Baumeister Leseprobe 3/2015

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BAU MEISTER B3 März 15 112. JAHRGANG Das Architektur- Magazin Markthallen Stadtreparatur mit Hilfe eines urbanen Ideals D 15 EURO A,L 17 EURO CH 23 SFR

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Transcript of Baumeister Leseprobe 3/2015

  • B a um e i s t e r

    B3

    mrz 15

    11 2 . J a h r g a n g

    Das architektur-magazin

    markthallenstadtreparatur mit

    hilfe eines urbanen ideals

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  • Gut gemeint: Rafael Moneos Entwurf

    greift die Straenachsen und die klein-

    teilige Struktur der alten Souks auf.

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    5 ideen:Neuer Souk in beirut von Rafael MoneoMarkthalle in Koudougou, burkina Faso MVRDVs Markthalle in RotterdamWiPo-Konferenzsaal in Genf von behnischHotel in Pisco Elqui, chile

    S E i t E

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    S E i t E

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    S E i t E

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  • 24

    Moneos Architektur verweist auf die Raumgeometrie der nahe gelegenen Souks von Tripoli, die noch die typische individuelle Hndlerstruktur aufweisen.

  • 25Ideen 1

    Grten und Pltze sind in klassischen Souks ungewhnlich, entsprechen aber den gegenwrtigen Anforderungen an ein angenehmes Einkaufserlebnis.

  • 35Ideen 2Ideen 2

    Der Markt besteht

    aus einem dichten

    Raster und langen

    Reihen tonnenge

    wlbter Riegel und

    einer offenen, mit

    Kuppeln weit ber

    spannten Halle (links

    unten).

  • 36 Ideen 2

    M 1

    :25

    00

    M 1

    :12

    5

    29.5 2

    Lngsschnitte

    Grundriss

  • 44

    Einkaufsspa. Flanieren macht Appetit zum Probieren geht man auf die Dachterrassen der Marktstnde.

  • 45Ideen 3

    Fliegende Riesenfrchte und -blumen. Sie wurden auf 4.000 perforierte Aluplatten mit dahinter liegenden Akustikdmmplatten gedruckt.

  • 76 Fragen 2

    Es kam berraschend. Hartmut Mehdorn verkndete, er wolle sptestens Ende Juni 2015 als Vorstandsvorsitzender der Flugha-fen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) zurck-treten. War doch der 72-jhrige Kraftmeier furchtlos angetreten, den Augiasstall der BER-Baustelle auszumisten und allen Betei-ligten Beine zu machen. Sprint nannte er seine schnelle Eingreiftruppe, die Schlen-drian und Lethargie austreiben sollte. Wem, wenn nicht ihm, htte man die Chuzpe und das Durchsetzungsvermgen zugetraut, das Projekt endlich zu einem guten Ende zu brin-gen so dachte man zu seiner Amtseinfh-rung. Zwar hat er die Position der FBB gegen-ber dem Aufsichtsrat etwas strken kn-nen, zwar gelang es ihm, die Notwendigkeit rascher Erweiterungen des noch unfertigen, aber schon zu kleinen Groflughafens in die Kpfe der verantwortlichen Politiker zu hmmern, der entscheidende Durchbruch bei Planungen und Bauarbeiten jedoch ist auch ihm nicht geglckt.Warum nur? Wie kann es sein, dass immer wieder erfahrene Manager daran scheitern, ein Bauwerk, das eigentlich fertig ist, ans Netz zu bringen? Offenbar ist der seit Jahren von den Verantwortlichen ausgestrahlte Optimismus unangebracht. Insider heben resigniert die Schultern. Manche halten die Sache sogar fr unlsbar. Die in den Mona-ten vor dem GAU, der geplatzten Erffnung 2012, von der FBB angestrengten Baube-schleunigungsmanahmen hektische kopf- und planlose Baumanahmen ohne koordinierende Projektleitung und Control-ling mit freihndigen Beauftragungen ha-ben zu einem Mega-Chaos gefhrt. Der Ver-such, durch eine Bestandsaufnahme dieses Chaos zu durchleuchten, kostete zwei Jahre Zeit und hunderte Millionen Euro, brachte das Projekt aber nicht weiter. Nun gilt es, durch die ungeordneten Kabelkanle zu kriechen und die Haustechnik in mhsamer Kleinarbeit in Ordnung zu bringen. Und es gilt, die Hardware der Entrauchungsanlage, vor allem aber deren offenbar hyperkom-plexe Steuerung zum Laufen zu bringen. Das ist leichter gesagt als getan, denn das BER-Desaster ist kein bautechnisches, sondern ein administratives.

    T E X T

    Falk Jaeger

    Wo bleibt die Zeit, wo geht das Geld hin

    ?

    Wir haben versprochen, Sie auf dem Laufenden zu halten: hier ein weiteres

    Kapitel in der unendlichen Baugeschichte des

    Flughafens Berlin Branden-burg. Oder: Neues vom

    Tollhaus BER

  • 77Siemens und Bosch, die Hauptakteure, ha-ben sich nie vertragen, und kein Projekt-steuerer hat die Kampfhhne an einen Tisch gezwungen. Die Auftragnehmer sind nicht bereit, nachzuarbeiten und Mngel zu be-seitigen, weil sie sich nicht mehr an Vertrge gebunden fhlen. Das komplexe Knuel aus Sub-Subunternehmerkultur, stndigen n-derungen durch den Bauherrn, Nach-tragsangeboten, Mehrkostenanmeldungen lsst sich nicht mehr entwirren, wrde je-denfalls die Rechtsanwlte auf Jahre be-schftigen (und tut es zum Teil). Bindende neue Vertrge unterschreiben die Firmen nur, wenn denen konkrete Planunterlagen zugrunde liegen, doch den Fachplanern fehlt es an verlsslichen Grundlagen. Und wenn in dieser vertragslosen Situation der Wille fehlt, knnen die Firmen das lukrative Spiel ewig weitertreiben.So wre es dann allein aus vertragsrechtli-chen Grnden sinnvoll gewesen, 2012 die fehlerhaften Installationen einschlielich der Entrauchungsanlage, die whrend der Baubeschleunigungsphase von den Firmen unkoordiniert und unkontrolliert eingebaut worden sind, vollstndig rauszureien und komplett neu zu planen. Dann htte es neue Vertrge gegeben, mit klaren, verlsslichen Voraussetzungen und den blichen Termin-vorgaben. Und der BER wre heute am Netz.Was hilft? Geld, Geld, unglaublich viel Geld. 800 Millionen Euro werden noch immer ge-braucht dafr bekommt man normaler-weise ein komplettes Terminal. Zum Ver-gleich: Der Bau des 2012 eingeweihten Ter-minals A+ in Frankfurt dauerte fnf Jahre und ging geruschlos ber die Bhne. 185.000 Quadratmeter (BER 326.000 Qua-dratmeter) kosteten 500 Millionen Euro (Ent-wurf sowie kosten- und termingerechte Rea-lisierung: gmp Architekten).

    Auch Erffnung 2017 in Gefahr?

    Wie kommt es beim BER zu den unfassbaren Summen? Erstmal mssen die Firmen fr die leider untauglichen Arbeiten 2012 bezahlt werden, sonst sind sie zu Nachbesserungen nicht bereit. Und kommen erst gar nicht, denn zur Zeit haben sie konjunkturbedingt anderswo zu tun. Sie sind auch nur zur Arbeit auf Stunden- oder Tagessatzbasis bereit ein Selbstbedienungsladen. Sie mssten in neue Vertrge eingebunden werden. Das lassen sie sich wiederum teuer bezahlen, denn die FBB ist ihnen ausgeliefert. Htte die FBB alle Planungsvorgnge immer doku-mentiert und kontrolliert, knnte man die beteil igten Firmen oder konkurrierende Neubewerber mit konkret definierten Auf-gaben an die Arbeit schicken, um den Be-stand zu reparieren, zu programmieren, je-denfalls zum Funktionieren zu bringen. Aber es gibt Beobachter, die nach wie vor ein Herausreien des vermurksten techni-schen Ausbaus im Hauptterminal und Neu-

    planung und Neubau fr den einzig gang-baren Weg halten. Die Erffnung 2017 halten Insider ohnehin fr unmglich, denn dann msste man mal anfangen zu bauen. Aber auf der Baustelle geschieht seit nunmehr bald drei Jahren so gut wie nichts.Doch es soll jetzt losgehen. Sagt der neue Technikchef Marks (sein Vorgnger war we-gen Korruption gekndigt worden) und ver-langt zu den 450 Leuten gleich noch ein paar gute Fachkrfte.Derweil gehen zahlreiche juristische Schar-mtzel weiter. Die Architekten gmp, die nach ihrer ungerechtfertigten Kndigung juristisch stillgehalten hatten, weil sie daran interessiert waren, wieder auf die Baustelle zurckzukehren, hatten nach dem trium-phalen Abschmettern der Kndigungsklage auf eine Gegenklage verzichtet und mit der FBB ein Moratorium abgesprochen. Im letz-ten Sommer allerdings sahen sie sich pltz-lich mit einer Schlussrechnung der FBB konfrontiert, die, Schadenersatzansprche gegengerechnet, Forderungen in Hhe von 224,7 Millionen Euro auflistete zahlbar in-nerhalb von 14 Tagen! Von dieser Forderung aus seinem Haus hatte Mehdorn brigens keine Kenntnis, was wie-der einmal ein Licht auf die Verhltnisse dort warf. Auch dies vielleicht ein Grund fr sei-nen Rckzug, denn wie will man ohne Ge-sichtsverlust von einer viertel Milliarde auf eine halbwegs realistisch verhandelbare, vielleicht einstellige Millionensumme her-absteigen? Doch welch ein Lustgewinn fr die Rechtanwlte der Architekten, die sich daran machten, die Punkte der Forderun-gen gensslich auseinanderzunehmen und als willkrlich beziffert und vllig aus der Luft gegriffen abqualifizierten. Auf eine Antwort warten die Architekten noch heute. Vielleicht ist die Angelegenheit im Schred-der gelandet. Wie etwa Planungsunterlagen der Entrauchungsanlage, die das damit be-fasste Ingenieurbro der FBB bergeben hatte. Als das Bro um Rckgabe bat, hie es in einem frmlichen Brief, sie seien auf Grund Platzmangels innerhalb der Stabs-stelle Recht der Entsorgung zugefhrt wor-den. Fachgerecht vernichtet, wie noch-mals betont wurde.Ausgerechnet Entrauchungsanlage! Bei diesem Stichwort setzt bei den Verantwortli-chen bei der FBB ohnehin Schnappatmung ein. Man hat die Anlage so lange den Plannderungen hinterhergebaut, dass am Ende nichts funktionierte und keine dem Be-stand entsprechenden Plne eingereicht werden konnten, so dass an eine Test- und Genehmigungsphase nicht zu denken war. Dabei geht es um das Durchspielen einer Brandfallmatrix und einer Entrauchungs-matrix mit hunderten von denkbaren Ein-zelszenarien. Eine Anlage mit dieser Gr-enordnung und dazu einer Vernetzung von Gebudesicherung und automatischem Brandschutz gab es bisher noch nicht.

    Wie bekommt man so etwas in den Griff?

    Man nimmt die Anlage in Betrieb, ersetzt die Automatismen zunchst durch leibhaftige Menschen, die Tren von Hand auf- und zu-schlieen, wie das an 95 Prozent aller Flug-hfen geschieht, und testet sich an die Funktionen heran. In Mnchen hat diese Phase achteinhalb Jahre gedauert. In Berlin ist dieser Betrieb sofort in der Presse mit Hohn und Spott bergossen worden und war fortan nicht mehr vermittelbar. Hinzu kam, dass die FBB die Genehmigungsbehrden regelrecht verprellt hat und man mit Zuge-stndnissen oder Ermessensspielrumen nicht mehr rechnen konnte. Der zustndige Landrat von Dahme-Spreewald hatte lngst in den Modus Dienst nach Vorschrift ge-schaltet. Also verlegte man sich bei der FBB darauf, den Flughafen erst in Betrieb zu nehmen, wenn die vollautomatische Brandschutzan-lage funktioniert und abgenommen ist. In der Not kam jemand auf die Idee, die Anla-ge in drei unabhngig funktionierende Teile zu zerschlagen. Unsinniger Aktionismus, sa-gen Insider, war nicht ntig, der Umbau kos-tet nur Zeit und Geld. Aber das ist jetzt der aktuelle Plan. Mit den kurzweil igen Geschichten und Merkwrdigkeiten um das Projekt BER knn-te man inzwischen Bcher fllen. Wenn die mehreren Milliarden Mehrkosten nicht zum Heulen wren, wenn in Berlin nicht die Schu-len verfallen wrden und gengend Geld etwa fr die Integration von Migrantenkin-dern vorhanden wre, knnte man sich auf die nchsten Folgen der Fortsetzungsge-schichte freuen.

    Epilog 1

    Vor berallher ist zu hren: Der Standort Deutschland, und insbesondere der Ruf von gmp Archi tekten, haben unter der BER-Mi-sere in aller Welt sehr gelitten.

    Epilog 2

    Die Hauptverantwortlichen an diesem De-saster hatten einen geschmeidigen Ab-gang: Klaus Wowereit wurde von Politik und Presse reichlich wohlwollend in seinen poli-tischen Ruhestand geleitet und hat nun ein neues Wirkungsfeld als Prsidiumsmitglied im Verein Berliner Kaufleute(!) gefunden. Rainer Schwarz ist wieder Flughafenchef in Rostock-Laage, eine Aufgabe, die man ihm zutrauen mchte bei zwei Landungen und zwei Starts am Tag. Nur freitags wird er sich mchtig tummeln mssen, da kommen sechs Flieger Schlag auf Schlag