Baumarkt Deutschland - Bauindustrie Bayern · 2014. 9. 25. · Doch Werte und Ethik bleiben...

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BAU-RATIONALISIERUNG 20 ibr · Oktober 2012 – www.ibr-rgb.de Kriminelle und fragwürdige Methoden im Management deutscher Unternehmen und der damit korrespondierende Wer- teverfall innerhalb der wirtschaftlichen Eliten beherrschen die Medien. Nicht Wenige glauben, dass Geschäft und Mo- ral einander kategorisch ausschließen. Als Gegner wird „die Wirtschaft“ ausge- macht. Reputation und Glaubwürdigkeit ganzer Branchen stehen auf dem Spiel. Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass sich die Akteure selbst, also die Unternehmer nicht intensiver mit die- sem Problem auseinandersetzen. Es gibt zwar markante positive Beispiele wie Fra- port oder Siemens, aber auf breiter Basis wird das Thema Wertemanagement von der Wirtschaft nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und Intensität aufgegriffen. Eine positive Ausnahme hiervon ist die Initiative des EMB-Wertemanagement Bau. Dessen wissenschaftlicher Ansatz, daraus entwickelte Grundprinzipien, die praxisrelevante Ausgestaltung und Um- setzung im Unternehmensalltag von Firmen, die Mitglied des Trägervereins EMB-Wertemanagement Bau sind, – und damit die Notwendigkeit und Vor- teilhaftigkeit eines solchen Wertema- nagementsystems – sollen nachfolgend erläutert werden. 1. Begriffsverständnis von Wertemanagementsystem 1.1 Werte Werte bestimmen die Identität und den Geist des Handelns eines Unterneh- mens. Identifikation und Orientierung sind ihre Merkmale. Werte sind hand- lungsanleitend und geben Orientie- rung über erwünschte Handlungsziele. Werte formen Wahrnehmungsmuster eines Unternehmens und seiner Mitar- beiter. Die Werte eines Unternehmens liefern Orientierung für das Verhalten im Geschäftsalltag. Struktur und Kultur des Unternehmens fördern den Bezug zum Unternehmensalltag und können so zur Lösung von Konfliktsituationen beitragen, insbesondere in formal nicht geregelten oder nicht regulierbaren Be- reichen und Grauzonen. Damit steht in Zusammenhang, dass bei komplexen Wirtschaftsbeziehungen die geschlossenen Verträge in der Regel unvollständig sind, weil sich die Vielfalt vertraglicher Beziehungen nicht im Vor- aus vollständig erfassen lässt. Versucht man bei der Vertragsgestaltung jedem der denkbaren Probleme vorab Rech- nung zu tragen, nehmen solche Verträ- ge einen nicht mehr überschaubaren und auch meist nicht mehr begreifbaren Umfang an. Schließt man einen solchen unvollständigen Vertrag mit einem Un- ternehmen, das von derartigen Werten bestimmt wird, kann man davon ausge- hen, dass man bei einer auftretenden Vertragslücke eben nicht „über den Tisch gezogen wird“, sondern dass nach einer fairen, die Interessen beider Seiten be- rücksichtigenden Lösung gesucht wird. Das EMB-Wertemanagement Bau Erfolgreicher Prototyp eines wertegetriebenen Compliance Management Systems Richard Weidinger Baumarkt Deutschland Liebe Leserinnen und Leser, das Thema Compliance haben wir erst zweimal in der ibr behandelt. Einen ausführlichen Bericht konnten Sie bereits in der Ausgabe 1 2011 lesen, in dem Frau Dr. Katrin Rohr-Suchalla, CMS Hasche Sigle ausführlich Compliance unter branchenspezifischen Gesichtspunkten für die Bauwirtschaft dargestellt hat. In diesem Jahr wurde das Thema im Rahmen des Abends „Begegnungen…“ von Prof. Dr. habil. Josef Wieland, Konstanz Institut für Wertemanagement erneut aufgegriffen (vgl. Ausgabe 1 2012). Doch Werte und Ethik bleiben besonders in der Bau- und Immobilienbranche von großer Bedeutung. Aus der Studie Com- pliance in der Bau- und Immobilienwirtschaft, die von Deloitte in diesem Jahr veröffentlicht wurde, wird dies folgendermaßen begründet: Die Anfälligkeit in der Bau- und Immobilienbranche „für Compliance-Verstöße ist im Branchenvergleich allerdings besonders hoch, was nach Auffassung der Studienteilnehmer insbe- sondere hohen Einzelvolumina je Geschäftsvorfall sowie der geringen Anzahl der bei wesentlichen Geschäftsprozessen beteiligten Funktionsträger geschul- det ist.“ Hierzu muss erwähnt werden, dass bei 85 Rückläufen für die Studie nur 7,1 % (6) Bauunternehmen beteiligt waren. Auch wenn bereits erste Ansätze zur Umsetzung eines Compliance Management-Systems aus der Studie zu erken- nen sind, so verbleiben indes weitere Verbesserungspotentiale bei der Umset- zung der Compliance Management-Grundsätze in den Unternehmen. Dies haben wir zum Anlass genommen, erneut das Thema Compliance aufzu- greifen und möchten Ihnen die Initiative aus der Bauwirtschaft, den EMB-Wer- temanagement Bau e.V. vorstellen. In dieser Ausgabe lesen Sie zunächst die Grundsätze der Compliance-Strategie, bevor wir Ihnen in der nächsten Ausgabe den Verein ausführlich vorstellen. Ihre Christina Hoffmann

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BAU-RATIONALISIERUNG

20 ibr · Oktober 2012 – www.ibr-rgb.de

Kriminelle und fragwürdige Methoden im Management deutscher Unternehmen und der damit korrespondierende Wer-teverfall innerhalb der wirtschaftlichen Eliten beherrschen die Medien. Nicht Wenige glauben, dass Geschäft und Mo-ral einander kategorisch ausschließen. Als Gegner wird „die Wirtschaft“ ausge-macht. Reputation und Glaubwürdigkeit ganzer Branchen stehen auf dem Spiel. Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass sich die Akteure selbst, also die Unternehmer nicht intensiver mit die-sem Problem auseinandersetzen. Es gibt zwar markante positive Beispiele wie Fra-port oder Siemens, aber auf breiter Basis wird das Thema Wertemanagement von der Wirtschaft nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und Intensität aufgegriffen.

Eine positive Ausnahme hiervon ist die Initiative des EMB-Wertemanagement

Bau. Dessen wissenschaftlicher Ansatz, daraus entwickelte Grundprinzipien, die praxisrelevante Ausgestaltung und Um-setzung im Unternehmensalltag von Firmen, die Mitglied des Trägervereins EMB-Wertemana gement Bau sind, – und damit die Notwendigkeit und Vor-teilhaftigkeit eines solchen Wertema-nagementsystems – sollen nachfolgend erläutert werden.

1. Begriffsverständnis von Wertemanagementsystem

1.1 Werte

Werte bestimmen die Identität und den Geist des Handelns eines Unterneh-mens. Identifikation und Orientierung sind ihre Merkmale. Werte sind hand-lungsanleitend und geben Orientie-rung über erwünschte Handlungsziele.

Werte formen Wahrnehmungsmuster eines Unternehmens und seiner Mitar-beiter. Die Werte eines Unternehmens liefern Orientierung für das Verhalten im Geschäftsalltag. Struktur und Kultur des Unternehmens fördern den Bezug zum Unternehmensalltag und können so zur Lösung von Konfliktsituationen beitragen, insbesondere in formal nicht geregelten oder nicht regulierbaren Be-reichen und Grauzonen.

Damit steht in Zusammenhang, dass bei komplexen Wirtschaftsbeziehungen die geschlossenen Verträge in der Regel unvollständig sind, weil sich die Vielfalt vertraglicher Beziehungen nicht im Vor-aus vollständig erfassen lässt. Versucht man bei der Vertragsgestaltung jedem der denkbaren Probleme vorab Rech-nung zu tragen, nehmen solche Verträ-ge einen nicht mehr überschaubaren und auch meist nicht mehr begreifbaren Umfang an. Schließt man einen solchen unvollständigen Vertrag mit einem Un-ternehmen, das von derartigen Werten bestimmt wird, kann man davon ausge-hen, dass man bei einer auftretenden Vertragslücke eben nicht „über den Tisch gezogen wird“, sondern dass nach einer fairen, die Interessen beider Seiten be-rücksichtigenden Lösung gesucht wird.

Das EMB-Wertemanagement BauErfolgreicher Prototyp eines wertegetriebenen Compliance Management Systems

Richard Weidinger

Baumarkt Deutschland

Liebe Leserinnen und Leser,

das Thema Compliance haben wir erst zweimal in der ibr behandelt. Einen ausführlichen Bericht konnten Sie bereits in der Ausgabe 1 2011 lesen, in dem Frau Dr. Katrin Rohr-Suchalla, CMS Hasche Sigle ausführlich Compliance unter branchenspezifischen Gesichtspunkten für die Bauwirtschaft dargestellt hat. In diesem Jahr wurde das Thema im Rahmen des Abends „Begegnungen…“ von Prof. Dr. habil. Josef Wieland, Konstanz Institut für Wertemanagement erneut aufgegriffen (vgl. Ausgabe 1 2012). Doch Werte und Ethik bleiben besonders in der Bau- und Immobilienbranche von großer Bedeutung. Aus der Studie Com-pliance in der Bau- und Immobilienwirtschaft, die von Deloitte in diesem Jahr veröffentlicht wurde, wird dies folgendermaßen begründet: Die Anfälligkeit in der Bau- und Immobilienbranche „für Compliance-Verstöße ist im Branchenvergleich allerdings besonders hoch, was nach Auffassung der Studienteilnehmer insbe-sondere hohen Einzelvolumina je Geschäftsvorfall sowie der geringen Anzahl der bei wesentlichen Geschäftsprozessen beteiligten Funktionsträger geschul-det ist.“ Hierzu muss erwähnt werden, dass bei 85 Rückläufen für die Studie nur 7,1 % (6) Bauunternehmen beteiligt waren. Auch wenn bereits erste Ansätze zur Umsetzung eines Compliance Management-Systems aus der Studie zu erken-nen sind, so verbleiben indes weitere Verbesserungspotentiale bei der Umset-zung der Compliance Management-Grundsätze in den Unternehmen.

Dies haben wir zum Anlass genommen, erneut das Thema Compliance aufzu-greifen und möchten Ihnen die Initiative aus der Bauwirtschaft, den EMB-Wer-temanagement Bau e.V. vorstellen. In dieser Ausgabe lesen Sie zunächst die Grundsätze der Compliance-Strategie, bevor wir Ihnen in der nächsten Ausgabe den Verein ausführlich vorstellen.

Ihre Christina Hoffmann

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1.2 Wertekodex

Ein Wertekodex stellt die schriftlich fi-xierte Unternehmenskultur dar. Dieser muss individuell ausgeprägt sein und auf die firmenspezifischen Verhältnisse Rücksicht nehmen, so dass sich sämt-liche einbezogenen Mitarbeiter darin wiederfinden. Ein solcher Wertekodex darf nicht von der Firmenleitung dik-tiert werden, sondern sollte idealerwei-se unter Einbeziehung der relevanten Mitarbeiterebenen und ggf. auch des Betriebsrats gemeinsam erarbeitet und ausgestaltet werden. Die solchermaßen kodifizierte Unternehmenskultur darf nicht allein altruistisch geprägt sein, sondern muss der Überzeugung ent-springen, der Sicherung der Unterneh-mensexistenz und der Steigerung des Unternehmenserfolgs in einem umfas-senden Sinn zu dienen.

Bei der Einführung eines solchen Sys-tems muss man daher den unternehme-rischen Zweck angeben können, der mit Hilfe des Wertekodex erreicht werden soll. Aus dieser Perspektive zeigt sich, dass Wertemanagement ein systemati-scher Prozess ist, der auf einen Wett-bewerbsvorteil abzielt und keinesfalls einen Wettbewerbsnachteil darstellt. Es geht um die Implementierung eines an Werten orientierten Geschäftspro-zesses, der prinzipiell alle Belange des Unternehmens umfasst und von einer starken Unternehmenskultur angetrie-ben wird.

Konkrete Aspekte dieser Unterneh-mensziele können unter anderem sein Schutz der Mitarbeiter vor individueller Strafverfolgung sowie Schutz des Unter-nehmens vor Geldbußen, Reduzierung von Transaktionskosten (Schnittstellen, interne Revision) im Unternehmen, Ver-besserung des Ratings des Unterneh-mens, Steigerung von Motivation und Zu-friedenheit der Mitarbeiter, Verbesserung der Reputation des Unternehmens in der öffentlichen Wahrnehmung sowie das An-liegen, ein attrak tiver Arbeitgeber zu sein.

1.3 Wertemanagementsystem

Ein Wertemanagementsystem nach dem Verständnis des EMB-Wertemanage-ment Bau verfolgt nicht nur eine Compliance-Strategie, sondern ist ein umfassendes werteorientiertes Manage-mentkonzept. Es ist ein Instrument, um nach außen und nach innen zu signali-sieren – und das auch zu dokumentieren –, dass sich das Unternehmen gegen-über allen am Bauprozess Beteiligten rechtstreu, integer und fair verhalten will.

2. Compliance im Unternehmen

Compliance bedeutet die Erfüllung be-ziehungsweise Einhaltung von Geset-zen, Verordnungen, sonstigen Rechts-vorschriften sowie Richtlinien und Verhaltensmaßregeln. Es geht um die Einhaltung aller normativen Vorgaben eines Unternehmens, unabhängig von der Frage, ob eine Vorgabe sich aus zwingendem Recht oder einer freiwilli-gen Selbstverpflichtung ergibt.

Compliance im Unternehmen bezweckt zum einen den Schutz des Unterneh-mers, der Unternehmensleitung und aller relevanten Mitarbeiter vor persön-licher Strafverfolgung. Zum anderen hat sie auch den Schutz des Unter-nehmens selbst zum Ziel. Zwar gibt es im deutschen Recht bisher kein Unternehmensstrafrecht, doch kann ein Unternehmen selbst nach § 30 Ordnungswidrigkeitengesetz mit einer Geldbuße belegt werden. Wirtschaftlich wesentlich gravierender können sich ein Ausschluss von öffentlichen Aufträgen oder auch diverse Schadensersatzan-sprüche, die gegen das Unternehmen wegen eines Rechtsverstoßes geltend gemacht werden können, auswirken.

2.1 Strafrechtliche Sanktionen ge-gen Unternehmensangehörige

Im Baubereich unter Umständen rele-vant werdende Straftaten beziehungs-weise Ordnungswidrigkeiten, aufgrund derer Unternehmensangehörige zur Rechenschaft gezogen werden können, sind im Wesentlichen

• Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wegen wettbewerbswidriger Abspra-chen bei Ausschreibungen,

• Korruptionsdelikte,

• Betrugsdelikte,

• Untreue bei wettbewerbswidrigen Absprachen und bei der Durchfüh-rung von Bauvorhaben,

• Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung,

• Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wegen illegaler Arbeitnehmerüber-lassung,

• Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wegen illegaler Ausländerbeschäf-tigung,

• Steuerhinterziehung,

• Insolvenzdelikte,

• Straftaten und Ordnungswidrigkei-ten im Bereich des baubezogenen Umweltrechts,

• Delikte im Bereich des baubezoge-nen Fahrpersonalrechts und einiges mehr.

Das Wissen um die Bedeutung der Ein-haltung dieser und weiterer Straftatbe-stände und daraus resultierend entspre-chende Schulungsmaßnahmen sollen den einzelnen Firmenangehörigen vor Strafe schützen, dienen aber auch mit-telbar dem Schutz des Unternehmens selbst.

2.2 Ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen gegen das Unter-nehmen

Begehen Führungspersonen eines Unternehmens eine Straftat oder Ord-nungswidrigkeit, kann gegen das Un-ternehmen selbst eine Geldbuße nach § 30 Ordnungswidrigkeitengesetz ver-hängt werden. Voraussetzung ist, dass aus dem Unternehmen heraus gegen Pflichten verstoßen wird, die den Un-ternehmensträger treffen, oder dass der Unternehmensträger durch die Tat be-reichert worden ist oder werden sollte.

Personen, deren unternehmensbezo-gene sanktionierte Handlungen sich das Unternehmen zurechnen lassen muss, sind

• Geschäftsführer (GmbH) und Vor-stände (Aktiengesellschaft, Verein, Stiftung),

• vertretungsberechtigte Gesellschaf-ter einer Personenhandelsgesell-schaft (OHG, KG),

• Generalbevollmächtigte, Prokuris-ten, Handlungsbevollmächtigte einer juristischen Person,

• Personen, denen im Unternehmen verantwortliche Leitungs- oder Kon-trollaufgaben übertragen sind, zum Beispiel Niederlassungsleiter, Leiter Rechnungswesen etc.

2.3 Ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen gegen den Unter-nehmer

Wer als Inhaber eines Betriebs oder Un-ternehmens vorsätzlich oder fahrlässig

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die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, han-delt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnah-men gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen (§ 130 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz).

Als Präventionsmaßnahmen zur Verhin-derung von Aufsichtspflichtverletzun-gen im Sinne von § 130 Ordnungswid-rigkeitengesetz werden im Einzelnen bestimmte Organisationsanforderungen gestellt, die dazu beitragen sollen, dass Regelverstöße im Unternehmen mög-lichst vermieden werden. Dies sind

• sorgfältige Personalauswahl,

• sachgerechte Organisation und Aufgabenverteilung,

• angemessene Aufklärung und Schulung,

• ausreichende Kontrolle,

• angemessenes Einschreiten bei Fehlverhalten.

Auch wenn bisher keine explizite Ver-pflichtung zur Einführung einer Com-pliance-Strategie im Unternehmen besteht, ergibt sich die Notwendigkeit hierzu aus dem gesamten ein Unter-nehmen umgebenden Rechtsrahmen. § 91 Abs. 2 Aktiengesetz, dessen Grundsatz nicht nur für Aktiengesell-schaften, sondern allgemein für Unter-nehmen in Deutschland gilt, verpflichtet den Vorstand, „geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwa-chungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefähr-dende Entwicklungen frühzeitig erkannt werden“.

Bei einem Fehlverhalten im Unterneh-men wird zwangsläufig die Frage ge-stellt werden, welche Maßnahmen zur Vermeidung bloßer Handlungen prä-ventiv getroffen worden sind. Hieraus resultiert die Notwendigkeit für jedes Unternehmen, die relevanten Mitarbei-ter entsprechend aufzuklären, Schulun-gen und Trainingsmaßnahmen anzu-bieten etc. und dies auch nachweisbar zu dokumentieren. Der Umfang der je-

weils zu treffenden Maßnahmen ist fir-menspezifisch festzulegen.

3. Werte im Unternehmen

Die Unternehmenskultur, Unterneh-mensphilosophie, das Leitbild eines Unternehmens sowie die unterneh-menskulturelle Ausrichtung der Mitar-beiter wird durch Werte geprägt. Eine an Werten ausgerichtete Compliance definiert daher nicht nur die verbotenen und unerwünschten, sondern vor allem die erwünschten Handlungen.

Werte verleihen einem Unternehmen seine Identität und sind eine Art Visiten-karte. Sie geben in dieser Funktion Auskunft darüber, für welche Werte das Unternehmen steht und welche Art von Geschäften es anstrebt. Werte formen Wahrnehmungsmuster eines Unter-nehmens und seiner Mitarbeiter. Daher hängt von den Werten grundlegend die Aufmerksamkeit und Sensibilität der Unternehmens angehörigen für Com-pliance-Fragen ab. Die Werte eines Un-ternehmens liefern Orientierung für das Verhalten im Geschäftsalltag.

Anders als Rechtsvorschriften, aber auch anders als unternehmensinterne Richtlinien und Verfahrensanweisun-gen liegt die Stärke von Werten darin, dass sie allgemeiner Natur sind, sie also die Prinzipien des erwünschten Verhaltens festlegen. Die Werte und ethischen Grundprinzipien eines Un-ternehmens sind allerdings nur dann handlungsanleitend, wenn es gelingt, sie unternehmenskulturell – und damit buchstäblich in den Köpfen und Herzen der Führungskräfte und Mitarbeiter – zu verankern.

Diese wertegeprägte Ausrichtung er-langt ihre besondere Bedeutung dort, wo Handlungen nicht formal geregelt sind, die Mitarbeiter aber trotzdem wis-sen, in welchem Sinn gehandelt werden soll. Um diese Gemeinsamkeit zu errei-chen, bedarf es der Formulierung fir-meneigener Grundwerte, Leitlinien und Verhaltensstandards.

Bestimmte Verhaltensweisen, wie zum Beispiel der Umgang mit Geschenken, kann im Detail – hier zum Beispiel in einer konkreten Geschenke-Richtlinie – geregelt werden. Der Umgang mit al-len im unternehmerischen Alltag auftre-tenden Problemen lässt sich aber nicht vollumfänglich und abschließend re-geln. Wohl aber lässt sich der Rahmen beschreiben, wie unternehmerisches Handeln stattfinden soll.

Die die Unternehmenskultur definieren-den Werte sind vielfältig. Folgende Wer-tekategorien lassen sich hier bilden:

• Moral (Integrität, Fairness, Ehrlich-keit, Verantwortung, Vertragstreue),

• Kooperation (Loyalität, Teamgeist, Offenheit, Kritikfähigkeit),

• Leistung (Leistungsbereitschaft, Kreativität, Innovation, Qualität),

• Kommunikation (Gegenseitige Ach-tung, Verständigungsbereitschaft, Zugehörigkeitsgefühl, Einbindung von Auftraggebern, Kunden, Öffent-lichkeit).

Einen hohen Stellenwert in dieser Un-ternehmenskultur hat die Rechtstreue. Anhand solcher konkret festgelegter Unternehmenswerte definiert sich der Umgang firmenextern mit Auftragge-bern, Kunden, Partnern, Öffentlichkeit und firmenintern mit den Mitarbeitern.

4. Gesamtheitliches unternehmens-kulturelles Managementkonzept

Compliance ohne Werteorientierung und ohne gelebte moralische Führungs-kultur wird nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. Der Hauptzweck, nämlich die Prävention doloser Handlungen, wird mit Compliance allein nicht erreicht.

So hatte der amerikanische Energielie-ferant Enron, das bis dahin siebtgrößte Un ternehmen der USA, zwar ein um-fangreiches Compliance-Programm, das in die Wirtschaftsliteratur als Enron-Ethics eingegangen ist; es fehlte jedoch der moralische Hintergrund, die Werte-orientierung. Der Zusammenbruch kam am 2.12.2001. Innerhalb von 10 Mona-ten war der Aktienkurs von 90 US-Dollar auf 26 US-Cent gefallen. Allein bei den Aktionären führte diese Insolvenz zu einem Verlust von 60 Milliarden US-Dollar. An diesem Beispiel wird deutlich, das Regeln allein kein Garant für sau-bere Geschäfte sein müssen.

Werte ohne Compliance führen nicht zu der angestrebten Gerichtsfestigkeit zugunsten des Unternehmens bzw. Un-ternehmers. Nur wenn im Unternehmen den firmenspezifischen Compliance-Anforderungen Rechnung getragen wird, kann man sich im Fall eines straf-baren Fehlverhaltens einzelner Firmen-angehöriger (z. B. Teilnahme an einer Preisabsprache) gegenüber den Ermitt-lungsbehörden bzw. dem Gericht darauf berufen, mit der Implementierung von

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Compliance im Betrieb alles getan zu haben, um solches Fehlverhalten Ein-zelner zu verhindern.

Man braucht also ein Management-system, das beide Komponenten, Compliance und Werteorientierung, zusammenführt. Compliance ist zwar integraler Bestandteil eines Wertema-nagementsystems. Aber erst die Werte-orientierung gibt Compliance Substanz und Effektivität.

Ein wertegetriebenes Compliance Ma-nagement System verfolgt einen Ansatz „Compliance als Führungsaufgabe“ und legt daher den Schwerpunkt auf werte orientierte Verhaltensstandards, Führungskultur, Kommunikation, Doku-mentation und in diesem Kontext dann auch auf Kontrollen und eine Auditie-rung. Dieser Prüfansatz zielt auf das Management von Werten; Compliance ist davon nur ein Aspekt. Demzufolge hat auch ein Wertemanagementsystem eine ausgeprägte Auditkomponente, aber eingeordnet in einen übergreifen-den Werteansatz, weil nur so die Com-pliance-Funktion wirksam gestaltet und erfüllt werden kann.

Compliance Management und Wer-temanagement sind daher komple-mentäre, aber verschiedene Manage-mentansätze, die keinesfalls synonym verstanden werden dürfen. Compliance Management ist Kernbestandteil eines umfassenden Wertemanagements – und nicht umgekehrt.

Nach Wieland1 bedarf es hierzu im Unter-nehmen folgender Organisationsstufen:

• Kodifizierung der Unternehmens-werte (Grundwerte, Code of Ethics),

• Formulierung gemeinsamer Werte und Prinzipien, von denen man sich im unternehmerischen Alltag leiten lassen möchte,

• Implementierung dieser Werte im Unternehmen (Schulung, Training, Arbeitsanweisungen),

• Systematisierung (Auditsystem),

• Organisation ( Chefsache, Einrich-tung eines Compliance- und/oder Wertemanagementbeauftragten).

Die Einrichtung eines werteorientier-ten Compliance-Managements mit der Verklammerung von Recht, Moral, In-dividuum und Gemeinschaft ist eine Investition in die Reputation des Un-

Richard Weidinger (Vorsitzender)

EMB-Wertemanagement Bau e. V. Oberanger 32 80331 München Internet: www.bauindustrie-bayern.de/emb.html

1 Vgl. Wieland, Unternehmensethik und Com-pliance-Management – zwei Seiten einer Medaille in CCZ 2008, S.15

Die aktuelle Broschüre des EMB-Wertemanagement Bau e. V. steht unter www.bauindustrie-bayern.de/emb.html zum Download zur Verfügung.

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ternehmens und damit in den Erfolg seines wirtschaftlichen Handelns. Die Spannung zwischen Compliance und Werteorientierung hat bereits Aristote-les in seiner Nikomachischen Ethik wie folgt zusammengefasst: „Wer recht han-delt, hält sich an das Gesetz; wer billig handelt, handelt auch in all jenen Fällen im Geiste des Gesetzes, in denen der Gesetzgeber keine strikte Regelung er-lassen hat“.

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BAU-RATIONALISIERUNG

22 ibr · Dezember 2012 – www.ibr-rgb.de

Richard Weidinger

EMB-Wertemanagement Bau e. V.

Die Initiative zur Einführung eines Wer-temanagementsystems in der Bauwirt-schaft geht auf Diskussionen im Bayeri-schen Bauindustrieverband e. V. zurück, die wissenschaftlich begleitet von den renommierten Wirtschaftsethikern Prof. Dr. Dr. Karl Homann und Prof. Dr. Josef Wieland am 2. Mai 1996 zur Gründung des Trägervereins „Ethikmanagement der Bauwirtschaft e. V.“ geführt haben. 2007 wurde eine weiterentwickelte Satzung und der neue Vereinsname „EMB-Werte management Bau e. V.“ beschlossen. An dem Grundanliegen und den Zielsetzungen, nämlich in den Unternehmen und der gesamten Bran-che die Handlungsbedingungen so zu gestalten, dass der Einzelne im Hand-lungsvollzug Rechtstreue, Integrität, Fairness und Transparenz ohne Nach-teile praktizieren kann, hat sich dadurch nichts geändert.

Vor dem Hintergrund der positiven Er-fahrungen hat der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie im Frühjahr 2007 das EMB-Wertemanagement Bau zu einer Initiative für die Bauindustrie in ganz Deutschland erhoben.

Das EMB-Wertemanagement Bau soll die richtige Antwort auf den Kontrollan-spruch des Staates in einer gewinnori-entierten Wirtschaft sein. Bekanntlich führt Misstrauen zu einer Regelungs-wut, die ihren Niederschlag in über-bordenden Gesetzen und Vorschriften findet. Damit ist die Eigenverantwortung

Das EMB-Wertemanagement Bau

Erfolgreicher Prototyp eines wertegetriebenen Compliance Management SystemsTeil 2

der handelnden Unternehmen und Per-sonen nicht mehr gefragt, die Freiheit im Handeln wird immer mehr reguliert und damit eingeschränkt.

Das EMB-Wertemanagement Bau mit seiner Selbstverpflichtung und Selbst-bindung soll Transparenz und Vertrauen schaffen. Es erkennt natürlich als obers-tes Unternehmensziel an, nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, das allerdings in einem akzeptierten, mora-lisch-ethisch untermauerten Rahmen. Dieses Managementsystem zeigt einen Weg auf, wie man eine compliance-ori-entierte und wertegetriebene Unterneh-menskultur nachweisbar etablieren und aufrechterhalten kann.

Das EMB-Wertemanagement Bau be-steht aus vier verpflichtenden Elementen:

1. Kodifizierung

Zentraler Baustein des EMB-Wertema-nagement Bau ist die Kodifizierung der Grundwerte eines Unternehmens in einer Grundwerte-Erklärung, einem Leitbild oder einem gleichwertigen Do-kument. In einer solchen Erklärung legt das Unternehmen die grundlegenden Werte fest, auf deren Basis es seine internen und externen Unternehmens-aktivitäten stellt.

Die Grundwerte-Erklärung hat die Auf-gabe, die im Umgang mit Kunden, Part-nerunternehmen, Nachunternehmen, Lieferanten, Mitarbeitern und anderen wichtigen Interessengruppen des Un-

Liebe Leserinnen und Leser,

bereits in der letzten Ausgabe haben wir Ihnen die Initiative aus der Bauwirtschaft zum Thema Compliance vorgestellt. Nachdem Sie nun die Grundsätze der Compli-ance-Strategien kennenlernen konnten, möchten wir Ihnen in dieser Ausgabe den Verein EMB-Wertemanagement Bau selbst näherbringen. Hierzu gehören vor allem die vier verpflichtenden Elemente des EMB-Wertemanagement Bau, aber auch die Umsetzung, Akzeptanz und Anerkennung, die der Verein mit seinen Inhalten zwi-schenzeitlich errungen hat.

Ihre Christina Hoffmann

ternehmens grundlegenden und maß-geblichen Eckpfeiler für das unterneh-merische Handeln zu beschreiben. Mit der Formulierung von Unternehmens-werten bringt das Unternehmen zum Ausdruck, in welcher Weise es seine Geschäftspraxis grundsätzlich gestal-ten möchte.

Die Grundwerte-Erklärung kann somit dazu beitragen, dem Unternehmen eine unverwechselbare Identität zu verleihen und die nötige Glaubwürdigkeit bei sei-nen internen und externen Partnern zu verschaffen.

2. Implementierung

Die praktische Umsetzung der Grund-werte-Erklärung erfolgt durch die Entwicklung von unternehmensspezi-fischen Verhaltensstandards, unter an-derem zu den Bereichen Rechtstreue und Integrität, Ablehnung wettbewerbs-beschränkender Absprachen, Umgang mit Auftraggebern, Partnerunterneh-men, Nachunternehmen, Lieferanten und sonstigen Geschäftspartnern. Bei der praktischen Umsetzung der Verhal-tensstandards ist das wichtigste Instru-ment deren formale Integration in das Arbeitsverhältnis.

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Es ist Aufgabe der Führungskräfte, die Verhaltensstandards vorzuleben und zu kommunizieren. Durch Schulun-gen werden die relevanten Mitarbeiter über Inhalt und Konsequenzen des Wertemanagementsystems und der einschlägigen Rechtsvorschriften für ihre Tätigkeit informiert. Interne und ex-terne Kommunikation der Grundwerte-Erklärung und der darauf beruhenden Verhaltensstandards sind ein entschei-dender Schritt zur ernsthaften und glaubwürdigen Selbstbindung an das EMB-Wertemanagement Bau.

3. Kontrolle

Ernsthaftigkeit und Vertrauenswürdig-keit des Wertemanagementsystems hängen entscheidend von der Kontrolle der Umsetzung ab. Aus diesem Grund wird turnusmäßig ein externes Audit durchgeführt. Die Einzelheiten dieses Audits regelt die Richtlinie zur Durch-führung von Auditverfahren für das Wertemanagementsystem des EMB-Wertemanagement Bau e. V.

Die Implementierung des Wertema-nagementsystems wird anhand eines vor dem Audittermin vom Unternehmen auszufüllenden Fragebogens überprüft und dann vom Auditor in einem Vorort-Termin evaluiert. Dieser gibt in einem umfassenden Bericht eine Empfehlung an den Auditausschuss, der dann bei positiver eigen ständiger Beurteilung

eine zeitlich befristete Auditurkunde ausstellt.

Die Objektivität und völlige Unabhängig-keit des Auditausschusses wird dadurch sichergestellt, dass satzungsgemäß der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende angesehene, vereinsexter-ne, unabhängige Persönlichkeiten zu sein haben. Dem wird dadurch Rech-nung getragen, dass die derzeitige Vor-sitzende Frau Hildegund Holzheid, ehe-malige Präsidentin des OLG München und des Bayerischen Verfassungsge-richtshofs, ist. Als Stellvertreter fungiert Prof. Dr. Christoph Lütge, Inhaber des Peter Löscher Stiftungslehrstuhls für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität München.

Entscheidend für ein Unternehmen ist also nicht die Mitgliedschaft im EMB-Trä gerverein, sondern der mit der Au-diturkunde belegte positive Abschluss des Audit verfahrens und die damit ver-bundene Möglichkeit, die eigenen dies-bezüglichen Anstrengungen glaubhaft nachweisen zu können.

4. Organisation

Ein Mitglied der Unternehmensleitung trägt die Verantwortung für das Wer-temanagement und ist in dieser Funk-tion allen Mitarbeitern bekannt. Diese Vertrauensperson ist insbesondere für die strategische Integration des Wer-

temanagementsystems, dessen ope-rative Umsetzung durch die Mitarbeiter und die Lösung von damit einherge-henden Konflikten verantwortlich, so-fern der Einzelne sich im konkreten Fall dazu nicht in der Lage sieht.

Die Gesamtheit dieser Elemente, die natürlich firmenindividuell auch erwei-tert werden können, machen das EMB-Wertemanagement Bau aus.

Wertemanagement ist kein Gängeln des Unternehmens, sondern gewährt Freiheit innerhalb eines weitgehend selbstbe-stimmten Ordnungsrahmens. Die Indivi-dualität und Einzigartigkeit der Mitarbei-ter wird nicht eingeengt, sie kann sich innerhalb gewisser, allen bekannten und von allen akzeptierten Regeln entfalten. Das gibt Sicherheit und bedeutet Verläss-lichkeit, ist aber auch Verpflichtung. Der Geist des Unternehmens trägt auch die Handlungen in jenen Bereichen, die sich formal nicht regulieren lassen. Und durch Kommunikation bindet man indirekt auch die externen Geschäftspartner ein.

EMB-Wertemanagement Bau – eine Erfolgsgeschichte

Das EMB-Wertemanagement Bau kann mittlerweile auf erfreulich hohe Akzep-tanz und Anerkennung bei Politik, Ver-waltung, verschiedenen Auftraggebern, Rechtsprechung und diversen Fachkrei-sen verweisen.

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24 ibr · Dezember 2012 – www.ibr-rgb.de

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1. Berücksichtigung in der bayeri-schen Korruptionsbekämpfungs-richtlinie

Der Freistaat Bayern erkennt diese Initi-ative als einen konkreten Beitrag zur Kor-ruptionsprävention an. In der „Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Kor-ruption in der öffentlichen Verwaltung – Korruptionsbekämpfungsrichtlinie“ vom 13. April 20041 werden unter anderem Maßnahmen im Rahmen eines Ethik-managements als geeignet angesehen, um nach einem Vergabeausschluss die Wiederzulassung zu öffentlichen Aufträ-gen zu erreichen.

2. Beschluss des OLG Brandenburg

Im Dezember 2007 hat das OLG Bran-denburg2 entschieden, dass die Ein-führung eines Wertemanagements und der Beitritt zum EMB-Trägerverein wir-kungsvolle Maßnahmen seien, um die vergaberechtliche Zuverlässigkeit eines Auftragsbewerbers bei der Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags wiederherzustel-

Richard Weidinger (Vorsitzender)

EMB-Wertemanagement Bau e. V. Oberanger 32 80331 München Internet: www.bauindustrie-bayern.de/ emb.html

len. In der Gerichtsentscheidung heißt es hierzu wörtlich: „Schließlich durften Auf-traggeber und Vergabekammer die wei-teren von dem Bauunternehmen ergriffe-nen Präventivmaßnahmen, nämlich ... die Einführung eines Wertemanagements in der Unternehmensgruppe und den Beitritt zum ‚Ethikmanagement der Bau-wirtschaft e. V.‘ als geeignet ansehen, eine Wiederholung der Verfehlungen zu erschweren bzw. unmöglich zu machen.“

3. Anerkennung seitens Siemens

Nach längeren Verhandlungen hat der Siemens-Konzern mit einem an den EMB-Trägerverein gerichteten Schrei-ben vom 27.8.2010 verbindlich mitgeteilt, dass es gegenüber auditierten EMB-Mitgliedsfirmen die sich aus dem Code of Conduct für Siemenslieferanten erge-benden Verpflichtungen für vollumfäng-lich erfüllt ansieht. Demzufolge wird bei der Vergabe von Bauaufträgen gegen-über auditierten EMB-Mitgliedsfirmen, die eine gültige Auditurkunde vorlegen, auf anderweitig beizubringende Nach-weise und eventuelle Monitoringmaß-

1 Allgemeines Ministerialblatt Nr. 4/2004 S. 87 2 OLG Brandenburg – Beschluss vom 14.12.2007, Verg W 21/07 in IBR 2008 S.109

nahmen bezüglich der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Code of Con-duct fürs Siemens Lieferanten verzich-tet. In diesem Fall bedarf es auch keiner gesonderten Anerkennung des Code of Conduct für Siemens Lieferanten.

4. Anerkennung seitens Fraport

Vor diesem Hintergrund besonders er-freulich: Auch die Fraport AG hat mitt-lerweile mit Schreiben vom August 2011 bestätigt, dass sie die auditierte EMB-Mitgliedschaft mit den Verpflichtungen zu Rechtstreue und Integrität aus ihren Zusätzlichen Vertragsbedingungen für gleichwertig ansieht. Damit erkennt der Frankfurter Flughafen als für die Bauin-dustrie „systemrelevanter“ Auftraggeber den von uns eingeschlagenen Weg ei-nes werteorientierten Compliance Ma-nagement Systems als den Erfolg ver-sprechenden Ansatz an.

5. Einführung von Wertemanage-ment bei der Fraport AG

Mittlerweile gehen auch bauauftrag-vergebende Unternehmen dazu über, Wertemanagementsysteme im Unter-nehmen einzuführen. So hat durch ent-sprechenden Vorstandsbeschluss die Fraport AG im Januar 2003 ein Wer-temanagementsystem eingeführt, das dem EMB-Wertemanagement Bau sehr ähnlich ist. Der Vorstandsvorsitzende Bender begründete die Einführung die-ses Systems mit der Einsicht, das illega-le und unmoralische Handlungsweisen weder mit dem Strafrecht noch mit einem dichten Kontrollsystem allein verhindert werden können. Zusätzlich bräuchte man klar vereinbarte und systematisch mit Leben erfüllte moralische Standards, die sowohl Fraport von sich selbst wie auch von seinen Geschäftspartnern erwartet.

Eine aus Sicht des EMB-Wertemanage-ment Bau uneingeschränkt zu begrü-ßende Initiative, die noch viele Nachah-mer finden sollte.

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