Bauen mit Weiden Kalberer 2007 - Naturgarten e.V. alte...Forstämter sind kompetenter als...

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2 Naturgarten-Rundbrief Oktober 2007 Das Grüne Bauen mit lebenden Weiden ist die radikalste Form des organischen Bauens. Das Bauwerk entsteht nicht mehr gemäß einer Analogie zwischen Haus und Organismus, das Bauwerk ist ein Or- ganismus - ein Baumwerk. Dieses Pflanz- werk besteht aus vegetativen Konstrukti- onselementen; es ist selbsttragend und wurzelt fest in der Erde. Das Grüne Bauen verwirklicht die Versöhnung von Natur und Architektur. Die vegetativen Prozes- se setzen sich fort: die CO2-Absorption durch Photosynthese, die Bildung von Biomasse, die Sauerstoffproduktion, die Klimaregulierung, die Reinigung der Luft, die Wasserspeicherung und die ständige Veränderung der Form von Jahr zu Jahr wie auch im jahreszeitlichen Wandel. Der Literat und Visionär Micky Remann schrieb: “Weidenbauwerke sind keine En- ergie und Ressourcen verschlingende Neu- bauten, sondern astrein ökologisch ver- DIE ZWEITE ‚ERFINDUNG‘ DES BAUENS MIT LEBENDEN PFLANZEN oder WIE SICH WISSENSCHAFT MIT FREMDEN FEDERN SCHMÜCKT Bauen mit Weiden tischen Baumeister noch Kenntnisse der frühchristlichen Weidenarchitektur ge- habt haben. Auch der französische Uto- pist Melville zeichnete im 19. Jh. pflanzli- che Kathedralen. Einen theoretischen Neuanfang mit le- bender Pflanzenarchitektur machte in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts der Berliner Gartenbauingenieur Arthur Wiechula. Sein Buch „Wachsende Häu- ser aus lebenden Bäumen entstehend“ von 1926 ist voller präziser Zeichnungen von Wohnhäusern, Schulen, Brücken und Fabriken, die mit lebenden Bäumen ge- pflanzt und in Form gebracht werden. In den 70er Jahren greift Rudolf Doernach in Stuttgart diese Ideen wieder auf, nennt sich Biotekt und rät den Studenten (zu denen auch ich gehörte) mit dem unwirt- lichen Bauen aufzuhören, um in Zukunft Häuser zu pflanzen. Zusammen mit der Philosophie des Na- antwortbare radikale Nichtbauten - und trotzdem moderne Architektur. Und ist die Zeit der Weiden abgelaufen (Lebenserwar- tung von Weiden zwischen 70 bis 100 Jah- re) verschwindet das Bauwerk fast spurlos - übrig bleibt Kompost.“ DIE LANGE VORGESCHICHTE Von Glastonbury Abbey, dem Ort, an dem die christliche Kirche im Inselreich ihren Ursprung hat (das Avalon von Kö- nig Arthur), wird überliefert, dass Joseph von Arimathea eine Weidenkirche ge- baut habe, die erste christliche Kirche in England. Auf diese Legende bezog sich im 18. Jahrhundert der schottische Ar- chitekturhistoriker James Hall. Er pflanz- te zwei neogotische Weidenkirchen, um nachzuweisen, dass die gotischen Bau- formen mit ihren Bündelsäulen und dem vegetabilen Zierrat ihren Ursprung in ge- pflanzter Architektur hatten und die go- Weiden-Festkuppel in Schlepzig/Spreewald Foto © Andreas Traube

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2 Naturgarten-Rundbrief Oktober 2007

Das Grüne Bauen mit lebenden Weiden ist die radikalste Form des organischen Bauens. Das Bauwerk entsteht nicht mehr gemäß einer Analogie zwischen Haus und Organismus, das Bauwerk ist ein Or-ganismus - ein Baumwerk. Dieses Pfl anz-werk besteht aus vegetativen Konstrukti-onselementen; es ist selbsttragend und wurzelt fest in der Erde. Das Grüne Bauen verwirklicht die Versöhnung von Natur und Architektur. Die vegetativen Prozes-se setzen sich fort: die CO2-Absorption durch Photosynthese, die Bildung von Biomasse, die Sauerstoff produktion, die Klimaregulierung, die Reinigung der Luft, die Wasserspeicherung und die ständige Veränderung der Form von Jahr zu Jahr wie auch im jahreszeitlichen Wandel. Der Literat und Visionär Micky Remann schrieb: “Weidenbauwerke sind keine En-

ergie und Ressourcen verschlingende Neu-

bauten, sondern astrein ökologisch ver-

DIE ZWEITE ‚ERFINDUNG‘ DES BAUENS MIT LEBENDEN PFLANZEN oder WIE SICH WISSENSCHAFT MIT FREMDEN FEDERN SCHMÜCKT

Bauen mit Weiden

tischen Baumeister noch Kenntnisse der frühchristlichen Weidenarchitektur ge-habt haben. Auch der französische Uto-pist Melville zeichnete im 19. Jh. pfl anzli-che Kathedralen. Einen theoretischen Neuanfang mit le-bender Pfl anzenarchitektur machte in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts der Berliner Gartenbauingenieur Arthur Wiechula. Sein Buch „Wachsende Häu-ser aus lebenden Bäumen entstehend“ von 1926 ist voller präziser Zeichnungen von Wohnhäusern, Schulen, Brücken und Fabriken, die mit lebenden Bäumen ge-pfl anzt und in Form gebracht werden. In den 70er Jahren greift Rudolf Doernach in Stuttgart diese Ideen wieder auf, nennt sich Biotekt und rät den Studenten (zu denen auch ich gehörte) mit dem unwirt-lichen Bauen aufzuhören, um in Zukunft Häuser zu pfl anzen.Zusammen mit der Philosophie des Na-

antwortbare radikale Nichtbauten - und

trotzdem moderne Architektur. Und ist die

Zeit der Weiden abgelaufen (Lebenserwar-

tung von Weiden zwischen 70 bis 100 Jah-

re) verschwindet das Bauwerk fast spurlos

- übrig bleibt Kompost.“

DIE LANGE VORGESCHICHTEVon Glastonbury Abbey, dem Ort, an dem die christliche Kirche im Inselreich ihren Ursprung hat (das Avalon von Kö-nig Arthur), wird überliefert, dass Joseph von Arimathea eine Weidenkirche ge-baut habe, die erste christliche Kirche in England. Auf diese Legende bezog sich im 18. Jahrhundert der schottische Ar-chitekturhistoriker James Hall. Er pfl anz-te zwei neogotische Weidenkirchen, um nachzuweisen, dass die gotischen Bau-formen mit ihren Bündelsäulen und dem vegetabilen Zierrat ihren Ursprung in ge-pfl anzter Architektur hatten und die go-

Weiden-Festkuppel in Schlepzig/Spreewald

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türlichen Bauens und den daraus abge-leiteten Konstruktionen von Frei Otto war für ein erfolgreiches Wachstum dieser Bauweise der Boden bestens aufbereitet.Das Studium bei Frei Otto und Gernot Minke bot mir das nötige konstruktive Rüstzeug. So war für mich und die Bau-kunstgruppe SANFTE STRUKTUREN zu Beginn der 80er Jahre der Weg bereitet für den Einstieg in das Bauen mit Pfl an-zen, in das Abenteuer „lebendige, wach-

sende Architektur“.

1984 - DER MODERNE WEIDEN-BAU: EIN MEILENSTEIN AUF DEM WEG ZU EINER SOZIALEN UND NATÜRLICHEN WELTZusammen mit dem Flechtmeister Peter Sturm pfl anzten wir im Frühjahr 1984 beim Atelier im Wald 7 für unsere Toch-ter einen kleinen Weidenpavillon. Wir kannten keine Vorläufer, keine anderen Versuche und wussten nicht, ob so viele Weiden auf so dichtem Raum überhaupt leben können. Wir ließen uns von dem Experiment überraschen. Die kleine Kup-pel, als lebendes Tragwerk, gedieh bes-tens und wir ahnten bald, dass wir mit dieser einfachen, kostengünstigen und natürlichen Bau- und Pfl anzweise eine großartige Möglichkeit zum Bauen und Gestalten für ALLE gefunden hatten, für Familien, Jugendliche, Schüler und Rand-gruppen.

1988 - DER ERSTE SELBSTTRAGEN-DE RUTENBÜNDELGERÜSTBAUDer entscheidende Schritt zu lebenden Großbauten war die von mir und meinen Mitarbeitern 1988 errichtete erste Trag-konstruktion aus Bündeln von Weiden-ruten (Widewolke, CH-Langenthal). Auf diese Rutenbündeltechnik stießen wir durch unsere Beschäftigung mit der me-sopotamischen Schilfbündelbauweise (Mudhif ). Durch die Bündelung der Ru-ten zu Säulen und Bögen von bis zu 1 m Umfang und bis zu 20 m Spannweite war zum ersten Mal die Möglichkeit gegeben, große lebende Bühnen, Hallen, Paläste, Kathedralen aus Weiden zu errichten.Mit Tragkonstruktionen aus Bündeln von Weidenruten bot sich die Möglichkeit gestalterisch motivierte Laien in das Ver-wirklichen auch „großartiger“ Werke im öff entlichen Raum zu integrieren und ihnen die Gelegenheit zu geben, sich

aktiv und kreativ an der Gestaltung der eigenen Umwelt zu beteiligen. Wir sahen im kollektiven Gestalten mit lebenden Pfl anzen ein hervorragendes Angebot auf dem Weg zu einer lustvollen, kreati-ven, interaktiven und solidarischen Welt. Das primäre Ziel unserer Weidenbauakti-vitäten bestand von Beginn an in der Ver-bindung ökologischer Ziele mit sozialen Bedürfnissen - soziale Ökologie.Bauspielplätze für Erwachsene, Bauspiele oder Bauaktionen, bis hin zu Baufesten machen das gemeinsame Tun zu einem spielerischen, lustvollen, kommunika-tiven und schöpferischen Akt für alle Beteiligten. Das Bauen mit Naturmate-rialien sollte als Mittel zum Zwecke der Kultivierung und Gestaltung des sozialen Arbeitsalltags genutzt werden, als ein Weg mit dem Ziel der Herausbildung von Gemeinschaftssinn und Solidarität, sozia-len und handwerklichen Fähigkeiten.

EIN ANGRIFF AUF DIE FREIHEIT DES WEIDENBAUS1989 publizierte ich im „Rock`n`Roll der Architektur“ unsere ersten öff entlichen Weidenwerke und stellte unsere Erfah-rungen und das ganze Know-how allen bauwilligen Laien und Initiativgruppen zur Verfügung. Diese Veröff entlichung war von großer Bedeutung, kam sie doch dem europaweiten Patentierungsversuch der schwäbischen Spielgerätefi rma Eibe zuvor, die vielen Weidenbauern schon mit Konventionalstrafen drohte, bis ein Gericht in Konstanz 1995 aufgrund die-ser Veröff entlichung den Patentantrag ablehnte.

So blieb das Bauen mit Weiden ein freies Angebot für JEDERMANN. Durch mein Beharren auf Gesetzesfreiheit und die bis heute in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht amtlich widersprochenen Behauptungen: „Pfl anzungen brauchen

keine Baubewilligung“, „Baumwerke

sind keine Bauwerke“, „Garten- und

Forstämter sind kompetenter als Bau-

ämter“ ist die Weidenbauweise überall als spontane Bau- und Spielaktion mög-lich - ohne behördliche und administra-tive Strapazen.

DIE WEIDENBAUBEWEGUNG - INNO-VATIV, SOZIAL UND ÖKOLOGISCH ERFOLGREICHDank der laien- und gemeinschaftsori-entierten Ausrichtung entwickelte sich der moderne Weidenbau schnell zu einer breiten kreativen sozio-ökologischen Be-wegung, zu einem veritablen Bauboom mit über 10.000 Baumwerken alleine in Deutschland; in Kindergärten, Schulhö-fen, privaten und öff entlichen Gärten. Das „Weidenbaubuch“, ein eigentliches Baurezeptbuch, wurde bis anhin rund 20.000 mal verkauft. Selber organisierte und leitete ich zusammen mit der Bau-kunstgruppe ‚Sanfte Strukturen‘ und Tausenden von Freiwilligen aus allen Ländern Europas über 40 Projekte in ver-schiedenen Ländern. Alleine am Dombau zur IGA in Rostock 2003 beteiligten sich über 700 Freiwillige aus 12 Ländern und verwirklichten in 10 Wochen den 850 qm großen und 15 m hohen Kirchenraum.Ähnlich große Projekte entstanden in Au-erstedt, Schlepzig und Burg/Spreewald

Viele Freiwillige am Tragen: Gemeinsam ist nichts zu schwer!

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mit Kuppeln von 15 m - 20 m, Bühnen, Großbögen, Dome und Türme in Bre-merhaven, Boizenburg, Strassburg, Genf, Malmö und Antwerpen, sowie Veranstal-tungszentren im Nationalpark Gesäuse, Steiermark (A), Bielawa (P), Huttwil (CH). Diese lebenden Baumwerke entwickeln sich zu beliebten Treff punkten und be-deutenden Tourismusattraktionen. (siehe auch: Grüne Kathedralen, AT-Verlag 2003, oder: www.sanftestrukturen.de)Viele der freiwilligen Mitarbeiter/innen wurden zu Multiplikatoren und grün-deten in Berlin, Bonn, Leipzig, Dresden, Chemnitz, Zittau, Strassburg, Malmö, Genf, Wien und Breslau eigene Initiati-ven, um mit Freiwilligen und Schülern selbst geplante Weidenwerke zu verwirk-lichen. Auch viele Gartenarchitekten, Ge-stalter und Künstler schufen eigene Na-turbaumwerke. Der Deutsche Werkbund NW zeigte den Weidenbau als ‚Weltwei-tes Projekt` der EXPO 2000.So verlief 20 Jahre lang alles ganz im Sin-ne der Erfi nder.

2004 - DIE BEHAUPTUNG, DEN WEIDENBAU ERST JETZT ERFUN-DEN ZU HABEN: EIN SKRUPELLO-SER IDEENKLAU AUS PLAGIATEN, LÜGEN UND UNTERLASSUNGEN20 Jahre nach unserem ersten Spaten-stich geschah, wovor Rudolf Doernach, der `geistige Vater` des modernen Wei-denbaus gewarnt hatte.Er warnte vor kommerziellen, technokra-tischen und akademischen Interessen, die es sich nicht nehmen lassen, popu-läre Erfolgsgeschichten, volkskulturelle Hervorbringungen auf ihre Fahnen zu schreiben, die Urheber zu verschweigen und ihrer Ideen zu berauben. In unserem aktuellen Fall sind es aka-demische Institutionen und handfeste Wirtschaftsinteressen, die zusammen das nette Pfl änzchen pfl ücken, um es unter dem staatlich subventionierten Schirm universitärer Forschung und Entwicklung zu einer Expertendisziplin zu erheben.

„BAUBOTANIK“ - EIN GROSSER TÄUSCHUNGSVERSUCH: EIN NEU-ER NAME SEI DIE SACHE SELBSTIm Jahr 2004 wird an der Universität Stuttgart die Baubotanik erfunden. Die „Erfi nder“ an den Instituten IGMA und

ITKE, Prof. Gerd de Bruyn und Prof. Dr. Jan Knippers, schreiben:“Die Baubotanik ist eine von uns entwi-

ckelte Bauweise, bei der Tragstrukturen

aus lebenden Pfl anzen gebildet werden“

und noch dreister: „eine völlig neuartige

Bauweise“.

Zu einem Projekt, einem kleinen Steg aus Weidenruten, den die Baubotaniker in der uns abgeschauten Bündeltechnik reali-sierten, schreiben die Autoren: “Es ist der

bislang größte realisierte Prototyp“.

Ein Hohn auf alle unsere langjährigen Großwerke unter Missachtung wissen-schaftlicher Redlichkeit. Mittels Plagiaten, Lügen und Unterlassungen erschwindelt sich diese neue akademische Disziplin den Anschein von Innovation und Geni-alität. Dabei hat sie bis anhin überhaupt nichts erfunden, nichts Neues erdacht oder realisiert - außer eben dem Begriff .

DIE UNTERSCHLAGUNG DER VORBILDERDie Begriff serfi ndung wird überschattet von der wissenschaftlich unlauteren Un-terschlagung aller historischen und aktu-ellen Vorbilder und Leistungen, die seit dem frühen Mittelalter bis heute von vie-len Architekten und Künstlern unter den Begriff en: Weidenbau, Grünes Bauen, Le-bendige Architektur, Lebendbau, Living Architecture, Green Architecture, Vegetal building, erbracht wurden. Weder im Web noch in bisherigen Ver-öff entlichungen und Tagungen wird auf die „baubotanischen“ Vorleistungen englischer Mönche, von Hall, Melville, Wiechula, Doernach, Chmielewski, Schu-iten, Pohl, Kirsch oder Kalberer, noch auf deren Projekte, Veröff entlichungen oder Webpages hingewiesen. Ebenso unseri-ös das Fehlen jeglicher Fußnote zu der 20 Jahre alten Erfolgsgeschichte des „barfü-ßigen“ Weidenbaus, diesem sozio-öko-logischen Wunder mit über 10.000 von Selbsthilfegruppen erschaff enen Wei-denbaumwerken alleine in Deutschland, das sich ereignete, bevor das Wort ‚Bau-botanik‘ erfunden wurde. Auch keinen Hinweis auf den Auerworldpalast, der im Phaidon Atlas of Contemporary World Architecture von einer internationalen Jury (London 2005) als eines der wenigen deutschen Architekturbeispiele der letz-ten 10 Jahre ausgewählt wurde.

SOLL DER FREIE WEIDENBAU AB-GEWÜRGT WERDEN?Bei solch unlauterer Wissenschaft liegt die Vermutung nahe, dass diese baubota-nischen Architekten, im Verbund mit den vielfältigsten Interessen - allen voran kommerziellen - ganz andere Ziele ver-folgen. Diese „Mafi a“ (die man an Hoch-schulen nicht erwartet, aber dennoch häufi g vorfi ndet) setzt alle geeigneten, auch unlautere und wissenschaftlich un-statthafte Mittel ein, um die erfolgreiche, populäre und soziale Baubewegung, die-sen Pop-Baum-Boom, in eine wirtschaft-lich relevante Baudisziplin zu wandeln, um akademischen Experten zusätzliche Verdienstmöglichkeiten zu verschaff en. Zusammen mit Juristen, Baufi rmen und Baumschulen/Weidenanbau-Unterneh-men nehmen sie sich - ohne Rücksicht auf die sozialen Belange des Weidenbaus - der Sache an. Sie wissen sehr wohl, dass sie aufgrund ihres institutionellen Man-gels an Originalität und Erfi ndungsreich-tum nur durch Anleihen und Ideenklau in der Popkultur erfolgreich sein können. Vorhersehbar ist ihre Absicht, zusammen mit den Behörden mittels Normen, Vor-schriften, Leistungsanforderungen, bota-nischen und baustatischen Nachweisen das gesetzesfreie Weidenbauen für alle und jedermann zu erschweren oder so-gar zu verunmöglichen. Wird soziale Kreativität und gemein-schaftliches Engagement als Grundlage und Voraussetzung für das gesellschaftli-chen Wohl von den politisch Verantwortli-chen immer vehementer gewünscht und gefordert, so werden diese sozialen Tu-genden gleichzeitig durch die Interessen der Wirtschaft, der Experten und Techno-kraten eingeschränkt und erschwert..Darum sind alle freien Weidenbauer ge-fordert, den populären, gemeinschaftli-chen und sozialen Weidenbau unbeirrt weiterzuführen, die errungene Gesetzes-freiheit nicht preiszugeben und mit der kunst- und lustvollen Graswurzelarchi-tektur es den Baubotanikern und Exper-ten schwer zu machen. Mit jeder ökologisch und sozial engagier-ten Bauaktion stellen wir weiterhin die Kommerzialisierung dieser Naturbauwei-se in Frage. Der Weidenbau gehört dem Volk! Es gibt ihn nicht mehr her.

Marcel Kalberer

4 Naturgarten-Rundbrief Oktober 2007