutlich machen soll, dass sich Neuigkeiten sehr schnell und sehr breit streuen lassen: Stellen Sie sich vor, Ferrero würde sich dazu entschließen, eine Nutella-Version mit einer neuen Geschmacksrichtung auf den Markt zu bringen – „Nu-tella White Chocolate“ (beruhigen Sie sich, dass habe ich mir jetzt wirklich nur ausgedacht, das gibt es nicht). Und angenommen, diese Information würde Fer-rero zunächst bei Facebook platzieren. Man muss kein Prophet sein um vorher zu sehen, was passieren würde: Die Massen wären wie wild auf dieses neue Zeug – und natürlich hätten die üblichen Bedenkenträger wieder eine neue Plattform. Wie dem auch sei, eine immense Aufmerksamkeit wäre dem neuen Produkt sicher. Über das Internet würde sich „White Chocolate“ sehr schnell auch jenseits von Facebook verbreiten und den Sprung locker in die Artikel der Online-Zeitungen und deren gedruckten Versionen schaff en, bis hin zu Fernseh- und Radiomeldun-gen. Eben das komplette Programm, quer durch alle Mediengattungen. Übrigens: Ende Juni 2012 hatte der Facebook-Account von Nutella Deutschland annähernd 900 000 „Gefällt mir“-Bekundungen, der internationale Nutella-Account lag zu gleichen Zeitpunkt bei über 15,6 Millionen „Gefällt mir“-Bekundungen.

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Sondermodelle: Nike hat es vorgemacht. Über eine ausschließlich im Internet lau-fende Kampagne wurde der Verkauf eines Sneaker-Sondermodells informiert. Kaufen durfte nur, wer sich tagelang vor bestimmten Nike-Geschäft en dafür an-gestellt hat. Zahlreiche Nike-Fans und Turnschuh-Sammler haben dabei mitge-macht – und in den Zeitungen und dem Fernsehen wurde über diese exklusive Kampagne berichtet. Die geduldigen Kaufinteressen werden vor laufender Ka-mera befragt, warum man vor einem Geschäft ausharrt, um einen Schuh zu kau-fen und Nike wurde dafür gelobt, wie clever sie mal wieder einen Marketing-Coup durchgezogen haben, ohne dafür viel Geld in Anzeigenkampagnen zu stecken.

Studie: Erfolgsdefi nition bei Social Media

Auf der Internetseite www.pr-professional.de erschien am 21. 06. 2012 ein Beitrag über eine Studie (Social Media Trendmonitor) von newsaktuell und Faktenkon-tor, in der der Frage nachgegangen wurde, was den Erfolg von Social Media Akti-vitäten ausmacht. Die Verfasser geben an, knapp 3 000 Redakteure Pressesprecher und Mitarbeiter aus Agenturen befragt zu haben.

Zitat: „Die Anzahl der Kontakte in sozialen Netzwerken ist das wichtigste Erfolgskri-terium für Redaktionen und Unternehmen im Social Web. Je mehr Fans und Follower, desto besser die Kommunikationsarbeit. Gut die Hälfte der Pressesprecher (52 Prozent) und Journalisten (58 Prozent) teilt diese Meinung. Auf Platz Zwei liegt bei den Redak-tionen die Anzahl der Erwähnungen bei Twitter, Facebook und Co. (46 Prozent), wäh-rend Unternehmen neue Kontakte und Leads (41 Prozent) am zweithäufi gsten nennen. Die qualitative Bewertung beginnt erst ab Platz Vier. Demnach halten nur 39 Prozent der Unternehmenssprecher die Tonalität der Erwähnungen für ein wichtiges Kriterium. Ebenso sehen nur ein Drittel der Redakteure die Intensität der Dialoge als einen bedeu-tenden Faktor für ihren Erfolg an (33 Prozent). Mehr darüber zu erfahren, mit welchem Personenkreis man sich vernetzt hat, scheint für die meisten nur von sehr untergeord-neter Bedeutung zu sein. „Wichtige Infl uencer“ wurden von weniger als einem Viertel der Unternehmen (23 Prozent) und von nur rund jedem zehnten Journalisten (12 Pro-zent) als ein maßgebliches Kriterium genannt.

Insgesamt zeigen sich die Befragten unzufrieden mit dem wirtschaft lichen Erfolg ihrer Investitionen in Social Media. Nur gut jeder Zehnte ist der Meinung, dass sich die Ausgaben voll und ganz gelohnt haben (Pressestellen 13 Prozent, PR-Agenturen elf Pro-zent, Journalisten elf Prozent). Dass die Investitionen zumindest teilweise gerechtfer-tigt waren, sagen immerhin ein Viertel der Vertreter aus den Redaktionen (25 Prozent) und knapp ein Drittel derjenigen aus Unternehmen (30 Prozent).

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Trotz dieser eher negativen Beurteilung scheint aber der persönliche Erfolg der Be-fragten durch Social Media positiv befruchtet worden zu sein. Fast die Hälfte der Be-fragten sagt, dass die eigene Arbeit durch das Social Web erfolgreicher geworden ist (PR-Agenturen 49 Prozent, Journalisten 46 Prozent, Pressestellen 43 Prozent). Inter-essant ist, dass rund jeder Fünfte komplett auf soziale Netzwerke am Arbeitsplatz ver-zichtet (Journalisten 19 Prozent, Pressestellen 21 Prozent).“

Meines Erachtens zeigen die Ergebnisse der Befragung, wie neu das Th ema Social Media im Jahr 2012 noch immer ist und wie zum Teil im Nebel gestochert wird. Aber: Wir scheinen auf dem Weg zu sein und es spricht vieles dafür, dass wir in wenigen Jahren Social Media als selbstverständliche PR-Disziplin verstehen wer-den und insgesamt der Umgang mit dem Internet neu Formen annehmen wird.

Bewegte Bilder im Internet

Im Sommer 2008 wurde eine Studie der Universität Leipzig veröff entlicht, die sich mit bewegten Bildern im Internet beschäft igt2 Hierfür wurden PR-Mitarbeiter und Journalisten befragt.

Unternehmen wie etwa YouTube konnten nur zum Erfolg werden, weil sich schnelle Datenleitungen in privaten Haushalten durchgesetzt haben. Große Da-tenmengen, die bei Filmdateien benötigt werden, können heute Dank DSL sehr schnell auf heimische Rechner übertragen werden. Und: Bewegte Bilder sind im Internet sehr beliebt. Diesen Trend haben die Verlagshäuser erkannt: Auf den On-line-Auftritten von Zeitungen fi ndet man immer mehr Web-Videos, da man den Internetauftritt spannender und interessanter für die Besucher gestalten möchte. Laut der Bewegtbildstudie gehen neun von zehn der Befragten davon aus, dass Web-Videos künft ig an Bedeutung gewinnen werden. Dies eröff net PR-Verant-wortlichen vielfältige neue Chancen. Je mehr Web-Videos eingesetzt werden, desto mehr werden die Redaktionen auf Fremdmaterial zurückgreifen. Heute produzieren die Zeitungen noch zu einem großen Teil die Web-Videos selbst (65,8 Prozent), wobei Web-Videos vor allem als eigene Darstellungsform (60 Pro-zent) verwendet werden und nicht als Begleitmaterial zu einem bestehenden Text.

Gestern hatte man das Problem, dass man aufwendig produzierte Filme nur Fernsehsendern anbieten konnte. Hatten die Sender kein Interesse an dem Mate-rial, vergammelten die Kassetten in der Ablage. Morgen kann man Filme über das

2 Zerfaß, Ansgar / Mahnke, Martina / Rau, Harald / Boltze, Alexander (2008): Bewegtbildkom-munikation im Internet – Herausforderungen für Journalismus und PR. Ergebnisbericht der Bewegtbildstudie 2008. Leipzig: Universität Leipzig. Im Internet: www.bewegtbildstudie.de

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Internet wesentlich breiter streuen und auch den Journalisten problemloser anbie-ten. Hinzu kommt, dass die Zahl der potentiellen Abnehmer durch die fi lmorien-tierten Zeitungsseiten im Internet deutlich gestiegen ist. Neben den Angeboten an Pressetexten und Bildern scheinen künft ig internetgerechte Filme eines der kom-menden Chancen und Herausforderungen für Pressestellen zu sein.

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PR-Agentur – Unterstützung von außen

Unternehmen haben die Wahl: Fachleute für die Public Relations fest anstellen oder eine PR-Agentur beauftragen. Entscheidet man sich dafür, die Dienste einer Agentur in Anspruch zu nehmen, stellen sich verschiedene Fragen. Welche Agen-tur ist die richtige für mich ? Was ist bei der Arbeit mit der Agentur zu beachten ? Was kann die Agentur für mich leisten ?

Auswahl der Agentur

In Deutschland gibt es zahlreiche PR-Agenturen und der Markt ist für den unbe-fangenen Interessenten sehr unübersichtlich. Neben den Agenturen gibt es noch eine Vielzahl von freien PR-Beratern, die mehr oder weniger allein arbeiten. Die Qualität und die spezifi sche Eignung der Agenturen und Berater lassen sich für ei-nen Außenstehenden praktisch nicht oder oft nur schwer bestimmen. Für ein Un-ternehmen kann, je nach Branche und konkreter Aufgabenstellung, im einen Fall eine große Agentur geeignet sein und im nächsten Fall ein für sich allein arbeiten-der Berater. Also was tun ?

Quellen für Adressen

Um überhaupt einmal an Adressen von Beratungen zu kommen, gibt es verschie-dene Möglichkeiten. Eine recht einfache Möglichkeit bietet das Internet unter der Webadresse der Gesellschaft Deutscher Public Relations Agenturen (GPRA) un-ter www.pr-guide.de. Die wahrscheinlich größte Anzahl an Agenturen für den deutschsprachigen Raum fi ndet man unter www.prportal.de. Ansonsten können die Fachzeitschrift en „Horizont“ (www.horizont.net) und „Werben und Verkau-fen“ (www.wuv.de) weiterhelfen, die man etwa in gut sortierten Bahnhofskios-ken fi ndet.

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Referenzen

Die meisten Agenturen haben bereits auf ihren Webseiten eine Auswahl an Refe-renzkunden, für die sie bereits arbeiten oder gearbeitet haben. Falls nicht, dann einfach danach fragen. Allerdings sollte man zweimal hinsehen, da hier gern dick aufgetragen wird. Für große Unternehmen gearbeitet zu haben kann bedeuten, dass die komplette Kommunikation geleistet wurde oder auch nur ein Faltblatt und sonst nichts. Bei Bedarf sollte man sich Detailinformationen geben lassen über Art und Umfang der Schwerpunkte und Erfahrungen.

Lebenslauf

Natürlich wird eine Agentur beauftragt, aber wichtig sind nicht der Agenturname, sondern die jeweiligen Personen, die dahinter stehen und die den Auftrag konkret umsetzen. Bei der Auswahl der Agentur sollte man sich dann die Lebensläufe de-rer geben lassen, die direkt mit dem Auftrag betraut werden. Was nützt es denn, eine an sich renommierte Agentur zu beauftragen, wenn aber der konkrete Mit-arbeiter nicht die gewünschte Qualifi kation mitbringt. Dazu sollte man wissen, dass die Mitarbeiter in Agenturen verhältnismäßig häufi g wechseln und es in die-ser Branche nicht ungewöhnlich ist, die Agentur nach nur wenigen Jahren wieder zu verlassen. Dementsprechend kann unter Umständen auch die Qualität der Ar-beit schwanken, da sie immer von der Arbeit und dem Engagement der jeweiligen Mitarbeiter abhängt. Deshalb einen Kurzlebenslauf geben lassen, in dem der aka-demische Hintergrund und die bisher bearbeitenden Projekte, wenn auch nur in Stichpunkten, so dennoch möglichst detailliert, beschrieben werden.

Persönliche Chemie

Kommunikation ist immer auch Vertrauenssache und der „Nasenfaktor“ spielt eine nicht unerhebliche Rolle, d. h. wie kommt man persönlich mit dem Bera-ter zurecht, stimmt die Chemie zwischen Berater und Auftraggeber. Kommunika-tion fängt immer mit dem Eins-zu-eins-Dialog der direkt Beteiligten an. Läuft es im persönlichen Miteinander nicht einigermaßen rund, wird die gesamte Kom-munikation nach außen früher oder später darunter leiden. Schauen Sie sich den Berater also nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Professionalität an, sondern fragen Sie sich auch, ob Sie mit ihm „können“. Letztlich eine Bauchentscheidung.

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PR-Agentur – Unterstützung von außen 165

Wettbewerb der Agenturen – Pitch

Gehen wir mal davon aus, dass Sie sich auf dem Agenturmarkt umgesehen haben und eine Handvoll von Agenturen für Sie interessant sind und in die engere Aus-wahl kommen. Jetzt können Sie jede Agentur einzeln ansprechen und versuchen, im direkten Kontakt für sich zu klären, welche Agentur die richtige ist. Eine übli-che Methode um herauszufi nden, wer es denn nun sein soll, ist die Durchführung eines so genannten Pitch. Die Agenturen werden zu einer Art Wettbewerb ein-geladen, in der sie sich und ihre Arbeit vorstellen können. Der Auftraggeber gibt hierzu eine konkrete Aufgabenstellung vor, die sehr nahe an den späteren Zielen des eigentlichen Auftrags sein sollte.

Die Wettbewerbsunterlagen zu dem Pitch sollten bestimmte Rahmenpunkte beinhalten:

■ Beschreibung des Unternehmens ■ Größenordnung des zur Verfügung stehenden Budgets ■ Ziele der Kommunikation ■ Angedachte Maßnahmen

Je nach Umfang des Auftrags ist die Vorbereitung eines Pitch mit einem gewis-sen Aufwand verbunden, deshalb sollte den eingeladenen Agenturen eine entspre-chende Aufwandsentschädigung angeboten werden, um wenigstens einen Teil der dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen. Wichtig ist, dass in den Pitchunterla-gen deutlich wird, dass dieser Betrag sämtliche Kosten für die Teilnahme abdeckt und keine weiteren Kosten getragen werden.

Der Pitch selbst sieht dann so aus, dass man sich die Konzepte der Agenturen einzeln präsentieren lässt. Aufgrund der für jede Agentur gleichen Aufgabenstel-lung sind die Lösungen vergleichbar und auf diesem Wege kann man herausfi n-den, wer denn nun zu einem passt.

Projektmanagement – Umgang mit PR-Agenturen

Sie haben eine PR-Agentur gefunden ? Herzlichen Glückwunsch ! Sie glauben, dass Sie jetzt die Arbeit los sind und sich nicht mehr um die Public Relations kümmern müssen ? Schöner Gedanke, aber leider falsch. Auch wenn Sie eine Agentur haben, so bleibt eine Menge Arbeit an Ihnen hängen. Agenturen können Ihnen die Arbeit nur bis zu einem bestimmten Punkt abnehmen und einiges für Sie vereinfachen, aber das war es dann auch schon.

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Denken Sie daran, dass Agenturen nicht nur einen Kunden haben, sondern mehrere. Wenn Sie Wert darauf legen, dass die Agentur nicht auch noch gleich-zeitig einen Ihrer Konkurrenten betreut, dann sollten Sie eine entsprechende Aus-schlussvereinbarung in den Agenturvertrag mit aufnehmen. Je genauer die Aus-schlüsse sind, desto eher wird die Agentur auch darauf eingehen. Am Besten, Sie benennen die Konkurrenzfi rmen namentlich, dann gibt es keinerlei Missver-ständnisse.

Bevor wir uns mit dem eigentlichen Arbeitsverhältnis befassen, noch kurz et-was zu der Kostenstruktur von Agenturleistungen. Im Wesentlichen gibt es zwei Varianten, wie man eine Agentur bezahlen kann:

■ Großer fi xer BetragSie gewähren der Agentur eine feste monatliche Summe und vereinbaren, dass damit sämtliche Dienstleistungen abgegolten sind. Also alle PR-Konzepte, Pressemitteilungen, Artikel, Broschüren, Interviewvermittlungen, Reisekosten usw. werden durch die monatliche Überweisung abgedeckt. Es kommen keine Extrakosten auf den Kunden zu. Vorteil dieser Variante: Einfache Kosten-struktur, bei der man sich keine Gedanken über einzelne Maßnahmen ma-chen muss.

■ Kleiner fi xer Betrag und Abrechnung einzelner LeistungenSie gewähren der Agentur einen verhältnismäßig kleinen monatlichen Betrag mit dem beispielsweise laufende Agenturkosten abgedeckt werden, die auf-grund des Auftrags entstehen und bezahlen alle weitere Maßnahmen nach Anfall. Eine Pressemitteilung wird nur dann abgerechnet, wenn die Agentur auch eine geschrieben hat. Vorteil dieser Variante: Klare Kostentransparenz und in der Praxis nicht kompliziert in der Umsetzung. Man sollte sich natür-lich im Vorfeld darüber geeinigt haben, mit welchen Beträgen welche Maß-nahme zu Buche schlägt. Am einfachsten lässt man sich von der Agentur eine Preisliste für die Maßnahmen geben, sofern sich dies nicht bereits aus dem ge-stellten PR-Konzept ergibt.

Die Ausgestaltung der Honorarvereinbarungen ist Geschmacksache und die bei-den vorgestellten Varianten markieren jeweils die generellen Möglichkeiten. Ich würde als Kunde immer die zweite Variante bevorzugen, weil man da nicht ein-fach immer nur zahlt und eigentlich gar nicht genau weiß wofür. Bei Variante zwei hat man eine gute Kostenkontrolle und sieht immer, welche Maßnahmen abgewi-ckelt werden.

Vor einiger Zeit wurde eine weitere Variante in PR-Kreisen heiß diskutiert und es gab wohl auch ein paar Agenturen, die dieses neue Modell angewandt haben. Die Devise lautete: Bezahlung bei Erfolg. Der Kunde muss nur zahlen, wenn z. B.

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der von der Agentur verfasste Pressetext auch tatsächlich abgedruckt wird. Auf den ersten Blick klingt das eigentlich gar nicht so schlecht, nicht zuletzt, weil es einem Erfolgsgedanken gerecht wird. Aus meiner Sicht geht dieses erfolgsabhän-gige Modell an der Realität vorbei. Eine Agentur kann und muss immer das ma-chen, was der Auftraggeber wünscht und vorgibt. Agenturen haben nie freie Hand in dem was und wie sie etwas tun. Das kann auch nicht anders sein, denn was im-mer passiert, in der öff entlichen Wahrnehmung fällt es auf das Unternehmen zu-rück. Die Qualität der Agenturleistung ist stets abhängig von dem Unternehmen. Würde ein Unternehmen einer Agentur völlig freie Hand lassen, sähe das anders aus, doch das kommt in der Praxis nicht vor, weshalb dieses erfolgsabhängige Mo-dell abzulehnen ist. Darüber hinaus lassen sich damit im Grunde genommen nur Textarbeiten erfassen, ebenso wichtige Agenturleistungen aus dem Feld der Bera-tung können damit nicht abgebildet werden.

Projektkoordination

Wenn Sie eine Agentur einschalten, dann sollte zunächst ein Mitarbeiter als An-sprechpartner für die Agentur ausgesucht werden. Je höher dieser Unternehmens-vertreter in der hauseigenen Hierarchie steht desto besser. Zeitraubende Rückfra-gen werden so vermieden und die einzelnen Maßnahmen kommen schneller und eff ektiver in Gang. Die Agentur wird auf ihrer Seite einen Ansprechpartner be-reitstellen, so dass die Kommunikation zwischen Agentur und Kunden bei die-sen beiden Personen gebündelt wird. Dies vereinfacht Informations- und Abstim-mungsprozesse, sorgt auf beiden Seiten für eine deutliche Linie und vermeidet Unklarheiten.

Briefi ng

Zu Beginn einer Agenturbeziehung steht immer ein PR-Konzept, das die Agen-tur nach eingehenden Briefi ngs mit dem Kunden erstellt (PR-Konzept – siehe S. 30 – 34). Dort werden die einzelnen geplanten Maßnahmen auf einem Zeit-strahl festgehalten. Die Wünsche des Kunden, wie einzelne Maßnahmen im Konkreten ausgeführt werden sollen, benötigen gerade zu Anfang einen hohen Meinungsaustausch zwischen den Beteiligten. Auftraggeber tun sich zuweilen et-was schwer, ihre Wünsche verständlich zu formulieren. Gerade zu Beginn einer Kunden-Agentur-Beziehung dauert es eine Weile, bis sich eine gemeinsame Spra-che entwickelt, mit der sich der Kunde der Agentur gegenüber klar auszudrücken vermag. Hier ist auch Fingerspitzengefühl seitens der Agentur gefragt. Der Kunde

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steckt mitten in seiner Welt voll mit Fachinformationen, die für ihn selbstver-ständlich sind und verfügt über ein Wissensgefl echt, in dem sich eine von außen kommende Agentur erst zurecht fi nden muss. Das kann gerade zu Anfang etwas dauern und zu Frustrationen auf beiden Seiten führen, durchhalten lohnt aber. Die Agentur muss so viel wie möglich mit Informationen gefüttert, neudeutsch „gebrieft “, werden. Angefangen von allgemeinen Zielen in der Kommunikation bis hin zu möglichst vielen Detailinformationen zu den einzelnen Teilprojekten.

Die Agentur ihrerseits wird ihre eigene Sachkompetenz in der Branche und dem jeweiligen Produktumfeld aufbauen und versuchen, den Kunden mit der Kenntnis darüber zu beeindrucken, das nennt man dann Kundenpfl ege.

Vertrauen und Grenzen

PR-Agenturen können keine Wunder vollbringen. Sie sind in erster Linie Bera-ter, die dem Kunden die Möglichkeiten und Grenzen von Kommunikation und wie man geplante Maßnahmen professionell umsetzt, zeigen können. Der Kunde sollte der Agentur ein gesundes Grundvertrauen entgegenbringen und generell davon ausgehen, dass die Vorschläge der Agentur, vor allem in Fragen der Rea-lisierung von einzelnen Maßnahmen, wichtig und richtig sind. Das heißt nicht, dass man blind auf alles, was von der Agentur kommt vertrauen sollte, aber es kann nicht schaden, wenn man den Anregungen mit einer wohlwollenden und positiven Grundhaltung entgegentritt. Oft genug werden Agenturen in der Pra-xis von ihren Kunden dazu gedrängt, Dinge zu tun, die entweder in der konkre-ten Ausführung oder bereits im Ansatz sinnlos sind. Bestes Beispiel sind etwa Pressemitteilungen, die viel zu lang oder sprachlich unzulänglich sind. Im Zwei-fel wird eine Agentur auch schlechte Pressemitteilungen für den Kunden heraus-geben, einfach nur um den Kunden zufrieden zu stellen, selbst wenn die Qualität der Arbeit darunter leidet. Der Kunde zahlt, also hat er Recht.

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Internationale Public Relations

Unternehmen verkaufen ihre Produkte nicht nur im eigenen Land, sondern auch auf anderen Märkten. Stellen wir uns mal vor, dass ein deutsches Unternehmen ei-nen ausländischen Markt erobern und seine Bekanntheit dort steigern will. Public Relations im Ausland ist gefragt.

Experten vor Ort

Glauben Sie, dass ein Amerikaner, Franzose oder Inder die deutsche Medienland-schaft detailliert kennt und fundierte Kenntnisse über die Gepfl ogenheiten im Umgang mit deutschen Journalisten hat ? Trauen Sie einem durchschnittlich be-gabten Ausländer zu, fein dosierte und sprachlich absolut einwandfreie journalis-tische Texte zu verfassen, die in jeder Hinsicht professionellen Ansprüchen genü-gen ? Das schafft ja noch nicht einmal jeder Deutsche, Fremdsprachler haben es da umso schwerer. Umgekehrt gilt es aber genauso. Ein deutscher PR-Schaff en-der wird nie so sauber bis in jede Nuance in einer fremden Sprache professionelle Texte verfassen können, wie sein ausländischer muttersprachlicher Kollege. Na-türlich gibt es immer Ausnahmen, aber es sind eben Ausnahmen.

Darüber hinaus existieren kulturelle Unterschiede von Land zu Land, die sich natürlich auch im Verhältnis von PR-Leuten und Journalisten zeigen. Es gibt Län-der, in denen es ganz normal ist, dass Journalisten praktisch ohne Unterlass be-drängt werden, in einer gewissen Richtung zu schreiben. Das Verhältnis von PR-Leuten und Journalisten in den USA unterscheidet sich beispielsweise deutlich von denen in Deutschland. Demzufolge sind, um die gleichen Ziele zu erreichen, immer jeweils angepasste Strategien anzuwenden und auf die jeweiligen kultu-rellen Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Vielfach sind es nur Details, jedoch sind sie von entscheidender Bedeutung. Sehr deutlich werden die Unterschiede im asiatischen Raum. Es ist hinlänglich bekannt, dass im persönlichen Umgang von Geschäft spartnern miteinander gewisse Dinge berücksichtigt werden sollten, nichts anderes gilt für den Umgang mit asiatischen Journalisten. Darüber hinaus gibt es in einigen asiatischen Ländern keine Tradition und kein Überangebot an

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170 Spezielle Bereiche der PR

PR-Maßnamen und Texten wie hierzulande, so dass es dort relativ unproblema-tisch ist, beispielsweise in die Fachpresse zu gelangen.

PR-Maßnahmen müssen sich auch immer thematisch den jeweiligen regio-nalen Situationen anpassen. Was in dem einen Land gerade unheimlich „in“ ist, kann im nächsten schon wieder ein alter Hut sein. Dies gilt es zu berücksichtigen und man muss entsprechend darauf reagieren. Die Bedeutung von Th emen von außen zu beurteilen ist nicht leicht. Fachleute vor Ort können dies im Zweifel im-mer besser einschätzen.

Die Unterschiede in der Kommunikation lassen sich auch in der Werbung er-kennen. Nimmt man das gleiche Produkt und vergleicht die Werbespots in Ja-pan, USA und Deutschland, so wird man möglicherweise immer der Sache nach stets ähnliche, in der gesamten Machart und Anmutung jedoch unterschiedliche Werbung zu sehen bekommen. Die Werbung berücksichtigt die regionalen Un-terschiede und passt sich immer an. Nichts anderes gilt für die Public Relations.

Entschließt sich ein Unternehmen, in ausländischen Märkten seine Bekannt-heit zu steigern, so genügt es deshalb nicht, das deutsche Konzept eins zu eins auf ein anderes Land zu übertragen. Auf der anderen Seite ist der von Unternehmens-seite gern gestellte Wunsch nach einer länderübergreifenden Einheitlichkeit in der Kommunikation nachvollziehbar und durchaus berechtigt. Der nötige Kompro-miss liegt in der Konzentration auf die wesentlichen Aussagen. Die Kernbotschaf-ten können gern überall einheitlich sein, sollten jedoch genug Raum lassen, um die Art und Weise der Meinungsbildung und die kulturellen Gepfl ogenheiten der jeweiligen Region zu berücksichtigen.

Es gilt der Grundsatz, dass man immer Fachleute vor Ort beschäft igen sollte, denn die können den jeweiligen Markt und seine Eigenheiten besser beurteilen und schneller auf Veränderungen reagieren. Dies alles aus der Distanz vom fernen Deutschland aus zu machen, fällt sehr schwer und führt nur dazu, dass die Quali-tät der Arbeit darunter leidet.

Kleine oder große Agentur

Ob eher eine große oder doch eine kleine Agentur die richtige ist, lässt sich ge-nerell und pauschal nicht sagen. Große Agenturen schreiben sich auf die Fahnen, dass sie mit einem internationalen Netzwerk dienen können und dadurch in der Lage sind, ihren Kunden eine Rundumbetreuung über die Grenze hinweg anzu-bieten. Zum einen stellt sich die Frage, ob man das überhaupt möchte und zum anderen, ob man sich auch im Ausland gerade auf diese eine Agentur verlassen will. Falls ja, dann ist dies für den Auftraggeber eine organisatorische Entlastung,

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Internationale Public Relations 171

da er immer nur einen Ansprechpartner hat und nicht verschiedene Dienstleis-ter steuern muss.

Kleine Agenturen, die ausschließlich in Deutschland einen Sitz haben und nicht über eigene Auslandsniederlassungen verfügen, behelfen sich, indem sie sich geeignete Partner im Ausland suchen. Da es zu allem und jedem Spezialis-ten gibt, wird sich die deutsche Agentur eine auf das jeweilige Gebiet spezialisierte Partneragentur suchen. Ein Berater kann einen anderen Berater recht schnell und relativ gut einschätzen und erkennen, ob er geeignet ist oder nicht. Wird eine wei-tere Agentur ins Boot geholt, dann tritt üblicherweise das „Lead-Prinzip“ in Kraft (Lead vom engl. Führen), d. h. die deutsche Agentur ist erster und normalerweise alleiniger Ansprechpartner für den Kunden und die ausländische Agentur wird von der deutschen Lead-Agentur gesteuert. Die Abrechnung der jeweiligen Leis-tungen erfolgt durch die deutsche Lead-Agentur, so dass immer nur eine Rech-nung für alle Dienstleistungen gestellt wird. Auf diesem Weg sind auch kleine Agenturen in der Lage, ihren Kunden Beratungsleistungen im Ausland zur Ver-fügung zu stellen.

Es ist zwar nicht unbedingt üblich, dass man als Auftraggeber der deutschen Agentur bei der Auswahl der ausländischen Agentur beteiligt ist, ich kann es aber nur anraten. Schließlich werden dem Unternehmen die Leistungen der ausländi-schen Agentur auch in Rechnung gestellt.

Sollte man die Dienstleistung einer großen, international aufgestellten Agen-tur in Anspruch nehmen und für die ausländische PR deren Niederlassung in ei-nem anderen Land beauftragen wollen, so ist es ratsam, auch dort genau hinzuse-hen. Unter Umständen kann es sein, dass die deutsche Niederlassung der Agentur auf einem Gebiet bzw. in einer Branche sehr gut ist, die ausländische Schwester je-doch nicht. Am Besten betrachten Sie die ausländische Niederlassung grundsätz-lich als eine eigenständige Agentur, die eher zufällig eine Namengleichheit mit der deutschen Agentur verbindet. Schaut man sich die Vergabe der internationa-len PR-Etats an, stellt man fest, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass Unternehmen ihre PR-Aufträge von Land zu Land an verschiedene Agenturen vergeben und sich nicht weltweit nur von einer Agentur beraten lassen.

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172 Spezielle Bereiche der PR

Ausländische Niederlassung

Schema: Große internationale Agentur

Kunde

Deutsche Agenturniederlassung

Ausländische Niederlassung

Schema: Lead-Agentur

Kunde (Kleine) Lead-Agentur

Ausländische Partneragentur

Ausländische Partneragentur

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Krisenkommunikation

Eines vorneweg: Detaillierte und stets verlässliche Regeln, wie mit Krisen um-gegangen werden sollte, können im Grunde genommen nicht aufgestellt werden. Warum ? Weil es unendlich viele Möglichkeiten und Arten von Krisen gibt. Krisen sind immer Ausnahmensituationen. Das heißt aber nicht, dass man die Hände in den Schoß legen darf und sich keine Gedanken generell zu Krisenbewältigungen machen muss. Zumindest auf unternehmenstypische Krisen kann man sich wapp-nen. Es sollten deshalb unbedingt Mechanismen geschaff en werden, die im Fall der Krisenbewältigung greifen.

Darüber hinaus sollte man sich im Klaren sein, dass bei Krisen neben der rein objektiven Faktenlage, häufi g auch emotionale Komponenten eine Rolle spielen. Selbst wenn im Krisenfall die objektiven Fakten für ein Unternehmen sprechen, so kann dennoch auf emotionaler Ebene viel falsch gemacht werden und ein nen-nenswerter Imageschaden verursacht werden.

Beispiele ■ Ein Unternehmen hält sich strikt an die gesetzlichen Vorgaben und lässt recht-

mäßig gefi lterte Abfälle in den Fluss ab. Aber: Die Fische sterben trotzdem. Faktisch macht das Unternehmen zwar alles richtig, ein Imageschaden tritt dennoch ein.

■ Ein Unternehmen meldet Rekordgewinne und kurz darauf, dass ein Teil der Belegschaft entlassen wird. Betriebswirtschaft lich mag der Stellenabbau viel-leicht Sinn machen, vom emotionalen Standpunkt aus sicher nicht.

Krise ?

Was ist eigentlich eine Krise ? In der Außendarstellung hat es, aus der reinen PR-Sicht, immer etwas mit schlechter Berichterstattung zu tun. Die Medien berichten, warum auch immer, negativ über das Unternehmen und diese Berichterstattung birgt hohes Potential, einen konkreten Schaden zu verursachen. Letztlich geht es immer um das liebe Geld. Hat ein Unternehmen krisenbedingt ein schlechtes

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174 Spezielle Bereiche der PR

Image, droht ein Einbruch im Umsatzverlauf, sowohl kurz-, mittel- oder langfris-tig. Die Ursachen für die negative Berichterstattung können, wie bereits erwähnt, zahlreich und sehr unterschiedlich sein.

Eine nicht abschließende Aufzählung von „klassischen“ Szenarien:

Produktionsorientierte Krisen ■ Chemieunfall, durch den ein ganzer Ortsteil vergift et wird. ■ Produktionsabfälle geraten in einen Fluss, als Folge verenden alle Lebewesen

darin. ■ Produkte des Unternehmens haben Fehler, die entweder erhebliche Folgen für

die Benutzer haben können (kennt man z. B. von Autos, Stichwort: Rückruf-aktion) oder die Produkte sind irgendwie mies (kennt man z. B. aus der IT-Welt, Stichwort: Sicherheitslücken im Browser).

GerüchtekücheEs kursieren Gerüchte, dass ■ das Unternehmen pleite ist, ■ das Unternehmen verkauft wird, ■ Unternehmensbereiche geschlossen werden sollen, ■ Mitarbeiter entlassen werden sollen, ■ der Umsatz in den Keller geht bzw. gehen wird, ■ sich die Geschäft sführung einer Straftat schuldig gemacht hat, ■ die Geschäft sleitung ausgetauscht wird.

Betriebswirtschaftliche Gründe ■ Patentprobleme ■ Abschluss eines wichtigen Geschäft s steht in Frage oder kommt defi nitiv nicht

zu Stande ■ die Analysten von Rating-Unternehmen und / oder Fondsgesellschaft en bewer-

ten (warum auch immer) das Unternehmen ungünstig, dies wird in der Wirt-schaft spresse bekannt gegeben.

Kundenbeschwerden ■ Ein Kunde ist unzufrieden und droht mit der Presse. Diese Drohungen soll-

ten zwar unbedingt immer Ernst genommen werden, meine Erfahrung ist al-lerdings, dass dann häufi g doch nichts passiert. Viel wichtiger ist in diesem Zusammenhang, dass mit dem Kunden, im Rahmen der Möglichkeiten, Lö-sungen gesucht werden. Das Stichwort lautet hier „Beschwerdemanagement“.

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Krisenkommunikation 175

Vier-Phasenmodell

In der PR gibt es ein Vier-Phasenmodell, mit dem die verschiedenen Stationen der Krisen beschrieben werden:

Grüne PhaseAlles im grünen Bereich, keine Krise in Sicht, der Normalbetrieb.

Gelbe PhaseEs braut sich was zusammen. Die Feststellung, dass sich etwas zusammenbraut setzt voraus, dass das Umfeld beobachtet wird. PR-Menschen sollten ihre Fühler ohnehin stets ausgestreckt haben, also permanent die Medien beobachten, in das eigene Unternehmen hinein horchen, die Konkurrenz im Auge haben und insge-samt Stimmungen und Entwicklungen wahrnehmen.

Rote Phase Jetzt knallt es. Der Sturm bricht los und es zeigt sich, wie gut die Vorbereitungen tatsächlich waren und wie stark die Nerven sind.

Blaue PhaseDie Krise ist vorbei, die Scherben müssen beseitigt, Vertrauen wieder geschaf-fen und der normale Kontakt zu den Journalisten und Kunden hergestellt werden.

Krisenvorbereitungen

So überraschend Krisen für gewöhnlich kommen, so abgeklärt wie möglich sollte man sich darauf vorbereiten. Am Besten ist es, wenn man sich halbwegs realisti-sche Szenarien überlegt, die eintreten können und daraus ein generelles Hand-lungsmuster ableitet. Dieses Handlungsmuster sollte folgende Punkte beinhalten:

Krisenrelevante Fragen und AntwortenJedes Unternehmen weiß in der Regel, an welchen Stellen ihres Geschäft sbetrie-bes Krisengefahren lauern. Rund um diese Gefahren sollte man im Vorhinein die wichtigsten Fragen und Antworten durchformulieren und, wenn der Krisenfall eintritt, bereithalten. Dadurch kann man schnell reagieren, den ersten Ansturm der kritischen Fragen direkt auffangen und sich etwas Raum für die weitere Kri-senbewältigung schaff en.

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SprachregelungenHinter Krisen verbergen sich häufi g komplexe Sachverhalte, die eigentlich die Kenntnis von einer Fülle von Hintergrundinformationen voraussetzen. Die Me-dien können, oft mals schon allein aus Platzgründen, die Sachverhalte nicht in al-ler Ausführlichkeit darlegen, sondern Informationen werden in wenigen Kern-aussagen zusammengefasst. Es sollten deshalb für die wirklich relevanten Punkte Sprachregelungen gefunden werden, die kurz und in ihrer Aussagekraft unmiss-verständlich sind. Die Anfragen von Journalisten verschiedener Medien werden sich in aller Regel wiederholen, so dass dann zum einen immer wieder das Glei-che gesagt werden kann, man sich also nicht immer wieder neue Antworten aus-denken muss und sich dadurch möglicherweise verplappert und zum anderen die Berichterstattung einen gewisse Homogenität erlangt, die für die Bewältigung der Krise förderlich ist.

Innere InformationskettenTritt ein Fehler mit medienrelevantem Potential auf, sind so schnell wie möglich die Presseverantwortlichen zu informieren. Legen Sie Informationsketten fest, wer wen wann unternehmensintern über den Krisenfall informiert und sorgen Sie da-für, dass auch bei möglichen Unterbrechungen der Kette dennoch die entspre-chenden Personen rechtzeitig erreicht werden. Je mehr Zeit man hat, um sich auf eine Krise vorzubereiten, desto besser. Außerdem ist es sehr unschön, wenn ein Journalist mehr weiß, als die zuständigen Ansprechpartner im Unternehmen.

Äußere InformationskettenNeben der inneren Informationskette sollte man sich auch Gedanken über weitere Informationsketten machen. Wann sollte etwa die Belegschaft des Unternehmens über die Krise informiert werden ? Erfahren die Arbeitnehmer alles erst aus der Zeitung, sorgt das für Unmut. Sind von der Krise unternehmensfremde Personen, wie etwa Kunden betroff en, so sollten auch diese nicht alles erst aus den Medien erfahren. Die zeitnahe Informationsweiterleitung an Mitarbeiter und Kunden dient insgesamt der Vertrauensbildung und der Beruhigung der Gemüter – und das ist im Krisenfall nicht zu unterschätzen.

SprecherEs muss herausgefunden bzw. bestimmt werden, wer mit den Medien zu einer konkreten Krise spricht. Es gilt den richtigen Sprecher zu fi nden. Das kann der Pressesprecher sein, was grundsätzlich sinnvoll ist, denn schließlich heißt er ja auch so, es kann aber auch ein Mitglied der Geschäft sleitung sein. Krisen sind oft Chefsache. Es gibt Fälle, da ist es besser, den Pressesprecher vorzuschicken, vor al-lem dann, wenn man das Gesicht des Chefs in den Medien nicht „verbrennen“ will.

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Krisensprecher sollten maximal zwei Personen sein, besser nur eine. Je mehr Menschen zu einem Th ema etwas sagen dürfen, desto mehr Unterschiedliches oder Widersprüchliches kommt dabei heraus. Es genügt aber bereits, wenn die Informationstiefe voneinander abweicht, also einer mehr sagt als der andere. All dies wirkt sich negativ auf die Bewältigung der Krise aus und sollte deshalb ver-mieden werden. Kanalisieren Sie den Informationsfl uss aus dem Unternehmen.

TestlaufLiegen die Krisenbewältigungsstrategien fest, kann es nicht schaden, einen kon-trollierten Testlauf zu machen. Denken Sie sich einen realistischen Krisenfall aus und bringen Sie den Ball ins Rollen. Krisenträchtige Informationen fi nden über unterschiedliche Wege in und durch ein Unternehmen. Der einfachste Fall ist der Anruf eines Journalisten in der Presseabteilung. Schwieriger wird es, wenn die Krise an anderer Stelle zum ersten Mal auftaucht. Je größer und dadurch zwangs-läufi g anonymer ein Unternehmen ist, desto komplexer und langsamer sind die internen Informationsprozesse. Stoppen Sie beispielsweise die Zeit und verfolgen Sie den Informationsfl uss. Dadurch erhalten Sie wertvolle Daten zu den Kommu-nikationsabläufen innerhalb des Unternehmens.

Informationssuche in Krisenzeiten

Um in einer Krise richtig zu handeln, sollte man sich bewusst machen, wie Jour-nalisten arbeiten. Eine Binsenweisheit: Journalisten brauchen eine interessante Geschichte. Und je größer eine Krise ist und je mehr Aufmerksamkeit in der brei-ten Bevölkerung mit Details dieser Krise erzielt werden kann, desto mehr wer-den Journalisten nach Fakten suchen, um ihrer Geschichte Würze zu geben. Bei der Suche nach Fakten werden sich Journalisten gerade in Krisenzeiten jeder nur denkbaren Quelle bedienen, sei es die Konkurrenz, Experten jedweder Art aus dem Branchenumfeld, Recherche in der vergangenen Berichterstattung und nicht zu vergessen – Quellen aus dem Unternehmen selbst. Einem halbwegs talentier-ten Journalisten wird es immer gelingen, einen Mitarbeiter aus dem krisengebeu-telten Unternehmen zu fi nden, der ihm, unter Zusicherung der Anonymität, be-reitwillig Auskunft erteilt. Gerade während Krisen sollte man sich nicht auf die Loyalität seiner Belegschaft verlassen, da es unter den Mitarbeitern immer welche geben wird, die unzufrieden sind und die Gelegenheit nutzen, um der Chefetage eins auszuwischen. So sieht nun mal die Wirklichkeit aus. Gehen Sie also davon aus, dass über kurz oder lang unliebsame Wahrheiten ans Licht kommen werden.

Zurück zu den journalistischen Binsenweisheiten: Journalisten sind von Be-rufswegen misstrauisch und Journalisten stehen immer irgendwie unter Zeit-

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druck. Okay, was heißt das für die Krisenarbeit ? Die Antwort auf den Punkt ge-bracht lautet: Sei so schnell, off en und umfassend wie nur möglich und nötig. Allerdings kann man unterschiedlich taktieren.

Krisentaktiken

Agieren statt reagierenKrisen werden dann am überzeugendsten bewältigt, wenn man Herr über den In-formationsfl uss ist und aktiv das Geschehen beherrscht, anstatt nur zu reagieren. Hat das Unternehmen tatsächlich einen Fehler gemacht, dann kann man das auch zugeben. Das wird in der Öff entlichkeit sehr viel eher akzeptiert als off enkun-dige Verschleierungs- und Verzögerungstaktiken. Fehler passieren eben. Ein Un-ternehmen kann mit Off enheit in der Krise am Ende sogar noch einen positiven Imagegewinn daraus ziehen: „Seht her, wir sind zwar nicht perfekt, aber wir sind auf jeden Fall off en und ehrlich, stellen uns der Kritik und scheuen nicht das Licht der Öff entlichkeit. Bei uns wisst Ihr, woran Ihr seid.“ Sollte man zum Zeitpunkt der Presseanfragen nicht wissen, wie der Krisenfall zustande kam oder welches Ausmaß er hat, dann darf man es auch ruhig zugeben, wenn man keine Ahnung hat. Manche Ereignisse kommen eben überraschend und Journalisten erwarten nicht, dass man ihnen immer aus dem Stand fertige Antworten liefert. Bitten Sie darum, dass man Ihnen etwas Zeit einräumt, geben Sie einen nahe liegenden Zeit-punkt an, und wenn es nur eine halbe Stunde ist, bis Sie sich bei dem Journalis-ten melden werden und die Antworten geben – und halten Sie sich auch daran. Trotz schuldhaft er Krisenverursachung unterstreicht das die Seriosität des Unter-nehmens und kann Sympathiepunkte bringen. Es reicht allerdings nicht, nur of-fen zu sein, ausschlaggebend ist, wann man von sich aus die Fakten auf den Tisch legt. Je früher man damit anfängt, desto besser. Die Devise lautet: Agieren statt re-agieren. Die off ene Taktik verliert ihre Wirkung, wenn der Eindruck entsteht, dass man immer nur sagt bzw. bestätigt, was bereits bekannt ist. Der Zeitfaktor spielt in der Krisenkommunikation eine entscheidende Rolle. Entsteht der Eindruck, dass seitens des Unternehmens die Fakten nur Häppchenweise und zögerlich heraus-gegeben werden, ich spreche hier von der guten alten Salamitaktik, hat man un-ter Umständen ein Glaubwürdigkeitsproblem. Die Wahrscheinlichkeit, dass pein-liche Details ans Licht kommen und weitläufi g ausgeschlachtet werden ist dann sehr hoch. So schmerzhaft es auch sein mag, aber es ist immer besser, unbequeme Wahrheiten selbst auszusprechen, bevor es ein anderer tut.

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Krisenkommunikation 179

Kein KommentarMan stellt sich tot und sagt gar nichts. Kann funktionieren, muss aber nicht. Im Idealfall verliert sich das Interesse der Medien und das war’s. Allerdings kann es andererseits dazu führen, dass die Journalisten erst richtig Blut lecken, weil sie eine große Story hinter dem Schweigen vermuten. Die Probleme können dann schnell unkontrollierbar werden und unabsehbare Ausmaße annehmen. Füh-rungskräft e in Unternehmen neigen zuweilen dazu, sich auf den Standpunkt zu stellen: „Mich kann keiner dazu zwingen, mit der Presse zu reden.“ Das stimmt, aber wenn bekannt ist, dass die Presse ohnehin und auf jeden Fall berichten wird, ist dringend dazu zu raten, auf den Meinungsbildungsprozess Einfl uss zu nehmen, ansonsten wird man schnell Spielball der Medien und verschlimmert unter Um-ständen die ganze Sache.

Die Langeweile-TaktikInteressenverlust durch Informationsüberfl uss: Diese Taktik ist sehr gefährlich und mit Umsicht einzusetzen, denn sie kann „leicht nach hinten losgehen“. Und so wird es gemacht: Entscheidende Fragen von Journalisten werden umfassend beantwortet – jedoch ausführlicher als ihm lieb ist. Bsp.: Schicken Sie ihm sei-tenweise Material zu. Wenn Journalisten zu zeitraubender Recherche gezwungen werden, kann es passieren, dass sie das Interesse an dem Th ema verlieren, vor al-lem wenn sie nicht einschätzen können, ob sich tatsächlich eine echte Krise hinter ihren Erstinformationen verbirgt. Man füttert sie also mit reichlich allgemeinem Fachchinesisch, in der die eigentlich relevanten Kriseninformationen verschüttet bzw. die gestellte Frage nicht direkt beantwortet wird. Mit dieser Methode macht man sich den Zeitmangel und die oft fehlenden tiefergehenden Fachkenntnisse der Journalisten zu nutze. Diese Taktik birgt allerdings die Gefahr in sich, dass man die Steuerung über die Berichterstattung verliert, weil Journalisten die vielen Informationen nicht durchrecherchieren, sondern sich an weitere „unabhängige“ Experten wenden – und wie die die Informationen bewerten, kann das gebeutelte Unternehmen dann wiederum nicht beeinfl ussen. Eine weitere Gefahr ist, dass die Journalisten sich aus der Vielzahl der Informationen nur einen kleinen As-pekt herausziehen, der jedoch, ohne im Kontext zu stehen, eine andere und nach-teiligere Bedeutung erlangt. Ganz davon abgesehen, wenn der Journalist merkt, dass Sie versuchen ihn mit dieser Methode abzulenken, ist es mit dem glaubwür-digen und vertrauensvollen Umgang miteinander vorbei und der Kontakt ist ver-brannt. Vor der Langeweile-Taktik warne ich deshalb ausdrücklich. Machen Sie es besser nicht.

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180 Spezielle Bereiche der PR

Unverschuldet in die Krise geraten

Sollte Ihr Unternehmen ohne Schuld in eine Krisensituation geraten, legen Sie so schnell wie möglich alle entlasteten Fakten auf den Tisch, denn die öff entli-che Meinung kann nicht unterscheiden zwischen echten und vermeintlichen Kri-sen. Da dies der „einfachste“ Fall der Krise ist, kann nur das Prinzip Off enheit das geeignete Mittel der Bewältigung sein. Beispiel: Es gibt Anschuldigungen in den Medien, die klar widerlegbar sind und auf einem Irrtum oder böser Absicht Drit-ter resultieren. In diesem Fall sollten sofort die tatsächlichen und nachprüfbaren Wahrheiten weitergegeben werden. Wer zögert, verliert hier ohne Not.

Egal wie man vorgeht, Krisenkommunikation hat immer etwas mit Fingerspit-zengefühl zu tun und der Fähigkeit, sich in die Arbeit von Journalisten und der Öff entlichkeit hinein zu versetzen.

Ruhe bewahren

Last but not least – bleiben Sie ruhig. In Krisenzeiten beginnt schnell, nervöse Hektik auszubrechen. Doch auch hier gilt die Redewendung: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Sehen Sie die Journalisten nicht als Ihre Feinde an, die nichts Besseres zu tun haben, als Ihnen das Leben schwer zu machen, selbst wenn dies im Moment der Krise so ist. Versuchen Sie, mit den Journalisten so gut es nur geht zu kooperieren. Stimmungen in der Berichterstattung können sich schnell ändern und wandeln, auch zu Ihren Gunsten.

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Erfolgskontrolle der PR

Die Erfolgskontrolle gehört in der Public Relations zu den schwierigsten und in der Praxis umstrittensten Th emen. Es fängt damit an, was überhaupt gemessen werden soll. Das wiederum hängt davon ab, was Public Relations ist und welcher Zweck damit verfolgt wird. Über den Th eorienwahn und die Defi nitionsprobleme habe ich eingangs bereits etwas gesagt. Aber reduzieren wir Public Relations der Einfachheit halber auf zwei Punkte: Erstens auf die Weitergabe von Informatio-nen, was auch die Erhöhung der Bekanntheit mit einschließt, und zweitens auf die Verbesserung eines Images.

Medienresonanzanalyse

Um zu sehen, wie erfolgreich die PR-Arbeit ist, prüft man, ob sich die Maßnah-men in den Medien wieder fi nden. Man sichtet die Zeitungen und schneidet alle Texte aus, in denen das Unternehmen erwähnt wird. Diese Ausschnitte werden im Fachjargon auch „Clippings“ genannt, die Grundlage für die Prüfung der Re-sonanz in den Medien, darum auch Medienresonanzanalyse. Das Ausschneiden kann man natürlich selber machen, was sehr mühsam und undankbar ist. Zum Glück gibt es aber Dienstleister, die sich darauf spezialisiert haben und eine Viel-zahl von Zeitungen bundesweit nach vorgegebenen Stichworten durchsehen.

Die Ausschnitte können dann zusammengefasst und entsprechende Schlüsse daraus gezogen werden. Beispiel: Sie haben eine Pressemitteilung verschickt:

■ Welche Zeitung hat, wenn auch gekürzt, den Text übernommen und abge-druckt ?

■ Welchen Verbreitungsgrad hat die Zeitung, sprich welche Auflagenhöhe und welche regionale Verbreitung ?

■ War es eine Fach- oder Publikumszeitung ? ■ Wenn der Text in einen anderen Artikel eingebunden ist, wie war der Ton

(sachlich-neutral, humoristisch, ablehnend, kritisch, usw.) ?

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182 Spezielle Bereiche der PR

■ Wie ist die Position des Textes innerhalb der Zeitung (Titelstory, erste Seite, im Heft innern, letzte Seite) ?

■ Welchen Raum nahm der Text ein (kurze Meldung – Dreizeiler, ein normaler Artikel unter anderen, achtel / viertel / halbe Seite, groß angelegte Berichterstat-tung – eine oder mehrere Seiten) ?

■ Ein beliebtes Spiel bei Medienresonanzanalysen ist auch, den redaktionellen Raum zu messen und gegenzurechnen, was der gleiche Platz bei einer An zei-gen schaltung gekostet hätte. Man verwendet hier auch gern den Begriff der Äquivalenzanalyse, die dann zu dem Ergebnis kommt, dass der gleiche Platz für eine Werbeanzeige z. B. 10 000,– Euro gekostet hätte, man aber an die be-auftragte PR-Agentur für den Text nur 3 000,– Euro bezahlen musste.

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass der redaktionelle Raum in seiner Qualität als hochwertiger anzusehen ist, da jeder mit genügend Geld Anzei-gen schalten kann, aber man nicht so ohne Weiteres den Sprung in den deut-lich glaubwürdigeren redaktionellen Teil schafft . Des Weiteren sei die Verweil-dauer wesentlich höher, da eine Anzeige nur kurz angesehen werde, der Leser eines Artikels sich hingegen bei der Lektüre deutlich länger mit dem Th ema und somit dem Unternehmen bzw. Produkt beschäft ige.

Ich belasse es jetzt bei dieser Aufzählung, auch wenn es wahrscheinlich noch wei-tere Messkriterien geben mag. Die wichtigen sind auf jeden Fall genannt.

Kritik und Alternativen

Auch wenn etwas in der Zeitung stand, heißt das noch lange nicht, dass es auch von allen gelesen wurde. Beobachten Sie sich selbst. Lesen Sie jeden Artikel einer Zeitung von vorn bis hinten durch und speichern Sie diese Texte in ihrem Lang-zeitgedächtnis ? Ganz bestimmt nicht. Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen „Der Artikel war zwar in der Zeitung, aber keiner hat ihn gelesen“ bis hin zu „Alle ha-ben den Artikel gelesen, ausgeschnitten und sich über das Bett gehängt“. Wo ge-nau die Wahrheit liegt, weiß niemand und daran krankt die Medienresonanzana-lyse, auch wenn sie noch so mit Zahlenbelegen fundiert daherkommt. Im Falle der Äquivalenzanalyse vergleicht man meines Erachtens Äpfel mit Birnen, auch wenn es immer um den Raum in ein und derselben Zeitung geht. Allerdings muss ich zugeben, dass diese Gegenüberstellung auch einen wahren und auf jeden Fall in-teressanten Kern hat.

Erst wenn Sie einen bestimmten Namen immer wieder lesen, werden Sie lang-sam darauf aufmerksam und merken ihn sich. Erst dann erreichen Sie die vor-nehmlichsten Ziele der PR-Arbeit: Bekanntheit erzeugen, halten und steigern.

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Erfolgskontrolle der PR 183

Dies ist übrigens einer der Gründe, warum PR eine langfristige Angelegenheit sein sollte. Für einen kurzen Zeitraum mit einer einmaligen pfi ffi gen Idee Auf-sehen erregen ist gar nicht so schwer. Wenn es bei dem einen Mal bleibt, dann ist man auch wieder schnell vergessen. Die eigentliche Kunst liegt in der dauerhaft en Präsenz in den Medien und bei den Zielgruppen.

Wenn die Medienresonanz- bzw. Äquivalenzanalyse nicht weiter hilft , wie kann man den Erfolg der PR sonst messen ? Eine echte und verlässliche Alterna-tive gibt es meines Erachtens nicht, wenn man von groß angelegten empirischen Untersuchungen absieht, die einen Haufen Geld kosten und sich zur Überprüfung einzelner Maßnahmen einfach nicht rechnen. Empirische Untersuchungen sind hier überhaupt erst sinnvoll, wenn die PR-Arbeit schon eine ganze Weile läuft und auch ein gewisses Ausmaß annimmt. Wenn es denn sein muss, kommt man des-halb um eine „einfache“ Medienresonanzanalyse jedoch nicht herum. Aber die so erzielten Zahlen würde ich nicht zur alleinigen Argumentationsgrundlage für die Änderung oder Fortführung der PR-Arbeit machen, denn damit lügt man sich nur selbst in die Tasche.

Ein guter Gradmesser für die PR-Arbeit sind ungestützte Rückmeldungen, sei es von den Medien oder den Kunden. D. h. die Medien fangen von sich aus an, sich bei Ihrem Unternehmen zu melden und Anfragen zu was auch immer zu starten. Kunden nehmen das Unternehmen wahr und wollen die Produkte erwer-ben. Doch auch hier kann es sein, dass die höheren Verkaufszahlen andere Ursa-chen haben. Das Produkt kann einfach nur gut sein, der Vertrieb hat sich mäch-tig ins Zeug gelegt oder die Produkte liegen gerade in einem unerklärlichen Trend usw. In den wenigsten Fällen wird es in der Praxis Vergleichsgruppen geben, an-hand derer man die Wirkung von PR-Maßnahmen messen könnte.

Aber nur weil es Schwierigkeiten gibt, Public Relations sauber zu messen, heißt das nicht, dass sie umsonst wäre. Am Markt wird sich im Zweifel immer das Un-ternehmen behaupten, das etwas für seine Bekanntheit tut. Wer schweigt, verliert.

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Schlussworte

Gehören Sie auch zu den Leuten, die erst einmal einen Blick auf das Ende werfen, bevor sie sich an die Lektüre des eigentlichen Buches machen ? Viele Menschen zeigen dieses Leseverhalten, insbesondere bei längeren Texten – und Fachbüchern. Dies sollten Sie beim Schreiben immer im Blick haben und den Schluss entspre-chend gestalten, denn der Leser wird nicht nur am Beginn des Textes „abgeholt“, sondern auch an dessen Ende.

Noch ein paar Worte zu diesem Buch. Das Ziel ist, ein sehr praxisorientiertes und lesbares PR-Buch zu schreiben, das auf der einen Seite nach Möglichkeit alle relevanten Maßnahmen und Mittel anspricht und gleichzeitig nur die wichtigen Aspekte darin erörtert. Dabei weitgehend auf theoretischen Ballast zu verzichten, sich stets auf die wesentlichen Inhalte zu konzentrieren und trotzdem zur Pro-fessionalisierung des Lesers beizutragen, ist nicht ganz einfach. Mal ganz davon abgesehen, dass das Schreiben, bei all dem Spaß, den es macht, manchmal doch recht mühsam ist.

Zum Glück hatte ich in meinem persönlichen Umfeld einige Menschen, die mich unterstützten. Mein Dank richtet sich an Claudia Strippel, für ihr Vertrauen insbesondere in der Anfangsphase, Sabine Behringer, für ihre wertvolle Motiva-tion, als das Buch weiter konkrete Formen annahm, Cordula Gutzeit, für ihre tat-kräft ige Unterstützung, als es am Ende schnell gehen musste, Sonja Völker, für die Durchsicht des Textes vor der dritten Auflage und an Christa Swidersky, für ihr geduldiges Verständnis und weil sie mir wenn es drauf ankommt den Rücken frei hält.

Besten Dank ebenfalls an den Verlag, der mir die Freiheit lässt, zu schreiben was mir gefällt und insbesondere an meine Lektorin Barbara Emig-Roller, für die sehr angenehme und professionelle Zusammenarbeit – auch bei der inzwischen fünften Auflage.