Baugemeinschaft BaWü

40
BADEN- WÜRTTEMBERG Ein moderner Weg zum Wohneigentum BAU GEMEIN- SCHAFTEN

description

WAS ist eine Baugemeinschaft? Eine Baugemeinschaft ist eine Gruppe von Menschen, die sich gemeinsam ihr Haus bauen oder umbauen will. Das kann genauso gut ein reines Wohnhaus, wie auch eine Mischform mit Gewerbe sein. Ebenso können die Häuser sowohl neu gebaut, als auch Altbauten umgebaut/saniert werden. Gewerbe und Wohnungen können selbstverständlich selbst genutzt, vermietet oder verkauftbaugemeinschaft werden.

Transcript of Baugemeinschaft BaWü

BADEN-WÜRTTEMBERG

Ein moderner Weg zum Wohneigentum

BAUGEMEIN-SCHAFTEN

Ein moderner Weg zum Wohneigentum

BAUGEMEIN-SCHAFTEN

VORWORT

Ein wichtiger Schwerpunktunserer Wohnungspolitikbesteht darin, Familien mitKindern den Weg zum

selbstgenutzten Wohneigentum zuebnen. Vor allem aus Kostengrün-den wählen bauwillige Familien zu-nehmend die Möglichkeit, privateBaugemeinschaften zu bilden, umihren Wunsch nach familiengerech-tem Wohneigentum zu realisieren.Am Beispiel der Städte Freiburg undTübingen zeigt sich, wie erfolgreichsolche Baugemeinschaften sowohlin neu entstehenden Stadtquartie-ren als auch in städtebaulichen Er-neuerungsgebieten initiiert undunterstützt werden können. DieBildung von Baugemeinschaften hatsich dort zu einer echten Alterna-tive gegenüber dem traditionellen

Eigentumserwerb vom Bauträgerentwickelt. Beide Wege zum Wohn-eigentum funktionieren nebenein-ander, zusammen erschließen sieein breiteres Nachfragepotential.

Mit dieser Broschüre sollen dieErfahrungen aus realisierten Bau-projekten von Baugemeinschaftenin Freiburg und Tübingen Kommu-nen, Architekten, Bauherren undsonstigen am Baugeschehen Betei-ligten zugänglich gemacht werden.Ich danke den Städten Freiburgund Tübingen und ihren Mitarbei-tern für die engagierte Hilfe bei derErstellung dieser Broschüre. Mögedieses Beispiel aktiven kommuna-len Handelns mit dem Ziel, famili-engerechtes Wohnen im Wohnei-gentum zu ermöglichen, vieleNachahmer finden.

Dr. Walter Döring, MdLWirtschaftsministerund stellvertretender Ministerpräsident des LandesBaden-Württemberg

Trend zum Wohneigentum 5

Wege zur Bildung von Wohneigentum 8

Wie entstehen Baugemeinschaften? 10

Organisation von Baugemeinschaften 12

Wie gestaltet sich ein optimaler Ablauf in einer Baugemeinschaft? 14

Vorteile der Baugemeinschaft 16

Initiative und Unterstützung durch die Kommune 17

Serviceleistungen der Kommune 18

Beispiele in Freiburg und Tübingen 19

Freiburg/Rieselfeld20

Der neue Stadtteil auf einen Blick21

Beispiel: 8 Zweifamilienhäuser22

Weitere Beispiele25

Freiburg/Quartier Vauban28

Das Areal im Überblick29

Beispiel : 6 Reihenhäuser, 12 Maisonnettewohnungen30

Tübingen32

Beispiel: Baugruppe Süd im Loretto-Areal33

Beispiel: Projekt 14 im Französischen Viertel36

Ein vorläufiges Fazit39

INHALT

4

5

TREND ZUM WOHNEIGENTUM

Der Bau eines Eigenheimes oder der Erwerb von Wohneigentum istfür viele Familien zentraler Teil der Lebensplanung. Sie wollen ihreWohnungsversorgung in die eigenen Hände nehmen. Dafür sind vieleGründe ausschlaggebend:

Individuelle Bedürfnisse, Vorstellungen und Wünsche zum Wohnenkönnen am besten im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnungerfüllt werden.

Wohneigentum stärkt die Selbstverantwortung und Eigeninitiativeund erweitert die Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung imWohnumfeld.

Wohneigentum stellt eine hervorragende Möglichkeit zur Vermö-gensbildung dar. Erfahrungsgemäß haben der mit der Wohneigen-tumsbildung verbundene Konsumverzicht und die erforderlichehöhere Sparquote bei Wohneigentümern eine wesentlich größereVermögensbildung zur Folge als dies bei Mietern der Fall ist.

Selbstgenutztes Wohneigentum führt zu einer optimalen Alters-sicherung. Wohneigentümer sind in der Regel im Alter wesentlichbesser gestellt als andere Haushalte.

Entsprechend hoch ist deshalb die allgemeine Wertschätzung desWohneigentums. Über zwei Drittel aller Haushalte möchten in deneigenen vier Wänden wohnen.

Der Trend zum Wohnei-gentum schlägt sich deut-lich im Baugeschehen nie-der. So haben die Bauge-

nehmigungen für Einfamilienhäuserin den letzten Jahren stark zugelegt,in den Jahren 1995 bis 1998 um rd.75%. Die Zahl der genehmigtenWohnungen in Einfamilienhäusernerreichte 1998 beinahe diejenigeder Wohnungen in Mehrfamilien-häusern.

Wegen der positiven gesamt-gesellschaftspolitischen Bedeutungist derzeit ein primäres wohnungs-politisches Ziel die Bildung vonWohneigentum.

Wie die Vergleichezur Wohneigentums-quote in Europa zei-gen, besteht bei die-sem Ziel in Deutsch-land erheblicher Nach-holbedarf.

In Baden-Württemberg beträgtdie Wohneigentumsquote derzeit rd.48,3%. Dabei ist sie regional nochsehr unterschiedlich.

6

1989

100 000 ■ bestehenden Gebäuden

■ Nichtwohn-gebäudenund Wohn-heimen

■ Mehrfamilien-häusern

■ Zweifamilien-häusern

■ Einfamilien-häusern

Baden-Württemberg: Fertiggestellte Wohnungen in ...

90 000

80 000

70 000

60 000

50 000

40 000

30 000

20 000

10 000

01990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

Woh

nung

en

Wohneigentumsquoten in Westeuropa

Spanien

Irland

Norwegen

Griechenland

Italien

Belgien

Finnland

Großbritannien

Luxemburg

Portugal

Schweden

Österreich

Frankreich

Dänemark

Niederlande

Baden-Württemberg

Westdeutschland

Ostdeutschland

Schweiz

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%

7

Ein entscheidendes Hindernisfür die Bildung von Wohneigentumsind für viele Haushalte die hohenGrundstücks- und Baukosten. Bund,Land und Kommunen geben dahererhebliche Hilfen, durch die die Ei-gentumsbildung erleichtert werdensoll. Zu nennen sind beispielhaft:

■ die Eigenheimzulage nach demEigenheimzulagengesetz,

■ das Landeswohnungsbaupro-gramm und spezielle Förderpro-gramme wie das Reihenhauspro-gramm des Landes und die Woh-nungsbauinitiative „Innerstädti-sches und stadtnahes Wohnen“,

■ Grundstücksverbilligungenund sonstige Förderungen durchKommunen.

Insbesondere in Hochpreisgebietenfällt dennoch die Bildung vonWohneigentum schwer. Um dasZiel, den Erwerb von selbstgenutz-tem Wohneigentum für möglichstgroße Teile der Bevölkerung zu er-möglichen, auch zu erreichen, giltes für alle Beteiligten, über alterna-tive Möglichkeiten nachzudenken.

Einer dieser Wegeist die Bildung vonWohneigentum überBaugeme in s cha f t en(Baugruppen).

Wohneigentumsquote in Baden-Württemberg

REGION, REGIERUNGSBEZIRK, LAND GWZ GWS Mikrozensus

1987 1993 1998

Stadtkreis Stuttgart 23,4 28,0 26,0

Region Stuttgart (ohne Stadtkreis) 47,6 50,1 52,1

nachrichtlich: Region Stuttgart insgesamt 41,2 44,5 45,8

Region Franken 55,5 56,5 57,2

Region Ostwürttemberg 52,5 55,6 55,7

Region Mittlerer Oberrhein 41,7 44,5 44,4

Region Unterer Neckar 35,8 39,9 38,9

Region Nordschwarzwald 48,6 53,5 52,9

Region Südlicher Oberrhein 41,9 45,1 44,3

Region Schwarzwald-Baar-Heuberg 51,6 54,8 55,7

Region Hochrhein-Bodensee 41,2 44,4 45,2

Region Neckar-Alb 53,5 56,2 56,4

Region Donau- Iller 51,4 52,0 53,3

Region Bodensee-Oberschwaben 50,1 53,8 54,9

Regierungsbezirk Stuttgart 45,2 48,1 49,2

Regierungsbezirk Karlsruhe 40,5 44,3 43,8

Regierungsbezirk Freiburg 43,9 47,1 47,1

Regierungsbezirk Tübingen 51,8 54,3 55,1

Baden-Württemberg 44,7 47,9 48,3

8

WEGE ZUR BILDUNG VON WOHNEIGENTUM

Das Zusammenfinden von Bau-willigen in einer Baugemein-schaft zur Errichtung eines Mehr-familienhauses oder von mehre-ren Ein-/Zweifamilienhäuserneröffnet einen Weg, den Wunschnach Wohneigentum kostengüns-tiger zu realisieren. In Bauge-meinschaften können sich auchPrivatleute und gewerbliche Ak-teure zusammenfinden, um ge-meinsam Wohn- und Gewerbeflä-chen zu planen und zu erstellen.

Die klassische Form derBildung von Wohneigen-tum ist der Erwerb einesBaugrundstücks, das

dann individuell mit einem Gebäudeüberbaut wird. Insbesondere in denHochpreisgebieten des Landes istdieser Weg für viele Bauwillige nichtmehr finanzierbar.

Heute wird der Erwerb einerWohnimmobilie vielfach über Bau-träger abgewickelt. Bei dieser Formder Abwicklung entstehen aller-dings erhebliche Kosten, etwa we-gen der notwendigen Vorfinanzie-rung des Grundstückskaufpreises,des eigenen Verwaltungs- und Ak-quirierungsaufwandes des Bauträ-gers, der Notwendigkeit der Erzie-lung von Erträgen aus dem Bau-vorhaben. Derartige Kosten fließenin den Kaufpreis mit ein. Insbeson-dere familiengerechte Wohnungenoder Eigenheime können bei diesemWeg leicht in Gesamtkostenbereichevorstoßen, die für Viele nicht mehrfinanzierbar sind, weil die monat-liche Belastung die ökonomischvertretbare Grenze überschreitet.

9

MOTIVATION ZUR BETEILIGUNGAN EINER BAUGEMEINSCHAFT

Die entscheidenden Gründe für die Beteiligungan einer Baugemeinschaft sind unterschied-lich und vielfältig. Dennoch gibt es bei allenBaugemeinschaften wesentliche Aspekte, die

neben anderen subjektiven Entscheidungsgründen imVordergrund stehen. Diese sind in der Regel:

■ die Errichtung von kostengün-stig und individuell gestaltetemWohnraum. Die Bauherrenfunk-tion der Bauwilligen ermöglichtweitgehende Kosteneinsparungenbei Verwaltungs-, Koordinierungs-und Planungsaufwand.

■ maßgebliche Mitwirkungsmög-lichkeiten bei Gestaltung und Aus-stattung des Gebäudes und derWohnung.

■ frühzeitiges Kennenlernen vonMiteigentümern bzw. Mitbewohnernoder Nachbarn.

Bei der freien Baugemeinschaft kann der Einzelne sehrviel stärker auf die Baugestaltung, die Architektur, dieGröße und Anordnung der Wohnungen, die Wahl derBaumaterialien, die Ausstattung der gemeinschaftli-chen Einrichtungen wie des Treppenhauses, des Ein-gangsbereichs und evtl. Gemeinschaftsräume, die Haus-technik und die Gartengestaltung Einfluss nehmen.

Die strukturelle und soziale Zusammensetzung ei-ner Baugemeinschaft und deren Homogenität kann vonden Beteiligten bereits im Vorfeld eingeschätzt werden.

Die Mitglieder der freien Baugemeinschaft ent-scheiden dabei selbst, wer mit ihnen baut und späterder Nachbar ist.

Bei der Befragung der Baugemeinschaften in Frei-burg nannten als wesentliche Gründe für eine Beteili-gung an einer Baugemeinschaft:

■ Günstige Gesamtbaukosten

■ Gute Gesamtkonzeption

■ Positiver Eindruck von Mitbauherren/Architekten

■ Mitgestaltung des Gebäudes und der eigenen Wohnung

■ Frühzeitiges Kennenlernen der Miteigentümer/Mitbewohner

27%

18%

15%

25%

15%

10

Sie entsteht meist durch die Initiative von einzelnenBauwilligen. Durch die Suche im Bekanntenkreis unddurch persönliche Kontakte versuchen Bauherren an-dere Bauinteressenten zu finden, die die gleichen oderzumindest ähnliche Vorstellungen zur Erfüllung ihresBauwunsches haben. In loser Form erarbeiten die Mit-glieder ein Grundkonzept zu baulichen und abwick-lungstechnischen Fragen. Als nächster Schritt wird typi-scherweise versucht, ein geeignetes Grundstück zu fin-den, um unter Herbeiziehung eines Architekten mit derEntwurfsplanung beginnen zu können.

Die Umsetzung der Bauvor-stellungen ist bei dieser Art derBaugemeinschaft stark abhängigvom Engagement und der Motiva-tion einzelner Bauwilliger, an-fangs die Moderation und Koor-dination des Gruppenprozesses zuübernehmen.

Bei solchen individuell gebildeten privaten Bauge-meinschaften gibt es unterschiedliche konzeptionelleund strukturelle Entwicklungsschritte. Das frühe Vor-liegen eines Planungsentwurfes und einer Grobkalku-lation der zu erwartenden Kosten wirkt sich zeitspa-rend bei der Suche nach weiteren Mitbauherren aus.Schwierig bleibt die Sicherstellung der Gesamtfinanzie-rung. Hier empfiehlt es sich im gegenseitigen Interes-se, rechtzeitig nachzuweisen, dass die individuelle Fi-nanzierung – und demzufolge die Gesamtfinanzierung –wirklich gesichert ist. Dies kann etwa durch Bankbe-stätigung oder Darlehensvertrag erfolgen.

WIE ENTSTEHEN BAUGEMEINSCHAFTEN ?

Man kann zwei Arten von Baugemeinschaften unterscheiden:

■ Die reine privateBaugemeinschaft

■ Die gewerbsmäßig betreuteBaugemeinschaftIn der gewerbsmäßig betreuten Baugemeinschaft wer-den die Organisation, Abwicklung und Betreuung – oderTeile davon – von einem Dritten geleistet, der hierfürein Entgelt erhält. Seine Leistungen können bereits beider Sicherung einer Grundstücksoption beginnen. DerBetreuer erarbeitet dann mit einem Architekten eineEntwurfsplanung. Diese Planung muss aber so vielGestaltungsspielraum lassen, dass auf die individuellenWünsche, vor allem hinsichtlich Grundriss undAusstattung der Wohnung, ausreichend Rücksichtgenommen werden kann. Auf der Grundlage einerBaubeschreibung lassen sich dann die zu erwartendenKosten abschätzen, zum Teil werden auch Festpreisefür das Bauvorhaben und die jeweiligen Wohnungengarantiert. So können die Interessenten relativ raschentscheiden, ob ihnen das Objekt zusagt und ob es fürsie finanzierbar ist. Eigenleistungen zur Reduzierungder Baukosten sind auch bei dieser Art derBaugemeinschaft möglich. Vor allem Bauwillige, denender zeitliche Aufwand und die Risiken eines Gruppen-prozesses zu hoch sind, beteiligen sich oft an dieser Artder Baugemeinschaft. Wichtig ist dabei immer, dassdas Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.

Die gewerbsmäßig betreuteBaugemeinschaft ist nach denbisher vorliegenden Erfahrungenfür viele Bauwillige eine gerngewählte Alternative.

Die jüngst gemachten Erfahrungenin Freiburg und Tübingen und ins-besondere die dort realisierteVielzahl von Projekten von Bau-gemeinschaften belegen, dassoffensichtlich Baugemeinschaftenin beiden Formen durch das ge-meinsame Ziel, den Bauwunsch zurealisieren, eine Bindungswirkungentwickeln, die ein Gelingen desProjektes sicherstellt.

Der Wechsel einzelner Mitbau-herren spielt i.d.R. nur in zeitli-cher Hinsicht eine Rolle. Im Ver-gleich zum klassischen Bauen setztdie Beteiligung an einer Bau-gemeinschaft ein größeres Maßan eigenem Engagement und Zeit-aufwand voraus, insbesonderemuss Bereitschaft bestehen, überstrittige Punkte im Wege einerfruchtbaren Diskussion Konsenserzielen zu wollen.

Der erfolgreiche Verlauf ei-ner Baugemeinschaft, an-gefangen vom Zusammen-finden der Familien bis

hin zur Fertigstellung der Gebäude,ist wesentlich abhängig von

■ einer guten Moderation

■ der Transparenz bei Infor-mationen und relevanten Ent-scheidungsgrundlagen – insbe- sondere der Sicherstellungder Finanzierung –

■ einem vertrauensvollenund kommunikativen Umgangmiteinander.

Sind einzelne dieser Voraussetzun-gen nicht gegeben, so steigt das Ri-siko der Fluktuation einzelner Mit-glieder. Am Ende kann das Schei-tern einer Baugemeinschaft stehen.Dieses Risiko ist für manche zu-nächst Interessierte ein mit ent-scheidender Grund, sich nicht aneiner Baugemeinschaft zu beteiligen.

Die jüngst gemachten Erfahrungenin Freiburg und Tübingen und ins-besondere die dort realisierteVielzahl von Projekten von Bau-gemeinschaften belegen, dassoffensichtlich Baugemeinschaftenin beiden Formen durch das ge-meinsame Ziel, den Bauwunsch zurealisieren, eine Bindungswirkungentwickeln, die ein Gelingen desProjektes sicherstellt.

Der Wechsel einzelner Mitbau-herren spielt i.d.R. nur in zeitli-cher Hinsicht eine Rolle. Im Ver-gleich zum klassischen Bauen setztdie Beteiligung an einer Bau-gemeinschaft ein größeres Maßan eigenem Engagement und Zeit-aufwand voraus, insbesonderemuss Bereitschaft bestehen, überstrittige Punkte im Wege einerfruchtbaren Diskussion Konsenserzielen zu wollen.

12

ORGANISATION VON BAUGEMEINSCHAFTEN

Die Umsetzung von Wohn-bauprojekten über Bau-gemeinschaften erforderteine gute vertragliche

Grundlage. Aus ausformuliertenVerträgen ergibt sich das Pro-gramm der Baugemeinschaft, vorallem enthalten sie bindende Rege-lungen für unvorhersehbare Ereig-nisse wie etwa Tod, Ehescheidung,Arbeitsplatzverlust oder sonstigeGründe, die zu finanziellen Eng-pässen führen.

Vor allem ist nie auszuschlies-sen, dass tiefgehende und unüber-brückbare Meinungsverschieden-heiten zur Auflösung der Bauge-meinschaft führen können. Das ge-meinsame Durcharbeiten und Aus-formulieren der Verträge bietetebenso wie das gemeinsame Ausar-beiten der Pläne und der Baube-schreibung eine gute Gelegenheit,sich gegenseitig kennenzulernen,bevor man sich endgültig aneinan-der bindet.

Zu den gemeinsa-men Planungen unddem gemeinsamenAusarbeiten der Ver-träge müssen, sofernnicht einzelne Grup-penmitglieder aus-reichend kompetentsind, Fachleute zuge-zogen werden.

Dabei sollte bis zum Feststehen der endgültigenPlanung jedes Mitglied die Möglichkeit haben, die Bau-gemeinschaft jederzeit zu verlassen, wobei es aber dieKosten der bisherigen Planung und der bisherigenRechtsberatung mitzutragen hat bzw. nur insoweit da-für Ersatz bekommt, als diese von einem Nachfolge-mitglied wieder hereingebracht werden. Nicht empfeh-lenswert ist es, bis zur Festlegung der endgültigen Pla-nung und der endgültigen Baubeschreibung eineRechtspflicht zum Verbleiben in der Baugemeinschaftvorzusehen.

Es mag zwar im Einzelfall möglich sein, dass dierechtliche Konstruktion verzichtbar erscheint, so etwa,wenn bei allen Beteiligten ausreichende finanzielleKapazität vorhanden ist, die Baugemeinschaft allseitsund immer von einem kräftigen übereinstimmendenBauwillen durchdrungen ist und das Projekt von einemengagierten Architekten begleitet wird. Dennoch sindauch in solchen Idealfällen unvorhersehbare Ereignis-se nicht auszuschließen, für die dann doch unverzicht-bar ist, dass zuvor Rechte und Pflichten vertraglichfestgelegt sind.

Die einzelnen rechtlichen Phasen und Entwick-lungsschritte innerhalb der Baugemeinschaft lassensich schematisch beschreiben (das Ablaufschema aufder nächsten Seite ist dem Buch von Dr. FriedrichHeinzmann, „Die freie Bauherrengemeinschaft, prakti-sche Überlegungen aus juristischer Sicht und Vertrags-muster“, MK Verlag 1998, S. 19 ff., entnommen; dort sindauch Vertragsmuster für die verschiedenen Phasenabgedruckt).

13

Dieses gestaffelte Ab-laufschema spiegeltdie Entwicklungssta-dien mit ihren unter-schiedlichen Anfor-derungen wider.

Eine gute Organi-sation und eine klareAufgabenzuordnungin den einzelnen Stu-fen sind die Voraus-setzungen für einemöglichst reibungs-lose Entwicklung derBaugemeinschaft hinzum eigentlichen Zielder Beteiligten, näm-lich der Erstellung dereigenen Wohneinheit.

§RECHTSZUSTAND WICHTIGSTE AUFGABEN

Interessengemeinschaft – Zusammenfinden der ersten Bauwilligen (keine Rechtsbindung) (der Gründer der Baugemeinschaft)

– Klärung der verschiedenen Vorstellungen– erstes Abklären von Möglichkeiten– Bewerbung um ein Baugrundstück– Werbung weiterer Interessenten an Wohnungen und Gewerbeeinheiten

Planungsgemeinschaft – Beauftragung von Architekt und (Gesellschaft des bürgerlichen Fachplanern (in Schritten)Rechts, §§ 705 ff. BGB) – vollständige Gebäudeplanung

einschließlich Außenanlagen– vollständige Baubeschreibung– vollständige Kostenplanung– Einteilung und Zuteilung der einzelnen Einheiten– individuelle Finanzierungsplanung der einzelnen Mitglieder und Nachweis der Finanzierung gegenüber der Gemeinschaft(unwiderrufliche Finanzierungsbestätigung einer Bank)– Werbung von Interessenten für noch freie Einheiten

Bauherrengemeinschaft – Kauf des Baugrundstücks durch die (Gesellschaft des bürgerlichen Bauherren nach Tausendstel (Notar) Rechts, §§ 705 ff. BGB) – Teilungsvertrag zur Begründung von

Wohnungs- und Teileigentum (Notar), damit für die einzelnen Wohnungen und Gewerbeeinheiten besondere Grundbuch-blätter angelegt werden (Notar) und die Finanzierungsgrundpfandrechte der einzelnen Bauherren in das Grundbuch eingetragen werden können (Notar)– Errichtung des Gebäudes (Vergabe der einzelnen Aufträge an Handwerker usw. oder Generalunternehmer oder Generalübernehmer)– ständige Kostenkontrolle– Festlegung noch offener Einzelheiten (z.B. Pflanzung welcher Bäume und Sträucher, endgültige Ausstattung eines Spielplatzes usw.)

Eigentümergemeinschaft – vom Gesetz für die Ziele der nach dem Wohnungs- Baugemeinschaft speziell ausgestaltete eigentumsgesetz Rechtsgemeinschaft an dem fertigen

Gebäude auf sehr lange Zeit– Sondereigentum an den einzelnen Wohnungen und den einzelnen Gewerbeeinheiten – Verkauf, Beleihung und Vererbung der einzelnen Einheiten möglich.

14

WIE GESTALTET SICH EIN OPTIMALERABLAUF IN EINER BAUGEMEINSCHAFT ?

Bereits im Anfangsstadium einer Baugemein-schaft – in der Phase der Interessengemein-schaft – ist für einen erfolgreichen Start wich-tig, dass engagierte Mitglieder – oder Dritte –

die Organisations- und Vorbereitungsmaßnahmen aktivin die Hand nehmen. Dazu gehören

■ Einladung und Moderation von Gruppentreffen,

■ Informationen und Entscheidungsvorbereitungenüber Grundstücks- und Bebauungsmöglichkeiten,Auswahl des Architekten, Grundstückssicherung,

■ Werbung weiterer Mitglieder.

Nach den Erfahrungen in Freiburg fanden sich die Inte-ressenten wie folgt zusammen:

Der Architekt übernimmt in der Phase der Pla-nungsgemeinschaft in der Regel weitgehend die Mode-ration. In dieser Phase der

■ Konkretisierung der Baupläne

■ der Abstimmung der individuellen Wünsche und

■ der Kostenschätzung

ist der Architekt besonders gefordert. Das Zusammen-führen der unterschiedlichen Vorstellungen der Betei-ligten – sowohl für die eigene Wohnung als auch fürdas Gebäude insgesamt – mit der Planungskonzeptiondes Architekten verlangt von ihm neben einer planeri-schen Innovation und Flexibilität insbesondere auchpädagogisches Geschick. Eine „kooperative Planung“,in der sich alle Beteiligten wiederfinden können,schafft eine tragfähige und vertrauensvolle Basis für diekommende Bauphase.

Parallel zu den planerischen Fragen ist erforder-lich, eine Fülle von anstehenden Fragen zu klären, soetwa

■ die Ausgestaltung vertraglicher Vereinbarungender Baugemeinschaft (z.B. Gesellschaftsvertrag,Teilungsvertrag)

■ die Zuordnung der Wohnungen

■ die Sicherstellung der Finanzierung

■ der Erwerb des Grundstücks.

Dabei hängt das Gelingen entscheidend vom Engage-ment und der Kompetenz der Gemeinschaftsmitgliederund hinzugezogener Fachleute ab. In Freiburg und Tü-bingen wirkt zum Teil bei einzelnen Fragen die Kom-mune informierend und unterstützend mit.

Transparenz, soziales Verhalten und zeitliche Entwick-lung bestimmen in dieser Phase über den Grad derGruppenbindung und die Fluktuation innerhalb derBaugemeinschaft.

Mit der Grundstückssicherungund der Beauftragung eines Archi-tekten sind zwei wichtige Meilen-steine erreicht.

■ Über die Stadt Freiburg

■ Über Anzeige/Inserat der Baugemeinschaft

■ Über persönlichen Kontakt

■ Über Bauschild des Projekts

■ Über sonstige Kontakte und Hinweise

16%

20%

56%

1%

7%

15

Der Übergang von der Planungsphase zur Realisie-rungsphase erfolgt nahtlos. Spätestens jetzt wird es fürdie Beteiligten „ernst“. Verträge mit Finanzierungsin-stituten, dem Grundstücksverkäufer und den am Baubeteiligten Firmen sind einzugehen und lösen finanzi-elle Verpflichtungen aus. Beim Übergang von der Phaseder Planungsgemeinschaft zur Phase der Bauherren-gemeinschaft sollten die finanziell relevanten Punkteabschließend geklärt sein, z.B.

■ die Aufteilung der Bau- und Grundstückskosten

■ die Modalitäten der Zahlungsabwicklung

■ Sondernutzungsrechte an Gemeinschaftsflächen.

Hierzu sind rechtlich verbindliche Fixierungen notwen-dig. Je frühzeitiger konkrete Vereinbarungen zu mögli-chen strittigen – vor allem auch finanziellen – Fragengetroffen werden, umso geringer sind Konflikte undReibungsverluste in der Zukunft.

Der letzte Schritt (beim Mehrfamilienhaus) ist dieBildung der Eigentümergemeinschaft mittels des Teilungs-vertrages beim Notar. Zweckmäßigerweise wird derTeilungsvertrag umgehend nach dem Kaufvertrag,eventuell gleich im Anschluss, geschlossen. Dann erstkönnen die erforderlichen Grundschulden zu Lasten dereinzelnen Eigentumswohnungen in das Grundbuch ein-getragen werden. Erforderlich für die Eintragung derFinanzierungsgrundschulden der einzelnen Bauherrenist aber regelmäßig auch z.B., dass die gesamte Grund-erwerbsteuer bezahlt ist und eventuelle Vollmachten innotarieller Form bestätigt sind.

Die Darlehensverträge undsonstigen Kreditverträge mit denfinanzierenden Banken, Bau-sparkassen und Versicherungenschließt jeder Bauherr nur fürseinen Anteil an den Kaufpreis-und Baukosten ab.

Sollte ein einzelner Bauherr später seinen Ver-pflichtungen gegenüber seinem Kreditgeber nichtnachkommen können, so kann dieser nicht auf dieübrigen Bauherren und deren Eigentumswohnungenzugreifen.

Die rechtliche Ausgestaltung der Eigentümerge-meinschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz hatsich in der Praxis durchgesetzt, da sie gegenüber allenanderen Rechtsformen (z.B. Genossenschaft, bürger-lich-rechtliche Vereine, Gesellschaft bürgerlichenRechts, Miteigentümergesellschaft mit Gemeinschafts-regelung) erhebliche Vorteile aufweist. Das Wohnungs-eigentumsgesetz ist vom Ansatz her sachenrechtsbezo-gen, es ist zunächst an der gemeinschaftlichen Sache,dem gemeinschaftlichen Grundstück mit dem Gebäudeorientiert. Es geht vom Sondereigentum des einzelnenEigentümers an einer Wohnung oder Gewerbeeinheitund vom Miteigentum an Grund und Boden und an dengemeinschaftlichen Gebäudeteilen aus. Für jede Einheitwird beim Grundbuchamt ein besonderes Grundbuchangelegt, jede Einheit ist selbständig veräußerbar undbeleihbar. Die Interessen der einzelnen Eigentümerwerden durch das Wohnungseigentumsgesetz und demsich auf ihm gründenden Teilungsvertrag untereinan-der und gegenüber der Gemeinschaft abgegrenzt. DieGemeinschaft erhält so die erforderliche feste Strukturmit rechtlich genau festgelegten Regelungen.

Die in der Eigentümergemeinschaft zu erledigen-den laufenden Aufgaben werden dem Verwalter über-tragen. Die Beauftragung eines Verwalters kann auchzu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, sollte aber vorBezugsfertigkeit geschehen. Umfang und Inhalt des Auf-gabenbereichs werden durch das Wohnungseigentums-gesetz und den Verwaltervertrag konkretisiert. Verwal-ter kann ein Mitglied der Baugemeinschaft oder einbeauftragter Dritter sein.

VORTEILE DER BAUGEMEINSCHAFT

■ Die Baugemeinschaft führt zudeutlichen Kostenersparnissengegenüber herkömmlichenGestaltungsformen wie dem Kaufvom Bauträger.

■ Der einzelne Bauherr kann inhohem Maß auf die gesamteBaugestaltung und BauabwicklungEinfluss nehmen.

■ Baugemeinschaften sind, andersals konventionelle Bauträger, inder Lage, früh und individuell aufdie unterschiedlichen Bedürfnisseder Bauherren einzugehen. Bereitswährend der konzeptionellen Phaseentsteht so innerhalb des Stadt-teils ein differenziertes Angebot fürdie Nutzer: die „ökologische“ Bau-gemeinschaft, die „kostengünstige“Baugemeinschaft, die „gemein-schaftsorientierte“, die „barriere-freie“, die „kleine“ usw. . Vieleverschiedene Wohnformen, An-sprüche und somit auch Gebäudeentstehen nebeneinander.

■ Die Mitglieder der Baugemein-schaft entscheiden selbst, wer mitihnen baut. Die Zusammensetzungund Homogenität der Baugemein-schaft spielt für den Einzelnen beider Entscheidung über den Beitrittin die Gruppe eine bedeutendeRolle. Vor allem im Hinblick aufdas längerfristige Zusammenwoh-nen, sei es als Nachbar bei einerReihenhauszeile oder im Mehr-familienhaus, entscheiden dieseFaktoren über den Grad der Grup-penbindung. Bei einer homogenenGruppe werden auch beim Bauennicht ausbleibende unvorhergese-hene Klippen einvernehmlichüberwunden. Ein offenes und ver-

trauensvolles Umgehen miteinan-der erleichtert vor allem bei einemAusstieg einzelner Mitbauherrrendie faire und sachliche Bewälti-gung dieser Situation.

■ Ist auch gewerbliche Nutzunggeplant, sind Baugemeinschaftengut zur Umsetzung kleinteiligerNutzungsmischung geeignet: dajeder Bauherr ein vitales Interessean der Nutzung der gewerblichenEinheiten hat, existiert eine hoheAkzeptanz der Mischung innerhalbder Baugemeinschaften. Dies hatz.B. Auswirkungen auf die Ver-marktung: die Mitglieder der Bau-gemeinschaft akquirieren im Be-kanntenkreis oder bei Geschäfts-partnern potentielle Gewerbetrei-bende und erreichen andere Per-sonenkreise als Anzeigen o.ä. dies

können. In einzelnen Fällen sindMitglieder einer Baugemeinschaftsowohl Bauherren ihrer Wohnungals auch Investoren für Gewerbe-flächen.

■ Damit zusammenhängend hatsich inzwischen gezeigt, dassBaugemeinschaften eine außer-ordentlich solide Planung haben,ihre Gewerbeflächen und Wohnun-gen frühzeitig vermarkten undsomit schnell mit dem Bau begin-nen können. Jeder einzelne Bau-herr fordert eine transparenteKostenkontrolle ein, Kostenüber-schreitungen können schnellerkannt und reguliert werden.So sind nahezu alle Baugemein-schaften in der Tübinger Südstadtunter ihren anfänglichen Kosten-schätzungen geblieben.

Nach Umfragen in Freiburg empfanden Mitbauherren den Verlaufinnerhalb den Baugemeinschaften

■ 18% sehr harmonisch

■ 73% überwiegend harmonisch mit wenigen Unstimmigkeiten

■ 9% überwiegend schwierig mit vielen Unstimmigkeiten.

Insbesondere in Mehrfamilienhäusern ist bei Baugemeinschaften dasspätere Zusammenleben in der Hausgemeinschaft in der Regelhomogener als in Bauträgerobjekten oder reinen Mietshäusern. DieEigentümer/ Bewohner kennen sich bereits vor Bezug der Wohnunggeraume Zeit und haben gelernt, miteinander umzugehen. Auftre-tende Probleme werden angesprochen und die Bereitschaft, Konsenszu erzielen, wirkt meist fort. Die Identifikation mit dem Gebäudeselbst und das Streben nach einer funktionierenden Hausgemein-schaft sind im eigenen Interesse stark ausgeprägt.

Für interessierte Bauwillige empfiehlt es sich, anhand bereits re-alisierter und bewohnter Projekte von Baugemeinschaften, sich überVor- und Nachteile dieses Weges zum Wohneigentum ein Bild zu ma-chen und Eindrücke und Erfahrungen bei Beteiligten „abzufragen“.

17

Förderlich ist für die Baugemeinschaft eine kom-petente und engagierte Unterstützung durch dieKommune, z.B. als Ansprechpartnerin für dievielfältigen abwicklungstechnischen und bauli-

chen Fragen der Beteiligten. Mit einer qualifizierten In-formation über Ablauf, Erfahrungen und auch Schwie-rigkeiten bei Baugemeinschaften können für die Bau-willigen Sicherheit und Vertrauen in die Realisierungdes Projektes geschaffen werden. Vielfältige Service-leistungen sichern den Erfolg einer Stadtentwicklungs-politik, die das Instrument der Baugemeinschaften nutzt.

Eine von der Kommune ausgehende Initiative fürdas Entstehen von Baugemeinschaften hat den Vorteil,dass bereits frühzeitig auf die beabsichtigte Durchfüh-rung der Projekte im Wege von Baugemeinschaftenreagiert werden kann, etwa bei bauplanerischen Fest-setzungen, der Parzellierung von Grundstücken, derFestlegung von Gebäude- und Haustypen, der Erschlies-sung und der verwaltungsinternen Abwicklung.

So sollten Kommunen, die Baugemeinschaften ini-tiieren und unterstützen wollen, die Belange von Bau-gemeinschaften bereits im Rahmen der Bauleitplanung,insbesondere bei den Vorgaben des Bebauungsplanesbeachten. Durch eine zweckmäßige Grundstückspar-zellierung können verschiedene Gebäudetypen und Par-kierungssituationen erreicht werden, die ein adäquatesGrundstücksangebot für die unterschiedlichen Vor-stellungen einzelner Baugemeinschaften ermöglichen.

Da erfahrungsgemäß der An-teil junger Familien mit Kindernin den Baugemeinschaften sehrhoch ist, spielt die Planung derörtlichen Infrastruktur (z.B. Schule,Kindergarten, Anbindung an denöffentlichen Nahverkehr, öffentli-

che Spiel- und Grünbereiche) einewichtige Rolle. Die grundsätzlicheEntscheidung von Bauherren füreinen Standort hängt zudem auchwesentlich von der Einschätzungder sozialen Entwicklung des Bau-gebietes und des direkten Umfel-des ab.

Eine sichere Grundstücksoption ohne zu enge zeit-liche Begrenzungen ist für eine Baugemeinschaft eineder wesentlichen Ausgangsgrundlagen.

Nur in wenigen Ausnahmefällen ist eine Bauge-meinschaft in der Lage, ein Grundstück zu einem frühenZeitpunkt zu erwerben und vorzufinanzieren. In derRegel benötigen die Baugemeinschaften eine Mindest-vorlaufzeit, um die für die einzelnen Bauwilligen rele-vanten Grundlagen, etwa die Kosten der Wohnung unddie Sicherstellung der notwendigen Finanzierung, über-prüfen zu können. Während dieser Zeit ist es unabding-bar, dass ein verlässlicher Partner die Reservierungdes Grundstücks zu festgelegten Konditionen gewähr-leistet. Eine sichere Grundstücksoption und demzufol-ge die Kenntnis von Standort, Lage, Ausrichtung undbaulichen Vorgaben des Grundstücks ermöglichen einedeutliche Zeitersparnis bei dem Zusammenführen einerBaugemeinschaft. Letztlich sind sie unverzichtbare Vor-aussetzungen für das Gelingen gemeinschaftlicher Pro-jekte, da nur dann wesentliche Entscheidungsgrund-lagen vorhanden sind.

Neben Kommunen unterstützen zum Teil auch an-dere Institutionen, z.B. kirchliche Träger, Baugemein-schaften. Nach bisherigen Erfahrungen bleibt dagegender Erwerb eines Baugrundstückes von Privaten eineAusnahme.

INITIATIVE UND UNTERSTÜTZUNGDURCH DIE KOMMUNE

18

SERVICELEISTUNGEN DER KOMMUNE

Die erfolgreiche Umsetzung von Bauwünschenüber die Form von Baugemeinschaften hängtwesentlich von der Bereitschaft der Kommu-ne ab, hier Hilfestellung zu leisten. Sowohl

Freiburg als auch Tübingen haben mit der Einrichtungzentraler Projektgruppen für die Realisierung neuerBaugebiete bzw. städtebaulicher Erneuerungsprojektewichtige Grundvoraussetzungen für eine erfolgreicheUmsetzung geschaffen.

Als erheblicher Vorteil für die Bauinteressentenhaben sich die Bildung einer zentralen Ansprechstellefür Fragen und Informationen und die von dieser Stelleerfolgte Vermittlung von Kontakten zu beteiligten Fach-ämtern erwiesen. Über die Ansprechstelle können Bau-willige Informationen über wichtige Fragen erhalten wie

■ bestehende aktive Baugemeinschaften undderen Ansprechpartner,

■ Grundstücksangebote und deren Konditionen,

■ den generellen Sach- und Entwicklungsstanddes Baugebietes.

Die Baugemeinschaften können von den Städten aktivunterstützt werden durch

■ Werbung für Baugemeinschaften undVermittlung von Bauwilligen,

■ Unterstützung und ggf. weitergehendeBetreuung in der Anfangsphase,

■ Reservierung und Vorhaltung des Grundstücks,

■ Koordinierung der Termine undAbwicklung beim Notar.

Veranstaltungen derVolkshochschulen und

anderer Träger derErwachsenenbildung

Die kommunalen Serviceleistungenkönnen durch Maßnahmen der Er-wachsenenbildung begleitet werden.So bietet in Tübingen die Volks-hochschule einmal im Halbjahreinen Vortrag mit Diskussion zurechtlichen und praktischen Fragender privaten Baugemeinschaften an.

Diese Veranstaltungen dienender Information und der Klärungvon Fragen im Rahmen des Auftragsder Volkshochschulen und wirkendadurch auch vertrauensbildend.

Derartige Veranstaltungen kön-nen ebenso z.B. die evangelischenFamilienbildungsstätten und dieBildungswerke der katholischenKirche durchführen.

BEISPIELE IN FREIBURG

UND TÜBINGEN

Die Städte Freiburg und Tübingen initiieren und fördern bereits seiteinigen Jahren erfolgreich Baugemeinschaften in neu entstehendenStadtquartieren und städtebaulichen Erneuerungsgebieten. Die dortgemachten Erfahrungen, Kenntnisse und Vorgehensweisen werden an-hand einiger typischer Beispiele auf den folgenden Seiten dargestellt.

UND TÜBINGEN

BEISPIELE IN FREIBURG

20

Am westlichen Stadtrand vonFreiburg entsteht ein neuer Stadt-teil mit ca. 4 500 Wohnungen für10 000 bis 12 000 Bewohner. DieBebauung wird in 4 Bauabschnit-ten realisiert. Überwiegend wer-den Mehrfamilienhäuser errichtet,in kleinerem Umfang auch Einfami-lienhäuser.

Die Mehrfamilienhäuser sindmeist 4- bis 5geschossig, wobeidas oberste Stockwerk vielfach alsAttikageschoss ausgebildet ist.

FREIBURG / RIESELFELD

Folgende Anforderungen müs-sen die Einzelgebäude erfüllen:

■ Niedrigenergiebauweise

■ Anschluss an Fernwärme

■ Behindertengerechter Zugang

■ Bestimmter Anteil anbarrierefreien Wohnungen

■ Beteiligung an den gemein-schaftlichen Blockinnenbereichen

Diese Anforderungen werdenüber die Grundstückskaufverträgeabgesichert.

Nachhaltige Veränderungen aufdem Immobilienmarkt haben dieGründung von Baugemeinschaftenbegünstigt. Sie haben sich zu einemwichtigen Baustein im Rieselfeldentwickelt.

Bis heute sind ca. 50 Bauge-meinschaften aktiv, die einzelnenProjekte umfassen 8 bis 44 Woh-nungen und werden überwiegendgetragen durch private Gruppen so-wie vereinzelt durch kleinere undmittlere Investoren.

Betreut werden die Baugemein-schaften von einer außerhalb derVerwaltungshierarchie angesiedel-ten Projektgruppe.

Der erste Bauabschnitt mit1150 Wohnungen ist – bis auf ein-zelne Grundstücke – bebaut. Derzweite Bauabschnitt, ebenfalls1150 Wohnungen, befindet sich imBau. Der dritte Bauabschnitt mit1600 Wohnungen ist in der Ver-marktung, der vierte Bauabschnittist in der Planung.

21

DER NEUE STADTTEIL AUF EINEN BLICK

Die Infrastrukturmaßnahmen sind weitgehend – bis auf drei Kinder-betreuungseinrichtungen und den Stadtteiltreff – abgeschlossen.

22

BEISPIEL:8 ZWEIFAMILIENHÄUSER

15 Familien hatten sich Ende 1994 entschlossen, innerhalb einer Bau-gemeinschaft ihren Wunsch nach Wohnungseigentum zu erfüllen. Siebewarben sich um acht von der Stadt für Baugemeinschaften reser-vierte Grundstücke. Die Fläche der acht Grundstücke betrug 1 489 m2,die einzelnen Grundstücke waren zwischen 160 und 280 m2 groß.

Geschafft! Die erfolgreicheBaugemeinschaft

23

Nach den Festsetzungen des Bebauungsplanswaren auf den Grundstücken jeweils Gebäudemit drei Vollgeschossen und einem Attikage-schoss zulässig. Die Stellplätze konnten ober-

irdisch auf der gegenüberliegenden Straßenseite ange-legt werden.

Frühzeitig wurde ein Architekt beauftragt, der dieEntwurfsplanung erstellte. Parallel dazu wurde die Bau-gemeinschaft vervollständigt. Die Bauinteressentenschlossen sich zu einer Planungsgemeinschaft zusam-men, in einem Vertrag wurden die generellen Zielset-zungen, Abwicklungs- und Zahlungsmodalitäten sowieevtl. Ausstiegssituationen vereinbart.

Im Oktober 1995 wurden die Baugrundstücke vonden Mitgliedern der Baugemeinschaft zum Preis von188 000 DM (Endhaus) bzw. 156 000 DM (Mittelhaus)incl. Erschließungskosten erworben. Durch Teilungs-verträge entstanden acht Wohnungseigentümergemein-schaften.

Die Außenanlage lädt zum Spielen ein

24

Mit dem Bau wurde im November 1995 begonnen.Während der Bauphase trafen sich die Mitglieder derBaugemeinschaft regelmäßig, da über die Ausstattungder Häuser entschieden werden musste. Der beauftragteArchitekt beriet und unterstützte dabei die Baugemein-schaft. Die einzelnen Gewerke wurden vom Architektenjeweils separat ausgeschrieben. Nach Eingang der An-gebote entschied die Baugemeinschaft in Abstimmungmit dem Architekten über die Vergabe der Aufträge.

Realisiert wurden die Gebäude als Zweifamilien-häuser mit 2 übereinanderliegenden Maisonettewoh-nungen. Jedes Haus hat eine Breite von 7 und eine Län-ge von 11 m. In jedem Gebäude entstanden zwei Vier-bzw. Fünfzimmerwohnungen mit 100 bzw. 105 m2 Wohn-fläche. Die Nutzung der Gartenfläche wurde durch Son-dernutzungsrechte den Erdgeschosseigentümern über-lassen. Um die Grundstücke besser nutzen zu können,wurde für je 2 Gebäude ein gemeinsam genutztes Trep-

penhaus errichtet. Eine im Grundbuch eingetrageneGrunddienstbarkeit enthält Regelungen über die Kos-tentragung, Unterhaltung und Nutzung. Das Gebäudemusste entsprechend der vertraglichen Verpflichtungmit der Stadt in Niedrigenergiebauweise errichtet wer-den. Beheizt werden die Gebäude über Fernwärme.

Die Baugemeinschaft entschloss sich weiterhin fürdie Herstellung von Gründächern. Durch gemeinsameVersorgungsanschlüsse für Fernwärme, Wasser undStrom konnten Kosten eingespart werden. Die Unter-verteilung erfolgt im Keller der einzelnen Gebäude; dieAbrechnung wird von den Mitgliedern der Baugemein-schaft selbst organisiert

Die Gestehungskosten betrugen je nach Ausstattungund Haus zwischen 3100 DM/m2 und 3600 DM/m2

Wohnfläche. Die Finanzierung erfolgte bei sieben Mit-gliedern der Baugemeinschaft mit Hilfe einer Förde-rung aus dem Landeswohnungsbauprogramm.

Grundrissgestaltung und Ausstattung erfolgte durch die einzelnenBauherren. Die Individualität innerhalb der Gebäude ist von außennicht ersichtlich. Die Mitglieder der Baugemeinschaft legten Wert da-rauf, dass ein homogenes und ansprechendes äußeres Erscheinungsbildder Gebäude und der Außenanlage entsteht.

25

WEITERE BEISPIELE

Bislang sind in den Bauabschnit-ten 1 bis 3 insgesamt rund 50 Bau-vorhaben

■ in Mehrfamilienhäusern ab 4 Wohnungen, überwiegend zum Selbstbezug■ in Ein- und Zweifamilienhaus-zeilen, von 2 bis 8 Einzelgebäuden

von privaten als auch gewerbs-mässig betreuten Baugemein-schaften errichtet worden.

26

Struktur und Wohnformen

■ Kleinparzellierung

■ UnterschiedlicheGebäude und Haustypen

■ Vielfalt von Investoren-und Nutzergruppen (vom „Häuslebauer“über Baugemeinschaften bis zum Bauträger, von der Eigennutzung bis zur Kapitalanlage)

27

Ökologie und Umwelt

■ Niedrigenergiebauweise mitFernwärmeversorgung

■ öffentliche Grünflächen

■ gemeinsam genutzte privateBlockinnenbereiche

■ Naherholung im TiergehegeMundenhof und Opfinger See

■ Westliches Rieselfeld alsNaturschutzgebiet

28

FREIBURG /QUARTIER VAUBAN

Im April 1998 war der Spaten-stich für das erste private Bauvor-haben einer Baugemeinschaft. Siehatte sich das Ziel gesetzt, gemein-sam mit einem Architekten einMehrfamilienhaus zu realisieren.Zahlreiche Einzelbauherren, weitereBaugemeinschaften, aber auch ei-nige Bauträger bauen inzwischenauf dem Vauban Areal. Zur Zeit le-ben bereits 1000 Bewohner im neu-en Stadtteil.

Verkehrsberuhigung ist ein zen-trales Anliegen. Deshalb sind Stell-plätze auf den Hausgrundstückennicht erlaubt. Diese wurden in einerQuartiersgarage am Rande des Plan-gebiets geschaffen. Die Niedrigener-giebauweise ist allgemeiner Stan-dard und wird ergänzt durch dieVersorgung mit Fernwärme. Weitereökologische Elemente sind der Ver-zicht auf einen Regenwasserkanal,das Regenwasser versickert auf demGelände, und der Erhalt des altenBaumbestands.

Infrastruktureinrichtungen wieSchule und Kindergarten haben ih-ren Betrieb bereits aufgenommen.Verschiedene Läden eröffnen inKürze.

Neben dem Projekt Rieselfeldwird in Freiburg noch ein zweitesgroßes Stadtentwicklungsprojektdurchgeführt:

Das Quartier Vauban liegt imSüdwesten der Stadt. Das Arealwurde bis 1992 von den französi-schen Streitkräften genutzt. 1994erwarb die Stadt das ca. 38 hagroße Gelände.

Die Planungen sehen dieErrichtung von 2 000 Wohnungenfür ca. 5 000 Menschen vor.

29

DAS AREAL IM ÜBERBLICK

30

BEISPIEL: 6 REIHENHÄUSER,12 MAISONNETTEWOHNUNGEN

Am Anfang gab es eine Kerngruppe von Bau-herren und Baufrauen, die sich schon kanntenoder die befreundet waren. In dieser Kern-gruppe wurden bereits Vorentscheidungen fürdie künftigen Bauvorhaben wie Standort, Bau-weise, Passivhaustechnik und Rechtsform ge-troffen. Zwei Mentoren, ein Architekt und eineGruppentrainerin, begleiteten die Baugemein-schaft. Mit diesen wurden mehrfach vorberei-tende Treffen durchgeführt. Im Februar 1997bewarb sich die Baugemeinschaft mit einemModell und Überbauungsvorschlag um einenBauplatz auf dem Vaubangelände. Die Zusagedurch die Stadt erfolgte im Juni 1997.

31

Fenster individuell je Wohneinheit abgerechnet. DieserModus ergab eine annähernd gerechte Aufteilung derKosten. Eigenleistungen erfolgten zunächst nur im pri-vat abzurechnenden Ausbau. Zwei umfangreiche Bau-maßnahmen wurden gemeinschaftlich in Eigenleistungerbracht, in Stundenlisten erfasst aber nicht abgerech-net. Verhinderte Eigenleister stellten Ersatzleute undzahlten diese aus.

Die Baukosten betrugen rd. 6,4 Mio. DM, die Ge-stehungskosten je nach Ausstattung und Haus zwischen2 720 DM/m2 und 3 250 DM/m2 Wohnfläche. Die Finan-zierung erfolgte bei 11 Mitgliedern der aus 18 Mitglie-dern bestehenden Baugemeinschaft mit Hilfe einerFörderung aus dem Landeswohnungsbauprogramm.

Im Juli 1998 erwarben die Mit-glieder der Baugemeinschaftdas Baugrundstück zum Preisvon rd. 2,2 Mio. DM. Durch

Teilungsverträge entstanden Woh-nungseigentümergemeinschaften.Am Grundstück bestehen überwie-gend Sondernutzungsrechte, zen-trale Bereiche sind aber für einegemeinschaftliche Nutzung vorbehal-ten. Alle Reihenhäuser haben Gar-tenparzellen mit Sondernutzungs-recht, für die der volle Grund-stückskaufpreis zu bezahlen war.

Bei den Geschosswohnungen istje einer unteren und oberen Mai-sonettewohnung eine zu gleichenTeilen bezahlte Parzelle zugeteilt. Andieser hat die untere Wohneinheitdas Sondernutzungsrecht, im Aus-gleich für den höheren Wohnwertder oberen Wohneinheit in bevor-zugter Lage.

Die Gebäude wurden in Holz-ständerbauweise mit industriellerVorfertigung als Passivhäuser er-richtet und sind vollständig unter-kellert erstellt. Die Fläche derGrundstücke beträgt insgesamt2 056 m2.

Die Grundstückskosten für dieGemeinschaftsflächen wurden imVerhältnis der Bruttowohnflächender Wohneinheiten aufgeteilt. Bauund Abrechnung der Reihenhäuserund der Geschosswohnungen er-folgten getrennt. Für die Geschoss-wohnungen wurden die Baukostender im Miteigentum stehenden Bau-teile anteilig nach Brutto-Wohnflä-chen, der Innenausbau und die

Nutzungsmischung, Dichte, Par-zellierung und nutzbare öffentli-che Räume: das Konversionspro-jekt in der Tübinger Südstadt,das die ehemaligen französischenMilitärareale in einen lebendigenStadtteil umwandelt, hat sehr am-bitionierte Planungsziele.

Bis zum Jahr 2010 soll hierin einer städtischen StrukturRaum für 6 500 neue Bewohnerund 2000 Arbeitsplätze entstehen.Wesentlicher Bestandteil des Tü-binger Konzepts: die private Bau-gemeinschaft.

TÜBINGEN

Im Vergleich zur Stadtentwick-lung mit wenigen großen Investo-ren erfordert die kleinteilige Verga-be an Baugemeinschaften eine spe-zielle Vorgehensweise. In der Tü-binger Südstadt werden Parzellenbevorzugt an private Baugemein-schaften vergeben. Zur anfänglichenUnterstützung bietet das Stadtsanie-rungsamt auf verschiedene Weisedie Vermittlung von Kontakten an:Interessenten an Wohnungen undGewerbeflächen können sich mitder immer wieder aktualisiertenBroschüre Stadthausbörse über diebestehenden Baugemeinschaften,Konzepte und Ansprechpartner in-formieren.

Die Stadthausbörse vor Ort –einem Flohmarkt nicht unähnlich –bietet den Baugemeinschaften dieMöglichkeit, alle vier Wochen ihrePlanungen einem größeren Kreisan Interessenten vorzustellen undfür Fragen zur Verfügung zu stehen.Eine eigens aufgelegte BroschürePrivate Baugemeinschaften stellt be-reits abgeschlossene Projekte vorund beschreibt unterschiedlicheAspekte des Bauens in Baugemein-schaften. Darüber hinaus erhaltenInteressenten im Stadtsanierungs-amt Broschüren und Bücher, dieüber die rechtlichen Hintergründe,andere Beispiele usw. informieren.

Ein beliebter Treffpunkt: die Stadthausbörse

32

BEISPIEL: BAUGRUPPE SÜDIM LORETTO-AREAL

Die Gruppe aus elf Parteien setzt sich in ersterLinie aus jungen Familien zusammen, dane-ben finden sich aber auch kinderlose Paare,Singles und Alleinerziehende. Die Wohnun-

gen sind dementsprechend überwiegend Familienwoh-nungen mit 4 – 5 Zimmern (ca. 95 – 110 m2).

Mit 150 m2 sind die beiden Maisonettewohnungendie größten Einheiten innerhalb des Gebäudes. Die ge-samte Planung wurde den speziellen Bedürfnissen derBewohner angepasst, identische Grundrisse gibt es nicht.

33

Bereits seit 1994 existiert der Kern der Baugruppe Süd; auf eine An-zeige meldeten sich über 50 Interessenten, von denen jedoch nach einerlängeren Konzeptionsphase lediglich drei Familien übrigblieben, dieauch heute noch an dem Projekt beteiligt sind. Mit dem Ziel, kosten-günstig und nach eigenen Vorstellungen Wohnraum zu schaffen, wurdenim Bekanntenkreis und über Anzeigen weitere acht Mitstreiter geworben.

Als gemeinschaftliche Flächen einigte sich die Bau-gemeinschaft auf eine Dachterrasse und einen Party-raum im Erdgeschoss. Größter Nutzungskonflikt in derGruppe war die geplante und schlussendlich auch ge-baute Solaranlage: mittelfristig unwirtschaftlich, aberökologisch wünschenswert.

Neben dem Gemeinschaftsraum befinden sich imErdgeschoss noch vier Gewerbeflächen, die von einemArchitekturbüro, einer Versicherungsagentur, einemSicherheitsdienst und einer Weinhandlung genutzt wer-

Der Entwicklungsbereich „Stuttgarter Straße/

Französisches Viertel“

den. Nur das Architekturbüro istBesitzer der Gewerbefläche; die an-deren drei Flächen wurden vonBauherren aus der Baugruppe fi-nanziert und weitervermietet.

Die gesamte Bauabwicklungwurde aus der Gruppe heraus ge-managt, zwei Gruppenmitgliederkümmerten sich auf Stundenlohn-basis um die Geschäftsführung. DieArchitekten und weitere externeFachleute, z.B. ein Rechtsanwalt,brachten das notwendige Know-how ein.

Bauliche Eigenleistungen warennur in den Bereichen Fliesen, Ma-lerarbeiten und Bodenbeläge mög-lich. Die endgültigen Herstellungs-kosten inkl. Nebenkosten liegen beica. 2 850,- DM/m2; darin enthaltenist ein Grundstückskostenanteil vonca. 11%.

Baugruppe Süd (blaues Gebäude) im Loretto-Areal

34

Die Baugruppe schätzt, dass durch das selbst-bestimmte Bauen im Vergleich zur Erstellungdurch einen Bauträger ca. 35 – 40% Kosten-ersparnis (ca. 2 Mio. DM) erzielt wurden.

Außer den normalen staatli-chen Förderungen wie Eigenheim-zulage und Förderdarlehen der Lan-deskreditbank aus dem Landeswoh-nungsbauprogramm erfolgte keineweitere öffentliche Förderung desProjektes.

Inzwischen sind aus der Bau-gruppe Süd heraus bereits zwei wei-tere Bauprojekte entstanden, die ananderen Stellen in der Südstadtähnliche Konzeptionen verfolgen.

35

36

Im Projekt 14 haben sich 30 Familien und 8 Gewerbebetriebe zu-sammengeschlossen, um gemeinsam den Block 14 im FranzösischenViertel zu bebauen. Die Planungsphase dauerte von 1995 bis Anfang1997, bis zu einmal wöchentlich trafen sich Baufrauen und -herren.Neben der Konzeption und Planung standen vor allem rechtliche undfinanzielle Aspekte im Vorder-grund, da viele grundlegende Fra-gen wie Vertragsgestaltung oderKostenkontrolle für die ersten Bau-gemeinschaften noch ungeklärtwaren. Die Fertigstellung des Ge-bäudes erfolgte dann im Juli 1998.

BEISPIEL: PROJEKT 14IM FRANZÖSISCHEN VIERTEL

Das Französische Viertelim Überblick

37

passt. Eine Beteiligung der Nutzerläßt sich auch an der Fassade able-sen: den Bauherren standen bei derPlanung u.a. 16 verschiedene Fen-sterformate zur Verfügung, derenMischung heute die Gebäudean-sicht prägt.

Dementsprechend variierenauch die Wohnungsgrößen stark,nahezu alle Typen von der Klein-wohnung über die barrierefreieGeschosswohnung bis zur zwei-und dreigeschossigen Maisonettesind vorhanden.

Geplant war von Anfang an,neben der üblichen Bau-herrengruppe „junge Fa-milien“ auch andere Grup-

pen wie Ältere, Ausländer oderKörperbehinderte für das Projektzu interessieren, um so eine inter-ne Durchmischung zu erreichen.Teilweise ist dies gelungen, über-wiegend wird das Gebäude jedochvon jungen Familien bewohnt. Glei-che Nutzungsgrundrisse gibt esnicht, die Planung wurde den un-terschiedlichen Ansprüchen ange-

Der Innenhof des Projekts 14

38

Im Vordergrund stand bei derPlanung das Ziel, für jede Woh-nung einen hochwertigen Frei-raum zu schaffen, entweder alsebenerdige Terrasse oder alsgroßzügigen Balkon.

Wesentliches Thema für die Baugruppe war derInnenhof: räumlich und funktional der Mittelpunkt desProjekts 14 wurde er weit aufwendiger gestaltet als imGeschosswohnungsbau üblich. Auf Grund des enormenBauvolumens waren darüber hinaus größere gemeinsa-me Flächen finanzierbar, u.a. Gemeinschaftshaus, Holz-werkstatt, Fahrradwerkstatt, Fitnessraum und Sauna.

Gewerbliche Nutzer im Projekt 14 sind Bäckerei,Friseurstudio, Lebensmittelladen, Architekturbüro,Rechtsanwaltspraxis, Heilpraktikerin, Versicherungs-büro, das ökumenische Zentrum „Kirch’ am Eck“, einefeinmechanische und eine elektrotechnische Werkstatt,überwiegend in Erdgeschossflächen. Für die geplanteGaststätte fand sich lange kein Betreiber: inzwischenhaben einige Bewohner die Fläche als Investoren über-nommen und einen passenden Pächter gefunden.

Die Geschäftsführung der Baugruppe lag – rotie-rend – bei jeweils vier Mitgliedern, für die Kostenkon-trolle wurde zusätzlich ein externer Projektsteuerereingeschaltet. Positiv wirkte sich die Nähe der Archi-tekten zur Baugruppe aus. Das planende Architektur-büro war gleichzeitig auch Mitglied der Baugruppe.

Trotz eines hohen baulichen und ökologischen Stan-dards (natürliche Baustoffe, Massivholztreppen, über-wiegend Parkettböden) und der aufwendigen Gemein-schaftsflächen bewegen sich die Gesamtbaukosten imProjekt 14 bei ca. 3 300,- DM/m2.

Gut die Hälfte der Familienwurde in dem Sonderprogramm„Rationelles und ökologischesBauen“ im Rahmen des Landes-wohnungsbauprogramms durchFörderdarlehen gefördert.

Dennoch gestaltete sich die Finanzierung schwie-rig: Ausschließlich die überregionalen Kreditinstitutewollten sich auf das Risiko des selbstorganisiertenBauens einlassen.

EIN VORLÄUFIGES FAZIT

Die Erfahrungen in Freiburg und Tübingen haben gezeigt, dass füreine erfolgreiche Entwicklung mit privaten Baugemeinschaften zu-sätzliche Verwaltungsleistungen notwendig sind, etwa wegen des er-höhten Beratungsbedarfs. Nach einem kurzen Zeitraum ist es in die-sen Städten gelungen, das Bauen in Baugemeinschaften zu etablieren.Das Interesse an entstehenden Projekten ist so groß, dass für die mei-sten bereits kurze Zeit später ausreichend Interessenten gefunden sind.

Aufbauend auf den Erfahrungen der Pionierbaugruppen,die sich oftmals das juristische, finanzielle und sozialeHandwerkszeug selbst entwickeln mussten, haben dieaktuellen Baugruppen einen wesentlich geringerenAufwand und sind damit auch für weite Kreise derBevölkerung attraktiv.

Aus der vermeintlich exotischenNische ist in wenigen Jahren ein(fast) normaler Weg zum Wohn-eigentum geworden.

39

IMPRESSUM

BILDNACHWEISJens Bendtfeldt(Seite 29 Isometrie)

Rüdiger Buhl, Kirchzarten(Seite 7, 8, 18, 22 unten, 24, 25 Mitte, 29 unten, 30, 31)

Oswald Eckstein, Gammertingen(Seite 19 oben)

Manfred Grohe, Kirchentellinsfurt(Seite 34 oben)

Architekturbüro Ikarus, Tübingen(Seite 36 unten, 38 oben links)

Erich Meyer, Hasel(Seite 20 Luftbild, 39 oben)

Werner H. Müller, Stuttgart(Seite 19 unten, 32 ganzseitig)

Premium, Düsseldorf(Titel)

Manfred Richter, Freiburg(Seite 28 Luftbild, 39 unten)

Stadt Freiburg im Breisgau(Seite 20, 21, 22 oben,23, 25 oben und unten, 26, 27, 28, 39 unten)

Stadt Tübingen (Seite 32, 33, 34 unten, 35, 36 oben, 37, 38 oben rechts, 39 Mitte)

ZEFA, Düsseldorf(Seite 12, 16)

VERTEILERHINWEISDiese Informationsschrift wird von derLandesregierung Baden-Württembergim Rahmen ihrer verfassungsmäßigenVerpflichtung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit herausgegeben.Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfernwährend eines Wahlkampfes zumZwecke der Wahlwerbung verwendetwerden. Dies gilt für alle Wahlen.Missbräuchlich ist insbesondere dieVerteilung auf Wahlveranstaltungen,an Informationsständen der Parteiensowie das Einlegen, Aufdruckenoder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel.Untersagt ist auch die Weitergabean Dritte zur Verwendung bei derWahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einerbevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, dass dies als Parteinahme der Herausgeberin zu-gunsten einzelner politischer Gruppenverstanden werden könnte. DieseBeschränkungen gelten unabhängigvom Vertriebsweg, also unabhängigdavon, auf welchem Wege und inwelcher Anzahl diese Informationsschriftdem Empfänger zugegangen ist. Erlaubt ist es jedoch den Parteien, dieseInformationsschrift zur Unterrichtungihrer Mitglieder zu verwenden.

HERAUSGEBERWirtschaftsministerium Baden-WürttembergTheodor-Heuss-Straße 470174 StuttgartDezember 1999Unveränderter NachdruckMai 2001

GESTALTUNG UND SATZGrafik-Design, KonzeptionKlaus Killenberg70597 Stuttgart

DRUCKKonradin Druck GmbH70771 Leinfelden-Echterdingen